HA FibelnHgotik

download HA FibelnHgotik

of 16

Transcript of HA FibelnHgotik

Fibeln der Hochgotik

I. Einleitung.Die Fibeln zhlen zu einer der wichtigsten Fundgattungen. Wegen ihres hufigen Vorkommens und der Vielfalt von Formen, die entweder fr einen bestimmten Zeitabschnitt oder einen bestimmten Verbreitungsraum typisch sind, unterliegen sie in den meisten Fllen chronologischer sowie typologischer Studien. Die ersten Studien ber die Fibelformen berhaupt erschienen schon am Ende des 19. Jh. durch die Arbeit von O. Almgren1, der in seinem 1897 zum ersten Mal publizierten Werk die nordeuropischen Fibelformen behandelt hat. Von ausschlaggebender Bedeutung ist das System, nach dem man die einzelnen Fibeln gliedert. Hier sind die Werke von W. Jobst2 und E. Riha3 zu nennen, die die verschiedenen Fibelformen entsprechend nach chronologischer Reihenfolge und nach Verschlussmechanismus unterscheiden, obwohl sie nur auf die provinzialrmischen Exemplare beziehen. Fr den Zeitraum vom Beginn des 13. Jhs. bis zum Beginn des 14. Jhs., die Epoche der Hochgotik, ist hier vor allem die Arbeit von G. Ditmar-Trauth4 von groer Bedeutung, weil er da eine typologische Gliederung der hochgotischen Fibelformen vorschlgt. Weitere Monographien zu der hier bespochenen Fundgattung, die sich speziell auf das 13. Jh. beziehen, sind bisher in Deutschland nicht publiziert worden. Im englischsprachigen Raum muss auf das Werk von M. B. Deevy5, die sich ausschlielich mit den mittelalterlichen Ringfibeln in Irland beschftigt hat, hingewiesen werden. G. Egan und Fr. Pritchard haben in ihrer Arbeit ber die mittelalterlichen Kleidungsaccessoires auch einen Kapitel der Fibeln gewidmet, wobei er wieder von Ringfibeln dominiert wird6. S. Spiong hat sich mit den Exemplaren des 8. bis 12. Jhs. auseinandergesetzt7. Hier knnen nur die Stcke aus der zweiten Hlfte des 12. Jhs. angesprochen werden, weil sie der bergang von der Romanik zur Hochgotik kennzeichnen8

1

O. Almgren, Studien ber nordeuropische Fibelformen der ersten nachchristlichen Jahrhunderte mit Bercksichtigung der provinzialrmischen und sdrussischen Formen. Mannus Bibl. 32 2 (Leipzig 1923). 2 W. Jobst, Die rmischen Fibeln aus Lauriacum. Forsch. Lauriacum 10 (Linz 1975). 3 E. Riha, Die rmischen Fibeln aus Augst und Kaiseraugst. Forsch. Augst 3 (Augst 1979). 4 G. Ditmar-Trauth, Fibel- und Grtelmode der Hochgotik (Wald-Michelbach 2000). 5 M. B. Deevy, Medieval ring brooches in Ireland. A study of jewellery, dress and society. Monogr. Ser. 1 (Bray 1998). 6 G. Egan/Fr. Pritchard, Dress Accessories c. 1150 c. 1450. Medieval Finds Excav. London 3 (London 2002). 7 S. Spiong, Fibeln und Gewandnadeln des 8. bis 12. Jahrhunderts in Zentraleuropa. Eine archologische Betrachtung ausgewhlter Kleidungsstcke als Indikatoren menschlicher Identitt. Beih. Zeitsch. Arch. Mittelalter 12 (Bonn 2000). 8 Lehnart 1998, 16.

1

Fibeln der Hochgotik

II. Die Fibeln.Die Fibel war das wichtigste Gewandungsaccessoir in der Epoche des Mittelalters. Die Exemplare der Hochgotik knnen in zwei groen Hauptgruppen unterteilt werden die klassische Mantelfibel, den Frspann fr den Halsausschnitt am Obergewand und die Tasselfibeln, die paarweise mit einem Tasselband getragen und zum Verschlieen des halbrunden Mantels des Hochmittelalters benutzt wurden. Die Fibeln der Hochgotik wurden vor allem aus Bronze gegossen9. Trotzdem ist das Spektrum an Materialien viefltig. Stcke aus Kupfer, Zinn und Blei sowie aus Gold mit Edelsteinbesatz sind auch bekannt 10. Exemplare aus Edelmetall knnen als Seltenheiten bezeichnet werden. Sie wurden vor allem von Seite der Kunstgeschichte erforscht und publiziert11. Die wichtigste Quelle fr die Fibelformen des Hohen Mittelalters sind die Darstellungen an zeitgenssischen Skulpturen. Es lsst sich keine geschlechtsspezifische Zugehrigkeit der einzelnen Typen und Varianten feststellen. Troztdem knnen manche Formen als typisch fr eine Gesellschaftsschicht bezeichnet werden wie z. B. die Vierpafibeln, die Bltenfibeln und die Scharnierfibeln, die bei vielen Figuren von Bischfen und auch dargestellter Apostel oft vorkommen12.

III. Fibeltypen.Die Scheibenfibel gilt als Grundtypus fr die Fibeln des Mittelalters berhaupt. Ihre Form kann sowohl rund als auch viereckig sein. Die Tierfibelformen, die Fibeln in Kreuzform und in Form von geometrischen Kompositionen bilden eigene Sondergruppen13.

Fibelformen des spten 11. und des 12. Jhs.Die Zeit vor 1200 muss hier nicht detailliert vorgestellt werden. Es scheint aber sinnvoll zu sein mindestens das Fibelspektrum der zweiten Hlfte des 12. Jhs. als Beispiel fr den bergang von Romanik zur Gotik anzusprechen14. Das Fibelspektrum dieser Zeit reicht von geschlossenen Ringfibeln bis Mnz- und Kreuzfibeln sowie ovalen Fibeln. Die geschlossenen Ringfibeln, die im 12. Jh., vielleicht9

Ditmat-Trauth 1999, 95. Kania 2010, 108. 11 Vgl. Krabath 2001, 129131. 12 Ditmar-Trauth 2000, 9 f. 13 Ditmat-Trauth 1999,95. 14 Vgl. S. 1.10

2

Fibeln der Hochgotik

sogar im spten 11. Jh. die Scheibenfibeln allmhlich ablsten, waren bis ins 14. Jh. die Fibelform, die dominierte15.

Fibelformen der HochgotikG. Ditmar-Trauth unterscheidet 11 Gruppen von Fibelformen fr die Epoche der Hochgotik. Wie schon angedeutet, knnen alle Fibeln in Mantelfibeln fr den Rechteckmantel, die Frspane fr den Halsausschnitt und Tasselfibeln, die die Tasselgarnitur am Halbrundmantel bildeten, unterteilt werden. Das Spektrum der hochgotischen Stcke besteht vor allem aus Ring-, Stern- und Scheibenfibeln. Alle Scheiben- und Scharnierfibeln dienten als Mantelfibeln. Als Frspane knnen alle Varainten auer den Scharnierfibeln benutzt werden. Tasselfibeln sind die runden Scheibenfibeln und auch die Blten- und die Wappenschildfibeln16.

IV. Gruppen.Ringfibeln (Abb. 17.7678)Eine schlichte Variante der Ringfibel der Synagoge vom Straburger Mnster, 1220-30 und wahrscheinlich des Heiligen Theodor im Dom zu Mnster, etwa 1240 kommt an Skulpturen von hhergestellten Personen vor (Abb. 1). hnliche archologische Funde, die im gleichen Zeithorizont anzusetzen sind, sind aus Dublin bekannt17. Stcke, die in Durchbruch- oder Gravurtechnik verziert wurden, sind in der Bildhauerei nicht erhalten18. Archologische Beispiele sind aber vorhanden wie z. B. ein Exemplar in Durchbruchtechnik mit Palmettenfries (Abb. 76), mit Aufschrift AVE MARIA und Rankenverzierung (Abb. 77) und eine Radfibel mit Stein- und Perleneinlagen und Filigranranken (Abb. 78)19. Ein Stck mit Aufschrift AVE MARIA nennt auch S. Spiong20. Diese Variante knnte vom 12. bis zum 14. Jh. getragen worden sein21. Ein Beispiel mit vier hohen Zylinder, die als Trger fr die Schmucksteine dienen, stammt von der Kathedrale von Reims und wird um 1240 datiert (Abb. 2). Weitere Stcke sind eine Fibel einer Damenfigur des Alten Testaments aus Chartres, Notre-Dame aus dem Anfang des15 16

Spiong 2000, 78. Zur ausfhrlichen Vorstellung der Fibelformen des 11. u. 12. Jhs. ebd. 7880 Taf. 9,714. Ditmar-Trauth 2000, 11. 17 Straburg: Ditmar-Trauth 2000, 13. Dublin: Deevy 1998, 10. 18 Ditmar-Trauth 2000, 13. 19 Ditmar-Trauth 1999, 99 Abb. 209211. 20 Spiong 2000, 79 Abb. 9,11. 21 Heindel 1989, 87; 96.

3

Fibeln der Hochgotik

13. Jhs. (Abb. 3), eine Fibel einer Knigsfigur an der Kathedrale von Wels, 1240-50 (Abb. 4), eine perlstabartig profilierte Fibel der Hl. Magdalena aus Bordeaux, 13. Jh. (Abb. 5), eine sechseckige Ringfibel von St. Corneille in Compiegne, 1220 (Abb. 6) sowie die Sonderform mit Dreiblattmotiven des Knigs vom Jngsten Gericht aus Mainz, 1235-39 (Abb. 7)22.

Vierpa- und Sechspafibeln in Durchbruchtechnik (Abb. 812)Das erste Stck zeigt ein klassisches Beispiel der Vierpafibel (Abb. 8). Die Gre von solchen Fibeln varriert zwischen 3 und 5 cm23. Frspane der Tugend mit vier Kugeln als Verzierung, 1280-1300 (Abb. 9) und der Eva von Reims, 1240 (Abb. 10) sowie eine Frspan der Synagoge, Lincoln, erste Hlfte des 13. Jhs. (Abb. 11) sind hier auch zu nennen. Eine Sechspafibel der Kaiserin Kunigunde findet sich an einer Skulptur am Bamberger Dom (Abb. 12) und wird vor 1237 datiert24.

Sternfibeln (Abb. 1318.79)Der fnfzackige Stern einer der Mgde vom Magdeburger Reiterdenkmal, datiert um die Mitte des 13. Jhs., der als Frspan diente, ist die einzige Fibelform, die schrge Anbringung der Nadel bentigt (Abb. 13). Diese Variante der Sternfibeln konnte nicht gerade ausgerichtet angesteckt werden. Zwei sechszackige Frspane am Magdeburger Dom (Abb. 14.15) werden ca. 1230 datiert. Zu ihnen zhlen auch der Sternfrspan mit aufgesetzten Blten (Abb. 18) sowie ein Stck aus dnnem Bronzegu (Abb. 79)25. Frspane mit acht Zacken sind auch bekannt. Als Beispiel dient ein Exemplar am Magdeburger Reiterdenkmal aus der Mitte des 13. Jhs. (Abb. 16) und ein Stck von Reims aus der ersten Hlfte des 13. Jhs. (Abb. 17)26.

Karofibeln und Rechteckfibeln in Durchbruchtechnik (Abb. 1921)Diese Variante kommt an prominenten Skulpturen aus dem 13. Jh. vor. Zu nennen sind die Besipiele am Bamberger Reiter, am Grabmal des Siegfried von Eppstein im Mainzer Dom, an einer Knigsfigur des franzsischen Meisters in Burgos und am Grabmal der Anna von Hohenberg im Basler Mnster. Die Karofibel ist die einzige dargestellte Fibelvariante, die in der Manessischen

22 23

Ditmar-Trauth 2000, 13. Ditmar-Trauth 2000, 15; Vgl. ders. 1999, 100 Abb. 217. 24 Ditmar.Trauth 2000, 15; Vgl. Egan/Pritchard 2002, 247 Abb. 158. 25 Ditmar-Trauth 2000, 17; ders. 1999, 99 Abb. 212. 26 Ditmat-Trauth 2000, 17.

4

Fibeln der Hochgotik

Liederhandschrift differenziert werden kann und zwar auf der Miniatur des Dietmar von Ast, die um 1300 gemalt wurde. An dem Bamberger Reiter im Dom zu Bamberg ist ein Rahmenfrspan mit typisch gotischem Dreipaschmuck sichtbar (Abb. 19). Konrad Kurzbold trgt eine Rechteckfibel auf seinem Grabmal, der sich in Limburg befindet (Abb. 20). Ein Beispiel aus dem Ende des 13. Jhs. 1277-89, aus der Kathdrale von Tarragona in Spanien (Abb. 21) besitzt reiche Ausgestaltung, was von dem sog. ,,barockeren Geschmack des Zeitabschnitts des spten 13. Jhs. zeugt27.

Runde Scheibenfibeln (Abb. 2228)Die runden Scheibenfibeln gehren, zusammen mit den Blten- und den Wappenschildfibeln, zu den Tasselfibeln, die als Paar ein Tasselband, das den Verschlu des Kleidungsstckes bildete, hielten28. Die frhesten Exemplare, die hier vorgestellt sind, werden um 1230 datiert (Abb. 26.27). Von besonderem Interesse ist der Frspan einer der trichten Jungfrauen vom Magdeburger Dom (Abb. 27). Die Darstellung dieser Fibel ist stark erhaben, was zum Gedanken frhrt, dass diese Variante hohl gewesen sein muss, damit man sie am Halsausschnitt eines Kleides tragen kann. Die Beispiele der Christusfigur, der Kaiserin Helena bei der Kreuzesauffindung mit aufgebrachten Kugeln und Rauten und der Maria der Verkndigung von der Kathedrale von Lon (Abb. 22.24.25) sind um die Mitte oder kurz vor der Mitte des 13. Jhs. zeitlich anzusetzen. Die Frspane an einer Heiligenbste in Volterra und der Tugend vom Straburger Mnster (Abb. 23.28) werden ins spte 13. Jh. datiert29.

Karofrmige Scheibenfibeln (Abb. 2934)Vier Exemplare, datiert in die 30er/40er Jahre des 13. Jhs. stammen von Reims (Abb. 30 32.34). Besonders auffllig ist der Frspan eines Engels ber der Apocalypse in pyramidaler Form (Abb. 30). Der Scheibenfibel des Bischofs William of Kilkenny an der Kathedrale von Ely aus der ersten Hlfte des 13. Jhs. liegt der Komposition nach ein Karo zugrunde (Abb. 33). Der Schmuckstein sollte eine Hand im Segensgestus darstellen. Eines der sptesten Stcke, das in der vorliegenden Arbeit vorgestellt wird, ist der Frspan einer Figur vom Tarlati-Grabstein im Dom in Arezzo aus dem frhen 14. Jh. (Abb. 29)30. Damit kann diese karofrmige Scheibenfibel als eine Form, die der bergang von Hoch- zur27 28

Ditmar-Trauth 2000, 19. Vgl. S. 3. 29 Ditmat-Trauth 2000, 19; 21. 30 Ditmar-Trauht 2000, 23.

5

Fibeln der Hochgotik

Sptgotik

in

der

ersten

Hlfte

des

14.

Jhs.

bezeichnet,

betrachtet

werden 31.

Kleidungsaccessoires sind an italienischen Skulpturen frhestens seit dem Ende des 13. Jhs. ziemlich selten fassbar32.

Vierpafrmige Scheibenfibeln (Abb. 3543)Diese Variante kommt relativ oft an Bischofs- oder bzw. an bischflichen Figuren vor33. Die Trgerplatte ist vierpafrmig, sie kann sowohl mit Schmucksteinen als auch mit floralem Relief verziert werden. Besonders beliebt waren prchtige Exemplare mit bis zu 10 cm Durchmesser (Abb. 3841). Die hier vorhandenen Beispiele werden in die erste Hlfte des 13. Jhs. datiert, das frheste ist der Frspan des Hl. Nikolaus von Notre-Dame in Chartres, 1210-1220 (Abb. 38). Auffllig ist die vierpafrmige Scheibenfibel eines Engels vom Sdportal der Kathedrale von Reims (Abb. 43), weil diese Fibel sowohl als vierpafrmige Scheibenfibel als auch als Bltenfibel bezeichnet werden kann, was davon zeugt, das die bergnge zwischen den verschiedenen Gruppen flieend sein knnten34.

Bltenfibeln (Abb. 4453.80)Die vielfltigen Bltenfibeln dienten, wie schon angedeutet, sowohl als Frspan als auch als Tasselfibeln fr die Tasselgarnitur35. Zu den frhesten Vertretern dieses Typus gehren die stark stilisierten Bltenfibeln mit unterlegtem Vierpa des Hl. Dionysius (Abb. 48) und die des Papstes Leo des Groen (Abb. 51) sowie der Frspan des Hl. Ambrosius (Abb. 52) von Chartres36. Die letzte zhlt zusammen mit der Bltenfibel an der Figur des Kaisers Otto I. im Magdeburger Dom (Abb. 80) zu den prominentesten und aufwendigsten Vetretern dieser Fibelvariante37. Die einzelnen Blattkrnze sind erhaben dargestellt. Anhand der Skulpturdarstellung knnte man mit einem Durchmesser dieser Fibel von 12 bis 14 cm rechnen. Ein spteres Exemplar aus 1280-1300 findet sich an der Figur einer Maria aus dem Dominikanerkloster zu Regensburg (Abb. 53). Seine Basisblte ist schlicht und wird vor allem durch das Blattwerk, das reich gegliedert ist bertnt. Die Fibel ist aufwendig gearbeitet31 32

Lehnart 1998, 16. Ditmar-Trauth 2000, 23. 33 Vgl. S. 2. 34 Ditmar-Trauth 2000, 25. 35 Vgl. S. 3. 36 Ditmar- Trauth 2000, 27; 29. 37 Ditmar-Trauth 1999, 98 Abb. 204.

6

Fibeln der Hochgotik

und besitzt ein relativ groes Durchmesser, das zwischen und 10 und 12 cm betragen drfte38.

Wappenschildfibeln (Abb. 5458)Die Wappenschildfibel wurde berwiegend als Tasselfibel verwendet, sie konnte aber auch als Frspan dienen39. Am Grabmal des Rudolph von Habsburg im Dom zu Speyer sind die beiden Varianten an der Figur gleichzeitig vorhanden. Auf dem Rahmen des Schilds des Stcks einer der trichten Jungfrauen vom Magdeburger Dom besitzt eine Inschrift (Abb. 54). Das unverzierte Tasselband ist befestigt unter dem Schild. Das andere Tasselband einer der klugen Frauen (Abb. 54a) ist dagegen reich verziert. Besonders prchtig ist die Tasselfibel einer der klugen Jungfrauen vom Magdeburger Dom, deren Verzierung einen Strahlenkreuzmotiv mit aufgesetzten Kugeln aufweist (Abb. 55). Zwei Schnren bilden das Tasselband, auf den Schnren befinden sich Zierblten aus Perlen. An der Grabfigur des Hermann von Hagen im Dom zu Merseburg, 1240-1250, ist sowohl eine Tasselfibel mit seinem persnlichen Wappen (Abb. 57) als auch ein Frspan (Abb. 58) vorhanden. Die Deutung, dass der Frspan wie ein Seitenportrait auf einer antiken Gemme wirkt, scheint anhand der Tatsache, dass diese Kleinkunst der Antike seit sptstaufischer Zeit wieder sehr beliebt war, naheliegend zu sein40.

Scharnierfibeln (Abb. 5965)Eine Scharnierfibel besteht aus zwei Teilen. Sie wurde als Mantelfibel verwendet. Man musste die nadelfrmige Scharnierachse nach oben herausziehen, damit die Fibel aufgemacht werden kann (Abb. 59). Solche Exemplare mit Scharnierkonstruktion wurden fast ausschlielich in Frankreich verbreitet. Eine Scharnierfibel eines Priesters von der Kathedrale in Reims, datiert 1230-40, weist eine Verzierung mit floralem Relief auf (Abb. 61). Interesse erregt auch die Mantelfibel von mehreren Bischfen von der Kathedrale von Burgon aus der ersten Hlfte des 13. Jhs. Ihre Verzierung besteht sowohl aus Schmucksteinen als auch aus Perlenblten. Weitere Beispiele von Reims (Abb. 63.64) und Straburg (Abb. 65), die in das zweite Viertel des 13. Jhs. datiert werden knnen, sind auch zu nennen41.

38 39

Ditmar-Trauth 2000, 29. Vgl. S. 3. 40 Ditmar-Trauth 2000, 31. 41 Ditmar-Trauth 2000, 33.

7

Fibeln der Hochgotik

Fibeln im reichen Durchbruchstil des spten 13. Jhs. (Abb. 66.67)Die beiden Exemplare, die als Frspan verwendet wurden (Abb. 66.67), sind Vertreter der spten Hochgotik und weisen eine prchtige Verzierung auf. Das erste Beispiel stellt die Fibel einer der trichten Jungfrauen vom Straburger Mnster dar. Es ist zeitlich zwischen 1280 und 1300 anzusetzen. Bei diesem Stck wurden ein durchbrochenes Achteck und eine Scheibe mit vielen kleinen Schmucksteineinlagen, die unterschiedliche Form haben, kombiniert, was durch diese ,,barockere Formen der Mode des spten 13. Jh. entspricht. Das zweite Exemplar, der Frspan einer Maria aus dem Regensburger Dom, datiert 12801285, besitzt eine durchbrochene achteckige Platte. Auf ihr liegt ein achtzackiger Stern mit Kugeln und stilisierten Bltenelementen. Ein kleineres Achteck ist auch vorhanden. Es ist auch durchbrochen und fr die ganze Konstruktion der Fibel deshalb von ausschlaggebender Bedeutung, weil es die Nadel aufnimmt42.

V. Alternative Verschluvarianten.An den Skulpturen finden sich auch Figuren, deren Kleidungsstcke nicht mit Fibeln, sondern mit alternativen Varianten verschlossen werden. Die Gruppe dieser Figuren besteht sowohl aus Mnner als auch aus Frauen, sowohl aus einfacheren als auch aus hochstehenden Personen. Bei der Variante, die sehr oft vorkommt, hat man den Halsausschnitt mit einem bis zu vier Knpfen verschlossen43. Knpfe als Kleidungsaccessoires sind in Haithabu aus dem 9. oder 10. Jh. archologisch nachgewiesen, wobei man aber hchstwahrscheinlich mit Importstcken aus dem Orient rechnen muss. In der Epoche der Hochgotik kommen eigentlich Knpfe auf Skulpturen nicht so hufig vor, sie sind eher als Seltenheiten zu beschreiben. In wesentlich greren Zahlen sind Knpfe seit der bergangsperiode zwischen Frh- und Sptgotik, seit dem frhen 13. Jh., vertreten44. 1230 werden die Beispiele an der Figur aus der Gruppe um Kaiser Domitian, wo der Verschluss aus drei perlig-profilierten Knebeln besteht (Abb. 69) und der Verschluss der Maria der Verkndigung aus einem verknotetem Band (Abb. 71) an der Kathedrale von Reims.42 43

Ditmar-Trauth 2000, 35. Ditmar-Trauth 2000, 37. 44 Kania 2010, 108.

8

Fibeln der Hochgotik

Auf der Skulptur eines Engels vom Magdeburger Dom (Abb. 68) aus 1230-40 ist ein Verschluss aus zwei Knpfen erkennbar. Wegen des Erhaltungszustandes kann nicht genauer bestimmt werden, ob man die Knpfe durch Schlaufen oder Schlitze gesteckt hat. Der Zierbesatz unter dem Halsausschnitt an der Synagoge vom Magdeburger Dom (Abb. 72) wird um 1240 datiert. Eine Schliefunktion dieses Zierrats ist auszuschlieen, weil an den Halsseiten Kugelknpfe eines berschlagverschlusses sichtbar sind. Das ist auch der Fall an der Westfassade der Kathedrale von Reims (Abb. 70). Diese Stck wird im zwischen 1280 und 1300 zeitlich angesetzt. Der Mantel sollte auch nicht unbedingt mit Fibeln verschlossen werden. Als Beispiel ist hier das verknotete Band als Mantelverschlu (Abb. 73) einer weiblichen Figur an der Kathedrale von Reims, datiert um 1230 und auch an der Heiligen Magdalena im Dom zu Mnster aus 1240 zu nennen. Das verknotete Band als Tassel von Isabella von Aragon in St. Denis (Abb. 74) und der klammerartige Mantelverschluss an einer Heiligenfigur in Volterra (Abb. 75) werden entsprechend um 1275 und ins spte 13. Jh. datiert45.

VI. Zusammenfassung.Die vorliegende Arbeit hatte das Ziel, das Fibelspektrum der Hochgotik, der Epoche seit dem frhen 13. bis zum frhen 14. Jh. vorzustellen, indem die verschieden Typen bestimmter Gruppen und mglicherweise auch eines bestimmten Kleidungsstckes zugeordnet werden. Eine klare geschlechtliche Zugehrigkeit lsst sich nach dem heutigen Forschungsstand nicht nachweisen. Das Hauptproblem scheint die Quellengattung zu sein die meisten Fibeln finden sich an zeitgenssischen Skulpturen. Die Fibeln werden in zwei Hauptgruppen unterteilt die klassische Mantelfibel, den Frspann fr den Halsausschnitt am Obergewand und die Tasselfibeln, die paarweise mit einem Tasselband getragen und zum Verschlieen des halbrunden Mantels des Hochmittelalters benutzt wurden. Obwohl das Hauptmaterial Bronze ist, wurden die Stcke aus verschiedenen Materialien hergestellt - Kupfer, Zinn und Blei sowie aus Gold mit Edelsteinbesatz. Manche Formen knnen als typisch fr eine Gesellschaftsschicht bezeichnet werden wie z. B. die Vierpafibeln, die Bltenfibeln und die Scharnierfibeln, die bei vielen Figuren von Bischfen und auch dargestellter Apostel oft vorkommen. Eine klare geschlechtliche Zugehrigkeit lsst sich aber nach dem heutigen Forschungsstand nicht nachweisen.45

Ditmar-Trauth 2000, 37; 39.

9

Fibeln der Hochgotik

Das Spektrum der hochgotischen Stcke besteht vor allem aus Ring-, Stern- und Scheibenfibeln. Alle Scheiben- und Scharnierfibeln dienten als Mantelfibeln. Als Frspane knnen alle Varainten auer den Scharnierfibeln benutzt werden. Tasselfibeln sind die runden Scheibenfibeln und auch die Blten- und die Wappenschildfibeln. Auerdem muss es darauf hingewiesen werden, dass nicht nur Fibeln als Verschluss der Kleidungsstcke dienten. Von allen alternativen Verschlussvarianten ist die Variante, den Halsausschnitt mit einem bis zu vier Knpfen zu verschlieen, am hufigsten verbreitet.

Anschrift des Verfassers: (Deutschland) Andrey Yanachkov Connollystr. 3/ O V32 Mnchen 80809 Deutschland [email protected] Tel: 0049 176 32 04 56 21

Anschrift des Verfassers: (Bulgarien) Andrey Yanachkov Lermontovstr. 37, Et. 3 Burgas 8000 Bulgarien [email protected] Tel: 00359 899 144 010

10

Fibeln der Hochgotik

Anhang

11

Fibeln der Hochgotik

LiteraturnachweisDeevy 1998 Ditmar-Trauth 1999 Ditmat-Trauth 2000 Egan/Pritchard 2002 Heindel 1989 Kania 2010 Krabath 2001 M. B. Deevy, Medieval ring brooches in Ireland. A study of jewellery, dress and society. Monogr. Ser. 1 (Bray 1998). G. Ditmar-Trauth, Rstung, Gewandung, Sachkultur des deutschen Hochmittelalters (Wald-Michelbach 1999). G. Ditmar-Trauth, Fibel- und Grtelmode der Hochgotik (WaldMichelbach 2000). G. Egan/Fr. Pritchard, Dress Accessories c. 1150 c. 1450. Medieval Finds Excav. London 3 (London 2002). I. Handel, Hochmittelalterliche Gewandschnallen im westslawischen Siedlungsgebiet. Zeitschr. Arch. 23, 1989, 79100. K. Kania, Kleidung im Mittelalter. Materialien Konstruktion Nhtechnik. Ein Handbuch (Kln, Weimar, Wien 2010). St. Krabath, Die hoch- und sptmittelalterlichen Buntmetallfunde nrdlich der Alpen. Eine archologisch-kunsthistorische Untersuchung zu ihrer Herstellungstechnik, funktionalen und zeitlichen Bestimmung. Internat. Arch. 63 (Rahden/Westf. 2001). U. Lehnart, Kleidung und Waffen der Frh- und Hochgotik 1150 1320 (Wald-Michelbach 1998). S. Spiong, Fibeln und Gewandnadeln des 8. bis 12. Jahrhunderts in Zentraleuropa. Eine archologische Betrachtung ausgewhlter Kleidungsstcke als Indikatoren menschlicher Identitt. Beih. Zeitschr. Arch. Mittelalter 12 (Bonn 2000).

Lehnart 1998 Spiong 2000

AbbildungsnachweisAbb. 17: Ditmar-Trauth 2000, 12 Abb. 17. Abb. 812: ebd. 14 Abb. 812. Abb. 1318: ebd. 16 Abb. 1318. Abb. 1923: 18 Abb. 1923. Abb. 2428: ebd. 20 Abb. 2428. Abb. 2934: ebd. 22 Abb. 2934. Abb. 3543: ebd. 24 Abb. 3543. Abb. 4449: ebd. 26 Abb. 4449. Abb. 5053: ebd. 28 Abb. 5053. Abb. 5458: ebd. 30 Abb. 5458. Abb. 5965: ebd. 32 Abb. 5965. Abb. 66.67: ebd. 34 Abb. 66.67. Abb. 6872: ebd. 36 Abb. 6872. Abb. 7375: ebd. 38 Abb. 7375. Abb. 7678: Ditmar-Trauth 1999, 99 Abb. 209211. Abb. 79: ebd. 99 Abb. 212. Abb. 80: ebd. 98 Abb. 204.

12

Fibeln der Hochgotik

Abb. 812: Vierpa- und Sechspafibeln in Durchbruchtechnik. Abb. 17: Ringfibeln.

Abb. 1318: Sternfibeln.

Abb. 1921: Karo- und Rechteckfibeln in Durchbruchtechnik. Abb. 22.23: Runde Scheibenfibeln

13

Fibeln der Hochgotik

Abb. 2328: Runde Scheibenfibeln.

Abb. 2934: Karofrmige Scheibenfibeln.

Abb. 3543: Vierpafrmige Scheibenfibeln.

Abb. 4449: Bltenfibeln.

14

Fibeln der Hochgotik

Abb. 5053: Bltenfibeln.

Abb. 5458: Wappenschildfibeln.

Abb. 66.67: Fibeln im reichen Durchbruchstil des spten 13. Jhs.

Abb. 5965: Scharnierfibeln.

15

Fibeln der Hochgotik

Abb. 7375: Alternative Verschluvarianten.

Abb. 6872: Alternative Verschluvarianten.

Abb. 80: Bltenfibel Ottos I., Magdeburger Dom.

Abb. 79: Sechseckiger Frspan.

Abb. 7678: Ringfibel in Durchbruchtechnik mit Palmettenfries (76); Ringfibel mit AVE MARIA o. und Rankenverzierung u. (77); Radfibel mit Stein-, Perleneinlagen und Filigranranken (78).

16