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Handlungsfelder zur Jugendbeschäftigung in Oberösterreich Zusammenfassung der Steuergruppenmeetings im netzwerk.jugend.beschäftigung 2014 (Stand April 2014) Koordinationsstelle OÖ: Dr. in Edith Konrad Mag. a Mirna Prebanda Ein Kooperationsprojekt von AKOÖ und Sozialministeriumservice OÖ, gefördert aus Mitteln des Sozialministeriumservice OÖ, unter finanzieller Beteiligung der AKOÖ.

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Handlungsfelder zur

Jugendbeschäftigung in

Oberösterreich

Zusammenfassung der Steuergruppenmeetings im

netzwerk.jugend.beschäftigung 2014 (Stand April 2014)

Koordinationsstelle OÖ:

Dr.in Edith Konrad

Mag.a Mirna Prebanda

Ein Kooperationsprojekt von AKOÖ und Sozialministeriumservice OÖ, gefördert aus Mitteln des

Sozialministeriumservice OÖ, unter finanzieller Beteiligung der AKOÖ.

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Inhaltsverzeichnis:

1. Österreichische Zielsetzungen im Rahmen der strategischen

Zusammenarbeit (GSR – gemeinsamer strategischer Rahmen) auf

EU-Ebene Strat.at 2020 (WIFO/Metis)……………………………………………..S. 3

1.1 Allgemeine Empfehlungen der OECD…………………………..………..S. 3

2. Arbeitsplatz Oberösterreich 2020………………………………………..……….…S. 5

3. Bad Ischler Dialog und NEET-Studie…………………………………….….……..S. 6

4. „netzwerk.jugend.beschäftigung“ Koordinierungsstelle am Übergang von

der Schule in die Arbeitswelt……………………………………..…………………S. 7

5. Handlungsoptionen aus Sicht der KOST OÖ……………………………...….…..S. 8

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1. Österreichische Zielsetzung im Rahmen der strategischen

Zusammen-arbeit (GSR – gemeinsamer strategischer Rahmen)

auf EU-Ebene - Strat.at 2020 (WIFO/Metis)

Im Schwerpunkt 4 (Attraktivität, Qualität und Durchlässigkeit der beruflichen Bildung) heißt

es auf Seite 71 und folgende im strategischen Rahmenprogramm Österreichs im Kontext der

europäischen Strategie 2020, dass ein Ziel der Bildungspolitik sein muss, die

Bildungsniveaus zu verbessern und Schulabbrecher/-innenquoten zu senken (die anderen

Ziele: Attraktivität, Qualität und Durchlässigkeit der beruflichen Bildung; Erhöhung der Anzahl

der Absolventen/-innen naturwissenschaftlicher Studienrichtungen; Steigerung der

Bildungsbeteiligung, Vorbereitung auf das Studium und Erhöhung der Mobilität im tertiären

Sektor). Im Schulbereich geht es dabei schwerpunktmäßig um Drop-out-Bekämpfung, in der

Erwachsenenbildung um bessere Bildungszugänge und Erhöhung der Qualifikation der

Beschäftigten und im Wissenschaftsbereich um die Verringerung der Studienabbrüche. Die

Eingliederung von jungen Menschen ohne Arbeitsplatz oder Ausbildungsplatz ins

Erwerbsleben ist eine der Investitionsprioritäten für die nächste Strukturförderperiode (die

anderen: Aktives und gesundes Altern; aktive Eingliederung; Zugang zu LLL und

Kompetenzsteigerung der Arbeitskräfte; Förderung des Zugangs zu einer hochwertigen

Früherziehung und einer hochwertigen Grund- und Sekundärbildung; start.at Seite 87f). In

diesen Bereichen sollen 2014 bis 2020 80 Prozent der ESF-Mittel investiert werden.

1.1 Allgemeine Empfehlungen der OECD

Auch die OECD kommt in aktuellen Analysen immer wieder zu der Erkenntnis, dass

Arbeitsmarktintegration nur dann erfolgreich und nachhaltig sein kann, wenn regionale

Stakeholder-Netzwerke sich darum kümmern und für Stabilität und Kontinuität auf regionaler

und lokaler Ebene sorgen1. In einem Arbeitspapier aus dem Jahr 2011 beispielsweise heißt

es (S. 13):

„Ensuring employment success for minority young people is a policy area where

a local approach is particularly important. …Local policy makers are able to take

into account such variation, along with the differences in labour market demand,

when developing policy responses. Improving the career prospects of young

1 Sie dazu zum Beispiel ein OECD-Arbeitspapier aus dem Jahr 2010/2011: OECD Local Economic

and Employment Development (LEED) Working Papers 2011/09, Ensuring Labour Market Success for Ethnik Minority and Imigrant Youth, Francesca Froy, Lucy Pyne, www.oecd.org/cfe/leed/forum/partnerships

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people requires the mobilization of many different resources at the local level. In

order to have the critical mass necessary to solve entrenched disadvantage,

policy responses also need to be integrated through local collaboration, and

incorporated within broader regional and local development strategies“.

Die hier auf migrantische Jugendliche abgezielte Entwicklung regionaler Strategien gilt

natürlich für alle Zielgruppen, die von Ausgrenzung und Diskriminierung bedroht sind, also

auch Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen. Diversitätskriterien sind je nach

Fragestellung im besonderen Kontext relevant.

Was sollte laut OECD geschehen?

Bildungspolitik verbessert die Arbeitsmarktsituation von benachteiligten Gruppen:

Präventiv gilt es im Schulsystem anzusetzen. Ganztagsschulen können hierfür einen

wesentlichen Beitrag leisten, indem die zusätzlichen zeitlichen Ressourcen für eine

individuelle Förderung genutzt werden.

Etablierung spezieller individueller Fördermaßnahmen zur Verbesserung bzw. zum

Nach-holen allgemeiner schulischer Basiskompetenzen (Mathematik, Deutsch), die

auf die Bedürfnisse von Migranten/-innen besser abgestimmt sind. Wichtig erscheint

auch die Kombination von Qualifizierungsangeboten bzw. Sprachförderungen mit

Kinderbetreuungsmöglichkeiten an einem Ort.

Die Bündelung aller Aktivitäten der Jugendausbildung und Jugendbeschäftigung

muss Vorrang haben: Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik sind zu wenig koordiniert.

Ebenso braucht es eine starke Vernetzung von Jugendarbeit, Betrieben, Kommunen

und Vereinen.

Ausbau innovativer Ausbildungsmodelle und Lernformen für Jugendliche, deren

Bedürfnisse mit traditionellen Bildungsangeboten derzeit nicht abgedeckt werden: Die

bestehenden Ansätze eines "Case Managements" müssen zu einer

flächendeckenden Betreuung und Begleitung dieser Gruppe ausgebaut werden.

Dieses Engagement soll bereits in der Schule einsetzen – die Jugendlichen hätten so

über einen längeren Zeitraum hinweg durchgehend eine Ansprechperson. Wichtig

dabei: die koordinierte Zusammenarbeit aller beteiligten Institutionen und das

offensive Zugehen auf die Jugendlichen.

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Einen ähnlichen Befund zeigt ein Evaluationsbericht2 der L&R Sozialforschung im Auftrag

der ÖROK zur Wirksamkeit von Interregprogrammen und Europäischer transnationaler

Zusammenarbeit in den vergangenen 15 Jahren mit besonderem Fokus auf die Entwicklung

von Humanressourcen, Arbeitsmärkten und Migration. Dieser sieht für die zukünftige

grenzüberschreitende Zusammenarbeit folgende arbeitsmarktpolitische Herausforderungen:

Demografischer Wandel und die Schaffung einer alter(n)sgerechten Arbeitswelt.

Kooperationen in der Bildungspolitik mit dem Fokus auf die Erhöhung der

Bildungsbeteiligung der 15 bis 24-Jährigen und der Bildungsbeteiligung von

Migranten/-innen sowie die Reduzierung der Schul-Drop-outs.

Strukturwandel und die Bedeutung neuer Berufsfelder (Pflege, Tourismus,…).

Soziale Inklusion und Abbau von Barrieren und Ausgrenzungsmechanismen.

Ausbau grenzüberschreitender Netzwerke und gemeinsamer Arbeitsmarktstrategien

in Kooperation mit dem TEP (finanzielle und personelle Ressourcen).

Weiterentwicklung von grenzüberschreitenden Prognoseinstrumenten, die derzeit

noch unzureichend sind.

Migration.

Um diesen Herausforderungen begegnen und geeignete Antworten auf zentrale Frage des

Zusammenlebens finden zu können, braucht es zukünftig – und da sind sich internationale

Expertinnen und Experten der Arbeitsmarkt- und Regionalentwicklung einig – neue Formen

der Kooperation und Partnerschaften über die Grenzen der EU-Länder hinweg aber ebenso

auf regionaler und lokaler Ebene. Voraussetzung dafür sind gut funktionierende Netzwerke,

die in der kommenden Strukturförderperiode 2014 bis 2020 besonders entwickelt und

gefördert werden können.

2. Arbeitsplatz Oberösterreich 2020

„Wir verbessern die Beschäftigungs- und Qualifizierungschancen von Jugendlichen

und jungen Erwachsenen in Oberösterreich, indem wir möglichst viele junge

Menschen an Ausbildungsabschlüsse heranführen. Durch die Erhöhung der

Bildungsbeteiligung der Jugendlichen und durch die Schließung von Bildungslücken

bei niedrig qualifizierten Jugendlichen werden zentrale Lücken der beruflichen

Bildung geschlossen. Durch die Integration von benachteiligten Jugendlichen und die

Verbesserung der beruflichen und schulischen Bildung steigern wir nachhaltig das

2 Bergmann, Nadja, Willsberger, Barbara (2011), 15 Jahre Interreg/ETZ in Österreich – Rückschau

und Ausblick: von Humanressourcen, Arbeitsmärkten und Migration, L&R Sozialforschung Wien

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Fachkräftepotential für die oö Wirtschaft. Die Akteure/-innen am Arbeitsmarkt arbeiten

gemeinsam im Sinne einer aktiven Vernetzung aller relevanten Partner/-innen der

regionalen Arbeits- und Bildungspolitik zusammen. Dadurch soll die Chance auf

institutionsübergreifende Lösungen erhöht werden.“ (Seite 46 – Vision)

„Nachhaltig wirken diese Initiativen, indem auch der regionale Netzwerkaufbau und

die Zusammenarbeit von Unterstützungsstrukturen in Regionen und Bezirken besser

abgestimmt werden.“ (Seite 56 Handlungsfeld – Erhöhung der Transparenz und der

Wirksamkeit des Maßnahmenangebotes)

3. Bad Ischler Dialog und NEET Studie

Beim Bad Ischler Dialog, bei dem jährlich die bildungs- und arbeitsmarktpolitischen

Positionen der österreichischen Sozialpartner diskutiert werden, stand 2013 ebenfalls das

Thema Jugendbeschäftigung im Zentrum. Im zusammenfassenden Paper „Perspektiven für

die Jugend“ vom 9.9. 2013 wird neben der Aufzählung bereits etablierter Angebote und von

Veränderungspotential im Bildungs- und Ausbildungsbereich auch darauf hingewiesen, dass

für eine gute Prozesssteuerung und Wirksamkeit der Strategien und angeschlossenen

Angebote einer Koordination und Steuerung bedarf.

Breiten Konsens gibt es mittlerweile auch in den Territorialen Beschäftigungspakten (TEP)

und der Arbeitsmarktpolitik und den umsetzenden Stellen Österreich weit darüber, dass es

hier mehr Effizienz im Ineinandergreifen von Top-down-Prozessen (Strategische

Steuerung/Angebote zur Zielerreichung/Förderwesen) und Bottom-up-Prozessen (operative

Steuerung) braucht. In Oberösterreich kann dies durch eine regelmäßig aufeinander

abgestimmte Kooperation zwischen der Strategie Arbeitsplatz 2020 (strategische

Steuerung), dem Pakt für Beschäftigung und Qualifizierung (Strategie und

Angebote/Fördermaßnahmen) und dem „netzwerk.jugend.beschäftigung“ -

Koordinationsstelle am Übergang von der Schule in die Arbeitswelt (operative Steuerung

über die Netzwerkstrukturen) vollzogen werden.

4. „netzwerk.jugend.beschäftigung“ – Koordinationsstelle am Übergang

von der Schule in die Arbeitswelt

Das „netzwerk.jugend.beschäftigung“ ist eine Koordinierungsstelle am Übergang von der

Schule in den Arbeitsmarkt, das auf Basis obiger Erkenntnisse und Empfehlungen weiter

ausgebaut werden soll. Es ist ein oberösterreichweites Kooperationsprojekt von BSB OÖ und

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AKOÖ. Im „netzwerk.jugend.beschäftigung“ laufen einerseits die regionalen

Jugendnetzwerke zusammen, die mit ihren Strukturen auf die regionalen Bedürfnisse

eingehen. Anderseits wird mit den Vernetzungs- und Koordinierungsaktivitäten das Jugend-

coaching Angebot vom Bundessozialamt bei der Implementierung in OÖ begleitet.

Die Ziele der regionalen und überregionalen Netzwerkaktivitäten am Übergang von der

Schule in den Arbeitsmarkt sind:

Know-How mit regelmäßigem Informations- und Erfahrungsaustausch bündeln und

Impulse setzten.

Das Jugendcoaching Angebot (und neue Angebote, die in Zukunft entwickelt werden)

in die bestehenden Strukturen implementieren.

Transparenz in der Angebotslandschaft schaffen, Lücken aufzeigen, das Bestehende

nutzen und Ressourcen bündeln im Sinne operativer Steuerung.

Das vorrangige Ziel ist, dass Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf am

Übergang von der Schule in den Arbeitsmarkt von unseren Aktivitäten profitieren und

ihre Bildungs- und Berufschancen verbessert werden.

Aus der regionalen und überregionalen Netzwerk- und Koordinierungsarbeit lassen sich

bereits einige Handlungsfelder ableiten, die von den Netzwerkpartnern/-innen aufgezeigt

werden. Die abgebildeten Handlungsfelder resultieren aus der Expertise3 und den

Erfahrungen, die die Experten/-innen täglich in der Jugendarbeit, Beratung, Begleitung,

Betreuung, Schulung und/oder in dem Coaching von Jugendlichen machen.

3 Die Handlungsoptionen sind eine Zusammenfassung der Inhalte, die von den Experten/-innen bei

den Steuergruppentreffen in den Regionen und in OÖ immer wieder zusammengetragen wurden (Quelle: KOST-Protokolle März bis November 2013 und persönliche Gespräche).

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5. Handlungsoptionen aus Sicht der KOST OÖ

Übersicht Handlungsfelder

Vernetzung weitertreiben.

Elterntraining generell und speziell für Eltern mit Kleinkindern ab

Kindergartenalter.

Eltern rechtzeitig einbinden.

Potentialanalysen zur treffsicheren Entscheidung in der Wahl der

Schule oder einer Lehrstelle.

Vernetzung der Berufsorientierung.

Therapiekonzepte ausbauen.

Dem Zeitfaktor für Beziehungsarbeit in Angeboten Rechnung tragen.

Ressourcen statt Defizite im Blick haben.

Schnittstellen zu Betrieben ausbauen.

Angebote am zweiten Arbeitsmarkt und im geschützten Bereich

schaffen.

Bedarfskoordination für die Regionen.

Mehr Förderunterricht in den Schulen ermöglichen.

Helfersysteme im Schulumfeld ausbauen – community school.

One-Stop-Shops in Regionen mit hohen NEET-Zahlen entwickeln.

Anhebung der Altersgrenzen im Jugendcoaching.

Niederschwelligere Angebote für Jugendliche schaffen.

Existenzsicherung bei bestimmten Zielgruppen (z.B. obdachlose

Jugendliche).

Kontinuierliche Qualitätssicherung in der Angebotslandschaft.

Diversität als Querschnittsthema in allen Angeboten am Übergang von

der Schule in die Arbeitswelt integrieren.

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Handlungsfeld - Vernetzung weitertreiben.

In der aktuellen NEET Studie4, die im Auftrag des BMASK durchgeführt wurde, wird

davon ausgegangen, dass regionale Netzwerke jene Ebene sind, die am meisten

Wissen über Jugendliche hat, die von Desintegration betroffen sind (S.25f). Durch die

Zusammenarbeit von Akteuren/-innen in den Bereichen Schule, Jugendarbeit,

Arbeitsmarkt, Sozialpartnerschaft, Wirtschaft, Kultur und Sport kann es zu einem

regionalen Informationsaustausch über desintegrierte Jugendliche kommen. Darauf

kann die Angebotslandschaft gut aufbauen.

Es gibt in Oberösterreich eine gute Netzwerkstruktur und regionale und eine

überregionale Koordinationsstelle am Übergang von der Schule in die Arbeitswelt, die

bei der Implementierung neuer Angebote (Jugendcoaching, AFit,…) unterstützt. Die

ersten Monate der JUCO Umsetzung zeigen, dass diese operative Steuerung auf

zentraler und regionaler Ebene (Top-down und Bottom-up) sehr effizient und hilfreich

ist.

Deshalb sollen die Netzwerkstruktur und die Koordinierungsaktivitäten in den

kommenden Jahren auch flächendeckend ausgebaut und betrieben werden. Dafür

sind personelle und finanzielle Ressourcen erforderlich, die derzeit vom BSB OÖ und

der AKOÖ zur Verfügung gestellt werden. Die nachhaltige Verankerung dieser

Strukturen wird Thema im Experten/-innen-Forum - bestehend aus den wesentlichen

oö Arbeitsmarktakteuren/-innen -, sein. Ziel ist die Einbindung der Koordinationsstelle

in die aktive Arbeitsmarktpolitik als dritte wichtige Stellschraube (strategische

Steuerung über die oö Arbeitsplatzstrategie 2020 – Umsetzung und Finanzierung

über den Beschäftigungspakt – operative Steuerung durch die Koordinationsstelle).

Wichtig ist, auch bereits andere bestehende Netzwerke (Sozialplattform, offene

Jugendarbeit, schulische Helfer/-innen-Netzwerke etc.) im Blick zu haben und

sukzessive in die Vernetzungsarbeit einzubinden.

4 Studie zur arbeitsmarkpolitischen Zielgruppe NEET, ISW/IBE/JKU im Auftrag des BMASK, Wien

2013

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Handlungsfeld – Elterntraining generell und speziell für Eltern mit Kleinkindern ab

Kindergartenalter

Da derzeit viele Ressourcen in das Stützt-System am Übergang von der Schule in die

Arbeitswelt fließen, dadurch aber Ursachen, die in der sozialen Entwicklung der

Kindern und oft im familiären Umfeld liegen und zu verringerten Entwicklungschancen

der Kinder führen, nicht behoben werden, wird in den Steuergruppen in OÖ auch

immer wieder davon gesprochen, dass Eltern in der Kindererziehung möglichst

frühzeitig (spätestens ab Kindergartenalter) begleitet und unterstützt werden müssen.

Durch den präventiven Ansatz würden viele Folgemaßnahmen obsolet. Im

Salzkammergut (Bezirke Gmunden und Vöcklabruck) gibt es dazu beispielsweise

konkrete Ansätze der Elternarbeit und des Coachings von Eltern (z.B. Hagenmühle:

Neue Autorität nach Heim Ohmer;) in Kooperation auch mit den

Bezirkshauptmannschaften. Projekte wie das Rucksackprojekt oder Mama lernt

Deutsch sind ebenfalls Ansätze, die vor allem migrantische Eltern unterstützen.

Handlungsfeld - Eltern rechtzeitig einbinden.

Bei allen JUCO-Steuergruppentreffen in OÖ wurde festgestellt, dass es große

Informationslücken hinsichtlich der Möglichkeiten und Angebote am Übergang von

der Schule in die Arbeitswelt bei Eltern, vor allem auch bei jenen mit

Migrationshintergrund, gibt: Gleichzeitig wissen wir aus Erfahrung, dass ein

wesentlicher Knackpunkt in der Schnittstelle zum Elternhaus liegt. Die Eltern müssen

mehr ins Boot geholt werden, um die Jugendliche auch rechtzeitig in der

Orientierungs- und Entscheidungsphase unterstützen zu können. Das ist auch eines

der zentralen Ergebnisse der Studie vom Institut für Berufs- und

Erwachsenenbildungsforschung (IBE) an der Universität Linz. Die Studie belegt, dass

die ersten Informationen im Rahmen der Berufsorientierung/-beratung zu einem sehr

späten Zeitpunkt von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und aus

bildungsbenachteiligten Elternhäusern eingeholt werden.5 Dazu braucht es innovative

und kreative Ansätze, da alles, was bisher auch mit Projekten erprobt wurde, in der

5vgl. Studie und Handlungsleitfaden: Berufsorientierung und Berufsberatung von Jugendlichen mit

Migrationshintergrund. Am Beispiel Oberösterreich. IBE im Auftrag von Land OÖ, Linz 2011, SS. 167, 175 – 176 u. Ergebnispräsentation, siehe: http://www.ibe.co.at/fileadmin/AblageBox/Projektdownloads/ESF_Ergebnispraesentation.pdf, 13. 11. 2013

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Breite nicht zielführend ist. So ist es z.B. bei Bewerbungen zu einer Lehrstelle neben

der 1. oder 2. Leistungsgruppe auch erforderlich, dass die Eltern bei der

Lehrstellenbewerbung anwesend sind. Betriebe nehmen die Anwesenheit der Eltern

beim Bewerbungsgespräch sehr positiv wahr, weil es ein Zeichen dafür ist, dass jene

hinter der Ausbildung stehen.

Eltern mit Migrationshintergrund sind oft zu wenig über die Ausbildungsmöglichkeiten

in Österreich informiert. In den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens gibt es diese

Form der Lehrlingsausbildung nicht, in der Community ist deshalb wenig Verständnis

für das System. Es herrscht viel Unwissenheit bzgl. Schulsystem (Leistungsgruppen

etc.), Ausbildung und Jobchancen.

Außerdem schätzen viele Eltern auch das Potenzial des Kindes falsch ein. Diese

Eltern von etwas anderem zu überzeugen, ist meist aussichtslos, da sie sich hier

auch in der Erziehungskompetenz in Frage gestellt sehen. Gerade Eltern, die Kinder

mit besonderem Unterstützungsbedarf haben, kommen meist auch nicht zu

Elternsprechtagen, Informationstagen des AMS etc. Die Studie von IBE belegt

ebenfalls, dass der Angleichungsprozess von Plänen und realen Chancen bei den

„klassischen“ Risikogruppen zu spät einsetzt. Die Investition in Eltern-Arbeit bei

Jugendlichen mit besonderem Unterstützungsbedarf ist laut der Studie ebenfalls ein

bedeutendes Handlungsfeld.6 Hier stellt sich die Frage, wie diese Zielgruppen

erreicht werden können und vor allem wo man sie „abholen“ kann, da sie oft keine

Sprechstunden besuchen.

Ein Weg wäre die Initiierung von migrantischen Elternvereinen, um migrantische

Eltern besser an das triale Prinzip unseres Schulsystems heranführen zu können. Vor

zwei Jahren wurde beispielsweise in Wels von Sevil Kus (Integrationsbüro der

Volkshilfe Wels) ein unabhängiger türkischer Elternverein gegründet. In monatlichen

Eltern-Treffen werden migrantischen Eltern Informationen über Schule, Schulsystem

und die Unterstützungsangebote für die Kinder weitergegeben. Die Eltern haben dort

Gelegenheit, Erfahrungen auszutauschen und Probleme zu besprechen. Zielgruppe

sind vor allem auch migrantische Eltern, die weniger Zugang zu Bildung haben. Ein

Erfolgsfaktor für die Erreichbarkeit möglichst vieler Eltern sind viele Multiplikatoren/-

6 Studie und Handlungsleitfaden: Berufsorientierung und Berufsberatung von Jugendlichen mit

Migrationshintergrund. Am Beispiel Oberösterreich. IBE im Auftrag von Land OÖ, Linz 2011, siehe Ergebnispräsentation: http://www.ibe.co.at/fileadmin/AblageBox/Projektdownloads/ESF_Ergebnispraesentation.pdf, dl. 13. 11. 2013

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Handlungsfeld – Potentialanalysen zur treffsicheren Entscheidung in der Wahl der

Schule oder einer Lehrstelle

Handlungsfeld – Vernetzung der Berufsorientierung

innen (Brückenbauer/-innen), die wiederum in ihren Kulturvereinen über die

Tätigkeiten und Themen der Eltern-Treffs berichten. Durch diese „muttersprachlichen

Treffs“ können Eltern Anfangs leichter erreicht werden. Am Beginn ist viel

Informationsarbeit nötig, weil Eltern aus anderen Kulturen die Grundkenntnisse des

österreichischen Schulsystems fehlen und diese davon ausgehen, dass es in

Österreich genauso wie in ihrer Kultur funktioniert. Die Elterntreffen sollen eine

Brücke sein, um Eltern mittel und langfristig dazu zu bringen, sich an Elternvereinen

der Schulen zu beteiligen, was aufgrund vieler Barrieren (Sprache, andere Kultur, …)

oft in der ersten Phase nicht möglich ist. Grundsätzlich ist es ist wichtig, schon

frühzeitig mit Informationsarbeit anzusetzen und nicht erst am Übergang von der

Schule in die Arbeitswelt.

Die Akteure/-innen am Übergang von der Schule in die Arbeitswelt stellen immer

wieder fest, dass Eltern und auch Jugendliche völlig falsche Vorstellungen über

Anforderungen der Arbeitswelt haben. Hier kommt es durch falsche

Selbsteinschätzung sehr oft zu Fehlentscheidungen, die sich fatal auf die weitere

Erwerbsbiografie auswirken können. Potentialanalysen sind hier ein gutes Instrument,

Stärken und Schwächen festzustellen und auf Basis der Ergebnisse Entscheidungen

besser treffen zu können.

In Oberösterreich gibt es an Schulen, von den Sozialpartnern und den Betrieben gute

Angebote in der Berufsorientierung. Trotzdem wird immer wieder festgestellt, dass

Eltern und Kinder nicht ausreichend Bescheid wissen. Trotz intensiver Bemühungen

von allen Seiten werden auch immer noch die drei klassischen Frauenberufe für

Lehrausbildungen von Mädchen gewählt, bei Burschen ist die Berufswahl etwas

breiter, aber auch hier dominieren herkömmliche Verhaltensmuster. Eine Vernetzung

der bestehenden BO-Angebote, gemeinsame Auftritte und die frühzeitige Information

und Einbindung von Eltern wäre hier hilfreich. Auch in migrantischen Communities ist

hier vermehrter Handlungsbedarf, da auch hier festgefahrene Bilder und Wertigkeiten

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in Bezug auf Lehre (die es oft in den Herkunftsländern nicht gibt) und Arbeit

vorherrschen.

Handlungsfeld - Therapiekonzepte ausbauen.

Es gibt eine erhebliche Anzahl an Jugendlichen in Oberösterreich, die im präventiven

Sinn zusätzliche therapeutische Angebote brauchen, um den Schritt in die Berufswelt

wagen zu können. Auch die aktuelle NEET-Studie weist darauf hin, dass zur

Integration von NEET Maßnahmen zur Gesundheitsprävention notwendig sind (Seite

443)7. Neben der (sozial) pädagogischen Unterstützung in schulischen und

nachschulischen Maßnahmen ist es aus verschiedenen Gründen kaum möglich ein

interdisziplinäres Angebot zu schaffen, um sie bei diesem Schritt bestmöglich und

professionell zu unterstützen.

Oft zeichnet sich schon lange, bevor Jugendliche ganz aus dem System fallen und

NEET werden, ab, dass das passieren wird. Hier fehlen sehr oft finanzielle

Möglichkeiten für therapeutische Unterstützungsmöglichkeiten, mit denen man

präventiv entgegen wirken könnte. Es gibt in Ansätzen (bei einzelnen Projekten zum

Beispiel ZIB Hagenmühle) therapeutische Unterstützung und Beratung in all ihren

Facetten, die für eine ganzheitliche und umfassende Begleitung notwendig wäre,

allerdings nicht. Gibt es nicht die Zugangsvoraussetzungen, scheitert therapeutische

Unterstützung und interdisziplinäre Zusammenarbeit an folgenden Punkten:

Fehlende familiäre Unterstützung finanziell, organisatorisch und die Einstellung

betreffend Beratung und Therapie.

Fehlende organisatorische Unterstützung damit Therapie in der Einrichtung vor

Ort oder anders formuliert, im Alltag dieser angeboten werden kann.

Fehlende Ressourcen für Diagnostik, Fallbesprechung und interdisziplinärer

Expertengesprächen.

Als einzige Einrichtung konnte bisher das ZIB Hagenmühle8 beginnen einen

Therapeutenpool aufzubauen – es ist nicht einfach rechtzeitig fachlich

qualifizierte Therapeuten/-innen zur Hand zu haben, die mit diesem Klientel

arbeiten wollen und bereit sind außerhalb ihrer Praxis tätig zu werden. Diese

bereits erworbenen Erfahrungen könnten genutzt und ausgebaut werden.

7 Studie zur arbeitsmarkpolitischen Zielgruppe NEET, ISW/IBE/JKU im Auftrag des BMASK, Wien

2013 8 Siehe: www.zib-hagenmuehle.at

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Voraussetzungen, um Therapie schlagkräftig zu implementieren:

Das Angebot muss möglichst offen und vielseitig sein, um auf die individuellen

Bedürfnisse der einzelnen eingehen zu können. Daraus folgt, dass ein möglichst

breiter Therapeutenpool aufgebaut werden soll, der sich nicht auf bestimmte

Richtungen und Angebote versteift.

Therapeutische und pädagogische Interventionen sollen eng aufeinander

abgestimmt sein. Es braucht interdisziplinäre Fallbesprechungen und

Meinungsaustausch unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen

(Psychotherapiegesetz etc.).

Die zusätzlichen Angebote sollen nachgehend, niederschwellig, bei Bedarf

vor Ort und mit wenig Organisationsaufwand für den Jugendlichen und die

betreuende Einrichtung verbunden sein.

Eine fachlich fundierte Organisation und Qualitätsmanagement.

Bereitstellung ärztlich - psychiatrischer und psychologisch - klinischer

Diagnosemöglichkeiten.

Bildung von Bündnissen und Vernetzungsarbeit zwischen Jugendlichen,

Eltern, Einrichtung, Ämtern und Therapie wie es unteranderem im Ansatz von

Haim Omer9 gefordert wird.

Coaching für Eltern, Familien und weitergefassten Unterstützungssystemen .

Beanspruchung des Angebots bereits im schulischen System (Prävention).

Der/Die Koordinator/-in kann und soll selbst nicht beratend und therapeutisch

in diesem Kontext tätig sein.

Gute Voraussetzungen für die Umsetzung wegen struktureller Besonderheiten

im Salzkammergut, wie das Jugendnetzwerk10, Kompetenzzentrum

Salzkammergut und bereits erworbenes Know-how im ZIB Hagenmühle.

Handlungsfeld - Dem Zeitfaktor für Beziehungsarbeit in Angeboten Rechnung

tragen.

Das Coaching braucht Zeit und Beziehungsarbeit. Coaching von Migranten/-innen ist

auch, wie sich in allen Angeboten zeigt, meist zeitintensiver. Teilweise werden

Dolmetscher/-innen eingesetzt oder es sind Vertrauenspersonen aus der Familie beim

9 Omer Haim , Schlippe Arist(2010), Stäke statt Macht, Neue Autorität in Familie, Schule und

Gemeinde Vandenhoeck & Ruprecht; Auflage: 1., Auflage (18. Februar 2010) 10

http://www.arbeiterkammer.com/online/jugendnetzwerk-44300.html

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Coaching anwesend, um die sprachlichen Schwierigkeiten zu überbrücken. Es stellt sich

die Frage, wie gerade migrantische Zielgruppen besser erreicht werden können.

Generell stell sich die Frage, wie Erfolgsnachweise der Anbieter/-innen (Zahlen,

Fördergeber,..) und die Erkenntnis, dass Beziehungsarbeit mehr Zeit braucht, Flexibilität,

Spontanität, Orientierung etc. zusammen passen? Schließt sich das aus? Diese Fragen

müssen in jedem Fall auch in die Entwicklung neuer Programme und Projekte in der

nächsten Strukturförderperiode einfließen. Ebenso die Frage, die auch auf Anbieter/-

innenseite immer wieder in den Raum gestellt wird, nämlich, ob sich in der

Betreuungsintensität- und –qualität etwas ändern muss? (weniger Jugendliche, die die

demografische Entwicklung ja mit sich bringt, muss ja nicht heißen, weniger Betreuung,

sondern möglicherweise auch mehr Zeit für Betreuung und Beziehungsarbeit).

Handlungsfeld - Ressourcen statt Defizite im Blick haben.

Weg von starren Maßnahmenkorsetten hin zu maßgeschneiderten, individuellen

Angeboten die auf die Bedürfnisse der Jugendlichen zugeschnitten sind (ist zum

einen gesellschaftspolitische Verantwortung und zudem auch volkswirtschaftlich

„billiger“ als ständig Reparaturmaßnahmen oder Mindestsicherung/Sozialzahlungen

etc.).

Jugendliche und junge Erwachsene, die Mindestsicherung beziehen haben

besondere Problemstellungen: zum Beispiel besteht hier derzeit das Problem, dass

Jugendliche, die vor dem 18 Lebensjahr eine Lehre begonnen haben, weiterhin die

Mindestsicherung beziehen können, jene, die bereits älter sind und eine Lehre

beginnen, den Mindestsicherungsanspruch verlieren.

Immer wichtiger werden individuelle Betreuung und individuelle Settings, in denen

den Jugendlichen ganz konkret in der jeweiligen Lebenssituation geholfen werden

kann. Dazu gibt es auch schon Projektansätze mit guten Erfolgen (Tagelöhner

Projekte, ...) und die Pilotprojekte im AFit setzen auch genau hier an. Die Betreuung

ist zwar im ersten Schritt aufwändig und teuer – arbeitsmarktpolitisch und

volkswirtschaftlich zahlt sich diese individuelle Förderung aber in jedem Fall aus, da

die Erfolgschancen größer sind (ist für zukünftige strategische Ausrichtungen

mitzudenken).

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Handlungsfeld - Schnittstelle zu Betrieben ausbauen.

Der „Wettbewerb der besten Lehrlinge“ erschwert die Lehrplatzsuche massiv. Die

vielen Absagen der Betriebe, die vor allem Jugendliche mit besonderem

Unterstützungsbedarf immer wieder erfahren müssen, frustrieren die Jugendlichen.

Hier gilt es anzusetzen und mit den Wirtschaftskammern neue und zeitgerechte

Zugänge in die Betriebe und Standards für eine Lehrlingsausbildung festzulegen.

Auch die Erfahrungen zum Lehrlingscoaching in OÖ zeigen, dass dieses Angebot

dringend notwendig ist und ausgebaut werden muss. Allerdings ist vorstellbar, dass

der Zugang analog zum JUCO in den Pflichtschulen auch auf die Berufsschulen

ausgedehnt wird, da es dort mehr Möglichkeiten der Interaktion gibt und das

Coaching (langfristig) auch Entlastung für die Lehrer/-innen wäre.

In Oberösterreich gibt es bereits gute Kooperationen mit der Wirtschaft, die über die

Jugendnetzwerke gepflegt werden. Beispielhaft sind die Jugendbeschäftigungspakte

in Ried, Wels und Gmunden (Schärding arbeitet gerade an einem Commitment für

die Region zur Integration von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen). Die

Pakte sind politische Willensbekundungen einer Region, an einem Strang zu ziehen

für bessere Beschäftigungschancen für die Jugend der Region und quasi eine Art

„Selbstverpflichtung“, dass jeder/jede, die mit im Boot ist, sich in seinem/ihrem

Bereich besonders dafür engagieren will. Bei regelmäßigen Treffen wird auch immer

wieder drauf geschaut, wo die Paktpartner/-innen stehen, wer wem in welcher Sache

unterstützen kann und was es zu speziellen Fragen/Herausforderungen braucht (das

wird in die oö Beschäftigungspolitik eingespielt über die Treffen zur

Arbeitsplatzstrategie OÖ 2020“ (strategische Steuerung), den Beschäftigungspakt

(Angebote und Förderungen zur Umsetzung und Erreichung der

arbeitsmarktpolitischen Ziele) und das „netzwerk.jugend.beschäftigung“ als operative

Steuerung (zentral/regional).

Handlungsfeld - Angebote am zweiten Arbeitsmarkt und im geschützten Bereich

schaffen.

Des Weiteren gibt es derzeit zu wenige Plätze für Jugendliche mit

Unterstützungsbedarf (Wartezeit von ein bis fünf Jahren) generell und auch die

Plätze für Jugendliche, die am ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben, sind in

Oberösterreich zu wenig (es gibt hier bei bestehenden Einrichtungen wie z.B. Hof

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Tollet, FAB - pro work, Lebenshilfe etc. lange Wartezeiten). FAB-pro work in Ried im

Innkreis hat aktuell 10 Vorgemerkte auf der Warteliste (Stand Herbst 2013), auch die

Miteinander GmbH in Gmunden hat eine sehr lange Warteliste (im Herbst wurde ein

neuer Lehrling aufgenommen; insgesamt gibt es 7 Lehrplätze; nachbesetzt kann

immer nur dann werden, wenn einer aufhört;). Auch „Assista - soziale Dienste“ in

Vöcklabruck bietet Plätze zur Integration von Jugendlichen mit besonderen

Bedürfnissen durch Beschäftigung (keine Tagesstruktur sondern

Praktika/Kooperationen mit Betrieben). Aktuell werden 15 Klienten/-innen betreut

(Stand Sommer 2013). Auch hier gibt es wesentlich mehr Nachfrage und Wartelisten,

aber derzeit viel zu wenig Ressourcen. Das gilt generell für ganz Oberösterreich. Der

Arbeitsmarkt fehlt für diese Zielgruppe. Fazit: Arbeit an die Ressourcen der

Menschen anpassen.

Die Anzahl der Jugendlichen mit psychische und körperliche Beeinträchtigungen ist in

den letzten Jahren auch im Innviertel, wie zum Beispiel in den Projekten für

Arbeitsintegration bei RIFA in Ried im Innkreis bemerkbar ist. Weiteres steigt auch

die Zahl der Jugendlichen, die vollkommen unrealistische Wünsche und falsche

Selbsteinschätzungen haben. Jugendliche – oft ohne Beruf und sogar

Pflichtschulabschluss - bemängeln die ihnen angebotenen Arbeitsstellen und lösen

das Arbeitsverhältnis nach kurzer Zeit – ohne nachvollziehbaren Grund - wieder auf.

Dies wird auch immer wieder von den Streetworkern in OÖ bestätigt. Hier braucht es

bereits in der Schule mehr und gezieltere Berufsorientierung und auch intensive

(Zusammen)Arbeit mit den Eltern, die diese Haltungen oft unterstützen. Die

Studienergebnisse von IBE heben hervor, dass die Berufsorientierung als

langfristiger Reifungsprozess anzusehen ist, der auf die Talente, Stärken und

Interessen von Jugendlichen aufbaut und im Laufe der Schulkarriere sie an mögliche

Wege und Perspektiven heranführt.11 Aus diesem Grund ist es auch umso wichtiger,

dass die bestehenden Beratungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungsangebote für

Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf auf ihre Potentiale aufbauen.

11

Studie und Handlungsleitfaden: Berufsorientierung und Berufsberatung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Am Beispiel Oberösterreich. IBE im Auftrag von Land OÖ, Linz 2011, S. 186 - 187

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Handlungsfeld – Bedarfskoordination für die Regionen

Analog zu den Bedarfskoordinatoren/-innen der Bezirkshauptmannschaften zur

Planung von Plätzen für Menschen mit Beeinträchtigung (die im

Chancengleichheitsgesetzt 2008 definiert wurden), könnten auch

Bedarfskoordinatoren/-innen für Plätze für ausgrenzungsgefährdete Jugendliche

entwickelt werden, die Unterstützung am Übergang von der Schule in die Arbeitswelt

und darüber hinaus brauchen (wäre Planungs- und Steuerungsinstrument und hätte

auch den Vorteil, dass die Betriebe besser planen können).

Handlungsfeld - Mehr Förderunterricht in den Schulen ermöglichen.

Insgesamt ist es wichtig, bereits in der Schule mit Fördermaßnahmen frühzeitig

anzusetzen, da hier die Jugendlichen noch erreichbar sind. Die Förderung der

Schüler/-innen ist auch eine Ressourcenfrage. Für die Jugendlichen, die im

Schulsystem gehalten werden (11. und 12. Schuljahr), sind in den Schulen keine

zusätzlichen Ressourcen vorhanden. Werden sie quasi „mitbetreut", muss die

Vorsorge und nicht die „Reparatur“ in den Vordergrund gestellt werden.

Ausbau der Schulsozialarbeit (SUSA): die Schulsozialarbeiter/-innen sind in

Oberösterreich bei der Jugendwohlfahrt angesiedelt. Das Angebot ist anonym,

kostenlos und freiwillig. SUSA ist ein präventiver Ansatz für Fälle, in denen (noch)

keine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Die Schulsozialarbeiter/-innen sind direkt an

den Pflichtschulen und für Schüler/-innen und Lehrer/-innen tätig und für alle

„Lebensfragen“ Ansprechpartner/-innen. Aufgrund begrenzter Ressourcen gibt es

auch hier regionale Versorgungslücken in Oberösterreich.

Hilfreich wären hier auch die Etablierung von Frühwarnsystemen, die gefährdete

Jugendliche frühzeitig identifiziert.

Handlungsfeld - Helfersysteme im Schulumfeld ausbauen – community school.

Modelle, wie das der „community school“ wären hilfreich im Sinne einer

ganzheitlichen Sichtweise und Entwicklung der „Reparaturwerkstatt“ zu einer

„interdisziplinären“ und präventiven Begleitung der Jugendlichen vom Kleinkindalter

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Handlungsfeld – Anhebung der Altersgrenzen im Jugendcoaching

bis ins Erwachsenenleben unter Einbindung der Eltern, der Kindergärten und Schulen

und des gesamten Systemumfeldes. Hier könnte man in der neuen

Strukturförderperiode ansetzen und innovative Modelle initiieren, die Bewährtes

bündelt und die Durch-lässigkeit der einzelnen Systeme sowie Vernetzung und

Kooperation fördern.

Die Helfersysteme im Schulumfeld können auch in besonders schwierigen

Situationen für Schüler/-innen ein Auffangnetz und für die Schulen relevant sein. Die

Thematik der Schulsuspendierung ist ein konkreter Fall, der für interne und externe

Betreuungspersonen eine Herausforderung darstellt. Es gibt keine einheitliche

Regelung im Umgang mit den Jugendlichen und Eltern in solchen Fällen. Aus diesem

Grund gehen die Schulen auch unterschiedlich vor (keinerlei Kontakt zu den

Jugendlichen oder trotzdem Kontakt mit Jugendlichen und Eltern). Im Sinne der

Vermeidung von erhöhter Schulabbruchs- und Ausgrenzungsgefahr können in diesen

Fällen Helfersysteme im Schulumfeld aktiv werden.

Handlungsfeld - One-Stop-Shops in Regionen mit hohen NEET-Zahlen entwickeln.

Tatsache ist, dass Maßnahmen dann angenommen werden, wenn es Jugendlichen

so einfach wie möglich gemacht wird, diese in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung

ist laut aktueller NEET-Studie12 (Seite 26ff) ein flächendeckendes, flexibles und

dezentrales Maßnahmenangebot, das auf die Bedürfnisse der Jugendlichen

ausgerichtet ist. Ein Ansatz dazu sind die in Großbritannien entwickelten „One-Stop-

Shops“, die für die multiplen Problemlagen vieler Jugendlicher Hilfestellung unter

einem Dach bieten können. Hier wären auch die bestehenden Konzepte der offenen

Jugendarbeit und Sozialarbeit einzubinden.

Für die Jugendlichen über 19 ist der Zugang zum Jugendcoaching grundsätzlich

eingeschränkt. Das Vorliegen eines SPF, einer Lernbehinderung oder eines

sozialen/emotionalen Handicaps ist erforderlich.

Der Träger aus dem Bereich der höheren Schulen meldet zurück, dass auch einige

Jugendliche - außerhalb der altersrelevanten JUCO-Zielgruppe (ab dem 9.

12

Studie zur arbeitsmarkpolitischen Zielgruppe NEET, ISW/IBE/JKU im Auftrag des BMASK, Wien 2013

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individuellen Schulbesuchsjahr) - in den Maturaklassen Jugendcoaching benötigen

würden. Es kommt vor, dass speziell in Maturaklassen, die Jugendlichen in 2 „Lager“

aufzuteilen sind: jene unter 19, welche das JUCO in Anspruch nehmen können und

jene über 19, die einen Behinderungsnachweis benötigen. Das vorrangige Ziel sollte

auf jeden Fall der erfolgreiche Schulabschluss sein.

In den Maturaklassen sind die Jugendlichen, unabhängig vom Alter, bereits sehr

nahe an dem Ziel des Schulabschlusses angelangt. Mit der Anhebung der

Altersgrenze könnte ein leichterer Zugang zum Jugendcoaching geschaffen werden.

Gleichzeitig kann damit auch die Abbruchsgefahr bei Jugendlichen mit besonderem

Unterstützungsbedarf im Abschlussjahr reduziert werden.

Handlungsfeld – Niederschwelligere Angebote für Jugendliche schaffen

Die Ansätze in der wirksamen Implementierung von Therapiekonzepten, in der

Schaffung von Angeboten am zweiten Arbeitsmarkt und im geschützten Bereich

sowie auch in der Entwicklung von One-Stop-Shops weißen darauf hin, dass

Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf niederschwelligere Angebote

benötigen. In Oberösterreich gibt es vielfältige Angebote für schulabbruchs- und

ausgrenzungsgefährdete Jugendliche am Übergang von der Schule in den

Arbeitsmarkt. Einige sind in hochschwelligen Bereichen für Jugendliche mit

besonderem Unterstützungsbedarf angesiedelt. Aus der Region Gmunden wird

rückgemeldet, dass niederschwellige Angebote für Jugendliche zwischen 18 und 24

fehlen. Einige Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf können an die

bestehenden Angebote nicht anschließen.13 Der Zugang für diese Zielgruppen soll

erleichtert werden durch: unbürokratische Betreuungsaufnahmen in die Angebote,

konzeptionelle Erweiterung der Angebote auf bestimmte Altersgruppen (unter 14

Jährige/über 18-Jährige), Optimierung des Übergabemanagements unter den

Anbietern/-innen, bedarfsgerechte und flexible Angebote.

13

Laut Einschätzung der Partner/-innen in Gmunden haben ca. 15 Jugendliche Bedarf an einem niederschwelligen Angebot.

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Handlungsfeld – Existenzsicherung bei bestimmten Zielgruppen (z.B. obdachlose

Jugendliche)

Im Bereich der außerschulischen Jugendlichen sind die obdachlosen Jugendlichen

eine besondere Risikogruppe. Die genaue Zahl der obdachlosen Jugendlichen in

Österreich ist unbekannt. Im Jahr 2010 haben in Wien 1400 obdachlose Personen,

im Alter zwischen 18 und 29 Jahren, ein Wohnungsangebot in Anspruch

genommen.14 Hier ist anzunehmen, dass sich der überwiegende Anteil in einem

NEET-Status befindet.15

Die Partner/-innen machen auf die Thematik der obdachlosen Jugendlichen

aufmerksam.16 Es wird ein Mangel an Krisen- und Sozialwohnungen festgestellt, die

für die Existenzsicherung und die Inanspruchnahme von Leistungen wesentlich sind.

Entwicklung gemeinsamer Know-Hows und Beratungs- und zertifizierter Coaching-

Qualität durch begleitende Reflexion und Evaluation. Zielführend wäre es, auch für

die Umsetzer/-innen immer wieder gemeinsame Weiterbildungen, zu

unterschiedlichsten Themenschwerpunkten anzubieten und dadurch eine

vergleichbare Qualität zu entwickeln. Zentraler Punkt dabei ist auch das Abbauen von

Konkurrenzen, das Kennenlernen des jeweils „Anderen“ (Zum Beispiel JUCO/offene

Jugendarbeit, …), Verständnis für unterschiedliche pädagogische und

erziehungswissenschaftliche sowie sozialarbeiterische Konzepte zu entwickeln und

auch unterscheiden zu können, wann welches Konzept zielführender ist.

Hilfreich wären hier auch gemeinsame Weiterbildungen von Berater/-innen, Coaches,

Trainer/-innen von Maßnahmen und Lehrlingsausbildnern, Führungskräften aus

Betrieben etc. Hier kann im Tun und gemeinsamen Lernen möglichst hoher

Lernerfolg sichergestellt werden (Lernen von den Vortragenden und den Kollegen/-

innen im Workshop – voneinander und miteinander und gleichzeitige Sensibilisierung

14

vgl. Riesenfelder, A.: Schelepa, S.; Wetzel,P. (2012): Evaluierung Wiener Wohnungslosenhilfe.

Wiener Sozialpolitische Schriften Band 4, verfügbar unter: http://www.gv.at/gesundheit/einrichtungen/planung/pdf/evaluierung-wohnungslosenhilfe.pdf, 24. 09. 2013. In WISO Nr. 4/13, S. 109 – 110. 15

Wirtschafts- und sozialpolitische Zeitschrift (WISO) (2013) – NEET-Jugendliche: Eine neue arbeits- marktpolitische Zielgruppe in Österreich. Bacher, Tamesberger, Leitgöb/Lankmayer, S. 110 16

Der Mangel an Krisen- und Sozialwohnungen wird auch aus Gmunden rückgemeldet.

Handlungsfeld - Kontinuierliche Qualitätssicherung in der Angebotslandschaft.

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für das jeweils „Andere“, andere Sichtweisen und Perspektiven sowie Vernetzung).

Beispiele dazu sind die von der AKOÖ durchgeführten Workshops im Rahmen der

Jugendbeschäftigungspakte Wels und Ried sowie Salzkammergut

(Gmunden/Vöcklabruck).

Handlungsfeld - Diversität als Querschnittsthema in allen Angeboten am

Übergang von der Schule in die Arbeitswelt integrieren.

Migration

Österreich blickt auf eine seit den 1960er Jahren durch unterschiedliche Phasen der

Einwanderungspolitik gekennzeichnete umfangreiche Einwanderungsgeschichte

zurück. Derzeit haben etwa 16 Prozent der Schüler/-innen eine andere Erstsprache

als Deutsch. An den Volksschulen sind es 21 Prozent (Quelle: Nusche, Deborah,

Shewbridge, Claire, Rasmussen, Christian Lamhauge (2009), „OECD Reviews of

Migrant Education. Austria“, OECD 2009, herausgegeben vom BMUKK 2010; Seite

8ff). Etwa die Hälfte davon hat österreichische Staatsbürgerschaft. Dabei gibt es

beträchtliche regionale Unterschiede: 39 % in Wien, 8 % in der Steiermark oder in

Kärnten. Insgesamt unterrichten aber weniger als 20 % der österreichischen Schulen

keine Schüler/-innen mit anderen Erstsprachen. Das heißt, dass interkulturelles

Lernen und Fragen der Diversität in den Schulen nicht auf bestimmte

Regionen/Bereiche zutreffen, sondern alle betreffen und den Schulalltag in Österreich

prägen. Im Vergleich zu den in Österreich geborenen Mitschülern/-innen sind bei

Schüler/-innen mit Migrationshintergrund im Durchschnitt auf allen Ebenen

schwächere Schulische Leistungen zu beobachten. Das heißt, sie haben auch

größere Schwierigkeiten beim Übergang von der Pflichtschule in eine weiterführende

Schule, in die Lehre oder die Arbeitswelt.

Die OECD zieht den Schluss, dass diese Zielgruppe von einer Politik der

Chancengerechtigkeit profitieren würde und schlägt vor, dass im Sinne von

Chancengerechtigkeit Jugendlichen mit Migrationshintergrund mehr und vor allem

gezieltere Fördermaßnahmen bekommen müssten. Die bereits begonnenen

Entwicklungen hin zu strukturellen Reformen in der Elementarbildung (Early

Childhood Education Care, ECEC; Sprachscreening, verpflichtendes

Kindergartenjahr,…), Ausbau der Sprachförderung in Deutsch und den

Muttersprachen, interkulturelles Lernen als Lernprinzip an vielen Schulen und auch in

der Lehrer/-innen Aus- und Fortbildung müssen laut OECD in den kommenden

Jahren weiter verfolgt und intensiviert werden. Dazu braucht es auch politische

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Strategien. Zu fördern gilt es in diesem Zusammenhang auch die Vernetzung

zwischen Schule, Eltern und Migranten/-innen-Communities. Augenmerk ist aber

nicht nur auf die Migrationsfrage, sondern auch auf die Geschlechterfrage zu richten.

Im Sinne eines ganzheitlichen Verständnisses von Diversität sind auch hier

Weiterentwicklungen notwendig.

Gender

So kommt eine ESF-Studie (Pimminger, Irene (2010), Junge Frauen und Männer im

Übergang von der Schule in den Beruf; S. 4ff) zum Ergebnis, dass die

Bildungsnachteile von Frauen nicht nur der Vergangenheit angehören, sondern

mittlerweile umgekehrt die Sorge um Jungen und junge Männer als die neuen

„Bildungsverlierer“ den Bildungsdiskurs beherrschen. Junge Männer verlassen mit

rund 6 Prozent die Schule etwas häufiger als junge Frauen (rund 4 Prozent) ohne

Abschluss (Hochschulreife machen hingegen: 25 % Männer – 31 Prozent Frauen).

Insgesamt ist der Anteil der jungen Männer an den Abgängen ohne Schulabschluss

(rund 61 Prozent) oder mit Hauptschulabschluss (rund 56 Prozent) überproportional

und an den Abgängen mit allgemeiner Hochschulreife (rund 45 Prozent)

unterdurchschnittlich. Daten und Befunde weisen aber auch darauf hin, dass soziale

Herkunft und Migrationshintergrund einen entscheidenden Einfluss auf den

Bildungserfolg haben und zwar mehr als das Geschlecht. Fest steht auch, dass die

geschlechtsspezifischen Strukturen des Arbeitsmarktes trotz massiver Interventionen

und Bemühungen fortgeschrieben werden.

Zudem gelingt es Mädchen und (jungen) Frauen auch trotz besserer Ausbildungen

nicht, daraus einen Vorteil am Arbeitsmarkt zu lukrieren. Junge Frauen sind in der

dualen Ausbildung immer noch unterrepräsentiert (42 Prozent) und in der schulischen

Ausbildung stark überrepräsentiert (72 Prozent). Im Übergangssystem betrug ihr

Anteil im Jahr 2008 rund 44 Prozent. Bei den Ungelernten Quoten verhält sich der

Frauen- zum Männeranteil 15,4 zu 15,0 Prozent (2009). Das Risiko, ohne

Schulabschluss zu einem Berufsabschluss zu kommen, ist, wie Befunde zeigen,

hoch. Hier setzt auch das neue Gesetzt zum Nachholen von Schulabschlüssen an.

Bei Frauen hat dieses Faktum noch nachteiligere Auswirkungen, weil viele davon es

gar nie schaffen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und nie in der Arbeitswelt

auftauchen. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ohne Berufsabschluss ist sehr

gering. Die Erwerbsquote von 24-. Bis 54 jährigen Frauen ohne Berufsabschluss

betrug 2010 61 Prozent, die der Männer 81 Prozent. Bei Frauen mit Lehrausbildung

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lag die Erwerbsquote in dieser Altersgruppe bei 84 Prozent, bei Männern bei 94

Prozent.

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Studie zur arbeitsmarkpolitischen Zielgruppe NEET, ISW/IBE/JKU im Auftrag des BMASK,

Wien 2013

Studie und Handlungsleitfaden: Berufsorientierung und Berufsberatung von Jugendlichen mit

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Studie und Handlungsleitfaden: Berufsorientierung und Berufsberatung von Jugendlichen mit

Migrationshintergrund. Am Beispiel Oberösterreich. IBE im Auftrag von Land OÖ, Linz 2011,

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