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Kapitel 2 Grundlagen In diesem Kapitel werden die für die vorliegende Arbeit relevanten Eigenschaften der Cu-basierenden Chalkopyrite, insbesondere des CuGaSe 2 beschrieben. Im ersten Teil werden Band- und Kristallstruktur, in- trinsische Defekte bzw. Dotierung und das Phasenver- halten diskutiert. Im zweiten Teil wird die Funktion der Chalkopyrit-Heterosolarzellen besprochen. Hier- durch werden die Grundlagen zum Verständnis der fol- genden Kapitel geschaffen, in denen die Optimierung der in dieser Arbeit präparierten CuGaSe 2 -Solarzellen und die elektrische Charakterisierung der CuGaSe 2 - Schichten vorgestellt wird. Auf Parallelen oder Unter- schiede zum CuInSe 2 wird hierbei oft verwiesen, da dessen Eigenschaften weitaus besser bekannt und er- forscht sind. 2.1 Materialeigenschaften 2.1.1 Kristall- und Bandstruktur CuGaSe 2 gehört zu den ternären Verbindungshalblei- tern und kristallisiert in der Chalkopyritstruktur, die sich aus der Diamant- bzw. der Zinkblendestruktur ge- mäß der Grimm-Sommerfeld-Regel [6] ableiten lässt. Nach dieser muss die mittlere Dichte der Valenzelek- tronen pro Atom vier betragen, damit eine tetraedri- sche Bindung eingegangen werden kann. Die Einheitszelle des CuGaSe 2 , die in Abb. 2.1 dar- gestellt ist, besteht aus zwei gestapelten Einheitszel- len der Zinkblendestruktur, wobei die Kristallebenen der Kationen abwechselnd mit Elementen der Gruppe I und Gruppe III besetzt sind. Im Gegensatz zur Zink- blendestruktur sind jedoch die Einheitsachsen wegen der unterschiedlichen Bindungslänge der beiden Ka- tionen zum Anion verzerrt. Dadurch weicht die Län- b a c III VI I Abbildung 2.1: Einheitszelle des Chalkopyritgitters. ge der c-Achse leicht von 2a ab, wodurch eine An- ionenauslenkung entsteht. Die Länge der a- bzw. der c-Achse wird in [7] zu 5.62 Å und 11.0 Å bestimmt. Die Anzahl der Atome in der primitiven Einheitszel- le beträgt acht, im Gegensatz zu zwei im Fall der Zinkblendestruktur. Die Grundbausteine der tetrago- nalen Chalkopyritstruktur sind sp 3 -Hybridorbitale, al- lerdings mit Anteilen der Cu-3d-Zustände [8]. Die bestehenden Unterschiede zur Zinkblendestruk- tur beeinflussen das Valenzband und führen zur Auf- hebung der dreifachen Entartung am Γ-Punkt. In der Bandstruktur in Abb. 2.2 ist, ausgehend vom Fall der Zinkblendestruktur, das p-artige Valenzband zu- 13

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Kapitel 2

Grundlagen

In diesem Kapitel werden die für die vorliegendeArbeit relevanten Eigenschaften der Cu-basierendenChalkopyrite, insbesondere des CuGaSe2 beschrieben.Im ersten Teil werden Band- und Kristallstruktur, in-trinsische Defekte bzw. Dotierung und das Phasenver-halten diskutiert. Im zweiten Teil wird die Funktionder Chalkopyrit-Heterosolarzellen besprochen. Hier-durch werden die Grundlagen zum Verständnis der fol-genden Kapitel geschaffen, in denen die Optimierungder in dieser Arbeit präparierten CuGaSe2-Solarzellenund die elektrische Charakterisierung der CuGaSe2-Schichten vorgestellt wird. Auf Parallelen oder Unter-schiede zum CuInSe2 wird hierbei oft verwiesen, dadessen Eigenschaften weitaus besser bekannt und er-forscht sind.

2.1 Materialeigenschaften

2.1.1 Kristall- und Bandstruktur

CuGaSe2 gehört zu den ternären Verbindungshalblei-tern und kristallisiert in der Chalkopyritstruktur, diesich aus der Diamant- bzw. der Zinkblendestruktur ge-mäß der Grimm-Sommerfeld-Regel [6] ableiten lässt.Nach dieser muss die mittlere Dichte der Valenzelek-tronen pro Atom vier betragen, damit eine tetraedri-sche Bindung eingegangen werden kann.Die Einheitszelle des CuGaSe2, die in Abb. 2.1 dar-gestellt ist, besteht aus zwei gestapelten Einheitszel-len der Zinkblendestruktur, wobei die Kristallebenender Kationen abwechselnd mit Elementen der GruppeI und Gruppe III besetzt sind. Im Gegensatz zur Zink-blendestruktur sind jedoch die Einheitsachsen wegender unterschiedlichen Bindungslänge der beiden Ka-tionen zum Anion verzerrt. Dadurch weicht die Län-

ba

c

III

VI

I

Abbildung 2.1: Einheitszelle des Chalkopyritgitters.

ge der c-Achse leicht von 2a ab, wodurch eine An-ionenauslenkung entsteht. Die Länge der a- bzw. derc-Achse wird in [7] zu 5.62 Å und 11.0 Å bestimmt.Die Anzahl der Atome in der primitiven Einheitszel-le beträgt acht, im Gegensatz zu zwei im Fall derZinkblendestruktur. Die Grundbausteine der tetrago-nalen Chalkopyritstruktur sind sp3-Hybridorbitale, al-lerdings mit Anteilen der Cu-3d-Zustände [8].Die bestehenden Unterschiede zur Zinkblendestruk-tur beeinflussen das Valenzband und führen zur Auf-hebung der dreifachen Entartung am Γ-Punkt. In derBandstruktur in Abb. 2.2 ist, ausgehend vom Fallder Zinkblendestruktur, das p-artige Valenzband zu-

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14 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

nächst dreifach entartet (ohne Berücksichtigung derSpin-Bahn-Aufspaltung). Sowohl das tetragonale Kri-stallfeld als auch die Spin-Bahn-Kopplung führennun zur Aufhebung der Entartung für die CuGaSe2-Bandstruktur. Dies führt für CuGaSe2, zusätzlich zurfundamentalen Bandlücke, zu zwei weiteren Übergän-gen vom p-artigen Valenz- zum s-artigen Leitungs-band. Die Energien der Übergänge EA, EB und EC sindin [9] mit 1.68, 1.75 und 1.96 eV bei Raumtempera-tur angegeben, verändern sich jedoch mit der genau-en Zusammensetzung des CuGaSe2 (siehe Kap. 6). In

∆ CF

∆ SO∆ SOohne∆ SOohne mit

Chalkopyrit CuGaSe2

Valenzband

CBA

Zinkblende

Leitungsband

Abbildung 2.2: Aufhebung der Valenzbandentartungbeim Übergang von der Zinkblende- zur Chalkopy-ritstruktur. ∆CF und ∆SO bezeichnen die energetischeAufspaltung, die aus dem Kristallfeld und der Spin-Bahn Wechselwirkung resultieren.

der I-III-VI2-Struktur bleibt bei isovalenter Substitu-tion der Kationen oder Anionen, also z.B. Ga und Sedurch In und S, die Chalkopyritstruktur auch im quar-ternären und quinternären System erhalten. Die Band-lücke kann dabei im Bereich zwischen 1eV (CuInTe2)und 3.5eV (CuAlS2) variiert werden, wobei sich dieBandabstände und die charakteristischen Gitterkon-stanten linear mit dem Substitutionsgrad ändern.Speziell für die Anwendung in der Photovoltaik wird,ausgehend von CuInSe2, bei Cu(In,Ga)(Se,S)2 dieBandlücke an das Sonnenspektrum angepasst, sowiedie Bandanpassung an die Pufferschicht (siehe auchKap. 2.2.6) optimiert [10, 3, 11, 12]. Mittels Konzen-trationsgradienten der Elemente kann die Bandlücken-energie auch gezielt über die Tiefe des Absorbers va-riiert werden [13].

2.1.2 Phasenverhalten und Eigendefekte

Phasenverhalten

Abweichungen der Zusammensetzung von der idea-len Stöchiometrie sind bei vielen Verbindungshalblei-tern auch ohne Änderung der Kristallstruktur möglich.Abb. 2.3 zeigt einen pseudobinären Schnitt des Cu-Ga-Se Phasendiagramms zwischen (Cu2Se)1−x und(Ga2Se3)x nach [14]. Der Existenzbereich der Chalko-

Abbildung 2.3: Pseudobinärer Schnitt im CuGaSe2-Phasendiagramm zwischen Cu2Se und Ga2Se3 nach[14], der Existenzbereich der Chalkopyritphase istgrau unterlegt.

pyritphase im thermodynamischen Gleichgewicht er-streckt sich bei 800 C von der stöchiometrischen Zu-sammensetzung bis hin zu einem [Ga]/[Cu]-Verhältnisvon 1.38. Kompositionen außerhalb dieses Bereichsführen zur Ausbildung der Sekundärphasen Cu2Se aufder Cu-reichen und Ga2Se3 auf der Ga-reichen Seite.Während also Ga-Überschuss in einem weiten Bereichin phasenreinem CuGaSe2 eingebaut werden kann,führen bereits geringste Mengen an Cu-Überschusszur Bildung von Kupferseleniden. Die Rolle des Cu-Überschuss während der CuGaSe2-Präparation bzw.

2.1. MATERIALEIGENSCHAFTEN 15

die Änderungen der elektrischen Eigenschaften durchdie Existenz der Cu-reichen Fremdphase werden inKap. 4 bzw. Kap. 7 genauer diskutiert.Bei der Präparation von CuGaSe2 für die Verwendungin Solarzellen bzw. für die elektrische Charakterisie-rung müssen meist geringfügig von der Stöchiometrieabweichende Kompositionen hergestellt werden. Da-her werden im folgenden die Termini leicht Cu-reichfür 0.48<[Ga]/([Ga]+[Cu])<0.5 und leicht Ga-reichfür 0.5<[Ga]/([Ga]+[Cu])<0.53 verwendet.Mit derartigen stöchiometrischen Abweichungen un-ter Erhalt der kristallinen Phase muss dies zu einer ent-sprechenden Anzahl von Defekten und intrinsischerDotierung führen.

Eigendefekte

Für die Verwendung in der Photovoltaik werdenChalkopyrite in der Regel nicht gezielt extrinsischdotiert, wenn man von einer etwaigen dotierendenWirkung von Na aus den Substratgläsern [15], vonSauerstoff durch Luftkontakt [16] und von Zn oder Cd[17] aus dem chemischen Bad der Pufferabscheidung(siehe Kap. 2.2.6) absieht. Die extrinsische Dotierungdurch die genannten Elemente ist in vielen FällenGegenstand der aktuellen Forschung und wird auchin dieser Arbeit in Kap. 6 und 7 behandelt. Die Not-wendigkeit, fundierte Kenntnisse über die intrinsischeDotierung durch Eigendefekte zu erlangen, liegtdaher auf der Hand. In Chalkopyrithalbleitern sindinsgesamt 12 intrinsische Punktdefekte in Betrachtzu ziehen: 3 Atome auf Zwischengitterplätzen (in-terstitials), 3 Leerstellen (vacancies) und 6 möglicheFehlbesetzungen (antisites). Tabelle 2.1 zeigt die nachNeumann im ionischen Bild berechneten Bildungsent-halpien [18, 19] und neuere Ergebnisse von Zunger etal. [20], die aus Berechnungen mittels first-principleMethoden erhalten wurden. Mit diesen Betrachtungenist die Bildung von Fehlstellen und Fehlbesetzungenzwischen Metallatomen wahrscheinlicher als dieBildung von Zwischengitterplätzen.Stöchiometriabweichungen von weniger als 0.1 at%führen bereits zu Defektdichten von etwa 1019 cm−3.Nettoladungsträgerkonzentrationen für CuGaSe2,gemessen an polykristallinen und epitaktischenSchichten (diese Arbeit), MOCVD-gewachsenenepitaktischen Schichten [22] und Einkristallen

[23, 24, 25] liegen je nach Präparationsmethodezwischen 1014 und 1019 cm−3. Schon aus dieserBeobachtung lässt sich schließen, dass Chalkopyritehoch kompensiert sein müssen und/oder die Bildungneutraler und elektrisch inaktiver Defektkomplexefavorisiert ist.Verwendung in der Photovoltaik finden ausschließ-lich p-leitende Chalkopyrite, jedoch lässt sichCuInSe2 [26] als auch CuInS2[27] intrinsisch n- oderp-leitend herstellen. Generell führen Chalkogen-mangel und im Fall des CuInSe2 mit In-Überschusserfolgte Präparationen zu n-Leitung1 . Bei CuGaSe2

allerdings führt vermehrter Einbau des GruppeIII-Elements oder Chalkogenmangel nur zu höhererKompensation [24], und dieses Material lässt sichbisher nur extrinsisch über Ge-Ionenimplantationund nachfolgender Eindiffusion von Zn n-leitendherstellen [23].Dieses Verhalten wird mit dem Begriff Selbst-kompensation bezeichnet. Verständlich wird diesesPhänomen, wenn man die Bildungsenthalpien derDefekte betrachtet. Dies ist in Abb. 2.4 [21] für denFall des CuInSe2 berechnet, die Ergebnisse könnenjedoch auf CuGaSe2 übertragen werden.Dargestellt sind die Bildungsenthalpien verschiedenerDefekte (unter stöchiometrischen Bedingungen) inAbhängigkeit der Energiedifferenz von Ferminiveauund Valenzband.Die Cu-Vakanz stellt den Akzeptor dar, der imallgemeinen mit der p-Leitung der Cu-basierendenChalkopyrite in Verbindung gebracht wird. Betrachtetman dessen Bildungsenthalpie, so nimmt sie abund wird sogar negativ, falls das Ferminiveau durchEinbau von Donatoren zum Leitungsband geschobenwird. Daraus resultiert die spontane Bildung vonCu-Vakanzen, also Akzeptoren, und eine weitereVerschiebung der Fermienergie wird verhindert. Um-gekehrt wird die Bildungsenthalpie für Akzeptorenbei Annäherung der Fermienergie an das Valenz-band erhöht. Diese Aussage gilt nicht nur für dieCu-Vakanz, sondern für alle in Abb. 2.4 berechnetenakzeptorischen und entsprechend umgekehrt für diedonatorischen Defekte.Unklarheit herrscht allerdings über die Zuordnung der

1Auf Na-haltigem Substrat kann CuInSe2 nur p-leitend herge-stellt werden.

16 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

Defekte Vakanzen Zwischengitter- Fehlbesetzungenplätze

VCu VGa VSe Cui Gai Sei CuGa GaCu CuSe GaSe SeCu SeGa

∆H [eV ]2,7 2,5 2,6 4,6 9,9 23,7 2,1 2,3 7,4 3,7 8,1 3,4

[18, 19]ElektrischerCharakter[18, 19]

A A D D D A A D A A D D

∆H [eV ]0,7 2,8 - 3,4 - - 1,4 4,2 - - - -

[20, 21]ElektrischerCharakter[20, 21]

A A - D - - A D - - - -

Tabelle 2.1: Die nach Neumann et al. [18] und Zunger et al. [20] berechneten Bildungsenthalpien ∆H fürdie verschiedenen Punktdefekte in CuGaSe2 sind für den Fall stöchiometrischer Komposition und ungeladenerDefekte zusammengestellt. Der elektrische Charakter der Defekte (Donator oder Akzeptor), der sich aus denBerechnungen ergibt, ist ebenfalls aufgeführt.

Punktdefekte zu den Ionisationsenergien. Die Iden-tifikation der Punktdefekte erfolgte bisher nicht mitkernphysikalischen Methoden d.h. lokalen Sonden,sondern stützt sich meist auf Ausheiz- oder Nach-behandlungsprozesse der Proben in Verbindung mitPhotolumineszenzuntersuchungen (PL). Deswegensind Fehlinterpretationen nicht auszuschließen. Häufigwird mittels PL bei Cu-basierenden Chalkopyriten einflacher Defekt mit einer Ionisierungsenergie zwischen40-60 meV entdeckt. In der Regel wird dieser derCu-Vakanz VCu zugeschrieben, die hauptsächlich diep-Leitung hervorrufen soll [28, 26]. Unterstützt wirddiese These durch theoretische Berechnungen, nachdenen die Cu-Vakanz einen flachen 10 meV-Akzeptordarstellt [20]. Die mittels PL erstellten Modelle sindjedoch kompliziert und umfassen eine Vielzahl vonDefektenergien [29, 30]. Ein umfassendes, einfacheresModell, wie in Abb. 2.5 gezeigt, wurde von A. Bau-knecht anhand MOCVD-gewachsener epitaktischerCuGaSe2-Schichten erstellt. Zwei Akzeptoren mit100 und 60 meV und ein flacher, kompensierenderDonator wurden als dominierende Defekte identifi-ziert [31].Mittels Hall- und Widerstandsmessungen an epitak-tischen Schichten, die einen weiten Kompositions-bereich zwischen CuInSe2 und CuGaSe2 abdecken,fanden Schroeder et al. [32] zwei dominierende

Abbildung 2.4: Theoretisch berechnete Bildungsent-halpien ∆H in Abhängigkeit des Abstands von Fermi-niveau zum Valenzband nach Zhang et al. [21].

2.2. SOLARZELLEN AUF CHALKOPYRIT-BASIS 17

Leitungsband

Valenzband

Eg= 1.73 eV

D

A1

A2

1.67 eV

1.62 eV

100 meV

60 meV

12 meV

1.63 eV

1.66 eV

E

bei T = 10K

Abbildung 2.5: Rekombinationsmodell für CuGaSe2

erstellt mittels Photolumineszenzuntersuchungen vonBauknecht [31].

Akzeptoren mit Energien zwischen 140 und 160 meVbzw. 30-60 meV, sowie einen flachen kompensieren-den Donator.Neuere theoretische Arbeiten, in denen mittelsfirst-principle Methoden Defektbildungsenthalpienund Defektionisationsenergien berechnet wurden,legen nahe, dass der Bildung von (2V−

Cu+In2+Cu )-

Defektkomplexen in CuInSe2 eine wichtige Rollezukommt. Diese sind in dem Fall zwar elektrisch neu-tral und verursachen keine Zustände in der Bandlücke,weisen jedoch eine sehr geringe oder sogar negativeBildungsenthalpie [21] auf, was deren spontaneEntstehung ermöglicht.Diese Tatsache führt zu einer komplexen Situation,und daher ist eine konkrete defektchemische Zu-ordnung von Defektionisierungsenergien besondersschwierig. Wie in Kap. 7 klar wird, können sichoptisch und thermisch bestimmte Defektionisierungs-energien beträchtlich unterscheiden. Deswegen wirdin dieser Arbeit ausdrücklich auf eine Zuordnungverzichtet.Insbesondere Hall-Studien, durch die nicht nur dieenergetische Lage der Defekte, sondern auch derenKonzentrationen bestimmt werden können, wurdenmeistens nur an einkristallinen und epitaktischenReferenzsystemen vollzogen. Hall-Studien an mitKorngrenzen behafteten polykristallinen Filmen,die in hocheffizienten Chalkopyrit-Solarzellen aus-schließlich zur Anwendung kommen, existieren zwar[33, 34, 35], führen jedoch zu wenig schlüssigen

Modellen.Obige Diskussion unterstreicht einerseits die Wichtig-keit, weiteres Verständnis der intrinsischen Defektezu erlangen und andererseits die Notwendigkeit, dieBildung der Defekte durch exakte und reproduzierbareProzessführung während der Präparation oder durchgezielte Nachbehandlung zu kontrollieren.

2.2 Solarzellen auf Chalkopyrit-Basis

In den folgenden Abschnitten werden die Grundlagender Chalkopyrit-Solarzellen erläutert, und einige be-sondere Themen, die in dieser Arbeit Gegenstand derUntersuchungen sind, tiefergehend besprochen. Diesebetreffen auch die Funktion der CdS-Pufferschicht unddie Rolle des Natriums in Chalkopyrit-Solarzellen.Solarzellen auf Basis von Chalkopyriten erreichenWirkungsgrade von bis zu 18.8% [3] auf kleinen Flä-chen und 12.7% [4] auf 30x30cm2 Modulen im La-bor. Industriell angewandte Prozesse zur Produktionin marktrelevanten Größenordnungen befinden sich inder Pilotphase [2, 36, 37]. Ausgangsbasis für diesehocheffizienten Solarzellen sind Absorber mit gerin-gerer Bandlücke wie zum Beispiel das quinternäreCu(In,Ga)(Se,S)2 in einer Komposition, die zu einerBandlücke von etwa 1.2eV führt. Die Herausforde-rung bei diesem Material besteht – neben einer wei-teren Steigerung des Wirkungsgrades – darin, kosten-günstigere und einfachere Präparationsprozesse zu fin-den und deren Skalierung auf größere Flächen durch-zuführen.Im Gegensatz dazu ist die Entwicklung breitbandigerCuGaSe2- oder CuInS2-Chalkopyritsolarzellen weni-ger fortgeschritten. Sie versprechen jedoch Vorteile,da die größere Bandlücke höhere Leerlaufspannungender Solarzelle erwarten lässt und Wirkungsgradverlu-ste bei höheren Betriebstemperaturen geringer sind.Höhere Leerlaufspannungen, bei gleichem Wirkungs-grad, führen zu geringeren Serienwiderstandsverlustenbei der Verschaltung zu Modulen.

18 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

2.2.1 Aufbau der Chalkopyrit-Heterostruk-turen

In Abb. 2.6 ist der typische Aufbau einer Dünn-schichtsolarzelle auf Basis von Chalkopyriten sche-matisch dargestellt. In diesem Aufbau erfolgt in der

Ni/Al−Kontakte

ZnO−Fenster

Pufferschicht

Mo−Rückkontakt

Glassubstrat

Absorber

Abbildung 2.6: Typischer Aufbau von Chalkopyrit-Solarzellen.

p-leitenden Absorberschicht2 unter Beleuchtung mithν > Eg die Generation der Elektron-Loch-Paare.Durch die direkte Natur der Bandlücke und die da-mit verbundene hohe Absorption des Materials ge-nügen bereits Schichtdicken von etwa 1 µm zur Ab-sorption des AM 1.5-Sonnenspektrums3 . Angewand-te Depositionstechniken sind, auch in hochskaliertenProzessen, Koverdampfen der Elemente im Vakuum(Kap. 4), oder sequentielle Verfahren, bei denen Me-tallvorläuferschichten z.B. mittels Sputtertechnik auf-gebracht werden und unter einem reaktiven Heizschrittin Chalkogenatmosphäre der Kristallisationsprozessdes Chalkopyriten stattfindet.Den n/n+-dotierten Heteropartner in dieser Strukturbildet das ZnO, das zur Materialklasse der TCO (engl.Transparent Conductive Oxides) gehört. Das mit sei-ner großen Bandlücke von Eg=3.2 eV auch Fenster-schicht genannte ZnO wird durch Sputtertechnik auf-gebracht. Die an diese Schicht gestellten Ansprü-

2Der in einer Solarzelle unter Beleuchtung generierte Pho-tostrom wird von den Minoritätsladungsträgern erzeugt. Bei p-Halbleitern sind dies Elektronen, deren in der Regel höhere Be-weglichkeiten bzw. Diffusionslängen vorteilhaft sind.

3Tatsächlich finden üblicherweise Dicken von 1.5-3 µm Ver-wendung. Damit wird Ladungsträgerrekombination am Rückkon-takt vermieden und, je nach Präparationsmethode, werden ge-schlossene Schichten erhalten, damit keine Kurzschlüsse auftre-ten.

che sind im wesentlichen eine hohe Leitfähigkeit beigleichzeitig maximaler Transmission. Tatsächlich be-steht das ZnO-Fenster aus einer i-ZnO/ZnO:Ga Dop-pelschicht mit Dicken von 100 bzw. 400 nm und Net-toladungsträgerkonzentrationen von 5e17cm−3 bzw.1e20cm−3. Die intrinsische Schicht dient sowohl alsGa-Diffusionsbarriere als auch zur Verringerung vonParallelwiderstandsverlusten [38]. Die hohe Dotierungdes ZnO hat zur Folge (siehe Kap. 2.2.2), dass sich dieBandverbiegung im wesentlichen nur auf den Absor-ber erstreckt. Ein Vorteil dieser Struktur ist, dass – inVerbindung mit der direkten Bandlücke des Absorbers– die Bereiche der Ladungsträgergeneration und derRaumladungszone, in deren Feld die Ladungsträgersepariert werden, weitgehend zusammenfallen. DieDiffusionslänge der Minoritäten im Absorber muss da-her nur moderat sein und somit sind die Anforderun-gen an die kristalline Qualität des Absorbermaterials,verglichen mit klassischen Si-Solarzellen, nur sehr ge-ring.In heutzutage üblichen hocheffizienten Chalkopyritso-larzellen wird von den p/n+-Heteropartnern die sog.Pufferschicht eingerahmt. Diese besteht meist ausCdS mit einer Dicke von 30-60 nm und wird mit-tels Chemischer Badabscheidung (CBD für ChemicalBath Deposition) hergestellt. Die im undotierten Fallleicht n-leitende CdS-Schicht führt dazu, dass der ent-scheidende Heteroübergang an die Absorber/Puffer-Grenzfläche verschoben wird. Die vielfältigen Wir-kungsweisen der Pufferschicht werden in Kap. 2.2.6diskutiert und die Präparation und Optimierung fürCuGaSe2-Absorber wird in Kap. 4 vorgestellt.Eingebunden werden die beiden Heteropartner vonRück- und Frontkontakten, über die die Ladungsträgerabtransportiert werden. Der Rückkontakt besteht ausMo und wird durch Sputtern oder, wie in dieser Ar-beit, durch Elektronenstrahlverdampfen aufgebracht,mit typischen Dicken von 1 µm. Die Präparationswei-se des Rückkontaktes bestimmt wesentlich, wieviel Nawährend der Absorberdeposition aus den Glassubstra-ten in den Chalkopyriten diffundiert (Kap. 2.2.7). Einohmscher Kontakt zum Absorber entsteht wahrschein-lich erst durch eine dünne, sich während der Absor-berherstellung ausbildende p-leitende MoSe2-Schichtan der Grenzfläche Mo/Absorber [39].Der unkritische Frontkontakt besteht bei Solarzellenim Labormaßstab aus einem Stromsammlungsgitter

2.2. SOLARZELLEN AUF CHALKOPYRIT-BASIS 19

einer Ni/Al-Schichtfolge mit Dicken von 10 nm und1µ m. Die Aufgabe der Ni-Schicht besteht darin, dieOxidation des Al durch Sauerstoff aus dem ZnO zuminimieren, während Al den eigentlichen ohmschenKontakt darstellt.Als Trägermaterial wird übliches, kostengünsti-ges Na-haltiges Glas verwendet, das vorher einemReinigungsschritt unterzogen wird. Die hohe Na-Konzentration kann von entscheidender Bedeutung fürdie Effizienz von Chalkopyritsolarzellen sein, näheresdazu findet sich in Kap. 2.2.7. Der Schmelzpunkt vonetwa 550 C bestimmt die maximale Prozesstempera-tur für die Absorberpräparation.

2.2.2 Elektronischer Bandverlauf der Hete-rostrukturen

In einer Diode sind die Ladungsträger im n- bzw. p-Gebiet unterschiedlich konzentriert, und es entstehtein Diffusionsstrom über den pn-Übergang. Dieserführt dazu, dass in Umgebung des pn-Übergangs, inder sog. Raumladungszone, eine Verarmung an La-dungsträgern entsteht und die Ladung der Akzepto-ren im p-Gebiet und der Donatoren im n-Gebiet nichtmehr kompensiert ist. Ein elektrisches Feld ist die Fol-ge, welches zu dem Driftstrom führt, der dem Diffusi-onsstrom entgegen wirkt, bis sich ein Gleichgewichteinstellt. Die Raumladungszone erstreckt sich im p-bzw. n-Gebiet gemäß der Dichte der Akzeptoren NA

und der Donatoren ND nach

wa ·NA = wd ·ND (2.1)

wobei wd und wa die Ausdehnung der Raumladungs-zone im n- bzw. p-Gebiet bezeichnet.Unter der Annahme typischer Dotierungen für Chalko-pyritsolarzellen von 1e17 cm−3 für den Absorber und1e20 cm−3 für die hochdotierte Fensterschicht ergibtsich mit dieser vereinfachten Betrachtung ein Verhält-nis wa/wd = 1000. Daher erstreckt sich nahezu dievollständige Raumladungszone im Bereich des Ab-sorbers. Dieser Sachverhalt ist auch in den nume-risch berechneten Banddiagrammen der Chalkopyrit-Heterostrukturen in Abb. 2.7 zu erkennen.Anhand der dargestellten Banddiagramme lassen sichbestimmte Aspekte der Limitierung von breitbandi-gen CuGaSe2-Solarzellen im Vergleich zu CuInSe2 -Solarzellen verstehen.

Diese Banddiagramme wurden nach [40] mit demProgramm SCAPS für CuGaSe2- und CuInSe2 -Solarzellen erstellt, die dazu verwendeten Parameterfinden sich in Anhang B. Charakteristisch für die He-terogrenzflächen sind Bandversätze, die dadurch ent-stehen, dass der pn-Übergang in Heterostrukturen vonMaterialien verschiedener Bandlücken und Austritts-arbeiten gebildet wird.In Cu(In,Ga)Se2-Solarzellen ist der Valenzbandver-satz an der Absorber/Puffer-Grenzfläche nahezu unab-hängig von dem Ga-Gehalt des Absorbers (d.h. sei-ner Bandlücke), was sowohl durch Photoemissions-spektroskopie [41] als auch durch theoretische Berech-nungen [42] gezeigt wurde.Unter der Annahme eines konstanten Valenzbandver-satzes ändert sich der Leitungsbandversatz ∆EC ander Absorber/Puffer-Grenzfläche bei Aufweitung derBandlücke durch zusätzlichen Ga-Einbau in den Ab-sorber von positiven zu negativen Werten. In Abhän-gigkeit der Bandlückenenergie des Absorbers ergibtsich somit eine sog. Spike- (∆EC > 0) oder Cliff -Struktur (∆EC < 0) (siehe Abb. 2.7).Möglicherweise ist anzunehmen, dass der tatsächli-che Bandverlauf von diesen Modellvorstellungen ab-weicht. Aufgrund von Interdiffusion der Elementeder Absorber- und Pufferschicht [43] kann eine Ver-änderung der Bandlücken an der Grenzfläche resul-tieren. So wurde in einer neueren Untersuchung anCuIn(S,Se)2/CdS-Heterostrukturen gezeigt, dass diein diesem Fall S-reiche und Cu-arme Absorberober-fläche mit einer aufgeweiteten Bandlücke an eineCd(S,Se)-Pufferoberfläche mit reduzierter Bandlückegrenzt. Der Leitungsbandversatz wurde in diesem Fallzu ∆EC = 0 bestimmt [44].Allerdings lassen sich einige prinzipielle Eigenschaft-en anhand der dargestellten Bandverläufe verstehen.So liegt bei CuInSe2 -Solarzellen am Absorber/Puffer-Übergang das Ferminiveau näher am Leitungsband-minimum als am Valenzbandmaximum, d.h. an derGrenzfläche liegt Typinversion vor und photogenerier-te Elektronen sind dort Majoritätsladungsträger.Diese Typinversion wird verstärkt durch eine mögli-che Bandlückenaufweitung einer Cu-armen Oberflä-che, die das Valenzband am Heteroübergang noch wei-ter vom Ferminiveau entfernt [45]. Die Cu-Verarmungan der CuInSe2 -Oberfläche wurde früher mit demAuftreten einer n-leitenden CuIn3Se5-Phase erklärt,

20 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

1,451,51,551,61,65Abstand vom Rückkontakt [µm]

-4

-3

-2

-1

0

1

2

E-E

F[eV

]

EL

EV

EF

p-CuGaSe2n-CdSn

+-ZnO

Eg(CuGaSe

2)

Eg(CdS)

Eg(ZnO)

p-Bahngebietwad

bn-Bahngebiet

qVD

∆EC<0

Cliff

(a)

1,451,51,551,61,65Abstand vom Rückkontakt [µm]

-4

-3

-2

-1

0

1

2

E-E

F[eV

]

EL

EV

EF

p-CuInSe2n-CdSn

+-ZnO

Eg(CuInSe

2)

Eg(CdS)

Eg(ZnO)

p-Bahngebietwad

bn-Bahngebiet

qVD

∆EC>0

Spike

(b)

Abbildung 2.7: Berechneter Bandverlauf einer CuGaSe2- (a) und CuInSe2 -Solarzelle (b). Hiermit ergibt sichfür die CuGaSe2-Solarzelle eine Cliff-Struktur im Leitungsband, und an der Absorber/Puffer-Grenzfläche liegtdas Ferminiveau etwas unterhalb der Bandmitte. Bei der CuInSe2 -Solarzelle hingegen tritt Typinversion an derGrenzfläche auf und eine Spike-Struktur im Leitungsband. VD bezeichnet die der Diffusionsspannung entspre-chende maximale Bandverbiegung im Absorber, und db ist die Dicke der Pufferschicht.

die jedoch experimentell nie nachgewiesen werdenkonnte. Neuere Überlegungen führen die Cu-Armut ander Oberfläche auf eine feldinduzierte Cu-Migration indas Volumenmaterial zurück [46]. So entsteht ein de-fektreicher aber einphasiger Bereich an der Grenzflä-che, und die Bandlücke ist dort aufgeweitet [47].Typinversion an der CuGaSe2/CdS-Grenzfläche wurdenicht entdeckt.

2.2.3 Kennlinien und Diodenparameter

Der Stromtransport in einer Diode ohne Beleuchtungwird nach Shockley durch die ideale Diodengleichung(2.2) beschrieben [48]. Während sich Drift- und Dif-fusionsstrom im thermodynamischen Gleichgewichtgerade aufheben, führt die Verschiebung der Quasi-ferminiveaus durch Anlegen einer äußeren Spannungzu veränderten Ladungsträgerdichten in den Bändern,und ein Stromfluss ist die Folge. Im Idealfall ist dieDiodenstromdichte JD(U) gegeben durch

JD(U) = J0

(

eqUnkT −1

)

(2.2)

wobei J0 als Sperrsättigungsstromdichte und n als Di-odenfaktor bezeichnet wird. Der Diodenfaktor spiegeltdie Art der Rekombinationsmechanismen wieder und

wird unten diskutiert. Bei ausschließlicher Rekombi-nation im Bahnbereich hängt der Sperrsättigungsstromgemäß

J0 = q

(

p0Lp

τp+n0

Ln

τn

)

(2.3)

von der Dotierung n0, p0, den Diffusionslängen Ln,p

und den Lebensdauern τn,p der Minoritätsladungsträ-ger ab.Unter Beleuchtung werden in einer Solarzelle Über-schussladungsträger generiert, die entweder rekombi-nieren oder durch das elektrische Feld in der Raumla-dungszone separiert werden und den Beitrag des Pho-tostroms JP darstellen. Dieser fließt entgegen dem Di-odenstrom und ergibt sich im Fall einer idealen Solar-zelle durch Superposition gemäß

JG(U) = JD(U)− JP (2.4)

zur Gesamtstromdichte JG(U). In einer realen Solar-zelle muss weiterhin der Serien- und Parallelwider-stand RS und RP (in Ωcm2) berücksichtigt werden. ImSerienwiderstand sind sowohl Schicht- als auch Kon-taktwiderstände enthalten, während ein endlicher Par-allelwiderstand von Strompfaden verursacht wird, diesich z.B. entlang von Korngrenzen oder direkten Kon-taktstellen von Fensterschicht und Rückkontakt aus-bilden. Dies führt zu einer Strom/Spannungskennlinie,

2.2. SOLARZELLEN AUF CHALKOPYRIT-BASIS 21

die bei nur einem dominierenden Rekombinations-mechanismus durch das folgende Ersatzschaltbild be-schrieben werden kann. Die Diodenstromdichte ist

D1 phJ IRP

RS

U

J

Abbildung 2.8: Ersatzschaltbild einer realen Solarzel-le im Eindiodenmodell.

dann gegeben durch Gl. 2.5:

J(U) = J0

(

eq(U−J(U)Rs)

nkT −1)

+U − J(U)Rs

Rp−JP (2.5)

Hell- und Dunkelkennlinien einer Solarzelle sind inAbb. 2.9 wiedergegeben. Die Hellkennlinie bestimmtden Wirkungsgrad η der Solarzelle, der gegebenist durch die Größen Leerlaufspannung UOC, Kurz-schlussstromdichte JSC und Füllfaktor FF . Die Leer-

-0,4 -0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8

-0,04

-0,02

0,00

0,02

0,04

0,06

j[A

/cm

]2

U[V]

Hellkennlinie

Dunkelkennlinie

jmax

UmaxUOC

jSC

U joc sc

FF =U j

Abbildung 2.9: Hell-und Dunkelkennlinie einer idea-len Solarzelle.

laufspannung ist diejenige, die bei JG=0 an der Diodeanliegt, und sich Diodenstrom und Photostrom gera-de kompensieren. Unter Vernachlässigung der Wider-stände berechnet sie sich unter Verwendung von Gl.2.2 und 2.4 zu:

UOC =nkT

qln

(

JP

J0+1

)

(2.6)

Es ist ersichtlich, dass für hohe Leerlaufspannun-gen die Sperrsättigungsstromdichte minimiert werden

muss und dass UOC logarithmisch von der Photostrom-dichte, also von der eingestrahlten Lichtintensität ab-hängig ist.Der Arbeitspunkt der Solarzelle ist gegeben durch denPunkt auf der Kennlinie, an dem die entnommene Lei-stung JMax ·UMax maximal wird. Der Füllfaktor FF istdabei durch den Quotienten

FF =JMax ·UMax

JSC ·UOC(2.7)

definiert.Der Wirkungsgrad η einer Solarzelle berechnet sichaus dem Verhältnis von maximaler Leistung der Zellepro Fläche und eingestrahlter Lichtleistungsdichte Phν:

η =FF · JSC ·UOC

Phν. (2.8)

Hierbei wird meist auf das sog. AM1.5 Sonnenspek-trum normiert, welches in gemäßigten Breitengradenvorliegt. Es ist um Absorptions- und Streuverluste inder Erdatmosphäre korrigiert, und ein mittlerer Ein-strahlwinkel von 45 liegt zugrunde. Die Leistungs-dichte beträgt 100 mW/cm2.

2.2.4 Stromsammlung und Quanteneffizienz

Die beiden relevanten Größen für die Stromsammlungder photogenerierten Ladungsträger einer Solarzelleunter Beleuchtung sind die Weite der Raumladungszo-ne (RLZ) im Absorber wa gemäß Gl. 2.1 und die Dif-fusionslänge der Minoritätsladungsträger Ld . Die Dif-fusionslänge Ld der photogenerierten Elektronen istverknüpft mit deren Lebensdauer τn und der Diffusi-onskonstanten Dn:

Ld =√

Dnτ (2.9)

Die Einstein-Relation gibt den Zusammenhang zwi-schen der Beweglichkeit µn und der Diffusionslängean:

Dn =kTq

µn (2.10)

Die spektral abhängige Stromsammlung einer Solar-zelle wird mit der Methode der Quanteneffizienzmes-sung untersucht. Dabei beschreibt die Quanteneffizi-enz QE(λ) das Verhältnis zwischen der Anzahl dereingestrahlten Photonen der Wellenlänge λ und der

22 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

Anzahl der erzeugten Elektron-Loch Paare, die zumPhotostrom IP beitragen. Sie ist definiert durch

QE(λ) =IP

qΦ= G(λ)H(λ) (2.11)

wobei Φ den Photonenfluss beschreibt. Sie kannin Anteile der Generationsfunktion G(λ) und derSammlungsfunktion H(λ) der Ladungsträger sepa-riert werden. Die in dieser Arbeit bestimmte externeQE berücksichtigt keine Verluste innerhalb der Fen-ster/Pufferschicht. Dies wird bei der internen QE mitder Reflexion R(λ) einbezogen:

QEint(λ) =QEext(λ)

1−R(λ)(2.12)

Für Wellenlängen im Bereich oberhalb der Absorber-bandlücke, die bei der unten beschriebenen Auswer-tung betrachtet werden, sind diese Verluste jedoch ver-nachlässigbar.Die Erzeugung und Trennung von Elektron-Loch Paa-ren ist in Abb. 2.10 schematisch gezeigt. Photonenmit hν > Eg erzeugen ein Loch im Valenzband undregen das Elektron ins Leitungsband an. Unter An-regung von Phononen thermalisieren die Löcher zurOberkante des Valenzbandes und die Elektronen zurUnterkante des Leitungsbandes. Um durch das Feldder Raumladungszone separiert zu werden, müssen dieLadungsträger entweder direkt dort erzeugt werdenoder während ihrer Lebensdauer dorthin diffundieren.

Bahngebiet

PhF

n -ZnO+ p-CuGaSe2C

dS

wa

X

E

+

-- Thermalisierung

Abbildung 2.10: Unter Beleuchtung wird ein Elektron-Loch Paar in der RLZ erzeugt und unter dem Einflussdes elektrischen Feldes separiert.

Generation

Der Ort der Generation der Ladungsträger ist ver-knüpft mit der Eindringtiefe des eingestrahlten Lichtsin den Absorber d.h. mit der Absorption. Der Pho-tonenfluss lässt sich mittels des Absorptionsgesetzesschreiben als

Φ(λ,x) = Φ0(λ)exp(−α(λ) · x) (2.13)

mit x als Tiefe im Absorber und dem Absorptionsko-effizienten α(λ). Die Generationsfunktion G bestimmtsich hiermit zu

G(x,λ) = Φ0(λ)α(λ)exp(−α(λ) · x) (2.14)

für λ ≤ hc/Eg.

Sammlung

Die hier beschriebene Berechnung der Ladungsträger-sammlung aus der RLZ und dem Bahngebiet richtetsich nach dem Gärtner-Modell [49]. Hierbei werdenfolgende Annahmen gemacht:

• Die innerhalb der RLZ erzeugten Ladungsträgerwerden vollständig gesammelt, d.h. es wird keineRekombination in der RLZ angenommen.

• Die Rekombination der Minoritätsladungsträgerim Bahngebiet wird durch deren limitierte Diffu-sionslänge Ld berücksichtigt.

Die Beiträge der in der RLZ direkt erzeugten und deraus dem Bahngebiet in die RLZ diffundierenden La-dungsträger zum Gesamtphotostrom werden getrenntberechnet. Für den Beitrag aus der RLZ ergibt sichunter der Annahme vollständiger Sammlung aus Gl.2.14:

IRLZP (λ) = qGRLZ(λ) = qΦ0(λ)(1− exp(−α(λ) ·wa))

(2.15)Die im Bahngebiet erzeugten Ladungsträger gelangenüber Diffusion zum Rand der RLZ und ihr Beitrag zumPhotostrom ist [49]:

IBahnP (λ) = qΦ0(λ)

exp(−α(λ) ·wa)

1+ 1α(λ)Ld

(2.16)

2.2. SOLARZELLEN AUF CHALKOPYRIT-BASIS 23

Der Gesamtphotostrom IP = IRLZP + IBahn

P addiert sichaus beiden Beiträgen zu:

IP(λ) = qΦ0(λ)

(

1− exp(−α(λ) ·wa)

1+α(λ)Ld

)

(2.17)

Mittels Gl. 2.11 berechnet sich nun die Quanteneffizi-enz:

QE(λ) =IP(λ)

qΦ0(λ)= 1− exp(−α(λ) ·wa)

1+α(λ)Ld(2.18)

In dieser Gleichung sind die beiden Größen wa undLd enthalten, die die Sammlung der Ladungsträger be-stimmen. Prinzipiell sind sie aus einer QE-Messungund Anpassung der Daten nach Gl. 2.18 extrahier-bar. Allerdings besteht die Schwierigkeit, dass unter-schiedliche Kombinationen von wa und Ld zu sehrähnlichen Verläufen der QE führen. Grund dafür ist,dass die formale Beziehung

exp(−α(λ) · x) ≈ 11+α(λ) · x (2.19)

für kleine α(λ) · x gilt. Zur numerischen Anpassungder QE bei hohen Wellenlängen wird hier die vonKlenk [50] entwickelte Vereinfachung angewendet, inder die effektive Sammlungslänge Le f f = Ld + wa alsSumme der Weite der RLZ im Absorber und der Diffu-sionslänge der Minoritätsladungsträger definiert wird:

QE(α) = K(1− exp(−α(λ) ·Le f f )) (2.20)

K stellt hierbei einen dimensionslosen Vorfaktor dar,durch den sowohl Reflexion und Absorption in derFensterschicht als auch Grenzflächenrekombinationberücksichtigt werden. Diese eindeutig im langwelli-gen an die QE-Daten anpassbare Funktion 2.20 enthältjedoch nicht mehr die separate Information über dieRaumladungszonenweite und die Diffusionslänge. Esbesteht allerdings die Möglichkeit, die QE unter Anle-gen einer Vorspannung zu messen.Die Raumladungszonenweite einer Diode ist eineFunktion der von außen angelegten Spannung. Bei ei-nem Schottky-Kontakt [51] ist sie gegeben durch:

w =

2ε0εr(VD −V )

qN(2.21)

VD bezeichnet die Diffusionsspannung, N die Dotier-konzentration und ε0εr die Dielektrizität des Halblei-ters. Der Verlauf mit der angelegten Spannung ist wur-zelförmig.Übertragen auf die Situation in einer Solarzelle bedeu-tet dies, dass etwa durch eine positive Vorspannung dieWeite der RLZ im Absorber verringert wird, und nichtmehr alle im Bahngebiet photogenerierten Ladungs-träger gesammelt werden können.Im Gegensatz zu einer Schottky-Diode erstrecktsich aber der Bereich der Bandverbiegung einerZnO/CdS/CuGaSe2-Struktur nicht nur auf den Absor-ber. Im Vergleich zu Gl. 2.21 wird daher in Kap. 6ein modifiziertes Modell [52, 53, 54] beschrieben, umdie beiden Anteile der effektiven Sammlungslänge zutrennen.

2.2.5 Rekombinationsmechanismen

Die erreichbare Leerlaufspannung einer Solarzellewird wesentlich durch die Ladungsträgerrekombina-tion bestimmt. Mögliche Rekombinationspfade derLadungsträger sind Rekombination im Bahngebietdes Absorbers, in der Raumladungszone und an derAbsorber/Puffer-Grenzfläche. Vor allem bei höhe-ren Dotierungen, also starken Feldern und geringenRaumladungszonenweiten, wird die thermische Akti-vierung der Rekombination durch tunnelunterstützteProzesse erweitert. Die möglichen Rekombinations-pfade sind in Abb. 2.11 schematisch dargestellt. DieRekombination von Ladungsträgern in der Raumla-dungszone und an den Grenzflächen sind in Dünn-schichtsolarzellen nicht zu vernachlässigen bzw. imGegensatz zur idealen Diode sogar möglicherweisedominierend. Die Kenntnis von Temperaturabhängig-keit und Absolutwert des in Gl. 2.2 eingeführten Di-odenfaktors erlaubt, den Ort und den Mechanismus derLadungsträgerrekombination zu identifizieren. Tabelle2.2 zeigt zu erwartende Werte der Diodenfaktoren beiverschiedenen Rekombinationsmechanismen und ihreTemperaturabhängigkeiten.Detaillierte temperaturabhängige Kennlinienanalysenan den hier präparierten CuGaSe2-Solarzellen wurdenin [59] vorgenommen. Es wurde bestätigt, dass die Ef-fizienz von CuGaSe2-Solarzellen durch Rekombinati-on an der Heterogrenzfläche in Verbindung mit tun-nelunterstützten Prozessen limitiert ist. Für eine tiefer-

24 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

-0,6 -0,4 -0,2 0,0 0,2 0,4 0,6

-3

-2

-1

0

1

EF Ev

Ec

BA

CEB

cliff

n+- ZnO p-Absorber

Rekombinationspfad

E-E

F (

eV)

Entfernung zur Grenzfläche (µm)

EG

Abbildung 2.11: Mögliche Rekombinationspfade ei-ner Heterosolarzelle. Skizziert sind Rekombinationim Bahngebiet des Absorbers (A), Rekombination inder Raumladungszone (B) und Rekombination an derGrenzfläche (C), aus [55]. Die Barrierenhöhe EB =Eg −∆EC ist ebenfalls eingezeichnet. Horizontal ver-laufende Tunnelprozesse sind nicht dargestellt.

gehende Diskussion sei auf diese Arbeit verwiesen, eswerden hier aber noch einige grundlegende Erkennt-nisse formuliert.Die Rekombinationsrate R kann angenähert werden[60] durch

R =np

τ(n+ p)(2.22)

wobei n und p die Konzentrationen und τ die Lebens-dauer der Ladungsträger angibt. Wegen der Konstanzdes Produkts np in der Raumladungszone, das durch

np = n2i exp

(

qVkT

)

(2.23)

gegeben ist, wird die Rekombinationsrate maximal fürden Fall n = p, d.h. an der Stelle, an der das Fermi-niveau ungefähr in der Mitte der Bandlücke liegt. Re-kombinationsverluste sind minimal, falls sich das Fer-miniveau sehr nahe am Valenz- oder Leitungsband be-findet. Dies gilt auch für den Fall sehr hoher Rekombi-nationsgeschwindigkeiten, die an Heterogrenzflächenwie z.B. des Absorber/CdS-Übergangs auftreten [60].

Modell Diodenfaktor n ReferenzRekombinationim Bahngebiet

1 [48]

Thermisch aktivierteRekombination

2T ∗/(T +T ∗)

in der RLZ 1 . . .2[56]

Thermisch aktivierteRekombinationan der Heterogrenz-fläche

1+NA/ND [56]

Tunneln über Zustän-de in der RLZ

const/kT [57]

Thermisch aktivier-tes Tunnelnan die Heterogrenz-fläche

(E00/kT ) coth(E00/kT )[58]

Tabelle 2.2: Diodenidealitätsfaktoren verschiedenerRekombinationsmechanismen und deren Temperatur-abhängigkeiten.

Diese Überlegungen stimmen damit überein, dassschmalbandige Cu(In,Ga)Se2-Solarzellen (bis Eg ≈1.3 eV) mit möglicher Spike-Bandstruktur und Typ-inversion an der Absorber/Puffergrenzfläche (Abb.2.7) vorwiegend durch Rekombination in der Raum-ladungszone und nicht an der Grenzfläche dominiertsind, da der Ort höchster Rekombinationswahrschein-lichkeit (n = p) nicht an der Stelle höchster Defekt-dichte, d.h. dem Heteroübergang liegt.Eine Aufweitung der Bandlücke um ∆Eg, wiedurch zusätzlichen Ga-Einbau in CuInSe2 , führtnicht zwangsläufig zu höheren Leerlaufspannungenq∆VOC ∼ ∆Eg, wenn sich dabei der dominieren-de Rekombinationsmechanismus ändert. Im Fall derGrenzflächen-Rekombination ist die entscheidendeGröße am Heteroübergang nicht die Bandlücke desAbsorbers, sondern die Barrierenhöhe EB = Eg−∆EC.Wie schon diskutiert wurde, kann sich bei höherenBandlücken des Absorbers eine Cliff-Struktur (Abb.2.7) im Leitungsband bilden, die EB verringert. Diesführt dazu, dass die Bandlückenaufweitung mit zuneh-mendem Einbau von Ga in CuInSe2 nicht vollständigin eine höhere Leerlaufspannung der Solarzelle ein-

2.2. SOLARZELLEN AUF CHALKOPYRIT-BASIS 25

geht. Dieser Sachverhalt ist nach experimentellen Be-

1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7

500

600

700

800

900

1000

1100

∆qVoc

~ ∆Eg

Leer

lauf

span

nung

(m

V)

Bandlückenenergie (eV)

Abbildung 2.12: Leerlaufspannung vonCu(In,Ga)Se2-Solarzellen mit unterschiedlichemGa-Gehalt nach [41, 61].

funden in Abb. 2.12 nach [41, 61] dargestellt.Zusammenfassend lassen sich folgende bekannteFaktoren aufführen, die die Wirkungsgrade vonCuGaSe2-Solarzellen im Vergleich zu schmalbandi-gen Cu(In,Ga)Se2-Solarzellen limitieren:

1. Die Grenzflächenrekombination ist wegen derwahrscheinlich fehlenden Typinversion an derAbsorberoberfläche erhöht.

2. Die Cliff-Struktur im Leitungsband durch dieVerwendung des CdS-Puffers ist unvorteilhaft.

3. Tunnelunterstützte Prozesse führen zu zusätzli-cher Rekombination der Ladungsträger.

Klenk diskutiert, wie diese begrenzenden Eigenschaf-ten der breitbandigen Chalkopyrit-Solarzellen über-wunden werden können [60]. Möglichkeiten dazu be-stehen einerseits in der Verwendung einer alternativenPufferschicht, die nicht zu einer verringerten Barrie-renhöhe an der Absorber/Puffergrenzfläche führt. An-dererseits muss für geringere Grenzflächenrekombina-tion an der Absorberoberfläche Typinversion vorlie-gen, was durch oberflächennahe Dotierung des Absor-bers oder durch geeignete Grenzflächenladungsdich-ten erreicht werden kann [60]. Ein Ansatz, der in der

vorliegenden Arbeit verfolgt wurde, um die Effizienzder CuGaSe2-Solarzellen zu erhöhen, ist die Präparati-on einer Pufferschicht, die zu einer geringeren Dichtebesetzter Grenzflächendefekte führt (Kap. 6).

2.2.6 Die Pufferschicht

Die Funktionen der Pufferschicht können nicht oh-ne Berücksichtigung der Absorbereigenschaften dis-kutiert werden. Es ist daher verständlich, dass für je-den speziellen Absorber eine Adaption der Pufferprä-paration erfolgen muss. Im Hinblick auf CuGaSe2 alsAbsorbermaterial ist dies besonders wichtig, da durchdie wahrscheinlich fehlende Typinversion an der Ab-sorberoberfläche dem Heterogrenzübergang verstärkteBedeutung zugemessen werden muss.Die in der Regel wenige Nanometer dicke Puffer-schicht befindet sich zwischen dem p-Absorber undder hochdotierten n+-Fensterschicht. Bei hocheffizi-enten Solarzellen besteht diese normalerweise aus ei-ner ca. 30-60nm dicken CdS-Schicht, die im chemi-schen Bad abgeschieden wird. Alternative Pufferma-terialien aus ZnSe, ZnS [62] und Inx(OH,S)y [63] sindin der Entwicklung und werden ebenfalls meist nass-chemisch präpariert4 .Früher wurde anstatt der heutzutage eingesetztenZnO-Fenster/CdS-Puffer-Kombination eine 2µm dicke(Cd,Zn)S-Fensterschicht als n-Heteropartner aufge-dampft, jedoch waren die erzielten Effizienzen gerin-ger [47].Für die Pufferschicht werden die im folgenden aufgeli-steten Eigenschaften diskutiert, jedoch ist die endgül-tige Funktion bis heute nicht eindeutig geklärt.

1. Als deckende Zwischenschicht verhindert sie dieBildung von Defektstellen am Absorber durch dieüberschüssige kinetische Energie der auftreffen-den Teilchen beim Aufbringen der Fensterschichtdurch einen Sputterprozess. Dieser Erklärungsan-satz wurde jedoch in [64] widerlegt.

4Die gewünschte Ersetzung von Cadmium hat nur vordergrün-dig ökologische Ursachen, wenn man bedenkt, dass die Flächen-dichte des Cd in einer Solarzelle gering ist und bei ähnlichenWerten wie für herkömmlich lackierte Automobilkarosserien liegt.Wegen weniger strengen Sicherheitsauflagen ist eine Cd-freie Pro-duktion prozesstechnisch aber sinnvoll. Auch würde man die nass-chemische Abscheidung gerne durch trockene Verfahren ersetzen,die besser in eine Produktionslinie integrierbar sind.

26 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

2. Als isolierende Schicht soll eine Verhinderungvon Kurzschlüssen zwischen Absorber und Fen-sterschicht bei lokal ungenügender Morphologiedes Absorbers erreicht werden. Bei hoher struk-tureller Qualität des Absorbers ist diese Funktionallerdings nicht von tragender Bedeutung [64].

3. Sie verbessert die Bandanpassung zwischen Fen-sterschicht und Absorber. Das Leitungsband desZnO liegt energetisch tiefer als das des CdSund somit ist der Leitungsbandversatz an derphotovoltaisch relevanten Grenzfläche geringer.Dadurch reduzierte Rekombinationsverluste amÜbergang führen zu höheren Leerlaufspannungenund Füllfaktoren, was theoretisch simuliert wer-den konnte [65].

4. CdS zeichnet sich durch eine gute Gitteranpas-sung zum Absorber aus und nahezu epitaktischesWachstum der Pufferschicht wurde beobachtet[66]. Die Dichte der Grenzflächenzustände amHeteroübergang ist daher vermindert.

5. Bei der Abscheidung der Pufferschicht werdenGrenzflächenzustände an der Absorberoberflä-che modifiziert. Insbesondere durch die reduzie-rende Wirkung der chemischen Badabscheidung[47] können donatorische Störstellen entstehen.Schiebt sich dadurch das Ferminiveau näher zumLeitungsband, sind verminderte Rekombinations-verluste die Folge [60].

6. Die Inversion der Grenzfläche durch in den ober-flächennahen Bereich des Absorbers diffundie-rende CdCu-Donatoren wird diskutiert [17].

2.2.7 Die Rolle des Natriums

Die Auswirkungen von Natrium auf Chalkopyrit-Solarzellen sind mannigfaltig und werden verschie-den diskutiert. Die in Hinblick auf die Effizienz vor-teilhafte Rolle wurde zufällig erkannt, da als Sub-stratmaterial eine billigere Alternative zu dem zuvorverwendeten Borosilikatglas gesucht wurde. Soda Li-me Glass (SLG), mit typischen Na2O-Konzentrationenvon 12%, das in seiner Zusammensetzung und Her-stellung üblichem Fensterglas entspricht, wurde erst-mals von Siemens Solar bzw. damals ARCO verwen-det [67].

Na diffundiert während des Hochtemperaturschrittesder Absorberdeposition durch die Molybdänschicht,wahrscheinlich entlang von Molybdänoxiden an denKorngrenzen [68]. Typische Na-Konzentrationen vonauf SLG abgeschiedenen Absorbern liegen bei 0.1at% im Volumen und bei 5-20 at% an den Ober-flächen, wie mittels Feldemissions-Augerelektronen-Spektroskopie gezeigt wurde [69]. Na-Konzentrationinnerhalb der Kristallite waren dabei nicht nachweis-bar. Verteilt man die 0.1% des Na im Volumen aufdie Korngrenzen, so würde dies einer Bedeckung derKorngrenzenflächen von ungefähr einer 1/10 Monola-ge entsprechen.Der „Na-Effekt“ wirkt sich auf alle wichtigen Solar-zellenparameter Leerlaufspannung, Kurzschlussstromund Füllfaktor aus [70, 15, 71]. Lange Zeit wurde derthermische Ausdehnungskoeffizient, der für SLG nä-her an dem der Chalkopyrite liegt, als Ursache für dieVerbesserung der Solarzellen diskutiert.Der erste überzeugende Beweis für die entscheiden-de Rolle des Na ergab sich aus der Beobachtung,dass sich die generell beobachtete Verbesserung derSchichtleitfähigkeit auch durch postpräparative Im-plantation von Na erreichen lässt [15]. Es wurde spe-kuliert, dass die Gründe für die verbesserte Leitfähig-keit in einer Passivierung der Korngrenzen liegen.Seit Entdeckung der vorteilhaften Rolle des Natriumswuchs die Zahl der Theorien über den Na-Effekt aller-dings stetig.Es muss grob zwischen Erklärungsansätzen, die aufeher strukturellen oder eher elektronischen Phänome-nen beruhen, differenziert werden. Phänomenologischentdeckt wurde bei der Absorberdeposition auf SLG– allerdings je nach Prozessführung in unterschied-licher Ausprägung – eine Zunahme der Korngrößen[72, 71] und bevorzugte (112)-Orientierung der Kri-stallite [73, 74] in Zusammenhang mit glatteren Ober-flächen. Die schon genannte verbesserte Schichtleitfä-higkeit wird heutzutage meist mit einer höheren ef-fektiven p-Leitung in Verbindung gebracht [70], diemit einer reduzierten Anzahl kompensierender De-fekte erklärt wird [75]. Es ist bekannt, dass das Na-Vorkommen in den Absorbern streng mit dem Sauer-stoffgehalt korreliert ist [76, 69]. Ob Sauerstoff jedochdurch Diffusion aus den Mo-Substraten oder durchden Hintergrunddruck während des Präparationspro-zesses eingebaut wird, ist unklar.

2.2. SOLARZELLEN AUF CHALKOPYRIT-BASIS 27

Nach dem Kronik-Modell [16] wird angenommen,dass durch eine Na-katalysierte Reduktion von mo-lekularem Sauerstoff die Oxidation der Absorber-oberfläche (einschließlich der Korngrenzen) unter-stützt wird. Der in dieser Reaktion atomar vorliegen-de Sauerstoff besetzt bzw. passiviert donatorische unddaher kompensierende Selenleerstellen. Dadurch solldie Höhe der Korngrenzenpotentialbarrieren und dieKompensation reduziert werden, sowie durch den anden Korngrenzen eingebauten Sauerstoff ein Akzeptorerzeugt werden. Alle drei Effekte würden die beobach-tete Zunahme der p-Leitfähigkeit erklären.Neuere Arbeiten zeigen, dass Na während der Präpa-ration jedoch an Se gebunden ist, und über Natrium-Polyselenide ein Se-Reservoir bereitgestellt wird, daswesentlich am Filmwachstum beteiligt ist [77]. Dieskann zu einer höheren strukturellen und morpho-logischen Qualität der Schichten führen. Weiterhinist bekannt, dass Na in CuInSe2 zu einem weiterenExistenzbereich der Chalkopyritphase in Bezug aufdie Zusammensetzung beiträgt [78]. Ausserdem wirddurch Na die Kristallisationstemperatur erhöht [79].Ein hohes Na-Angebot während des Filmwachstumsführt zur Phasensegregation von Na-III-VI2 [72].Oft wird auch diskutiert, dass Na eine dotierendeFunktion im Sinne eines elektrisch aktiven Punktde-fektes zukommt. Nachfolgend werden einige mit Nain Verbindung gebrachte Defekte aufgelistet:

1. Ein zusätzlicher Akzeptor 75 meV oberhalb desValenzbandes wurde in Na-haltigen CuInSe2 -Solarzellen mittels Admittanzspektroskopie [80]gefunden.

2. Durch eine Na-induzierte O2-Besetzung von Se-Vakanzen [16] wird ein Akzeptor 130 meV5 ober-halb des Valenzbandes erzeugt.

3. Ein NaCu-Defekt verdrängt In auf nominellen Cu-Gitterplätzen und verringert somit die Zahl derkompensierenden InCu-Donatoren [82]. Der De-fekt liegt in einfacher bzw. zweifacher Besetzungbei 200 bzw. 450 meV [81] oberhalb des Valenz-bandes.

5Wobei in [81] laut theoretischer Berechnungen Sauerstoff tie-fe Defektzustände verursachen müsste.

Der Na-Effekt ist im wesentlichen nur für CuInSe2 undCu(In,Ga)Se2 genauer studiert worden, die meistender geschilderten Beobachtungen beziehen sich daherauch auf diese beiden Verbindungen. Für CuGaSe2 istbekannt, dass die Na-Konzentrationen bei ähnlichenWerten liegen, es im wesentlichen ebenfalls an denOberflächen segregiert, und sein Vorkommen mit derSauerstoffkonzentration korreliert ist [83].Im Gegensatz zu CuInSe2 [84] finden sich jedoch inCuGaSe2 nahezu unabhängig vom I/III-Verhältnis undauch bei Cu-reicher Komposition die typischen Men-gen an Na [83]. Vergleicht man Literaturangaben fürCuGaSe2-Schichten, die wie auch in dieser Arbeit mit-tels Koverdampfung hergestellt wurden, so stellt sichheraus, dass Na ebenso zu einer deutlich größerenLeitfähigkeit führt [83, 85].Gestützt auf diese Beobachtungen ist die Diskussiongleicher Ursachen für den „Na-Effekt” in CuGaSe2

wie in CuInSe2 und Cu(In,Ga)Se2 plausibel.

28