Herbert Paierl, Magna Cosma International

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INSTITUT FÜR MARKEN- ENTWICKLUNG GRAZ 10. April 2010 STUDIE „WAS LERNEN SIE GERADE?“ IM GESPRäCH MIT HERBERT PAIERL, MAGNA COSMA INTERNATIONAL

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Er ist ein Weltenbummler. Nicht nur geographisch. Sondern auch von seiner Haltung: Er war Hofrat, dann Politiker, jetzt ist er Unternehmer. Und er ist vor allem ein glühender Verfechter eines möglichst ungehinderten Wettbewerbs. Herbert Paierl, einer der hellen Köpfe des Landes, im Interview über die Geiselhaft von Unternehmern, über das sklerotische Europa und warum man trotzdem Optimist sein kann.

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INSTITUTFÜRMARKEN-ENTWICKLUNGGRAZ

10. April 2010

STUdIE „WAS LERNEN SIE GERAdE?“IM GESpRäCh MIT hERbERT pAIERL, MAGNA CoSMA INTERNATIoNAL

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Er ist ein Weltenbummler. Nicht nur geographisch. Sondern auch von seiner Haltung: Er war Hofrat, dann Politiker, jetzt ist er Unternehmer. Und er ist vor allem ein glühender Verfechter eines möglichst ungehinderten Wettbewerbs. Herbert Paierl, einer der hellen Köpfe des Landes, im Interview über die Geisel-haft von Unternehmern, über das sklerotische Europa und warum man trotzdem Optimist sein kann.

Franz Hirschmugl: Was ist Unternehmertum?

Herbert Paierl: Unternehmertum? Bereitschaft zum Risiko. Dann natürlich Führungs-kompetenz, also Leadership – und auch geistige oder auch räumliche Mobilität. Also Mobilität im umfassenden Sinne.

FCH: Was meint Risiko?

Paierl: Dass man sich auch auf Dinge einlässt, bei denen man nicht genau weiß, wie es ausgeht. Also durchaus auch spekulativ. Spekulative Aktionen. Investments. Finanzielle Engagements, wo man zwar eine gewisse Einschätzung, eine gewisse Vorstellung hat, aber nicht genau sagen kann, ob sich das ausgeht. Das ist für mich Risikobereitschaft. Das will ich jetzt nicht nur einschränken auf das Materielle, dass man also Kapital oder Geld ver-lieren kann. Risikobereitschaft umfasst auch den persönlichen Einsatz, dass man durchaus leere Kilometer absolvieren kann. Aber auf der anderen Seite gibt es die Erwartungshal-tung, dass man dadurch mehr Wert schafft. Oder dass man dadurch ein Erfolgserlebnis hat, dass man Spaß hat.

FCH: Wieso kommt Risiko beim Thema Unternehmertum an erster Stelle?

Paierl: Weil es ohne Risikobereitschaft kein Unternehmertum gibt, das wäre ein Missver-ständnis. Der Pragmatisierte, der Risikolose, sagt: „Ich kann tun, was ich will, ich komme immer zum selben Ergebnis. Zumindest materiell.“ Diese Form von Sicherheit reicht nicht aus. Ich kenne zu viele pragmatisierte Beamte, die unglücklich sind. Für die geht es sich zwar materiell aus und es ist ganz egal, was diese Personen machen. Es kommt mate-riell immer das Gleiche raus. Auch auf der emotionalen Seite gibt es Risiko.

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FCH: Was heißt Leadership?

Paierl: Leadership heißt nicht nur die Bereitschaft, Entscheidungen zu treffen. Es heißt auch, sich an die Spitze der Karawane zu setzen, Vorbild zu sein, vorauszugehen – auch wenn man nicht so genau weiß, was einen da vorne erwartet - Risiko nehmen.

FCH: Was meint die zitierte „umfassende Mobilität“?

Paierl: Naja, dass ich beispielsweise auch bereit bin, permanent dazuzulernen. Ich die Fähigkeit aufbringe, gewisse Dinge zu „entlernen“ – Dinge, die einfach nicht mehr gebraucht werden, auf die Seite zu schieben und Neues zu lernen. In neue Kulturen ge-hen, im Vertrieb oder in neuen Technologien investieren, das alles erfordert eine geistige Mobilität. Ich muss die permanente Bereitschaft haben, mich auf Marktveränderungen, auf wirtschaftliche, auf technologische Veränderungen nicht nur einzustellen, sondern sie sogar anzuführen. Das ist so der Idealtyp eines erfolgreichen Unternehmers. Es gibt ja ge-nug Beispiele, wo man Produktideen oder Marktideen einfach konsequent umgesetzt hat. Das ist erfolgreiches Unternehmertum, geprägt durch Risikobereitschaft und Leadership.

FCH: Bitte drei Eigenschaften, die Unternehmertum charakterisieren.

Paierl: Mutig, mobil und neugierig.

FCH: Wo kommen bei Herbert Paierl persönlich diese Eigenschaften her? Ist das gene-tisch, ist das sozialisiert? Was sind die Voraussetzungen?

Paierl: Es ist von allem ein bisschen. Möglicherweise ist es genetisch veranlagt. Ich bin in einem sehr unternehmungslustigen Umfeld aufgewachsen, sowohl der Vater als auch die Mutter waren immer irgendwie unterwegs, etwas zu unternehmen. Die haben sich nicht zufriedengegeben ,sie haben sich zwar gefreut, wenn etwas erreicht wurde, aber haben dann auch gesagt: „Und was könnten wir jetzt Neues machen? Was könnten wir zusätzlich machen?“ Das Zweite: Die Erfahrungen in meinem unmittelbaren Berufsleben der letzten 20 Jahre. Auch aus der Perspektive eines pragmatisierten Beamten, der ich einmal war und dann bewusst aufgegeben habe. Weil ich eben überzeugt bin davon, dass der Wohlstand, nur über diese risikobereite Unternehmerschaft möglich ist. Und das Dritte: Der empiri-sche Befund, dass das Unternehmertum bei uns in Österreich sehr unterbelichtet ist. Ein Unternehmer wird bei uns entweder als Idiot oder als „Abzocker“ angesehen – weil wir sehr viel sozialistisches Gedankengut in Politik und Gesellschaft haben. Da habe ich in meiner politischen Sozialisierung ganz bewusst eine Gegenposition eingenommen, die da heißt: In der Politik muss mehr unternehmerisches Denken verankert werden.

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FCH: Wo könnte das herkommen?

Paierl: Aus dem beobachteten Defizit. Ich habe den Eindruck, dass bei uns eigentlich alle am liebsten pragmatisiert werden würden, und gleich am nächsten Tag, nachdem sie die pragmatisierte Stelle eingenommen haben, auch gleich den Pensionsstichtag mit einer Hacklerregelung errechnen.

FCH: Wer sind alle? Die Mitarbeiter?

Paierl: Die Mehrheit der Österreicher ist auf Sicherheit fokussiert. Risikolosigkeit, Sicher-heit. Und wenn möglich auch drauf, mit möglichst wenig Einsatz von irgendwoher eine Zuwendung,eine Förderung zu bekommen.

FCH: Hat sich das in Ihrem Beobachtungszeitraum verändert?

Paierl: Es hat sich verstärkt. Dieser etatistische Zug der österreichischen Gesellschaft, gefördert zu werden, vom Staat bedient zu werden, alimentiert zu werden, ist grauslich geworden. Das hat mich immer gestört und heute ganz besonders, wissend dass es ange-sichts der maroden Staatshaushalte auch nicht mehr geht. Es liegt eine völlige Überforde-rung vor, dieser Sozial- und Wohlfahrtsstaat ist ausgemergelt , in Wahrheit pleite. Dieses System wird nur mehr vom Finanzmarkt über Wasser gehalten und ist in einer Abhän-gigkeit ,die man sonst nur im Suchtmilieu findet. Insbesondere die Leistungsträger als Steuerzahler werden das nicht mehr leisten können. Was droht ist der Kollaps.

FCH: Was ist da passiert?

Paierl: Die Politik in Österreich hat nach 1970, nach den Jahren des Wiederaufbaus, wo alle in die Hände gespuckt haben und gehackelt haben, gesagt: Jetzt fangen wir an zu verteilen ! Man ging vom Überschuss in den öffentlichen Etats zu permanenten Defiziten. Man hat Politik so betrieben, indem man sich täglich bemüht hat, etwas Neues zu erfin-den, was Geld gekostet hat, was auch Ressourcen bindet und wofür man Beamte braucht. Und es ist alles hundertprozentig geschützt, es ist nicht unternehmerisch. Man hat da-durch das Unternehmertum zurückgedrängt und hat zusätzlich auch, was mindestens so gefährlich und schlecht ist, aus vielen Unternehmern auch Abhängige gemacht. Zum Bei-spiel in Wien: Dort kannst du es dir als Unternehmer, der lokal oder regional tätig ist, gar nicht leisten, dich irgendwo politisch kritisch zu äußern, weil das größte Unternehmen, das in der Stadt agiert, ist der Magistrat. Der viele Aufträge vergibt . Das ist ein dicht geflochtenes Netzwerk und alles im nicht wettbewerblichen Teil des Lebens. Da wieder rauszukommen, das abzubauen, das wird schwierig, das wird auch schmerzhaft. Ich hoffe

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nur, dass es ohne größere Verwerfungen abläuft, aber notwendig wird es sein. Man wird das auf unternehmerische Gesichtspunkte und Spielregeln zurückbringen müssen. Als Unternehmen musst du immer schauen, dass es einen Ressourcenausgleich gibt, das heisst der Unternehmer kann sich nicht etwas leisten, was niemand braucht oder was der Markt nicht zahlt, wo der Preis nicht stimmt. Im öffentlichen Bereich ist das ziemlich egal, die „Leistung“ ist da und diese ist auch schwer bewertbar, da es ja keinen Marktpreis dafür gibt.

FCH: Wird sich da was ändern?

Paierl: Wenn du über 50 Prozent Staatsquote hast, 50 Prozent des gesamten volkswirt-schaftlichen Geschehens im öffentlichen Einfluss ist, dann ist das natürlich sehr schwer, davon weg zu kommen. Dazu kommt , dass bei den „Nehmern“ vom Staat halt auch rein demokratiepolitisch gesehen die Mehrheit ist. Es ist heute wahltaktisch und demo-kratiepolitisch gesehen viel lukrativer, sich mit den Beamten gutzustellen, oder mit den Pensionisten. Da stecken dann auch mächtige Lobbys dahinter, starke Organisationen , die sich dieser Interessen annehmen. Wenn bei uns ein Unternehmer einen Misserfolg hat, also irgendwas in den Sand setzt, sprich im konkreten Fall , insolvent wird – dann ist er gebrandmarkt. In anderen Kulturen, wie zum Beispiel in der angloamerikanischen Kultur, gilt das sogar als eine wichtige Erfahrung, die du für dein Unternehmertum auch in der Zukunft nützen kannst. Das wird bei uns völlig anders gesehen. Da kommen viele Dinge zusammen, die ich einfach insgesamt unter „ unternehmerfeindlichen Kulturein-fluss“ subsumieren würde.

Es gibt auch Gewerbeschein-Inhaber, die sind viel weniger Unternehmer als Angestellte, die unternehmerischen Geist reinbringen. Es ist egal, in welchem sozialen oder rechtli-chen Status man ist. Unternehmertum ist Geisteshaltung. Es kann ein Maschinist, ein Unternehmer sein, wenn der an seiner Maschine seine Arbeit so versteht, dann ist der oft mehr Unternehmer als jemand, der einen kleinen Laden geerbt hat und seit 20 Jahren nichts Neues gemacht hat.

FCH: Wie wird das weitergehen in Österreich? Wird die Selbständigkeit mehr gefördert werden, wird sie weniger gefördert werden?

Paierl: Im öffentlichen Leben, in Medien, in Bildung, Schulen oder Universitäten wird das Unternehmerische zu wenig betont, viel zu wenig honoriert. Es gibt zwar Prämie-rungen „Unternehmer des Jahres“ und diverse Awards, wo das hervorgehoben wird, aber ich glaube noch viel zu wenig. Wo sind die „local heroes“? Dazu haben wir halt eine

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sehr, sehr eigenkapitalschwache Strukturen gerade im Mittelstand. Ich meine, Europa wird sowieso insgesamt die Problematik haben: Wo kommt das Wachstum her ? Und wer finanziert das? Nämlich auch für Beschäftigung, für die Sicherung des Wohlstandes? Mit welchen Innovationen? Das kann ja nur von den Unternehmen kommen. Sind ja die einzigen Organisationen, die innovationsträchtig sind. Die eine oder andere Idee, For-schungsergebnisse kann ich auch auf Universitäten hervorbringen, das ist schon klar. Nur die marktmäßige Umsetzung, da brauche ich in der Regel Unternehmer dazu. Da gibt es keine andere Möglichkeit.

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FCH: Welche Unterrichtsgegenstände sollten eingeführt werden?

Paierl: Wie funktioniert Wirtschaft, wie funktioniert Unternehmertum? Da muss es Un-terrichtsmodule in allen Ausbildungsstufen geben dazu.

FCH: Wenn ein offensichtlich absurder Zustand lange währt und man nichts dagegen tut, obwohl alle Welt weiß, dass es nicht so gehört, dann muss es irgendeinen Nutznießer dieser Situation geben. Wer ist da der Nutznießer?

Paierl: Es gibt natürlich Begünstigte der Umverteilung. Irgendwo muss eine Wertschöp-fung stattfinden und dann wird umverteilt – das hat bisher funktioniert. Die große Frage ist, wie das aufgrund der jetzt objektiv eingetretenen Finanzierungsprobleme im öffent-lichen Bereich weitergeht: und was man den Leistungsträgern noch zumuten kann. Aber jetzt meine ich nicht nur die Unternehmer mit der Einkommensteuer, sondern auch die Leistungsträger im unselbständigen Bereich, ob die weiter belastbar sind. Ob ich von denen noch mehr bekomme um das weiter finanzieren zu können. Da habe ich meine Zweifel. Jetzt wird es erstmalig in der Geschichte notwendig sein, dass man hier völlig zurückgeht zur Frage, wo kommt es her? Wo wird der Wert geschaffen? Da komme ich dann in das Unternehmertum. Da gibt es einen echten Paradigmenwechsel. Das braucht unternehmerische Entscheidungen, auch in der Politik.

FCH: Noch ein Unterrichtsgegenstand?

Paierl: Ja, unbedingt das Thema Internationalität als Unterrichtsgegenstand. Es ist ein Mix aus Fremdsprachen, aber nicht nur rein technisch, um die Sprache zu beherrschen, sondern mehr um dahinter auch die unterschiedlichen Kulturen zu sehen und zu ver-stehen. Das Verständnis für die Globalisierung und für globale Zusammenhänge oder für internationale Zusammenhänge herzustellen. In Österreich ist dieses Thema schwer

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unterbelichtet. Wenn ich das vergleiche mit ähnlich großen Staaten in Europa, wie den Niederlanden oder Dänemark, da sind wir sicherlich als zentraleuropäischer Staat im hinteren Tabellenteil.

FCH: Was meint das konkret, Internationalisierung, wie merke ich das konkret?

Paierl: In den Niederländern gibt es kaum jemanden, der nicht zwei oder drei Sprachen spricht, oder auch unter den Skandinaviern. Wenn bei uns einer Englisch kann, sagst du: „Super!“, ist das schon was Besonderes. Hängt möglicherweise damit zusammen, dass wir kein Seefahrervolk gewesen sind. Beispielweise sollte man für Studenten und Facharbeiter ein Auslandssemester verpflichtend machen. Das hat Egon Matzner einmal vorgeschlagen, ähnlich wie den Präsenzdienst oder Zivildienst. Das halte ich nach wie vor für eine geniale Idee: Ein verpflichtendes Auslandsjahr oder Semester.

FCH: Zurück zu diesem wunderbaren Ausdruck von vorhin: „Man muss als Unterneh-mer Dinge entlernen.“

Paierl: Das beginnt bei ganz profanen technischen Kleinigkeiten. Bei technischen Hilfsmitteln,ehemals die Kugelkopf-Schreibmaschine, dann den Laptop und den Black-berry. Mit Entlernen meine ich ja auch, dass du etwas veränderst in deiner Einschätzung, in deinen Abläufen verändern willst. Du bekommst auch eine andere Sichtweise. Ich habe sehr stark auch dieses privatwirtschaftliche Denken und das kostenorientierte Den-ken – das bekommst du halt im öffentlichen Bereich nicht mit.

FCH: Was lernt Herbert Paierl gerade?

Paierl: Aufgrund der Markteinbrüche, der krisenhaften Entwicklungen in wichtigen Märkten muß man bei der Finanzierung von Projekten ganz andere Zugänge wählen.. Da kannst du zum Beispiel auch Renditeerwartungen vergessen, die früher gang und gäbe waren, von denen ist im Moment gar nicht mehr die Rede. Jetzt geht es einfach nur mehr um das blanke Überleben. Früher hast du 20 Prozent Wertsteigerung im Jahr gefordert und erwartet und auch eingefahren, gar kein Thema. Was ich auch beobachte, sind die unterschiedlichen Tempi global gesehen. Das funktionierende Wachstum in einem sehr beachtlichen Ausmaß in Asien, insbesondere in China, aber auch in Südamerika. Das relativ schnelle „Wieder-auf-die-Beine kommen“ in Nordamerika, insbesondere in den USA. Und die eher sklerotische Wachstumsschwäche in Europa. Und kaum irgendwel-chen Innovationen, die jetzt neues Wachstum schaffen. Wo kommt der neue Kondratieff her? Was ist die neue Innovation? Wie früher das Internet , die Dampfmaschine, die Ei-senbahn, das Auto. Da gibt es Mutmaßungen: Energie? Gesundheit? Europa ist in dieser Frage wirklich sehr gestresst.

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FCH: Wenn das Tempo 1993 in der Wirtschaft 100 gewesen ist, wie hoch ist das Tempo jetzt einzuschätzen?

Paierl: Ich glaube, dass das Tempo nicht das Thema ist, sondern es ist die Internationali-sierung und die bringt unterschiedliche Geschwindigkeiten. 1993 war Asien schon da oder dort ein Thema, aber nicht in dem Ausmaß. Heute hat bitte sogar ein Mittelständler ein Problem, wenn er nicht Beziehungen hat nach Asien oder auch nach Nordamerika - wenn er nicht international aufgestellt ist, über Europa hinaus. Das ist eigentlich für mich der große Unterschied, diese Globalisierung auch im Kleinen, das ist die Verände-rung in diesen letzten 20 Jahren, dass die Märkte sich einfach geöffnet haben. In Europa die Ost-Märkte, wovon ja auch Westeuropa massiv profitiert davon. Aber es kann nicht immer Wachstum geben, in der Wirtschaft wie im normalen Leben gibt es ein Geboren werden und Sterben, das muss ich auch zulassen. Da politisch zu intervenieren führt zu ungesunden Verhältnissen.

FCH: Was sind ungesunde Bereiche in der Wirtschaft?

Paierl: Alle nicht-wettbewerblichen. Oder jene, wo es keinen fairen oder einen manipu-lierten Wettbewerb gibt.

FCH: Zum Beispiel?

Paierl: Ein schönes Beispiel gibt es in Österreich im Medienbereich mit diesem quasi öffentlich-rechtlichen,gebührenfinanzierten Rundfunk-Fernsehen. Wettbewerbsvorteile bringen auch nicht mehr Qualität, wie man sieht. Die jungen Leute wandern scharen-weise ab zu den Privatsendern. Oder wie es bei der AUA war. Die rot-weiß-rote Schwanz-flosse darf nicht untergehen, hat es von der Politik geheißen und fast wäre es passiert. Im letzten Moment durch eine (teure) Privatisierung als Marke noch erhalten. Das Gesund-heitswesen - monopolistische, parteipolitische Einflüsse in den Strukturen – kompliziert und teuer.

FCH: Was können Unternehmer zur Fairness beitragen?

Paierl: Unternehmer müssen sich um die Res Publica kümmern „Das tue ich mir nicht an“ sollte es nicht geben. Die Parteien in Österreich sind von Nicht-Unternehmern be-setzt und durchsetzt. Also von echten Polit-Profis, die das Funktionärsthema beherrschen, das kein Unternehmer beherrscht, weil der ja keine Zeit dafür hat. Und als Hobby kannst du das heute nicht mehr betreiben. Das ist ein Fulltime-Job. Und um den Fulltime-Job auszuüben, müsstest du deinen Fulltime-Job aufgeben, und das kann sich kein Unterneh-

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mer leisten. Ein Unternehmer, der in die Politik geht , vernachlässigt sein Unternehmen . Dennoch spüre ich eine Wiedergeburt des Unternehmerische – gerade wegen der Krisen-symptome

FCH: Wo merken Sie das? Sagen Sie mir ein Beispiel, wo Sie merken, dass dieses Unter-nehmertum an Gewicht gewinnt?

Paierl: Wegen der Anpassungen, die notwendig sind aufgrund von Markteinbrüchen. Die brauchen Leadership, die brauchen Entscheidungs- und Führungsfunktionen. In der Wirtschaft, in der Industrie. Im Politikbereich warte ich noch darauf. Alle warten darauf – und ich glaube, auch in diesem Bereich wird relativ bald etwas ins Laufen kommen. Kom-men müssen. So gesehen ist meine Prognose die: Es kommen die Zeiten für Unternehmer.

FCH: Wenn wir welche haben.

Paierl: Ja, das wird sich zeigen. Wo sind die? Kommen die versteckten Talente raus? Wer setzt sich dann durch? Im politischen Umfeld, weil wir ja, Gott sei Dank, in einer De-mokratie leben, ist auch die Frage, wo die Menschen jetzt mehrheitlich hingehen. Zu einem Wischiwaschi? Sozusagen zum Sonnenschein-Politikertyp, der allen alles verspricht und einmal so und einmal so redet und irgendwie nur auf das Gefühlsleben einzugehen versucht, aber keine Entscheidungen trifft? Oder eher zum Typ, wo die Leute sagen: „Mensch grauslich, grauslich, aber notwendig.“ Wem vertraut man eher? Dass es immer Randgruppen gibt und dass es sozusagen aus der Betroffenheit heraus Schwerpunkte gibt, das ist eh klar; aber die große Frage ist ja: Wohin geht die Reise mehrheitlich? Das wird spannend. Alles klar?

FCH: Alles klar. Danke.