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Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“ Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg Hans Alberts Hans Alberts Traktat Traktat ü ü ber kritische Vernunft ber kritische Vernunft Vortrag am 21.11.2012 in N Vortrag am 21.11.2012 in N ü ü rnberg, rnberg, Dr. Frank Schulze Dr. Frank Schulze

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  • Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

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    Vortrag am 21.11.2012 in NVortrag am 21.11.2012 in Nüürnberg,rnberg,Dr. Frank SchulzeDr. Frank Schulze

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Ablauf

    1. Zu Person und Werk Hans Alberts

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

    3. Ausblick/Diskussion

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    1. Zu Person und Werk Hans Alberts

    Hans Albert (geb. 1921 in Köln)

    � Einer der maßgeblichen Wissenschaftstheoretiker des 20. Jahrhunderts

    � „Der“ Vertreter des kritischen Rationalismus im deutschsprachigen Raum

    � Hat den KR Poppers im deutschsprachigen Raum bekannt gemacht, systematisch dargestellt und inhaltlich erweitert

    � Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für kritische Philosophie; Mitherausgeber von „Aufklärung und Kritik“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    1. Zu Person und Werk Hans Alberts

    Hans Albert

    Drei Phasen seiner intellektuellen Entwicklung:

    � Existenzialismus/Existenzphilosophie (v.a. Heidegger)� Positivismus (Wiener Kreis)� Kritischer Rationalismus (Popper)

    Seit „Traktat“ (1968) keine grundlegende Änderung seiner Auffassungen mehr, aber: Ausdifferenzierung und Vertiefung des KR in vielen Schriften wie „Konstruktion u. Kritik“, „Kritik der kritischen Psychologie“, „Kritik der reinen Hermeneutik“, „Das Elend der Theologie“, A&K

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    1. Zu Person und Werk Hans Alberts

    „Vorgeschichte“ des Traktats

    Drei Phasen seiner intellektuellen Entwicklung:

    � Existenzialismus/Existenzphilosophie (v.a. Heidegger)� Positivismus (Wiener Kreis)� Kritischer Rationalismus (Popper)

    Seit „Traktat“ (1968) keine grundlegende Änderung seiner Auffassungen mehr, aber: Ausdifferenzierung und Vertiefung des KR in vielen Schriften wie „Konstruktion u. Kritik“, „Kritik der kritischen Psychologie“, „Kritik der reinen Hermeneutik“, „Das Elend der Theologie“, A&K

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    1. Das Problem der Begründung

    2. Die Idee der Kritik

    3. Erkenntnis und Entscheidung

    4. Geist und Gesellschaft

    5. Glaube und Wissen

    6. Sinn und Wirklichkeit

    7. Das Problem einer rationalen Politik

    2. Zum Inhalt des „Traktats“ (Kapitel)

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

    Das Problem der Begründung (Kapitel 1)

    Ausgangspunkt: Denken im „Letztbegründungssumpf“

    Traditionelle Suche nach dem „archimedischen Punkt“, einer sicheren Quelle/Grundlage der Erkenntnis, z.B.:

    -> Intellektualismus: Vernunft (z.B. Descartes)-> Empirismus: (Sinnes-)Erfahrung (z.B. Bacon)

    Letztbegründungsdenken führt nach Albert in das sog.

    Münchhausentrilemma:

    Infiniter Regress oder: Zirkelschluss oder: Dogma

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Infiniter RegressZirkelschluss

    Dogma

    Versuch, sich „am eigenen Schopf“ aus dem Sumpf zu ziehen,

    also:sich herauszumogeln

    Das Problem der Begründung (Kapitel 1)

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Das Problem der Begründung (Kapitel 1)

    Infiniter Regress

    Problem:

    Jede Begründung ist selbst wieder begründungsbedürftig

    -> kein sicherer Grund erreichbar

    (Bsp.: Warum-Fragen-Ketten von von Kindern; Frage nach

    Ursprung der Welt -> auch hinter „Gott“ kann

    zurückgefragt werden)

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Das Problem der Begründung (Kapitel 1)

    Problem:

    Begründung durch Aussagen, die selbst

    bereits als begründungsbedürftig ausgewiesen wurden

    Logischer Zirkel

    Bsp.: Das Mädchen ist stumm, weil es sein Sprachvermögen verloren hat. – Warum hat es sein Sprachvermögen verloren? – Auf Grund

    des Unvermögens, die Sprache zu beherrschen! (Molière)

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

    Das Problem der Begründung (Kapitel 1)

    Abbruch des Verfahrens

    Problem:

    Abbruch des Begründungsprozess durch Berufung Dogma (unbeweisbarer

    Glaubenssatz, z.B. „X ist Gottes unergründlicher Ratschluss“)

    Nichtdogmatische Lösung:

    Skeptizismus/Relativismus?!

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Idee der kritischen Prüfung in sämtlichen Bereichen (ggf. inkl. private Lebensführung)

    -> konsequenter Kritizismus, der das Prinzip der zureichenden Begründung opfert (und damit den Ausgangspunkt für das Münchhausentrilemma)

    Zweischritt jeder Problemlösung:Konstruktion -> Kritik

    Die Idee der Kritik (Kapitel 2)

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Auch die Wissenschaft schreitet voran durchKonstruktion und Kritik

    Forschungsprozess:Problem 1 -> Hypothese 1 -> Kritische Prüfung 1

    -> Problem 2 -> Hypothese 2 -> Kritische Prüfung 2 -> usf. => Annäherung an Wahrheit

    Die Idee der Kritik (Kapitel 2)

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Erkenntnis und Entscheidung (Kapitel 3)

    Thema: Begründung ethischer Überzeugungen angesichts des Dualismus‘ von Sein und Sollen (Hume)

    Problematische Ansätze (Dezisionismus): � Existenzialismus -> Überbetonung von „Entscheidung“� Positivismus -> Überbetonung von „Erkenntnis“

    Albert: Münchhausentrilemma gilt auch in der Ethik -> Erkenntnis und Entscheidung sind unbegründbar

    Aber: Entscheidung ≠ Willkür!-> rationale Diskussion ethischer Probleme ist möglich

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Erkenntnis und Entscheidung (Kapitel 3)

    Kritische Moralphilosophie:

    Ethische Aussagen und Systeme als Hypothesen behandeln -> fehlbar und kritisierbar

    Alternativen in Erwägung ziehen bzw. neue Perspektiven/ Lösungsvorschläge entwerfen -> kritischer Abgleich mit Status quo; wieder: Konstruktion -> Kritik

    Kognitive Kritik an Wertüberzeugungen/wissenschaftlicheKritik an normativen Aussagen möglich durch:

    Brückenprinzipien

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Erkenntnis und Entscheidung (Kapitel 3)

    Brückenprinzipien -> Überwindung der logischen Schranke zwischen Tatsachen- und Wertaussagen

    Beispiele:� Realisierbarkeitspostulat („Sollen impliziert Können“)

    � Kongruenzpostulat (Ablehnung von Begründungen, die wiss. prinzipiell unerkennbare Faktoren voraussetzen)

    � Prinzip der „minimalen Bedürfnisbefriedigung“ (Kraft/ Hilgendorf) -> problematisch (was ist „minimal“?)

    � Universale Überzeugungen bzgl. Wert/Würde des Menschen („Radbruch-Formel“) -> Prob.: Gibt es die?!

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Erkenntnis und Entscheidung (Kapitel 3)

    Problem der Werturteilsfreiheit in den Wissenschaften

    � Erfahrungswissenschaft kann keine bindenden Normen/Ideale aufstellen (Hume‘sches Gesetz) -> soll daher auch nicht so tun, als könne sie es!

    � Wertfreiheitspostulat ist normativer Satz auf metatheoretischer Ebene -> Paradoxie nur, wenn man die Ebenen nicht auseinanderhält

    � „Verantwortungslosigkeit“ des Wissenschaftlers aber nur in dem Sinne, dass es widersinnig ist, ihn für Anwendungen Dritter zur Verantw. zu ziehen

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Erkenntnis und Entscheidung (Kapitel 3)

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Das Problem einer rationalen Politik (Kapitel 7)

    Frage: Wie Rationalität und Engagement verbinden?

    Problematische Ansätze: � dogmatisch-apologetisch & hermeneutisch-analytisch

    (->Begründungsdenken!)� utopistische (-> Alternativradikalismus/

    Realisierbarkeit?!)

    Albert: Rechtfertigung sozialer Ordnungen, Institutionen, Maßnahmen ist nicht Aufgabe der Philosophie -> sind alle fehlerbehaftete Problemlösungen; daher:

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    Das Problem einer rationalen Politik (Kapitel 7)

    Idee der rationalen Diskussion (zwischen Verfechtern verschiedener Auffassungen)

    Kritizismus:Politisch-soziale Problemlösungen stets als Hypothesen

    betrachten und behandeln -> kritische Prüfung (vom theoretischen zum sozialen/polit. Pluralismus)

    Institutionelles Apriori/überlieferte soziale Strukturen in Rechnung stellen u. kritisch diskutieren -> Denken in Alternativen; wieder:

    Konstruktion -> Kritik

    2. Zum Inhalt des „Traktats“

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    3. Ausblick/Diskussion

    „Es gibt weder eine Problemlösung, noch eine für die Lösung bestimmter Probleme zuständige Instanz, die

    notwendigerweise von vornherein der Kritik entzogen sein müsste. Man darf sogar annehmen, dass Autoritäten, für die eine solche Kritikimmunität beansprucht wird, nicht selten deshalb auf diese Weise ausgezeichnet werden, weil ihre

    Problemlösungen wenig Aussicht haben würden, einer sonst möglichen Kritik standzuhalten. Je stärker ein solcher Anspruch betont wird, um so eher scheint der Verdacht gerechtfertigt zu sein, dass hinter diesem Anspruch die

    Angst vor der Aufdeckung von Irrtümern, das heißt also: die Angst vor der Wahrheit, steht.“

    (Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft)

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“

    3. Ausblick/Diskussion

    Mögliche Fragen:

    Wie steht es um die Chancen der kritischen Vernunft bzw. die Realisierbarkeit dieser Idee?

    Ist die Wertfreiheit in den Wissenschaften möglich, und wenn ja sinnvoll?

    Ist das Münchhausentrilemma selbst eine Letztbegründung (des KR oder des Fallibilismus)?

    Sind Fallibilismus bzw. Falsifikationismus unwissenschaftlich, weil selbst nicht falsifizierbar?

  • Dr. Frank Schulze, 21.11.2012, Nürnberg

    Hans Alberts „Traktat über kritische Vernunft“