Guntram W. Ickenstein - dgem.de · Klinik für Neurologie & Stroke Unit HELIOS Klinikum Aue –...
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Klinik für Neurologie & Stroke Unit
HELIOS Klinikum Aue – Technische Universität Dresden
Physiologie und Pathophysiologiedes Schluckens
edi 2011 Workshop 3: Diagnostik und Therapie der Dysphagie
Guntram W. Ickenstein
Priv.-Doz. Dr. med. Guntram W. Ickenstein
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•25 Muskelpaare werden beim Schluckakt in zeitlich-räumlicher Hinsicht koordiniert
•Neurogene Dysphagien sind die häufigste Ursache für Schluckstörungen
•580 - 2000 Schluckaktionen pro Tag
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Phasen des Schluckvorgangs
1. Präorale Vorbereitung2. Orale Transportphase: Bolusformung+-beförderung3. Pharyngeale Phase: Bolustransport durch den Pharynx4. Oesophageale Phase: Bolustransport Ösophagus
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• Retention:– Verbleiben von Resten im Mund- und Rachenraum
• Penetration:– Eintreten von Material in den Larynx bis zum
Niveau der Glottisebene• Aspiration :
– Eintreten von Material in den Larynx unterhalb der Glottisebene
• Stumme (Stille) Aspiration:– Patient reagiert auf Aspiration nicht mit Husten
(meist herabgesetzte Sensibilität bzw. Husten- und Würgereflex)
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Neuroanatomie des Schluckens
Schluckkortex Hirnstamm
frontoparietales Operculum dorsomedialer Mustergenerator
vordere Insel ventrolateraler Mustergenerator
Hirnnervenkerne V,VII,IX,X,XII
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Prosiegel et al. Dysphagie Springer 2006
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sensibel
motorisch
gustatorisch
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– Schlaganfall: Akutphase ca. 50%, häufigste Ursache
– Morbus Parkinson: ca. 50%– Multiple Sklerose: ca. 30-40%– Multisystematrophien: im Verlauf sehr häufig– Schweres Schädel-Hirn-Trauma: 50-60% in der
Akutphase– Amyotrophe Lateralsklerose: im Verlauf fast immer– Myasthenia gravis: im Verlauf sehr häufig– Guillian Barre Syndrom: insbesondere bei Miller-
Fisher-Syndrom sehr häufig
Häufigkeiten der Neurogenen Dysphagie (NOD)
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Supratentorielle Läsion:gestörte Koordination der oralen bzw. pharyngealen Phase (Apraxie)
Infratentorielle Läsion:sensible Defizite der laryngo-pharyngealen Schleimhäute, unzureichende Öffnung des OÖS,fehlende oder insuffiziente Triggerung des Schluckreflexes
Neurogene Dysphagie bei Schlaganfall
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ca. 50% in der Akutphase• davon 25% transiente Dysphagie
(Spontanerholung innerhalb ca. 2 Wochen)• 25% chronisch [Bath et al. 2002]
Neurogene Dysphagie als häufige Todesursache nach überlebtem Schlaganfall bzw. zweithäufigstebei Motoneuronerkrankungen
cave >>> stille Aspiration mit Aspirationspneumonie
Neurogene Dysphagie bei Schlaganfall
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Neurogene Dysphagie bei Motoneuronerkrankungen
• Störungsmuster– Gestörte orale Boluskontrolle– Verzögerte Schuckreflexauslösung– Insuffizienter Glottisschluss – OÖS-Dysfunktion
• Therapiemöglichkeiten– Acetylcystein (Verschleimung - ACC)– Anticholinergika (Speichelsekretion - Scopoderm Pflaster)– PEG-Anlage (frühzeitig, cave VK)
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Stroke Aufnahmen zur Neurorehabilitation 664 Patienten
- 436 Patientenmit FCM Schluck>5
228 Patienten (34.3%)mit FCM Schluck < 5
- 100 Patientenohne NG-Sonde
128 Patienten (19.3 %)mit NG-Sonde oder PEG
- 51 Patientenmit NG-Sonde
77 Patienten (11.6%)mit PEG
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Je schlechter der FCM Score Schlucken am Ende der Neuroreha, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass der
Patient innerhalb von zwei Jahren nach dem dysphagischen Schlaganfall verstirbt
Prädiktoren der Funktionellen Regeneration
FCM Schlucken (1-3); p<0.0001 [0.3484 – 0.7299]
Ickenstein et al. J Stroke & Cerebrovasc 2003
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PAS-Score Aspiration (PAS 5-8)
Ickenstein et al. J Neurology 2005
p<0.029 CI 1.17 – 16.12
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NOD-Stufenkonzept -Standardisierung des Untersuchungsablaufs bei neurogener oropharyngealer Dysphagie (NOD)
GUT-Team: Gruppe zur Entwicklung dysphagiologischer Untersuchungen mit einheitlicher Terminologie
Neurologie & Rehabilitation 2009, 15 (5):290-300
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Ziele des NOD Stufenkonzeptes:
Minimierung des Verschluckens, von Aspiration und assoziierter Pneumonie
Minimierung von Malnutrition undDehydratation
Maximierung der Lebensqualität
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NOD-StufenkonzeptModifiziertes Schluckassessment (MSA)
der Pflege nach Perry-Kriterien Aspirationsgefahr: ja/n
Schluckkostphasen bzw. Sonde: j/n
Klinische Schluckuntersuchung (KSU)der Schlucktherapeuten
Festlegung FCM Schlucken(Funktioneller Kommunikations-Index)
Schluckendoskopie bzw. Videofluoroskopie durch Arzt
Festlegung des PAS(Penetrations-Aspirations-Skala)
Zusammenfassender Befund mit Festlegung des NOD-Grades und Therapieplanung0= keine NOD, 1= leichte NOD 2= mittlere NOD 3= schwere NOD 4=massive NOD
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Hilfestellungen um die benötigte Ernährung zu erhalten
Schluckkostform anpassen
Flüssigkeiten modifizieren
Orale Ernährungszusätze
Sondenernährung Priv.-Doz. Dr. med. Guntram W. Ickenstein
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www.caledonian.ac.uk/sndri
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Primäres Outcome: Sondenernährung (FCM 1-3) Tag 90
– Klinische Schluckuntersuchung mit FCM-Score in 24 h (Functional Communication Measure, p<0,002)
– Schluckendoskopie mit PAS-Score in 72 h (Penetrations-Aspirations-Score, p<0,0001)
Evaluation des NOD-Stufenkonzeptes
Ickenstein GW, Höhlig C, Prosiegel M, Koch H, Dziewas R, Bodechtel U, Müller R, Reichmann H, Riecker A. Prediction of outcome in neurogenic dysphagia within 72 hours of acute stroke. J Stroke Cerebrovasc Dis 2011 in print
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Multivariate Testung der Prädiktionsfähigkeit (FCM 1-3)
NOD Grad 3-4 nach 72 Std. (FCM 1-3, PAS 5-8)
– ROC-Analyse* mit AUC**: 0,728
– Odds Ratio: 11,8
– p < 0,00001
– 95% CI 0.03 – 0.09*Receiver Operating Characteristic"-Kurve
** Area under the curve
justiert gegen Alter, Geschlecht, Schlaganfallkategorie, Strokelokalisation, Seitenlokalisation
0,00
0,25
0,50
0,75
1,00
0,00 0,25 0,50 0,75 1,00
ROC Curve of NOD Grad 3-4
1-Specificity
Sen
sitiv
ity
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In der ersten Woche nach dem Schlaganfall hatten 40.0% der Patienten mit NGT eine schlechte Lebensqualität angegeben (<81 Punkte) während die Gruppe ohne NGT (FCM 4-7) nur in 3.2% einen Score <81 angab (p<0.0001)
Am Tag 90 zeigte die Gruppe mit anhaltender Sondenpflichtigkeit (FCM 1-3) in 55,1 % eine Scorewert <81 (delta-QL 15,1%) während die Gruppe ohne Sondenpflichtigkeit in 12,8% eine schlechte Lebensqualität beschrieb (delta-QL 9,6%)
Die Lebensqualität (QL) wird durch die Art und Weise der Nahrungsqufnahme bzw. Nahrungspräparation beeinflusst, die wiederum zur Entwicklung einer „post-stroke Depression“ beitragen kann
Ickenstein GW et al., J Neurology 2010
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Pneumonierate und Mortalität im Rahmen der Stroke Unit Versorgung
Schlaganfall-Krankenhaussterblichkeit (%) in Beziehung zur Eröffnung einer Klinik für Neurologie (1), der Etablierung einer überregionalen Stroke Unit (2) und der Einführung des NOD Stufenkonzeptes (3) über den Zeitraum von sechs Jahren
Neurologie (1) Stroke Unit (2)% NOD Stufenkonzept (3)
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Zusammenfassung
• Das NOD Stufenkonzept trägt bei zur Senkung von Aspirationspneumonien und Malnutrition
• Frühe und spezifische NOD-Diagnostik ist entscheidend, um schluckgestörte Patienten zu identifizieren und die richtige Nahrungsform zu verordnen
• Die Graduierung des NOD Stufenkonzepts kann bei der Prädiktion des Outcome helfen, um ein geeignetes Neurorehabilitationsprogramm zu empfehlen
Ickenstein GW, Riecker A, Höhlig C, Müller R, Becker U, Reichmann H, Prosiegel M. Pneumonia and in-hospital mortality in the context of neurogenic oropharyngeal dyspahgia (NOD) in stroke and a new NOD step-wise concept. J Neurology 2010
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Die Ergebnisse werfen Fragen auf nach den effektivsten Threapieoptionen für schluckgestörte Patienten, um die neuronale Regeneration bzw. Reorganisation zu unterstützen
…Schmerztherapie
…Antidepressive Therapie
…ambulante Schlucktherapie
…Nahrungsformen und Nahrungszusätze
…orale versus Sondenkost
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LiteraturIckenstein GW, Kelly PJ, Furie KL, Ambrosi D, Rallis N, Goldstein R, Horick N, Stein J. Predictors of feeding gastrostomy tube removal in stroke patients with dysphagia. J Stroke & Cerebroovas Dis 2003; 12(4): 169-174
Ickenstein GW, Stein J, Ambrosi D, Goldstein R, Horn M, Bogdahn U. Predictors of survival after severe dysphagic stroke. J Neurology 2005; 252: 1510-1516
Ickenstein GW, Hofmayer A, Lindner-Pfleghar B, Pluschinski P, Riecker A, Schelling A, Prosiegel M. Standardisation of diagnostic and therapeutic procedures for neurogenic oropharyngeal dysphagia (NOD). Neurol & Rehabil 2009; 15 (5):290-300
Ickenstein GW, Riecker A, Höhlig C, Müller R, Becker U, Reichmann H, Prosiegel M. Pneumonia and in-hospital mortality in the context of neurogenic oropharyngeal dyspahgia (NOD) in stroke and a new NOD step-wise concept. J Neurology 2010; 257:1492-1501
Ickenstein GW, Höhlig C, Prosiegel M, Koch H, Dziewas R, Bodechtel U, Müller R, Reichmann H, Riecker A. Prediction of outcome in neurogenic dysphagia within 72 hours of acute stroke. J Stroke Cerebrovasc Dis 2011 in print
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