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Hintergrund Brent Spar Zehn Jahre danach Brent Spar und die Folgen

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Zehn Jahre danach

Brent Spar und die Folgen

Brent Spar/3. Korr 27.04.2005 12:30 Uhr Seite 1

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Herausgeber: Greenpeace e.V., Große Elbstraße 39, 22767 Hamburg, Tel. 040/30618-0, Fax: 040/30618-100, V.i.S.d.P. Karsten Smid, E-Mail: [email protected], Internet: www.greenpeace.de, Politische Vertretung Berlin, Marienstraße 19–20, 10117 Berlin, Telefon: 030 /3088 99-0, Autoren: Svenja Koch, Christian Krüger, Jochen Lohmann, Matthias Müller-Henning, Manfred Redelfs, Karsten Smid, Redaktion: Michael Hopf, Anja Oeck, Bildredaktion: Sonja Umhang, Produktion: Christiane Bluhm, Gestaltung: Ursula Peters, Hamburg, Foto Titel: 13. Juni 1995: Shell feuertWasserwerfer auf Greenpeace-Aktivisten; © D. Sims/Greenpeace; Druck: Druckzentrum Harry Jung, Am Sophienhof 9, 24941 FlensburgGedruckt auf 100%-Recyclingpapier, Auflage 5.000 Exemplare, Stand 04/2005. Zur Deckung der Herstellungskosten bitten wir um eine Spende: Postbank Hamburg, BLZ 200 100 20, Konto-Nr. 97 338-207

Kaum eine Greenpeace-Kampagne hat so viel Aufsehen erregt und so viele

Menschen mobilisiert wie der Protest 1995 gegen die Versenkung der Plattform Brent Spar:

Zu Beginn erklettern Aktivisten den 40 Meter hohen Stahlkoloss in der Nordsee, dann folgen

52 aufregende Tage der Auseinandersetzung – schließlich gibt Shell auf. Die Brent Spar wird an

Land entsorgt. Doch erst 1998 erreicht die Kampagne ihr wirkliches Ziel: Die Anrainerstaaten

des Nordost-Atlantiks beschließen, dass in der Meeresregion keine stillgelegten Plattformen

versenkt werden dürfen.

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InhaltsverzeichnisVorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 4

Multis, Macht und Moral Die Verantwortung der Ölindustrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 6

Industriegebiet Nordsee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S.10

Chronik der Kampagne gegen die Versenkung von Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S.16

Der lange Weg der Brent Spar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 24

Brent Spar als Geschichte und GegenwartZur sozialen Brisanz der Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . S. 25

Die Legitimität von Greenpeace-Kampagnen . . . . . . . . . . . . . . . . . S.30

Glaubwürdigkeit – wichtigstes Kapital einer NGO . . . . . . . . . . . . S. 34

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Handelsblatt,24.07.1998

FAZ, 27.07.1998

Die Welt,25.07.1998

FAZ, 24.07.1998

Süddeutsche Zeitung,24.07.1998

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4 Vorwort

VorwortBrigitte Behrens,Geschäftsführerin von Greenpeace

Brent Spar – ein gelb-rotes Stahlungetüm

in der Nordsee, Schlauchboote auf hohen

Wellenkämmen, Fontänen aus Wasser-

kanonen, die Greenpeace-Aktivisten er-

wischen sollen, darüber Helikopter – das

ist zehn Jahre her und doch erinnert sich

heute fast jeder daran. Das ist das Besondere

an der Kampagne gegen die Versenkung

der ausgemusterten Ölverlade-Plattform

Brent Spar.

Keine andere Kampagne hat so viele Men-schen erreicht, überzeugt und zum Mitma-chen bewegt. Nicht nur das: Erstmals gelanges Verbrauchern in Deutschland, mit demÖlmulti Shell einen Konzern dazu zu brin-gen, seine Arroganz gegenüber dem öffent-lichen Interesse aufzugeben und seine Ver-antwortung für die Umwelt wahrzunehmen:Viele Autofahrer fuhren einfach nicht mehrzu den Tankstellen des Ölmultis. Sie protes-tierten dagegen, dass die Industrie ihren Mülleinfach im Meer loswerden wollte. Shell gabnach 52 Tagen des Protestes seinen Plan auf,die Brent Spar als erste Plattform im Nordost-Atlantik zu versenken.

Doch es ging nicht nur um diese verrostetePlattform, es ging damals um insgesamt 400Stahlkolosse in der Nordsee. Der Brent Spar

sollten hunderte Plattformen auf den Grundder Tiefsee folgen. Das Scheitern des erstenVersuches war ein Signal – 1998 beschlossendie Anrainerstaaten des Nordost-Atlantiksnach zähen Verhandlungen, dass in dieserSeeregion keine der ausgedienten Anlagenversenkt werden darf. Damit hatte Greenpeacedie Kampagne erfolgreich beendet. Etwa 30Installationen wurden seit der Brent Spar anLand entsorgt. Die Branche rechnet damit,dass der Boom der Landentsorgung erst 2008richtig beginnt.

In diesem Heft betrachten mehrere Auto-ren die Bedeutung der Kampagne aus heuti-ger Sicht. Greenpeace interessiert dabei inerster Linie, wie es um die Nordsee steht.Nehmen die Ölkonzerne die von ihnen so oftpostulierte Verantwortung tatsächlich wahr?Es wird dabei niemanden überraschen, dasses um die Nordsee wie um andere Ölförder-regionen nicht gut steht.

Die Kampagne war nicht nur für denSchutz der Meere relevant, sie erreichte aucheine gesellschaftliche Brisanz, wie sie Green-peace noch nie zuvor erlebt hatte. Dabei spiel-te neben den Verbraucherprotesten einewesentliche Rolle, dass die Medien über

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Vorwort 5

Wochen erstaunlich prominent über die Aus-einandersetzung berichteten und Politikeraller Parteien sich gegen die Versenkung derBrent Spar aussprachen.

Wichtig ist zudem die Diskussion um dieLegitimität von Greenpeace-Kampagnen, dienach dem Konflikt um die Brent Spar erheb-lich zunahm. Wofür werden Nichtregierungs-organisationen wie Greenpeace gebraucht,was leisten sie, was sollten sie in der Demo-kratie dürfen, wo sind ihre Grenzen? DieÜberlegungen hierzu sind gerade heutebedeutsam, da uns berechtigte Proteste gegenUmweltzerstörung, umweltschädliche Ent-scheidungen und Verbrauchernachteile oftals Hindernis für die wirtschaftliche Entwick-lung und daher als nicht legitim verkauftwerden sollen.

Schließlich wird auch von Glaubwürdig-keit die Rede sein – sie ist nach wie vor daswichtigste Kapital von Greenpeace. OhneGlaubwürdigkeit hätten wir während derBrent Spar-Kampagne niemanden überzeugtoder motiviert, sich zu engagieren. Und wirkönnten es heute auch nicht.

Daher gilt es festzustellen, wie der Mess-fehler am Ende der Brent Spar-Kampagne dieeigene Glaubwürdigkeit gefährdet hat. Undan dieser Stelle will ich gleich den oft gehör-

ten Vorwurf beseitigen, Greenpeace hätte dieKampagne auf falschen Zahlen über die Bela-stung der Plattform mit Ölresten aufgebaut.Das ist falsch. Greenpeace hat von Anfang anmit korrekten Zahlen gearbeitet, die ausShell-Dokumenten stammten. Erst am Endeder Kampagne, vier Tage vor der Aufgabe derVersenkungspläne, gab Greenpeace eineSchätzung heraus, die sich als falsch erwies.Für die öffentliche Auseinandersetzung spiel-te das keine Rolle mehr. Als wir unseren Feh-ler erkannten, entschuldigte sich Greenpeaceöffentlich und machte dadurch selbst erstdarauf aufmerksam. Wir haben darausgelernt: Bei Greenpeace-Untersuchungen müssen nun immer zwei voneinander unab-hängige Labors die Ergebnisse prüfen, bevorsie veröffentlicht werden.

Aber was wir vor allem wieder gelernthaben: Erst die Konfrontation führt zu Erfol-gen für den Schutz der Umwelt. Und wennwir in zehn Jahren wieder die Folgen derBrent Spar-Kampagne von 1995 begutachtensollten, dann will ich über weitere Erfolgeberichten können: Über hundert Plattformenwerden an Land demontiert sein. Parallel zuihrer Entsorgung entstehen vor den KüstenOffshore-Windparks, die in Zukunft Energieumweltfreundlich liefern. Zudem wird die

Ölindustrie die Ver-schmutzung der Nord-see gestoppt oder zu-mindest drastisch ver-ringert haben. Und dieNordsee wird sich end-lich erholen können,da sich Greenpeace mitder Forderung nachgroßflächigen Schutz-gebieten durchgesetzthaben wird.

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6 Multis, Macht und Moral

Multis, Macht und MoralDie Verantwortung

der ÖlindustrieKarsten Smid, Kampaigner beiGreenpeace für Öl und Klima

Öl ist ein Geschäft in einem schmierigen

Umfeld. Umweltzerstörung, Menschen-

rechtsverletzungen, regionale Konflikte:

Immer wieder gerät die Ölindustrie in die

Kritik. Bei der Brent Spar musste der Welt-

konzern Shell seine arrogante Haltung

gegenüber der öffentlichen Meinung auf-

geben und die geplante Versenkung absa-

gen. Zumindest in diesem Fall musste er

lernen, was seine Verantwortung war. Doch

wie sieht es in den anderen Fällen aus?

Wie steht es um die gesellschaftliche Ver-

antwortung von Unternehmen der Ölbran-

che, der so oft beschworenen „Corporate

Social Responsibility”?

Die Ölmultis sollten ihre Unternehmen sozialund ökologisch verantwortungsvoll führen.Einerseits haben sie eine direkte Verantwor-tung, die sich unmittelbar den Konzernenzurechnen lässt, eine Art Rechenschaftspflicht(Accountability). Andererseits reicht ihre Ver-antwortung wesentlich weiter und verpflich-tet zu einer Mitverantwortung gegenüberGesellschaft und Umwelt (Responsibility).Ob sie wollen oder nicht: In einer globalisier-ten Welt machen die Ölmultis auch Politik.

Auch bei der Auseinandersetzung um dieBrent Spar ging es um das Prinzip „Verant-

wortung“. Die Brent Spar wardie erste Ölplattform, hunderteweitere sollten wie sie versenktwerden. Greenpeace machteden Konsortiumsführer Shellverantwortlich, er hatte die Ent-scheidung zur Versenkung ge-troffen. Der Ölkonzern Esso,der die andere Anteilshälfte ander Ölplattform hielt, versteck-te sich hinter Shell.

Steht die Offshore-Industrie vor neuentechnischen Herausforderungen, um Ölvor-kommen auszubeuten, z.B. in immer tieferenGewässern oder in schwer zugänglichenRegionen wie der Arktis, so setzt sie allesdaran, diese zu meistern und präsentiert sichals „High-Tech-Branche“. Wenn es aber da-rum geht, den Industrieschrott hinterher wie-der zu entsorgen, findet sie stets eine Ent-schuldigung und gibt vor, technisch nichtdazu in der Lage zu sein. Entweder ist die Ent-sorgung technisch unlösbar oder – trotz Milli-ardengewinnen – ökonomisch unzumutbar.

Bei diesem Widerspruch stellt sich dieGlaubwürdigkeitsfrage. Ein Unternehmenmuss Verantwortung im Kerngeschäft zei-gen. Ein Ölkonzern ist für sein Produkt undfür seine Herstellung verantwortlich, alsoauch für die Förderbedingungen, den Tanker-transport, die Raffinerien und die Treibhaus-gase, die von seinem Produkt ausgehen. DieÖlmultis geben viel Geld aus, um in derGesellschaft positiv dazustehen. Und natür-lich ist gegen spendable Almosen für Reser-vate des sibirischen Tigers nichts einzuwen-den, die Esso großzügig verteilt, weil es sichum das Wappentier des Ölkonzerns handelt.1

Aber sie dürfen nicht die Verantwortung fürdas eigentliche Geschäftsfeld ersetzen. Wasnutzen hochtrabende Nachhaltigkeitsdialoge,wenn in den Fördergebieten marode Ölpipe-lines Land und Wasser verseuchen? Wie weitgesellschaftliche Verantwortung und täglichePraxis auseinander klaffen, zeigen folgendeBeispiele.

Esso und der KlimaschutzEsso leugnet bis heute hartnäckig den wis-senschaftlich belegten Zusammenhang zwi-schen Kohlendioxid-Emissionen und Klima-wandel. Der Konzern investiert gigantischeSummen in neue Erdöl- und Erdgasprojekte,statt klimafreundliche Erneuerbare Energienwie Wind- und Sonnenenergie auszubauen.Mit Lobby-Arbeit hinter den Kulissen sorgtder Konzern dafür, dass politische Entschei-dungen zum Schutz des Klimas aufgescho-ben oder verwässert werden.

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1) Makabres Detail: Der sibirische Tiger ist zunehmend vom Klimawandel bedroht, den Esso systematisch leugnet.

Raffinerien (hier in

Sachsen-Anhalt) verarbeiten

das Öl, das bei der

Förderung die russische

Natur verschmutzt.

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Total in WestsibirienTotal ist Hauptabnehmer russischen Rohölsfür den deutschen Markt. In der deutschenRaffinerie in Leuna blitzen die blankenRohre, am anderen Ende der Ölpipeline inWestsibirien herrscht dagegen das blankeElend. Die Böden sind in Folge der Ölförde-rung großflächig verseucht, die Einheimi-schen müssen öliges Wasser trinken und ver-ölten Fisch essen.

Shell und NigeriaIn den letzten vier Jahrzehnten gab es imNiger-Delta tausende Öllecks. Die Böden, Fel-der und Gewässer im Niger-Delta sind ölver-seucht. Allein Shell wird für das Auslaufenvon über 1,6 Millionen Barrel Öl zwischen1982 und 1992 verantwortlich gemacht2.Zusätzlich verbrennt Shell seit Jahrzehntendas bei der Ölförderung frei werdende Gas.Für etwa Dreiviertel des in der Ogoni-Regionverbrannten Gases ist Shell verantwortlich.Durch das so genannte Gasabfackeln wird dieLuft dermaßen verunreinigt, dass sich nachRegenfällen Rußschlieren über Pflanzen undHäuser ziehen. Der saure Regen verschmutztnicht nur die Vegetation, sondern auch die

Flüsse. Das Regenwasser kann nicht mehr alsTrinkwasser verwendet werden. Darüber hin-aus steigt durch die permanent brennenden,etwa zehn Meter hohen Flammen die Tempe-ratur um bis zu zehn Grad. Pflanzen sterben.In den umliegenden Dörfern wird es nie dun-kel. Die Menschen können nicht fliehen, dadie Ogoni-Region dicht besiedelt ist. DerÖlreichtum der Region ist zu einem Fluchgeworden, den der Shell-Konzern durch seinVerhalten weiter verschärft3.

Für Ölkonzerne zählen Profite, Opfer sinddie Menschen, die dort leben. Die Unter-drückung des friedlichen Widerstands derOgoni in Nigeria gipfelte 1995 in der Hinrich-tung des nigerianischen Schriftstellers undMenschenrechtlers Ken Saro-Wiwa. Fastzehn Jahre später ist das einstige Förderge-biet von Shell verlassen. Den Industrieschrottund die verseuchten Böden hat der Konzernbei seinem Abschied einfach zurückgelassen.Bis heute.

Angekratztes MarkenimageNicht zuletzt infolge von Brent Spar spielenImage und Marke eines Unternehmens einewichtige Rolle für die Konsumenten. Unter-

Greenpeace zieht Esso in

die Verantwortung, etwas

für das Klima zu tun: 1 mit

Projektion auf ein Tanklager,

2 mit Aufrufen an Tankstellen.

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2) Cutter Information Corporation, Die Zeit, 17.11.1995.3) Blätter für deutsche und internationale Politik 3/2005, Transnationale Konzerne im Bürgerkrieg, F.Heiduk, D.Kramer

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nehmensführungen fürchtennichts so sehr wie medienwirk-same Vorwürfe gegen ihreUnternehmenspolitik und dendamit verbundenen Imagever-lust. Denn das Produkt an derZapfsäule unterscheidet sichvon anderen allein durch dasMarkenimage.

Konzerne betreiben des-halb „Greenwashing“4: Sie ge-ben sich nach außen ökolo-

gisch und sozial. Die tatsächliche Firmenpoli-tik entspricht aber oft dem Gegenteil: Teil-weise wird mehr Geld in die Werbung fürUmweltfreundlichkeit investiert als in kon-krete Maßnahmen zum Umweltschutz – nurum von Kritik abzulenken. Die Konzerneleugnen zwar nicht länger ihre Schuld an derUmweltzerstörung, geben Fehler zu undbeschreiben ihre Probleme. Dadurch meinensie allen Ernstes, sich als Vorzeigeunterneh-men für Corporate Social Responsibility(CSR) auszuzeichnen.

Gerne werden auch Umwelt- und Sozial-projekte im Rahmen der UN-Initiative „Glo-bal Compact“ von UN-Generalsekretär KofiAnnan vorgezeigt. Doch solange sich das Ver-

halten der Konzerne in Bezug auf die Umweltnicht im Kern ändert, bleiben dies Alibipro-jekte, mit denen umweltpolitische Augen-wischerei betrieben wird. Für solch unverfro-renes Ausnutzen der UN für eigene PR-Inter-essen hat sich bereits die Bezeichnung „Blue-wash“5 herausgebildet. Das seriöse Anliegender UN wird so diskreditiert.

Ein Konzern wird diesen Widerspruchauch mit einer noch so guten Kommunika-tionsabteilung nicht in den Griff bekommen,wenn sich die Geschäftsführung nicht wan-delt. Nachhaltigkeitsdialoge, Stakeholder-Foren und freiwillige Selbstverpflichtungensind PR-Nummern, solange sich in der Sub-stanz nichts ändert. Leider gilt allzu oft: Jeausgefeilter und teurer der CSR-Report, destoschlimmer das Sündenregister. Der Begriff„Verantwortung“ wird ausgehöhlt und alsFeigenblatt missbraucht.

Shell schreibt in einer firmeneigenenDokumentation zu Nigeria: „Zweifellos hatShell in der Vergangenheit in Nigeria auchFehler gemacht; auch solche, die mit derÖlförderung in Zusammenhang stehen undzu einer Belastung der Umwelt geführthaben. Shell bekennt sich hierzu und trägtdie Verantwortung.“6 Wie hohl klingt das, wenn

8 Multis, Macht und Moral

Greenpeace-Proteste gegen

den Ölmulti TotalFinaElf,

der zur sibirischen Umwelt-

verseuchung beiträgt,

1 mit Demonstration in der

Konzernzentrale,

2 mit einer Aktion gegen

Tanklastwagen.

4) Greenwash – kommt von engl. „whitewash” Tünche (übertünchen)5) „Bluewash” bezieht sich auf Konzerne, die UN-Initiativen aus PR-Gründen aufgreifen, um sich mit der blauen UN-Fahne der Vereinten Nationen

zu schmücken.

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das Niger-Delta noch immer verseucht ist,ohne dass Shell nur einen Finger krümmt,um die Schäden zu beseitigen.

Es fehlen die Maßstäbe. Der Begriff „Nach-haltigkeit“ verschwimmt, auch auf UN-Ebene.Klare inhaltliche Kriterien und eine unabhän-gige Kontrolle sind dringend notwendig.

Jedes Jahr legen die Ölkonzerne Rekord-bilanzen vor. Für das Jahr 2004 meldeten diegroßen Ölmultis riesige Gewinne. Die franzö-sische Total erzielte Gewinne von 7,5 Mrd.Dollar, die britische BP machte einen Gewinnvon 16,2 Mrd. Dollar, Shell erreichte sogar

einen Gewinn von 16,6 Mrd. Dollar und derÖlgigant ExxonMobil übertraf alle mit 25,3Mrd. Dollar. Schon mit einem Bruchteildavon ließe sich in den Öl-Krisengebietenetwas wesentlich ändern.

Keine andere Branche verdient so vieleDollars und tut so wenig für den Umwelt-schutz. Greenpeace hat zwar dafür gesorgt,dass im Nordost-Atlantik keine Plattformenmehr versenkt werden dürfen. Aber für vieleandere Umweltsünden hat die Ölbranche dieVerantwortung noch nicht übernommen.

Nigeria, 1993: Demonstration

der Ogoni-Einwohner gegen

Shell und Auswirkungen

der dortigen Ölförderung.

Die Förderung und der

Transport von Öl sowie die

Gasabfacklung verschmutzen

die Umwelt von Nigeria.

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6) Nigeria. Entwicklungen und Ereignisse, Meinungen und Fakten zu Politik, Menschenrechten und Ölförderung. Dokumentation der Deutschen Shell AG, 1996

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Industriegebiet Nordsee

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Industriegebiet Nordsee 11

Die Karte der gegenüber-

liegenden Seite zeigt die Öl-

und Erdgasförderung in der

Nordsee: Plattformen, die

in Betrieb, bereits entsorgt

oder in naher Zukunft zur

Entsorgung anstehen.

Industriegebiet NordseeKarsten Smid, Kampaigner beiGreenpeace für Öl und Klima

Als in den 60er Jahren in der Nordsee

Erdöl und Erdgas entdeckt wurden, startete

eines der größten Investitionsvorhaben

der Industriegeschichte. Heute zählt die

Nordsee zu den weltweit größten Förder-

gebieten der Offshore-Industrie.

Das Meer vor unserer Haustür ist – auchunter dem Einfluss der Ölkrise der 70er Jahre– in einen völlig erschlossenen Industrie-standort umgewandelt worden. Lärm, Ge-stank und hohe Schadstoffbelastung von Luftund Wasser sind traurige Begleiterscheinun-gen. Den Horizont insbesondere der nörd-lichen Nordsee dominieren heute die Silhou-etten hunderter Ölplattformen. Die Erdgasverbrennenden Abfackelfeuer – es wird mitdem Öl gefördert – machen die Nacht zumTag. Mit maritimer Idylle und unberührterNatur hat das nichts mehr zu tun.

Doch der Nordsee setzt noch mehr zu:Rund 200.000 Schiffe durchqueren sie jähr-lich, Tendenz steigend. Eine große Gefahrgeht dabei von alten Öltankern aus, die nureine Stahlhülle besitzen und bei Unfällen keinen ausreichenden Schutz bieten. Moder-ne Tanker sind mit einer Doppelhülle aus-gestattet.

Auch durch den sonstigen Schiffsverkehrgelangen große Mengen an Abwässern undSchadstoffen in die Meere. Zudem erzeugtdie Verbrennung schwerer Öle in den Schiffs-motoren hohe Mengen an Stickoxiden, die indie Atmosphäre geblasen werden und späterzu Versauerung und Überdüngung der Meereführen. Neben diesen zunächst eher unsicht-baren Belastungen gibt es akute und sichtba-re Schäden für die Ozeane: Jedes Jahr landengroße Mengen Öl und Müll jeglicher Art vonden Schiffen illegal im Meer. Die Folge:Immer wieder treiben Plastikmüll und riesi-ge Ölteppiche auf dem Wasser. Für unzählige

Seevögel, Fische und auch Meeressäugerbringen sie den Tod.

Hinzu kommen erhebliche Belastungenvon Land: Die Überdüngung der Äcker schä-digt die Flüsse, die ihre Fracht ins Meer spü-len, giftige Chemikalien und radioaktive Stof-fe werden in die Nordsee eingeleitet.

Brent Spar – Symbol für die Ölförderung im MeerMit der Kampagne gegen die Versenkung derBrent Spar im Jahr 1995 richtete Greenpeaceden Blick erstmals auf die Verantwortung derÖlkonzerne für die Verschmutzung der Nord-see. Die Brent Spar war dafür das richtigeZiel, denn es handelte sich um die erste Platt-form, die nach Ende ihrer Betriebszeit ent-sorgt werden musste. Es war zu befürchten,dass ihrer Versenkung im Nordost-Atlantikmehrere hundert Installationen folgen wür-den. Diese Befürchtung war durchaus berech-tigt, wie ein 1997 veröffentlichter Briefwech-sel bestätigte, den Shell UK und die britischeRegierung bereits 1994 geführt hatten: Dem-nach hatte die Regierung ein besonderesInteresse daran, mit der Brent Spar einen Prä-zedenzfall zu schaffen, um der Offshore-Industrie und anderen Branchen den Wegzur Entsorgung sperriger Anlagen im Meerwieder zu eröffnen.

Die Kampagne führte nicht nur dazu, dassShell sein Versenkungsvorhaben aufgab. DreiJahre später beschlossen die Umweltministerder OSPAR-Staaten1 – der Anrainer-Länder desNordost-Atlantiks – in Sintra/Portugal, dassin dieser Meeresregion keine Plattformen ver-senkt werden dürfen. Das war trotz jahrelan-ger Lobby-Arbeit ein überraschendes Ergeb-nis. Damit hatte die Brent Spar-Kampagne1998 zu ihrem bestmöglichen Ende gefunden.

Müllkippe NordseeMit dem Versenkungsverbot war ein gewalti-ges Problem der Ölförderung in der Nordseegelöst, aber für ein weiteres gibt es nicht ein-mal ansatzweise ähnlich gute Aussichten: dieVerschmutzung der Nordsee durch den All-tagsbetrieb der Plattformen.

1) An der zwischenstaatlichen OSPAR-Kommission (Oslo-Paris-Kommission) sind 15 Länder beteiligt. Die Kommission trifft auf RegierungsebeneVereinbarungen zum Schutz der Küsten und Gewässer des Nordost-Atlantiks, einschließlich der Nordsee.

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Die meisten Plattformen liegen im engli-schen Sektor der Nordsee, gefolgt vom nor-wegischen, niederländischen und dänischen.Die Norweger stiegen schnell zum drittgröß-ten Ölexporteur der Welt auf. Deutschlandhat im Jahr 2002 über 30 Prozent des Rohölsaus der Nordsee bezogen (gesamte Rohölein-fuhr im Jahr 2002: 105 Mio. Tonnen). Damitist das Meer vor unserer Haustür ein wichti-ger Lieferant von Rohöl.

Schon ein Jahr nach der Brent Spar-Kam-pagne untersuchte Greenpeace 1996 – und1997 – den Meeresboden rund um einigeBohrinseln in der Nordsee. Die Aktivistennahmen Proben und filmten den Meeres-grund mit einer Unterwasserkamera. DasErgebnis war erschreckend: Der Boden warschwarz und stank, in den Proben fanden sichkeine der üblichen Bodentiere, die empfind-lich auf Verschmutzungen reagieren. Auf bei-den Fahrten stieß Greenpeace in der Nähe derPlattformen zudem immer wieder auf Öltep-piche. Die Betreiber erklärten diese meist mitaktuellen technischen Problemen. Doch dieWahrheit ist: Die Meeresverschmutzung istkeine seltene Ausnahme, sondern Alltag.

Sonderbehandlung für die ÖlindustrieDie Ölindustrie wusste, wie sie sich einebevorzugte Behandlung sichern konnte. DieOffshore-Industrie unterstützte Lobbyorgani-sationen wie den Dachverband E&P Forum.Und dieser Lobbygruppe gelang es, die rela-tiv strengen Beschränkungen zu umgehen,die für andere Industriezweige gelten. E&PForum nahm an allen Konferenzen der wich-tigen internationalen Institutionen teil, die

die Meere betreffen: denen der InternationalMaritime Organisation (IMO) ebenso wie derLondon Convention und weiterer regionalerKonventionen wie der OSPAR-Kommission.

So heißt es in der London Convention:„Die Regelungen dieses Übereinkommensgelten nicht für die Entsorgung von Abfällenoder anderen Materialien, die in unmittelba-rem oder mittelbarem Zusammenhang mitder Erschließung, der Förderung und derOffshore-Verarbeitung von unter dem Meeres-boden liegenden Bodenschätzen entstehen.“2

Auf gut Deutsch heißt das: Von einer Off-shore-Förderanlage aus kann man ins Meerkippen, was und wie viel man will!

Bohrschlamm und ÖleinleitungenBei Bohrungen nach Öl und Gas wird derBohrkopf immer in Verbindung mit Bohr-schlamm betrieben, einer Mixtur aus diver-sen Chemikalien – Schmiermitteln, Rost-schutz, Bioziden, Schwermetallen – und ver-schiedenen Flüssigkeiten. Der Bohrschlammdient zum Kühlen, Säubern und Schmierendes Bohrgestänges und der Kontrolle desBohrdrucks. Bohrschlamm und Bohrgesteinwerden getrennt, der Bohrschlamm wird häu-fig wiederverwendet. Bis vor einigen Jahrenwurden stark ölhaltige Schlämme einfachrund um die Plattformen angehäuft. Alleinunter der Plattform North West Hutton lie-gen rund 25.000 Kubikmeter öliger Bohrrück-stände.

Täglich werden über eine Million Kubik-meter ölverseuchtes Produktionswasser insMeer gepumpt. Das hat 1993 das Bohrkleinals wesentliche Quelle für Öleinleitungen

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2) Artikel III.1(c) der London Convention, 1972.

Auf einer Dokumentationstour

1997 nimmt Greenpeace

Besorgnis erregende

Schlammproben nahe der

Ölplattformen in der Nordsee.

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abgelöst. Seitdem steigen die Öleinleitungendurch Produktionswasser an. Denn je älterein Feld ist, umso mehr Abwässer fallen an.Der Öleintrag durch Produktionswasser indie Nordsee betrug allein im Jahr 2002 über14.000 Tonnen.

Die Freisetzung erheblicher Mengen anÖlbestandteilen vernichtet die am Bodenlebenden Organismen vollständig. Ein Rück-gang der Artenzahl ist noch im Umkreis von1000 Metern nachweisbar, und in einer Entfer-nung von drei bis fünf Kilometern kann maneine Abnahme der sensiblen Arten nachwei-sen. Der Förderbetrieb ist zudem auf den Ein-satz von Chemikalien angewiesen. 300.000Tonnen gelangen dadurch jedes Jahr in dieNordsee. Mittlerweile sind 5000 bis 8000Quadratkilometer Nordseeboden verschmutzt– die doppelte Fläche des Saarlandes. Studienhaben gezeigt, dass die Zerstörungen schwer-wiegend und langfristig sind: Auch achtJahre, nachdem die Arbeiten auf einer Bohr-insel eingestellt worden waren, hatte sich dasÖkosystem im Umkreis von 250 Metern nochnicht erholt.

Die neuen Erkenntnisse über die Umwelt-schäden von Schlämmen auf Ölbasis führtendazu, dass die Industrie Schlämme auf Was-serbasis entwickelte. Auch diese enthaltenjedoch beträchtliche Mengen an Kohlenwas-serstoffen sowie viele giftige Chemikalienund Schwermetalle.

Chronische Verschmutzung:Verheerende UmweltfolgenEs ist wissenschaftlich belegt, dass die Einlei-tung von Öl und Chemikalien der Offshore-Industrie die Meereslebewesen in der Näheder Plattformen stark schädigt. Kleinste Men-gen werden im Meerwasser gelöst und vonOrganismen aufgenommen. Sie können so indie Nahrungskette gelangen, in der sie sichals Schadstoffe im Organismus von Kleinst-lebewesen, Würmern, Muscheln, Schnecken,Krebsen, Schlangensternen, Seesternen,Fischen, Seevögeln und Meeressäugern anrei-chern können. Dies kann zu erheblichen

Missbildungen, Verhaltens-, Wachstums- undEntwicklungsstörungen führen. Forscher, diedie Auswirkungen auf den Kabeljau unter-suchten, fanden heraus, dass die Chemikaliendie weiblichen Hormone beeinträchtigen unddas Laichen verzögern.3 Über die Nahrungs-kette können die Schadstoffe schließlichauch zum Menschen gelangen.

Von den Ölteppichen sind am auffällig-sten die Seevögel betroffen. Ihr Gefieder ver-klebt, und durch das Schlucken von ölhalti-gem Wasser und ölbehafteter Nahrung erlei-den sie tödliche Vergiftungen. Angesichtsdieser Schadensbilanz ist kaum zu glauben,dass Plattformen ihre Belastung für das Meerauf ein geringstmögliches Maß beschränkenmüssen, um überhaupt zugelassen zu wer-

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Industriegebiet Nordsee 13

3) Studie: Dr. Jan-Helge Fossa, Meeresbiologe, Institute of Marine Research, Bergen, Norwegen

Die Ölverschmutzung rund

um Ölplattformen zeigt sich

besonders deutlich aus der

Vogelperspektive. Ölhaltiges

Produktionswasser wird

schon bei Normalbetrieb in

die Meere geleitet.

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den. Offensichtlich wird diese zentrale Bedin-gung nicht erfüllt. Es ist dringend notwendig,Beeinträchtigungen durch schadstoff-, insbe-sondere öl- und PCB-haltige Bohrrückständezu vermindern und die Einleitung von Pro-duktionswasser drastisch zu verringern.Zudem müssen Offshore-Aktivitäten inbesonders schutzwürdigen und empfind-lichen Gebieten verboten werden.4

„Die Party ist vorbei”Die Ölfelder in der Nordsee wurden haupt-sächlich von 1967 bis 1975 erschlossen. Dannfolgte der Boom innerhalb kurzer Zeit bis1990. Im Jahr 2000 hatte die Förderung in derNordsee einen Anteil von neun Prozent ander Welt-Ölproduktion. Doch so schnell wiedie Ölförderung begann, so schnell über-schritt sie auch ihren Höhepunkt. Im Jahr1999 war mit 5,9 Millionen Fass pro Tag dieSpitze erreicht, 2003 fiel die Förderrate auf5,3 Millionen Fass pro Tag ab.5 Der Ölboomist zu Ende, die großen Ölmultis ziehen sichaus der Nordsee zurück und überlassen klei-nen Spezialfirmen ihre Förderlizenzen.Inzwischen zielen sie auf neue Meeresregio-

nen nördlich des Polarkreises undim Nordost-Atlantik. Mit neuerTechnik wollen die Konzerne nunauch Ölfelder in der Tiefsee ausbeu-ten, die bislang nicht erreichbarwaren.

Was passiert mit den Plattformen?Das Versenkungsverbot für denNordost-Atlantik von 1998 zeigtbereits Wirkung: Nach der Brent

Spar wurden über 30 Off-shore-Installationen ent-sorgt. Davon wurden drei-zehn Plattformen umge-rüstet und wieder im Off-shore-Bereich verwendet.Der Konzern ConocoPhillipsstellte im Juni 1999 die110.000 Tonnen schwere

Maureen-Plattform außer Dienst, zwei Jahrespäter wurde sie vor der Westküste Norwe-gens zerlegt und recycelt.

Die North-West-Hutton Plattform von BPist nicht mehr in Betrieb, sie soll im Jahr 2006abgebaut werden. Shell plant, das englischeGasfeld Inde und weitere Installationen desBrent-Ölfeldes zu demontieren. In der näch-sten Zeit will ConocoPhillips im norwegi-schen Ekofisk-Feld 14 Stahlplattformen undeinen großen Tank abreißen. Zwischen 2005und 2006 sollen die Arbeiten beginnen undvoraussichtlich bis 2013 andauern. Auch dieAbrissunterlagen für das Frigg-Feld desBetreibers Total liegen zur Begutachtung vor.Die eigentliche Welle der Entsorgung stehtnoch an: Ab 2010 ist jährlich mit etwa 20Abwrack-Projekten zu rechnen.

Vom Ölfeld zum CO2-SpeicherInzwischen werden Ölfelder von den Konzer-nen als geeigneter Speicher für Kohlendioxid(CO2) gesehen. Die so genannte CO2-Verpres-sung soll eine Maßnahme gegen den Klima-wandel sein: Statt das Klimagas CO2 in dieAtmosphäre zu blasen, soll es mit dieserumstrittenen Methode unterirdisch unschäd-lich gemacht werden. Wenn das Öl in einemReservoir zur Neige geht, kann CO2 in dasÖlfeld gepresst werden. Dadurch steigt derDruck im Inneren und drückt das Restöl andie Oberfläche. Ein Teil des Kohlendioxidsgelangt bei der Ölförderung wieder an dieOberfläche und muss abgetrennt und zurück-gepresst werden.

Auch die Nutzung erschöpfter Ölfelder derNordsee wird für die CO2-Speicherung inBetracht gezogen. Da sich die Ölfelder fernabvon Kraftwerken oder Industrieanlagen befin-den, in denen CO2 anfällt, entstehen allerdingshohe Kosten durch den aufwändigen Trans-port. Auf der 250 Kilometer vor der norwegi-schen Küste liegenden GasförderplattformSleipner wird ein Verfahren erprobt. DasCO2, das bei der Aufbereitung des geförder-ten Erdgases anfällt, wird vom Erdgas abge-trennt, verflüssigt und wieder in den Unter-

4) Sachverständigenrat für Umweltfragen, Sondergutachten, Meeresumweltschutz für Nord- und Ostsee, 2004, Bt-Drucksache 15/2626

5) Energy Information Administration (EIA) Northsea – Country Analysis Briefs, August 2004

Auswirkungen von Öl-

förderung und Transport:

Seevogel auf dem Flug nahe

einer Plattform und nach

einem Tankerunglück.

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grund gepumpt. Die Bohrplattform injiziertjährlich eine Million Tonnen CO2 in eine 800Meter tief unter dem Meeresboden liegendeSandsteinschicht. Weitere CO2-Lager sindgeplant, z.B. das Snovhit-Gasfeld in derBarentssee.

Der Streit bei dieser Methode dreht sichdarum, ob sie sicher und dauerhaft ist und obtatsächlich kein CO2 wieder austritt. Zudemsetzt die Verpressung erst am Ende des Pro-blems an, sie ist eine typische „End-of-Pipe“-Technik. Für den Klimaschutz muss jedochCO2 vermieden werden. Notwendig ist eineEnergiewende, zu dieser trägt die CO2-Lage-rung jedoch nicht bei.

Die Brent Spar-Kampagne von Greenpeaceführte mit dem Versenkungsverbot 1998 zumErfolg. Die Industrie richtet sich darauf ein,eine wachsende Zahl ausgedienter Plattfor-men aus dem Meer zu holen. Doch die alltäg-

liche Verschmutzung der Nordsee muss eben-falls beendet werden. Die Ölindustrie hatnoch nicht beantwortet, wie sie ihre Verant-wortung in dieser Frage wahrnehmen will.Greenpeace fordert von der Offshore-Indu-strie, die Öleinträge massiv zu verringernund alle Umweltschäden zu beseitigen. NeueSchäden dürfen nicht entstehen. Damit Nord-und Ostsee dauerhaft eine Chance haben,müssen dringend Schutzgebiete eingerichtetwerden. Damit können unberührte Gebietebewahrt bleiben, andere Gebiete, die durchdie Ausbeutung stark geschädigt wurden,können sich erholen. Greenpeace fordert fürNord- und Ostsee 17 Schutzgebiete, in denenÖlförderung und Fischerei verboten seinmüssen. Insgesamt sollen 40 Prozent der bei-den Meere unter Schutz gestellt werden. Nurso lässt sich die Vielfalt von Arten undLebensräumen langfristig schützen.

Etwa 540 Öl- und Gas-

plattformen stehen 2005

in der Nordsee und im

Nordost-Atlantik.

Seit 1991 beschäftigte sich Shell U.K.

Exploration and Production (Shell Expro),

mit der Frage, wie die Brent Spar beseitigt

werden sollte. Shell Expro holte über 30

Studien und Gutachten von Consulting-

Firmen und Universitäten ein. Die Versen-

kung an einer über 2000 Meter tiefen Stelle

im Nordost-Atlantik wurde damals als

die Option festgestellt, die die Umwelt, die

Sicherheit und die Gesundheit der Beteilig-

ten am wenigsten belasten würde.

Doch warum sollte die Industrie einfach

ihren Müll ins Meer kippen dürfen? Die

große Mehrheit der Bevölkerung war wie

Greenpeace der Ansicht: Sie darf es nicht.

Schließlich darf auch keiner sein altes Auto

in den nächsten Wald fahren und dort ent-

sorgen. Die allgemein anerkannten abfall-

wirtschaftlichen Grundregeln – Abfallver-

meidung, Wiederverwenden und Recycling

– müssen auch von großen Industrieunter-

nehmen wie Shell eingehalten werden.

Diese Grundregeln gelten noch heute und

sie erhalten in Zeiten eines weltweiten

rasanten Bevölkerungswachstums eine

immer größere Bedeutung. Die Belastung

der Brent Spar mit öligen Schlämmen

und Schwermetallen war ein untergeord-

netes Problem. Die Brent Spar war die

erste Nordsee-Plattform, die im Nordost-

Atlantik versenkt werden sollte. Hunderte

hätten folgen sollen. Es ging darum, den

Präzedenzfall zu verhindern.

1997 bestätigte ein neues Gutachten

der norwegischen Gesellschaft Det Norske

Veritas, das Shell in Auftrag gegeben hatte,

die Greenpeace-Sicht: Shells ursprüng-

licher Plan, die Brent Spar zu versenken,

schneidet nach verschiedenen Kriterien

nicht am besten ab. Die Ergebnisse spre-

chen im Gegenteil für eine Landentsor-

gung. Die Versenkung ist die technisch ein-

fachste und billigste Lösung. Aber auch die

Landentsorgungen sind technisch durch-

führbar. Die Landentsorgungen sind nicht

gefährlicher als die tägliche Offshore-

Arbeit. Das neue Gutachten bescheinigt

den Landentsorgungen positive Energie-,

CO2- und Ressourcenbilanzen, der Tief-

seeversenkung nicht. Nach ökologischen

Kriterien schneiden die Landentsorgungen

besser ab als die Versenkung.

BRENT SPAR – DER MEINUNGSUMSCHWUNG BEI SHELL

Brent Spar/3. Korr 27.04.2005 12:31 Uhr Seite 15

Page 16: Hintergrund Brent Spar - Startseite | Greenpeace · PDF file4 Vorwort Vorwort Brigitte Behrens, Geschäftsführerin von Greenpeace Brent Spar – ein gelb-rotes Stahlungetüm in der

1995Februar Shell kündigt an, die Brent Spar, eine

ausgediente Öllager- und Verladeplatt-

form, in der Nordsee nordwestlich

von Schottland im Nordost-Atlantik

zu versenken. Nach Ansicht von Shell

würde diese Entsorgung die Umwelt,

die Sicherheit und die Gesundheit der

Beteiligten am wenigsten belasten.

1. MärzDie Deutsche Shell AG stellt ihre neue

Social-Marketing-Kampagne vor. In

Anzeigen und TV-Spots will sie über

Aktivitäten in den Bereichen Soziales

und Umwelt informieren.

30. April Mit Seilen und Winden erklettern

zwölf Greenpeace-Aktivisten und

Aktivistinnen aus Großbritannien,

den Niederlanden und Deutschland

die Brent Spar 190 Kilometer nord-

östlich der Shetland-Inseln. Sie pro-

testieren damit gegen die geplante

Versenkung der ersten ausgedienten

Nordsee-Plattform im Nordost-Atlan-

tik und fordern die Entsorgung an

Land. Greenpeace beruft sich auf An-

gaben von Shell UK, nach denen die

Plattform rund 100 Tonnen schwer-

metallhaltige Ölschlämme und rund

30 Tonnen schwachradioaktive Salz-

ablagerungen enthält.

1. Mai Die deutsche Shell-Zentrale in Ham-

burg weiß noch nichts von der Aktion.

Sie wird nicht von ihrer britischen

Schwestergesellschaft, sondern von

Journalisten informiert.

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30. April 1995: Die Brent Spar wird zum ersten Mal von Greenpeace besetzt.

Chronik

Die Kampagne

gegen die

Versenkung von

Plattformen

Brent Spar/3. Korr 27.04.2005 12:31 Uhr Seite 16

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2. Mai Der Betriebsrat der deutschen Shell

protestiert gegenüber Vorstand und

Aufsichtsrat gegen die geplante Ver-

senkung.

12. MaiDie Aktivisten auf der Brent Spar erhal-

ten per Hubschrauber eine einstweili-

ge Verfügung, die sie zum sofortigen

Verlassen der Plattform auffordert. An

deutschen Shell-Tankstellen verteilt

Greenpeace Flugblätter an Autofahrer,

um sie auf den Umweltskandal auf-

merksam zu machen.

14. Mai Die Umweltkommissarin der Europäi-

schen Union, Ritt Bjerregard, begrüßt

die Greenpeace-Aktion (s. Foto unten).

Der dänische Umweltminister Svend

Auken spricht sich generell gegen die

Versenkung von Plattformen aus.

17. Mai Inzwischen haben sich die Regierun-

gen Dänemarks, Islands, Belgiens und

der Niederlande gegen die Versenkung

ausgesprochen.

22. Mai Shell versucht, mit Hilfe eines riesigen

Krans ein Räumkommando auf die

Plattform zu hieven. Der Versuch schei-

tert am schlechten Wetter.Klaus Lennartz (SPD) erklärt: „Es

gibt auch noch andere Tankstellen.”

31. MaiDer Deutsche Fischereiverband

schließt sich den Protesten in einer

gemeinsamen Presseerklärung mit

Greenpeace an.

1. JuniDrei Viertel der Bundesbürger wären

zu einem Shell-Boykott bereit. Das

ergibt eine von Greenpeace bei Emnid

in Auftrag gegebene Umfrage. Shell

betreibt 1995 rund 1700 Tankstellen

in Deutschland mit einem Marktanteil

von 13 Prozent.

2. JuniBundesweiter Aktionstag der über

80 regionalen Greenpeace-Gruppen:

An rund 300 Shell-Tankstellen infor-

mieren die ehrenamtlichen Mitarbei-

terinnen und Mitarbeiter über die

geplante Versenkung.

23. MaiAm frühen Morgen entern 15 Shell-

Mitarbeiter und sechs Polizeibeamte

die Brent Spar und räumen die Platt-

form. Umweltministerin Angela Merkel

(CDU) spricht sich gegen eine Versen-

kung aus. Die gescheiterte Räumung

vom Vortag und die tatsächliche Räu-

mung führen zu einer umfangreichen

und gegenüber Shells Vorgehen von

Unverständnis geprägten Berichter-

stattung.

24. MaiAls erste Organisation in Deutschland

ruft die Junge Union Nordrhein-West-

falen zum Boykott von Shell-Tankstel-

len auf. In den nächsten Tagen schließen

sich weitere Landesverbände an.

30. Mai Mehrere Bundestagsabgeordnete

protestieren gegen die geplante Ver-

senkung. Heinrich Lummer (CDU) kri-

tisiert die abwartende Haltung Merkels.

30. April

2. Juni

14. Mai

23. Mai

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7. Juni„Save our Seas” steht auf dem Banner,

das fünf Kletterer bei einer erneuten

Besetzung der Brent Spar hissen. Die

Plattform wird wieder geräumt, doch

zur gleichen Zeit führen deutsche und

britische Aktivisten eine Aktion gegen

das Auslaufen eines Hochseeschleppers

durch, der die Brent Spar zum Versen-

kungsort ziehen soll.

8. Juni Greenpeace demonstriert bei der

Vierten Nordseeschutzkonferenz in

Esbjerg/Dänemark vor dem Tagungs-

haus mit einer acht Meter hohen

Nachbildung der Brent Spar.

9. Juni Die zuständigen Minister von Belgien,

Dänemark, Deutschland, den Nieder-

landen, Schweden und der Schweiz

kommen auf der Nordseeschutzkon-

ferenz darin überein, dass stillgelegte

Offshore-Anlagen wiederverwertet

oder an Land entsorgt werden sollen.

Die Forderung der skandinavischen

Länder und der Bundesrepublik nach

einem generellen Versenkungsverbot

scheitert an Großbritannien, Norwegen

und Frankreich. Greenpeace veröffent-

licht eine von Shell in Auftrag gegebe-

ne Studie der Firma Smit Engineering:

Die Entsorgung der Brent Spar an Land

würde nur ein Viertel des Betrages

kosten, den Shell angibt.

10. Juni Greenpeace-Aktivisten protestieren

auf See gegen das Abschleppen der

Brent Spar aus der Nordsee in den

Nordost-Atlantik. Daraufhin rammt

ein Shell-Schiff die Rettungsinsel der

Aktivisten, die ins Meer fallen, sich

aber verletzt in ein Schlauchboot

retten können. Die Ministerpräsiden-

tin von Schleswig-Holstein, Heide

Simonis (SPD), fordert Bundeskanzler

Helmut Kohl auf, die Rettung der

Nordsee zur Chefsache zu erklären.

11. Juni Shell beginnt in der Nacht zum

12. Juni, die Brent Spar Richtung Nord-

ost-Atlantik zu schleppen.

12. JuniDas Greenpeace-Schiff „Altair”beglei-

tet die Schlepper.

Die Präsidentin der Synode der Nord-

elbischen Kirche und der Verkehrsclub

Deutschland (VCD) rufen zum Shell-

Boykott auf. Ablehnung der Versenkung

kommt von den hessischen Grünen,

von FDP-Generalsekretär Guido

Westerwelle und der CSU.

13. Juni Klaus Zwickel, der Vorsit-

zende der IG Metall, spricht

sich für eine Entsorgung an

Land aus. Er unterstützt die

Aufforderung von Greenpeace

an Firmen, sich um eine um-

weltgerechte Entsorgung

der Brent Spar an Land zu

bewerben.

14. JuniDer Protest gegen Shell schlägt

immer höhere Wellen. Politiker

aller Parteien, Verbände und Ein-

zelpersonen unterstützen den

Boykott-Aufruf der Nordelbischen

Kirche. Ähnliche Aufrufe kommen

von niederländischen Parlamentariern

und dem niederländischen Natur-

schutzbund. Dem Protest in Deutsch-

land schließt sich u.a. die hessische

CDU an. Einige Behörden und Ver-

bände geben Dienstanweisungen,

nicht mehr bei Shell zu tanken.

13. Juni: Greenpeacer lassen sich auch durch Wasserwerfer nicht von einer wiederholten Besetzung abhalten.

Brent Spar/3. Korr 27.04.2005 12:32 Uhr Seite 18

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Chronik 19

Die Berichterstattung nimmt

ungeahnte Ausmaße an. Das Ver-

halten von Shell wird teilweise

heftig kritisiert, über den Wider-

stand gegen die geplante Versen-

kung wird breit berichtet.

Peter Duncan, Vorstands-

vorsitzender der deutschen

Shell, gesteht spürbare

Absatzverluste ein. Shell-

Tankstellenpächter beklagen

Umsatzrückgänge von bis zu

50 Prozent.

15. JuniDie deutsche Shell stellt ihre Wer-

bekampagne ein, mit der sie ihr

soziales und umweltpolitisches

Engagement betonen wollte (vgl.

1.3.95). Nach einer Unterredung mit

Helmut Kohl am Rande des Welt-

wirtschaftsgipfels im kanadischen

Halifax teilt der britische Premier

John Major mit, er halte an der Ver-

senkung der Brent Spar fest. Außenmi-

nister Klaus Kinkel (FDP), Bundesbau-

minister Klaus Töpfer (CDU), Bundes-

finanzminister Theo Waigel (CSU) und

der Präsident des Evangelischen Kir-

chentages Ernst Benda protestieren

gegen die geplante Versenkung. Alle

stützen sich auf übereinstimmende

Greenpeace- und Shell-Angaben,

nach denen die Brent Spar rund 100

Tonnen mit Schwermetallen versetzte

Ölschlämme und rund 30 Tonnen

schwachradioaktive Salzablagerungen

enthielt.

16. Juni Ungewohnte Einigkeit in Deutschland:

Politiker aller Parteien, einschließlich

Bundeskanzler Kohl, sprechen sich

gegen die Versenkung der Brent Spar

aus.

Nach einem nächtlichen Brandanschlag

auf eine Shell-Tankstelle in Hamburg

verurteilt Greenpeace die Anwendung

jeglicher Gewalt.

Zum dritten Mal gelingt die Besetzung

der Brent Spar. Trotz Windstärke sechs

und Beschuss durch Wasserkanonen

des Shell-Schiffs „Rembas” gelangen

zwei Aktivisten auf die Plattform.

Greenpeace Großbritannien gibt die

Vermutung bekannt, dass sich mögli-

cherweise noch 5500 Tonnen Öl an Bord

der Brent Spar befinden könnten.

18. Juni Greenpeace Deutschland veröffentlicht

ebenfalls die Schätzung, in der Brent

Spar könnten noch 5500 Tonnen Öl

vorhanden sein. Diese Zahl erweist

sich später als falsch.

7. Juni: zweite Besetzung

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Zum Abschluss des Evangelischen

Kirchentages im Hamburger Volkspark-

stadion ruft Kirchentagspräsident

Ernst Benda zum Shell-Boykott auf.

In einem „Spiegel”-Interview sagt der

Vorstandschef der deutschen Shell,

Peter Duncan, er habe von der geplan-

ten Versenkung „mehr oder weniger

aus dem Fernsehen” erfahren.

20. Juni Ein Hubschrauber kann zwei weitere

Greenpeace-Aktivisten auf der Brent

Spar absetzen. Aus Großbritannien

wird eine zunehmende öffentliche

Empörung über die geplante Versen-

kung gemeldet. John Major wird im

Unterhaus für seinen Einsatz für die

Versenkungspläne stark kritisiert.

20. Juni, 17 Uhr 49Shell gibt auf! Die Brent Spar wird

nicht versenkt. Die vier Besetzer tan-

zen vor Freude auf dem Hubschrauber-

deck der Plattform, während John

Castle, Kapitän des Greenpeace-Schiffs

„Altair”, das Signalhorn heulen lässt.

Ein Sprecher der deutschen Shell

erklärt, es habe besonders in Deutsch-

land, Dänemark und den Niederlanden

einen „riesigen Proteststurm gegeben,

nach dem man nicht zur Tagesordnung

übergehen kann”.

29. JuniAuf der in Brüssel tagenden OSlo-

PARis-Kommission (OSPAR) zum

Schutz des Nordost-Atlantiks beschlie-

ßen die Mitgliedsländer ein Morato-

rium für die Versenkung ausgedienter

Öl- und Gasförderanlagen. Es soll nach

zwei Jahren in ein endgültiges Versen-

kungsverbot münden. Großbritannien

und Norwegen sperren sich – der

Beschluss ist für sie nicht bindend.

11. JuliDie Brent Spar wird in den norwegi-

schen Erfjord geschleppt.

12. JuliShell beauftragt die norwegische

Gesellschaft Det Norske Veritas (DNV),

eine Inventarisierung der Brent Spar

vorzunehmen.

AugustPeter Duncan, Vorstandschef der deut-

schen Shell, behauptet, es habe sich

bei dem Brent Spar-Konflikt in erster

Linie um ein Kommunikationsproblem

gehandelt. Greenpeace weist hingegen

beständig auf den politisch-ethischen

Kern des Konflikts hin.

4. SeptemberPeter Melchett, Direktor von Green-

peace Großbritannien, entschuldigt

sich schriftlich bei Chris Fay, Vorstands-

vorsitzender von Shell UK, für die

falsche Vermutung, auf der Brent Spar

befänden sich 5500 Tonnen Öl. Der

Fehler lag in einer falschen Bewertung

der Messergebnisse und ihrer Ver-

öffentlichung. Er hatte sich jedoch

wegen seiner späten Veröffentlichung

(16. bzw. 18.6.) kaum noch auf die

Proteste und die Berichterstattung

ausgewirkt.

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14. Juli: Thilo Bode (Geschäftsführer) und Greenpeace-Kapitän John Castle

14. Juli: Rückkehr der Aktivisten nach Hamburg

Juni 1996 11. Juli 1995

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11. OktoberShell schreibt die Entsorgung der

Brent Spar international aus. Ein

langwieriges Auswahlverfahren

beginnt.

18. Oktober DNV bestätigt die von Shell und

ursprünglich von Greenpeace ange-

gebenen Schadstoffmengen auf der

Brent Spar mit geringen Abweichun-

gen.

1996AprilDas „Natural Environment Research

Council” veröffentlicht einen Bericht,

wonach die technischen Schwierig-

keiten bei einer Entsorgung der Brent

Spar an Land nicht größer sind als

bei anderen Anlagen, bei denen sie

bereits erfolgreich überwunden

wurden.

JuniDas Greenpeace-Schiff „Arctic

Sunrise” steuert in der Nordsee

15 Plattformen an, die demnächst

außer Betrieb gehen sollen. Die

Besatzung nimmt Bodenproben

vom Meeresgrund, um die Aufmerk-

samkeit auf die alltägliche schwere

Verschmutzung im Bereich der

Plattformen zu richten.

Auf der OSPAR-Konferenz in Oslo

sprechen sich die meisten Länder

erneut gegen Versenkungen aus –

nur Großbritannien und Norwegen

halten sich diese Möglichkeit offen.

15. AugustShell stellt in London 30 eingereichte

Vorschläge für die Entsorgung der

Brent Spar vor.

23. SeptemberDie norwegische Regierung ent-

scheidet, dass die Gasförderplatt-

form „Odin” an Land entsorgt

werden soll. Esso wollte das Stahl-

gerüst versenken.

November Nach einem Bericht der EU-Kommis-

sion sollten alle Öl- und Gasinstalla-

tionen vollständig aus dem Meer ent-

fernt werden, nachdem sie still-

gelegt worden seien. Die Offshore-

Industrie sei in der Lage, die mei-

sten Stahlstrukturen zu entfernen.

Die Kosten würden die Wirtschaft-

lichkeit eines Öl- und Gasprojektes

nur unwesentlich beeinflussen.

2. – 4. Dezember Das Umweltbundesamt kommt

in dem Bericht „Entsorgung still-

gelegter Offshore-Anlagen” zu dem

Schluss: Entsorgungsvarianten, die

zu einer nicht rückholbaren Belastung

eines Ökosystems führen könnten

(Versenkung in der Tiefsee), seien

nach dem Vorsorgeprinzip zu ver-

meiden. Die vollständige Demonta-

ge von Stahlplattformen an Land sei

grundsätzlich technisch gelöst.

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Juli 95 bis November 98: Die Brent Spar wartet im Erfjord auf ihre Verschrottung.

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22 Chronik

199713. JanuarShell präsentiert nur noch elf Ent-

sorgungsvorschläge für die Brent

Spar, die alle die Landverschrottung

oder Verwertung von Teilen der

Anlage vorsehen.

20. Februar Shell beauftragt erneut die DNV.

Sie soll die elf Vorschläge auf tech-

nische Aspekte und auf Sicherheits-

und Umweltaspekte prüfen.

16. Juli – 20. August Das Greenpeace-Schiff „Rainbow C”

steuert unter anderem die Öl- und

Gasplattformen an, die in den kom-

menden Monaten außer Betrieb

genommen werden sollen. Die

Besatzung stößt wie im Vorjahr auf

Ölteppiche und beobachtet große

Gasabfackelungsflammen. Sie

nimmt Bodenproben vom Meeres-

grund, um die Verschmutzung der

Nordsee im Bereich der Plattformen

zu untersuchen.25. November 1998: Zerlegung der Brent Spar

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Chronik 23

SeptemberAuf der diesjährigen OSPAR-Konfe-

renz wiederholt sich das Muster

der vorigen Treffen: Großbritannien

und Norwegen blockieren ein

Versenkungsverbot.

13. OktoberDie DNV-Untersuchung der Entsor-

gungsvorschläge für die Brent Spar

wird in London vorgestellt: Die

Ergebnisse sprechen eher für eine

Landentsorgung. Die Versenkung

schneidet nicht am besten ab, sie

sei jedoch die technisch einfachste

und billigste Lösung. Aber auch die

Landentsorgungen sind technisch

durchführbar, diese seien nicht

gefährlicher als die tägliche Off-

shore-Arbeit. Sie hätten eine posi-

tive Energie-, Kohlendioxid- und

Ressourcenbilanz, die Versenkung

nicht. Nach ökologischen Kriterien,

wie z.B. der Meeresverschmutzung,

schneidet die Landentsorgung

besser ab.

1998 Das Jahr der Meere29. Januar Shell erklärt, die Brent Spar end-

gültig an Land zu entsorgen: Ein

Großteil der Plattform soll im nor-

wegischen Mekjarvik bei Stavanger

zur Erweiterung der Hafenanlagen

genutzt werden, der Rest wird ver-

schrottet. Kosten: etwa 25 Millio-

nen Pfund, nur wenig mehr als die

neu kalkulierte Versenkung (laut

Shell 20 Mio. Pfund). Damit ist ein

Präzedenzfall geschaffen – statt das

Meer als Müllkippe zu missbrau-

chen, wird nun an Land demontiert.

30. JanuarBundesaußenminister Klaus Kinkel

(FDP) fordert ein weltweites Verbot

der Versenkung von Ölplattformen.

Um die Verschmutzung des Meeres

zu bremsen, müsse für alle das

Verursacherprinzip gelten. „Auch

außerhalb der Hoheitsgewässer

sind Meere keine rechtsfreien

Räume, in denen jeder machen

kann, was er will.”

23. Juli Endlich ist das Ziel erreicht: Im

internationalen „Jahr der Meere”

beschließen die OSPAR-Umwelt-

minister in Sintra/Portugal einstim-

mig ein generelles Versenkungs-

verbot für stillgelegte Offshore-

Anlagen im Nordost-Atlantik. Die

Entscheidung enthält einige Aus-

nahmen, z. B. für die Fundamente

schwerer Stahl-Plattformen. Sollen

Anlagenteile im Meer verbleiben,

muss jeder Einzelfall genehmigt

werden. Die jeweilige Betreiber-

firma muss nachweisen, dass eine

Landentsorgung unzumutbar und

zu risikant wäre. Die etwa zwei Dut-

zend sehr schweren Beton-Platt-

formen dürfen im Meer verbleiben,

da es keine technischen Möglich-

keiten gibt, sie zu bergen.

26. AugustDie britische Regierung stimmt

dem Abwracken der Brent Spar

an Land zu.

25. November In einem norwegischen Fjord wird

damit begonnen, die Brent Spar

zu zerlegen.

199910. JuliDie Zerlegung der Brent Spar ist

abgeschlossen. Teile der gereinigten

Außenhülle bilden die Grundlage

für eine neue Kaianlage in der Nähe

von Mekjarvik bei Stavanger.

Brent Spar/3. Korr 27.04.2005 12:32 Uhr Seite 23

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Der lange Weg der Brent Spar

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Brent Spar als Geschichte und Gegenwart 25

Brent Spar alsGeschichte und GegenwartZur sozialen Brisanz

der Auseinandersetzung

Christian Krüger/Matthias Müller-Henning,büro für publizistik (bfp), HamburgDas bfp führt Medienanalysen für Greenpeacedurch und berät die Organisation in Kommunikationsfragen.

Der Fall Brent Spar zählte zu den heraus-

ragenden innenpolitischen Ereignissen

des Jahres 1995 in Deutschland. Seine

nachhaltige Wirkung auf der Ebene des

politischen Diskurses wurde bereits ein

Jahr danach deutlich, als eine Studie zur

gesellschaftlichen Bedeutung der Ausein-

andersetzung feststellte: „,Brent Spar’ hat

ihren Weg von einer Ölplattform über die

Bezeichnung für ein historisches Ereignis

zu einem Schlagwort des politischen

Jargons bereits gemacht.”1

Heute, zehn Jahre nach den Ereignissen, hatder Fall eine noch weiter gehende Bedeutungerlangt: Brent Spar fungiert als Musterbei-spiel erfolgreicher Mobilisierung der Öffent-lichkeit gegen die Arroganz der Wirtschafts-macht und wird in den Sektoren „PolitischeKommunikation“ und „Unternehmenskom-munikation“ als Lehrstück gehandelt.

Die gesellschaftliche Tiefe der sozialen Bewegung 1995

Als Greenpeace am 30. April 1995 die Ölplatt-form Brent Spar in der Nordsee besetzte, ahn-ten auch die größten Optimisten unter denAktionisten nicht, dass ihre Tat zur Initial-zündung für die größte Boykottbewegungvon Bürgern gegen einen Konzern in derGeschichte der Bundesrepublik werdenwürde. Zwar waren sehr günstige Vorausset-zungen gegeben: ein Ungetüm im Meer,davor die fragilen Schlauchboote, ein Kon-zern, der auf Konfrontation setzte und dieStimmung immer wieder anheizte. Nur – soungewöhnlich waren Konstellationen dieserArt nicht, es war schließlich nicht die ersteGreenpeace-Aktion.

Die Bewegung zu Brent Spar bekam des-halb eine so große Bedeutung, weil sie imKern eine Bewegung gegen die Arroganz vonWirtschaftskonzernen war, exemplifiziert aneiner ökologisch unverantwortlichen Hand-lung.

„Ausgediente Ölplattformen gehörennicht ins Meer“, das zentrale Greenpeace-Argument, entsprach der Sichtweise auchvon Bürgern, die in Umweltfragen alles ande-re als radikal waren. Der Mobilisierung stif-tende Gedanke ließe sich etwa so beschrei-ben: „Sowenig ich mein Auto in den Waldfahre und dort stehen lasse, wenn es ausge-dient hat, sowenig hat ein Unternehmen dasRecht, seinen Müll auf Kosten der Allgemein-heit und der Umwelt zu entsorgen.“

1) Greenpeace (Hg.), Brent Spar und die Folgen, Analysen und Dokumente zur Verarbeitung eines gesellschaftlichen Konflikts, Göttingen 1997

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Hätte Greenpeace die Plattform nichtbesetzt, wäre die Entsorgungsfrage vonÖlplattformen eine unter Fachleuten geblie-ben. Umgekehrt: Hätte die Greenpeace-Aktion nicht in die Gesellschaft hineingewirkt, wäre sie ein kompletter Fehlschlaggewesen. Maßgeblich für den gesellschaft-lichen Erfolg war vor allem:

• Das Engagement der Bürger. Ihr entscheidender Beitrag zur histori-schen Bedeutung des Ereignisses war,dass sie den Boykott als ein Mittel derpolitischen Willenskundgebung vonunten gegen „die da oben“ (wieder)ent-deckten.

• Die Berichterstattung der Medien. Der Großteil der Medien nahm in seinerBerichterstattung oder Kommentatoren-tätigkeit nach zögerlichem Beginn mehroder minder offen gegen die Shell-PläneStellung und räumte dem Konflikt einenprominenten Platz ein (insgesamt wurden2238 Presseartikel und 935 Fernsehbeiträ-ge ausgewertet, in denen zwischen dem30. April und dem 30. Juni 1995 Green-peace im Zusammenhang mit Brent Sparerwähnt wurde).2

• Das Mitziehen von Politikern und Verbänden. Wie stark der gesellschaftliche Druck war,wird nirgends so deutlich wie an diesemPunkt – dazu drei Beispiele: Der Evangeli-sche Kirchentag erklärte seine Solidarität,die Bundesregierung unter Helmut Kohlforderte von Shell eine Entsorgung anLand, und (nahezu unvorstellbar im Jahr

2005) sogar CDU-Verbände und -Politikerriefen zum Boykott von Tankstellen auf.

Am 20. Juni 1995, sieben Wochen nach demBeginn der Auseinandersetzungen, gab Shelldem Druck der Öffentlichkeit nach. DerRückzug wurde von einer Mehrheit derMedien als Sieg für die Umwelt und gegendie Verantwortungslosigkeit gewertet, ja alsfrohe Botschaft für die Zukunft gedeutet:„Veränderung ist machbar“, “„Wir Verbraucherhaben Macht“ hieß es in Blättern, die überjeden Verdacht erhaben waren, Sympathienfür Aufrührer zu hegen.

Wer von Brent Spar spricht,kann von Moruroa nicht gutschweigenWie groß die gesellschaftliche Wirkung desErfolges der Brent Spar-Bewegung war, lässtsich an einem Ereignis ermessen, das zu sei-nen unmittelbaren Folgen gehört und heutein Vergessenheit geraten ist: die Protestbewe-gung gegen die Ankündigung der französi-schen Regierung, im Sommer 1995 eine Serievon Atombombentests im Südpazifik durch-zuführen.

Wer heute hört, Greenpeace habe nachShell nun auch eine Atommacht zur Aufgabeihrer Pläne zwingen wollen, der könnte aufdie Idee kommen, dies der Selbstüberschät-zung einer Organisation zuzuschreiben, diedamals auf dem Zenit ihres Ansehens stand.Nur – Greenpeace war 1971 aus dem Protestgegen Atombombentests entstanden undhatte seitdem schon etliche Male gegen fran-zösische Atomtests Aktionen durchgeführt.Und Greenpeace hatte wie bei Brent Sparauch bei dieser Kampagne die Unterstützung

26 Brent Spar als Geschichte und Gegenwart

2) Die Zahlen beziehen sich auf Artikel bzw. Sendebeiträge, die von Medienbeobachtungsdiensten in einem Sample von 146 Tageszeitungen, 23 Wochenzeitungen und 964 Zeitschriften sowie in den Programmen aller deutschsprachigen Fernsehsender gefunden wurden.

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Brent Spar als Geschichte und Gegenwart 27

weiter Teile der Öffentlichkeit. „WeltmachtGreenpeace“, titelte damals der Stern anerken-nend, „Greenpeace-Akupunktur trifft denZentralnerv“, jubelte ein Ex-Chefredakteurdes Spiegel, der als Polit-Talkmaster populärwar. Beispielhaft für die Bandbreite der Bewe-gung war das Medien-Engagement gegen dieAtomtests. Die Zahl der Medienberichte warinsgesamt mehr als doppelt so hoch wie zuBrent Spar: 5310 Presseartikel und 1799 TV-Beiträge nahmen zwischen dem 1. Juli unddem 5. September 1995 auf die Greenpeace-Aktivitäten gegen die Atomtests Bezug.

Als sich nach einigen Wochen das Schei-tern der weit gesteckten Ziele abzeichnete,verflüchtigte sich die Euphorie. Als am 5.September der erste Atomtest durchgeführtwurde, hatte sich das Meinungsklima in denMedien bereits drastisch verändert. Wer dieMedienberichte studiert, wird zum Schlusskommen, dass in vielen Fällen die Schamüber die eigene Aufsässigkeit und über dasVersagen der Bewegung den Journalisten dieFeder führte – ein Scheitern, das einemAkteur angelastet wurde, der soeben noch alsHeld gefeiert wurde: Greenpeace.

In diese Katerstimmung platzte am 5./6.September die Meldung, Greenpeace habe sichbei Shell für falsche Zahlenangaben zu denSchadstoffmengen auf der Brent Spar ent-schuldigt. Aufgebracht über den Misserfolgvor Moruroa wurde diese Entschuldigung vonvielen so aufgefasst, als sei die ganze BrentSpar-Kampagne auf Lügen gebaut gewesen.Kaum wahrgenommen wurde, dass der Gegen-stand der Entschuldigung ein ganz anderer war.

Wie die Legende vom manipulierten Protest entstandGreenpeace hatte ihre Kampagne gegen dieVersenkung der Brent Spar auf das Argument

gegründet, das Meer sei keine Müllhalde undausgediente Ölanlagen dürften prinzipiellnicht im Meer entsorgt werden. Die Mengeder Schadstoffe spielte eine untergeordneteRolle. Wo Greenpeace Zahlen verwendete,beruhten diese auf Angaben der Shell (100bis 130 Tonnen Öl und andere teils giftigeRückstände). Sieben Wochen nach demBeginn der Kampagne, als sich ein Erfolg derProtestbewegung bereits abzeichnete, stellteGreenpeace erstmals eine Mengenangabe inden Vordergrund; diese lag zudem weit überden zuvor veröffentlichten Zahlen.

Neuere Untersuchungen hätten denSchluss nahe gelegt, dass sich an Bord derPlattform 5500 Tonnen Öl befinden könnten,verlautbarte die Organisation durch Presser-klärungen am 16. Juni in Großbritannien undam 18. Juni in Deutschland.

Was immer die Gründe gewesen seinmögen, die Greenpeace dazu bewogen haben,Zahlen eine Bedeutung beizumessen (nochdazu falschen, wie sich herausstellte), eineslässt sich eindeutig sagen: Die 5500-Tonnen-Meldung hatte auf die Mobilisierung keinenEinfluss und wurde öffentlich kaum zurKenntnis genommen. Nur 37 der 1054 ausge-werteten Presseberichte, die zwischen dem17. und 23. Juni 1995 in Deutschland zuBrent Spar erschienen, erwähnten überhauptdie neue Zahlenangabe, und bereits am 20. Juni erklärte die Shell ihren Rückzug.

Fragen wir nach der Bedeutung der 5500-Tonnen-Meldung, dann ist klar, dass Green-peace sich redlich Kritik verdient hatte: DieHerausgabe einer Fehlmeldung dieses Kali-bers darf einer Organisation nicht unterlau-fen, die so hohe Glaubwürdigkeitsansprüchean sich und andere stellt. Andererseits muss-te jedem Beobachter, gleich mit welcher Seiteer es hielt, klar sein, dass eine Falschin-

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28 Brent Spar als Geschichte und Gegenwart

formation, die am 18. Juni (in Großbritannienam 16. Juni) herausgegeben wurde, keineBürgerbewegung beeinflusst haben konnte,die im Mai begonnen hatte, und auch keineKampagne desavouieren konnte, die am 30.April gestartet worden war.

Die Medienanalyse ergibt ein anderes Bild.Nur eine kleine Minderheit der Berichte undKommentare gab den Sachverhalt korrekt wie-der. Sehr viel größer war dagegen die Zahl derMedienberichte, die den Eindruck erweckten,Greenpeace habe von Anfang an mit falschenZahlen operiert. Nicht wenige Medien präsen-tierten sich, Journalisten und Bürger, aberauch Shell als Opfer einer Täuschung. Lauterwurden nun auch jene Stimmen, die bereitswährend der Kampagne die „Hysterie des Bür-gers“ als ihren Gegner geortet und den zivilenWiderstand als Attacke auf Staatsräson undWirtschaftsfrieden denunziert hatten.

Im Herbst 1995 wurde der Grundstein fürdie Legende einer Brent Spar-Bewegunggelegt, die durch falsche Zahlen in Ganggebracht oder angeheizt wurde. Seither hatGreenpeace Deutschland die Sachlage diverseMale richtig gestellt. (Wobei gesagt werdenmuss, dass Greenpeace, angefangen beimWortlaut der Entschuldigung, anfangs wenigtat, um die Zusammenhänge vollständig undverständlich aufzuklären.) Das Hamburgerbüro für publizistik hat die öffentlichen Vor-gänge detailliert untersucht und die Ergebnissepubliziert.3 Es half alles nichts – die Legendefestigte sich von Jahr zu Jahr.

Heute gilt es wahrscheinlich einer Mehr-heit von Medienvertretern als „erwiesen, dass

Greenpeace seine gewaltige Brent Spar-Kampagne von 1995 auf falsche Messdatengegründet hatte“ (FAZ, 19.9.03), in der pau-schalen Variante: „Greenpeace lag mit der Besetzung der Brent Spar daneben.“ (taz 21.7.04).

Wenn Brent Spar heute ein Lehrstück ist,dann gewiss auch dafür, wie durch kognitiveIgnoranz (oder liegt es nur daran, dass fürRecherche kaum noch Zeit ist?) Geschichts-bilder gemalt werden.

Heute gelten die Ereignisse um Brent Spar als LehrstückZehn Jahre nach Brent Spar haben die Ereig-nisse, wie es scheint, in den Lehrbüchernstärkere Spuren hinterlassen als in der politi-schen Kultur. Signifikant sind vor allem dreiEntwicklungen:

• Die Bewegung zu Brent Spar erwies sichnicht als Auftakt zur Entfaltung von Ver-braucherpower, sondern als – bis heute –einsamer Höhepunkt. Die Sensibilität derVerbraucher hat zugenommen, aber siehat sich seither nicht mehr in einer sozia-len Bewegung manifestiert.

• Die Brent Spar-Kampagne konnte ihreWirkung entfalten, weil ökologisch unverantwortliches Handeln 1995 als Spezialfall für gesellschaftlich unverant-wortliches Handeln begriffen wurde.Heute haben ökologische Fragen einenGroßteil dieser symbolischen Funktioneingebüßt.

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Brent Spar als Geschichte und Gegenwart 29

• „Soziale Verantwortung der Unternehmen“ist auch heute für die Öffentlichkeit einbrisantes Thema, wie sich z.B. im Unmutüber Managergehälter oder die Verlage-rung von Produktionsstätten in Billig-lohnländer, aber auch in der Berichterstat-tung über Bhopal zeigt.4

Als Vorbild und Lehrstück, auch Mythos, giltBrent Spar vor allem unter NGO-Aktivisten,Kommunikationsberatern und PR-Fachleu-ten, und zwar unter folgenden Aspekten:

• Die Kraft von Bürgerbewegung und Verbraucherpower Es gibt kaum einen relevanten Konflikt umdas Agieren von Wirtschaftsunternehmen,in dem der Gedanke nicht öffentlich auf-taucht, man sollte als Bürger doch ähnlichvorgehen wie damals zu Brent Spar. So imZusammenhang mit der Standort- undSozialpolitik von Unternehmen in einemKommentar der Saarbrücker Zeitung vom30.6.04: „Nie wieder hat sich die Macht desVerbrauchers so stark gezeigt (wie im FalleBrent Spar). Warum eigentlich nicht? DieseWaffe ist doch jederzeit verfügbar undwäre heute angebrachter denn je.“

• Die Kunst der Kampagne Beispielhaft ist die Antwort, die Anton

Hunger, Öffentlichkeitschef von Porsche,im Interview mit dem prmagazin 4/03 auf die Frage „Eine Meisterleistung der PR war...“ gab: „...Greenpeace gegenShell/Brent Spar.“ Das Greenpeace-Agie-ren in diesem Fall gilt als Prototyp einererfolgreichen Kampagne. Nicht nurNGOs, die mit Mitteln der öffentlichenKonfrontation arbeiten, auch gewinn-orientierte Unternehmen könnten vonGreenpeace lernen, ist von Strategen despolitischen Marketings und der Unter-nehmens-PR häufig zu hören.

• Die Notwendigkeit eines Risiko- und Akzeptanzmanagements In der Kommunikationsbranche fungiertdas Agieren der Shell im Fall Brent Spar„als PR-Desaster des Jahrhunderts“ (so dasManager Magazin, 6/03) und als Muster,wie ein Unternehmen es nicht machendarf. Umgekehrt gilt der Fall als Lehrstückzur These, dass ein Unternehmen sich umsoziale Akzeptanz in der Öffentlichkeitbemühen muss. Seit Brent Spar fühlenUnternehmensführungen sich sehr vielstärker angehalten, im kommunikations-technokratischen Sinne umsichtig zuagieren (nicht etwa im ethischen Sinneverantwortlich).

3) in: Krüger/Müller-Hennig (Hg.), Greenpeace auf dem Wahrnehmungsmarkt, Hamburg 2000, S. 205-222.4) Am 3. Dezember 1984 waren im indischen Bhopal aus einer Pestizidfabrik der US-Firma Union Carbide 40 Tonnen eines hochgiftigen Gas-

gemischs entwichen. 8000 Menschen kamen unmittelbar ums Leben, 20.000 starben später. Die Folgen der Katastrophe sind bislang nicht wieder gutgemacht. Das verseuchte Gelände wurde nicht saniert. Der Konzern Dow Chemical, der inzwischen im Besitz der Firma ist, hat sich bis heute nicht zu seiner Verantwortung für die Opfer bekannt.

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30 Die Legitimität von Greenpeace-Kampagnen

Die Legitimität von Greenpeace-KampagnenSvenja Koch/Jochen LohmannSvenja Koch leitet die Pressestelle von Greenpeace in Hamburg. Jochen Lohmann ist Historiker.

Die Frage der Legitimität von Greenpeace

und anderer Nichtregierungsorganisatio-

nen (NGOs) kam schon vor der Brent Spar-

Kampagne gelegentlich auf. Nach dem

Erfolg der Kampagne wurde diese Diskus-

sion lauter, Politiker, Journalisten und

Wissenschaftler beschäftigten sich nun

ausführlicher damit.

Für manche, vorwiegend konservative Beo-bachter, war die Klärung der Legitimitätwichtig, da sie wohl den Eindruck hatten,NGOs seien durchsetzungsfähiger als indemokratischen Systemen erwünscht. Dem-nach müsse die unterstellte Macht von NGOsbegrenzt werden, da sie nicht ausreichendlegitimiert sei. Abgesehen davon, dass dieseFrage selten so dringlich gestellt wurde, umden Einfluss von Wirtschaftslobbys zu klä-ren, fühlten sich Politiker von der Brent Spar-Kampagne gar nicht unter Druck gesetzt.Quer durch die Parteienlandschaft (von CSUbis Grüne) sprachen sie sich gegen die Ver-senkung der Brent Spar aus und sympathi-sierten mit dem Boykott von Shell-Tankstel-len. Im Folgenden werden einige Artikel undÄußerungen vorgestellt, die die Leistung vonGreenpeace für den Schutz der Meere, aberauch für die Demokratie hervorheben.

Schon während der Auseinandersetzungäußerten sich viele Politiker in Europa posi-tiv. Am 14. Mai 1995 begrüßte die EU-Umweltkommissarin Ritt Bjerregard dieBesetzung der Brent Spar. Der dänischeUmweltminister Svend Auken äußerte sichsogar generell gegen die Versenkung vonPlattformen. Am 23. Mai bezog auch diedamalige deutsche Umweltministerin AngelaMerkel überraschend deutlich Position: „Eskommt selten vor, dass ich mit Greenpeaceeiner Meinung bin, aber in diesem Falle

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Die Legitimität von Greenpeace-Kampagnen 31

1)Jochen Vorfelder: Brent Spar oder die Zukunft der Meere, München 1995, S. 132.2) Vorfelder, S.128f.3) Michael Günther: Greenpeace und das Recht, in: Das Greenpeace-Buch, München 1996, S.70

schon. Wenn die Brent Spar eine deutschePlattform wäre, hätten wir keine Geneh-migung zur Versenkung gegeben.“1 Es bliebnicht bei diesen Äußerungen. Der nordrhein-westfälische Landesverband der JungenUnion rief am 24. Mai, einen Tag nach derRäumung der Brent Spar, als erste politischeGruppe in der Bundesrepublik dazu auf,Shell-Tankstellen weiträumig zu umfahren.Eine von Greenpeace beim Emnid-Institut inAuftrag gegebene Umfrage zeigte, dass dieMehrheit der Deutschen gegen die Versen-kung der Brent Spar war. 74 Prozent derBundesbürger erklärten ihre Bereitschaft,Shell-Tankstellen aus Protest zu boykottieren.

Sogar der damalige Bundeskanzler HelmutKohl versuchte am Rande des Weltwirt-schaftsgipfels, den britischen Premier JohnMajor umzustimmen – allerdings ohne Er-folg. Schließlich zeigte der Druck der Öffent-lichkeit Wirkung. Am 20. Juni 1995 gab derÖlkonzern Shell seinen Verzicht auf die Ver-senkung der Plattform bekannt.

Bis zum krönenden Abschluss der Kam-pagne sollte es aber noch drei Jahre dauern –mit dem Beschluss der 15 Anrainerstaatendes Nordost-Atlantiks, dass künftig niemandmehr ausgediente Öl- und Gasplattformen imMeer versenken darf. Der Erfolg auf derOSPAR-Konferenz in Sintra bei Lissabon im„Jahr der Meere“ 1998, so urteilten dieMedien einstimmig, sei in erster Linie Green-peace zu verdanken.

Wichtig ist aber, dass es Greenpeace vonAnfang an nicht nur um die Brent Spar, son-dern um den Meeresschutz insgesamt ging.Denn in den folgenden Jahren standen einigehundert Plattformen zur Versenkung bereit.Bei einem Treffen zwischen Greenpeace-Ver-tretern und einer hochrangigen Delegationder deutschen Shell am 1. Juni 1995 in derHamburger Zentrale des Ölkonzerns legte derinternationale Greenpeace-KampagnenchefUlrich Jürgens die Beweggründe zur Beset-zung der Brent Spar ausführlich dar: „Shell istwahrscheinlich so gut oder schlecht wie alleanderen Ölmultis auch. Sie sind allerdings

unser derzeitiger Kampagnen-Gegner, weilIhre Plattform Brent Spar, Ihre Versenkungs-absichten, die Zukunftsaussichten der Nord-see insgesamt verschlechtern.(...) Shell ist nurdie erste der über ein Dutzend Mineralöl-gesellschaften, die ihre Nordsee-Plattformenentsorgen müssen. Wenn Sie es mit Hilfe derbritischen Regierung durchdrücken, die BrentSpar zu versenken, stehen ein Dutzend ande-rer Gesellschaften mit ihren Offshore-RuinenGewehr bei Fuß. Ihre Brent Spar ist nur dasSymbol für einen ganzen Haufen von Schrottund Müll, der eindeutig an Land und nicht aufHoher See entsorgt werden muss.“2

Wunde im VölkerrechtFür den Greenpeace-Anwalt Michael Günthersignalisierte die Brent Spar eine Wende imVölkerrecht: „Hochrangige Rechtsgüter, wieder nachhaltige Schutz der Meeresumwelt,werden auch auf Hoher See künftig nichtmehr zur Disposition einzelner Staaten ste-hen (...). Das Völkergewohnheitsrecht ent-wickelt sich fort mit den Auffassungen derVölkerrechtssubjekte. Im Fall Brent Spar hat-ten sich eine Reihe von Regierungen die Auf-fassung von Greenpeace und der Greenpeaceunterstützenden öffentlichen Meinung zuEigen gemacht und die britischen Lizenzenzur Beseitigung der Plattform öffentlichbeanstandet. Damit beginnt sich eine Rechts-auffassung durchzusetzen, der zufolge dieMeere das gemeinsame Erbe der Menschheitsind. (...) Niemand, weder ein Staat noch einGroßkonzern, hat das Recht, sich darüberhinwegzusetzen.“3

Die Funktion, öffentliche Interessen zurepräsentieren, wird den NGOs sowohl vonöffentlicher als auch von offizieller Seitezuerkannt, wie die Wissenschaftler Schmidt/Take darlegen. Parteien und Interessenver-bände würden der Komplexität der politi-schen Themen und der Vielfalt der Interes-senlagen nicht mehr gerecht. „Die Öffentlich-keit traut deshalb in steigendem Maße den‚issue‘-orientierten NGOs zu, auf die neuenProbleme in angemessenerer Weise zu rea-

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gieren, was auch den Erfolg der Brent Spar-Kampagne von Greenpeace erklärt. Sie zeig-te, dass weder multinationale Konzerne nochMinister beim Treffen weit reichender Ent-scheidungen intervenierende NGOs ignorie-ren können, wenn deren Kampagnen Rück-halt in der Öffentlichkeit finden. Shell sahsich, nach eigener Aussage, gezwungen, dem‚internationalen Druck‘ (so der Vorsitzendevon Shell Deutschland, Peter Duncan) nach-zugeben, nachdem der Kampf um die öffent-liche Meinung verloren war.“4

Anerkennung von ShellSogar Peter Duncan äußerte sich nur ein Jahrnach der Brent Spar-Kampagne sehr positivüber die Umweltschutzorganisation, die sei-nem Konzern so hart zugesetzt hatte: „Ichmöchte Ihnen gerne meine Anerkennungdafür aussprechen, dass Sie fest hinter demPrinzip von Gewaltfreiheit stehen (...), undich schließe hierein auch den Idealismus undMut vieler Ihrer Mitglieder ein.“5

Nach der Brent Spar-Kampagne kamenauch Fragen zur Legitimität solcher Aktionenauf. Greenpeace wurde die Legitimationabgesprochen, auf politische Instanzen undWirtschaftsverbände Druck auszuüben. Dar-auf erwiderte die Wissenschaftlerin Marian-ne Beisheim: „Zentral ist dabei die Frage, obeine NGO als Interessengruppe gegenüberanderen Interessengruppen einfach nur ihrePosition durchsetzt oder ob sie eine kollektivbindende Entscheidung getroffen hat. AmBeispiel des Brent Spar-Falles lässt sich dieserUnterschied gut verdeutlichen: Zwar hatGreenpeace gegenüber Shell das Ziel derNicht-Versenkung erreicht, aber die ent-sprechende, von der Regierung von Groß-britannien beschlossene Erlaubnis (also nichtdas Gebot) für die Versenkung ist immernoch gültig, und Greenpeace kann auch keineäquivalente gegenteilige Entscheidung her-beiführen. Hier von einer ‚Deklassierung der

Staatsgewalt‘ zu sprechen, weil die ‚Dinge‘ anden gewählten und beauftragten Vertreternvorbeiliefen, läuft am realen Geschehen vor-bei. Solange ihre Arbeit reine Interessenarti-kulation im Rahmen geltender Gesetze bleibtund solange sie keine gesamtgesellschaftlichverbindlichen Entscheidungen treffen (kön-nen), haben NGOs kein Legitimationspro-blem.“6

Weiter argumentiert Beisheim: „Gerade imUmweltbereich kommt es durch Marktver-sagen zu externen Effekten wirtschaftlicherTätigkeit, die oft nicht oder nur unzureichenddurch staatliche Maßnahmen geregelt sind.NGOs erbringen hier (...) besondere Leistun-gen, indem sie auf diese Probleme aufmerk-sam machen und auf deren Regelung drängenoder auch Druck auf die Industrie ausüben,selbst Lösungen zu erarbeiten.(...) Gerade die-se Leistungen und das spezifische Potenzialder NGOs an Unabhängigkeit, Flexibilität undBürgernähe werden in der Diskussion oft alsunverzichtbar dargestellt.“7

NGOs übernehmen StaatsaufgabenMit diesen Leistungen bei der Vorbereitungder Politikfindung steigern NGOs nach Mei-nung Beisheims ihre Legitimität. Auch derkonservative Journalist Konrad Adam be-schreibt, wie NGOs Staatsaufgaben überneh-men, weil Behörden oder Regierungen versa-gen: „Was Organisationen wie AmnestyInternational, Greenpeace, Ärzte ohne Gren-zen oder der Worldwide Fund for Naturebesorgen, der Einsatz für die Menschenrechtealso und für die Rechte der Natur, sind klassi-sche Staatsaufgaben; und wirklich greifen dieBehörden ja auch gern auf die Sachkundeund das Ansehen der NGOs zurück, wenn siesich ihrer Elementaraufgaben entsinnen undsich dazu herbeilassen, einen Vertrag zumSchutz von Mensch und Tier, von Feuer,Wasser, Luft und Erde zu schließen.“8

32 Die Legitimität von Greenpeace-Kampagnen

4) Hilmar Schmidt/Ingo Take, Demokratischer und besser? Der Beitrag von Nichtregierungsorganisationen zur Demokratisierung internationalerPolitik und zur Lösung globaler Probleme, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 43/97, 17.10.1997, S. 14f.

5) Greenpeace Magazin 3/96, S. 596) Marianne Beisheim, Nichtregierungsorganisationen und ihre Legitimität, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. B43/97, 17.10.1997, S. 21-297) Ebenda8) Konrad Adam, Volkes Ohr und Volkes Stimme. Worauf gründet das Ansehen und der Einfluss der NGOs?, ohne Ort und Datum

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In dasselbe Horn stößt die „Welt“: „Ele-mentare Aufgaben wie die Verantwortung fürLeib und Leben seiner Bürger überlässt er(der deutsche Staat, A.d.V.) Nichtregierungs-organisationen wie Amnesty Internationaloder Greenpeace, (...). Wer es mit der Ökologieund dem Folterverbot ernst meint, hält sichschon längst nicht mehr an die Behörden. Erengagiert sich anderswo oder resigniert.“9

Wasser auf die Mühlen der Greenpeace-Kritiker war der Messfehler, der im Herbst1995 die Medien beschäftigte. Bis zum 18. Junihatte Greenpeace immer von 100 bzw. 130 Ton-nen an Schadstoffen in der Brent Spar gespro-chen. Durch eine fehlerhafte Messung vonGreenpeace kam der Verdacht auf, in derBrent Spar befänden sich 5500 TonnenSchadstoffe. Greenpeace veröffentlichte dieZahl, aber sie stellte sich als falsch heraus. AlsGreenpeace dies entdeckte und sich dafürentschuldigte, hatte sich diese Angabe längstverselbständigt. Und so wurde Greenpeaceim Herbst 1995 immer wieder der Vorwurfgemacht, die Kampagne auf dieser falschenZahl aufgebaut zu haben. Der Messfehler hatGreenpeace geschadet, da das höchste Gut derUmweltorganisation die Glaubwürdigkeit ist.Aber alle Vorwürfe, man habe in SachenBrent Spar die Öffentlichkeit bewusst ge-täuscht, sind falsch.

Greenpeace ist trotz allem die Organisationmit den höchsten Werten an Glaubwürdigkeitgeblieben. Das belegen Umfragen, die seit Jah-ren für NGOs und speziell Greenpeace extrempositive Werte verzeichnen. Eine Umfrage derEdelman PR Group in Großbritannien, Frank-reich, Deutschland und den USA hat im Januar2002 ergeben, dass die Glaubwürdigkeit vonNichtregierungsorganisationen wie Green-peace und Amnesty International nach wievor groß ist, in Europa liegt sie weit über dervon Regierungen und Unternehmen.10 Und ineiner repräsentativen Umfrage von April 2003liegt Greenpeace zusammen mit ADAC und

der Polizei auf der Liste der vertrauenswürdi-gen Institutionen ganz oben.11

Dietrich Thränhardt sieht die hohen Pre-stigewerte darin begründet, dass „Greenpeacemit seinen Aktionen optimal zwei Bedürfnis-sen entgegen[kommt](…): der Sehnsucht nachHeroismus und nach Reinheit. Greenpeaceverwirklicht in symbolischer direkter AktionPrinzipien, die in der Politik meist nurschrittweise durchgesetzt werden können,was einen halbherzigen und wenig glaubwür-digen Eindruck macht.“12

In ihrem Fazit urteilt Beisheim abschlie-ßend: „All diesen Argumenten gemeinsam istdie Erkenntnis, dass NGOs Leistungen erbrin-gen, die Staaten allein offenbar nicht er-zielen. (...) Die von den NGOs erbrachten Leistungen [können] dabei sowohl ihre eige-

ne Legitimität als auch die Legitimitätnationaler oder internationaler

Politik stärken.“13

Die Legitimität von Greenpeace-Kampagnen 33

9) Die Welt, 29. 9. 01, Den eignen Bürger untergräbt der Staat.10) vgl. http://www.zeit.de/2002/o8/Politik/print_200208_globalisierung.html Politik 08/200211) Umfrage McKinsey, Stern April 200312) Dietrich Thränhardt, Globale Probleme, globale Normen, neue globale Akteure, in: Politische Vierteljahresschrift (PVS), 33. Jg., 1992,

Heft 2, S. 229.13) Marianne Beisheim, Nichtregierungsorganisationen und ihre Legitimität, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. B43/97, 17.10.1997, S. 29

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Glaubwürdigkeit – das wichtigste Kapitaleiner NGODr. Manfred Redelfs, Leiter der Recherche-Abteilung von Greenpeace.

Bei Umfragen zur Glaubwürdigkeit

verschiedener Organisationen und Institu-

tionen zeigt sich immer wieder das große

Vertrauen, das Nichtregierungsorganisa-

tionen (NGOs) entgegengebracht wird.

Greenpeace belegt dabei regelmäßig einen

Spitzenplatz. Dieser Vertrauensbonus kam

der Organisation auch bei der Brent Spar-

Kampagne 1995 zugute, die dazu führte,

dass der Ölkonzern Shell seinen Plan auf-

gab, die ausgediente Ölverlade-Plattform

im Nordost-Atlantik zu versenken.

Doch Greenpeace unterlief ein Fehler, der dieFrage aufwirft, welche Konsequenzen er fürdie Bewertung der Glaubwürdigkeit hat:Gegen Ende der Kampagne veröffentlichte dieOrganisation eine fehlerhafte Hochrechnungzur Restmenge an Ölschlämmen. Statt der bisdahin genannten 130 Tonnen Ölschlämmewurden 5500 Tonnen in den Tanks der BrentSpar vermutet. Der Fehler betrifft nicht nurdie Glaubwürdigkeit in diesem Einzelfall, er

liefert einen zwingenden Anlass, die Kampag-nenkommunikation insgesamt daraufhin zuuntersuchen, welche Risiken sie für die Glaub-würdigkeit von Greenpeace mit sich bringt.

Betrachtet man zunächst die Ausgangsbe-dingungen für eine Greenpeace-Kampagne,so gibt es mehrere Gründe, warum NGOs imRegelfall einen Glaubwürdigkeitsvorsprungvor Parteien oder Industrievertretern haben:

• Weil NGOs sich für öffentliche Güter wie den Schutz der natürlichen Lebens-grundlagen einsetzen oder für humanitä-re Ziele, kann man ihnen schwerlicheinen Eigennutz unterstellen. Organisa-tionen wie Greenpeace nimmt die Öffent-lichkeit eher ab, dass sie sich wirklich „für die Sache“ engagieren.

• Im Unterschied zu Parteien, die nachdurchsetzungsfähigen Mehrheitensuchen und Interessen bündeln müssen,brauchen NGOs nicht ständig Kompro-misse einzugehen. Sie können ihre Anlie-gen geradliniger vertreten und mutenihren Unterstützern deshalb weniger Enttäuschungen zu.

• Durch ihre inhaltliche Spezialisierungkönnen NGOs ein großes Fachwissen in

April 1995: Erste Besetzung der Brent Spar durch Greenpeacer.

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ihrem Teilgebiet erwerben. Sie müssen imUnterschied zu Parteien nicht auf jedesgesellschaftliche Thema reagieren. IhreFachkompetenz erhöht die Glaubwürdigkeit.

• Während Politiker immer auf den näch-sten Wahltermin schauen müssen undsich an kurzfristigen Zielen orientieren,arbeiten NGOs im Regelfall mit langfristi-ger Perspektive. Diese Hartnäckigkeitwird von den Unterstützern honoriert.

Während diese Faktoren auf alle NGOszutreffen, gibt es bei Greenpeace noch einigespezielle Faktoren, die die Glaubwürdigkeitstärken. Das wird anhand von Umfragendeutlich, die mehrere NGOs einbeziehen, sowie es das Allensbach-Institut im Herbst2002 bei einer Umfrage zum Umweltschutzgemacht hat.1 Das konservative Institut istdabei einer besonderen Greenpeace-Sympa-thie sicherlich unverdächtig. Die Tabelle zeigtdie Ergebnisse dieser Befragung von insge-samt 2081 Bundesbürgern über 16 Jahre.

Wie ist dieser Vertrauensbonus für Green-peace zu erklären? Die Ablehnung, die eineRegelverletzung bei einem Teil der deutschenÖffentlichkeit hervorruft, wird offenbar

mehr als aufgewogen durch die Anerken-nung, die mit dem persönlichen Risiko derAktivisten einhergeht. Die Bevölkerunghonoriert also, dass die politischen Forderun-gen von Greenpeace keine Rhetorik sind, son-dern durch persönliches Handeln untermau-ert werden. Die Glaubwürdigkeit resultiertsomit aus der für jeden offensichtlichen Ein-heit von Reden und Handeln.

Da Greenpeace die direkte Aktion gewählthat, um auf umweltpolitische Missstände auf-merksam zu machen, lehnt sich das Politik-modell der Organisation wesentlich näher anden persönlichen Erfahrungsbereich der Bür-ger an als dies normalerweise in der Politikder Fall ist. Die Erfahrung, dass inhaltlicheZiele und Taten zusammengehören, wirddurch die Aktionen fortlaufend in Erinne-rung gerufen. Diese „Verlässlichkeit“ derGreenpeace-Strategie, die in dem Organisa-tionsslogan „Taten statt Warten“ auf denPunkt gebracht wird, folgt dem Glaubwürdig-keitsmerkmal der Kohärenz: Vertrauen stelltsich ein durch eine ständig wiederholteErfahrung – in diesem Fall, dass die Aktivi-sten unter persönlich riskantem Einsatz einöffentliches Gut verteidigen (Gesundheit,Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen).

1) Allensbach-Umfrage dokumentiert in: Klaus Schweinsberg und Markus Kamrad: Umweltschutz: Kein Vertrauen in Unternehmer. In: Impulse,März 2003, Seite 35 – 38.

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Quelle: Allensbach 2002; Befragte: 2.081

Greenpeace

Verbraucherverbände/-zentralen

Bund f. Umwelt- u. Naturschutz (BUND)

Naturschutzbund (NABU)

Bundesministerium f. Verbraucherschutz

Bundesgesundheitsamt

Bundesumweltministerium

Kommunale Umweltberatung

Umweltministerium meines Bundeslandes

Umweltbundesamt Berlin

Deutscher Bauernverband

Kleine u. mittlere Unternehmen

Großunternehmen

Parteien

Vertrauen in Institutionen im Umweltbereich

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Ein weiterer Faktor ist in diesem Zusam-menhang das oft zitierte David-gegen-Goli-ath-Schema: Aktivisten, die freiwillig einenstarken Gegner herausfordern, gehen offen-sichtlich nicht den Weg des geringstenWiderstandes, sondern nehmen erstens einRisiko in Kauf und müssen zweitens von derLauterkeit ihrer Ziele absolut überzeugt sein.Der moralische Anspruch, mit dem Green-peace sich für den Schutz öffentlicher Gütereinsetzt, bietet überdies ideale Identifika-tionsmöglichkeiten für die Teile der Öffent-lichkeit, die das inhaltliche Anliegen wichtigfinden, aber selbst nicht aktiv werden kön-nen und daher das „Stellvertreterhandeln“durch Greenpeace begrüßen.

All diese Faktoren, die zur Glaubwürdig-keit von Greenpeace beitragen, haben aller-dings eine ebenso simple wie zentrale Grund-voraussetzung: dass der Wahrheitsgehalt zen-traler Argumentationen, auf denen eine Kam-pagne basiert, nicht erschüttert werden kann.Was sich selbstverständlich anhört, ist weit-aus komplexer, als man zunächst denkt, dennbei etlichen Themen aus der Umweltdebattegibt es widerstreitende Wahrheitsbehauptun-gen – je nachdem, welche Experten zu Rategezogen und welche Risiken als tragbar oderals zu weitgehend bewertet werden. Hinzukommt, dass Greenpeace mit dem Mittel derKampagnenpolitik arbeitet und deshalb einegewisse Zuspitzung der eigenen Argumenta-tion braucht. Chancen und Risiken einer sol-chen Politikstrategie werden im Fall derBrent Spar-Kampagne besonders deutlich.

Glaubwürdigkeit im Fall Brent SparBei der Brent Spar-Kampagne hat Greenpeacevon Anfang an diese Plattform als Präzedenz-fall für alle im Nordost-Atlantik anstehendenVersenkungen angesehen. Es ging also bei

der Besetzung um Grundsatzfragen: Erstensdarum, dass ein allgemeines Versenkungsver-bot gefordert wurde, über die Frage hinaus,welchen ökologischen Schaden die Versen-kung dieser einen Plattform anrichten würde.Zweitens ging es um das Prinzip, dass es alsnicht tragbar hingenommen werden konnte,dass ein Ölkonzern aus ökonomischen Grün-den das Recht erhalten sollte, ein mit Schad-stoffen belastetes Industrieobjekt zu versen-ken, während Privatpersonen zu Recht in diePflicht genommen werden, ihren Müllumweltschonend zu entsorgen.

So geeignet sich das Instrument der Kam-pagne auch erwies, das Thema Brent Sparbekannt zu machen, ist es der Organisationoffensichtlich nur mit Abstrichen gelungen,den Symbolcharakter der Plattformbeset-zung zu vermitteln. Das dahinter liegendeZiel eines generellen Versenkungsverbotswurde zwar durch die folgenden politischenWeichenstellungen der OSPAR-Konferenzerreicht.2 Es ist der Öffentlichkeit aber we-sentlich weniger präsent als die dramatischenBilder von der Plattformbesetzung. Diese ver-kürzte Wahrnehmung der Greenpeace-Zielestellt sich im Zusammenhang mit der fal-schen Hochrechnung von Ölschlämmen inden Tanks der Brent Spar als großes Glaub-würdigkeitsrisiko heraus. Nicht die Grundsatz-argumentation von Greenpeace zum Schutzder Meere prägte sich ein, sondern das Sym-

2) An der zwischenstaatlichen Ospar-Kommission (Oslo-Paris-Kommission) sind 15 Länder beteiligt. Die Kommission trifft auf RegierungsebeneVereinbarungen zum Schutz der Küsten und Gewässer des Nordost-Atlantiks, einschließlich der Nordsee. 1998 beschloss sie in Sintra/Portugalein Versenkungsverbot für Plattformen.

Schutzgut in der Nordsee

über und unter Wasser:

1 Seevögel, 2 Seestern

auf Koralle, 3 Robben,

4 Korallenriff mit rotem

Seetang.

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bol Brent Spar. Damit wurde auch die Glaub-würdigkeitsfrage nicht so sehr am richtigenGrundsatz, sondern an Details rund um dieBrent Spar festgemacht. Ein Fehler im Detailkonnte somit zum Glaubwürdigkeitsrisiko fürdie ganze Organisation werden.

In der Argumentation von Greenpeacegegen die Versenkung hatte von Beginn derKampagne am 30. April 1995 an die Mengeder Schadstoffe auf der Brent Spar nur eineuntergeordnete Rolle gespielt. Zahlen, dieGreenpeace dazu veröffentlichte (100 bis 130

Tonnen), stammten aus Unterlagen der Shell.Eine Presseerklärung, die diese Linie verließund in der erstmals von 5500 Tonnen Öl dieRede war, verbreitete das britische Green-peace-Büro am 16. Juni. Greenpeace Deutsch-land schloss sich am 18. Juni – zwei Tage vorder Entscheidung von Shell, die Versen-kungspläne aufzugeben – mit einer zurück-haltend formulierten Presseerklärung an, inder es u.a. hieß: „Die inzwischen vom Laborder Universität Exeter ausgewerteten Probenund Mengenhochrechnungen stützen trotzder wissenschaftlich nicht exakt gesichertenBeprobungstechnik die Aussage, dass sich anBord der Plattform noch 5500 Tonnen Öl undÖlrückstände befinden könnten.“ Diese Men-genangabe basierte auf einer Hochrechnungdes Labors, das eine improvisierte Probenah-me durch Greenpeace-Aktivisten ausgewertethatte. Während das Labor seiner Berechnungzugrunde legte, dass es sich um Proben auseinem Tank der Brent Spar gehandelt habe,

war die Probenahme tatsächlich nicht so weitvorgedrungen und hatte nur Material auseinem Lüftungsrohr des Tanks geliefert. Derso genannte Messfehler am Ende der BrentSpar-Kampagne beruhte also auf einem feh-lerbehafteten und nicht weiter überprüftenLaborergebnis.

Die Zahl von 5500 Tonnen wurde von denMedien kaum aufgegriffen. Für den Verlaufder Kampagne spielte sie deshalb, vielmehraber wegen des späten Zeitpunkts der Veröf-fentlichung, gar keine Rolle (vgl. ausführ-licher Brent Spar als Geschichte und Gegen-wart – Zur sozialen Brisanz der Auseinander-setzung). Als sich bei Greenpeace später dieEinsicht durchsetzte, dass die Hochrechnungfalsch war, entschuldigte sich die Organisa-tion bei Shell für die Verbreitung der fal-schen Berechnung. Erst dann, Anfang Sep-tember 1995, erhielt die Mengenangabe einegrundsätzliche Bedeutung: In der Rückschausetzte sich die Einschätzung durch, Green-peace habe die gesamte Kampagne auf fal-schen Zahlen aufgebaut und so die Öffent-lichkeit getäuscht.

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Diese Erfahrung zeigt deutlich die Gren-zen von Kampagnenpolitik: Indem Green-peace sich in seinen Aktionen auf plakativeEinzelfälle bezieht, die ein größeres Problemillustrieren, wird in Kauf genommen, dassnur wenige Fachpublikationen und Qualitäts-medien den gesamten Zusammenhang dar-stellen, während die breite Masse sich auf daskonkrete Beispiel bezieht. An diesem Einzel-fall muss dann allerdings jedes Detail stim-men. Ein Fehler stellt in der Rückschau gleichdie Glaubwürdigkeit insgesamt in Frage.

Wer wie Greenpeace in sehr konfrontati-ver und kämpferischer Form Vorwürfeerhebt, muss damit leben können, dass auchdie Gegenseite jeden Fehler nutzen wird. Diepolitische Arbeit mit dem Mittel der Kampag-ne erfordert deshalb bei aller Zuspitzung einebesondere Sorgfalt im Umgang mit den Fak-ten. In dieser Hinsicht ist die falsche Hoch-rechnung zu den Ölschlämmen ein Kardinal-fehler, der auf keinen Fall passieren durfte.

Konsequenzen des „Messfehlers”Bis heute wirkt das Menetekel des so genann-ten Messfehlers vor allem im Kontakt mitJournalisten fort, denn viele erinnern sich ineher diffuser Weise daran, „dass bei der BrentSpar-Kampagne doch nicht alles stimmte,was Greenpeace behauptet hat“. Weil dieOrganisation es zunächst versäumte, die Dar-

stellung richtig zu stellen, die gesamte Kam-pagne sei auf falschen Zahlen aufgebautgewesen, hat diese Version außerdem mittler-weile ihren Eingang in etliche Pressearchiveund Buchveröffentlichungen gefunden. Siereproduziert sich deshalb zu einem gewissenGrad selbst, sobald ein Journalist nachschlägt,was denn 1995 geschehen ist. Es ist somitdavon auszugehen, dass Greenpeace nochJahre damit zu tun haben wird, die Glaubwür-digkeitsverluste bei Medienvertretern wiederauszugleichen.

Anders verhält es sich übrigens mit derallgemeinen Öffentlichkeit. Entgegen derlandläufigen Meinung hat Greenpeace durchdie Brent Spar-Kampagne keine gravierendeVeränderung bei den Spendeneinnahmenerfahren und auch keinen nachhaltigen Ima-geschaden erlitten. Die Spendeneinnahmenvon Greenpeace Deutschland, dem bei derBrent Spar-Kampagne federführenden natio-nalen Büro, stiegen von 71,2 Millionen Markim Jahr 1994 auf 72,7 Millionen im Jahr 1995,um schließlich 1996 auf 69,6 Millionen Markzurückzugehen. Sie bewegen sich seitdem

Greenpeace hilft bei der

Schadensbeseitigung nach

Umweltkatastrophen und

liefert langfristige Lösungs-

vorschläge.

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trotz der wirtschaftlichen Krise in Deutsch-land auf einem in etwa gleichbleibendenNiveau, wobei 2004 mit rund 40 MillionenEuro der bisher höchste Wert erreicht wurde.

Breite Unterstützung und gutes Image für GreenpeaceNach wie vor unterstützen in der Bundesre-publik jedes Jahr über eine halbe MillionMenschen Greenpeace durch eine Spende. ImJahr 2004 wurde mit 547.000 Förderern einneuer Rekord erzielt. Das Imageprofil vonGreenpeace wird in regelmäßigen Abständendurch eine repräsentative Bevölkerungsum-frage erforscht, die Emnid vergleichend füralle größeren Spendenorganisationen inDeutschland durchführt. Dabei erzielt Green-peace über die Jahre weitgehend gleichblei-bend hohe Werte bei den Merkmalen „Wir-kung“, „Kompetenz“ und „Professionalität“,die vor den anderen Umweltverbänden lie-gen und hinter „Ärzte ohne Grenzen“ oderden SOS-Kinderdörfern, also Spendenorgani-sationen, die weitaus weniger polarisieren,als Greenpeace es tut.

Offshore-Windanlagen

statt Ölförderplattformen

sind eine wesentlich um-

welt- und klimafreund-

lichere Art der Energie-

gewinnung. Greenpeace

kämpft für den Meeres-

schutz weltweit! Nur eine

ökologisch nachhaltige

und sozial verantwortli-

che Nutzung mit einem

Netzwerk von Meeres-

Schutzgebieten kann die

Ozeane retten.

Die Tatsache, dass der Brent Spar-Fehlernicht zu einem Vertrauensverlust in derGesamtbevölkerung geführt hat, kann aller-dings kein Grund sein, mit dieser Panneleichtfertig umzugehen. So hat Greenpeaceals eine der Konsequenzen die Recherche-Abteilung erheblich ausgebaut und professio-nalisiert. Das geschärfte Bewusstsein, dassdie Glaubwürdigkeit das zentrale Kapital derNGOs ist, hat zu besseren Routinen der inter-nen Qualitätskontrolle geführt, die sich z.B.in kodifizierten Regeln niederschlagen, wieProben zu nehmen sind, oder in der Vorgabe,dass zwei Labore unabhängig voneinanderMess- und Analyseergebnisse überprüfen,bevor Messdaten veröffentlicht werden dür-fen. Der Schock, den die falschen Messergeb-nisse auch organisationsintern ausgelösthaben, hatte also eine positive Wirkung, weilseitdem die eigenen Professionalitätsansprü-che klarer formuliert wurden und deren Ein-haltung strenger kontrolliert wird.

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Greenpeace e.V. 22745 Hamburg Tel. 040/306 18-0,Fax. 040/306 18-100E-Mail: mail @ greenpeace.de, Politische Vertretung Berlin, Marienstr. 19 – 20, 10117 Berlin

Tel. 030 /30 88 99 - 0, Fax 030/30 88 99-30 Internet: www. greenpeace.de

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Greenpeace und das Meer– seit seinen Anfängen setzt

sich Greenpeace weltweit für den Schutz der Ozeane ein. Mit

direkten Aktionen auf See und beharrlichen Kampagnen gelang

es, wesentliche Erfolge zu erreichen. Doch keine Kampagne

erregte so viel Aufsehen und mobilisierte so viele Menschen wie

der Protest gegen die Versenkung der ausgedienten Plattform

Brent Spar im Jahr 1995. Der weitreichende politische Durchbruch

kam wie bei früheren Kampagnen allerdings erst Jahre später –

seit 1998 gilt ein Versenkungsverbot für die heute etwa 540 Platt-

formen im Nordost-Atlantik und der Nordsee. Die Brent Spar-

Kampagne war ein Höhepunkt der internationalen Umwelt-

bewegung und schuf ein Bewusstsein dafür, dass die Industrie

Verantwortung zu übernehmen hat. Aber die Nordsee ist weiter-

hin in der Krise – sie ist ein Industriegebiet. Höchste Zeit für

großflächige Schutzgebiete: Der Einsatz von Greenpeace für den

Schutz der Meere geht weiter.

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