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Historische Messungen und Berechnungen von Erde, Sonne und Mond SLA Mathematik 2010 Eine Arbeit von Johannes Mani Dozent: H. Walser SLA Mathematik 2010

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Historische Messungen und Berechnungen von Erde, Sonne und Mond

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Historische Messungen und Berechnungen von Erde, Sonne und Mond

SLA Mathematik

2010

Eine Arbeit von Johannes Mani Dozent: H. Walser

SLA Mathematik 2010

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Historische Messungen und Berechnungen von Erde, Sonne und Mond

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Inhalt Seite

Einleitung ................................................................................................................................................. 3

1. Die Anfänge der Erdmessung .......................................................................................................... 4

1.1. Für den Schulunterricht ........................................................................................................... 5

2. Die Erdmessung des Eratosthenes .................................................................................................. 6

2.1. Für den Schulunterricht ........................................................................................................... 7

2.2. Experimente mit einem Erdkugelmodell ................................................................................ 8

3. Die Grösse von Mond und Sonne und ihre Distanzen zur Erde. ..................................................... 9

3.1. Die Entfernungen von Sonne, Mond und Erde ....................................................................... 9

3.2. Die Grössenverhältnisse des Mondes zur Sonne ................................................................. 10

3.3. Bestimmung des Winkeldurchmessers von Mond und Sonne ............................................. 10

3.4. Grössenrelationen zur Erde ................................................................................................... 11

4. Triangulation: Landesvermessung mit Hilfe der Trigonometrie .................................................. 13

4.1. Probleme und Schwierigkeiten ............................................................................................. 14

4.1.1. Winkelmessung ............................................................................................................ 14

4.1.2. Die Höhendifferenzen .................................................................................................. 15

4.1.3. Die Erdkrümmung ......................................................................................................... 15

4.2. Die Weiterentwicklung der Triangulation............................................................................. 16

4.3. GPS ........................................................................................................................................ 16

Schlusswort ........................................................................................................................................... 17

Quellenangaben .................................................................................................................................... 18

Literatur ............................................................................................................................................. 18

Textausschnitte Internet .................................................................................................................. 18

Bilder ................................................................................................................................................. 18

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Einleitung Die eindrückliche und einfache Vermessung und Kalkulation des Erdumfangs von Eratosthenes im alten Griechenland diente für mich als Inspiration, diese Arbeit zu schreiben. Ich war dermassen erstaunt über das Vorstellungsvermögen der Gelehrten dieser Zeit, dass ich ausgehend von diesem Beispiel für mein Thema „Historische Messungen und Berechnungen von Erde, Sonne und Mond“ zu recherchieren begann. Als ich über die historische Erdmessung zu lesen anfing, faszinierte mich immer mehr, wie die Höhe der Berge, die geographische Breite und Länge, der Umfang der Erde oder die Entfernung zu anderen Gestirnen schon in sehr früher Zeit erforscht, gemessen, berechnet und geschätzt wurde. Ich habe für diese Arbeit ein paar besonders eindrückliche und bedeutende Beispiele ausgewählt. Das Schöne an diesem Thema ist auch die Tatsache, dass es sich für den Mathematikunterricht der Sekundarstufe hervorragend eignet. Es handelt sich dabei um Themen wie z.B. den Satz des Pythagoras, Euklidische Geometrie, Kreisberechnungen und Trigonometrie. Es könnten Aufgaben in Gruppen auswählt, bearbeitet und anschliessend der Klasse präsentiert werden. Ich wünsche viel Vergnügen, einige Anregung und hoffentlich etwas Staunen beim Lesen und Nachrechnen dieser Arbeit.

Feldmesser mit Schrittzähler

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1. Die Anfänge der Erdmessung „…Die Marschleistung eines Mannes, der weder hastet noch bedächtig schreitet und der weder Greis noch Kind ist, entspricht der Marschleistung der Sonne und beträgt 30 Stadien je Stunde“ Achillis Tatius, um 300 n. Chr. Eine Längenmessung ist ein Vergleich zwischen einer unbekannten Stecke und einem von Menschen festgelegten Normmass, einer Masseinheit. Heutzutage haben sich Wissenschaftler auf den Meter geeinigt. Früher gab es jedoch unterschiedlichste Masseinheiten. Der menschliche Körper wurde früh als Massstab benutzt. Für lange Strecken konnte man Schritte, ja sogar Tages- oder Wochenmärsche zählen. Kurze Strecken mit den Füssen, Händen, Ellbogen und Arme messen. Gerade Herrscher und Könige verwendeten ihre Körper als Mass aller Dinge und somit als Masseinheit, z.B. die Ägyptische Königselle. Ebenso der englische Fuss, der angeblich so lang sein soll, wie der Fuss von König Henry I (ca. 30 cm!). Um Distanzen zu messen wurden auch andere Gegenstände benutzt. Holzlatten, Seile, Ketten und Bänder dienten Jahrtausende lang, um Grenzen zu ziehen, Grundrisse abzustecken und Distanzen zu messen. Später wurde das Messrad erfunden, das bequem von Hand gestossen werden kann und pro Umdrehung ein Geräusch (Klick) macht oder einen Zähler vorantreibt. In Ägypten entstand im 3. Jahrtausend v. Chr. Privatbesitz von Grund und Boden. Da der Nil die landwirtschaftlichen Flächen regelmässig überflutete, war es nötig, die Grenzen der Landstücke zu kennen und sie allenfalls nach dem Überfluten widerherzustellen. Diese Arbeit verrichteten sogenannte Seilspanner. Sie teilten die grossen Flächen in Raster ein. Mit Knotenseilen, z.B. einem Seil mit 13 Knoten in 12 regelmässigen Abständen, konnten sie sehr genaue rechte Winkel herstellen.

Die Messung von Entfernungen blieb sehr lange an feste Massstäbe gebunden. Musste z.B. ein Landstück an einem Berg vermessen werden, wurde es schwierig, Messlatten und Seile zu verwenden, da die Höhe auch berücksichtigt werden musste. Erst mit Methoden der Geometrie, bzw. der Trigonometrie und der Triangulation, konnten Distanzen berechnet werden, ohne dabei die gesamte Strecke mühsam mit dem Massstab abzulaufen.

Bild: Ägyptische Seilspanner beim Feldmessen. Wandmalerei im Grab des Mena in Theben um 1420 v. Chr.

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1.1. Für den Schulunterricht Das Thema „Messen“ kann in der Schule ganz ohne Meter oder Massstab eingeführt werden. Es ist wichtig, dass die Kinder das Prinzip des Messens verstehen: Messen heisst Vergleichen. Es geht dabei um Verhältnisse und Proportionen. Die Schülerinnen und Schüler sollen eine eigene Masseinheit erfinden z.B. ihr Fuss, oder die Spannbreite ihrer Arme. Nun können sie damit verschiedene Distanzen und Strecken und sogar Flächen abmessen, notieren und vergleichen. Beispiel: Dieser Raum ist 23 „Markus Fuss“ lang und 16 Fuss breit. Er ist also 368 Quadratfuss in der Grundfläche. Der Raum ist aber auch 3 ½ Markus Spannbreite lang und 2 ½ Spannbreite breit. Die Fläche ist 8 ¾ Quadratspannbreite gross. Die Kinder sollen herausfinden, wo sie welche Masseinheiten für welche Messung wählen sollen. Soll ich meine Armspannbreite verwenden um diese Grösse meines Schuletuis zu messen? Oder wäre eine Fingerbreite dafür besser geeignet? Oder, um die Länge des Schulhauses zu messen, könnte ich Schritte oder die Handbreite wählen. Was macht mehr Sinn? Natürlich darf die Konstruktion eines rechten Winkels mit Hilfe eines Knotenseils nicht fehlen. Ob drinnen im Schulzimmer oder im Grossformat auf dem Schulhof oder Feld, kann dieses Thema für die Kinder etwas Tolles und Unvergessliches sein. Die Schülerinnen und Schüler sollen überlegen, wie sie den rechten Winkel kontrollieren und korrigieren können. Eine Möglichkeit wäre, ein Seil aufzuspannen, das als Grundlinie dient. Nun kann das Knotenseil mit dem rechten Winkel so aufgespannt werden, dass eine Kathete auf der Grundlinie liegt. Die Spitze des Dreiecks wird am Boden markiert und das Dreieck spiegelnd überschlagen. Sind die zwei nebeneinander liegende Katheten nicht parallel, ist das Dreieck nicht genau rechtwinklig.

Bestimmung des durchschnittlichen Fussmasses. J. Köbel „Geometrey“, Frankfurt a. M. 1608

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2. Die Erdmessung des Eratosthenes Die Voraussetzung für einen Versuch, den Erdumfang zu messen, war die Tatsache, dass die Griechen im Jahr 250 v. Chr. die Erde als Kugel anschauten. etwa 500 Jahre später wurde die Erdgestalt in den Vorstellungen vieler Menschen (wieder) durch eine Scheibe ersetzt. Die Legende besagt, dass Eratosthenes, Freund von Archimedes, durch eine seltene Beobachtung auf die Idee kam den Erdumfang berechnen zu können. Bei der Stadt Syene (Assuan) am Nil, am nördlichen Wendekreis, gab es einen Brunnen wo die Sonne an ihrem Höchststand die ganze Wasseroberfläche tief unten in Schacht beschien. Eratosthenes erkannte, dass die Sonne in diesem Moment senkrecht von oben herab scheinen musste. Er kehrte nach Alexandria zurück, wo er entweder mit Hilfe eines zur Erde senkrechten Stabes (Gnomon), oder wohlmöglich auch mit einer Skaphe, eine halbkugelförmige Schale mit einem senkrechten Stab in der Mitte, den Einfallswinkel der Sonne mass. Er stellte fest, dass der gemessene Winkel ein Fünfzigstel eines Kreisumfangs war. Dies entspricht 7,2 Grad im heutigen 360 Grad Winkelsystem.

Die Skaphe. Eine Art Sonnenuhr

Da die Entfernung zwischen Alexandria und Syene durch Landesvermessungen bekannt war, nämlich 5000 Stadien, rechnete Eratosthenes den Erdumfang als 50 mal 5000 Stadien sind 250‘000 Stadien. Anders ausgedrückt: Rund um die Erde ist es 50 Mal so weit wie von Alexandria zum Wendekreis, also nach Syene. Die Frage bleibt für uns heutzutage: Welche Länge hatte damals eine Stadie. Es sind verschiedene Werte bekannt, die entsprechend unterschiedliche Ergebnisse liefern. Ein berühmter Wert dafür ist 185 Meter, was zu einem Erdumfang von 46‘250 km führen würde. Das Ägyptische Stadion, das 157,5 Meter entspricht, liefert einen dem heutigen Messwert von 40‘007 Meter erstaunlich nahen Wert, nämlich 39‘690 Meter. Dies entspricht einer Genauigkeit von +- 1%.

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2.1. Für den Schulunterricht Wie Eratosthenes mit Winkeln umgehen konnte, ohne Kenntnis der Sinus, Cosinus oder Tangensfunktion, so können auch Schüler die Winkeln entdecken, kennenlernen, und vielleicht auch selber eine Masseinheit entwickeln, um Winkelgrössen darzustellen. Wie gross sind beispielsweise folgende Winkel?

1. 2.

Lösungen: 1. Statt 90°, könnten wir den ersten Winkel als ¼ eines Kreises oder ¼ Mal ganz herum betrachten. Möglich wäre auch, dass ein rechter Winkel den Betrag = 1 hat. Dann wäre der volle Winkel = 4. 2. Statt diesen Winkel sofort mit 60° anzugeben, könnte ich zuerst feststellen, dass dieser Winkel drei Mal addiert, sowas wie Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang darstellt (also 180°). Der Winkel mal sechs ergibt den vollen Winkel (360°). Folglich ist der Winkel 1/6 von einem vollen Umgang. Beide Lösungen können konstruktiv zeichnerisch angegangen werden. So entwickeln die Schülerinnen und Schüler ein Gefühl für Winkel.

Um nicht alle Winkel als Bruchteil eines Kreises darstellen zu müssen, können Winkel mit Steigungen verglichen werden. Seiten können zueinander in Proportion gestellt werden, als Vorstufe der Trigonometrie. Bsp. 1: Die Höhe eines rechtwinkligen Dreiecks ist dreimal so lang wie die Grundlinie. Bsp. 2: Ich fahre mit dem Velo den Berg hoch. Der Berg ist 200 Meter hoch, auf dem Tachometer lese ich eine gefahrene Distanz von 2,4 km (2400 m). Wie gross ist der Winkel? Ich könnte z.B. sagen, die Steigungsstrecke und die Höhe haben das Verhältnis von 2 zu 24 oder 1 zu 12. Dieses Verhältnis ist ja bekanntlich der Sinus, einfach ohne Winkelangabe. 2.

1.

(Zeichnung nicht massgetreu)

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2.2. Experimente mit einem Erdkugelmodell

Am Beispiel der Erdmessung von Eratosthenes könnte ein Anschauungsmodell im Unterricht Sinn machen. Experiment: Ein Gymnastikball kann die Erde simulieren, einer Lampe mit parallelem Lichtstrahl die Sonne. Die Sonne kann natürlich auch direkt verwendet werden. Auf dem Ball kann beispielsweise eine kleine Kerze senkrecht montiert werden, um einen Sonnenstab darzustellen.

Zum Schluss kann ich mit einer Klasse versuchen, dieses historische Experiment in abgeänderter Form durchzuführen. Natürlich ist der Standort nicht Alexandria, sondern bspw. Basel. Nun sollen die Schülerinnen und Schüler entlang der Nord-Südlinie also (durch Basel: 7° 37‘ W= geogr. Länge von Greenwich aus gemessen) eine gewisse Distanz wählen und einen entsprechenden Ort dazu z.B. in Italien oder Norddeutschland der auf der gleichen geographischen Länge liegt. Mit dem Internet kann ich für diesen Ort den Sonnenstand am Mittag herausfinden. Man vergleicht den Sonnenstand mit dem Sonnenstand von Basel und berechnet die Differenz. Nun kann ich zwei Berechnungen anstellen. Entweder ich nehme den bekannten mittleren Erdumfang von 40‘024 km und kann die Entfernung zum Ort berechnen. Die zweite Variante ist, dass ich die bekannte Distanz zwischen den zwei Orten (mit Internet) benutze, so wie sich Eratosthenes auf die Distanzangabe der damaligen Vermesser gestützt hat, und meine eigenen Werte für den Erdumfang berechne. Habe ich genau gemessen? Oder ist mein Erdumfang komplett daneben??

2. Sonnenstab, der einen Schatten wirft. 1. Ein zylinderförmiger Karton sinuliert die Erdkrümmung

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3. Die Grösse von Mond und Sonne und ihre Distanzen zur Erde Aristarch von Samos 310-250 v. Chr.

Es ist nicht so, wie wir uns vielleicht vorstellen könnten, dass wir erst seit Beginn der Raumfahrt eine Vorstellung von den Grössen und Entfernungen von Erde, Mond und Sonne haben. Schon vor über 2000 Jahren erkannte der Grieche Aristarch von Samos, dass Sonne, Mond und Erde gewisse Abstände voneinander haben und schrieb seine Überlegungen und Berechnungen dazu auf.

3.1. Die Entfernungen von Sonne, Mond und Erde Der Halbmond war Ausgangslage für seine Überlegungen. Das Besondere an der Halbmondposition ist, dass Sonne, Mond und Betrachter in einem rechten Winkel zueinander stehen müssen.

Mit der Strecke Erde Sonne entsteht ein rechtwinkliges Dreieck. Da wir die Winkel von Dreiecken über die Proportionen der Seiten definieren können, ist es möglich, das Verhältnis beider Katheten mit dem Winkelabstand Mond zu Sonne zu berechnen. Da Trigonometrie, wie wir sie heute kennen, noch nicht vollständig entwickelt war, hat Aristarch den von ihm gemessenen Winkel α als „ ein Dreissigstel des Viertelkreises weniger als ein Viertelkreis“ definiert, also 90° weniger (90° * 1/30) sind 87°. Er nahm die Entfernung Erde-Mond EM = 1. Wenn man nun dieses Dreieck Mond – Beobachter – Sonne so genau wie möglich konstruiert, oder Winkelfunktionen zu Hilfe nimmt, erhält man Folgendes: Die Sonne ist etwa 19-mal so weit von der Erde entfernt wie der Mond. Mit Hilfe der Trigonometrie sieht das so aus:

cos α = 𝐸𝑀

𝐸𝑆 → ES =

𝐸𝑀

cos α mit EM = 1 ES =

1

cos 87° ≈ 19

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3.2. Die Grössenverhältnisse des Mondes zur Sonne Zur Bestimmung des Verhältnisses der Grösse des Mondes zur Grösse der Sonne nutzte Aristarch die Tatsache, dass bei einer totalen Sonnenfinsternis der Mond die Sonne ganz genau verdeckt. Nach den Gesetzen der Strahlenoptik wusste er: Sonne und Mond haben die gleiche scheinbare Grösse. Die Sonne ist (nach seinen Berechnungen) 19-mal si weit entfernt wie der Mond, also muss die Sonne auch 19-mal so gross sein wie der Mond. (Verhältnisse sind in der Darstellung abgeändert)

3.3. Bestimmung des Winkeldurchmessers von Mond und Sonne Aristarch soll die Winkeldurchmesser von Sonne und Mond bestimmt haben.

Er stellte fest, dass sich der Mond in der Nacht, sich über 1/15 eines Tierkreiszeichens erstreckt. Es gab und gibt noch heute 12 Tierkreiszeichen.

Winkeldurchmesser Mond und Sonne: 360°

12∗15 = 2° oder

2

360 von einem Kreisumfang.

(Heutige Werte: ca. ½° oder 31‘ bzw. 32‘.) Nimmt man die Entfernung Beobachter – Mond (oder Beobachter – Sonne) zu 1, so bedeutet ein Winkel von 2° eine Strecke von

2∗𝜋∗2°

360° = 0,035.

Der Durchmesser des Mondes beträgt also (nach Aristarch) 3,5% seiner Entfernung von der Erde. Der Durchmesser der Sonne beträgt ebenfalls 3,5% ihrer Entfernung von der Erde.

Winkeldurchmesser des Mondes

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3.4. Grössenrelationen zur Erde Alle bisherigen Zahlen und Verhältnisse standen bisher in keinem Grössenverhältnis zur Erde. Diese schwierige Aufgabe liess sich zum Glück mit einer Gleichung lösen. Aristarch stellte fest, dass bei einer Mondfinsternis drei ähnlich lange Phasen zu erkennen sind, nämlich je etwa eine Stunde.

1. Übergangsphase: von hell zu dunkel. 2. Schattenphase: Mond ist von der Erde bedeckt. 3. Übergangsphase: von dunkel zu hell.

Wenn man die Mondposition zu diesen Zeitangaben skizziert, ergibt sich folgendes Bild: Nach Aristarch hat der Mond gerade 2 Mal Platz im Kernschatten der Erde. Aus der folgenden Darstellung, können wir sehen, dass es sich um ein Problem von ähnlichen Dreiecken handelt, sprich vom Strahlensatz.

Die zwei grauen Kreise, symbolisieren den Mond, der laut Aristarch im Kernschatten der Erde 2 Mal Platz hat. Das erste kleine blaue Dreieck hat die Grundlinie EM und die Höhe H1. Das zweite grössere rote Dreieck hat die Grundlinie EM + ES und die Höhe H2. Wir wissen noch dass: ES = 19. Also ist Weiter ist und

H2 = RSonne − 2RMond

EM =1 EM+ES = 20

H1 = RErde – 2RMond

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Die Gleichung lautet: H1

EM =

H2

EM +ES →

RErde −2RMond

1 =

RSonne − 2RMond

20

Wir setzen für RSonne = 19 RMond → RErde −2RMond

1 =

19 RMond −2RMond

20

RErde −2RMond

1 =

17 RMond

20 І* 20

20 RErde − 40 RMond = 17 RMond RMond ≈ 0.35 RErde

Einen Wert für den Erdumfang bzw. Radius hatte Eratosthenes schon bestimmt. Somit war es Aristarch von Samos gelungen für Erde, Mond und Sonne die Verhältnisse der Grössen und ihre Entfernungen zu berechnen. In der folgenden Tabelle sind die heutigen Werte und die damaligen Werte miteinander verglichen. Spalte 1 und Spalte 3 unterscheiden sich in der Wahl der Einheit. In Spalte 1 ist der Abstand Erde - Mond als 1 angenommen. In Spalte 2 ist der Radius der Erde zu 1 angenommen. Spalte 3 zeigt die Distanzverhältnisse und Grössenverhältnisse auf Grund moderner Messungen. Aristarch hat die Grössenverhältnisse im Prinzip richtig erkannt, seine Messmethoden waren halt noch nicht so ausgereift. Der Winkel zwischen Mond und Sonne bei Halbmond, den Aristarch zu 87° angegeben hat, sollte eine Grösse von 89°51' haben. Der Durchmesser des Mondes und der Sonne ist mit 2° auch zu gross geraten. Mit heutigen Messgeräten erhält man für den Durchmesser des Mondes 31' und für den Durchmesser der Sonne 32'.

Spalte 1 Spalte 2 Spalte 3

Aristarch heute

Radius der Erde 0.050 1,000 1,000

Radius des Mondes 0,018 0,350 0,270

Radius der Sonne 0,330 6,600 110,000

Abstand Erde – Mond 1,000 20,000 60,000

Abstand Erde – Sonne 19,000 380,000 23'500,000

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4. Triangulation: Landesvermessung mit Hilfe der Trigonometrie Die Landesvermessung mittels Messstab blieb über sehr lange Zeit eine brauchbare und sichere, jedoch aufwändige Methode. Im Jahr 1615 entwickelte der holländische Geometer Snellius eine revolutionäre, Methode um Distanzen einfach und mit der Zeit auch sehr genau zu vermessen bzw. zu berechnen. Die Methode funktioniert wie die Winkelmessung von Aristarch bei Halbmond. Neu ist, dass die Erde so vermessen werden kann. Die Grundidee ist folgende: Ich messe eine gewisse Grundstrecke AB (Basis) mit herkömmlichen Messhilfen. Ich wähle hierfür ein möglichst flaches (keine/ kleine Höhendifferenzen) gut zugängliches und vermessbares Stück Land. Ich suche jetzt in der Landschaft einen dritten Punkt C beispielsweise einen Kirchenturm, der mit den Anfangs- und Endpunkten der Basisstrecke A und B ein grosses Dreieck bildet. Nun kann ich vom Punkt A aus den Punkt C anvisieren. Ich messe den Winkel α und anschliessend vom Punkt B den Winkel β. Mit Hilfe des Sinussatzes kann ich alle drei Seiten a, b und c berechnen. Beispiel:

Basis c =25m Winkel 𝛼 = 87° Winkel β = 88° 𝛾: 180° - α-β = 𝛾 = 5°

= b

sin β =

c

sin γ →

b

sin 88° =

25m

sin 5°

b = 25∗ sin 88°

sin 5° → b≈ 286,67 m und a ≈ 286,44 m

Sinussatz: 𝑎

sin 𝛼 =

𝑏

sin 𝛽 =

𝑐

sin 𝛾

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4.1. Probleme und Schwierigkeiten Hier sind einige Schwierigkeiten und Probleme dieser Methode.

4.1.1. Winkelmessung Wie kann ich den Winkel α möglichst genau messen, wo die Basis lediglich aus zwei Punkten oder Pfosten besteht? Ich kann nicht gleichzeitig von blossem Auge zwei entfernte Punkte (B und C) anpeilen, die fast 90° auseinander liegen. Die einfachste Apparatur für diese Aufgabe ist eine waagrechte, drehbare, viertelkreisförmige Metallplatte auf einem Dreibein. Darauf sind Winkelmarkierungen von 0° bis 90° eingeritzt. Am Kreismittelpunkt und an der 0° Markierung sind feste dünne Markierstifte.

Ich schaue vom Kreismittelpunkt über die 0° Markierung, suche den Punkt B in der Ferne und arretiere die bewegliche Platte in der genauen Ausrichtung. Nun schwenke ich den Blick, wieder vom Kreismittelpunkt aus, bis ich das Zielobjekt, den Punkt C vor mir sehe. Mit einem verstellbaren dritten Markierstift kann ich den Winkel α genau festsetzen und ablesen Mit Jean Picard 1670, wurde zusätzlich ein Fernrohr benutzt, das auf der Apparatur befestigt war. Dieser Winkelquadrant erlaubte genauere Messungen und weit grössere Messentfernungen und wird Theodolit genannt.

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4.1.2. Die Höhendifferenzen Was sich ursprünglich als Problem für die Landesvermessung mit Triangulation zeigte, konnte bald sogar genutzt werden, um die Höhe eines Berges zu berechnen. Triangulation in der Ebene war eine recht einfache Sache. Doch sobald es Hügel in den Landschaft gab, wurden die Entfernungen ungenau. Man hat dieses Problem gelöst mit Hilfe des Barometers als Höhenmesser. Die Höhe des Berges wurde zuerst gemessen. Danach konnte man die Distanz bis zur Spitze des Berges berechnen und schliesslich die wahre Entfernung bestimmen, was für die Kartenzeichner von Bedeutung war. Das Prinzip ist wie bei einer Pyramide, wo zuerst die Seitenkante einer Pyramide, und anschliessend die Grundlinie berechnet werden.

Im Diagramm ist deutlich zu erkennen: x < ℎ𝑠

4.1.3. Die Erdkrümmung Mit dem Teleskop als Hilfsmittel in der Landesmessung entstand ein weiteres Problem. Die grossen Distanzen bspw. von einer Kathedrale zu einem Berg stimmten nicht mit der Distanz überein, die am Boden gemessen wurde. Die Erdkrümmung war nicht berücksichtigt worden. Als dieses Problem erkannt wurde, fing man an, mit den Gesetzen der sphärischen Trigonometrie zu rechnen.

Beispiel: Sphärischer Abstand. Dies ist der Abstand zweier Punkte auf einer Kugel, gemessen entlang eines Grosskreises. Für zwei bekannte Orte mit Geographische Koordinaten ergibt sich folgende Rechnung P (30°S, 60°W) Q(60°N, 60°E)

Somit erhalten wir für c den Winkel

Der Bogen auf der Erdkugel wäre 14‘500 km.

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4.2. Die Weiterentwicklung der Triangulation Snellius, der mit dieser Methode die ersten grossen Messungen durchführte, hat nicht bspw. ganz Holland mit nur einem Dreieck vermessen. Er spannte ein imaginäres Dreiecksgitter über das Land und zeichnete es in seine Karte ein. Er fing mit einer Basis an und nahm die neuen Seiten a und b als neue Basisstrecken für die Weitermessung. Nach und nach wurden einzelne Länder vermessen, bis grosse Teile Europas mit Dreiecknetzen überspannt und vermessen waren. Es wurden Fixpunkte installiert, damit man immer wieder von gleichen Punkten aus messen konnte. Die Triangulation wurde immer weiterentwickelt und blieb wichtigste Landesvermessungsmethode bis ins 20. Jahrhundert. Die grosse Genauigkeit, die beim Bau des ersten Gotthard Tunnels erreicht wurde, verdanken wir der Triangulation. Nur damit war es möglich, die beiden Enden des Tunnels räumlich miteinander in Korrespondez zu bringen.

4.3. GPS Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die bedeutende Rolle der Triangulation für die Landesvermessung durch die Satellitenvermessung mit GPS abgelöst. Jetzt hatte definitiv ein neues Zeitalter in der Geschichte der Vermessung der Erde begonnen. Heute kann die Erde auf dieser Art und Weise auf wenige Zentimeter genau kartographiert werden.

Dreiecksnetz von Holland von Snellius 1615

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Schlusswort Was bleibt uns übrig von den alten Messmethoden? Wozu dieses alte Wissen aufbewahren und studieren? Was viele Menschen fasziniert, ist diese einfache, begreifbare Art, unseren Lebensraum zu vermessen, ohne komplizierte Computerprogramme und Hightech Satelliten. Für die Schulen und die Universitäten bieten diese Gebiete der frühesten Messtechnik eine wichtige und äusserst spannende Art, Mathematik und Geometrie sinnvoll anzuwenden. Für mich hat sich ein neues Gebiet eröffnet, das mir bestimmt noch lange Zeit viel Interesse und Rätsel bieten wird.

Theodolit aus Messing

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Quellenangaben

Literatur Wer hat Himmel und Erde gemessen? E. Bachmann Eratosthenes von Kyrene. D. Lelgemann Geschichte der Geodäsie in Deutschland. W. Torge Geodäsie. W. Torge

Textausschnitte Internet http://www.martin-wagenschein.de/K-Kohl/Eratosth.htm http://ago.astronomie.ch/volume5/sys/index.html http://www.math.unibas.ch/~walser/institut/vorlesungen/09hs/SLA/Vorlesung/304_V_SphaerTrigonometrie.pdf

Bilder http://media-2.web.britannica.com/eb-media/49/66649-004-0C10672E.gif http://martin-wagenschein.de/K-Kohl/Skaphe.jpg http://mysite.du.edu/~jcalvert/astro/gnom1.gif http://www.pballew.net/rood.gif http://www.hsg-kl.de/faecher/m/sinus/sk9/seilsp.gif http://www.abelprisen.no/images/2010/marcus_tate2.gif http://www.carlsaganvideos.com/thumbnails/Carl_Sagan_on_Eratosthenes.flv_thumbnail_7.jpg http://perbosc.eratosnoon.free.fr/IMG/jpg/dimapur-1472-2.jpg http://static.letsbuyit.com/filer/images/de/products/original/239/42/gymnastikball-sissel-securemax-ball-professionell-55-cm-blau-23942488.jpeg http://www.artisanti.com/ekmps/shops/artisanti/images/palladium-metal-spotlight-8264-p.jpg http://ago.astronomie.ch/volume5/page1/odba05.gif http://www.venus-transit.de/Halley/aristarch.gif http://www.hschlieker.de/files/zeichnungen_kirchturm.jpg http://hsleitner.files.wordpress.com/2008/04/pyramide11.gif http://www.math.unibas.ch/~walser/institut/vorlesungen/09hs/SLA/Vorlesung/304_V_SphaerTrigonometrie.pdf http://www.cosmovisions.com/SnelliusTriangles.gif http://www8.garmin.com/graphics/24satellite.jpg http://files.gpstracking247.com/uploaded_images/gps-satellite-tracking-system-714098.jpg http://www.lrc.state.ky.us/record/Moments04RS/08_theodolite_web.jpg http://www.saxosilesia.de/atlasselectus/2l.gif