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Hochschulbildung und soziale Herkunft: Leistung und Habitus von Studierenden und Promovierenden im deutschen Bildungswesen Die Promotion: Ein Reproduktionsmechanismus von sozialer Ungleichheit Magisterarbeit zur Erlangung des Magister Artium vorgelegt von Alexander Lenger aus Lemgo SS 2006 Soziologie

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Hochschulbildung und soziale Herkunft: Leistung und Habitus

von Studierenden und Promovierenden im deutschen

Bildungswesen

Die Promotion: Ein Reproduktionsmechanismus von sozialer Ungleichheit

Magisterarbeit zur Erlangung des Magister Artium vorgelegt von

Alexander Lenger

aus Lemgo

SS 2006 Soziologie

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Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................... 4

Tabellenverzeichnis.................................................................................................................... 5

1. Ausgangspunkt und Ziele .................................................................................................... 9

2. Konzeption der Studie ....................................................................................................... 15

3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen.......................................................................... 23

3.0 Argumentationsskizze .................................................................................................... 23

3.1 Bildungsexpansion und Chancengleichheit ................................................................... 24

3.2 Soziologische Kategorien und Begriffssysteme von Bildung........................................ 29

3.3 Der methodische Ansatz von Pierre Bourdieu und seine Bezugspunkte zur Bildung... 35

3.4 Die Promotion in der Konzeption von Pierre Bourdieu ................................................ 41

4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland ............................................... 47

4.0 Argumentationsskizze .................................................................................................... 47

4.1 Strukturelle Entwicklung der Promotion nach 1945 ...................................................... 48

4.2 Quantitative Entwicklung des Doktortitels .................................................................... 54

4.3 Die Promotion im Wandel.............................................................................................. 57

Exkurs 1: Das wissenschaftliche Feld............................................................................. 61

4.4 Promovierende im wissenschaftlichen Feld................................................................... 63

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit................................................. 69

5.0 Argumentationsskizze .................................................................................................... 69

5.1 Die Illusion des Leistungsparadigmas............................................................................ 70

5.2 Soziale Zusammensetzung der Promovierenden............................................................ 74

5.3 Entschluss zur Promotion und Promotionsmotive ........................................................ 79

Exkurs 2: Der Streit der Fakultäten ................................................................................. 84

5.4 Positionen im sozialen Raum ......................................................................................... 88

5.4.1 Ökonomisches Kapital............................................................................................. 89

5.4.2 Kulturelles Kapital .................................................................................................. 94

5.4.3 Soziales Kapital....................................................................................................... 97

5.5 Die Position der Fachbereiche im sozialen Raum........................................................ 104

6. Die Promotion: Ein Reproduktionsmechanismus von sozialer Ungleichheit ............. 109

Literaturverzeichnis................................................................................................................ 115

Anhang ................................................................................................................................... 127

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schülerinnen und Schüler im 8. Schuljahr nach Schulart in Deutschland ......... 25

Abbildung 2: Schüler- und Studentenzahlen 1950 bis 2000 .................................................... 26

Abbildung 3: Der Bildungstrichter: Eine schematische Darstellung sozialer Selektion .......... 29

Abbildung 4: Entwicklung der Promotionsprüfungen von 1953 bis 2004............................... 55

Abbildung 5: Promotionen in Relation zu allen Hochschulprüfungen (ohne Lehramt) fünf

Jahre zuvor .......................................................................................................... 56

Abbildung 6: Publikationstätigkeit nach Fachbereichen .......................................................... 65

Abbildung 7: Publikationstätigkeit nach Geschlecht................................................................ 67

Abbildung 8: Bildungsherkunft der Eltern ............................................................................... 76

Abbildung 9: Promotionsmotive nach Promotionsfachbereichen ............................................ 81

Abbildung 10: Zusammenhang zwischen promovierten und nicht-promovierten Verwandten

und dem ökonomischen Kapital ....................................................................... 96

Abbildung 11: Promotion an der „Heimatuniversität“ ........................................................... 100

Abbildung 12: Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft während des Studiums ................. 102

Abbildung 13: Raum der sozialen Positionen ........................................................................ 105

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Alter der befragten Doktorandinnen und Doktoranden .......................................... 19

Tabelle 2: Erfolgreich abgelegte Promotionen und Teilnehmer der Befragung nach

Fächergruppen (ohne Medizin) .............................................................................. 19

Tabelle 3: Publikationstätigkeit von Promovierenden ............................................................. 64

Tabelle 4: Zusammenhangsmaße für die Variable „Wissenschaftliche Karriere“................... 66

Tabelle 5: Studiendauer nach Fach- und Hochschulsemestern sowie Note bei Erwerb der

Hochschulzugangsberechtigung, die Note der Magister- bzw. Diplomarbeit und

die Note bei Studienabschluss nach Promotionsbereichen .................................... 72

Tabelle 6: Relativer Besuch eines Gymnasiums nach Bildungsherkunft der Eltern ............... 75

Tabelle 7: Durchschnittliches Nettoeinkommen der Eltern ..................................................... 77

Tabelle 8: Neigungen zu einer wissenschaftlichen Karriere nach Fachbereichen ................... 84

Tabelle 9: Hierarchie der Fächer nach Bourdieu ..................................................................... 86

Tabelle 10: Zusammenhangsmaße zwischen Höhe des ökonomischen Kapital und

Fachbereich ............................................................................................................ 90

Tabelle 11: Nettoeinkommen der Eltern im Fächervergleich .................................................. 90

Tabelle 12: Monatlich zur Verfügung stehendes Geld während des Studiums ....................... 91

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Tabelle 13: Finanzierung des Lebensunterhaltes während der Promotion .............................. 92

Tabelle 14: Durchschnittliches monatliches Netto-Einkommen.............................................. 94

Tabelle 15: Bildungsherkunft der Promovierenden nach Promotionsbereichen...................... 95

Tabelle 16: Arten der Betreuersuche........................................................................................ 99

Tabelle 17: Entstehung des Kontaktes zum Promotionsbetreuer........................................... 100

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Kapitel 1

Ausgangspunkt und Ziele

„Es gilt, die Ungleichheitsdiskussion wieder aufzunehmen, die für die

moderne arbeits- und beschäftigungsbezogene Bildungsforschung

konstitutiv war – Ungleichheit verstanden als die ungleiche Verteilung

von Lebenschancen und –risiken im Bereich von Bildung und Arbeit.

Denn Ungleichheit im Zugang zu ökonomischen, sozialen und kulturellen

Ressourcen ist weiterhin konstitutiv für die gesellschaftliche

Strukturierung“ (Bolder, Heinz & Rodax 1996).

Gegenstand dieser Abhandlung ist die soziale Herkunft von Doktorandinnen und

Doktoranden an deutschen Universitäten. Allerdings kann eine solche soziologische Arbeit

über Promovierende nicht für sich beanspruchen eine gänzlich neue Thematik zu behandeln.

Denn die vielfältigen Vorteile von Bildung haben die Frage, wie dieses knappe Gut auf die

Bevölkerung aufgeteilt wird und welche Ungleichheiten daraus resultierten, ins Zentrum

soziologischer Bildungsforschung gerückt. Theoretisch werden die Mechanismen, die für die

ungleiche Verteilung von Bildung verantwortlich sind, kontrovers diskutiert. Gegen die

angeführte Position, dass ungleiche Bildungserfolge aus der unterschiedlichen genetischen

Ausstattung mit Intelligenz resultieren (vgl. Young 1963, Herrnstein 1974) hat der Soziologe

Pierre Bourdieu die strukturierende Bedeutung sozialer, kultureller und ökonomischer

Faktoren aufgezeigt (vgl. Bourdieu 1982). Darüber hinaus ist seit Beginn der neunziger Jahre

ein zunehmendes Interesse an sozialwissenschaftlichen Untersuchungen über die langfristigen

Folgen der Bildungsexpansion für die Reproduktion der Sozialstruktur und den Abbau

sozialer Ungleichheiten zu beobachten (vgl. Krais 1996). Die empirischen Ergebnisse zeigen,

dass von der Auflösung der Klassengesellschaft und vom Verschwinden strukturierter sozialer

Ungleichheiten keine Rede sein kann (vgl. exemplarisch Berger & Kahlert 2005). Die Frage

nach der sozialen Herkunft von Akademikern ist mittlerweile praktisch zu einem

unverzichtbaren Bestandteil der Sozial- und Bildungsforschung geworden.1

1 Bildungsforschung bezeichnet eine multidisziplinäre Fachrichtung, welche parallel von Pädagogen, Psychologen, Soziologen, Politik- und Rechtswissenschaftlern, Ökonomen, Philosophen und Historikern

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1. Ausgangspunkt und Ziele

10

„Allerdings hat sich die Frage nach der sozialen Herkunft kaum auf jene Gruppe der

Hochschulabsolventen gerichtet, die nach dem Studium die akademischen Weihen einer

Promotion erreicht, mit der innerhalb wie außerhalb der Wissenschaft möglicherweise eine

besondere Privilegierung in den Berufschancen verbunden ist“ (Enders & Bornmann 2001:

40). Dies überrascht nicht, würden doch die Produzenten von Wissenschaft selbst ins

Blickfeld der Untersuchung rücken und zum „Erkenntnissubjekt“ werden. Ein solches

Unterfangen der Selbstanalyse ist stets heikel. „Denn sich als Zauberlehrling ‚für die Zauberei

des eigenen Stammes und dessen Fetische’ zu interessieren, anstatt ‚in fernen Tropen den

beruhigenden Reizen einer exotischen Magie nachzugehen’ ist mit dem Risiko verbunden,

Reize zu entfesseln, die sich gegen den Zauberlehrling selbst kehren“ (Bourdieu 1988: 36;

zitiert nach Engler 2001: 16). Die kritische Reflexion ist jedoch gerade in den

Sozialwissenschaften unabdingbar, bildet doch die Beschaffung und Analyse von

aussagekräftigen Daten zur Ungleichheit der Bildungs- und Lebenschancen eine vorrangige

Aufgabe der (Bildungs-)Soziologie. Für unsere Fragestellung genügt es an dieser Stelle darauf

hinzuweisen, dass für den Zusammenhang von sozialer Herkunft und akademischer

Profession ein allgemeines (sozial-) wissenschaftliches Thematisierungstabu gilt (vgl. Burkart

2003). Generell stellt der Glaube an leistungsbezogene Kriterien und meritokratische

Prinzipien gerade im wissenschaftlichen Betrieb ein elementares Selbstverständnis dar

(Engler 2001: 453). Die Vorstellung, der Berufsverlauf könnte durch die soziale Herkunft

determiniert sein, missfällt vielen Wissenschaftlern (Burkart 2003: 12). Daher ist es kaum

verwunderlich, dass sich bisher eher wenige Sozialforscher intensiv mit den Lebensläufen und

der sozialen Herkunft des wissenschaftlichen Nachwuchses beschäftigt haben.

So konzentrieren sich die meisten bisherigen Arbeiten im Themenfeld Promovierende

entweder auf die wissenschaftliche Mitarbeiter und ihre weitere akademische Laufbahn

innerhalb des Hochschulsystems oder untersuchen die außeruniversitäre Bedeutung der

Promotion für einzelne Fächer bzw. Berufsgruppen.2 Eine systematische,

fachbereichsübergreifende Abhandlung zur sozialen Herkunft von Doktorandinnen und

Doktoranden wurde bislang nicht vorgelegt.

Überhaupt waren methodische Beiträge über den wissenschaftlichen Nachwuchs bis Mitte der

achtziger Jahre äußerst selten. Erst verschiedene Studien, vor allem zu Fragen der Chancen

betrieben wird. Einen Überblick über die möglichen Facetten einer interdisziplinären Bildungsforschung bietet der von Rudolf Tippelt herausgegebene Sammelband (Tippelt 2002). 2 Zum gegenwärtigen Stand der Forschung über die Doktorandenausbildung und die beruflichen Werdegänge von Promovierten vgl. Enders (2005: 36-40).

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1. Ausgangspunkt und Ziele

11

und Probleme der Nachwuchsförderung (Czock & Wildt 1985; Holtkamp, Fischer-Bluhm &

Huber 1986), dem beruflichen Verbleib des akademischen Mittelbaus (Bochow & Joas 1987),

der Überalterung der Nachwuchswissenschaftler (Wissenschaftsrat 1988) und seiner

Beschäftigungssituation (Kaddatz 1987; Enders 1990), legten umfangreiches und empirisch

fundiertes Material vor. Erstmals wurde auch kritisch formuliert, dass die prekäre soziale und

finanzielle Lage, sowie die unsicheren Zukunftschancen der Nachwuchswissenschaftler zu

einem Exodus qualifizierter Kandidaten aus den Hochschulen führen (vgl. Wissenschaftsrat

1982; Karpen 1986; Kossbiel, Helfen & Flöck 1987). Knapp zehn Jahre später erschienen

dann einige neuere Publikationen zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses. Im

Mittelpunkt standen dabei die Personalstruktur und Qualifizierung des wissenschaftlichen

Nachwuchses (Wissenschaftsrat 2001a), sowie die Chancen und Probleme der

Promotionsphase (Berning & Falk 2005). Erst kürzlich wurden die Ergebnisse einer

bundesweiten Doktorandenbefragung präsentiert (Gerhard, Briede & Mues 2005).

Vor dem Hintergrund der hier genannten Untersuchungen wurden zunehmend die

Funktionsleistungen der Hochschulen auch im Hinblick auf die Doktorandenausbildung

kontrovers diskutiert. Insbesondere die quantitative Zunahme der Promotionen seit Anfang

der achtziger Jahre, die innerhalb eines Jahrzehnts nahezu zu einer Verdopplung der

Promotionsprüfungen geführt hat, schärften offenbar den kritischen Blick auf die Chancen

und Probleme der Promotionsphase. Gleichzeitig wurden deutliche Veränderungen in den

beruflichen Einsatzorten, außerhalb der traditionellen Arbeitsmärkte für promovierte

Akademiker in Hochschule, Forschung und öffentlichen Dienst, registriert. Trotzdem lagen

bis vor kurzem kaum Untersuchungen über promovierte Wissenschaftler in

außeruniversitären Beschäftigungsverhältnissen vor – exemplarisch sei auf die Abhandlungen

zur Karriere promovierter Wirtschaftswissenschaftler (Brüggestrat 1988) und zu den

Arbeitsmarktproblemen promovierter Geisteswissenschaftler (Schlegelmilch 1987) verwiesen

– welche allerdings keine fächervergleichende Perspektive ermöglichte. Erst Jürgen Enders

und Lutz Bornmann führten Ende der neunziger Jahre am Wissenschaftlichen Zentrum für

Berufs- und Hochschulforschung (Universität Kassel) eine fächerübergreifende Untersuchung

zur Ausbildung, Berufsverlauf und Berufserfolg von Promovierten durch (Enders &

Bornmann 2001). Fast zeitgleich legte der Darmstädter Elitenforscher Michael Hartmann eine

erste umfassende Studie vor, welche die positionale und wirtschaftliche Verwertbarkeit des

Doktortitels thematisierte und klassische Themen des relativen Stellenwerts von sozialer

Herkunft und Bildungsleistung in den Vordergrund rückte (Hartmann 2002).

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1. Ausgangspunkt und Ziele

12

Beide letztgenannten Studien behandeln den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und

Promotion. Waren die bisherigen empirischen und theoretischen Arbeiten wenig geeignet, um

umfangreiche Aussagen über die Selektions- und Reproduktionsmechanismen einer

Promotion treffen zu können, lagen nun konkrete Untersuchungen zu dieser Fragestellung

vor. Beide Untersuchungen zeigen zunächst erwartungsgemäß, dass Promovierte im

Vergleich zu nicht promovierten Hochschulabsolventen eine der sozialen Herkunft nach

privilegierte Gruppe bilden. Jedoch stehen die Analysen in einem überaus ambivalenten

Verhältnis zueinander und kommen zu teilweise gegenläufigen Ergebnissen. Während Enders

und Bornmann der Promotionsphase eine vergleichsweise hohe soziale Offenheit zuschreiben,

kommt Hartmann zu dem Schluss, dass „sich die Promotion selbst bereits als sozial sehr

selektiv erweist“ (Hartmann 2002: 366f.). Und während Enders und Bornmann zu dem

Ergebnis kommen: „Der lange Arm der sozialen Herkunft erreicht den Berufserfolg nach der

Promotion nicht“ (Enders & Bornmann 2001: 197), resümiert Hartmann: „Trotz der scharfen

sozialen Auslese durch das Bildungssystem erfolgt bei der Besetzung von Führungspositionen

in der Wirtschaft eine zweite vom Bildungstitel [Promotion, Anm. d. Verf.] vollkommen

unabhängige soziale Selektion“ (Hartmann 2002: 367). Diese Differenz gilt es aufzulösen.

Allerdings sind die bisherigen Forschungsergebnisse aufgrund fehlender Daten und der

schematischen Konzentration auf einzelne Promotionsfächer wenig geeignet, um adäquate

Aussagen über die soziale Herkunft von Doktorandinnen und Doktoranden zu treffen. Eine

systematische Arbeit über die soziale Herkunft von Promovierenden über alle Fachbereiche

hinweg steht noch aus. Um diese Lücke zu schließen, habe ich im April 2006 eine empirische

Befragung von Promovierenden durchgeführt. Im Zentrum der Untersuchung stand dabei die

Frage nach der sozialen Herkunft von Doktoranden. Ziel der hier vorliegenden Abhandlung

ist es, die Wechselwirkungen zwischen der Kapitalausstattung und der Sozialstruktur von

Doktorandinnen und Doktoranden zu analysieren. Dabei wird sich zeigen, dass der

analytische Blick mit Rückgriff auf Bourdieus Theorie der sozialen Welt entscheidend

erweitert und geschärft wird. Die zugrunde liegende Fragestellung könnte man auch

folgendermaßen formulieren: Beeinflusst die soziale Herkunft die Möglichkeit zur Promotion

und - falls dem so sein sollte - welche Mechanismen liegen diesem Prozess zugrunde?

Die Argumentation werde ich in fünf Kapiteln entwickeln:

Im zweiten Kapitel stelle ich zunächst die Konzeption der empirischen Studie vor. Es ist auf

den „vorgreifenden“ Charakter dieses Kapitels hinzuweisen, da erste Befunde meiner

empirischen Untersuchung erst in Kapitel 4.3 herangezogen werden. Trotzdem erschien mir

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1. Ausgangspunkt und Ziele

13

die Platzierung an dieser Stelle sinnvoll, um Brüche im weiteren Verlauf der Argumentation

zu vermeiden.

Im dritten Kapitel verfolge ich einige Bildungssoziologische Vorüberlegungen zur

Vergewisserung der in der vorliegenden Untersuchung angewendeten Methode. Zunächst

werde ich kurz Theorien und Denkansätze über den Stellenwert, die Funktion und die

Bedeutung von Bildung für die Gesellschaft skizzieren, die mir später als Bezugspunkt

meiner Analyse dienen werden. Anhand der Entwicklungen im Bildungswesen werde ich

aufzeigen, dass eine Untersuchung über Promovierende sinnvoller Weise anhand Bourdieus

Gesellschaftstheorie zu führen ist.

Im vierten Kapitel werde ich die Situation von Promovierenden in Deutschland darstellten,

um Aussagen über die soziale Stellung von Doktorandinnen und Doktoranden treffen zu

können. Dazu werden die strukturellen Rahmenbedingungen und die Entwicklung der

Promotionsabschlüsse von Promovierenden in Deutschland erläutert. Dabei werde ich zeigen,

dass eine Analyse der Situation von Doktorandinnen und Doktoranden nur Sinn machen kann,

wenn man sich der Autonomie des wissenschaftlichen Feldes bewusst wird.

Das fünfte Kapitel, welches den Kern dieser Abhandlung darstellt, spannt den Bogen zurück

zu dem Erkenntnisgegenstand Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit.

Zunächst werde ich die Illusion des Leistungsparadigmas als Mythos entlarven. Daran

anknüpfend wird die soziale Herkunft von Doktorandinnen und Doktoranden dargelegt. Da

sich in den Promotionsmotiven, soviel sei hier vorweggenommen, die Hierarchie der Fächer

manifestiert, wird ein kurzer Exkurs zu Bourdieus „Streit der Fakultäten“ den theoretischen

Rahmen erweitern. Abschließend werden ausführlich die Positionen von Promovierenden im

sozialen Raum dargestellt.

Das sechste Kapitel Die Promotion: Ein Reproduktionsmechanismus sozialer Ungleichheit

fasst die Ergebnisse zusammen.

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Kapitel 2

Konzeption der Studie

Die Soziologie ist eine multi-methodologische Wissenschaft. Die Auseinandersetzung über

die Vorzüge und Nachteile qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden soll an dieser

Stelle allerdings nicht weiter thematisiert werden.3 Aufgrund der Tatsache, dass über den

Forschungsgegenstand - die soziale Herkunft von Promovierenden – bisher sehr wenige

Erkenntnisse vorliegen, erschien es nahe liegend und folgerichtig, sich zunächst auf eine

explorative Datenanalyse zu konzentrieren. Um eine gewisse Vergleichbarkeit und eine

sinnvolle Bewertung der Ergebnisse zu gewährleisten, orientiert sich die hier vorgelegte

Doktorandenbefragung an den wenigen bestehenden Studien und wurde nach Bedarf um

einige qualitative Elemente erweitert. Ein genereller Kommentar sei allerdings vorweg

erlaubt: Diese Arbeit soll nicht als eine originär empirische Forschungsarbeit gesehen werden,

sondern empirische Daten sind als wichtiges Hilfsmittel zu verstehen, um die soziale

Wirklichkeit in einer praktikablen Form abzubilden.

Die untersuchte Personengruppe kann nicht als repräsentativ für die Gesamtheit der

Promovierenden in Deutschland angesehen werden.4 Aufgrund der vorgelegten Daten ist es

jedoch möglich, einen detaillierten Überblick über die soziale Herkunft von Doktorandinnen

und Doktoranden zu erhalten.

Voraussetzung für Repräsentativität wäre, dass die Grundgesamtheit der zu untersuchenden

Personengruppe klar definiert, abgrenzbar und in ihrer Gesamtheit medial erreichbar ist. Erst

auf dieser Grundlage kann eine geeignete Stichprobe festgelegt werden. Für Promovierende

ist die Grundgesamtheit, sowohl was Umfang, Geschlecht, Fachzuordnung etc. betrifft,

weitestgehend unbekannt. Für Doktorandinnen und Doktoranden besteht keine Pflicht –

zumindest für eine gewisse Phase ihres Vorhabens – an einer deutschen Universität

eingeschrieben zu sein, weswegen sie nicht einheitlich von der offiziellen Hochschulstatistik

erfasst werden. Eine andere zentrale Stelle, an der Promovierende registriert sind, existiert

nicht.

3 Vgl. zur Methodendebatte Schnell, Hill & Esser (2005). 4 Vgl. zum Problem der Repräsentativität bei der Untersuchung von Promovierenden Czock & Wildt (1985: 29) und Gerhardt, Briede & Mues (2005: 75-78).

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2. Konzeption der Studie

16

Zwar liegen Statistiken5 zur jährlichen Zahl der erfolgreich abgeschlossenen Promotionen

vor, diese beziehen sich aber auf einen zurückliegenden Zeitraum, sind wenig differenziert

nach spezifischen Merkmalen und geben keinen Aufschluss über die Zahl derer, die noch an

der Dissertation arbeiten. Die Grundgesamtheit wurde in dieser Untersuchung wie folgt

definiert: Als Doktoranden gelten alle promovierenden Personen, deren Promotionsverfahren

noch nicht offiziell abgeschlossen wurde (d.h. die Promotionsurkunde durfte noch nicht

ausgehändigt worden sein).

Die statistisch erfassten abgeschlossenen Promotionsprüfungen geben Aufschluss über die

ungefähre Grundgesamtheit der Doktoranden. Im zuletzt verfügbaren Prüfungsjahr 2004

wurden in Deutschland insgesamt 23.138 Promotionsprüfungen bestanden. Die Multiplikation

dieser Zahl mit dem Faktor fünf (durchschnittliche Promotionsdauer von fünf Jahren – vgl.

Gerhardt, Briede & Mues 2005: 77) ergab die geschätzte Zahl von ca. 115.000 Doktoranden.

Die Einschränkung der Repräsentativität ist aber vertretbar. Bisher liegt – meines Wissens –

keine systematische Untersuchung über die soziale Herkunft von Promovierenden über ein

breites Fächerspektrum vor. Da es sich bei dieser Fragestellung also gewissermaßen um

wissenschaftliches Neuland handelt, erscheint eine Untersuchung der sozialen Herkunft von

Doktorandinnen und Doktoranden mit eher explorativem Charakter notwendig und sinnvoll.

Die in dieser Magisterarbeit vorgestellten Ergebnisse stützen sich in ihrem empirischen Kern

auf eine Befragung zum Ausbildungsverlauf und der biographischen Situation von

Promovierenden, welche zum Zeitpunkt der Studie (April 2006) in Deutschland

promovierten. Es wurden insgesamt 1876 Doktorandinnen und Doktoranden aus 84

verschiedenen Fächern befragt und analysiert.6 Ich habe mich bewusst für eine Erhebung über

ein sehr breites Fächerspektrum entschieden und gegen eine typologisch begründete

Vorauswahl, um den fachspezifischen Unterschieden gerecht zu werden.7

5 Vgl. Statistisches Bundesamt: Prüfungen an Hochschulen. Fachserie 11. Reihe 4.2 (jährlich); BMBF: Grund- und Strukturdaten (jährlich). 6 Leider war es nicht möglich alle eingegangenen Antworten zu verarbeiten – hierfür fehlten wichtige materielle, institutionelle und personelle Ressourcen. Bis zum 1. Juni lagen insgesamt 2761 Antworten vor. Andere Doktorandenbefragungen erreichten 120 (Kaddatz 1987); 198 (Czock & Wildt 1985); 440 (Holtkamp, Fischer-Bluhm & Huber 1986); 2.244 (Enders & Bornmann 2001); 10.000 (Gerhard, Briede & Mues 2005) Promovierende. 7 Gerade hier liegt – meines Erachtens - eine der entscheidenden Schwächen der bisherigen Doktorandenforschung. So unterteilen Czock und Wildt die Promotionsfächer lediglich in die Kategorien „Geisteswissenschaften“, „Naturwissenschaften“ und „Sonstige“ (Czock & Wildt 1985: 38). Kaddatz untersuchte Medizin, Chemie und Rechtswissenschaften (Kaddatz 1987: 239). Auch Enders und Bornmann untersuchen lediglich exemplarisch die sechs Fächer Biologie, Elektrotechnik, Germanistik, Mathematik, Sozialwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften (Enders & Bornmann 2001: 31-35). Vorbildlich hingegen ist das gewählte Fächerspektrum bei Holtkamp, Fischer-Bluhm und Huber. Sie wählten folgende vierzehn Fächer: Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie, Biologie, Mathematik, Wirtschaftswissenschaften,

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2. Konzeption der Studie

17

Die Entwicklung des Fragebogens wurde in Anlehnung an verschiedener Absolventen- und

Promovierendenstudien durchgeführt und um spezifische Fragestellungen erweitert. Die

endgültigen Fragebögen8 enthalten 58 Fragen mit Antwortvorgaben, sowie die Möglichkeit

einen offenen Kommentar abzugeben. Im Einzelnen wurden Angaben zu folgenden

Themenbereichen erhoben:

1. Bildungsweg: Art, Zeitpunkt und Note der Hochschulzugangsberechtigung;

Berufsausbildung; Studienfach, Abschlussart, Note der Abschlussarbeit und des

Studienabschlusses; Studiendauer; Studienverlauf; Hochschulort; Promotionsfach;

Promotionsort.

2. Studienphase: Finanzierung; wissenschaftliche Hilfskraft und Tutorentätigkeiten;

gesellschaftliches Engagement; Auslandsaufenthalte, Praktika und Berufstätigkeit.

3. Promotionsphase: Beginn und erwartete Dauer der Promotionsphase;

Promotionsmotive; Finanzierungsarten und -wege; Fragen zur Suche und zum

Verhältnis gegenüber dem Betreuer; Promotionsthematik; Arbeitszeit; Publikationen;

Karriereplanung; persönliches Verhältnis zu Promovierenden.

4. Soziobiographischer Hintergrund: Geschlecht; Geburtsjahr; Staatsangehörigkeit;

soziale Herkunft; Partnerschaft und Kinder; familiäres Verhältnis zur Promotion.

Die Auswahl der Promovierenden erfolgte per Zufallsverfahren. Über die Institutshomepages

der Universitäten Bielefeld, Bremen, Dresden, Freiburg und Osnabrück wurden die

Emailadressen von mehreren Hundert Doktoranden und Doktorandinnen aller Fakultäten

ermittelt und der Fragebogen mit Bitte um Weiterleitung versandt. Gleichzeitig wurde der

Fragebogen – ebenfalls mit dem Anliegen um Weiterleitung – an die Koordinatoren und

Sprecher der Graduate Schools von Nordrheinwestfahlen, Niedersachsen und Bayern, der

Rechtswissenschaften, Politologie, Germanistik, Klassische Philologie, Archäologie, Frühgeschichte, Ethnologie und Sinologie (Holtkamp, Fischer-Bluhm & Huber 1986: 29-30). Es sei darauf hingewiesen, dass die Einzelanalyse der 93 Promotionsfächer keine aussagekräftigen Erkenntnisse gebracht hat. Erst die Zuordnung in Fachbereiche hat verborgene statistische Relationen aufgedeckt und damit sinnvolle Ergebnisse geliefert. Zur Kategorisierung wurde auf die Fächersystematik des Statistischen Bundesamtes zurückgegriffen. Dasselbe Verfahren benutzten auch Gerhardt, Briede und Mues (2005: 79). Vergleiche zu diesem methodischen Vorgehen finden sich auch bei Bourdieu der es in seinen Untersuchungen über die Universitäten bei einer Großeinteilung in Fakultäten belässt (Bourdieu: 1988: 93). Eine Liste aller erreichten Promotionsfächer befindet sich im Anhang (vgl. Anhang: Tabelle1). 8 Für die Entwicklung der endgültigen Fragebögen wurden zwei Pretests mit insgesamt 52 Promovierenden durchgeführt. Aufgrund der Erfahrungen in diesen Pretests wurden zwei Fragebogenversionen zur Wahl gestellt. Eine reduzierte Onlineversion (vgl. http://www.soziologie.uni-freiburg.de/personen/lenger/DoktorandInnen.htm) und eine umfangreichere Textversion (siehe Anhang). Etwa 90% (2483 Promovierende) wählten die Onlinebefragung, während sich lediglich 10% für den klassischen Fragebogen entschieden. Die Resonanz auf die Fragebögen fiel überwiegend positiv aus und lieferte hilfreiche Hinweise, welche teilweise aufgegriffen wurden.

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2. Konzeption der Studie

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Max Planck Research Schools, der Graduiertenkollegs und Sonderforschungsbereiche der

Deutschen Forschungsgemeinschaft und die politischen Stiftungen versendet.9 Durch diese

Methode kann eine relativ breite Streuung bzgl. der Finanzierungsart und der geographischen

Verteilung sichergestellt werden.10 Eine Rücklaufquote kann für diese Art von

„Schneeballsystem“ leider nicht ermittelt werden, da völlig unklar ist wie viele

Promovierende erreicht wurden.

Der Auswertung liegen 1876 Fälle zugrunde. In der Verteilung nach Geschlecht sind die

weiblichen Befragten in dieser Untersuchung mit 47% leicht überrepräsentiert. Der Anteil der

Doktorandinnen liegt damit 8% über der Quote der in Deutschland von Frauen abgelegten

Doktorprüfungen von 39% (vgl. Statistisches Bundesamt 2006).11 Leicht unterrepräsentiert

sind auch ausländische Promovierende. Während in Deutschland letztes Jahr knapp 12% aller

Promotionen von einem Ausländer abgeschlossen wurden (Statistisches Bundesamt 2006),

nahmen nur etwa 4% ausländische Promovierende an der Befragung teil.12 Die

Altersverteilung (vgl. Tabelle 1) weist eine starke Ballung im Bereich zwischen 27 und 30

Jahren auf. Mehr als die Hälfte der Befragten kann dieser Altersspanne zugeordnet werden

(zu ähnlichen Ergebnissen kommen Czock & Wildt 1985 sowie Enders & Bornmann 2001).

Das Durchschnittsalter beim Abschluss der Promotion beträgt 33 Jahre (Statistisches

Bundesamt 2006).

9 Die reine Zahl der beantworteten Fragebögen, sowie die fachliche und geographische Streuung, belegen den Erfolg dieses „Schneeballsystems“. 10 Empirische Befunde lassen vermuten, dass die Wahl der Hochschule in Deutschland keine besonderen Auswirkungen auf den Karriereverlauf hat (vgl. Hartmann 2001: 181). 11 An den Hochschulen sind Frauen seit Mitte der neunziger Jahre in der Bildungsbeteiligung mit den Männern gleich vertreten, erreichen aber (noch) nicht dasselbe zahlenmäßige Niveau von Abschlüssen. Frauen erfahren dabei eine besondere Benachteiligung bei höheren Bildungsabschlüssen im Bereich von Promotionen und Habilitationen (vgl. Leemann 2005). Daher wird diese Dimension stets mitgeprüft. 12 Für die geringe Beteiligung ausländischer Promovierender lassen sich zwei nahe liegende Gründe anführen. Zum einen wurde der Fragebogen nur auf Deutsch erstellt, wodurch vielen englischsprachigen Promovierenden die Teilnahme de facto verwehrt wurde. Zum anderen verzichteten einige Promovierende auf eine Teilnahme an der Umfrage, da – nach eigenem Bekunden - viele Fragen mit einem kulturell anderem Bildungshintergrund kaum oder überhaupt nicht beantwort werden konnten. Über eine mögliche Erklärung für die Überrepräsentation weiblicher Promovierender möchte ich an dieser Stelle nicht spekulieren.

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2. Konzeption der Studie

19

Tabelle 1: Alter der befragten Doktorandinnen und Doktoranden

24 Jahre und jünger

0,9 %

31 Jahre

8,5 %

25 Jahre 3,3 % 32 Jahre 6,0 %

26 Jahre 9,4 % 33 Jahre 4,2 %

27 Jahre 13,8 % 34 Jahre 3,1 %

28 Jahre 16,1 % 35 Jahre 1,5 %

29 Jahre 13,6 % 36 Jahre 1,1 %

30 Jahre 13,5 % 37 Jahre und älter 4,1 %

n = 185913

Frage 45: In welchem Jahr sind Sie geboren?

Die Kategorisierung der Promotionsfächer erfolgte anhand der amtlichen Hochschulstatistik

(vgl. Statistisches Bundesamt 2005: Anhang 1). Allerdings werden Wirtschafts-, Rechts- und

Sozialwissenschaften getrennt voneinander ausgewiesen.

Tabelle 2: Erfolgreich abgelegte Promotionen und Teilnehmer der Befragung nach Fächergruppen (ohne Medizin) Anteil an den erfolgreich

abgelegten Promotionen

Anteil an der

Befragung

Geisteswissenschaften* 15,2 % 17,3 %

Rechtswissenschaften 10,5 % 3,9 %

Wirtschaftswissenschaften 6,5 % 8,3 %

Sozialwissenschaften 2,9 % 11,6 %

Strukturwissenschaften 5,6 % 7,3 %

Naturwissenschaften 36,1 % 39,4 %

Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften** 2,8 % 2,0 %

Ingenieurswissenschaften 14,8 % 7,0 %

Sonstige Fächer*** 5,6 % 3,2 %

Gesamt 100 % 100 %

* In der offiziellen Statistik „Sprach- und Kulturwissenschaften“. ** Die Resultate aus diesem Fachbereich werden aufgrund der geringen Teilnehmerzahl teilweise nicht ausgewiesen. *** Kunstwissenschaften und Sportwissenschaften. Frage 15: In welchem Fachbereich promovieren Sie? Quelle: Statistisches Bundesamt (2003: 19).

Betrachtet man die Fächerverteilung der Promovierenden, dann sind zwei Ergebnisse

auffällig: Die Mediziner stellen mit etwa einem Drittel zwar den größten Anteil an allen

13 „n“ bezeichnet hier wie im Folgenden die Anzahl der Promovierenden, die auf die entsprechende Frage geantwortet haben und somit als Basis für die Prozentuierung dienen.

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2. Konzeption der Studie

20

abgeschlossenen Promotionsprüfungen, in der Befragung geben aber nur 2,7% der Befragten

an, eine medizinische Promotion anzustreben. Ähnliche Tendenzen zeigten sich bei anderen

Promovierendenbefragungen (vgl. Berning & Falk 2004; Gerhardt, Briede & Mues 2005).

Dort wurde die geringe Umfragebeteiligung der Mediziner mit der deutlich anders

strukturierten Promotionsphase erklärt. In der Regel werden medizinische Dissertationen noch

während des Studiums begonnen und als Bestandteil der Grundausbildung betrachtet (vgl.

Weihrauch, Strate & Pabst 2003). Zudem sind angehende Mediziner nur bedingt in

wissenschaftliche Institutionen eingebunden, weswegen sie über das gewählte

Erhebungsinstrument schwerlich erreicht werden konnten.

Klammert man die Promovierenden der Medizin aus, dann zeigt sich, dass die

fächerspezifische Verteilung in der Befragung „annähernd“ der Verteilung der erfolgreich

abgelegten Promotionsprüfungen entspricht (vgl. Tabelle 2). Allerdings sind im Vergleich die

Rechts- und Ingenieurswissenschaften etwas unterrepräsentiert, während die

Sozialwissenschaften deutlich überrepräsentiert sind. Ursache könnte die unterschiedliche

Vertrautheit mit sozialwissenschaftlichen Fragestellungen und Erhebungsmethoden sein.

Exemplarisch sei dies durch folgende Antwort eines Physikprofessors belegt:

„Lieber Herr Lenger, bei allem Verständnis für Ihre „Forschungen“, aber wir als Physiker hätten nicht viel

zu tun, wenn wir unsere Untersuchungen so per Email und Internet automatisiert auf dem Rücken der

kostbaren Arbeitszeit von Promovenden anderer Fachrichtungen anfordern könnten. Auch wenn Ihre Email

sehr höflich verfasst ist, würde ich sie bitten, für ihre Erhebungen z.B. Drittmittelgeber wie EU (Brüssel),

Volkswagenstiftung, Stifterverband, BMBF oder natürlich und vor allem die DFG direkt anzusprechen,

dort sollten anonymisierte Daten dieser Art vorliegen. IHRE Examensarbeit sollte auch von Ihnen

persönlich recherchiert werden, das ist doch beim Anspruch der Wissenschaftlichkeit selbstverständlich!“.

Wie bereits Anfangs erwähnt, sollten die empirischen Daten dazu dienen, meine theoretischen

Überlegungen zur Sozialstruktur von Promovierenden zu belegen. Deswegen gestaltet sich

die Arbeit nicht als klassischer Auswertungsbericht, sondern richtet sein Hauptaugenmerk auf

theoretische Überlegungen zur sozialen Herkunft von Doktorandinnen und Doktoranden.

Dementsprechend werden die empirischen Befunde ergänzend herangezogen, um mögliche

Unklarheiten zu beseitigen, auf aktuellere Daten zurückgreifen zu können oder um fehlerhafte

Aussagen korrigieren zu können. Kurz: Diese Arbeit will nicht einfach nur empirische Fakten

präsentieren, sondern einen ergänzenden Beitrag zur Theorie der sozialen Reproduktion von

konkurrierenden Klassenformationen leisten.

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2. Konzeption der Studie

21

Für Bourdieu verbergen und offenbaren statistische Relationen die Struktur der objektiven

Beziehungen zwischen den verschiedenen Klassenformationen. Zur Auswertung der

statistischen Differenzen wurde überwiegend die Methode der Korrespondenzanalyse

verwendet. Die Korrespondenzanalyse ist ein exploratives Verfahren zur graphischen und

numerischen Darstellung von beliebigen Kreuztabellen (auch Kontingenztabellen oder

Kontingenztafeln genannt). Mit Kreuztabellen lassen sich Zusammenhänge zwischen zwei

Merkmalen darstellen und quantifizieren. Während Korrelationsmaße den Zusammenhang

von quantitativen Merkmalen ausdrücken, eignen sich Assoziationsmaße für die Beurteilung

des Zusammenhangs zwischen qualitativen bzw. nominal skalierten Merkmalen. Die

Assoziationsmaße liegen zwischen Null und Eins, wobei einige auch den Wert Eins

annehmen können. Je näher sie bei Eins liegen, desto stärker ist der Zusammenhang. Ein

Assoziationsmaß von Null wäre demnach ein Hinweis auf statistische Unabhängigkeit.14

14 Aus der Kreuztabelle wird in dieser Arbeit falls nötig der korrigierte Kontingenzkoeffizient berechnet.

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Kapitel 3

Bildungssoziologische Vorüberlegungen

3.0 Argumentationsskizze

Die nachstehenden Überlegungen dieses Kapitels dienen einer Vergewisserung der in der

vorliegenden Untersuchung angewendeten Methode. Es wird aufgezeigt, dass eine

Untersuchung über Promovierende sinnvoller Weise anhand Bourdieus Gesellschaftstheorie

zu führen ist. Dazu wird zunächst ein kurzer Einblick in die faktischen

Chancenungleichheiten im deutschen Bildungswesen gegeben und problematisiert, dass

soziologische Studien mehrheitlich zu der Erkenntnis kommen, dass ungeachtet der

Expansion des Bildungssystems und der zunehmenden Bildungsbeteiligung unterer sozialer

Schichten, die Disparitäten in den herkunftsbezogenen Bildungschancen unverändert

bestehen. Während sich das dominierende gesellschaftliche Bewusstsein am Ideal einer

egalitären, meritokratischen und chancengleichen Gesellschaft orientiert, ist soziale

Ungleichheit de facto nach wie vor ein zentrales Strukturmerkmal westlicher Gesellschaften.

Zweitens stellt sich daher die Frage, wie sich das Phänomen Bildung sinnvoll mit

soziologischen Kategorien und Begriffssystemen erfassen und beschreiben lässt. Aus

theoretischer Perspektive bietet die Soziologie mit Funktionalismus und Konflikttheorie zwei

wesentliche Zugänge zum Verständnis des Stellenwerts von Bildung und Erziehung für

moderne Gesellschaften. Dabei wendet sich die Konflikttheorie insbesondere gegen die

Vorstellung, die vermehrte Bildung resultiert aus technisch-funktionalen Erfordernissen der

modernen Gesellschaft. Die Ursachen für die Bildungsexpansion werden vielmehr in den

Auseinandersetzungen zwischen Statusgruppen gesehen, welche um den Zugang über knappe

Ressourcen wie Reichtum, Macht und Prestige kämpfen.

Damit liegt die Konflikttheorie auf einer Linie mit den Arbeiten von Pierre Bourdieu.

Bourdieu und Mitarbeiter beschäftigten sich intensiv mit den Mechanismen der Reproduktion

sozialer Strukturen und vertraten die These, dass die herrschende Klasse ihre privilegierte

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

24

Stellung mit Hilfe der Bildungssysteme vererbt. Dieser prinzipiellen Einsicht für die

Erklärung ungleicher Bildungschancen folgt im dritten Abschnitt deshalb eine Erörterung des

methodischen Ansatzes von Pierre Bourdieu und seiner relevanten Bezugspunkte zur

Bildungssoziologie.

Abschließend werden in einem vierten Teil einige Überlegungen formuliert, weshalb für eine

Untersuchung von Promovierenden Bourdieus Theorie sozialer Ungleichheit besonders

geeignet scheint, einen erklärenden Beitrag zu leisten. Dazu werden vier Thesen skizziert,

welche gleichzeitig die inhaltliche Konzeption des weiteren Verlaufs der Arbeit darstellen.

3.1 Bildungsexpansion und Chancengleichheit

Die Veränderungen im Bildungswesen sind einer der fundamentalen Wandlungsprozesse in

der jüngeren Geschichte moderner Gesellschaften. Nach dem zweiten Weltkrieg begannen die

westlichen Industrienationen in unterschiedlichem Ausmaß ihre Gymnasien für breite

Schichten der Bevölkerung zu öffnen und die Eliteuniversitäten transformierten zu überfüllten

Massenhochschulen (vgl. Müller, Steinmann & Schneider 1997). Im Folgenden wird in einer

kurzen Einführung auf die Expansion der Bildungssysteme, die Entwicklung der

Chancengleichheit, sowie das Ausmaß und die Legitimation von sozialer Ungleichheit in

Deutschland eingegangen.

Die expansive Zunahme der Bildungsbeteiligung an weiterführenden Schulen lässt sich am

Schulbesuch von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe ablesen. Abbildung 1

zeigt die Entwicklung der Bildungsbeteiligungsquoten von Schülerinnen und Schülern nach

Schulart zwischen 1952 und 2001. Zu Beginn der fünfziger Jahre besuchten knapp drei

Viertel eines Jahrganges die Volksschule, während lediglich ein Sechstel am Gymnasium

lernte. Der Anteil der Hauptschüler reduzierte sich während der vergangenen 50 Jahre auf ein

Viertel aller Achtklässler (78% auf 24%), der Anteil der Realschule verdreifachte sich (7%

auf 26%) und das Gymnasium weist heute prozentual doppelt so viele Schüler auf (15% auf

31%). Parallel entstanden im vergangenen halben Jahrhundert neue Schulformen wie die

Integrierten Gesamtschulen und Freien Waldorfschulen.

Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass in Deutschland die Schulform, welche in der 8. Klasse

besucht wird, maßgeblich die Übergangswahrscheinlichkeit in die zweite Sekundarstufe

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

25

beeinflusst. So gelangen heute etwa ein Drittel Jugendliche eines Jahrganges in die

gymnasiale Oberstufe (Schwarz & Rehburg 2002: 33). Diese Entwicklung hat zu einer

allgemeinen Steigerung des Bildungsniveaus von Schülerinnen und Schülern im Jahr 2001

beitragen.

Abbildung 1: Schülerinnen und Schüler im 8. Schuljahr nach Schulart in Deutschland (in %)

Quelle: BMBF (2004a: 97)

Aufgrund dieser Niveaueffekte (vgl. Allmendinger & Aisenbrey 2002: 45) erwerben

zunehmend mehr junge Menschen die allgemeine Hochschulreife und bekommen die

Möglichkeit ein Studium aufzunehmen. Die Expansion des deutschen Bildungswesens setzt

sich also im Universitätsbereich fort. So stieg die absolute Zahl von Studenten und

Studentinnen zwischen 1950 und 2000 - unabhängig der Schülerzahlen - kontinuierlich von

knapp 125.000 auf circa 1.8 Millionen (Kultusministerkonferenz 2002: 32).

Abbildung 2 zeigt die relative Veränderung der Schüler- und Studentenzahlen zwischen 1950

und 2000. In diesem Zeitraum stieg die Anzahl Studierender um mehr als das Sechzehnfache

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

26

des Jahres 1950. Ausschlaggebend für diese Steigerung war weniger die

Bevölkerungsentwicklung, als vielmehr die Expansion der Bildungssysteme und die

gestiegene Bildungsbeteiligung.15

Abbildung 2: Schüler- und Studentenzahlen 1950 bis 2000 (relativ)

Quelle: Kultusministerkonferenz (2002: 32). An diese Entwicklung anschließend stellt sich zwangsläufig die Frage nach dem

Zusammenhang zwischen Bildungsexpansion und Chancengleichheit. Höhere Bildung ist in

modernen Gesellschaften das konstitutive Element für den Zugang zu privilegierten

Berufspositionen und damit das Fundament für die Akkumulation von Einkommen, Einfluss,

Prestige und Ansehen. Ein Hauptschulabschluss beispielsweise - so das deutsche

Studentenwerk - kann heute „kaum noch als Zugangsvoraussetzung für attraktive,

zukunftsträchtige Berufe gelten“ (BMBF 2004:a 98). In einer demokratischen Gesellschaft ist

15 Der leichte Rückgang der Studierendenzahlen zwischen 1993 und 1999 ist vermutlich auf die flächendeckende Einführung von Langzeitstudiengebühren zurückzuführen. Eine Übersicht über die Effekte von Studiengebühren bieten Heublein, Spangenberg & Sommer (2003) und Lang (2005).

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

27

dieser Verteilungsprozess aber nur (falls überhaupt) legitimierbar, wenn gleiche Chancen bei

der Verfolgung der erwünschten hohen Bildungsabschlüsse gewährleistet sind. Wie Stefan

Hradil treffend formuliert besteht Chancengleichheit im Bildungswesen aber nur dann,

„wenn allen unabhängig von leistungsfremden Merkmalen wie zum Beispiel von Bildung, Prestige und

Geld der Eltern, von Geschlecht, Wohnort, Beziehungen, Religion, Hautfarbe, politischer Einstellung,

persönlicher Bekanntschaft oder Familienzugehörigkeit die gleiche Chance zur Leistungsentfaltung und

Leistungsbestätigung eingeräumt wird“ (Hradil 1999: 149).

Die Ungleichheit der Bildungsbeteiligung verschiedener sozialer Schichten ist in der jüngeren

Vergangenheit wieder zu einem kontrovers diskutierten Thema geworden.16 Soziologische

Untersuchungen, die seit Anfang der 1990er Jahre die Entwicklung des Bildungssektors

analysieren, kommen mehrheitlich zu der Erkenntnis, dass „ungeachtet der extensiven

Erweiterung des Bildungssystems und zunehmender Bildungsbeteiligung auch unterer

sozialer Schichten, die Disparitäten in den herkunftsbezogenen Bildungschancen unverändert

fortbestehen“ (BMBF 2004a: 92; vgl. auch Köhler 1992; Blossfeld 1993; Müller & Haun

1994; Henz & Maas 1995; Schimpl-Neimanns 2000; Allmendinger 2003, BMBF 2005a;

zusammenfassend Krais 1994 oder Allmendinger & Aisenbrey 2002).

Vor einer Überschätzung der häufig antizipierten gesellschaftsverändernden Wirkung der

sozialen Öffnung weiterführender Schulen und Hochschulen wurde allerdings bereits Anfang

der siebziger Jahre gewarnt. So stellt zum Beispiel Jencks fest, dass der egalitäre Trend in der

Bildungsbeteiligung die Einkommens- und Statusverteilung über Jahrzehnte hinweg nicht

nennenswert angeglichen hat (Jencks 1973). Auch Bourdieu und Passeron thematisierten in

ihren Analysen des französischen Hochschulsystems die Bedeutung des Bildungssystems für

die Reproduktion der Klassenstruktur und die Legitimation sozialer Ungleichheit, und

schätzten die Möglichkeiten gesellschaftlicher Erneuerungen durch Veränderungen im

Bildungssystem eher skeptisch ein (Bourdieu & Passeron 1971). Zudem konnten Müller und

Mayer zeigen, dass ein besonders starker Zusammenhang zwischen dem Schulerfolg und der

familiären Herkunft besteht, weshalb dem Bildungssystem per se nur eine geringe

egalisierende Wirkung zugeschrieben werden kann (Müller & Mayer 1976). 16 Chancengleichheit war Anfang der sechziger Jahre wohl eines der am häufigsten bearbeiteten Themen der Bildungsforschung und eine ausdrückliche Forderungen an die Politik (vgl. exemplarisch Picht 1964 und Dahrendorf 1965). Ende der neunziger Jahre rückte die Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungssystems abrupt wieder in den Vordergrund der öffentlichen Diskussion. Ursache war das schlechte Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler bei der Dritten Internationalen Mathematik- und Naturwissenschaftsstudie (TIMSS; Baumert et al. 1997), dem Programme for International Student Assessment (PISA; Baumert et al. 2001) und der internationalen Lese-Kompetenz-Studie (IGLU; Bos et al. 2004). Die Symptome, die anhand der Befunde von TIMSS, PISA und IGLO beschrieben werden, sind zum Teil bereits vor 40 Jahren von Georg Picht und Ralf Dahrendorf erkannt und kritisiert worden.

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

28

Erkenntnisse, die auch heute noch ihre Gültigkeit besitzen. So hat das Deutsche

Studentenwerk in seinen Sozialerhebungen wiederholt auf den engen Zusammenhang

zwischen dem Bildungsniveau der Eltern bzw. deren beruflichen Status und dem Besuch

weiterführender Schulen hingewiesen (vgl. exemplarisch BMBF 2004b: Kapitel 3). Wie zum

Beispiel die jüngste Schülerstudie IGLU aufgezeigt hat, entspricht etwa jede zweite

Schullaufbahnempfehlung nicht dem tatsächlichen Leistungsvermögen der Beurteilten. Die

Ursache hierfür liegt unter anderem in der Problematik begründet, dass der soziale

Hintergrund von Lehrerinnen und Lehrern – bewusst oder unbewusst – mitgedacht wird und

in die Bewertung eingeht. Tendenziell werden dabei Kinder „besserer“ Herkunft bevorzugt.

Trotz übereinstimmender Resultate im Leistungstest haben Kindern aus oberen Schichten eine

Zweieinhalbfach so hohe Chance eine gymnasiale Empfehlung zu bekommen wie Kinder aus

unteren Schichten (vgl. Bos et al. 2004: 27-29).

Dabei gehen die größten Selektionswirkungen von den ersten beiden Bildungsschwellen aus.17

Die zu frühen Lebenszeitpunkten getroffenen Entscheidungen sind nur schwer zu korrigieren,

weil die rechtlich zwar mögliche Durchlässigkeit zwischen Schultypen in der Realität kaum

gegeben ist. Korrekturen einmal getroffener Bildungsentscheidungen sind häufig nur auf

Umwegen realisierbar und mit erheblichen Zeitverlusten verbunden (vgl. BMBF 2004a: 94f.).

Empirische Untersuchungen zeigen, dass sich diese soziale Selektivität auch noch beim

Übergang von der gymnasialen Oberstufe auf die Universität manifestiert. Betrachtet man den

Bildungsprozess als eine Sequenz von Bildungsübergängen (vgl. Mare 1980), so zeigt sich,

dass von 100 Arbeiterkindern lediglich 28 Kinder die Schwelle in die gymnasiale Oberstufe

schaffen und nur sechs Kinder an eine Universität gelangen (Abbildung 3). Im Vergleich dazu

gelingt 73 Beamtenkinder die Aufnahme in die gymnasiale Oberstufe und 49 der Schritt an

die Universität. Es bleibt festzuhalten, dass sich trotz der Bildungsexpansion die relativen

Chancen von Arbeiterkindern, ein Studium aufzunehmen, im Zeitverlauf nicht wesentlich

verbessert haben. Weiterhin determiniert die soziale Herkunft die Bildungschancen (vgl.

Köhler 1992; Bürklin & Rebenstorf 1997; BMBF 2004a).

17 Analog zur Struktur des Bildungssystems sind fünf Schwellen auf dem Weg zur Promotion zu überwinden, die sicherstellen sollen, dass die Entscheidung über den weiteren Bildungsweg nach individueller Eignung, Leistung und Fähigkeit erfolgt. Eine erste Schwelle ist der Übergang von der Grundschule in eine weiterführende Schule (Gymnasium, Gesamt-, Real- oder Hauptschule). Als zweite Bildungsbarriere wirkt der Übergang von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II, als dritte der erfolgreiche Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung, als vierte die tatsächliche Realisierung der Studienberechtigung und als fünfte das erfolgreiche Bestehen der Abschlussprüfung und die Aufnahme einer Promotion.

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

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Abbildung 3: Der Bildungstrichter: Eine schematische Darstellung sozialer Selektion

Quelle: Allmendinger (2003: 83).

Die fundamentalen Veränderungen im deutschen Bildungswesen, und speziell im

Hochschulwesen, werfen die Frage auf, inwieweit auch die Promotion von diesen

Änderungen betroffen ist. Konnte der höchste deutsche Bildungstitel18 seine herausragende

traditionelle Position im Bildungssystem bewahren, oder ist die Promotion gleichfalls in den

Sog der allgemeinen Ausweitung und damit Abwertung von Bildungstiteln geraten? Weil die

quantitative Entwicklung der Promovierendenzahlen von zentraler Bedeutung für meine

Untersuchung ist, wurde an dieser Stelle zunächst lediglich die Expansion der vorgelagerten

Bildungssysteme thematisiert und auf die sozial ungleiche Bildungsbeteiligung in Schule,

gymnasialer Oberstufe und Studium hingewiesen. Die Daten zur Promotionsentwicklung

werden später nachgereicht und ausführlich diskutiert (vgl. Kapitel 4).

3.2 Soziologische Kategorien und Begriffssysteme von Bildung

Das soziale Feld Bildung wirkt auf den ersten Blick recht paradox: Während sich das

dominierende gesellschaftliche Bewusstsein am Bild einer egalitären, hochgradig

individualisierten und professionalisierten Gesellschaft orientiert, ist ungleiche Beteiligung

18 Die Habilitation als einziger höherwertiger Abschluss ist im außeruniversitären Bereich nur für die Medizin von Bedeutung.

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

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sozialer Schichten faktisch nach wie vor ein zentrales Strukturmerkmal moderner

Bildungsinstitutionen. Generell stellt sich daher die Frage, wie sich das Phänomen Bildung

sinnvoll mit soziologischen Kategorien und Begriffssystemen erfassen und beschreiben lässt.

Leisten Bildungssysteme einen funktionalen Beitrag zur Modernisierung der Gesellschaft,

indem sie Menschen zu sozialen, gesellschaftlich handlungsfähigen Persönlichkeiten

sozialisieren oder stellen sie viel mehr ein subtiles Instrument zur Reproduktion bestehender

Machtverhältnisse zwischen konkurrierenden Klassenformationen dar? Weiter stellt sich die

Frage wie der Prozess der Bildungsexpansion zu erklären ist. Kann die Ausweitung der

Bildungssysteme als Folge eines inflationären Bildungswettbewerbs gesehen werden, in dem

die eigene Bildung erhöht werden muss, um auf dem Arbeitsmarkt keine nachhaltigen

Wettbewerbsnachteile zu haben oder ist ein Ansteigen des formellen Bildungsniveaus die

natürliche Folge zunehmend differenzierter und modernisierter Wirtschafts- und

Sozialordnungen.

Derzeit wird häufig die These vertreten, dass Länder mit breit angelegten Bildungs- und

Ausbildungssystemen und einem hohen durchschnittlichen Bildungsstand der Bevölkerung

international erfolgreiche und kompetitive Länder sind. Eine solche Sichtweise basiert auf der

Vorstellung von Bildung als beliebig vermehrbare Produktionsressource, d.h. Wissen und

Qualifikation werden als gesamtgesellschaftliches Humankapital verortet. Nur durch

Investitionen in den Ausbau der höheren Bildung könne das wirtschaftliche Wachstum

gesichert werden (vgl. Allmendinger & Aisenbrey 2002: 43).

Eine Betrachtungsweise, die führende Bildungsforscher bereits Anfang der 60er Jahre

diskutierten (vgl. OECD 1967). So warnte Georg Picht (1964) vor einer möglichen

„deutschen Bildungskatastrophe“. Bildungsnotstand sei wirtschaftlicher Notstand, urteilte er

und vertrat die These, dass Deutschland aufgrund mangelnder Bildung in der internationalen

Konkurrenz zurückfallen könnte. Ein Argument, dass auch heute noch - insbesondere im

Bezug auf mögliche Auswirkungen der Globalisierung - den bildungspolitischen Diskurs

bestimmt.19 Ergänzend wies Ralf Dahrendorf (1965) auf die ausgeprägte Ungleichheit der

Bildungschancen und dem daraus resultierenden Modernitätsrückstand der Bundesrepublik

Deutschland hin. Seiner Meinung nach muss Bildung als Bürgerrecht, d.h. als soziales 19 Erst kürzlich veröffentlichte das Institut der deutschen Wirtschaft sein neustes Gutachten „Bildungsarmut und Humankapitalschwäche in Deutschland“ (Anger, Plünneke, Seyda & Werner 2006). Demnach sieht die deutsche Wirtschaft ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit durch zunehmenden Fachkräftemangel und Bildungsarmut bei den Jugendlichen bedroht. Treffend auch folgendes Zitat von Doris Pack, Mitglied des Europäischen Parlaments: „Hochschulpolitik ist in rohstoffarmen Gegenden, wie unserem Kontinent die zentrale Zukunftsinvestition, denn hochwertige Forschung und Innovation bedeuten Existenzsicherung für unseren Wohlstand in Europa“ (DAAD 2004: 8).

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

31

Grundrecht, begriffen werden, welches mit Hilfe der Bildungsexpansion verwirklicht werden

kann und damit einen Beitrag zur Modernisierung der Gesellschaft leisten kann (Dahrendorf

1965).

Im Folgenden werden einige zentrale ökonomische und soziologische Überlegungen zur

Funktion und Expansion moderne Bildungssysteme – welche für die weitere Überlegung von

Interesse sind - dargestellt und diskutiert.

Die klassischen ökonomischen Erklärungsansätze für die Verbreitung der Schul- und

Hochschulbildung fassen Bildung entweder als Konsum- oder Investitionsentscheidung auf.

Die Konsumthese begreift Bildung nicht nur als Produktionsfaktor, sondern Bildung gehört

selbst zu den Konsumgütern, welche der individuellen Bedürfnisbefriedigung dienen. Zum

günstigen Zustand einer Gesellschaft gehört ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen

materiellem Reichtum und kultureller Entwicklung. Ein steigendes Realeinkommen führt

(nach Sättigung der materiellen Lebensnotwendigkeiten) neben anderen Verschiebungen im

Konsumverhalten zu einer zunehmenden Nachfrage nach Bildung und mündet in eine

Bildungsexpansion (OECD 1966: 27).

Auf gleicher analytischer Ebene, doch mit dezidiert anderer Stoßrichtung, argumentiert die

Humankapitaltheorie. Bedingt durch die Tatsache, dass Lohnarbeit zur Existenzgrundlage für

die Mehrheit der Bevölkerung geworden ist, rückt Bildung in eine funktionale Beziehung zur

Herstellung und produktiven Nutzung von Arbeitskraft. Bildung wird nicht um ihrer selbst

willen nachgefragt, sondern als eine Investition verstanden, die mit Erträgen verbunden ist.

Die Erträge ergeben sich in Form höherer Arbeitsproduktivität und (daraus resultierend)

höherer Löhne. Aufgrund veränderter technologischer Rahmenbedingungen in

wirtschaftlichen Produktionsprozessen nehmen die Bedeutung von

„Arbeitseinsatzflexibilisierung“ und der Aufbau von höher und breiter qualifizierten

„Belegschaftssegmenten“ kontinuierlich zu (vgl. Schultz 1961, Becker 1964).

Aus makrotheoretischer Perspektive der Humankapitaltheorie generieren Investitionen in

Humankapital positives Wirtschaftswachstum, weil sie die technologische Überlegenheit

einer Gesellschaft sichern. Investitionen in Bildung erscheinen als entscheidender Beitrag zur

Verbesserung der Wettbewerbsposition eines Landes in der ökonomischen Konkurrenz der

Nationen. Die Expansion und zunehmende Differenzierung des Bildungssystems sind,

bedingt durch technologischen Wandel im Produktionssystem, unausweichliche Folgen einer

gestiegenen Nachfrage nach hoch qualifizierten „Experten“ (Clark 1962).

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

32

Ein wichtiges Ziel der in den sechziger Jahren verstärkten Bemühungen um eine Reform des

Bildungswesen war die Reduktion und Beseitigung regionaler, geschlechtsspezifischer und

sozialer Ungleichheiten in der Beteiligung an höherer Bildung. Die Forderung nach

Ausschöpfung von Begabungsreserven war die ökonomische Argumentation, während die

Proklamation des Rechts auf Bildung die gesellschaftspolitische Variante der Rechtfertigung

einer expansiven Strategie darstellte. Während die regionalen und geschlechtsspezifischen

Unterschiede heute weitestgehend verschwunden sind, bestehen weiter signifikante Barrieren

beim Zugang zu höherer Bildung bildungsferner Schichten.20

Aus theoretischer Perspektive bietet die Soziologie mit Funktionalismus und Konflikttheorie

zwei wesentliche Zugänge zum Verständnis des Stellenwerts von Bildung und Erziehung für

moderne Gesellschaften.21 Funktionalismus bezeichnet in der Bildungssoziologie

üblicherweise jenen Argumentationsstrang, der Bildung in Beziehung zu wirtschaftlichem

Wachstum setzt. Ergebnisungleichheiten und Belohnungsdifferenzen werden in westlichen

Gesellschaften als ein allgemeines Funktionserfordernis gesellschaftlicher Arbeitsteilung und

persönlicher Identität definiert. In modernen Industriegesellschaften ist damit vor allem der

Sachverhalt zwischen Bildung zur Erwerbsarbeit gemeint - es wird also das Verhältnis von

Bildung und Beschäftigung thematisiert und nach den soziologischen Schlüsselbegriffen

Qualifikation, Beruf und Profession gefragt.

Die funktionalistische Schichtungstheorie von Davis und Moore beispielsweise argumentiert,

dass Gesellschaften letztlich jene Personen am höchsten belohnen, die besonders wichtige

Funktionen wahrnehmen und spezielle Talente haben. In allen Gesellschaften gibt es

funktional differenzierte Positionen unterschiedlicher gesellschaftlicher Wertigkeit, welche

spezielle Begabungen und entsprechende Fertigkeiten erfordern. Aufgabe und Ziel des

Bildungssystems ist die Vermittlung dieser Fähigkeiten. Gleichermaßen sind den begabten

Personen Anreize zu setzten, sich den (materiellen) Anstrengungen zu unterziehen und die

qualifizierende Ausbildung zu absolvieren. Begabte Persönlichkeiten, welche die lange

Ausbildungsphase durchlaufen haben, werden für ihre Investitionen mit Positionen belohnt,

die einen entsprechenden hohen Status, ein hohes Einkommen und ein hohes Prestige sichern

(Davis & Moore 1945). Wie auch die Humankapitaltheorie betont die funktionalistische

20 Geschlechtsspezifische, ethnische und regionale Ungleichheiten im Zugang zu höherer Bildung werden in dieser Untersuchung nicht thematisiert. Einen guten Überblick hierfür bieten Müller, Steinmann & Schneider (1997: 212ff.). 21 Natürlich ist diese Dichotomisierung keineswegs absolut, vergleiche Karabel & Halsey (1977), Krais (1994) oder Allmendinger & Aisenbrey (2002).

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

33

Schichtungstheorie die gesellschaftliche effiziente Nutzung von menschlichen Ressourcen.22

Damit stellt der Funktionalismus gewissermaßen eine Rechtfertigungstheorie von sozialer

Ungleichheit dar, indem Begabung, Schule und Erwerbstätigkeit miteinander verknüpft

werden.

Die Konflikttheorie (vgl. für einen neueren Überblick Arrow, Bowles & Durlauf 2000)

hingegen fokussiert die Frage nach Bildung und sozialer Ungleichheit. Genetische Intelligenz

und meritokratische Elemente besitzen keine Gültigkeit, die schulische Vermittlung von

Fertigkeiten spielt eine untergeordnete Rolle. Im Vordergrund steht die Frage nach den

Mechanismen der Reproduktion sozialer Strukturen durch Bildung. Auch wenn sich die

soziologische Bildungsforschung bislang nur am Rande mit dem Zusammenspiel zwischen

sozialer Herkunft, Intelligenz und Bildung beschäftigt hat, ist es weitgehender Konsens, dass

IQ-Unterschiede zwischen einzelnen Schichten die Unterschiede im Zugang zu Bildung

zwischen diesen Schichten nicht erklären können (vgl. Flynn 2000). Aufgrund dieser

Beobachtungen muss die Meritokratiethese der funktionalistischen Theorietradition

zurückgewiesen werden. Stattdessen lassen sich die zahlreichen empirischen Hinweise zu

konflikttheoretischen Annahmen verdichten.

Dabei wendet sich die Konflikttheorie insbesondere gegen die Vorstellung, die vermehrte

Bildung resultiert aus technisch-funktionalen Erfordernissen der modernen Gesellschaft. Die

Ursachen für die Bildungsexpansion werden vielmehr in den Auseinandersetzungen zwischen

Statusgruppen gesehen, welche um den Zugang über knappe Ressourcen wie Reichtum,

Macht und Prestige kämpfen.

Aufgrund der Expansion des staatlichen Bildungswesen und der damit verbundenen sozialen

Öffnung von Bildung und Ausbildung, kann die Weitergabe des familiären Status nicht mehr

über Vererbung erfolgen, sondern muss über das Bildungssystem transportiert werden.

Klassenzugehörigkeiten werden nicht mehr per Geburt zugeschrieben sonder müssen mühsam

erworben werden. Aus konflikttheoretischer Perspektive lässt sich das Bildungssystem von

der herrschenden Klasse vereinnahmen, reproduziert soziale Ungleichheit und legitimiert

diese durch die Illusion einer egalitären Chancengleichheit.

Damit liegen Konflikttheorie und Sozialisationstheorie auf einer Linie mit den Arbeiten von

Pierre Bourdieu. Bourdieu und Mitarbeiter beschäftigten sich intensiv mit den Mechanismen

22 Es sei am Rande erwähnt, dass der Begriff „Humankapital“ zum Unwort des Jahres 2004 gewählt wurde. Zu Recht beklagte die Jury eine „Ökonomisierung aller Lebensverhältnisse“ und fand es verwerflich „Menschen nur noch unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten zu betrachten“.

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

34

der Reproduktion sozialer Strukturen und vertraten die These, dass die herrschenden Klassen,

welche in der Vormoderne ihre Macht durch die Standesordnung gesichert sahen, in der

Moderne ihre privilegierte Stellung mit Hilfe des Bildungssystem vererben (vgl. Bourdieu,

Boltanski, de Saint Martin & Maldidier 1981). Laut Bourdieu „bestimmen die objektiv

gegebenen Möglichkeiten und Notwendigkeiten, die die Klassenlage ausmachen, indem sie

Informationen, Verhaltensweisen, Wünsche und Zeithorizonte eröffnen und begrenzen, auch

die Bildungsaspirationen und andere zum Zwecke individuellen Aufstiegs getätigte

Investitionen mit dem Ergebnis, dass sie diese Menschen nahezu unausweichlich an den ihrer

Klasse vorgegebenen sozialen Ort zurückführen“ (Krais 1981: 14).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die angeführten funktionalistischen und

konflikttheoretischen Erklärungsversuche der Bildungsentwicklung ihre Aufmerksamkeit auf

unterschiedliche Aspekte richten. Der allgemein angenommene Trend zur postindustriellen

Gesellschaft (Bell 1979), zur hoch qualifizierten Gesellschaft (Teichler 1991) oder zur

Wissensgesellschaft (Stehr 1994) resultiert in einer zunehmenden Bedeutung von

wissenschaftsbezogenen Expertenwissen für die gesellschaftliche Entwicklung. Es überrascht

wenig, dass eine solche funktionalistische Sichtweise die öffentliche Wahrnehmung

dominiert. Trotz klarer empirischer Evidenz über die Exklusivität von Bildungstiteln spielt die

Frage nach dem Zusammenhang zwischen (Hochschul-)Bildung und sozialer Herkunft in der

öffentlichen und politischen Debatte eine untergeordnete Rolle.

In der Bildungssoziologie hingegen gehört die Frage nach dem Zusammenhang von Bildung

und sozialer Ungleichheit zum Kernbestand ihres Forschungsprogramms. Erst kürzlich

konnten Bargel, Ramm & Multrus zeigen, dass noch immer eine tiefe „Kluft“ im

Hochschulzugang nach sozialer Herkunft besteht. An Universitäten und Fachhochschulen ist

vor allem der Anteil Studierender gestiegen, von denen ein Elternteil ein Universitätsstudium

absolviert hat. Die „akademische Reproduktion“ hat - entgegen manchen Erwartungen und

politischen Zielen - weiter zugenommen. Hatten an den Universitäten Mitte der achtziger

Jahre 25% der Studierenden Eltern mit akademischem Studienabschluss, sind es 2001 nahezu

die Hälfte. Dieser Trend ist nur zum Teil auf die steigende formale Qualifikation der Eltern

zurückzuführen, von denen immer mehr studiert haben. Vielmehr bedeutet diese Zunahme

eine Zunahme der Reproduktion nach sozialer Herkunft: Die so genannte Bildungsvererbung

hat weiter zugenommen (vgl. Bargel, Ramm & Multrus 2005).

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

35

3.3 Der methodische Ansatz von Pierre Bourdieu und seine Bezugspunkte zur Bildung

Das Konzept der herrschenden Klasse, welches auf den marxistischen Klassenbegriff

zurückgeht, steht bis heute im Zentrum der soziologischen Auseinandersetzung um die

Sozialstruktur der modernen Gesellschaft. Von Bildungsforschern werden – wie zuvor gezeigt

– immer wieder kritische Erkenntnisse dargelegt, die der Idee formal gleicher

Bildungschancen widersprechen. Akzeptiert man aber die Vorstellung sozialer Ungleichheit

als strukturierendes Element der Gesellschaft und des Bildungswesen, so gilt es

sozialwissenschaftliche Untersuchungen an einem Forschungsprogramm abzuarbeiten,

welches diesen Tatsachen gerecht wird und geeignet scheint, einen erklärenden und

weiterführenden Beitrag zu kritischen Überlegungen über unsere Gesellschaft zu leisten.

Bourdieus zentraler Forschungsgegenstand23 sind die Reproduktionsstrategien der

verschiedenen Klassen und Klassenfraktionen, d.h. „ein Gesamtkomplex phänomenologisch

höchst unterschiedlicher Praktiken, mit deren Hilfe die Individuen und Familien unbewusst

wie bewusst ihren Besitzstand zu erhalten oder zu mehren und parallel dazu ihre Stellung

innerhalb der Struktur der Klassenverhältnisse zu wahren oder zu verbessern suchen“

(Bourdieu 1982: 210). Zwar resultieren die divergierenden Ungleichheitsdimensionen nicht in

einem Klassenbewusstsein oder gar in einer politischen Selbstorganisation, wirken aber

trotzdem strukturierend. Gerade weil die „sozialen Klassen“ als konstituierendes Merkmal

moderner Gesellschaften zunehmend aus dem öffentlichen Bewusstsein und

sozialwissenschaftlichen Beschreibungen verschwinden (vgl. Eder 2001: 27), betont Bourdieu

die Notwendigkeit die objektiven Klassenstrukturen aufzudecken.

Zur Beschreibung der sozialen Lage von Individuen und Klassen verwendet Bourdieu den

Begriff des Kapitals. Er spricht von Klassen im objektiven Sinne, wenn Menschen über eine

ähnliche Quantität und Anordnung der Kapitalausstattung im sozialen Raum verfügen und

deswegen ähnliche Habitusformen und Lebensstile aufweisen. Der Analyse der Feinen

Unterschiede liegt eine Betrachtung objektiver Strukturen des sozialen Raumes zugrunde, der

sich nicht auf ökonomische Unterschiede beschränkt. Zum ökonomischen Kapital treten bei

Bourdieu ergänzend das kulturelle (oder Bildungskapital) sowie das soziale Kapital, womit er

die persönlichen Beziehungen und sozialen Kontakte beschreibt, über die eine Person verfügt

23 Für Informationen über das bildungs- und praxistheoretische Lebenswerk Pierre Bourdieus vgl. Egger, Pfeuffer & Schultheis (1996).

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

36

(Bourdieu 1982).24 Damit gelingt es Bourdieu die Relevanz sozialer, kultureller und

ökonomischer Faktoren gleichzeitig zu berücksichtigen, jedoch immer unter der Annahme,

dass sich die Klassenlage primär auf die Stellung im Erwerbsprozess zurückführen lässt und

unter der Perspektive der wechselseitigen Transformation. „Die zu einem bestimmten

Zeitpunkt gegebene Verteilungsstruktur verschiedener Arten und Unterarten von Kapital

entspricht der immanenten Struktur der gesellschaftlichen Welt, d.h. der Gesamtheit der ihr

innewohnenden Zwänge, durch die das dauerhafte Funktionieren der gesellschaftlichen

Wirklichkeit bestimmt und über die Erfolgschancen der Praxis entschieden wird“ (Bourdieu

1983: 183).

Die relative Autonomie der Bildungssysteme macht es möglich, dass soziale Privilegien in

Bildungserfolg umgewandelt werden. Indem das Bildungssystem seine eigene akademische

Werthierarchie als einzig legitime durchsetzt, transformiert es die Gewalt der sozialen

Kräfteverhältnisse in symbolische Gewalt. Denn innerhalb des Bildungssystems vollzieht sich

die Reproduktion der Sozialordnung über die traditionelle Pädagogik, die einen bestimmten

Klassenhabitus - d.h. Dispositionssysteme, welche durch bestimmte Typen sozialer und

ökonomischer Verhältnisse verinnerlicht werden - voraussetzt.25 Der Habitus kommt in

Lebensstilen, Handlungen und Denkweisen zum Ausdruck, die zu Routinen verfestigt sind:

Erwerb und Reproduktion erfolgen größtenteils unbewusst. Die Lehre an Universitäten richtet

sich nur an jene, die implizit die Voraussetzungen für die Rezeption der angebotenen

Bildungsgüter besitzen, welche sie bereits im Familienmilieu erworben haben. Die

traditionelle Pädagogik stellt dabei ein wirksames Instrument zur Reproduktion der

privilegierten Klassenformation dar, weil die Angehörigen dieser Klasse den Code zur

Entschlüsslung der vermittelten Kulturgüter bereits durch die familiäre Sozialisation besitzen.

Zwar hat die Fachkulturforschung darauf hingewiesen, dass auch Sozialisationsprozesse an

der Hochschule einen gemeinsamen Fachhabitus ausbilden (vgl. Frank 1990; Engler 1994),

trotzdem unterstelle ich, dass sich die Studierenden und Promovierenden ihr Studium je nach

„mitgebrachtem“ Herkunftshabitus unterschiedlich aneignen, dass sie also über

habitusspezifische Zugänge zu Bildung verfügen. Meine Aufmerksamkeit gilt damit weniger

einem kurzfristig angeeigneten Fachhabitus, als vielmehr dem langfristig erworbenen

Klassenhabitus nach Bourdieu (Bourdieu 1982: 174f.), welcher sich in der Wahl für

24 Bourdieu argumentiert, dass das Kapital in drei Grundsorten (mit jeweils diversen Untersorten) auftritt, nämlich als ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital (Bourdieu 1983). Grundsätzlich sind aber beliebig viele symbolische Kapitalsorten denkbar, wie z.B. Schulkapital, Kapital an wissenschaftlicher Macht, Kapital an wissenschaftlichem Prestige, Kapital an intellektueller Prominenz etc. 25 Zum Begriff des Habitus vgl. Bourdieu (1970) und Krais & Gebauer (2002).

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

37

unterschiedliche Studiengänge manifestiert (Bourdieu & Passeron 1971).

Indem ich die Bedeutung des Habitus für die Promotionsentscheidung betone, grenze ich

diese Arbeit zugleich von Perspektiven ab, die Erfolg oder Misserfolg im Studium entweder

vorrangig auf die finanzielle Situation der Eltern zurückführen, oder individuellen

Begabungen zuschreiben.26 Wesentlich ist hingegen, inwieweit der Habitus und die im Feld

der Hochschule herrschenden Anforderungen und Spielregeln aufeinander abgestimmt sind

und zusammenwirken. Es genügt nicht, über ökonomisches Kapital zu verfügen um im

Hochschulalltag zu bestehen.

Um die Konzeption meiner Untersuchung theoretisch darzulegen, ist genauer auf Bourdieus

Unterscheidungen der Kapitalsorten einzugehen. Unter den Begriff des ökonomischen

Kapitals zählt Bourdieu sämtliche Formen des materiellen Reichtums. Um das ökonomische

Kapital von Promovierenden näher zu bestimmen, wurden die Doktorandinnen und

Doktoranden nach dem Netto-Monatseinkommen der Eltern, der Finanzierung von Studium

und Promotion sowie dem beruflichen Status der Eltern befragt.

Das soziale Kapital beschreibt die relevanten persönlichen Kontakte über die eine Person

verfügt. Der Zugang zur Promotion wird im wissenschaftlichen Feld in der Regel von

Professoren reguliert. Insofern symbolisiert in diesem Fall der persönliche Kontakt zu

Professoren ein hohes soziales Kapital. Bisher liegen - meines Wissens nach - keine

Untersuchungen über die sozialen Beziehungen zwischen Professoren und Promovierenden

vor Beginn der Promotion vor. Um erste Aussagen über das soziale Kapital von

Promovierenden treffen zu können, wurden die Doktorandinnen und Doktoranden befragt, ob

bereits vor der Promotion persönliche Kontakte zu ihrem Doktorvater bestanden und wie

dieser Kontakt zustande gekommen ist. Soziales Kapital muss bekanntlich mühsam und

zeitintensiv erworben werden und die Akkumulation ist in hohem Maße abhängig vom

zugrunde liegenden Habitus. Die Untersuchung wird zeigen, dass gerade im

wissenschaftlichen Feld soziales Kapital eine entscheidende Rolle spielt.

Das kulturelle Kapital hingegen folgt einer kulturellen Eigenlogik. Bourdieu unterscheidet

drei Zustände kulturellen Kapitals. Das kulturelle Kapital in objektiviertem Zustand

bezeichnet den Besitz von Büchern, Gemälden, Kunstwerken, Maschinen oder technischen

Instrumenten, wobei alle erwähnten Objekte auch einen ökonomischen Gegenwert besitzen.

Inkorporiertes kulturelles Kapital umschreibt „sämtliche kulturellen Fähigkeiten, Fertigkeiten

26 Kritische Anmerkungen zur „Vererbung von Intelligenz“ finden sich bei Flynn (2000) und Feldmann, Otto & Christiansen (2000).

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

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und Wissensformen, die man durch Bildung – freilich in einem sehr allgemeinen, nicht nur im

schulisch-akdademischen Sinne – erwerben kann“ (Schwingel 2003: 89). Diese Form

kulturellen Kapitals muss sich jeder Aspirant über individuelle Bildungsarbeit selbstständig

aneignen und ist dementsprechend personengebunden. Inkorporiertes kulturelles Kapital stellt

also einen Bestandteil der habituellen Dispositionen einer Person dar. Der dritte, für meine

Untersuchung maßgebliche Zustand, tritt bei Bourdieu als kulturelles Kapital in

institutionalisiertem Zustand auf - in Form von Bildungstiteln.

In Bourdieus Terminologie besteht die Wirkung des Schul- und Hochschulsystems in der

Produktion von Unterschieden: Unterschiede zwischen jenen, die über einen Titel verfügen

und jenen, die keinen besitzen; jenen, die mit einem seltenen, d.h. wertvollen Bildungspatent

ausgestattet sind, und jenen die nur minderwertige erreichen. Deswegen sind

Bildungszertifikate, wie z.B. Abitur, Diplom, Promotion oder Habilitation als Besitztitel auf

kulturelles Kapital zu interpretieren. Bourdieu und seine Mitarbeiter interessieren dabei die

mit diesen Bildungstiteln verbundenen Zugangschancen zu unterschiedlichen sozialen

Positionen und Lebensformen. Bourdieu betont:

„Es ist von daher nur zwingend, sich zunächst dem sicherlich bestverborgenen Effekt der Institution Schule

zuzuwenden, der bei näherem Augenschein als Folge der Durchsetzung von Titeln, d.h. von

Schulabschlüssen und Bildungspatenten, erkennbar wird, als Spezialfall des Effekts der Statuszuweisung,

den – positiv als Auszeichnung, negativ als Stigmatisierung – jede Gruppe durch Zuweisung der

Individuen zu hierarchisch gestaffelten Klassen erzeugt“ (Bourdieu 1982: 48; Hervorhebungen im

Original).

Durch die Vergabe von hochwertigen Bildungstiteln wird die entsprechende Person zu einem

Mitglied des „Bildungsadels“ und verfügt über legitimiertes kulturelles Kapital.

Um Informationen über das kulturelle Kapital der Promovierenden zu gewinnen, wurde die

Bildungsherkunft der Eltern herangezogen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die

familiäre Frühsozialisation einen entscheidenden Einfluss auf die Aneignung des kulturellen

Kapitals hat. Nach Bourdieu ist davon auszugehen, dass die entscheidende erste habituelle

Prägung einer Person sichtbare Spuren, wie z.B. eine bestimmte sprachliche Ausdruckweise,

hinterlässt.

Wie bereits angedeutet, richten Bourdieu und seine Mitarbeiter ein Hauptaugenmerk auf die

Strategien der verschiedenen Klassenfraktionen im Umgang mit Bildung, der

klassenspezifischen Nutzung von Bildungsinstitutionen und auf das Verhältnis von

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

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Bildungsstrategien zu den üblichen Reproduktionsstrategien (Bourdieu, Boltanski, de Saint

Martin & Maldidier 1981). Sie vertreten die Ansicht, dass in modernen Gesellschaften durch

wirtschaftlichen Strukturwandel und der Expansion der Bildungssysteme, Bildungsstrategien

als Mittel der Reproduktion sozialer Positionen zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Dabei offenbaren sich zwei zentrale Funktionen moderner Bildungssysteme: Zum einen die

Reproduktionsfunktion, d.h. die Aufrechterhaltung der sozialen Klassenverhältnisse. Durch

„Vererbung“ von Bildungsprivilegien - also durch den Ausschluss bestimmter sozialer

Schichten vom tertiären Bildungssektor - reguliert das Bildungssystem den Zugang zu

sozialen Privilegien (Status, Macht, Einfluss, Einkommen) und sorgt für die Reproduktion der

bestehenden Sozialordnung. Zum anderen die Legitimationsfunktion. Der „neue“

Reproduktionsmechanismus beinhaltet für die herrschende Klasse den Vorteil, dass er

aufgrund seiner nur statistischen Wirksamkeit zur Verschleierung der realen

Machtmechanismen beiträgt. Da das Bildungssystem prinzipiell jedem Schüler die gleichen

Chancen einräumt und es eine Vielzahl von Personen gibt, die ohne die „richtige“ Herkunft

eine erfolgreiche Karriere aufweisen können, ist die Selektivität der Reproduktion der

herrschenden Klasse oberflächlich nicht zu erkennen. Das Bildungssystem produziert also

Ideologien, z.B. Begabungs- und Chancengleichheitsideologien, die dafür sorgen, dass die

Reproduktion der sozialen Ordnung durch das Bildungssystem verhüllt bleibt.

Trotzdem schränkt der Weg über die exklusiven Bildungsinstitutionen die Macht der

herrschenden Schicht ein. Während die Familie bei der traditionellen Vererbung von

Reichtum, Status und Macht die Entscheidungen vollständig selbst kontrollieren konnte, muss

sie sich jetzt den Regeln des Bildungswesens als autonomes Feld unterwerfen. Die

Bildungsinstitutionen können ihren Beitrag zur Reproduktion nur leisten, wenn sie ihren

eigenen Regeln folgen und auch einzelne Mitglieder der herrschenden Klasse aufgrund

mangelnder Schulleistung „opfern“, die ein vollständig von der Familie kontrollierter

Reproduktionsmechanismus „verschonen“ würde (Bourdieu 1982). Schmeiser, der soziale

Abstiegsprozesse von Akademikerfamilien untersucht hat, spricht in diesem Zusammenhang

gar von einem „Reproduktionsdilemma“ (vgl. Schmeiser 2003). Statistisch gesehen bleibt der

Effekt aber gleich, d.h. die Reproduktion der herrschenden Klasse wird ebenso gesichert wie

durch einen direkten Machttransfer.

Bourdieu hat herausgearbeitet, dass die Ausweitung des Bildungswesens, und die damit stark

gestiegenen Zugangschancen für die Kinder ehemals ausgeschlossener Bevölkerungsgruppen,

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

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nur zu einer scheinbaren Chancengleichheit geführt haben. Denn in dem Maße, wie diese

Gruppen sich in ihren Reproduktionsstrategien auf die neue Situation eingestellt haben und

sich die Zahl der Schul- und Hochschulabgänger vervielfachte, sank der Wert der vergebenen

Titel und Diplome:

„[Es] kann der Schluss gezogen werden, dass ein Abschluss immer dann eine Abwertung erfahren haben

dürfte, wenn das zahlenmäßige Anwachsen der Stellen, zu denen die Abschlüsse anfangs der Periode

hinführten, nicht mit dem Ausstoß an Schul- und Hochschulabsolventen Schritt hielt. Alles scheint darauf

hinzuweisen, dass das Abitur und die darunter liegenden Abschlüsse am nachhaltigsten von der

Entwertung betroffen wurden“ (Bourdieu 1982: 224).

Die Konkurrenzkämpfe führen zu einer verstärkten Nachfrage nach exklusiven Bildungstiteln.

Diesen Effekt nennt Bourdieu „Distinktionsstrategien“. Je häufiger ein Titel einer bestimmten

Art vergeben wird, desto geringer wird sein symbolischer Wert. Um den Statusverlust, der mit

der Entwertung traditionell hoch angesiedelter Bildungsabschlüsse durch ihre massenhafte

Vermehrung einhergeht, zu entgehen, werden Zusatzqualifikationen bzw. -abschlüsse

erforderlich. Diese Entwicklung erfordert zur Wahrung der Position in der Struktur der

Klassenverhältnisse von allen Klassen eine Modifikation ihrer Reproduktionsstrategien.

Letztlich, so Bourdieu, kommt es lediglich zu einer Verlagerung der Bildungsstruktur nach

„oben“, nicht zu einer Veränderung der sozialen Ungleichheit (Bourdieu 1982: 263).

Bourdieu stellt fest, dass das Risiko von „Fehlinvestitionen“ für Angehörige der unteren und

mittleren Klassen wesentlich höher ist, als für Angehörige der herrschenden Klasse. Zum

einen fehlt Mitgliedern der unteren Klassen die „Vertrautheit“ mit den Einrichtungen des

Bildungssystems, so dass oftmals die zukünftige Entwicklung und der kommende Wert

bestimmter Bildungstitel falsch eingeschätzt werden. Zum anderen fehlt ihnen das nötige

ökonomische und kulturelle Kapital um auf ungewisse Bildungserträge warten zu können

(vgl. Bourdieu 1981: 179).

Bourdieus bildungssoziologische Analysen (vgl. Bourdieu & Passeron 1971) münden in den

Werken über das französische Hochschulwesen: Homo Academicus (1988), und Der

Staatsadel (1989/2004). In diesen Werken vollzieht er einen Bruch mit der naturalistischen,

substantialistischen Vorstellung von Eliten (oder einer herrschenden Klasse), und verweist auf

die „Felder der Macht“. Für eine intensive Auseinandersetzung mit Bourdieu in dieser Arbeit

spricht, dass dort ein methodologisch klar umrissenes und sozialtheoretisch ausgearbeitetes

Programm vorliegt, in dessen Rahmen akademische und soziale Phänomene in einem

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

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gemeinsamen Sinnzusammenhang beschrieben, erklärt und analysiert werden können. Dazu

führt Bourdieu in einem Gespräch mit Wacquant aus:

„Man kann und man muss Homo academicus als ein Programm zur Erforschung jedes beliebigen

akademischen Felds lesen. Der amerikanische (oder japanische, brasilianische, deutsche usw.) Leser nämlich

kann diese Arbeit der Übertragung mit einem einfachen Gedankenexperiment ausführen und durch

analogische Schlussfolgerungen eine Menge über sein eigenes berufliches Universum herausbekommen.

Natürlich kann dieses Gedankenexperiment eine gründliche wissenschaftliche Untersuchung des jeweiligen

wissenschaftlichen Feldes nicht ersetzen.“ (Bourdieu & Wacquant 1996: 106).

3.4 Die Promotion in der Konzeption von Pierre Bourdieu

Für Bourdieu spielen Elitebildungseinrichtungen - insbesondere Eliteuniversitäten - eine

zentrale Rolle zur Reproduktion der gesellschaftlichen Klassenstruktur in Frankreich. Die

wesentliche Funktion dieser Elitehochschulen, deren exklusiver Charakter aufgrund ihrer

spezifischen Strukturen und strengen Zulassungsbedingungen von der Bildungsexpansion

größtenteils unberührt geblieben ist, besteht darin, eine gesellschaftlich allgemein anerkannte

Elite zu produzieren (vgl. Hartmann 2004: 94; Bourdieu 1982, 1991). Die Abschlüsse dieser

Institutionen werden sozusagen zu einer Art „Zugangsberechtigung“ zu den Spitzenpositionen

der französischen Gesellschaft. Damit die Reproduktion der herrschenden Klasse durch den

Erwerb exklusiver Bildungstitel gewährleistet werden kann, müssen allerdings die Grandes

Écoles die erforderliche soziale Selektivität aufweisen, um glaubhaft vermitteln zu können,

dass Absolventen dieser Einrichtungen der herrschenden Klasse auch wirklich angehören.27

Vergleichbare soziale Reproduktionsmuster lassen sich auch für Großbritannien, Japan und

den USA finden (vgl. Hartmann 2001: 164-176; 2004: 109-136).

„Alles in allem lässt sich als Resümee festhalten, dass aufgrund des sehr großen Gewichts, das dem Besitz

exklusiver Bildungstitel für die Besetzung von Spitzenpositionen in der Wirtschaft in den drei Ländern

[Frankreich, USA und England, Anm. d. Verf.] zukommt, die dort existierenden

Elitebildungseinrichtungen die entscheidende Rolle bei der sozialen Auslese der Kandidaten für das

Spitzenmanagement spielen. Sie sorgen durch ihre außerordentliche selektiven Aufnahmebedingungen

dafür, dass der Nachwuchs der classe dominante bzw. der upper class bei der Vergabe der von ihnen

monopolisierten exklusiven Bildungstitel und damit letztendlich auch bei der Vergabe von

27 Tatsächlich entstammt die überwiegende Mehrheit der Studenten an den Grandes Écoles dieser Klasse (vgl. Bourdieu 1982). Für Informationen über die selektiven Aufnahmeverfahren an amerikanischen Eliteuniversitäten vgl. Karabel (2005).

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

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Spitzenpositionen in den großen Unternehmen die Nase vorn hat.“ (Hartmann 2001: 176,

Hervorhebungen im Original).

Im Gegensatz dazu gab (und gibt) es in Deutschland bisher keine nennenswerten

Elitebildungseinrichtungen, weder auf schulischer noch auf universitärer Ebene.28 Einzig der

Doktortitel scheint die nötige Exklusivität zu besitzen, um einen entscheidenden Vorteil

gegenüber konkurrierenden Klassenformationen um gesellschaftliche Spitzenpositionen zu

gewährleisten.29

Im Folgenden werden vier Thesen vorgestellt, welche aufzeigen, dass es sinnvoll ist die

Untersuchung von Promovierenden anhand Bourdieus Theorie der sozialen Praxis zu führen:

1. Eine Promotion ist mit einer besonderen Privilegierung in den Berufschancen verbunden.

Das heißt, die Promotion ist nicht in den Sog der allgemeinen Ausweitung und Abwertung von

Bildungstiteln geraten, sondern hat seine traditionell herausragende Stellung im deutschen

Bildungssystem bewahren können.

Infolge der Bildungsexpansion seit Mitte der achtziger Jahre sinkt der Wert von Diplomen

und Magisterprüfungen. Um also den symbolischen Wert eines Hochschulabschlusses zu

erhalten, muss laut Bourdieu auf seltenere und höher bewertete Bildungstitel ausgewichen

werden. Hilke Rebenstorf verweist in ihren Beiträgen zur Potsdamer Elitenstudie auf die

Tatsache, dass die Bildungsexpansion bei den aus den Familien von größeren Unternehmern,

akademischen Freiberufen sowie leitenden Angestellten und Beamten stammenden

Angehörigen der Eliten, in den letzten eineinhalb Jahrzehnten einen Trend zum verstärkten

Erwerb des Doktortitels ausgelöst habe (Rebenstorf 1997: 144-149).

Andere empirische Studien zeigen, dass eine Promotion besonders geeignet ist, den Zugang

zu gesellschaftlichen Spitzenpositionen zu ermöglichen. Obwohl Promovierte nur einen sehr

kleinen Anteil der Hochschulabsolventen stellen, sind sie weit überproportional unter den

Mitgliedern der Elite vertreten. Neben der Wissenschaft, in der ein Doktortitel unverzichtbar

28 Deutsche Privathochschulen, wie beispielsweise die European Business School (gegründet 1971), Witten-Herdecke (1980), die Otto Beisheim School of Management (1984), die Bucerius Law School (2000), die Zeppelin University (2003) oder die International University Bremen (2004) weisen allerdings ersten elitären Charakter auf. Es sei auch auf die Existenz elitärerer Internate, wie zum Beispiel Schloss Salem oder das Kolleg St. Blasien, verwiesen. Für die Untersuchung spielen diese jedoch (noch) keine Rolle. 29 Vgl. auch Ben-David (1977: 59-67). Ben-David argumentiert, dass der deutsche Doktortitel mit den exklusiven Bildungsabschlüssen der ausländischen Elitebildungseinrichtungen mithalten kann.

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

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ist, gilt dies insbesondere für die Wirtschaft, wo knapp die Hälfte der Topmanager promoviert

hat (vgl. Hartmann 2001: 180). Auch scheint eine Karriere mit Doktortitel durchaus üblich in

der höheren Justiz und in der Politik (Hartmann 2004: 23).30

Daher stellt sich die Frage, ob der höchste deutsche Bildungstitel seine herausragende

traditionelle Position im Bildungssystem bewahren konnte oder ob die Promotion in den Sog

der allgemeinen Ausweitung und damit Abwertung von Bildungstiteln geraten ist. Mit dieser

Fragestellung beschäftigt sich das vierte Kapitel.

2. Die Wahrscheinlichkeit einen Doktortitel zu „erwerben“ beruht nicht auf der individuellen

Leistungsfähigkeit oder persönlichen Qualifikation, sondern wird maßgeblich durch die

ökonomischen, sozialen und kulturellen Bedingungen des Elternhauses determiniert. Das

heißt, die Promotion muss als ein Mechanismus zur Reproduktion sozialer Ungleichheiten

verstanden werden.

Sollten die Annahmen der funktionalistischen Bildungssoziologie zutreffend sein, müssten

alle Universitätsabsolventen relativ die gleichen Chancen auf eine Promotion besitzen.

Mithilfe der „meritokratischen Leitfigur“ sozialer Gleichheit und dem daraus abgeleiteten

(scheinbar) freien Wettbewerb um gleiche Bildungschancen, ist es gar gelungen, die

Reproduktion ungleicher Bildungschancen in modernen, westlichen Gesellschaften zu

institutionalisieren und zugleich zu legitimieren (vgl. Solga 2005).

Folgt man hingegen den Bourdieuschen Überlegungen zur Attraktivität einer Promotion für

die Karriereaussichten und zieht man die zahllosen Hürden im deutschen Bildungssystem in

Betracht, mit welchen der Nachwuchs der breiten Bevölkerung bis in die Universität

konfrontiert ist, wäre zu erwarten, dass der Doktortitel die stärkste soziale Selektivität unter

allen deutschen Bildungstiteln aufweist.

Die soziale Herkunft von Doktorandinnen und Doktoranden wird Gegenstand des fünften

Kapitels sein.

30 Hartmann behauptet zwar, dass der Promotion in der Politik keine große Bedeutung zukommt (vgl. Hartmann 2004: 23). Trotzdem besitzen im 16. Bundestag 113 von 614 Mitgliedern einen Doktortitel, was einem Anteil von immerhin 18,4 % entspricht (Bundestag 2006).

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3. Die Ungleichheit der Bildungschancen manifestiert sich in der Einschränkung der Studien-

bzw. Promotionsfachwahl. Das heißt, die soziale Herkunft beeinflusst nicht nur die

Entscheidung zur Promotion, sonder prägt auch die Wahl für eine bestimmte

Studienfachrichtung.

Bourdieu und Passeron haben aufgezeigt, dass die Studienfächer in einer hierarchischen

Ordnung zueinander stehen, die der Strukturiertheit der sozialen Ungleichheit in der

Gesellschaft entspricht, und dass ein systematischer Zusammenhang zwischen der Wahl der

Studien- und Promotionsfächer, dem Studienverhalten und der sozialen Herkunft besteht. Sie

schreiben:

„Zweifellos drückt sich auf Hochschulniveau die ursprüngliche Ungleichheit der Bildungschancen vor

allem in der Tatsache aus, dass die verschiedenen sozialen Klassen sehr ungleich vertreten sind. Es muss

hinzugefügt werden, dass der relative Studentenanteil diese Ungleichheit nur partiell widerspiegelt, da die

an der Hochschule am stärksten vertretenen Klassen in der aktiven Bevölkerung am schwächsten vertreten

sind […] Die […] Statistik zeigt, dass das Schulsystem objektiv eine um so totalere Eliminierung

vornimmt, je unterprivilegierter die Klassen sind. Seltener dagegen werden die verborgeneren Formen zur

Kenntnis genommen, in denen sich die Ungleichheit der Bildungschancen manifestiert, wie beispielsweise

die Abdrängung der Kinder aus den unteren und mittleren Klassen auf bestimmte Fakultäten und die

Verlängerung der Unsicherheit im Studiengang“ (Bourdieu & Passeron 1971: 20).

In eben diesem Zusammenhang erfüllen die exklusiven Grandes Écoles für Bourdieu neben

der Reproduktion der herrschenden Klasse noch eine weitere Aufgabe. Durch die

fachspezifische Differenzierung in verschiedene Typen (von geisteswissenschaftlich

orientierten Écoles bis zu eindeutig wirtschaftswissenschaftlich ausgerichteten

Eliteeinrichtungen) lösen sie das zusätzliche Problem der internen Gliederung der

herrschenden Klasse. Durch die unterschiedliche Attraktivität für die verschiedenen Gruppen

der herrschenden Klassen, garantieren die verschiedenen Grandes Ècoles ein relativ hohes

Maß an sozialer Homogenität innerhalb dieser. Entscheidend ist, dass auf diese Weise den

Kämpfen zwischen den zwei großen Teilen der herrschenden Fraktion - bei den einen

dominiert das ökonomische Kapital, die anderen beherrschen überwiegend das kulturelle

Kapital – die Schärfe genommen wird und sie in geregelte Bahnen lenkt. Der „Streit der

Fakultäten“ wird ebenfalls im fünften Kapitel erarbeitet und in einem theoretischen Exkurs

erweitert.

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3. Bildungssoziologische Vorüberlegungen

45

4. Die soziale Ungleichheit im Zugang zur Promotion wird in besonderem Maße durch das

soziale Kapital im wissenschaftlichen Feld reguliert. Das heißt, ökonomisches und kulturelles

Kapital reichen alleine nicht aus, um den Zugang zur Promotion zu gewährleisten.

Die Analyse der Daten lieferte deutliche Hinweise darauf, dass für die befragten

Doktorandinnen und Doktoranden neben ökonomischen und kulturellen Ressourcen

persönliche Kontakte und Beziehungen eine enorme Rolle bei der Aufnahme als

Promovierende spielten. Zu einem vergleichbaren Befund kamen bereits Bourdieu, Boltanski

und Saint Martin (1981: 144). Um diese Beobachtung angemessen erklären zu können, war es

nötig, den theoretischen Fokus der Untersuchung nochmals um ein Element der

Bourdieuschen Gesellschaftsanalyse zu erweitern: Der Feldtheorie. Diese Erweiterung wird –

um den Lesefluss nicht zu stören – am Ende des vieren Kapitels vorgenommen.

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Kapitel 4

Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

4.0 Argumentationsskizze

Wurde im vorangegangenen Kapitel - empirisch und theoretisch - aufgezeigt, dass das

Bildungssystem einen immanenten Beitrag zur Reproduktion der Klassenbeziehungen leistet,

werden in diesem Kapitel die strukturellen Rahmenbedingungen von Promovierenden in

Deutschland erläutert. Dabei wird sich zeigen, dass eine Analyse der Situation von

Doktorandinnen und Doktoranden nur Sinn machen kann, wenn man sich der Autonomie des

wissenschaftlichen Feldes bewusst wird. Die Argumentation verläuft dabei in vier Schritten.

Zunächst werden die verschiedenen Phasen der Hochschulentwicklung dargestellt, welche

den strukturellen Rahmen für die Rekrutierung wissenschaftlichen Personals und damit auch

für Doktorandinnen und Doktoranden bilden. Die jetzige Situation von Promovierenden lässt

sich nur schwierig ohne diesen historischen Exkurs begreifen.

Um die Frage nach der Exklusivität von Doktortiteln zu klären wird im zweiten Abschnitt die

zahlenmäßige Entwicklung der Promotionsabschlüsse dargestellt. Es wird gezeigt, dass die

Promotion in Deutschland ihre exklusive Stellung hat bewahren können.

Der Wert eines Doktortitels im beruflichen Verwertungsprozess wird im dritten Abschnitt

herausgearbeitet. Dabei muss ausführlich auf den Funktionswandel im Bezug auf die

wissenschaftliche Qualifizierung eingegangen werden. Galt die Promotion traditionell der

Rekrutierung des wissenschaftlichen Nachwuchses, so streben Doktorandinnen und

Doktoranden heute überwiegend außeruniversitäre Karrieren an. Unabhängig von der

weiteren Karriereplanung betreten Doktorandinnen und Doktoranden aber das

wissenschaftliche Feld. In einem Exkurs wird verdeutlicht, dass das wissenschaftliche Feld

nach Bourdieu eine autonome soziale Welt darstellt, welche feldspezifische Zwänge und

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

48

Regeln konstruiert. Daher muss diese Überlegung auf analytischer Ebene berücksichtigt

werden.

In einem vierten Abschnitt werden dann die gewonnenen Einsichten in das Bourdieusche

Feldverständnis inhaltlich konkretisiert. Dabei wird sich anhand meiner Daten zeigen, dass

die Regeln des wissenschaftlichen Feldes auch für Doktorandinnen und Doktoranden gelten.

Das Kapitel schließt mit einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse.

4.1 Strukturelle Entwicklung der Promotion nach 1945

Die fundamentalen Veränderungen im deutschen Bildungswesen - wie sie im dritten Kapitel

skizziert wurden - werfen die Frage auf, inwieweit auch die Promotion von diesem Wandel

betroffen ist. Konnte der höchste deutsche Bildungstitel seine herausragende traditionelle

Position im Bildungssystem bewahren, oder ist die Promotion gleichfalls in den Sog der

allgemeinen Ausweitung und damit Abwertung von Bildungstiteln geraten? Zur Klärung

dieser Frage bedarf es daher zunächst einer detaillierten Darstellung der historischen Stellen-

und Personalentwicklung im universitären Umfeld.

Die quantitative und strukturelle Entwicklung der wissenschaftlichen Mitarbeiter in den

vergangenen sechzig Jahren kann nach Jürgen Enders grob in vier Entwicklungsphasen

unterteilt werden (vgl. Enders 1996: 60-79):

1.) die Phase des Wiederaufbaus und der Restauration bis zum Ende der fünfziger Jahre,

welche zunächst scheinbar bruchlos an die Strukturen vor 1933 anknüpfte;

2.) die Phase der Expansion des Bildungs- und Hochschulwesens und der personellen

Kapazitäten der Universitäten bis in die Mitte der siebziger Jahre hinein. Diese Phase

scheint – wie zu zeigen sein wird – im Hinblick auf die soziale Rekrutierungsbasis des

wissenschaftlichen Personals auch durch eine soziale Öffnung der Professorenschaft

und des wissenschaftlichen Nachwuchs für bildungsferne Schichten gekennzeichnet

zu sein, während Frauen kaum stärkeren Zugang zu universitären Positionen fanden;

3.) die Phase des Endes des Hochschulausbaus und eine relative Stagnation;

4.) die Phase verhaltenen Wachstums und einer Strukturverfestigung. Diese Phase ist

gekennzeichnet durch ein wieder Erstarken der professoralen Vormachtstellung, eine

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

49

wiederum zunehmende personelle Expansion des akademischen Mittelbaus sowie eine

stärkere soziale Schließung der Professorenschaft gegenüber bildungsfernen

Schichten.

Die Entwicklungsphasen überschneiden und überlagern sich zum Teil wechselseitig und

lassen sich deswegen nicht immer eindeutig voneinander trennen. Probleme der

Hochschulstatistik, die sich zudem in unterschiedlicher Weise in verschiedenen Phasen der

Stellen- und Personalentwicklung niedergeschlagen haben, erschweren die Darstellung

quantitativer Trends ebenso, wie die teilweise nicht konsistente Erfassung verschiedener

Phasen der Promotionsentwicklung.31

Restauration und Wiederaufbau

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden bis in die fünfziger Jahre hinein die

Universitäten wieder aufgebaut und zum Teil sowohl fachlich (durch den Aufbau neuer

Fakultäten) als auch institutionell (durch erste Gründungen neuer Hochschulen) erweitert.

Den Hochschulen wurde ein hohes Maß an Autonomie zugestanden und die Einheit von

Forschung und Lehre wurde bestätigt. Die Zahl der Lehrstühle stieg in dieser Phase des

Wiederaufbaus zwischen 1949 und 1960 um 43% (Enders 1996: 60). Die Mitte der fünfziger

Jahre publizierte Göttinger Hochschullehrerstudie hat diese Phase der Hochschul- und

Personalstrukturentwicklung grundlegend beleuchtet und dokumentiert. Erstmalig wurden in

diesem Zusammenhang die Entwicklungslinien und Strukturprobleme des „akademischen

Nachwuchses“ thematisiert (vgl. Plessner 1956).

Expansion und Differenzierung

Die wachsende Nachfrage nach Hochschulbildung, die zunehmende Betonung der

Mobilisierung der Bildungsreserven für die weitere wirtschaftliche und gesellschaftliche

Entwicklung, die soziale Öffnung des Hochschulzugangs und die wachsenden

Bildungsaspirationen nicht-akademischer Schichten mündeten in den sechziger Jahren in

31 Zu Fragen der Entwicklung und Reichweite der diesbezüglichen Bundesstatistiken vgl. Wissenschaftsrat (1982); Köhler (1984, 1992); Bochow & Joas (1987). Einen Überblick über die politische Diskussion und die gesetzlichen Rahmenregelungen der Promotion bis 1985 findet sich bei Czock & Wildt (1985: 17-28).

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

50

einen deutlichen Ausbau der bestehenden Universitäten und der Gründung neuer

Hochschulen. Die Zahl der Planstellen32 (vgl. Anhang: Tabelle 2) für das wissenschaftliche

Personal an Universitäten betrug 1960 etwa 13.000, stieg bis 1965 auf 27.000 (+ 108% in fünf

Jahren), bis 1970 weiter auf 38.900 (+ 44%), sowie auf 54.300 im Jahr 1975 (+ 40%).

Insgesamt erhöhte sich der Planstellenbestand an Universitäten in einem Zeitraum von

fünfzehn Jahren um 318 Prozent, wobei sich die Anzahl der Professoren und

wissenschaftlichen Mitarbeiter in etwa gleicher Größenordnung vermehrte.

Das wissenschaftliche Personal an den deutschen Universitäten (vgl. Anhang: Tabelle 3)

verfünffachte sich zwischen 1960 und 1975 von 9.947 auf 52.573 hauptberuflich angestellte

Akademiker. In diesem Zeitraum stieg die Zahl der Professoren von 3.939 auf 14.893 (was

einem Plus von 378% entspricht). Deutlich stärker aber wurde die Expansion des nicht-

professoralen Sektors vorangetrieben. Durch Stellenteilungen und vermehrte externe

Finanzierungsmöglichkeiten stieg die Zahl der im Mittelbau Beschäftigten zwischen 1960 und

1975 von 6.008 auf 37.680 (+ 435%). Damit übertraf die personelle Expansion im

Hochschulwesen die Entwicklung der Planstellenzahlen bei weitem.

Zeitgleich zur expansiven Phase der Personalentwicklung in den sechziger Jahren (1960 bis

1975) ergab sich auch ein deutlicher Anstieg der Promotionen (+ 67%) und Habilitationen (+

126%). Die personelle Expansion betraf im Prinzip alle Fächer, allerdings in unterschiedlicher

Weise. In der Zeit von 1960 bis 1975 verzeichneten die Geisteswissenschaften sowie die

Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften die größten Zuwachsraten in Mittelbau- und

Nachwuchsbeschäftigung. In den naturwissenschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen

Fächern, die bereits zu Beginn der Hochschulexpansion über einen vergleichsweise breiten

wissenschaftlichen Unter- und Mittelbau verfügten, expandierten die Beschäftigungszahlen

nicht-professoraler Wissenschaftler weniger stark, als in den geistes- und

sozialwissenschaftlichen Fächern (Enders 1996: 65).

Zu Recht verweist Enders auf den Mangel an systematischen und übergreifenden

Untersuchungen zu Fragen der sozialen Herkunft der Hochschullehrerschaft und ihrer 32 Es muss unterschieden werden zwischen der Anzahl der Planstellen und der Anzahl des wirklichen Personalbestandes. Bei der Ermittlung der Planstellen bleiben Drittmittel finanzierte Wissenschaftler unberücksichtigt. Außerdem werden Mehrfachbesetzungen von Stellen nicht mehrfach gezählt. Die Ermittlung des Personalbestandes hingegen basiert auf Personalzählungen, unabhängig von der Art der Stelle (volle oder geteilte Stelle) und ihrer Finanzierung (Haushalt oder Drittmittel). Für die weitere Untersuchung sind die Zahlen des Personalbestandes von größerer Bedeutung. Trotzdem dokumentiert die Entwicklung der Planstellenzahlen eindrucksvoll das gesteigerte gesellschaftliche Interesse an Hochschulbildung in den siebziger Jahren.

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

51

Veränderung im Zuge der Hochschulexpansion während dieser Phase. Während Bourdieu die

französische Situation im Hinblick auf die „Morphologie des Lehrkörpers“ durch die

Hochschulexpansion ausführlich untersuchte (Bourdieu 1988), lassen sich für Deutschland

wenig Aussagen über die soziale Mobilität von Hochschullehrern treffen. Trotzdem können

als Indiz für die soziale Öffnung der Professorenschaft folgende Zahlen angeführt werden:

Zwischen 1956 und 1977 hat sich der Anteil der Professoren aus einem akademischen

Elternhaus von 44% auf 36% reduziert. Diese Veränderung betreffen die verschiedenen

Fächer allerdings in durchaus unterschiedlichem Maße, weshalb die angesprochene

Hierarchie der Disziplinen im Hinblick auf das ererbte kulturelle Kapital eines akademischen

Herkunftsmilieus innerhalb der Lehrkörperschaft gewahrt wurde: In den

Rechtswissenschaften stammte Mitte der siebziger Jahre mehr als die Hälfte aus

Akademikerfamilien. In der Medizin nahezu die Hälfte, gefolgt von den

geisteswissenschaftlichen sowie den natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fachbereichen,

deren Lehrkörper sich zu etwa einem Drittel aus einem akademischen Herkunftsmilieu

rekrutierten. Schlusslicht bildeten die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, die etwa zu

einem Viertel aus einem akademischen Elternhaus stammten (vgl. hierzu Enders 1996: 68).

Die Vertretung nicht-akademischer Schichten innerhalb der Professorenschaft weist in der

Phase der Bildungsexpansion eine steigende Tendenz auf. Zusammenfassend lässt sich daher

festhalten, dass von einer sozialen Öffnung der Professorenschaft gegenüber einem nicht-

akademischen Herkunftsmilieu im Zuge der Hochschulexpansion gesprochen werden kann.

Strukturreform und Stagnation

Der etwa fünfzehn Jahre währende Zeitraum sprunghafter Vermehrung der wissenschaftlichen

Mitarbeiter an deutschen Hochschulen fand Mitte der siebziger Jahre ein Ende und der

personelle Ausbau der Universitäten kam zum Stillstand (vgl. Czock & Wildt 1985: 21). Die

Gesamtzahl der Stellen für wissenschaftliches Personal stagnierte zwischen 1975 und 1980 in

den nicht-medizinischen Bereichen und war in der ersten Hälfte der achtziger Jahre sogar

leicht rückläufig. Gleichzeitig stagnierte die Zahl der Habilitationen. Die Zahl der

Promotionen hingegen nahm, nach einer rückläufigen Tendenz in der zweiten Hälfte der

siebziger Jahre, seit Anfang der achtziger Jahre zu (Enders 1996: 70).

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

52

Verhaltenes Wachstum und Strukturfestigung

Nach dieser Phase des geringen Wachstums der universitären Personalkapazitäten lässt sich

seit Mitte der achtziger Jahre wiederum ein deutlicher Anstieg der Zahl der an den

Universitäten hauptberuflich tätigen nicht-professoralen Wissenschaftler (+ 31%) beobachten,

dem nur geringfügige Veränderungen der Professorenzahlen (+ 2%) gegenüberstehen. D.h.,

die Relation zwischen diesen beiden Gruppen verschiebt sich deutlich zugunsten des

Mittelbau- und Nachwuchsbereiches. Besonders deutlich expandiert die Beschäftigung nicht-

professoraler Wissenschaftler nach 1985 in den Naturwissenschaften. Diese Entwicklung lässt

sich in gemäßigter Form auch in den Ingenieurwissenschaften, sowie in den Agrar-, Forst-

und Ernährungswissenschaften nachvollziehen (vgl. Enders 1996: 72).

Die Zahl der nicht-professoralen Wissenschaftler überstieg Ende der achtziger Jahre nunmehr

deutlich die vorgesehenen Stellenkapazitäten der Universitäten. Während 1970 den insgesamt

26.200 Stellen für nicht-professorale 30.829 Beschäftigte gegenüber standen, wurden 1980

für 22.300 Stellen 41.083 Beschäftigte ausgewiesen. 1990 schließlich standen den 34.700

Stellen in Mittelbau und Nachwuchsförderung 54.413 Beschäftigte gegenüber.

Die Darstellung der weiteren Stellenentwicklung gestaltet sich - bedingt durch die

Wiedervereinigung und den daraus resultierenden extremen Schwankungen - als äußerst

schwierig. Dabei trägt die Ausweitung der Forschung aus Mitteln Dritter, die veränderte

Hochschulgesetzgebung zur Befristung von Angestelltenverhältnissen mit nicht-professoralen

Wissenschaftlern und die Umwandlung von Stellen zu diesem deutlichen Wachstum im

Mittelbaubereich, insbesondere durch die Vermehrung befristeter Angestelltenverhältnisse

mit wissenschaftlichen Mitarbeitern, bei.33 Daher seien nur die jüngsten bekannten Zahlen

angeführt: Im Jahr 2003 stehen den 118.102 nicht-professoralen Mitarbeiten 68.338 Stellen

zur Verfügung (BMBF 2005: Grund- und Strukturdaten). Die Zahl der „Köpfe“ übersteigt

also die Zahl der Stellen 2003 um etwa 60%.

Laut Enders und Teichler hat seit Mitte der siebziger Jahre keine weitere soziale Öffnung der

Lehrkörperschaft für bildungsferne Schichten stattgefunden. Vielmehr hat sich der Anteil der

Universitätsprofessoren aus Akademikerelternhäusern bis Anfang der neunziger Jahre wieder

33 Für eine umfassende Untersuchung von Promovierenden ist von gesteigerten Interesse, dass Mitte der neunziger Jahre das System der Nachwuchsförderung um ein strukturell neuartiges Element, die Graduiertenkollegs, deren Konzeption vom angloamerikanischen Modell eines postgradualen Promotionsstudiums beeinflusst wurde, erweitert wurde.

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

53

erhöht. Die Autoren ermittelten in einer 1992 durchgeführten Repräsentativbefragung des

wissenschaftlichen Personals einen Anteil von 49 Prozent aus Akademikerelternhäusern unter

den Universitätsprofessoren (gegenüber 36% Mitte der siebziger Jahre). Dabei fällt die

verstärkte Rekrutierung des Lehrkörpers aus akademischen Schichten wesentlich deutlicher

aus, als allein aufgrund der nachholenden Niveaueffekte der sozialen Zusammensetzung der

Studentenschaft, aus der sich die Professorenschaft rekrutiert, zu folgern wäre (vgl. Enders &

Teichler 1995a). Zusammenfassend urteilt Enders: „Man mag dies als Hinweis darauf deuten,

dass in einer Phase relativer Schließung des universitären Arbeitsmarktes und verschärfter

Nachwuchskonkurrenz die Nähe des akademischen Herkunftsmilieus zum universitären Feld

und der Besitz an kulturellen Kapital bei der Rekrutierung des Lehrkörpers insgesamt gesehen

wieder an Bedeutung gewinnt“ (Enders 1996: 74).

Betrachtet man die Veränderungen der Bildungsherkunft für die Fächer seit Mitte der

siebziger Jahre, zeigen sich für die Rechtswissenschaften und Wirtschaftswissenschaften

vergleichsweise geringfügige Veränderungen der sozialen Zusammensetzung; in den

Sozialwissenschaften, den Naturwissenschaften sowie den Ingenieurwissenschaften, vor

allem aber in der Medizin zeigt sich ein Anstieg des Anteils der Universitätsprofessoren aus

Akademikerfamilien:

„Die beiden letzteren [Ingenieurwissenschaften und Medizin, d. Verf.] bleiben die Fächer mit dem größten

Beitrag zur Reproduktion eines bereits erreichten hohen familialen Status. Demgegenüber werden vor allem

die Erziehungswissenschaften und Wirtschaftswissenschaften, aber auch die sozialwissenschaftlichen

Fächer häufiger für einen Bildungs- und damit verbundenen Statusaufstieg genutzt. Wie die

diesbezüglichen Ergebnisse der Studentenforschung zeigen [vgl. Köhler 1992, Anm. d. Verf.] spiegeln sich

hierin unterschiedliche Verhältnisse der Fächer, wie sie sich schon für die Bildungsherkunft ihrer

Studierenden beobachten lassen. Insofern leistet die Studienfachwahl einen nicht unwesentlichen Beitrag

zur sozialen Reproduktion der Fächer und ihres jeweiligen Lehrkörpers“ (Enders 1996: 75).

Die hier dargelegte Fächerrangfolge im Bezug auf die Reproduktion des sozialen Status mag

– im Vergleich zu Bourdieu – überraschen. An späterer Stelle (vgl. Kap. 5.3) wird die

Hierarchie der Fächer daher ausführlich thematisiert. Die gegenwärtige Situation von

Promovierenden lässt sich nicht ohne diesen historischen Exkurs begreifen. Institutionelle

Rahmenbedingungen regulieren die Möglichkeiten und Attraktivität der Promotion. Bevor

aber eine ausführliche Diskussion über die Reproduktionsmechanismen, welche der

Promotion zugrunde liegen, begonnen werden kann, muss noch die Entwicklung des

Doktortitels systematisch dargestellt werden.

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

54

4.2 Quantitative Entwicklung des Doktortitels

Deutschland kann mit etwa 25.000 abgelegten Doktorprüfungen pro Jahr die meisten

Promotionen in Europa vorweisen. Es folgen Großbritannien mit etwa 14.000 und Frankreich

mit etwa 11.000 Doktorprüfungen (OECD 2002).

Prinzipiell muss davon ausgegangen werden, dass der kontinuierliche Anstieg höherer

Bildung in der Gesellschaft zu einer massiven „Entwertung“ von Bildungstiteln in der

Bedeutung für die individuelle (Berufs-) Biographie führt. Daher ist eine höhere Zahl von

abgelegten Promotionsprüfungen als Hinweis für eine Entwertung des Doktortitels zu deuten.

So führen Bourdieu und Mitarbeiter aus:

„Weil ein universitärer Grad sich in demselben Maße entwertet, in dem die Zahl seiner Inhaber wächst,

kann er den Besitzern eines Bildungstitels, der vorher keinen Zugang zu diesen [Hochschullehrer, Anm. d.

Verf.] Positionen gewährte – zumindest nicht im gleichen Grade und in gleichem Alter -, nur einen

relativen Wertzuwachs bringen“ (Bourdieu, Boltanski & Maldidier 1981: 129).

Betrachtet man zunächst die absolute Entwicklung der abgeschlossenen

Promotionsprüfungen, so ähnelt sie in der Tendenz (mit Ausnahme der 1960er) der - in

Kapitel 3.2 dargestellten - allgemeinen Entwicklung der Studentenzahlen (vgl. Abbildung 4).

Während in der ersten Hälfte der 60er Jahre ein massiver Einbruch um 40 Prozent der

Promotionsprüfungen zu verzeichnen war, begannen in der zweiten Hälfte die Veränderungen

der einsetzenden Hochschulexpansion zu wirken. In nur fünf Jahren, zwischen 1965 und

1970, verdreifachte sich die absolute Zahl der Promotionen an deutschen Hochschulen von

3.321 auf 9.728 und stieg seitdem kontinuierlich auf 23.138 im Jahr 2004 an. Die Promotion

verliert also offenbar an Exklusivität, das aber vergleichsweise langsam und nur in

begrenztem Umfang.

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

55

Abbildung 4: Entwicklung der Promotionsprüfungen von 1953 bis 2004

0

5000

10000

15000

20000

25000

1953 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1992 1999 2000 2004

Quelle: Statistisches Bundesamt (1980-2005).

Denn betrachtet man anstelle der absoluten Anzahl abgeschlossener Promotionen die relative

Promotionsquote (vgl. Abbildung 5), d.h. abgeschlossene Promotionsprüfungen im Verhältnis

zur Gesamtzahl der Studierenden, zeigt sich überraschenderweise ein konträres Bild. Der

dramatischen Zunahme zwischen 1965 und 1970, bedingt durch den enormen Ausbau der

Bildungssysteme, steht ein kontinuierlicher Rückgang der relativen Promotionsquote

gegenüber.

In diesem Zusammenhang überrascht es, dass sich die relative Promotionsquote seit 1970

umgekehrt proportional zu der Entwicklung der Studentenzahlen entwickelt. Obwohl immer

mehr Absolventen – d.h. potentielle Doktoranden - die Universität verlassen, steigt die

Anzahl der Promovierenden nur marginal an. Lag die Promotionsrate unter den

Universitätsabsolventen vor 25 Jahren noch bei 54%, d.h. jeder zweite der ein Studium

erfolgreich abgeschlossen hat, hat anschließend auch noch promoviert (vgl. Hartmann 2001:

180), so sank die Promotionsquote im letzten viertel Jahrhundert um knapp die Hälfte auf

23,5% im Jahre 1999.

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

56

Abbildung 5: Promotionen in Relation zu allen Hochschulprüfungen (ohne Lehramt) fünf Jahre zuvor (Angaben in Prozent) 34

0

10

20

30

40

50

60

1960 1965 1970 1975 1980 1985 1992 1999

Quelle: Statistisches Bundesamt (1980-2005).

Während also die Hochschulbildung den Charakter eines exklusiven Gutes verloren hat, erhält

bzw. steigert die Promotion gewissermaßen ihre Exklusivität. Ähnlich beurteilt Enders die

Entwicklung. Er schreibt:

„Hinter der Dynamik der personellen Entwicklung und zunehmenden quantitativen Bedeutung der

Beschäftigung nicht-professoraler Wissenschaftler – seien deren berufliche Positionen nun für

Qualifizierungszwecke ausdrücklich vorgesehen oder nicht – ist die absolute und relative Entwicklung der

Zahl der Promotionen und Habilitationen deutlich zurückgeblieben. Von einer zwischenzeitlichen

befürchteten Titelsucht […] oder einer Inflation und Abwertung der Titel [vgl. Bourdieu (1988), Anm. d.

Verf.] durch deren Verlust an Seltenheit innerhalb der Hierarchie der wissenschaftlichen Abschlüsse kann

keine Rede sein“ (Enders 1996: 76).

34 Grundlage der Berechnung bildeten die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes in der „Fachserie 11. Reihe 4.2. Bildung und Kultur. Prüfungen an Hochschulen“ und die Elitenstudie von Hartmann (2002: 198f.). Da die Promotion in der Regel circa fünf Jahre nach dem Diplom, Staatsexamen oder Magister abgelegt wird (vgl. Enders & Bornmann 2001: 66ff.), wird für einen solchen Vergleich die Zahl der Promotionen der bestandenen Abschlussprüfungen (ohne Lehramt) fünf Jahre zuvor gegenübergestellt. Da der Abstand von fünf Jahren nur einen Mittelwert darstellt und die Prüfungszahlen mit teilweise mehr als 10 Prozent deutlich variieren, stellen die Quoten nur Annäherungswerte dar, welche Tendenzen sichtbar machen sollen. In Anlehnung an Hartmann (2002: 199) bleiben die Lehramtsprüfungen unberücksichtigt, weil nur ein relativ geringer Anteil der Promotionen auf Lehramtsprüflinge entfällt.

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

57

Die Promotion ist also ein exklusiver Bildungstitel. An diesen Befund anknüpfend ist

naturgemäß zu fragen, wie diese Exklusivität zustande kommt. Drei mögliche

Erklärungsansätze erscheinen zunächst plausibel: Erstens, eine Promotion bringt keine

(beobachtbaren) Vorteile bezüglich Status, Beruf oder Einkommen, d.h. potentielle

Doktorandinnen und Doktoranden sehen keinen Vorteil in einer Promotion. Zweitens könnte

es möglich sein, dass nur einige wenige Absolventen die nötigen Qualifikationen besitzen um

eine Promotion erfolgreich abzuschließen. Im Folgenden wird dargelegt, dass diese beiden

Gründe nicht zutreffen. Anhand der bisherigen Argumentation dürfte klar geworden sein, dass

es sich um ein Phänomen sozialer Macht handelt. Drittens ist daher davon auszugehen, dass

es sich bei der Promotion um einen exklusiven Bildungstitel handelt, weil dessen Zugang

nach sozialen Kriterien reguliert und beschränkt wird.

4.3 Die Promotion im Wandel

Führt der höchste deutsche Bildungstitel zu einer überdurchschnittlichen „Karriere mit

Doktortitel“ (Enders & Bornmann 2001) oder enden ehemalige Doktoranden als „Taxifahrer

Dr. phil.“ (Schlegelmilch 1987)? Um Aussagen über den Wert einer Promotion treffen zu

können, muss auf bisherige Forschungsergebnisse zurückgegriffen werden. Wie stellt sich die

berufliche Entwicklung und Situation nach der Promotion dar? Zusammenfassend

kristallisiert sich in der sozialwissenschaftlichen Diskussion eine sehr ambivalente Bewertung

des Doktortitels heraus. Einerseits werden Einkommensvorteile und positionale Vorteile für

Promovierte gegenüber anderen Hochschulabsolventen beobachtet (vgl. Spiegel-Verlag 1980,

Hartmann 2002) und auf das hohe gesellschaftliche Ansehen des Doktortitels hingewiesen

(Wissenschaftsrat 1995). Andererseits werden Arbeitsmarktprobleme promovierter

Geisteswissenschaftler thematisiert (vgl. Schlegelmilch 1987). Wie sind diese Beobachtungen

zu bewerten?

Traditionell wurde das Promotionswesen nicht primär auf ein externes Kriterium bezogen,

wie den außeruniversitären Arbeitsmarkt, sondern als systeminterne Nachwuchsrekrutierung

für eine Hochschulkarriere gedacht.35 Die Ausbildung und Selektion hervorragender Forscher

und deren Aufnahme in die „wissenschaftliche Profession“ galten als vornehmliches Ziel und 35 So war die Personalstruktur der Universität des 18. Jahrhunderts dadurch bestimmt, dass sogar eine Lehrstuhlvererbung vom Vater auf den Sohn oder andere Verwandte praktische Bedeutung hatte. Erst die Regelung, als Habilitationsleistung eine wissenschaftliche Abhandlung zu fordern, die einen disziplinenspezifischen Erkenntnisfortschritt darstellen sollte, beendete diese Praxis (vgl. Schmeiser 1994: 31).

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

58

eigentliche Funktion universitärer Bildung (vgl. Ben-David 1977: 46-52). Während die

traditionelle Promotion also vornehmlich der Rekrutierung des wissenschaftlichen

Nachwuchses diente, steht heute die Qualifizierung für den außeruniversitären Arbeitsmarkt

im Vordergrund. Exemplarisch sei dies mit folgender Definition von Estelle Phillips und

Derek Pugh - Autoren des Ratgebers How to get a PhD - dokumentiert:

„A doctor’s degree is a license to teach – meaning to teach in a university as a member of a faculty. This

does not mean nowadays that becoming a lecturer is the only reason for taking a doctorate, since the degree

has much wider career connotations outside academia and many PhDs do not have academic teaching

posts. The concept stems, though, from the need for a faculty member to be an authority, in full command

of the subject right up to the boundaries of current knowledge, and able to extend them” (Phillips & Pugh

2000: 18-19).

Mit der Verabschiedung des Hochschulrahmengesetzes im Jahre 1976 rückte die

Berufsvorbereitung in das Zentrum universitärer Ausbildung. Diese Entwicklung spiegelt sich

auch in meinen Ergebnissen wieder, womit wir ein erstes Mal zu den Ergebnissen meiner

Untersuchung gelangen. Die Mehrzahl der heute Promovierenden strebt tendenziell keine

Tätigkeit in der Wissenschaft an (vgl. auch Kapitel 5.3: Tabelle 8). Auf eine entsprechende

Frage antwortete etwa ein Drittel (33,9%), dass sie eine wissenschaftliche Laufbahn planen.

Zwei Drittel (66,1%) hingegen wollen sich für eine außeruniversitäre Laufbahn entscheiden.36

Die Promotion transformiert damit zu einer „Zusatzqualifikation“, welche sich im

Wesentlichen daraus ergibt, dass diejenige zu einer Fachfrau auf einem Spezialgebiet

geworden ist. Zudem wird im Gegensatz zum verschulten Studium Forschung betrieben. Ben-

David sieht daher auch den Vorteil einer Promotion in der Tatsache begründet, dass "only in

Ph.D.-level programs has professional training been invariably integrated with research"

(Ben-David 1977: 63). Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Zahl der abgelegten

Habilitationen wieder, die nicht Schritt halten konnte mit der deutlichen Zunahme der

abgelegten Doktorprüfungen (vgl. Anhang: Tabelle 3). Enders kommentierte diese

Entwicklung folgendermaßen:

„Die ‚Sorge um den wissenschaftlichen Nachwuchs’ tritt insofern in ein neues Stadium ein, als Fragen des

Bestands und der Qualität der Nachwuchsförderung seit Anfang der neunziger Jahre im Zusammenhang

mit der beginnenden und sich noch verstärkenden Emeritierungs- und Pensionierungswelle unter den

36 Um die Promovierenden zu „zwingen“ ihre zukünftigen Präferenzen zu offenbaren, wurde nur das binäre Antwortschema „Ja - Nein“ als Antwortmöglichkeit vorgegeben. Lediglich 69 Teilnehmer war es unmöglich eine Entscheidung zu treffen. Es sei allerdings erwähnt, dass dieses methodische Vorgehen teilweise auf Kritik der Befragten stieß.

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

59

Professoren und dem damit verbundenen verstärkten Nachwuchsbedarf wieder an Gewicht gewinnen. Für

einige Fächer lässt sich bereits absehen, dass ein ausreichend großes Reservoir an habilitierten

Nachwuchswissenschaftlern zur Besetzung der altersbedingt frei werdenden Professorenstellen in

absehbarer Zeit nicht zur Verfügung stehen wird“ (Enders 1996: 75-76).

Zudem erhöhte sich der relative Anteil von Studierenden, Promovierenden und Dozierenden.

Paradoxerweise wurden die wissenschaftlichen Mitarbeiter dabei Opfer ihres eigenen

Erfolges, da die Expansion des Hochschulwesens von einem Rückgang des sozio-

ökonomischen Status und des gesellschaftlichen Ansehens des Hochschulwissenschaftlers

begleitet wurden. „Die Expansion zeugt zwar von einer wachsenden gesellschaftlichen

Bedeutung der Hochschulen als Orte der Generierung neuer Wissensbestände und ihrer

Vermittlung für die Ausbildung hochqualifizierter Berufe, aber dieser Bedeutungsgewinn

wird für die Hochschulwissenschaftler dadurch überschattet, dass sie ihre soziale und

vermeintliche intellektuelle Exklusivität verlieren“ (Endres 1996: 25-26).

Unabhängig davon hat die Promotion noch immer einen hohen sozialen Status. Eine

empirische Befragung von Hochschulabsolventen hat ergeben, dass die meisten Akademiker

glauben, dass der Doktortitel die berufliche Karriere fördert. In der gesamten erwerbstätigen

Bevölkerung ist die Überzeugung vom Nutzen eines Doktortitels sogar noch stärker vertreten

(Spiegel 1980: 41). Es ist daher wahrscheinlich, dass künftige Doktoranden und

Doktorandinnen zum Zeitpunkt der Promotionsentscheidung davon ausgehen eine profitable

Entscheidung zu treffen. Gleichzeitig lässt die hohe gesellschaftliche Akzeptanz vermuten,

dass die Promovierenden von den Angehörigen positive Unterstützung erfahren, falls sie den

Wert des Doktortitels richtig einstufen.37 Aber entsprechen diese subjektiven

Wahrnehmungsmuster den wirklichen Berufsaussichten?

Enders und Bornmann (2001, 2003) haben Ende der neunziger Jahre erstmalig den

Berufserfolg von promovierten Hochschulabsolventen in einer größeren empirischen Studie

untersucht. Die Ergebnisse belegen, dass die große Mehrheit der Promovierten sich auf hoch

qualifizierten, gut bezahlten Vollzeitpositionen platzieren konnte. Unternehmen scheinen

grundsätzlich auf der Suche nach promovierten Mitarbeitern. Auch unterstützen Firmen eine

Promotion nachdrücklich. Bei McKinsey zum Beispiel ist man zunächst zwei Jahre als Berater

37 Der Epidemiologe Michael Marmot findet sogar Hinweise dafür, dass Promovierte aufgrund ihres höheren Sozialstatus länger leben (vgl. Willenbrock 2006: 110).

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

60

tätig und wird im dritten Jahr – unter Fortzahlung des Gehaltes – für einen MBA oder eine

Promotion freigestellt. Kann man bereits zu Beginn der Anstellung bei McKinsey einen

Doktortitel vorweisen, bekommt man direkt ein höheres Anfangsgehalt. Das prominenteste

Beispiel für den Erfolg von promovierten Akademikern ist dabei sicher Dr. Josef Ackermann,

der als Vorstandssprecher der Deutschen Bank im Jahr 2003 ungefähr 11 Millionen Euro

verdiente (Hartmann 2004: 175). „Von einer Krise des wissenschaftlichen Nachwuchses im

Hinblick auf seine weiteren Berufs- und Karrierechancen kann [also, Anm. d. Verf.] keine

Rede sein“ (Enders & Bornmann 2001: 138, Hervorhebungen im Original).

Der Elitenforscher Michael Hartmann nahm eine Analyse der soziale Herkunft und

Ausbildung deutscher Spitzenmanager zum Anlass, die beruflichen Karrieren promovierter

Ingenieure, Juristen und Wirtschaftswissenschaftler zu untersuchen (Hartmann 2002). Er

ermittelte, dass der Prozentsatz der promovierten Spitzenmanager der 300 größten deutschen

Unternehmen 1969 bei immerhin 46,6% lag (Hartmann 1996: 62). Betrachtet man ergänzend

die formale Ausbildung der Vorstandsvorsitzenden der 100 größten Unternehmen, haben

nicht weniger als 45% promoviert. Mittlerweile besitzen sogar 52% der

Vorstandsvorsitzenden einen Doktortitel (Hartmann 2001: 180). Bourdieus Aussagen über die

zentrale Rolle des Bildungssystems und des institutionalisierten kulturellen Kapitals für die

Reproduktion der gesellschaftlichen Klassenstrukturen erfahren im Hinblick auf die

Promotion also eine eindeutige Bestätigung. Eine Promotion scheint geeignet die privilegierte

Position innerhalb der Gesellschaft zu sichern.

Gleichzeitig haben Hartmann und Mitarbeiter aber auch gezeigt, dass in Deutschland für die

Besetzung von wirtschaftlichen Spitzenpositionen weniger exklusive Bildungspatente. als

vielmehr persönlichkeitsbezogene Rekrutierungsmaßstäbe den entscheidenden Faktor

darstellen. Die Chancen, eine Führungsposition in der Wirtschaft zu erreichen, sind für die

Promovierten, die aus dem gehobenen oder dem Großbürgertum stammen, um 50 bis 100

Prozent größer als für die Promovierten aus der Arbeiterklasse oder den Mittelschichten (vgl.

Hartmann 2001, 2002, 2004; Hartmann & Kopp 2001).38 Aufgrund von fehlenden

Elitebildungseinrichtungen scheint in Deutschland die Reproduktion von Herrschaft nicht

über ein in exklusiven Bildungseinrichtungen erworbenes „institutionalisiertes kulturelles

Kapital“ zu funktionieren, sondern über den innerhalb der Familie und des dazugehörigen

38 Dieses Phänomen wird unbewusst auch sehr wohl wahrgenommen. Laut Spiegel-Umfrage glauben mit steigenden Hierarchieebenen zunehmend weniger Personen daran, dass der Doktortitel der beruflichen Karriere förderlich sei (vgl. Spiegel 1980: 41).

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

61

Umfeldes angeeigneten klassenspezifischen Habitus. Hierzu der Elitenforscher selbst:

„Der klassenspezifische Habitus wirkt in Deutschland vorwiegend direkt und nicht […] indirekt über den

Erwerb exklusiver Bildungstitel. Bourdieus Aussagen über die zentrale Bedeutung dieses Habitus für die

Reproduktion der gesellschaftlichen Klassenstrukturen erfahren also eine eindeutige Bestätigung, während

die zur Rolle des Bildungssystems und des institutionalisierten kulturellen Kapitals in diesem Prozess in

ihrer Gänze nur auf die französische Situation zutreffen, für Deutschland dagegen zumindest einer

erheblichen Einschränkung bedürfen“ (Hartmann 2001: 199).

Zur besseren Einordnung dieser Befunde sei schon an dieser Stelle auf ein methodisches

Problem bei Hartmann verwiesen. Durch die Verengung des Fokus auf lediglich drei

Fachrichtungen – wobei sich später zeigen wird, dass er damit intuitiv richtig lag – müssen

diese Ergebnisse zunächst relativiert werden.

Exkurs 1: Das wissenschaftliche Feld

Daher wird die in Kapitel 3 – in Anlehnung an die Arbeiten von Pierre Bourdieu –

formulierte These, dass die Promotion eine Reproduktionsstrategie darstellt, wodurch

Individuen versuchen, in einer sich wandelnden Gesellschaft ihre soziale Position zu

behaupten, weiter aufrechterhalten. Auf analytischer Ebene muss die Aufmerksamkeit aber

zunächst noch auf eine weitere Tatsache gelenkt werden, die für die weitere Untersuchung

von zentraler Bedeutung ist. Denn auf dem Weg zur Promotion müssen Promovierende

zumindest kurzfristig das Feld der Wissenschaften „betreten“. Mit der Theorie sozialer Felder

hat Bourdieu ein Konzept entwickelt, das den Anforderungen, die aus dieser Überlegung

resultieren, entgegenkommt.39 Das wissenschaftliche Feld ist nach Bourdieu eine eigene

soziale Welt, und als solche stellt sie Anforderungen und übt Zwänge aus, die einigermaßen

unabhängig von den Zwängen der sie umgebenen sozialen (Um-)Welt sind.

Die Theorie der Felder basiert auf der Vorstellung, dass moderne Gesellschaften einem

fortschreitenden Differenzierungsprozess unterliegen und die arbeitsteilige Organisation in

sozialen Feldern nach spezifischen Prinzipien basiert. Das Funktionieren von sozialen Feldern

ist also nicht auf universelle Grundprinzipien reduzierbar, sondern jedes Feld weist seine

eigene Logik, d.h. seine eigenen Funktionsprinzipien und Zugangsbedingungen auf. Dinge,

die in einem Feld bedeutsam sind, können in einem anderen sozialen Feld belanglos sein.

39 Vgl. „Die Logik der Felder“ für das Bourdieusche Verständnis sozialer Felder (Bourdieu & Wacquant 1996). Zum wissenschaftlichen Feld vgl. Bourdieu (1975, 1988; 1998a).

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

62

„Was im wissenschaftlichen Feld die Menschen umtreibt und konkurrieren lässt, ist nicht

dasselbe wie das, was sie im ökonomischen Feld umtreibt und konkurrieren lässt“ (Bourdieu

1998a: 145).

Üblicherweise sind soziale Felder – und das gilt auch für das wissenschaftliche Feld - nicht

als homogen zu verstehen (vgl. Krais 2000). Die Heterogenität der sozialen Positionen und

die Auseinandersetzung um Macht und Einfluss innerhalb eines sozialen Feldes, stellen

dessen konstituierende Merkmale dar. Zugang zu den Auseinandersetzungen in einem

sozialen Feld bekommt aber nur, wer in einem prinzipiellen Sinn als gleich anerkannt wird.

Mit der relationalen Betrachtung ist verbunden, dass die Promovierenden ihren sozialen

Werdegang in Relation zu den Erfordernissen des wissenschaftlichen Feldes konstruieren

(vgl. Engler 2001: 149).

Der Exkurs über die Theorie der sozialen Felder dient als Denkwerkzeug, um zugrunde

liegende soziale Muster der Promovierenden aufzudecken. Damit das Konzept der Dynamik

sozialer Felder gerecht wird, ist es wichtig anzuerkennen, dass es nicht einfach auf einen

Forschungsgegenstand übertragen werden kann, sondern je spezifischen

Forschungsgegenstand – hier Promovierende – zugeschnitten werden muss. Der Begriff des

Feldes ist nun dazu da, diesen „mit eigenen Gesetzen ausgestatteten Mikrokosmos“ (Bourdieu

1998b: 18) zu beschreiben.

Um die Vorstellung vom sozialen Feld und den Einsatz der Akteure zu erläutern, verwendet

Bourdieu oft die Metapher des Spiels. Laut Robert Merton (1985) ist das Streben nach

Anerkennung der wissenschaftlichen Leistung eine wichtige Funktion in den sozialen Spielen

im wissenschaftlichen Feld.40 Ob dies auch für Promovierende gilt, die keine

wissenschaftliche Karriere anstreben, scheint zunächst fragwürdig. Davon abgesehen ist aber

für alle Doktorandinnen und Doktoranden der Zugang zum wissenschaftlichen Feld ein

entscheidendes Kriterium. Aus diesem Grund muss die Aufmerksamkeit auf Dinge gelenkt

werden, die für das universitäre Umfeld bedeutsam sind, also auf formale Bildungsabschlüsse

wie Abitur, Diplom oder Magister, Bachelor oder Master aber auch wissenschaftliche

Hilfstätigkeiten, Mitarbeite in Lehre und Forschung, Publikationen, Abschlussarbeiten etc.

Im wissenschaftlichen Feld existieren nach Bourdieu zwei Sorten wissenschaftlichen

Kapitals:

40 Auch Bourdieu schreibt: „Die akademische Welt ist wie jedes soziale Universum der Ort eines Kampfes um die Wahrheit der akademischen Welt und ganz allgemein der sozialen Welt. Die soziale Welt ist ein Ort ständiger Kämpfe um den Sinn dieser Welt; das Besondere an der akademischen Welt aber ist, dass ihre Verdikte heutzutage zu den gesellschaftlich mächtigsten gehören.“ (Bourdieu & Wacquant 1996: 101).

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

63

Auf der einen Seite die institutionalisierte, „weltliche“ Macht, die verknüpft ist mit der

Besetzung herausgehobener Stellen in wissenschaftlichen Institutionen, der Mitgliedschaft in

Kommissionen, mit Gutachtertätigkeiten oder der Leitung von Forschungseinrichtungen und

Lehrstühlen. Diese Kapitalsorte ermöglicht Macht über Produktionsmittel (Verträge, Gelder,

Posten usw.) und Reproduktionsmittel (die Macht, über Karrieren zu entscheiden oder

Karrieren zu ermöglichen). Promovierende besitzen diese Form des wissenschaftlichen

Kapitals nicht. Ich werde aber weiter unten zeigen, dass es der Logik des wissenschaftlichen

Feldes entspricht, dass Promovierende in der Regel die Strategie verfolgen, soziales Kapital

zu den Inhabern dieser Kapitalsorte zu akkumulieren.

Auf der anderen Seite steht das wissenschaftliche Kapital als eine besondere Art

symbolischen Kapitals, das auf der Anerkennung durch andere Wissenschaftler beruht.

Innerhalb des wissenschaftlichen Feldes wird die Reputation eines Wissenschaftlers über die

Höhe der erhalten Drittmittel, über die Zahl der Erwähnungen im citation index, über die

Platzierung von Artikeln in referierten Fachjournalen, oder über die reine Anzahl an

Übersetzungen gebildet (Bourdieu 1998b). „Das reine wissenschaftliche Kapital wird vor

allem durch anerkannte Beiträge zum Fortschritt der Wissenschaft, durch Erfindungen oder

Entdeckungen angehäuft (der beste Indikator sind hier Veröffentlichungen, insbesondere in

hochselektiven und prestigereichen Organen, ähnlich wie symbolische Bankkredite)“

(Bourdieu 1998b: 32; Hervorhebungen im Original).

Trotzdem sind die Promovierenden nicht völlig den Kräften des wissenschaftlichen Feldes

ausgeliefert. Sie verfügen in ihrem Habitus gleichzeitig über feste und dauerhaft erworbene

Dispositionen, die starke Restriktionen für die Laufbahn auf dem wissenschaftlichen Feld

darstellen. Die gesellschaftlichen Akteure befinden sich innerhalb der Struktur in Positionen,

die von ihrem Kapital abhängen und sie entwickeln innerhalb der Grenzen ihrer Dispositionen

Strategien, die sich weitgehend nach dieser Position richten.

4.4 Promovierende im wissenschaftlichen Feld

Dass die Regeln des wissenschaftlichen Feldes auch für Promovierende gelten, zeigt die

Frage nach der Publikationstätigkeit (vgl. Tabelle 3). Publikationsaktivitäten stellen, neben

dem persönlichen Austausch auf Tagungen und Konferenzen, sicher die wichtigste Form der

Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten dar. Dabei – so meine These – ist es

ausreichend nach der bloßen Anzahl von Publikationen zu fragen, da zu Beginn der

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

64

wissenschaftlichen Karriere eine Platzierung von Artikeln, seien es Beiträge in

Sammelbänden, Tagungsbänden oder wissenschaftlichen Journals, oder selbst

herausgegebene Bücher gleichermaßen schwierig ist. Zudem scheint im wissenschaftlichen

Feld die reine Anzahl wissenschaftlicher Publikationen bereits als Qualitätszeichen zu gelten.

Die exponentiell ansteigende Menge wissenschaftlicher Veröffentlichungen und der unter

dem Slogan „publish or perish“ ausgedrückte Zwang zu quantifizierbarer Forschungsleistung

scheinen diese Einschätzung zu bestätigen (vgl. Enders & Bornmann 1995b: 137-147).

Tabelle 3: Publikationstätigkeit von Promovierenden

Häufigkeit

Gültige Prozente

Keine Publikationen 624 33,8

Publikationen 1220 66,2

Gesamt

1844 100,0

Frage 41: Arbeiten Sie - abgesehen von der Dissertationsschrift selbst - während Ihrer Promotionsphase an wissenschaftlichen Publikationen? Falls Sie wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht haben, geben Sie bitte die Anzahl der Veröffentlichungen an.

Ziemlich genau zwei Drittel der befragten Doktorandinnen und Doktoranden haben bereits

wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. Weil wissenschaftliches publizieren in der Regel

erst während der Promotionsphase beginnt, ist ein enger Zusammenhang zwischen

Publikationstätigkeit und Alter wahrscheinlich. Dem entsprechend konnte bei der

Korrespondenzanalyse ein deutlicher Zusammenhang zwischen diesen beiden Variablen von

0,204 gemessen werden. Je länger die Befragten bereits promovieren, desto mehr

Publikationen können sie vorweisen. Dies Ergebnis kann als intuitiv sinnvoll angenommen

werden.

Mit Blick auf das kommende Kapitel sei an dieser Stelle bereits die Publikationstätigkeit nach

Fachbereichen dargestellt (vgl. Abbildung 6 und Anhang: Tabelle 4). Abbildung 6 zeigt einen

deutlichen Unterschied in der Publikationsaktivität nach Fachbereichen. Doktorandinnen und

Doktoranden der Ingenieurswissenschaften publizieren im Durchschnitt demnach doppelt so

viele wissenschaftliche Arbeiten wie Juristen. Mathematiker und Naturwissenschaftler

weniger als Sozial-, Wirtschafts- und Geisteswissenschaftler.

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

65

Abbildung 6: Publikationstätigkeit nach Fachbereichen (Mittelwert)

Mathem

atik und Natur

Geisteswiss.

Ingenieurswiss.

Wirtschaftsw

iss.

Rechtswissenschaften

Sozialwissenschaften

Mittelwert: Anzahl der Publikationen

5,0

4,5

4,0

3,5

3,0

2,5

2,0

1,5

Sinnvolle Aussagen bezüglich eines fächerspezifischen Verhaltens lassen sich anhand dieser

Daten allerdings nicht treffen, da unklar ist, wie viele von den befragten Doktoranden eine

kumulative Dissertation anstreben.41 Die Logik des wissenschaftlichen Feldes offenbart sich

aber anhand der Zusammenhänge zwischen der Publikationstätigkeit und dem Streben nach

einer wissenschaftlichen Karriere. Ich habe gezeigt, dass obwohl die meisten Promovierenden

keine wissenschaftliche Karriere anstreben sie trotzdem publizieren. Eigentlich wäre zu

erwarten, dass diejenigen Doktorandinnen und Doktoranden sich auf das Publizieren von

Artikeln konzentrieren, welche in der Zukunft eine berufliche Position im wissenschaftlichen

Feld anstreben. Die sehr schwachen Zusammenhänge zwischen dem Streben nach einer

wissenschaftlichen Karriere und der Publikationstätigkeit bzw. der Anzahl veröffentlichter

41 Exemplarisch die Ausführungsbestimmungen zu einer kumulativen Dissertation aus einer beliebigen Promotionsordnung: „Eine kumulative Dissertation liegt vor, wenn die Ergebnisse der Promotionsarbeit nicht in Form einer durchgängigen Schrift (Thesis), sondern in Form einer Sammlung von in der Regel mehr als 2 Publikationsmanuskripten dargestellt werden. Die Manuskripte können bereits publiziert, zur Veröffentlichung angenommen, zur Begutachtung bei Zeitschriften eingereicht oder in Vorbereitung sein. Bei mindestens zwei angenommenen Manuskripten muss der Doktorand/die Doktorandin Erstautor sein. Es kann sich um Originalarbeiten für wissenschaftliche Fachzeitschriften, um Buchbeiträge sowie um maximal einen Übersichtsartikel handeln, eine Mischung von Manuskripten in englischer und deutscher Sprache ist zulässig. Die Manuskripte müssen in einem engen fachlichen Zusammenhang stehen und durch eine übergeordnete Fragestellung verbunden sein, die durch das Thema der Dissertation ausgewiesen ist. Publikationen, die vorrangig Ergebnisse aus der Diplomarbeit darstellen, können nicht Bestandteil einer kumulativen Dissertation sein“ (Friedrich-Schiller-Universität Jena 2000: Anlage §8).

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

66

Arbeiten verwundert, verdeutlicht aber anschaulich die Logik der Felder. Unabhängig von

dem Verbleib im wissenschaftlichen Feld unterwerfen sich die Promovierenden der Logik

dieses Feldes, indem sie den Publikationszwängen nachgeben (vgl. Tabelle 4).42

.

Tabelle 4: Zusammenhangsmaße für die Variable „Wissenschaftliche Karriere“

Publikationstätigkeit Anzahl der Publikationen

Kontingenzkoeffizient

0,061 0,064

Näherungsweise Signifikanz

0,11

1,00

N= 1745 1197 a Die Null-Hyphothese wird nicht angenommen. b Unter Annahme der Null-Hyphothese wird der asymptotische Standardfehler verwendet.

Bemerkenswerterweise publizieren weibliche Promovierende signifikant weniger als ihre

männlichen Kollegen (vgl. Abbildung 7). Eine intensive Analyse dieser Befunde wäre

geeignet, die verborgenen Mechanismen der männlichen Herrschaft (vgl. Bourdieu 2005) im

wissenschaftlichen Feld aufzudecken, kann hier jedoch nicht geleistet werden. Während

praktisch alle anderen Variablen geschlechtsneutral reagierten, tritt interessanterweise gerade

bei dem im wissenschaftlichen Feld relevanten Kapital eine deutliche Benachteiligung der

weiblichen Nachwuchswissenschaftler auf. Ergänzend sollte an dieser Stelle darauf verwiesen

werden, dass andere empirische Untersuchungen gezeigt haben, dass weibliche

Doktorandinnen auch seltener ihre Arbeiten auf Kongressen präsentieren (vgl. Gerhard,

Briede & Mues 2005). Zusammenfassend ist zu sagen, dass diese Ergebnisse dafür sprechen,

dass weibliche Nachwuchswissenschaftler scheinbar systematisch bei der Integration in die

scientific community benachteiligt werden.

42 Der „Zwang“ zur Promotion äußerte sich auch in dem Antwortverhalten auf diese Frage. Es war mit Abstand die Frage mit den meisten falschen Antworten. So wurde regelmäßig auf die Frage, ob bereits Publikationen vorliegen, in etwa dieser Manier geantwortet: „Bald kommt die erste“; „3 weitere in Arbeit“; „noch keine“; „Promotionsschrift soll aus 3 Veröffentlichungen zusammengesetzt sein“. Dies spiegelt – finde ich – sehr gut den „Wunsch“ nach einer Publikation wieder. Immerhin 168 Doktorandinnen und Doktoranden gaben einen Kommentar zu der Tatsache, dass sie bisher keine Veröffentlichungen vorweisen können.

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4. Über die Situation von Promovierenden in Deutschland

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Abbildung 7: Publikationstätigkeit nach Geschlecht (Angaben in Prozent)

PublikationenKeine Publikationen

80

70

60

50

40

30

20

Geschlecht

Männlich

Weiblich

60

40

72

28

Abschließend seien die wichtigsten Befunde des vierten Kapitels nochmals kurz

zusammengefasst. Trotz der dargestellten strukturellen Veränderungen im deutschen

Bildungswesen konnte die Promotion ihre exklusive Stellung bewahren. Es ist nicht zu einer

Inflation des Doktortitels gekommen.

Generell gilt, dass der Erwerb eines Doktortitels mit einem hohen gesellschaftlichen Prestige

und überdurchschnittlich guten Berufschancen verbunden ist. Dieser Tatsache bewusst strebt

die Mehrzahl der Promovierenden keine wissenschaftliche Karriere an, sondern plant die

Universität nach Abschluss der Dissertation zu verlassen. Unabhängig von den späteren

Karriereplänen betreten Doktorandinnen und Doktoranden aber dennoch das Feld der

Wissenschaft und unterwerfen sich dessen Regeln und Zwängen. Anhand der

Publikationstätigkeit habe ich exemplarisch aufgezeigt, dass man sich bei der weiteren

Analyse der Besonderheiten des wissenschaftlichen Feldes stets vergewissern muss.

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Kapitel 5

Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

5.0 Argumentationsskizze

Die Promotion ermöglicht – wie gezeigt – einen gehobenen sozialen und beruflichen Status.

Im folgenden Kapitel werde ich klare empirische Hinweise präsentieren, die belegen, dass

nicht die Leistung an der Hochschule, sonder die soziale Herkunft und der Habitus die

Chancen zur Aufnahme einer Promotion bestimmen. Die Beweisführung dazu wird in vier

Schritten verlaufen.

Zunächst wird die Illusion des Leistungsparadigmas aufgedeckt. Dabei gelingt es mir zu

zeigen, dass nicht nur die Studenten mit überdurchschnittlichen Universitätsexamen eine

Promotion beginnen. Anhand der erhobenen Daten lässt sich zeigen, dass für Studierende aus

höheren sozialen Schichten der Zugang nicht nur wegen besonderer Studienleistungen offen

steht, sondern andere Mechanismen wirken, die eine Reproduktion des sozialen Status über

die Doktortitel ermöglichen.

Im Zentrum der folgenden Ausführungen steht die Frage nach der sozialen Herkunft von

Promovierenden. Zur Beantwortung dieser Frage wird die soziale Zusammensetzung der

befragten Doktorandinnen und Doktoranden anhand der erhobenen Daten analysiert. Die

Ergebnisse zeigen deutlich, dass es sich bei Promovierenden um Mitglieder einer sozial

privilegierten Klasse handelt. Es kommt also zu einer Reproduktion sozialer Ungleichheit –

ein Befund der in dieser Form gewissermaßen erwartet werden durfte. Der außergewöhnlich

elitäre Charakter der Elternhäuser, aus welchen die Doktorandinnen und Doktoranden

stammen, überrascht dennoch.

Drittens beginne ich die verborgenen Mechanismen der Reproduktion von Herrschaft

aufzudecken. Anhand der individuellen Promotionsmotive gelingt es mir zu zeigen, dass im

deutschen Promotionswesen die Reproduktion über die Hierarchie der Disziplinen erfolgt.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

70

Während sich die privilegiertesten Doktorandinnen und Doktoranden überdurchschnittlich

häufig für eine Karriere der Rechts-, Wirtschafts- oder Ingenieurswissenschaften entscheiden,

bleiben für weniger gut Gestellte die Fächer der Sozial-, Geistes- und Naturwissenschaften.

Zur besseren theoretischen Einordnung der Ergebnisse folgt ein kurzer Exkurs über die

verborgenen Mechanismen der Macht: Den „Streit der Fakultäten“.

Belegen bereits die Ausführungen zur sozialen Zusammensetzung von Promovierenden ihre

privilegierte gesellschaftliche Position, wird dies in der Darstellung der Positionen im

sozialen Raum besonders deutlich. Anhand der unterschiedlichen Kapitalsorten können die

Mechanismen, die der Rekrutierung von Doktorandinnen und Doktoranden zugrunde liegen,

anschaulich dargestellt und diskutiert werden.

5.1 Die Illusion des Leistungsparadigmas

Die Promotion ermöglicht – wie gezeigt – einen gehobenen sozialen und beruflichen Status.

Legitimiert wird dieser Anspruch aus der Idee einer dem Herkunftsmilieu gegenüber

möglichst vorurteilslosen Auswahl der Besten für eine forschungsbezogene

Weiterqualifizierung, d.h. Qualifikation und individuelle Leistung bestimmen die soziale

Position in der Gesellschaft. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass für Bourdieu und

Passeron die „Illusion der Chancengleichheit“ im Bildungswesen ein konstitutives Element

im Konkurrenzkampf der Klassenformationen darstellt. Die Reproduktionsmechanismen der

sozialen Klassenverhältnisse werden durch Leistungsideologien verschleiert und durch diesen

Effekt quasi legitimiert. Da das Bildungssystem prinzipiell jedem Schüler die gleichen

Chancen einräumt und es eine Vielzahl von Personen gibt, die ohne die „richtige“ Herkunft

eine erfolgreiche Karriere aufweisen können, ist die statistisch beobachtbare Selektivität bei

der Reproduktion der herrschenden Klasse bei oberflächlicher Betrachtung nicht zu erkennen.

An diese Überlegungen anknüpfend, scheint eine Untersuchung der formalen

Zugangsbedingungen zu einer Promotion sinnvoll. Ermöglichen die an der Universität

erbrachten Studienleistungen den Zugang zur Promotion oder determinieren andere Faktoren

den Zugang zum Doktortitel? Prüfungsnoten und Studiendauer stellen ein wichtiges Kriterium

zur Leistungsbeurteilung von Studenten dar. Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen ist

die These, dass die Bewertungsprozesse an Hochschulen – wenigstens in ausreichend großen

Studiengängen - formal und bürokratisch organisiert sind, so dass die Wahrscheinlichkeit für

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

71

eine gerechte, d.h. an der bisherigen wissenschaftlichen Leistung orientierten, objektiven

Bewertung relativ hoch ist. Sollte diese Annahme zutreffen, müssten die bisherigen Noten in

Schule und Studium sowie die Studiendauer deutliche Signale für die Leistungsfähigkeit des

potentiellen Doktoranden darstellen.

Die Länge der Studienzeiten ist in Deutschland seit Jahren ein wichtiges Thema der

hochschulpolitischen Diskussion (vgl. Wissenschaftsrat 2001b, 2005). So gilt die Kürze der

Studiendauer gemeinhin als ein entscheidendes Kriterium für Leistungsfähigkeit beim

Berufseinstieg. Prinzipiell kann die mittlere Studiendauer als ein Leistungsindikator

angesehen werden, wobei allerdings keine Aussage über die wirkliche Qualität, sondern

lediglich über die zeitliche Effizienz des absolvierten Studiums getroffen werden kann.

Doktorandinnen und Doktoranden haben ihr Studium im Durchschnitt in fünf bis

sechseinhalb Jahren absolviert (vgl. Tabelle 5). Juristen und Wirtschaftwissenschaftler haben

durchschnittlich etwa ein Jahr schneller studiert als Sozial- und Geisteswissenschaftler. Die

Unterscheidung in Fach- und Hochschulsemester zeigt, dass Sozial- und

Geisteswissenschaftler die Studienzeit in etwa doppelt so großem Umfang für anderweitige

Veranstaltungen, wie Auslandsaufenthalte oder Praxissemester nutzen als Rechts- und

Wirtschaftswissenschaftler. Insgesamt haben Promovierende schnell studiert. Vergleicht man

die Promovierenden der jeweiligen Fachbereiche mit den durchschnittlichen Studienzeiten in

Deutschland, so zeigt sich, dass (außer den Juristen) die Promovierenden schneller waren als

der durchschnittliche Hochschulabsolvent. Speziell Wirtschaftswissenschaftler und

Ingenieure benötigten 1,5 bis 2 Semester weniger Zeit für ihr Studium.

Betrachtet man also nur die Länge der Studiendauer, so scheint das meritokratische Prinzip zu

wirken. Es promovieren in der Regel die Studenten, die denselben Studienumfang in

wesentlich kürzerer Zeit absolvieren konnten, und daher allgemein als leistungsfähigere

Studenten eingestuft werden können.

Oft wird ein Zusammenhang zwischen den schulischen und universitären Leistungen

vermutet (vgl. Fries 2002). Ein gutes Abschneiden im Abitur gilt als Hinweis auf besondere

Studierfähigkeit. Für die Bewertung der schulischen Leistungen zeigt Tabelle 5, dass

Promovierende im Durchschnitt gute Noten aufweisen. Rechtswissenschaftler erreichen einen

besonders guten Notendurchschnitt (1,7 gegenüber 1,9 bis 2,0 in den anderen Fächern).

Unterschiede nach Geschlecht, sozialer Herkunft oder den Wegen der

Hochschulzugangsberechtigung sind für Schulnoten der befragten Doktorandinnen und

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

72

Doktoranden nicht festzustellen. Es sei darauf hingewiesen, dass sich die Abiturnoten nicht

als Prädiktoren für die Studienabschlussnoten eignen, denn die Korrelationen zwischen diesen

beiden Noten sind in den meisten Fachbereichen – außer Sprach- und Kulturwissenschaften –

nicht signifikant.

Tabelle 5: Studiendauer nach Fach- und Hochschulsemestern sowie Note bei Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung, die Note der Magister- bzw. Diplomarbeit und die Note bei Studienabschluss nach Promotionsbereichen (Mittelwert)

Die Prüfungsgesamtnoten der befragten Promovierenden liegen im Durchschnitt alle im

Bereich „cum laude“. Dabei variieren die Durchschnittsnoten zwischen 1,9

(Geisteswissenschaften) und 2,5 (Rechtswissenschaften) um fast eine gesamte Note. Wie bei

den Abiturnoten spielen Fragen der sozialen Herkunft für die Studiennoten der

Promovierenden keine Rolle. Dafür erreichen Frauen – mit Ausnahme der Sozial- und

Ingenieurswissenschaften – etwas bessere Studiennoten als Männer.

Die Aufnahme als Promovierender ist formal an den Nachweis besonders guter

Studienleistungen geknüpft. Um eine Aussage über die Qualität der erreichten

Sozial- wiss.

Rechts-wiss.

Wirtscha.-wiss.

Ingenieurs-wiss.

Geistes-wiss.

Mathe u. Naturwiss.

Studiendauer Fach-semester (Ø BRD)

11,2

(12,2)

9,5

(9,0)

9,6

(11,0)

10,4

(12,4)

11,2

(11,9)

10,8

(11,5) Hochschul- semester

12,7 10,2 10,6 11,7 12,7 11,6

Note Hochschulzugangsberechtigung

2,0 1,7 2,0 2,0 1,9 1,9

Examens-arbeit

1,3 - 1,4 1,1 1,2 1,2

Studien-abschluss (Ø BRD)

1,9

(1,8)

2,5*

(3,3)

2,4

(2,3)

2,3

(2,0)

1,9

(1,7)

2,2

(1,6) n=

216 72 154 131 322 868

Frage 2: Mit welcher Abschlussnote haben Sie die Hochschulreife abgelegt? Frage 11: Wie viele Fachsemester haben Sie studiert? Frage 12: Wie viele Semester haben Sie insgesamt studiert? Frage 13: Mit welcher Note wurde Ihre Abschlussarbeit benotet? Frage 14: Mit welcher Gesamtnote haben Sie ihr Studium abgeschlossen? Quelle: Wissenschaftsrat (2001b). *) Im Fach Rechtswissenschaften gibt es bei der Prüfungsbewertung im Vergleich zu anderen Fächern Besonderheiten. Die Notenskala umfasst 18 Punkte und ist im Bereich befriedigend in „vollbefriedigend“ und „befriedigend“ aufgeteilt. Sie gliedert sich folgendermaßen: 18 bis 16 Punkte = sehr gut; 15 bis 13 Punkte = gut; 12 bis 10 Punkte = vollbefriedigend; 9 bis 7 Punkte = befriedigend; 6 bis 4 Punkte = ausreichend; 3 bis 1 Punkt =l mangelhaft; 0 Punkte = ungenügend.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

73

Hochschulabschlüsse der Promovierenden treffen zu können, wurden die erreichten Noten mit

den Durchschnittsnoten aller Hochschulabsolventen verglichen. Hierzu wurde eine

Untersuchung der Prüfungsnoten an Hochschulen im Jahr 2000 herangezogen (vgl.

Wissenschaftsrat 2001b). Der Vergleich der Studienabschlussnoten der Promovierenden

liefert überraschende Ergebnisse: Die befragten Promovierenden haben lediglich in den

Rechtswissenschaften im Durchschnitt bessere Examen abgelegt. In allen anderen

Fachbereichen liegt der Notendurchschnitt unter dem bundesweiten Fachbereichsdurchschnitt.

In Mathe und Naturwissenschaften wird der Durchschnitt sogar um mehr als eine halbe Note

unterschritten. Geschlechtsspezifische Unterschiede wurden nicht beobachtet.43

Diese Befunde überraschen, würde man doch die relativ „besten“ Studenten in

wissenschaftlichen Nachwuchspositionen vermuten. Als Fazit ist festzuhalten: In Deutschland

erwerben nicht unbedingt die Studenten mit den besten Universitätsabschlüssen den

Doktortitel.

Diese Ergebnisse verweisen auf deutliche Grenzen einer meritokratischen Gesellschaft.

Trotzdem kann an der Hochschule nicht der gleiche Mechanismus zur Reproduktion von

sozialer Ungleichheit wirken wie in der Schule. Laut Bourdieu und Passeron (1971)

determinieren die Förderungs- und Bewertungskriterien des Bildungssystems die soziale

Ungleichheit des Herkunftsmilieus. Empirische Studien belegen diese - durch das

Bildungssystem erzeugte - „Kompetenzarmut“ von Schülern aus statusschwachen Schichten

(vgl. Allmendinger 2003). Es ist aber davon auszugehen, dass alle Personen, die das

Bildungswesen erfolgreich bis zur Promotion durchlaufen haben, die nötigen Kompetenzen

(und Ressourcen) besitzen, um sich im wissenschaftlichen Feld sicher zu bewegen. Burkart

geht vermutlich zu recht davon aus, dass die einzige wirkliche Hürde für den akademischen

Erfolg die Diplomarbeit darstellt. Wer diese geschafft hat, schafft auch die Promotion und

Habilitation (vgl. Burkart 2003). Es muss also eine andere Erklärung für die

(wahrgenommene) Möglichkeit zur Promotion existieren. Ich werde in den nächsten beiden

Kapiteln meine empirischen Befunde präsentieren, die belegen, dass nicht nur die erbrachte

Leistung an der Hochschule zu einer Promotion befähigt, sondern dass die soziale Herkunft

und der Habitus die Chancen zur Promotion determinieren.

43 Allerdings sind die vorgelegten Zahlen des Wissenschaftsrates mit Vorsicht zu interpretieren (vgl. Wissenschaftsrat 2001b: 13-15). Es sei auch auf die konträren Ergebnisse von Enders und Bornmann verwiesen. Beim Vergleich der Studienabschlussnoten von Promovierten mit nicht promovierten Universitätsabsolventen zeigte sich, dass erstere im Schnitt einen halben Notenpunkt besseren Studienabschluss erreichten (Enders & Bornmann 2001: 47).

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

74

5.2 Soziale Zusammensetzung der Promovierenden

Zu Beginn dieser Untersuchung habe ich darauf hingewiesen, dass der empirischen

Promotionsforschung lediglich einige ambivalente Ergebnisse im Bezug auf die Frage nach

der sozialen Herkunft von Doktorandinnen und Doktoranden vorliegen. Ziel meiner

Ausführungen ist es, diese Lücke zu schließen.

Im Hinblick auf die Chancengleichheit beim Zugang zur Promotion ist zu prüfen, inwieweit

schichtenspezifische Beteiligungsunterschiede vorliegen. Betrachtet man die berufliche

Stellung der Väter - die entsprechenden Angaben für die Mütter bleiben an dieser Stelle

unberücksichtigt, da diese mehrheitlich eine „niedrigere“ berufliche Position einnehmen -

wird deutlich, dass etwa ein Drittel der Promovierenden einen Vater in führender Position, als

Beamter im höheren Dienst oder als Angestellter mit umfassenden Führungsaufgaben, hat.

Hingegen ist nur etwa jeder sechste Doktorand in einer Familie aufgewachsen, in welcher der

Vater überwiegend als Arbeiter, einfacher Beamter oder Angestellter mit einfachen

Tätigkeiten beschäftigt war (vgl. Anhang: Tabelle 5). Kurz: Der Berufsstatus des Vaters kann

als Indikator dafür gelten, dass Promovierende tendenziell zu einer eher privilegierten

sozialen Schicht gehören. Allerdings entsprechen diese schichtspezifischen

Beteiligungsunterschiede ziemlich genau der sozialen Selektion, die bereits beim Zugang zum

Studium wirkt (vgl. BMBF 2004b). Zudem ist die Gruppenbildung grob, so dass das

ausgewiesene Bild unscharf sein dürfte.

Das volle Ausmaß der bestehenden sozialen Unterschiede wird erst sichtbar, wenn man die

herkömmlichen Kategorien sozialer Gliederung nach beruflicher Stellung des

Familienvorstandes mit Hilfe der Bildungsabschlüsse der Eltern weiter differenziert. Dann

zeigt sich nämlich, dass Promovierende eine überdurchschnittlich hohe Bildung genossen

haben. Mit Hilfe dieser zusätzlichen Differenzierung erhält man in Bezug auf das hier

verfolgte Auswertungsziel wesentlich homogenere soziale Kategorien, denn die Bildung der

Eltern – also ihr kulturelles Kapital – bestimmt in starkem Maße den Bildungsweg der

Kinder.

Daher werden die Bildungsabschlüsse der Eltern herangezogen, um die Vererbung von

Bildung sichtbar zu machen. Die meisten Promovierenden (ca. 90%) haben laut eigenen

Angaben die Hochschulreife auf dem klassischen Bildungsweg über das Abitur am

Gymnasium erworben. Andere allgemein bildende Schulen, wie Fachgymnasien,

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

75

Fachoberschulen, Gesamtschulen, Abendgymnasien und Kollegs wurden nur vereinzelt

besucht. Dabei zeigten sich nur marginale Unterschiede beim Vergleich nach Geschlecht und

Promotionsfach, wohl aber nach sozialer Herkunft. Promovierende aus einem

Akademikerhaushalt haben die allgemeine Hochschulreife zu einem höheren Anteil an einer

allgemein bildenden Schule erworben als Promovierende aus bildungsfernen Schichten. Um

weitere Informationen über die soziale Herkunft von Doktorandinnen und Doktoranden zu

sammeln, wurden Fragen nach den höchsten allgemein bildenden Schul- und den höchsten

Berufsqualifizierenden Abschlüssen der Eltern gestellt (vgl. Kapitel 5.4.2).

Exemplarisch sei die Wirkung der Bildungsherkunft am prozentualen Erwerb der

Hochschulzugangsberechtigung über das Gymnasium dokumentiert (vgl. Tabelle 6).

Tabelle 6: Relativer Besuch eines Gymnasiums nach Bildungsherkunft der Eltern (in Prozent)

Promotion Hochschul-abschluss

Fachhoch-schulabschluss

Abitur Mittlere Reife

Hauptschul-abschluss

Besuch eines Gymnasium

95,7 93,5 92,3 90,4 87,6 86,9

Frage 1: Über welchen Bildungsweg haben Sie Ihre Studienberechtigung erworben?

In allen Fachbereichen stammen fast zwei Drittel der Promovierenden aus einem

akademischen Elternhaus (vgl. Abbildung 8). Jeder sechste Doktorand hat sogar mindestens

ein Elternteil, welches bereits selbst eine Promotion erfolgreich abgeschlossen hat. Diese

Zahlen sind bei weitem genug um mit Blick auf die soziale Struktur der Gesamtbevölkerung

von einer Bildungsvererbung sprechen zu können (vgl. ausführlich Bargel, Multrus & Ramm

2005). Vergleicht man diesen Befund mit Erhebungen über die soziale Herkunft des

akademischen Mittelbaus (Bochow & Joas 1987) und von Doktorandinnen und Doktoranden

(Enders & Bornmann 2001) früherer Kohorten, so fällt auf, dass für Promovierende in den

achtziger und neunziger Jahren keine entsprechende Statusvererbung beobachtet werden

konnte.

Die Befunde deuten auf eine zunehmende soziale Schließung der Promotion für nicht-

akademische Schichten hin. Lag der Anteil derjenigen Personen aus höheren

Bildungsschichten, die ein Studium abgeschlossen haben, 1950 noch bei drei und 1960 bei

etwa vier Prozent, so weisen die Daten des Mikrozensus Quoten von sechs Prozent im Jahre

1970 und neun Prozent im Jahre 1980 aus. 1990 wurde eine Quote von zwölf Prozent

ermittelt und Mitte der neunziger Jahre von 15 Prozent (vgl. Statistisches Bundesamt:

1956ff.). Damit dürfte deutlich werden, dass Doktoranden über ein überdurchschnittlich

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

76

hohes „Bildungskapital“ verfügen, da die bundesweite Quote um bis zu 45% überschritten

wird.

Abbildung 8: Bildungsherkunft der Eltern44 (Angaben in Prozent)

Kein Abschluss

Hauptschule

Mittlere Reife

Abitur

(Fach-)Hochschu le

70

60

50

40

30

20

10

0

1416

6

60

Schließlich sollen noch die Einkommensschichten - also das ökonomische Kapital - von

Promovierenden dargestellt werden. Dazu wurden die Promovierenden gebeten, dass Netto-

Jahreseinkommen ihrer Eltern zu schätzen. Zur besseren Beurteilung der Verteilung der

Markteinkommen von den Eltern der befragten Promovierenden auf die Gesamtbevölkerung

wurden die Einkommenskategorien auf aussagekräftige Kennzahlen aus dem Armutsbericht

der Bundesregierung bezogen (vgl. Tabelle 7). Einige Bemerkungen mögen das Verständnis

dieser Tabelle erleichtern. Den Angaben des Armutsberichtes zufolge lag der Median des

Nettoäquivalenzeinkommen45 der Bevölkerung in Deutschland 2003 bei 18.768 €. Als

„einkommensreich“ werden Haushalte definiert, wenn sie über mehr als das Doppelte des

durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens der Bevölkerung verfügen. Für das aktuell

verfügbare Jahr 1998 ergibt sich eine Anzahl von 3,6 Millionen einkommensreichen

44 Es zählt der jeweils höchste Schulabschluss eines Elternteils. Kein Abschluss bedeutet, dass beide Elternteile keinen Schulabschluss besitzen. 45 Haushaltsnettoeinkommen (Markteinkommen zuzüglich laufender Transfers abzüglich Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil bzw. unterstellte Beiträge für Beamte) und Steuern dividiert durch die Summe der Äquivalenzgewichte der Haushaltsmitglieder nach der neuen OECD-Skala (vgl. Bundesregierung 2004).

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

77

Personen46 in Deutschland. Das entsprechende Nettoäquivalenzeinkommen, um zu den

Reichsten 1 % der deutschen Gesamtbevölkerung zu gehören, wurde 1998 auf 65.273 €

beziffert. Lediglich knapp 609.000 Personen verfügten über ein Nettoäquivalenzeinkommen,

das diese Summe überstieg (vgl. Bundesregierung 2004).

Tabelle 7: Durchschnittliches Nettoeinkommen der Eltern

Häufigkeit Prozent

Unterhalb des Nettoäquivalenz-einkommen (< 18.768 €)

124 6,7

Oberhalb des Nettoäquivalenz-einkommen (> 18.768 €)

213 11,5

Einkommensreich (> 37.536 €) 733 39,4

Reichstes 1% (> 65.273 €) 191 10,5

Keine Angabe 594 31,9

Gesamt 1859 100

Frage 50: Bitte schätzen Sie: Wie hoch war das Netto-Jahreseinkommen Ihrer Eltern?

Die befragten Promovierenden schätzten das gemeinsame Nettoeinkommen ihrer Eltern im

Durchschnitt auf eine Summe zwischen 50.000 € und 60.000 €. Diese Summe entspricht

ungefähr dem dreifachen Nettoäquivalenzeinkommen und würde bedeuten, dass etwa die

Hälfte der Befragten zu dem reichsten einen Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung

gehört.

Eine derart geringe Vertretung von Doktorandinnen und Doktoranden aus sozioökonomisch

„niedrig“ einzustufenden Elternhäusern unter den befragten Promovierenden ist

bemerkenswert und bedarf daher weiterer Klärung. Ein Blick auf die Einkommensschichten

der Eltern von Studierenden zeigt, dass die dargestellte Nettoeinkommensverteilung durchaus

realistisch ist. Im Jahr 2000 verfügten in der Bundesrepublik Deutschland 27% der

Studierendeneltern, d.h. die von knapp 500.000 Studenten, über ein Nettoeinkommen von

mehr als 36.828 € (vgl. BMBF 2001: 125). Dem stehen geschätzte 115.000 Doktoranden und

46 Leider beziehen sich die verwendeten Zahlen einmal auf den gesamten Haushalt und ein anderes Mal auf steuerpflichtige Personen. Da üblicherweise innerhalb der Kernfamilie keine Gütertrennung praktiziert wird, soll diese Unterscheidung nicht weiter stören.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

78

Doktorandinnen gegenüber. Vergleicht man diese Zahlen miteinander, wäre es theoretisch

sogar möglich, dass die Nettoeinkommen der Promovierendeneltern noch höher liegen.

Aber wie verlässlich sind die ermittelten Zahlen? Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass fast

ein Drittel der befragten Doktorandinnen und Doktoranden die Frage nicht beantwortet hat.

Daten zur Einkommenssituation gelten als höchst sensibel, weswegen mit Antwortausfällen

zu rechnen war. Dabei haben die meisten Befragten darauf hingewiesen, dass ihnen das

Nettoeinkommen ihrer Eltern unbekannt ist. Die Ergebnisse sind also nicht als repräsentativ

zu betrachten. Hinzu kommt das methodische Problem, dass die Kategorien in Zehntausender

Schritten sehr groß gewählt wurden, wodurch weitere Verzerrungen der statistischen

Datenlage möglich sind.47 Unabhängig der angeführten Argumente sind die Informationen

über das Nettoeinkommen von Promovierenden als deutlicher Hinweis auf

überdurchschnittlich hohes ökonomisches Kapital zu interpretieren.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Promovierende aus privilegierten sozialen Verhältnissen

stammen. Die soziale und familiäre Abhängigkeit beginnt bei den Übergängen im Primar-

und Sekundarschulwesen, setzt sich fort bei den Entscheidungen im Übergang zu tertiären

Ausbildungsgängen und resultiert in einer hohen sozialen Selektivität im Promotionswesen.

Kurz zusammengefasst: Die Reproduktion sozialer Ungleichheit - wie sie im gesamten

Bildungswesen zu beobachten ist - findet gleichermaßen in der Promotionsphase statt. Für die

weitere Untersuchung sind zwei weitere Befunde von Interesse.

Offenbar verdeckt der Reproduktionsmechanismus die männliche Herrschaft. Der Anteil der

von weiblichen Doktoranden abgelegten Promotionsprüfungen liegt derzeit bei einer Quote

von 39% (vgl. Statistisches Bundesamt 2006). Die soziale Herkunft der befragten Personen

unterscheidet sich allerdings kaum nach geschlechtsspezifischen Merkmalen: Doktorandinnen

weisen zwar gegenüber Doktoranden in der Regel eine etwas höhere Bildungsherkunft auf,

unterscheiden sich aber nicht systematisch nach der beruflichen Position der Väter – trotzdem

wird auf diesen Punkt zurückzukommen sein.

Minimale - kaum beobachtbare - Unterschiede bezüglich der sozialen Zusammensetzung der

Promovierenden zeigen sich hingegen im Fachbereichsvergleich. Während die Väter der

promovierenden Juristen, Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler die höchsten beruflichen

Positionen und das höchste Nettoeinkommen aufweisen, finden sich bei den Geistes-, Sozial-

47 Dieses methodische Vorgehen wurde als Reaktion auf den Pretest gewählt. Ursprünglich wurden die Promovierenden aufgefordert, das Nettoeinkommen ihrer Eltern „frei“ anzugeben. Erste praktische Erfahrungen zeigten jedoch, dass diese Frage überwiegend nicht beantwortet wurde.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

79

und Naturwissenschaftlern überwiegend die Väter mit sozial etwas schwächeren Berufen. Ein

ähnliches Muster zeigt der Fächervergleich nach Bildungsherkunft. Während Promovierende

in den Rechtswissenschaften zu 77,1% und in den Ingenieurswissenschaften zu 65,8% einem

akademischen Elternhaus entstammen, sind dies in den vier anderen Fachbereichen nur etwa

60%.

Bourdieu und Passeron (1971) haben kritisiert, dass sehr selten die verborgenen

Mechanismen zur Kenntnis genommen werden, in denen sich die Ungleichheiten der

Bildungschancen manifestieren: Die Abdrängung der Kinder aus den unteren und mittleren

Klassen auf bestimmte Fakultäten oder die Verlängerung oder Unsicherheit im Studiengang.

Daher gelten die nun folgenden Bemühungen dem Versuch, die verborgenen Relationen

zwischen den Promotionsfächern aufzudecken.

5.3 Entschluss zur Promotion und Promotionsmotive

Die individuelle Entscheidung zu promovieren ist mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen

und Zielsetzungen verbunden, die grundsätzlich so vielfältig sind wie die

„Verwendungsmöglichkeiten“ der Promotion in universitären und außeruniversitären

Bereichen. Grundsätzlich unterstelle ich aber, dass gerade die Motivation für eine Promotion

von den habituellen Dispositionen einer Person beeinflusst wird. Die eingenommene Position

hängt eng mit der Struktur des Habitus zusammen, der wiederum abhängig ist von der

genossenen Ausbildung und der Dauer und dem Zeitpunkt der „Lehrjahre“ in der Familie und

an der Universität. Für die Ermittlung der Promotionsgründe wurden die Befragten

aufgefordert, siebzehn mögliche Promotionsmotive auf einer ordinalen Skala von 1=„traf

völlig zu“ bis 6=„traf nicht zu“ zu bewerten. Da es sich um eine rückwirkende Einschätzung

der Promotionsentscheidung handelt, ist es allerdings wahrscheinlich, dass die Antworten

durch Erfahrungen während der laufenden Promotionsphase verzerrt werden.

Gleichwohl unterscheiden sich die Ergebnisse meiner Studie kaum von vorherigen

Untersuchungen, bei denen Doktoranden mit einem vergleichbaren (Holtkamp, Fischer-

Bluhm & Huber 1986: 43) oder identischen (Enders & Bornmann 2001: 47-51) Frageraster

befragt worden waren. Vielmehr überrascht die Konstanz der angeführten Promotionsmotive

über einen Zeitraum von 20 Jahren. Vermutlich beruht die extreme Homogenität der

Promovierenden auf der Ähnlichkeit des Habitus, der aus identischen Selektions- und

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

80

Ausbildungsbedingungen entstanden ist und zugleich objektiv identische Praxen und

Selektionsverfahren reproduziert.

Die individuellen Antwortmuster, die Promovierende für den Entschluss zu promovieren

angegeben, lassen sich in drei Dimensionen einteilen (vgl. auch Enders & Bornmann 2001):

1. Wissenschaft: In dieser Kategorie lassen sich Antworten bündeln, die allgemein das

Interesse, die Fähigkeit und die Begabung für wissenschaftliche Forschung betonen

und speziell die Methoden, Theorien und Erkenntnisse eines Fachgebietes

hervorheben. Zudem kann wissenschaftliches Arbeiten der persönlichen Entfaltung

dienen.

2. Beruf und Karriere: Hierunter werden Angaben zusammengefasst, die sich auf eine

Verbesserung der späteren Berufs- und Aufstiegschancen, eine Voraussetzung für

einen angestrebten Beruf, ein höheres Einkommen und einen gesicherten Arbeitsplatz

durch die Promotion beziehen.

3. Moratorium: Diese Kategorie umfasst Begründungen, welche die Promotionsphase

als Aufschubspassage interpretieren und im engen Zusammenhang zur privaten

Lebenssituation stehen. Sei es, dass die Promotion zufällig begonnen wurde, dass die

Promotion die kurzfristige Sicherung des Lebensunterhaltes ermöglichte, dass ein

Zeitgewinn für die Zukunftsplanung im Vordergrund stand oder der Verbleib in der

Universitätsstadt angestrebt wurde. Es handelt sich um Antworten, welche Hinweise

darauf geben, dass eine Promotion die Aufgabe einer „Wartehalle“ erfüllt.

Die Antworten zeigen, dass für Promovierende das Interesse an der Forschung und

wissenschaftlicher Arbeit das zentrale Motiv für die Promotionsentscheidung darstellt (vgl.

Abbildung 9). Etwa 60% der Befragten beurteilen dieses Motiv als völlig zutreffend, wobei

Geisteswissenschaftler, Mathematiker, Naturwissenschaftler und Sozialwissenschaftler ihre

wissenschaftlichen Neigungen deutlicher betonen als Wirtschaftswissenschaftler, Juristen und

Ingenieure. Insgesamt motiviert das Interesse für wissenschaftliches Arbeiten 95% der

Promovierenden (wenn auch in unterschiedlichem Maße).

Die außerordentlich starke Betonung wissenschaftlicher Motivation darf allerdings nicht

überbewertet werden: Die Zahlen spiegeln wohl auch das sozial erwünschte Bild vom

Wissenschaftler wieder, wie es auch von den Befragten selbst empfunden wird. Eben diese

Illusion des wissenschaftlichen Feldes kontrastiert auch Bourdieu. Er kommentiert:

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

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„Es ist mit anderen Worten das Feld, oder genauer gesagt, die antiökonomische Ökonomie und der

geregelte Wettbewerb in ihm, die diese besondere Form der illusio hervorbringen, eben das

wissenschaftliche Interesse, ein Interesse, das im Verhältnis zu den herkömmlichen Interessen des Alltags

(und insbesondere denen des ökonomischen Feldes) als uneigennützig, unentgeltlich erscheint“ (Bourdieu

1998b: 27).

Abbildung 9: Promotionsmotive nach Promotionsfachbereichen (Mittelwert)

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

82

Insofern sind nicht die 95% an wissenschaftlicher Arbeit Interessierten überraschend, sondern

eher die 5% (immerhin 93 Doktoranden), die ihren Promotionsentschluss nicht damit in

Zusammenhang bringen. Hierzu zählen insbesondere Wirtschaftswissenschaftler (10,3%) und

Rechtswissenschaftler (12,6%), die ihre Promotion nicht mit einem Interesse an

wissenschaftlicher Forschung begründen.

Neben dem Interesse für die Wissenschaft stellt die potentielle berufliche Verwertbarkeit ein

häufig genanntes Promotionsmotiv dar. 80% der Befragten versprechen sich durch die

Promotion eine Verbesserung der späteren Berufschancen. Ein Drittel stimmt dieser Aussage

sogar völlig zu. Etwa jeder Zweite erwartet zudem ein höheres Einkommen im späteren

Beruf. Allerdings unterscheidet sich die „Chancenverbesserung“ grundlegend nach

Fachbereichen. Für Biologen und Chemiker ist die Promotion faktische Voraussetzung für

den späteren Einstieg ins Berufsleben.48 Ganz anders ist die Situation bei den Ingenieuren,

Wirtschaftswissenschaftlern und Juristen. Um den angestrebten Beruf erreichen zu können, ist

eine Promotion nicht unbedingt erforderlich, da es genügend berufliche Alternativen gibt.

Trotzdem versprechen sich gerade die promovierenden Vertreter dieser Fächergruppen

verbesserte Aufstiegschancen und höhere Einkommen. Gesellschafts- und

Sozialwissenschaftler hingegen äußern sich deutlich pessimistischer, was als Hinweis auf eine

mangelnde Verwertbarkeit des Doktortitels in diesen Fachbereichen gedeutet werden kann.

Gegenüber den wissenschaftsimmanenten und karrierebezogenen Begründungen für die

Entscheidung zur Promotion werden alle Antwortvorgaben, die eine aufschiebende

Motivation unterstellen konsequent - von allen Fachbereichen - abgelehnt. Treffend beurteilen

diese Beobachtung Enders und Bornmann. Sie schreiben:

„Gegenüber […] wissenschafts- oder berufs- bzw. karrierebezogenen Motiven für die Entscheidung zu

promovieren werden alle Antwortvorgaben, die auf eine Moratoriumsfunktion der Promotion für die

Befragten schließen lassen, besonders einhellig abgelehnt. Auch Germanisten und Sozialwissenschafter,

also Promovierte jener Fächer, denen häufig nachgesagt wird, dass sie die Doktorandenlaufbahn mangels

beruflicher Alternativen einschlagen, äußern sich hierzu meistens ablehnend“ (Enders & Bornmann 2001:

51).

48 Hebt man die gewählten Fachbereichskategorien für einen kurzen Moment auf und analysiert die Fächer einzeln, so zeigt sich, dass Biologen und Chemiker am stärksten betonen, dass die Promotion Voraussetzung für den angestrebten Beruf ist, nichts anderes in Frage kam und bessere Aussichten auf einen sicheren Arbeitsplatz ermöglicht.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

83

Zusammenfassend ergibt sich eine bemerkenswerte Dichotomie. In den Naturwissenschaften,

den Rechtswissenschaften, den Ingenieurwissenschaften und den Wirtschaftswissenschaften

sind die Promotionsabsichten extrinsischer Natur. Während die Naturwissenschaftler vor

allem den Zwang zur Promotion als eigentlichen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss

hervorheben, spekulieren Ingenieure, Juristen und Wirtschaftswissenschaftler auf positive

Karrierevorteile im außeruniversitären Bereich. Geistes- und Sozialwissenschaftler betonen

stärker ihre intrinsische Motivation. Mathematiker – in diesem Fall getrennt von den

Naturwissenschaften betrachtet – bringen dabei eine besonders ausgeprägte Identifikation mit

ihrer Wissenschaft zum Ausdruck. In den dichotomen Promotionsmotiven manifestiert sich

die Trennung in zwei Bildungszweige. Die Zweiteilung in Rechts-, Wirtschafts- und

Ingenieurswissenschaften vs. Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften offenbart den

zugrunde liegenden Reproduktionsmechanismus sozialer Ungleichheit auf der Ebene der

höchsten Bildungstitel.

Zur Bestätigung dieser Befunde lassen sich zwei weitere Beobachtungen heranziehen. Meine

Daten zeigen überraschenderweise keinen Zusammenhang zwischen der Frage nach einer

wissenschaftlichen Karriere und dem Alter der Promovierenden. Üblicherweise gilt: Je älter

ein Doktorand ist, desto mehr Zeit hat er an einer Hochschule verbracht und die Gelegenheit

gehabt, seine Vorstellungen vom wissenschaftlichen Feld zu modifizieren. Die Beobachtung,

dass die Aufenthaltsdauer offenbar keinen Einfluss auf die Verbleibswahrscheinlichkeit im

wissenschaftlichen Betrieb ausübt, mag überraschen. Andererseits haben die befragten

Promovierenden im Schnitt fast sechs Jahre studiert und genügend Zeit gehabt, universitäre

Arbeitsbedingungen kennen zu lernen. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass

Promovierende bereits zu Beginn der Promotion klare Vorstellungen über den weiteren

Zukunftsverlauf haben. Vor dem Hintergrund, dass die berufliche Biographie von

Doktorandinnen und Doktoranden scheinbar bereits vor Beginn der Promotion „feststeht“, sei

nochmals auf die elementare Aussagekraft der eben dargestellten Promotionsmotive

verwiesen.

Zweitens offenbart sich in der Frage nach einer wissenschaftlichen Karriere – wie zuvor bei

den Promotionsmotiven – dieselbe fachspezifische Zweiteilung. Geistes-, Sozial- und

Naturwissenschaftler erwägen einen Verbleib im wissenschaftlichen Betrieb, während in den

Rechts-, Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften eine vermeintlich lukrative Position

außerhalb der Forschung angestrebt wird (vgl. Tabelle 8). Im Vergleich der Fächer

berichteten Ingenieure (85,3%) am häufigsten, dass der Promotionsabschluss sie für den

außeruniversitären Bereich qualifizieren soll, gefolgt von den Rechtswissenschaftlern

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

84

(83,1%) sowie den Wirtschaftswissenschaftlern (80,3%). Bei den Sozial- und

Gesellschaftswissenschaftlern hingegen strebt etwa jeder zweite eine wissenschaftliche

Karriere an. Bei den Mathematikern und Naturwissenschaftler planen sogar zwei Drittel

diesen Karriereschritt.

Tabelle 8: Neigungen zu einer wissenschaftlichen Karriere nach Fachbereichen (in Prozent)

Sozial- wiss.

Rechts-wiss.

Wirtscha.-wiss.

Ingenieurs-wiss.

Geistes-wiss.

Mathe u. Naturwiss.

Karriere geplant

46,3 16,9 19,7 14,7 45,9 33,8

Keine Karriere geplant

53,7 83,1 80,3 85,3 54,1 66,2

n= 205 71 147 129 314 832

Frage 42: Planen Sie eine Habilitation bzw. eine wissenschaftliche Karriere?

Es zeichnet sich also eine Teilung in zwei gegenüberstehende

Promotionsfachbereichsgruppen ab. Diesen Effekt hatte ich in dieser Form so nicht erwartet

und daher nicht in die methodologischen Vorüberlegungen mit aufgenommen. Es wird daher

notwendig, den theoretischen Fokus zu erweitern und sich mit dem Verhältnis der

Fächergruppen zueinander näher zu beschäftigen. Dazu werde ich mich auf ein spezielles

Argument in den bildungssoziologischen Arbeiten von Pierre Bourdieu konzentrieren,

nämlich dem „Streit der Fakultäten“ (Bourdieu 1988: Kapitel 2). Um das Verhältnis von der

Hierarchie der Disziplinen zum Verhältnis der sozialen Positionen besser bewerten zu

können, soll ein zweiter Exkurs über die Bourdieusche Analyse der Fächerhierarchie

mögliche theoretische Unklarheiten klären.

Exkurs 2: Der Streit der Fakultäten

Pierre Bourdieu und Jean-Claude Passeron haben ausführlich die Zusammenhänge von

sozialer Herkunft und Studienerfolg bei französischen Studierenden untersucht.

Zusammenfassend kommen sie zu folgendem Ergebnis:

„Die Chancen für den Hochschulbesuch sind das Ergebnis einer Auslese, die die gesamte Schulzeit

hindurch mit einer je nach der sozialen Herkunft der Schüler unterschiedlichen Strenge gehandhabt wird;

bei den unterprivilegierten Klassen führt dies ganz einfach zu Eliminierung“ (Bourdieu & Passeron 1971:

20)

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

85

Dass eben diese Eliminierung sozial schwacher Schichten auch in Deutschland stattfindet,

wurde in Kapitel 3 ausführlich dargelegt. Folgen wir der Argumentation von Bourdieu und

Passeron etwas. Wie bereits angedeutet, prägt die soziale Herkunft die Entscheidung für eine

bestimmte Studienfachrichtung (vgl. auch Preißer 1988). Die Ungleichheit der

Bildungschancen zeigt sich demnach in der Einschränkung der Studienfachwahl. Noch

einmal die Autoren:

„Die Kinder der unterprivilegierten Klassen werden unmittelbar eliminiert; die wenigen übrig gebliebenen

sind in ihren Wahlmöglichkeiten stark eingeengt. Diese Studenten bezahlen den Besuch der Hochschule,

die ihnen nicht fünf, sondern nur zwei Pforten öffne, mit der Unfreiwilligkeit ihrer Entscheidung für die

Philosophische oder Naturwissenschaftliche Fakultät“ (Bourdieu & Passeron 1971: 25).

Zur Rangfolge der Fächer führt Bourdieu an anderer Stelle aus:

„Die Verteilungsstruktur der verschiedenen Hochschuleinrichtungen je nach den sozialen und

Bildungsmerkmalen ihrer Hörerschaft entspricht sehr genau […] ihrer Verteilungsstruktur nach sozialen

Merkmalen und dem Bildungsgang ihrer Professoren: So stammen Studenten der Medizin und

Rechtswissenschaften häufiger als ihre Kommilitonen der philosophischen und naturwissenschaftlichen

Fakultäten aus der herrschenden Klasse bzw. aus deren ökonomisch favorisierten Fraktionen (Industrielle

und freie Berufe). Bekannt ist weiter, dass Medizin und Jura in ökonomisch ranghöhere Berufszweige

führen als Geistes- und Naturwissenschaften (Bourdieu 1988: 90).

Zur besseren Illustration ist die Hierarchie der Fächer in Tabelle 9 graphisch dargestellt. Der

Hauptgegensatz offenbart sich nach Bourdieu in der Verteilung des ökonomischen und

kulturellen Kapitals. Während die Mitglieder der Medizinischen Fakultäten über das höchste

und die Mitglieder der Naturwissenschaftlichen Fakultäten über das geringste ökonomische

Kapital verfügen, verhält es sich beim kulturellen Kapital gerade umgekehrt. Die

naturwissenschaftlichen Fakultäten besitzen das höchste kulturelle Kapital, während die

medizinischen Fakultäten bei dieser Kapitalsorte das Schlusslicht in der Hierarchie der Fächer

bilden.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

86

Tabelle 9: Hierarchie der Fächer nach Bourdieu (Kulturelles Kapital)

Naturwissenschaftliche Fakultät

Philosophische Fakultät

Rechtswissenschaftliche Fakultät

Medizinische Fakultät

(Ökonomisches Kapital)

Quelle: Bourdieu (1988: 91).

Jugendliche treffen bereits mit der Wahl des Studienfaches die weitgehende Entscheidung für

einen Berufsbereich, wobei Traditionen, Erwartungen und Wünsche im Elternhaus eine

entscheidende Rolle spielen (vgl. für einen empirischen Beleg z.B. Spiegel 1980: 42). Dabei

ist davon auszugehen, dass Studienanfänger von zu Hause ein subtiles Bewusstsein von der

hierarchischen Ordnung der wissenschaftlichen Disziplinen mit an die Hochschule bringen.

Natürlich wirkt die Hierarchie der Fächer nur unbewusst und manifestiert sich allenfalls in

statistischen Relationen, trotzdem wissen letztlich alle über den „Wert“ eines bestimmten

Studienganges Bescheid.

Das dem so ist, belegt folgende Beobachtung: „Sind Akademiker bei geselligen Anlässen

unter sich, kann durchaus die Bemerkung fallen, dass der eigene Sohn nichts Rechtes, sondern

leider nur Soziologie oder Ethnologie studiert“ (Schmeiser 2003: 9, Hervorhebungen im

Original). An diesem Beispiel wird leicht deutlich, dass die verschiedenen akademischen

Studiengänge, bewusst oder unbewusst, in eine wertende Rangreihe gebracht werden. Man

denke hierbei insbesondere an die stereotypen Zuschreibungen eines Philosophie- oder

Soziologiestudiums bzw. eines VWL- oder Jurastudiums. Andererseits hat die Arbeitsmarkt-

und Absolventenforschung bekanntlich seit längerem gezeigt, dass sich mit der

Fachzugehörigkeit nicht nur unterschiedliche Chancen auf den Arbeitsmärkten verbinden,

sondern auch deutliche Segmentierungen nach berufsfachlichen Arbeitsmärkten bestehen.

Letztlich funktioniert dieser Mechanismus nach demselben Code wie der Rest des

Bildungssystems. Im dem das Bildungswesen die Illusion von einer prinzipiellen Gleichheit

der Fachdisziplinen produziert, legitimiert es überhaupt erst die soziale Reproduktion von

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

87

Ungleichheit. Denn natürlich gibt es auch Soziologen oder Germanisten mit führenden

Positionen in der Wirtschaft. Die Elimination wird natürlich ebenfalls von den Betroffenen

wahrgenommen. Empirische Untersuchungen zeigen, dass Absolventen teilweise sogar nach

der Promotion die gewählte Fachrichtung in Frage stellen. So gaben fertige Doktoranden der

Fachrichtung Higher Education im Nachhinein wegen (vermuteter) besserer Berufschancen

an, eine Promotion in Betriebswirtschaftslehre „bevorzugen“ zu würden (vgl. Schwarz 2000).

Trotzdem wird die Hierarchie der Fächer im wissenschaftlichen Diskurs kaum thematisiert.

Andrea Frank fast diese Haltung folgendermaßen zusammen:

„Die hierarchische Ordnung der Disziplinen ist innerhalb der scientific community auf eigentümliche Art

und Weise tabuisiert, alle wissen darum, aber man spricht nicht darüber. So gibt es kaum explizite

Beschreibungsversuche, die in Form von Unterscheidungsangeboten diese hierarchische Ordnung zu

erklären suchen“ (Frank 1990: 105).

Welchen Einfluss das Wissen um die Hierarchie der Disziplinen auf die Reproduktion von

sozialer Ungleichheit hat, ist schwierig zu untersuchen. Denn die sozial- oder

geisteswissenschaftlichen Fakultäten können auch als „Refugium“ für Studenten aus der

Oberschicht dienen. „Sozial zum Studium ‚verpflichtet’ wenden sie sich mangels wirklicher

Berufung Fächern zu die wenigstens den Schein gesellschaftlicher Legitimation verbürgen“

(Bourdieu & Passeron 1971: 25). Man kann die Unterschiede, die nicht nur in den Karrieren,

sondern auch in den Praxen und Ideologien von Promovierenden verschiedener Fakultäten

und selbst verschiedener Disziplinen zu beobachten sind, deswegen nur dann verstehen, wenn

man die Hypothese akzeptiert, dass diese Einheiten viele verschiedene Märkte darstellen.

Um den Exkurs über die Hierarchie der Disziplinen zu schließen, muss nochmals auf die

Besonderheit des deutschen Bildungssystems eingegangen werden. Durch die Abwesenheit

von Elitebildungseinrichtungen – so die formulierte These – besitzt einzig der Doktortitel die

nötige Exklusivität, um einen entscheidenden Vorteil gegenüber konkurrierenden

Klassenformationen um gesellschaftliche Spitzenpositionen zu gewährleisten. Im Folgenden

werde ich zeigen, dass die These von der „Hierarchie der Disziplinen“ auch für Deutschland

zutrifft und sich beim Erwerb des Doktortitels sichtbar manifestiert.49 Deswegen werden im

49 Natürlich ist diese Erkenntnis nicht neu: Eine Zusammenschau, die ein soziales Profil der Fächergruppen vermittelt und auch politische und gesellschaftliche Orientierungen einbezieht, ist die Langzeitstudie Studiensituation und studentische Orientierungen, welche seit Anfang der achtziger Jahre an Universitäten und Fachhochschulen durchgeführt wird (vgl. exemplarisch Bargel, Multrus & Ramm 2005). Dabei wurden

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

88

Anschluss an diese theoretischen Ausführungen die sozialen Positionen der Doktorandinnen

und Doktoranden ausführlich dargelegt und gezeigt, dass sich bei verschiedenen Aspekten

einer Promotion die soziale Ungleichheit der Disziplinen statistisch offenbart. So rekrutieren

die Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Ingenieurswissenschaften sozial

stärkere Schichten, während die Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften und

Naturwissenschaften den weniger Privilegierten vorbehalten bleiben.50

5.4 Positionen im sozialen Raum

Die familiären Existenzbedingungen determinieren und strukturieren das zur Verfügung

stehende ökonomische, soziale und kulturelle Kapital, mit dessen Hilfe die befragten

Personen die Promotion erreicht haben. Dazu gehören die unterschiedlichen finanziellen

Absicherungen des Bildungsweges, aber auch die Kulturtechniken wie Redegewandtheit, das

Gespür für den richtigen Ton sowie Durchsetzungsvermögen, Sicherheit im Auftreten,

Eloquenz oder „arrogante“ Gelassenheit. Diese Schlüsselqualifikationen werden durch die

frühe Vertrautheit mit dem akademischen Milieu gewonnen und dauerhaft im primären

Sozialisationsprozess geprägt, so dass sie als natürliche Eigenschaften der Persönlichkeit

erscheinen.

Im Anschluss an Bourdieus Konzept des mehrdimensionalen sozialen Raumes, gilt es die

Frage zu klären, ob Promovierende eine gemeinsame klassenspezifische Kapitalstruktur

teilen. Die Reproduktionsstrategien, mit denen die Kapital besitzenden Klassen, bewusst oder

unbewusst, ihre Positionen in der Struktur der Klassenbeziehungen durch Sicherung oder

Mehrung ihres Kapitalbesitzes zu halten oder zu verbessern suchen, hängen von Unfang und

Struktur des zu reproduzierenden Kapitals ab, d.h. vom aktuellen und potentiellen Umfang

des ökonomischen, sozialen und kulturellen Kapitals.

Ich habe bereits ausführlich dargelegt, dass Promovierende über ein sehr hohes kulturelles

und ökonomisches Kapital verfügen. Eine grundsätzliche Herausforderung für eine Theorie

symbolisch vermittelter Ungleichheiten besteht aber darin, theoretisch und empirisch

nachvollziehbar darzulegen, ob und unter welchen Umständen dies der Fall ist. Zur

Unterstützung dieser These werden die Kapitalbestände der Promovierenden noch genauer

ausgeprägte Unterschiede der Zusammensetzung der Studentenschaft nach soziodemographischen Merkmalen, nach Indikatoren für Berufserfahrung und Studienverlauf sowie nach politischen Orientierungen zwischen den Fächergruppen deutlich. 50 Allerdings mahnen die Befunde von Absolventenstudien zur Vorsicht vor generalisierenden Aussagen über unterschiedliche Beschäftigungschancen nach Hochschulart und Fachrichtung (vgl. Teichler 2003: Kapitel 10).

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

89

analysiert. Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen, beschränke ich mich auf die

Darstellung des ökonomischen, sozialen und kulturellen Kapitals.

5.4.1 Ökonomisches Kapital

Bourdieu verweist immer wieder auf die strukturell bedingte Dominanz des ökonomischen

Kapitals. Er schreibt beispielsweise:

„Man muss somit von der doppelten Annahme ausgehen, dass das ökonomische Kapital einerseits allen

anderen Kapitalarten zugrunde liegt, dass aber andererseits die transformierten und travestierten

Erscheinungsformen des ökonomischen Kapitals niemals ganz auf dieses zurückzuführen sind, weil sie ihre

spezifischsten Wirkungen überhaupt nur in dem Maße hervorbringen können, wie sie verbergen (und zwar

zu allererst vor ihrem eigenen Inhaber), dass das ökonomische Kapital ihnen zugrunde liegt und insofern,

wenn auch nur in letzter Instanz, ihre Wirkungen bestimmt “ (Bourdieu 1983: 196; Hervorhebungen im

Original).

Der Bourdieuschen Argumentation folgend, dass das ökonomische Kapital allen anderen

Kapitalarten zugrunde liegt, beginne ich die Darstellung der Positionen von Promovierenden

im sozialen Raum mit der ökonomischen Kapitalstruktur.

An die Überlegungen des vorherigen Exkurses anknüpfend, soll zunächst geprüft werden,

inwiefern ein Zusammenhang zwischen der Verteilung des ökonomischen Kapitals auf die

verschiedenen Promotionsfachbereiche zu beobachten ist. Es wurde bereits dargelegt, dass

Promovierende über ein überdurchschnittlich hohes ökonomisches Kapital verfügen. Das

durchschnittliche Elterneinkommen der befragten Doktorandinnen und Doktoranden

entspricht etwa dem Dreifachen des bundesweiten Durchschnittseinkommens und dürfte auch

über dem durchschnittlichen Akademikereinkommen liegen. Aus dieser Tatsache resultiert

eine Problematik für die Analyse von Ähnlichkeitsmaßen, welche nur schwierig zu lösen ist.

Da praktisch alle befragten Promovierenden über ein sehr hohes ökonomisches Kapital

verfügen, lässt sich nur ein schwacher Einfluss (Kontingenzkoeffizient = 0,129) auf die Wahl

der Promotionsfachbereiche beobachten (vgl. Tabelle 10).

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

90

Tabelle 10: Zusammenhangsmaße zwischen Höhe des ökonomischen Kapital und Fachbereich

Wert Näherungsweise Signifikanz Nominal- bzgl. Nominalmaß

Phi ,130 ,000

Cramer-V ,130 ,000 Kontingenzkoeffizient ,129 ,000 Anzahl der gültigen Fälle 1236 a Die Null-Hyphothese wird nicht angenommen. b Unter Annahme der Null-Hyphothese wird der asymptotische Standardfehler verwendet.

Es sei zunächst festgehalten, dass ein signifikanter Zusammenhang besteht. Tabelle 11

verdeutlicht den Zusammenhang zwischen dem Nettoeinkommen der Eltern im

Fächervergleich. Zur besseren Übersicht wurden die Kategorien zu „Normalverdienern“ und

„Einkommensreichen“ zusammengefasst.

Tabelle 11: Nettoeinkommen der Eltern im Fächervergleich (in Prozent)

Sozial- wiss.

Rechts-wiss.

Wirtschafts- wiss.

Ingenieurs-wiss.

Geistes- wiss.

Mathe u. Naturwiss.

Normalverdiener (< 37.536 €)

33,8 14,0 18,7 14,8 31,0 26,9

Einkommensreich (>37.536 €)

66,2 86,0 81,3 85,2 69,0 73,1

Gesamt 100 100 100 100 100 100

n= 151 57 107 88 226 573

Bei den Nettoeinkommen der Eltern offenbart sich die Bedeutung der Fächerwahl. Während

angehende promovierte Juristen, Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler zu über 80% zu

den einkommensreichen Haushalten zählen, sind es bei Mathematik und Naturwissenschaften

nur 73,1%, bei den Geistes- und Sozialwissenschaften sogar unter 70%.

Um detaillierte Aussagen über die materielle Ausstattung von Promovierenden treffen zu

können, wurden die Doktorandinnen und Doktoranden auch zu ihrer Lebenssituation während

des Studiums befragt. Zunächst sei der signifikante Zusammenhang zwischen der Fächerwahl

und dem monatlich zur Verfügung stehenden Geld illustriert (vgl. Tabelle 12). Ermittelt

wurde ein Zentralwert der Einnahmeverteilung für die befragten Promovierenden von 530

Euro, d.h. 50% der Promovierenden hatten geringere, 50% höhere Einnahmen. Im Vergleich

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

91

zu vorliegenden Zahlen zur Studienfinanzierung und den Einnahmen von Studierenden sind

die genannten Beträge allerdings als äußerst fragwürdig einzustufen. Für das Jahr 2000, in

welchem laut Altersstruktur die meisten Promovierenden ihr Studium noch nicht beendet

hatten, ermittelte das Deutsche Studentenwerk einen Median von 665 Euro (BMBF 2004:

152). Gerade im Hinblick auf die hohe soziale Herkunft von Promovierenden und dem

angegebenen Nettoeinkommen der Eltern ist davon auszugehen, dass dieser Wert nicht dem

wirklich zur Verfügung stehenden Geldbetrag entspricht.

Tabelle 12: Monatlich zur Verfügung stehendes Geld während des Studiums Rechtswissenschaften

650 €

Wirtschaftswissenschaften

600 €

Geisteswissenschaften

600 €

Sozialwissenschaften

520 €

Ingenieurswissenschaften

500 €

Mathematik und Naturwissenschaften

500 €

Frage 8: Wie viel Geld stand Ihnen während Ihres Studiums monatlich durchschnittlich zur Verfügung?

Trotzdem sind die genannten Zahlen von einigem Interesse. Unterstellt man den

Promovierenden eine systematische Fehleinschätzung der damals zur Verfügung stehenden

Geldbeträge, so kann die relationale Rangfolge noch immer als Indiz für einen

Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Fachwahl herangezogen werden. Den

Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlern steht am meisten Geld zur Verfügung.

Mathematiker, Sozial- und Naturwissenschaftler mussten im Studium mit wesentlich weniger

Geld auskommen. Die Differenz beträgt zwischen 100 € und 150 € zwischen den höchsten

und niedrigsten Vermögen.51

Die Finanzierung einer Promotion stellt eine entscheidende Hürde auf dem Weg zum

Doktortitel dar. Zur Finanzierung der Promotion verfügen Promovierende in der Regel über

mehrere Einkommensquellen (vgl. Tabelle 13, sowie Enders & Bornmann 2001; Gerhardt,

Briede & Mues 2005). Dies wird aus der Vielzahl der Mehrfachnennungen auf die Frage nach

Finanzierungsquellen während der Promotionsphase deutlich.

51 Für weitere Informationen zur Finanzierung des Lebensunterhalts während des Studiums vgl. Tabelle 6 im Anhang.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

92

Betrachten wir zunächst, wie die Promotionen insgesamt finanziert werden. Am häufigsten

tragen Stellen an Universitäten und Forschungseinrichtungen zur Finanzierung bei (45,1%).

An zweiter Position stehen drittmittelfinanzierte Anstellungen (31,6%), an dritter Position

rangieren Promotionsstipendien (26,0%) und an fünfter Stelle die Graduiertenförderung

(11,7%). Die Finanzierung einer Promotion durch Angehörige (15,4) und eigene Ersparnisse

(lediglich 0,6%) spielen eine untergeordnete Rolle.

Tabelle 13: Finanzierung des Lebensunterhaltes während der Promotion, Häufigkeiten der Nennung in Prozent (Mehrfachnennungen) Zahl der Nennung % der Fallzahl

Stellen an Universitäten, Forschungseinrichtungen 843 45,1

Drittmittelfinanzierte Stellen 591 31,6

Promotionsstipendien 487 26,0

Unterstützung durch Angehörige 288 15,4

Graduiertenförderung 219 11,7

Erwerbstätigkeit außerhalb der Wissenschaft 210 11,2

Tätigkeit als Hilfskraft, Werksvertrag 133 7,1

sonstige Quellen 40 2,1

eigene Ersparnisse 12 0,6

Zahl der Nennungen insgesamt 2.823

Frage 39: Welcher der unten genannten Finanzierungswege sichert Ihnen während der Promotionsphase in der Hauptsache den Lebensunterhalt?

Diese Befunde zeigen, dass das ökonomische Kapital nicht direkt die Möglichkeiten zur

Promotion determiniert. Trotz hoher materieller Besitzstände finanzieren sich

Doktorandinnen und Doktoranden in der Mehrheit über Finanzierungsmöglichkeiten, die es

grundsätzlich allen sozialen Schichten ermöglichen würde zu promovieren.52 Trotzdem ist

natürlich davon auszugehen, dass ein wohlhabendes Elternhaus die nötige finanzielle

Sicherheit liefert, eine Promotion zu beginnen.

52 Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass mittels der Erhebungsmethoden fast nur Promovierende in Anstellungsverhältnissen erreicht wurden. Andererseits ist nicht davon auszugehen, dass sozial schwache Personen eine externe Promotion ohne Finanzierungsmöglichkeit beginnen würden.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

93

Wieder sei darauf verwiesen, dass auch bei der Vergabe von finanziell attraktiven Positionen

im wissenschaftlichen Feld deutliche Unterschiede nach Fach und Geschlecht existieren.

Frauen besetzen seltener Mitarbeiter- und Drittmittelstellen (-12%), sondern finanzieren ihre

Promotion häufiger über Stipendien (+5%), über Erwerbstätigkeit außerhalb der Wissenschaft

(+2%) und über die Unterstützung durch Angehörige (+3%). Gerhardt, Briede und Mues -

welche dieselbe Geschlechterdifferenz bemerken - erklären die Ungleichverteilung der

Finanzierung von Frauen und Männern über die verschiedenen Fächergruppen: „Ungefähr die

Hälfte der Befragten sind Doktoranden der Mathematik, Naturwissenschaften und

Ingenieurswissenschaften. Hier herrschen Promotionen auf Mitarbeiterstellen vor und der

Frauenanteil der Doktoranden liegt nur bei ca. einem Drittel, was sich entscheidend auf das

Gesamtergebnis auswirkt“ (Gerhardt, Briede & Mues 2005: 82).

Unabhängig dieser schlüssigen - und inhaltlich korrekten - Erklärung sei der

geschlechtsspezifische Unterschied aber festgehalten: Bedeutsam ist dieses Ergebnis nämlich

im Hinblick auf die weiteren Karrieremöglichkeiten von Frauen im wissenschaftlichen

Betrieb. Bisherige Befunde der Doktorandenforschung deuten darauf hin, dass Inhaber von

Stellen im Wissenschaftsbereich mehr fachliche Kontakte haben als alle anderen Gruppen

(vgl. z.B. Czock & Wildt 1985: 88). Fachliche Isolation aber führt zu Arbeitsschwierigkeiten.

Aus den dargestellten Zahlen folgt, dass männliche Doktoranden mehr Positionen innerhalb

eines organisierten wissenschaftlichen Kontextes innehalten, d.h. über wesentlich direkteren

Kontakt zu anderem wissenschaftlichen Personal verfügen. Weibliche Doktorandinnen

hingegen werden über die Stellenvergabe subtil aus dem wissenschaftlichen Feld gedrängt.

Tabelle 14 zeigt die angegebenen monatlichen Netto-Einkommen der befragten Doktoranden.

Demnach verdienen Doktoranden der Ingenieurswissenschaften im Durchschnitt ca. 1500 €

und liegen damit wesentlich höher als alle anderen Fachbereiche. Gefolgt werden sie von den

Promovierenden der Wirtschaftswissenschaften mit 1200 € und der Rechtswissenschaften mit

etwa 1160 €. Finanzielle Schlusslichter bilden wieder die Geistes-, Sozial- und

Naturwissenschaften mit jeweils unter 1100 € im Durchschnitt. Methodisch ist auf zwei

Besonderheiten hinzuweisen. Die Standardabweichungen sind mit bis zu 632 € vom

Mittelwert besonders groß, was ein Hinweis darauf ist, dass der Mittelwert ein schlechter

Repräsentant ist. Andererseits deckt das arithmetische Mittel auf diese Weise wieder einmal

die bereits angeführte Dichotomie zwischen den Promotionsfachbereichen auf. Bezüglich der

Entlohnung konnte kein Zusammenhang zur Bildungsherkunft oder zum elterlichen

ökonomischen Kapital festgestellt werden, was als klares Zeichen dafür gewertet werden

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

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muss, dass die Entlohnung nach Fachbereichen organisiert wird. Bemerkenswert ist aber, dass

gerade die Fächer, wo Personen aus unteren sozialen Schichten überrepräsentiert

promovieren, das niedrigste monatliche Durchschnittseinkommen aufweisen.

Tabelle 14: Durchschnittliches monatliches Netto-Einkommen

Promotionsfächer N Standardabweichung Mittelwert

Sozialwissenschaften 216 407,542 1066,20

Rechtswissenschaften 72 545,585 1157,08

Wirtschaftswissenschaften 154 632,009 1200,14

Ingenieurswissenschaften 131 541,160 1560,18

Geisteswissenschaften 322 476,206 1064,54

Mathematik und

Naturwissenschaften 868 383,861 1089,37

Insgesamt 1822 468,380 1120,57

Die ökonomische Ressourcenausstattung der einzelnen Klassenformationen erlaubt eine

unterschiedliche finanzielle und zeitliche Investition in die Promotion. Gleichzeitig bildet das

ökonomische Kapital die wichtigsten Rahmenbedingungen für die Studienentscheidung und

für die Studienfachwahl. Beispielsweise stellt eine außerordentlich lange durchschnittliche

Studiendauer in manchen Studienfächern ein unkalkulierbares Risiko dar. Ähnliches gilt für

Studienfächer mit so hohen Leistungsanforderungen, dass die Studierenden ihr gesamtes

Zeitbudget darauf verwenden müssen. Dadurch wird die Möglichkeit zu einer eventuell

notwendigen finanziellen Absicherung des Studiums durch zusätzliche Erwerbsarbeit

ausgeschlossen und das entsprechende Studienfach ebenfalls zu einem hohen Risiko.

Für die Promotion gelten diese Mechanismen nicht, was daran liegt, dass – wie gezeigt – fast

alle Promovierenden ein sehr hohes ökonomisches Kapital besitzen und

Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden (vgl. Anhang: Abbildungen 1 und

Abbildung 2).

5.4.2 Kulturelles Kapital

Die „Kompetenzen sozialer Art“ um im wissenschaftlichen Feld zu bestehen, werden

überwiegend durch das kulturelle Kapital der Familie vermittelt. Die soziale Herkunft der

befragten Promovierenden wurde bereits dargestellt. Dabei wurde auch darauf hingewiesen,

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dass ein Sechstel der Doktoranden aus einem promovierten Elternhaus stammt (vgl. Tabelle

15).

Tabelle 15: Bildungsherkunft der Promovierenden* nach Promotionsbereichen (in Prozent)

Sozial- wiss.

Rechts-wiss.

Wirtscha.-wiss.

Ingenieur-wiss.

Geistes-wiss

Mathe u. Naturwiss.

Gesamt

Promotion

13,4 25,7 11,7 19,0 15,6 15,1 15,5

Hoch- Schule

33,0 37,1 33,8 31,7 31,5 33,3 32,8

Fachhoch-schule

13,9 14,3 13,8 15,1 17,5 13,8 14,5

Abitur

9,1 8,6 5,5 4,0 4,5 5,5 5,8

Mittlere Reife

14,8 7,1 18,6 16,7 14,0 18,6 16,7

Haupt-schule

15,3 7,1 15,9 13,5 16,9 13,1 14,1

Kein Abschluss

0,5 - 0,7 - - 0,6 0,4

Gesamt 100 100 100 100 100 100 100

n= 209 70 145 126 308 834 1692

*) Höchster Bildungsabschluss der Eltern (von Mutter oder Vater) Frage 47: Haben Verwandte von Ihnen promoviert? Bitte geben Sie auch den Verwandtschaftsgrad an! Frage 51: Welchen höchsten Schulabschluss hat bzw. hatte Ihr Vater? Frage 52: Welchen höchsten Schulabschluss hat bzw. hatte Ihre Mutter? Frage 53: Welchen höchsten beruflichen Abschluss hat bzw. hatte Ihr Vater? Frage 54: Welchen höchsten beruflichen Abschluss hat bzw. hatte Ihre Mutter?

Es wurde in diesem Fall keine Unterscheidung getroffen, ob Vater, Mutter oder beide

promoviert sind. Entscheidend für den primären Sozialisationsprozess ist lediglich, dass ein

Familienmitglied promoviert ist. Genauso wirken natürlich aber auch andere Verwandte auf

den Habitus der Promovierenden. Laut Bourdieu ist davon auszugehen, dass Mitglieder dieser

Klassenformationen den Nutzen eines Doktortitels eher richtig beurteilen. Deswegen können

auch alle anderen Verwandten als Beleg für institutionalisiertes kulturelles Kapital

herangezogen werden. Dabei würde man erwarten, dass sich ein Doktortitel umso stärker auf

eine potentielle Promotion auswirkt, je enger der Kontakt, d.h. der Verwandtschaftsgrad ist.

In eben diesem Zusammenhang weist Preißner auf die Bedeutung der Statusposition der

Großeltern hin. Akademische Berufsgruppen (z.B. Ärzte, Apotheker) scheinen über eine

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

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mehrere Generationen gepflegte akademische Tradition und eine hohe Selbstrekrutierungsrate

zu verfügen (vgl. Preißner 1988: 406). Um weitere Hintergrundinformationen über die

familiäre Situation von Promovierenden zu schaffen, wurde nach der promovierten

Verwandtschaft gefragt. Dabei stellte sich heraus, dass insgesamt 39,5% der Befragten

promovierte Verwandtschaft haben.

Zwei interessante Randnotizen seien vermerkt. Während noch ein genereller Zusammenhang

zwischen Fachbereichswahl und Bildungsherkunft des Elternhauses beobachtet werden

konnte, zeigte sich kein signifikanter Einfluss einer promovierten Verwandtschaft auf die

Promotionsfachbereiche. Dies könnte dafür sprechen, dass von zuhause generell der Wert der

Promotion betont wird und dieser höher gestellt wird als das entsprechende Fach. Zum

anderen zeigt sich ein starker Zusammenhang zwischen promovierter Verwandtschaft und der

Qualität der beruflichen Stellung (Kontingenzkoeffizient 0,285). Den Zusammenhang

verdeutlicht graphisch Abbildung 10. Die linken Balken stehen für Doktoranden, die angaben

über keine promovierte Verwandtschaft zu verfügen, die rechten Balken verfügen über

promovierte Verwandtschaft. Deutlich sieht man den Zusammenhang zwischen promovierten

Familienmitgliedern und dem geschätzten Nettoeinkommen der Eltern. Dies verdeutlicht

nochmals die privilegierte Position von Inhabern eines Doktortitels.

Abbildung 10: Zusammenhang zwischen der promovierten und nicht-promovierten Verwandtschaft und dem ökonomischen Kapital

PromotionKeine Promotion

100

80

60

40

20

0

Einkommen < 18.768 €

Einkommen > 18.768 €

Einkommen > 37.536 €

Einkommen > 65.273 €

60

40

35

65

28

72

20

80

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

97

Als Fazit können wir festhalten: Die differentielle Weitergabe von institutionalisiertem

kulturellen Kapital funktioniert ungebrochen.

5.4.3 Soziales Kapital

Weil traditionelle Rekrutierungsmechanismen im wissenschaftlichen Feld teilweise nicht

mehr greifen, beginnen Promovierende – so die hier vertreten These – auf ihr jeweiliges Netz

von Beziehungen zurückzugreifen. Bereits Bourdieu, Boltanski und Maldidier verweisen

explizit auf die Rolle von sozialem Kapital an Hochschulen. Sie schreiben:

„Es folgt daraus, dass in diesen Disziplinen die Zugangschancen zur Forschung und mehr und mehr auch

die zur Lehre tendenziell mindestens genauso stark vom Umfang von der Mannigfaltigkeit und von der

Qualität des Gefüges universitär rentabler sozialer Beziehungen abhängen wie von ihrem akkumulierten

Bildungskapital“ (Bourdieu, Boltanski & Maldidier 1981: 144).

Besonderen Einfluss auf die Reproduktion von sozialen Strukturen an den Hochschulen

kommt den Professoren zu, welchen die Auswahl von Studenten für Hilfskraft-, Mitarbeiter-

und Assistentenstellen obliegt. Mit Bourdieus Worten: „Offenbar übertragen die für die

Rekrutierung verantwortlichen ordentlichen Professoren, sofern die verfügbare

Arbeitskraftreserve ihnen dies erlaubt, jene Prinzipien, welche sie mehr unbewusst als

bewusst bei der Wahl ihrer Kollegen leiten, auch auf die Auswahl ihrer Assistenten“

(Bourdieu, Boltanski & Maldidier 1981: 130). Allerdings ist an deutschen

Massenuniversitäten - je nach Fach - der Kontakt zwischen Studenten und Dozenten in der

Regel nicht sehr ausgeprägt. In einer Bourdieuschen Lesart kann daher der reine persönliche

Kontakt, d.h. Professor und Studierender kennen einander womöglich nur beim Namen,

bereits als soziales Kapital gewertet werden. Denn wie Huber gezeigt hat, werden

Studierende, die als besonders befähigt erachtet werden oder in besonderer Weise die

Aufmerksamkeit der Dozierenden auf sich gezogen haben, bereits während der letzten

Studienphasen durch die Mitarbeit als wissenschaftliche Hilfskraft oder forschungsbezogene

Abschlussarbeiten nach und nach in die Forschungsarbeit integriert (vgl. Huber 1986).

Wie aber lenken Studierende die Aufmerksamkeit der Dozenten auf sich? Gleich, Meran und

Bargel kamen in ihrer Untersuchung über die Beziehungen zwischen Studenten und

Hochschullehrern unter anderem zu dem Ergebnis, „dass mit zunehmender Schulbildung der

Eltern das Problem der Kontaktaufnahme zu Hochschullehrern geringer wird. Für Studenten,

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

98

deren Eltern Volksschul- oder Realschulabschluss aufweisen, dürften also

sozialisationsbedingte Verhaltensunsicherheiten gegenüber den Hochschullehrern eine Rolle

spielen“ (Gleich, Meran & Bargel 1982: 76-77). Der „universitäre Habitus“ (Bourdieu,

Boltanski & Maldidier 1981: 134) scheint also die entscheidende Rolle zu spielen. Um

herauszufinden, welche Bedeutung persönliche Kontakte bei der Besetzung von

Promotionsstellen haben, wurden die Doktorandinnen und Doktoranden über die persönlichen

Kontakte zu ihrem Promotionsbetreuer befragt. Tabelle 16 stellt die verschiedenen Strategien

der „Betreuersuche“ dar. Persönliche Kontakte, soviel sei hier vorweggenommen, spielen zur

Rekrutierung des wissenschaftlichen Nachwuchses eine besonders wichtige Rolle. Über die

Hälfte der Befragten antwortete, dass sie bereits vor der Promotionsphase ihren Betreuer

persönlich kannten. Immerhin 12% sind über persönliche Empfehlungen, gleichfalls eine

Form sozialen Kapitals, zu ihrer jetzigen Stelle gelangt. Von den Personen, welche angaben

selbstständig gesucht bzw. direkt einen Professor oder eine Professorin angefragt zu haben,

hatte bereits ein Fünftel Kontakt zum späteren Betreuer.

Die Ergebnisse lassen auch vermuten, dass nicht die Hochschullehrer sich ihre Doktoranden

suchen, sondern dass Hochschulabsolventen sich auf die Suche nach einem Doktorvater

begeben. Dabei wird anscheinend aus dem Pool bekannter Professoren gewählt.

Mehrfach wurde bisher auf Fachunterschiede hingewiesen. Bei der wichtigen Frage nach

persönlichen Kontakten zeigt sich auch hier ein relativ starker Zusammenhang

(Kontingenzkoeffizient = 0,212). Bei den Sozial- und Geisteswissenschaften sind die meisten

persönlichen Kontakte zwischen Doktorandinnen und Professoren zu beobachten, bei den

Rechtswissenschaften und Ingenieuren wurden etwas weniger persönliche Kontakte

angegeben. Das gleiche Kontaktverhalten zeichnet sich aber bereits im Studium ab (vgl.

Gleich, Meran & Bargel 1982: 84). Es ist daher davon auszugehen, dass die Bedeutung von

sozialem Kapital für die Rekrutierung von Doktorandinnen und Doktoranden in allen

Fachbereichen gleichermaßen von immenser Bedeutung ist.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

99

Tabelle 16: Arten der Betreuersuche, Häufigkeiten der Nennung in Prozent (Mehrfachnennungen) Zahl der Nennung % der Fallzahl

Durch persönlichen Kontakt 1047 57,5

Selbstständige Suche/ Auf direkte Anfrage 555 30,5

Über Stellenangebote 320 17,6

Über Empfehlungen 218 12,0

Zufall 55 3,0

Aufnahme in ein Graduiertenkolleg – Zuteilung des Betreuers

11 0,6

Initiative vom Betreuer 7 0,4

Keine Angabe 5 0,3

Zahl der Nennungen insgesamt 2200

N= 1820

Frage 35: Wie haben Sie Ihre Promotionsstelle bzw. Ihren Betreuer/ Ihre Betreuerin „gefunden“?

Die besondere Bedeutung des sozialen Kapitals erklärt auch die hohe Zahl Promovierender

,die an der gleichen Universität promovieren an der sie ihren Universitätsabschluss erworben

haben (vgl. Abbildung 11). Knapp 56% der Befragten gab an, an der „Heimatuniversität“ zu

promovieren. Zwischen beiden Variablen existiert ein deutlicher Zusammenhang

(Kontingenzkoeffizient = 0,428). Dieser Befund ist äußerst interessant, wenn man sich

nochmals die in Kapitel 4 beschriebene Stellenknappheit an deutschen Universitäten vor

Augen führt. Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass Studienabschluss und freie

Promotionsstelle terminlich über einander fallen sehr gering, vielmehr implizieren die

empirischen Ergebnisse, dass die Promotionsstellen bereits vor dem Freiwerden intern weiter

vergeben bzw. temporär zurückgehalten werden, bis der „geeignete“ Kandidat die Stelle

besetzen kann.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

100

Abbildung 11: Promotion an der „Heimatuniversität“

"Fremduniversität""Heimatuniversität"

60

50

40

30

20

10

0

44

56

Wie aber kommt der persönliche Kontakt zwischen Studenten und Professorinnen zustande?

Um detaillierte Aussagen über das soziale Kapital von Promovierenden im wissenschaftlichen

Feld zu Beginn ihrer Promotion treffen zu können, wurden die Promovierenden die über

persönliche Kontakte verfügten aufgefordert, zu erklären, wie dieser Kontakt entstanden ist

(vgl. Tabelle 17).

Tabelle 17: Entstehung des Kontaktes zum Promotionsbetreuer, Häufigkeiten der Nennung in Prozent (Mehrfachnennungen ) Zahl der Nennung % der Fallzahl

Betreuung der Abschlussarbeit 779 43,2

Seminar/ Veranstaltung 567 31,4

Hiwi/ Mitarbeit am Institut 421 23,3

Betreuung von Tutorat/ Praktikum 149 9,3

Private Kontakte 63 3,5

Fachliche Kontakte, z.B. Tagungen, Konferenzen 15 0,8

Prüfer der Abschlussprüfung 12 0,7

Zahl der Nennungen insgesamt n=1047

2053

Frage 36: Falls Sie bereits vor Beginn der Promotionsphase persönlichen Kontakt zu Ihrem Doktorvater/ zu Ihrer Doktormutter hatten, wie kam dieser Zustande?

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

101

Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass eine solche Fragestellung eine originär

qualitative Sozialforschung erfordern würde. Andererseits zeigten stichprobenartige

Nachfragen, dass sich die verschiedenen Kontaktvarianten zu den dargestellten Kategorien

„zusammenfassen“ lassen. Grundsätzlich entsteht der Kontakt zwischen künftigem

Doktorkind und Promotionsbetreuung durch die Betreuung der Abschlussarbeit (43,2%) oder

in universitären Veranstaltungen (31,4%). Eine entscheidende Rolle spielen aber auch die

Einstellung als wissenschaftliche Hilfskraft (23,3%) oder Tutorin (9,3%). Durch die

Möglichkeit mehrere Kontaktarten gleichzeitig abzufragen, wurde deutlich, dass die

Promovierenden über unterschiedlich starke persönliche Kontakte verfügen.

Dabei zeigte sich, dass die Promovierenden, die über besonders viele Kontakte verfügen, fast

alle bereits als wissenschaftliche Hilfskraft bei ihrem Betreuer gearbeitet haben. In der Regel

haben wissenschaftliche Hilfskräfte also auch Seminare und Vorlesungen bei diesen

Hochschuldozenten besucht, waren als Tutor oder Praktikumsbetreuer für sie tätig und haben

oftmals die Abschlussarbeit bei ihm geschrieben. Um zu kontrollieren, ob der jetzige Betreuer

bereits einen Einfluss auf die Promovierenden während des Studiums hatte, wurden die

Promovierenden ergänzend zu ihrer subjektiven Einschätzung über die Bedeutung ihres

Promotionsbetreuers für ihre wissenschaftliche Ausrichtung befragt (vgl. Anhang: Tabelle 7).

Für knapp ein Drittel der befragten Doktoranden bildetet ihr Betreuer bereits während des

Studiums eine wichtige Orientierungshilfe (Kontingenzkoeffizient = 0,344).

Eines der interessantesten Ergebnisse der Untersuchung zeigte sich bei der Frage nach der

Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft. So gaben fast drei Viertel der befragten

Doktorandinnen und Doktoranden an, während ihres Studiums als wissenschaftliche

Hilfskraft gearbeitet zu haben (vgl. Abbildung 12). Auch wenn keine aktuellen

Vergleichszahlen vorliegen53, so kann definitiv ausgeschlossen werden, dass 75% aller

Studenten als studentische Hilfskräfte angestellt sind. Der Anteil studentischer Hilfskräfte am

Gesamtpersonalbestand an deutschen Hochschulen betrug laut Statistischem Bundesamt im

Jahr 1997 etwa 42.000 Personen (entspricht immerhin 9,7% am Gesamtpersonalbestand).

53 Irritierenderweise werden die Personalzahlen nicht mehr mit den studentische Hilfskräften ausgewiesen (vgl. exemplarisch die Grund- und Strukturdaten 2003). Die aktuellsten Zahlen stammen daher von 1997.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

102

Abbildung 12: Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft während des Studiums (in Prozent)

HiWiKein HiWi

80

60

40

20

0

74

26

Bezieht man diese Zahl auf die Gesamtzahl aller Studierenden, so stehen einer Stelle als

studentische Hilfskraft circa 42 verfügbare Studenten gegenüber. Die bundesweite Quote für

studentische Hilfskräfte beträgt lediglich 2,5%. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass von

den hier genannten 1341 Doktorandinnen und Doktoranden die während ihres Studiums als

studentische Hilfskraft angestellt waren, gleichzeitig 702 Personen (51,1%) auch ein Tutorat

oder ein Forschungspraktikum betreut haben.

Wie sind diese Beobachtungen zu bewerten. Hilfreiche Erkenntnisse liefert in diesem

Zusammenhang eine empirische Studie zu studentischen Hilfskräfte an der Phillips-

Universität Marburg. Die Beschäftigungsverhältnisse von studentischen Hilfskräften, so ein

Ergebnis der Studie, sind prekär. Die Analyse der Arbeitsverhältnisse studentischer

Beschäftigter hat gezeigt, dass sie nicht auf langfristige Planung und finanzielle Absicherung

ausgelegt sind. Sie haben zu geringe Beschäftigungsumfänge, relativ kurze Vertragslaufzeiten

und unzureichende Vergütungssätze. Studium und Lebenshaltungskosten sind allein mit

studentischen Jobs an Hochschulen nicht finanzierbar. Ein signifikantes Ergebnis der

Marburger Hilfskraftstudie ist die Beobachtung, dass studentische Beschäftigte sich in erster

Linie aus finanziell privilegierteren Schichten rekrutieren. „Die prekären Erwerbsverhältnisse

an der Marburger Universität sind in den meisten Fällen deshalb ohne dramatische Folgen,

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

103

weil viele studentische Beschäftigte durch ihre Eltern finanziell abgesichert sind“ (Regelmann

2005: 26).

Die dargestellten Sachverhalte zeigen, dass Promovierende bereits während des Studiums

begonnen haben, soziales Kapital zu akkumulieren. Tätigkeiten als studentische Hilfskraft

und die Leitung von Tutoraten oder Forschungspraktika können als „Strategien sozialer

Investitionen“ im wissenschaftlichen Feld verstanden werden. Da praktisch alle befragten

Personen aus ökonomisch besser gestellten Haushalten stammen, scheinen ökonomische

Motive eine sekundäre Rolle zu spielen. Die Ergebnisse lassen sogar vermuten, dass die

Beschäftigung als studentische Hilfskraft eine geeignete Strategie ist um den Zugang zu einer

Promotion zu erlangen.

Zugleich handelt es sich aber auch um einen äußerst subtilen Reproduktionsmechanismus

sozialer Ungleichheit. Die Tatsache, dass die meisten studentischen Beschäftigten in sehr

privilegierten Akademikerhaushalten aufgewachsen sind, lässt vermuten, dass bei der

Rekrutierung der Habitus als unausgesprochenes Auslesekriterium fungiert. Denn wenn ein

Dozent einen Studenten anspricht bei ihm studentische Hilfskraft zu werden - was immerhin

für die Hälfte der Marburger Hilfskräfte zutraf - dann ist es wahrscheinlich, dass er eine

Person auswählt zu der der Professor eine Art unsichtbare Verbindung hat und mit der er sich

vorstellen kann, später, z.B. als Doktorand weiter zusammen zu arbeiten. Das Angehörige des

wissenschaftlichen Mittelbaus und Professoren in vielerlei Hinsicht ein Hochschul- und

Weltbild teilen, haben Enders und Teichler herausgearbeitet: Sie haben im Durchschnitt

ähnliche Vorstellungen, welchen Stellenwert ihr Fach und ihre Hochschule für sie hat, was

ihnen wissenschaftliche Freiheit bedeutet und was die Hochschule für die Gesellschaft leisten

soll; nur geringfügige Unterschiede zwischen Universitätsprofessoren und

Mittelbauangehörige zeigen sich in ihren Aussagen zur Qualifikation der Studierenden und

zur Hochschulverwaltung. Ebenso sind die Mittelbauangehörigen wie die

Universitätsprofessoren der Meinung, dass das deutsche System der Qualifizierung für

Forschung und Lehre für sie relativ gut funktioniert. Sie bewerten die materiellen und

ressourciellen Bedingungen für ihre Forschungs- und Lehrtätigkeit ähnlich und sind zumeist

auch mit ihrem Gehalt nicht unzufrieden (vgl. Enders & Teichler 1995b). Darüber hinaus ist

anzunehmen, dass die Selbstverständlichkeit, sich für die Position als studentische Hilfskraft

oder Doktorandin zu bewerben, für Studierende aus nicht akademischen Milieus geringer ist

und deshalb von ihnen seltener die Initiative ausgeht als dies von Studierenden aus sozial

privilegierten Haushalten der Fall ist.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

104

Abschließend sei noch kurz die Frage thematisiert, ob es sich bei der Akkumulation von

sozialem Kapital um einen (un-)bewusste Strategie handelt, fehlendes ökonomisches und/oder

kulturelles Kapital zu kompensieren oder ob die Tätigkeiten als studentische Hilfskraft

vielmehr eine nötige Handlung darstellt, um das wissenschaftliche Feld betreten zu können.

Bei der Befragung von Promovierenden konnte kein Zusammenhang zwischen der früheren

Tätigkeit als studentische Hilfskraft und dem ökonomischen oder kulturellen Kapital

beobachtet werden.

Wäre ein Mangel an ökonomischen oder institutionalisierten kulturellen Kapital durch den

Erwerb von sozialem Kapital kompensiert worden, hätte man aber einen Zusammenhang

beobachten müssen, da eben diese Doktorandinnen und Doktoranden über weniger

ökonomisches und kulturelles Kapital verfügen würden. Aus der Tatsache, dass

Promovierende eine sehr homogene Gruppe bezüglich der Kapitalverteilung darstellen, lässt

sich folgern, dass bereits die Tätigkeit als studentische Hilfskraft sozial determiniert ist. Die

Möglichkeit durch den Erwerb zusätzlichen sozialen Kapitals den Zugang zu einer Promotion

zu erhalten, scheint demzufolge sehr gering zu sein.

5.5 Die Position der Fachbereiche im sozialen Raum

Aufgrund der unterschiedlichen Kapitalvolumen, der Kapitalstruktur und der sozialen

Laufbahn können die Lebenslagen von Klassenformationen theoretisch erfasst und in einem

„Raum der sozialen Positionen“ verortet werden (Bourdieu 1982: 212f.). Anhand von

Korrespondenzanalysen konstruiert Bourdieu einen Raum objektiver sozialer Positionen –

„Positionen, die sich wechselseitig zueinander definieren, durch Nähe, Nachbarschaft und

Ferne sowie durch ihre relative Position, oben oder untern oder auch zwischen bzw. in der

Mitte usw.“ (Schwingel 2003: 106).

Analog zum Bourdieuschen Schaubild habe ich anhand meiner Daten das relationale

Verhältnis der Fachbereiche zueinander angefertigt. Abbildung 13 zeigt den Raum der

sozialen Lebenslagen der befragten Doktorandinnen und Doktoranden entsprechend der

Verteilung von Volumen und Struktur des Kapitals in seinen verschiedenen Ausprägungen,

wobei die Position jedes Fachbereiches durch das Ensemble an kulturellen und ökonomischen

Merkmalen bestimmt wird.

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

105

Abbildung 13: Raum der sozialen Positionen

Sozialwiss.Geisteswiss.

Naturwissenschaften

Jura

Wirtschaftswissenschaften

Ingeniers-wissenschaften

- Ökonomisches Kapital +

- B

ildu

ng

sk

ap

ita

l +

Das Schaubild zeigt graphisch die bisher heraus gearbeiteten Ergebnisse. Abschließend seien

die drei Befunde nochmals kurz dargestellt: Erstens wird klar, dass alle Promotionsfächer

gleichermaßen über hohes Bildungskapital verfügen. Der entscheidende Unterschied

zwischen den Fachbereichen liegt in der Menge des zur Verfügung stehenden ökonomischen

Kapitals. Dies wiederum bestätigt das Postulat von Bourdieu, dass das ökonomische Kapital

allen anderen Kapitalarten zugrunde liegt.

Zweitens offenbart sich die noch immer dominante Position der rechtswissenschaftlichen

Fakultät deutlich, in der die Doktorandinnen und Doktoranden über das höchste kulturelle und

ökonomische Kapital verfügen. Damit habe ich gezeigt – entsprechend der Vermutungen von

Bourdieu, Boltanski und de Saint Martin (1981: 32, 40-41) – dass die juristischen Fakultäten,

die bereits früher eine Sonderstellung unter den Universitätsfakultäten besaßen, ihre Position

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

106

haben bewahren können. Auch ist der von Bourdieu, Boltanski und de Saint Martin

prognostizierte Bedeutungsverlust der ingenieurwissenschaftlichen Fakultäten ausgeblieben.

Bourdieu hat für das französische Universitätsfeld beobachtet, „dass die charakteristischen

Eigenschaften der herrschenden Fraktionen der herrschenden Klasse in dem Maße zunehmen,

wie man von den naturwissenschaftlichen Fakultäten zu den philosophischen Fakultäten und

von diesen zu den rechtswissenschaftlichen und medizinischen Fakultäten übergeht“

(Bourdieu 1988: 85). In Deutschland hingegen bildet die philosophische Fakultät (wo sich die

zwei schwächsten Fachbereiche Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften befinden)

vor den Naturwissenschaften das Schlusslicht. Ansonsten scheinen dieselben

Hierarchiemuster zu gelten.

Drittens zeigt sich die Zweiteilung der Fächerstruktur. Damit nähern wir uns wieder der

anfänglichen Fragestellung nach den ambivalenten Ergebnissen über die soziale Herkunft von

Doktorandinnen und Doktoranden. Zur Erinnerung: Während Enders und Bornmann der

Promotionsphase eine vergleichsweise hohe soziale Offenheit zuschreiben, kommt Hartmann

zu dem Schluss, dass „sich die Promotion selbst bereits als sozial sehr selektiv erweist“

(Hartmann 2002: 366f.). Anhand der herausgearbeiteten Hierarchie der Fächer lassen sich

diese Befunde erklären. Denn beide Aussagen treffen zu: Betrachtet man nur die Fächer der

Rechts-, Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften, Fächer mit denen privilegierte

Positionen verbunden sind, so finden wir hoch selektive Ausschlussmechanismen. Erweitert

man jedoch die Betrachtung von Doktorandinnen und Doktoranden auf alle Fachbereiche,

zeigt sich eine „relative“ soziale Offenheit der Promotion.

Zwar haben auch Enders und Bornmann das Phänomen der internen Gliederung der

Promotionsfachbereiche implizit registriert, diesem aber keine weitere Beachtung geschenkt.

Während sie zunächst schreiben:

„Für einige Fächer (Biologie, Germanistik, Sozialwissenschaften) beobachten wir im Kohortenvergleich

eine soziale Öffnung gegenüber einem bildungsferneren Herkunftsmilieu, für andere eher eine soziale

Schließung (Elektrotechniker, Mathematiker, Wirtschaftswissenschaftler). Wenn man annimmt, dass sich

in der Selektion nach Herkunftsmilieu auch Unterschiede im antizipierten Prestige und Sozialstatus eines

Faches widerspiegeln, mag man auch von einem relativen Auf- bzw. Abstieg in der Hierarchie der Fächer

sprechen“ (Enders & Bornmann 2001: 86).

Relativieren sie im direkten Anschluss ihre Befunde. Sie gelangen zu dem Ergebnis:

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5. Promovierende und die Illusion der Chancengleichheit

107

„Für die Gestalt der Dissertationsphase (Finanzierung, Verankerung im Wissenschaftsbetrieb etc.) und ihre

Erträge (Publikationshäufigkeiten, Promotionsnoten etc.) verliert die soziale Herkunft aber ebenso an

Gewicht wie für die weitere wissenschaftliche Orientierung der Promovierten auf eine Habilitation“

(Enders & Bornmann 2001: 86).

Diese Aussage widerlegt die vorliegende Arbeit. Wie gezeigt, manifestiert sich die soziale

Ungleichheit im Promotionswesen in der Eliminierung der sozial schwachen Schichten und

einem Abdrängen der weniger Privilegierten auf weniger „produktive“ Fachbereiche. Die

Nivellierung der Promotionsphase ermöglicht keine Chancengleichheit, sondern verdeckt

lediglich die bestehenden sozialen Kämpfe.

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Kapitel 6

Die Promotion: Ein Reproduktionsmechanismus von sozialer Ungleichheit

In diesem Kapitel sollen die zentralen Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst

werden. Hierbei dienen die im dritten Kapitel erarbeiteten Thesen als Struktur. Zugleich gilt

es aber auch, Perspektiven anzudeuten, die für weitere Analysen im Anschluss an die hier

vorgelegten Befunde zur Reproduktion sozialer Ungleichheiten in modernen Gesellschaften

von Belang sein könnten: Die Überlegungen zur sozialen Herkunft von Doktorandinnen und

Doktoranden finden so ihren Abschluss.

1. Eine Promotion ist mit einer besonderen Privilegierung in den Berufschancen verbunden.

Das heißt, die Promotion ist nicht in den Sog der allgemeinen Ausweitung und Abwertung von

Bildungstiteln geraten, sondern hat seine traditionell herausragende Stellung im deutschen

Bildungssystem bewahren können.

Die Erkenntnis, dass der Doktortitel nicht der allgegenwärtigen „Inflation von

Bildungsabschlüssen“ unterliegt wurde im vierten Kapitel zusammengetragen. Anhand der

strukturellen und quantitativen Entwicklung der Promotionsprüfungen wurde gezeigt, dass –

obwohl immer mehr Hochschulabsolventen die Universität verlassen – die Anzahl der

Promovierenden nur marginal ansteigt. Während also die Hochschulbildung den Charakter

eines exklusiven Gutes längst verloren hat, ist es der Promotion gewissermaßen gelungen ihre

Exklusivität weiter zu steigern. Diese Entwicklung veränderte die Promotionsmotive von

potentiellen Doktorandinnen und Doktoranden nachhaltig: Während traditionell die

Aufnahme in die „wissenschaftliche Profession“ als vornehmliches Ziel und eigentliche

Aufgabe postgraduierter Bildung galten, steht heute die Qualifizierung für den

außeruniversitären Arbeitsmarkt im Zentrum der Bemühungen.

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6. Die Promotion: Ein Reproduktionsmechanismus von sozialer Ungleichheit

110

Die empirische Sozialforschung hat aufgezeigt, dass sich die große Mehrheit der

Promovierten auf hoch qualifizierten, gut bezahlten Vollzeitpositionen platzieren konnte. Ein

Doktortitel – so zeigen die Ergebnisse - ist besonders geeignet den Zugang zu

gesellschaftlichen Spitzenpositionen zu ermöglichen. Denn obwohl Promovierte nur einen

sehr kleinen Anteil der Hochschulabsolventen stellen, sind sie weit überproportional unter den

Mitgliedern der Elite vertreten. Neben der Wissenschaft, in der ein Doktortitel unverzichtbar

ist, gilt dies insbesondere für die Wirtschaft, wo knapp die Hälfte der Topmanager promoviert

hat, für die höhere Justiz und für die Politik.

2. Die Wahrscheinlichkeit einen Doktortitel zu „erwerben“ beruht nicht auf der individuellen

Leistungsfähigkeit oder persönlichen Qualifikation, sondern wird maßgeblich durch die

ökonomischen, sozialen und kulturellen Bedingungen des Elternhauses determiniert. Das

heißt, die Promotion muss als ein Mechanismus zur Reproduktion sozialer Ungleichheiten

verstanden werden.

Die im fünften Kapitel herausgearbeiteten Ergebnisse zur sozialen Selektivität einer

Promotion verweisen auf deutliche Grenzen einer vermeintlich meritokratischen Gesellschaft.

Genetische Intelligenz und die schulische Vermittlung von Fertigkeiten spielen eine

untergeordnete Rolle bei dem Erwerb exklusiver Bildungstitel und der damit verbundenen

Besetzung gesellschaftlicher Spitzenpositionen. Stattdessen produziert das Bildungssystem

eine „Illusion der Chancengleichheit“ und ermöglicht auf diese Weise die Reproduktion

bestehender sozialer Ungleichheiten. Da das Bildungssystem prinzipiell jedem Studenten die

gleichen Chancen einräumt und es eine Vielzahl von Personen gibt, die ohne die „richtige“

Herkunft auf eine erfolgreiche Promotion verweisen können, ist die statistisch beobachtbare

Selektivität bei der Reproduktion der herrschenden Klasse oberflächlich nicht zu erkennen.

Dieser zweite Befund kann kaum treffender belegt werden, als anhand der Verteilung des

kulturellen und ökonomischen Kapitals von Promovierenden. Die Ergebnisse der empirischen

Untersuchung zeigen unmissverständlich, dass die befragten Doktorandinnen und

Doktoranden aus sozial stark privilegierten Verhältnissen stammen. Meine Untersuchung hat

gezeigt, dass Promovierende von Hause aus ein weit überdurchschnittlich hohes kulturelles

Kapital mitbringen. Unter diesen Bedingungen lässt sich eine deutliche Bildungsvererbung

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6. Die Promotion: Ein Reproduktionsmechanismus von sozialer Ungleichheit

111

bestimmen. Gleichzeitig steht Doktorandinnen und Doktoranden ein außerordentlich hohes

ökonomisches Kapital zur Verfügung. Etwa die Hälfte der Befragten gehört nach eigenen

Angaben zu dem reichsten einem Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung. Gerade im

Hinblick auf die prekäre Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses wirkt die Exklusion

sozial schwächerer Schichten über die finanzielle Unsicherheit während der Promotionsphase.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Promovierende aus äußerst privilegierten sozialen

Verhältnissen stammen. Die Reproduktion sozialer Ungleichheit – wie sie im gesamten

Bildungswesen zu beobachten ist – findet gleichermaßen im Zugang zum Doktortitel statt.

3. Die Ungleichheit der Bildungschancen manifestiert sich in der Einschränkung der Studien-

bzw. Promotionsfachwahl. Das heißt, die soziale Herkunft beeinflusst nicht nur die

Entscheidung zur Promotion, sonder prägt auch die Wahl für eine bestimmte

Studienfachrichtung.

Bourdieu und Passeron (1971) haben kritisiert, dass nur selten die verborgenen

Mechanismen der Macht zur Kenntnis genommen werden, in denen sich die Ungleichheiten

der Bildungschancen manifestieren: Im universitären Feld zählt hierzu zweifellos das

„Abdrängen“ der Kinder aus den unteren und mittleren Klassen auf bestimmte Fakultäten.

Mit der Aufnahme dieser Fragestellung wurde versucht die verborgenen Relationen zwischen

den Fachbereichen bei Promovierenden aufzudecken. Die Arbeitsmarkt- und

Absolventenforschung hat bekanntlich seit längerem gezeigt, dass mit der Fachzugehörigkeit

deutlich unterschiedliche Chancen auf den Arbeitsmärkten bestehen.

Anhand der Promotionsmotive und der Karriereplanung ist es zunächst gelungen, eine

fachspezifische Zweiteilung der Disziplinen systematisch aufzudecken: In den

Naturwissenschaften, den Rechtswissenschaften, den Ingenieurswissenschaften und den

Wirtschaftswissenschaften sind die Promotionsabsichten extrinsischer Natur. Während die

Naturwissenschaftler vor allem den Zwang zur Promotion als eigentlichen

berufsqualifizierenden Hochschulabschluss hervorheben, spekulieren Ingenieure, Juristen und

Wirtschaftswissenschaftler auf positive Karrierevorteile im außeruniversitären Bereich.

Geistes- und Sozialwissenschaftler betonen stärker ihre intrinsische Motivation.

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6. Die Promotion: Ein Reproduktionsmechanismus von sozialer Ungleichheit

112

Die mit der Fachwahl verbundene Strukturierung der befragten Gruppe zeigt sich endgültig,

wenn die zukünftige soziale Positionierung von Doktorandinnen und Doktoranden zur

Disposition steht. Während die promovierenden Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaftler

einen Verbleib im wissenschaftlichen Betrieb erwägen, streben Doktorandinnen und

Doktoranden in den Rechts-, Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften eine vermeintlich

lukrative Position außerhalb der Forschungsgemeinschaft an.

Eine so deutliche Dichotomie zwischen den Promotionsfachbereichen wurde bei der

Konzeption der Befragung keineswegs erwartet und erforderte eine Ausweitung des

gewählten Fokus. Bemerkenswerte Befunde lieferte die Analyse der sozialen Herkunft von

Promovierenden nach Fachbereichen: So rekrutieren die Rechts-, Wirtschafts- und

Ingenieurswissenschaften ihre Doktorandinnen und Doktoranden aus sozial stärkeren

Schichten, während die Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften und

Naturwissenschaften den weniger Privilegierten vorbehalten bleiben.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Zweiteilung in Rechts-, Wirtschafts- und

Ingenieurswissenschaften versus Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften offenbart den

zugrunde liegenden Reproduktionsmechanismus sozialer Ungleichheit auf der Ebene der

höchsten Bildungstitel. Damit löst sich aber auch der eingangs formulierte Widerspruch zur

sozialen Herkunft von Doktorandinnen und Doktoranden auf. Denn während Hartmann,

welcher für die Promotion eine sehr hohe soziale Selektivität beobachtet, nur eben jene

doppelt privilegierten Fächer der Rechts-, Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften

untersuchte, beziehen sich die Befunde von Enders und Bornmann zugleich auf privilegierte

und weniger privilegierte Fächer. So erklärt sich auch die von ihnen diagnostizierte

vergleichsweise hohe soziale Offenheit.

4. Die soziale Ungleichheit im Zugang zur Promotion wird in besonderem Maße durch das

soziale Kapital im wissenschaftlichen Feld reguliert. Das heißt, ökonomisches und kulturelles

Kapital reichen alleine nicht aus, um den Zugang zur Promotion zu gewährleisten.

Anhand der ausführlichen Darstellung der persönlichen Kontakte zwischen den befragten

Doktorandinnen und Doktoranden zu den Professoren und Professorinnen wurde die

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6. Die Promotion: Ein Reproduktionsmechanismus von sozialer Ungleichheit

113

Bedeutung von sozialem Kapital für die Aufnahme in das wissenschaftliche Feld

herausgearbeitet. Die im fünften Kapitel dargestellten Sachverhalte zeigen, dass

Promovierende bereits während des Studiums begonnen haben, soziales Kapital zu

akkumulieren. Tätigkeiten als studentische Hilfskraft und die Leitung von Tutoraten oder

Forschungspraktika sind also als „Strategien sozialer Investitionen“ im wissenschaftlichen

Feld zu verstehen. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass inkorporiertes soziales Kapital im

wissenschaftlichen Feld ein entscheidendes Kriterium für die Aufnahme in das

Promotionswesen darstellt. Denn während die meisten Studenten über das nötige kulturelle

und ökonomische Kapital verfügen, können nur sehr wenige Studierende einen so

ausgeprägten Kontakt zu Professorinnen und Professoren vorweisen wie künftige

Doktorandinnen und Doktoranden. Dabei handelt es sich aber – so meine These – um den

vermeintlich subtilsten Reproduktionsmechanismus sozialer Ungleichheit, da bei der

Generierung sozialen Kapitals Studierende sukzessive mit entsprechend „privilegiertem“

Habitus bevorzugt werden. Die Tatsache, dass die meisten studentischen Beschäftigten in

sehr privilegierten Akademikerhaushalten aufgewachsen sind, lässt vermuten, dass bei der

Rekrutierung der Habitus als unausgesprochenes Auslesekriterium fungiert.

Diese Befunde bringen methodologische Anforderungen mit sich: Denn eine Untersuchung

über die soziale Herkunft von Promovierenden ist – wie im dritten und vierten Kapitel

hergeleitet wurde - sinnvoller Weise anhand von Pierre Bourdieus (Feld-)Theorie zu führen.

Das heißt, es gilt die Zwänge und Regeln des wissenschaftlichen Feldes in die Analyse von

Doktorandinnen und Doktoranden mit aufzunehmen. Nur so können die Mechanismen und

Strategien zur Reproduktion der sozialen Ungleichheit zwischen verschiedenen

Klassenformationen aufgedeckt, beschrieben und nivelliert werden.

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Wissenschaftsrat (1982): Zur Problematik befristeter Arbeitsverhältnisse mit

wissenschaftlichen Mitarbeitern. Forschung mit Mitteln Dritter an den Hochschulen, Köln:

Wissenschaftsrat.

Wissenschaftsrat (1988): Empfehlungen des Wissenschaftsrates zu den Perspektiven der

Hochschulen in den 90er Jahren, Köln: Wissenschaftsrat.

Wissenschaftsrat (2001a): Personalstruktur und Qualifizierung: Empfehlungen zur

Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Köln: Wissenschaftsrat.

Wissenschaftsrat (2001b): Entwicklungen der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990-

1998, Köln: Wissenschaftsrat.

Wissenschaftsrat (2002): Empfehlungen zur Doktorandenausbildung, Köln:

Wissenschaftsrat.

Wissenschaftsrat (2005): Entwicklungen der Studienfachdauer an Universitäten von 1999-

2003, Köln: Wissenschaftsrat.

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Anhang Tabelle 1: Liste der Promotionsfächer

Volkswirtschaftslehre Psychologie Politikwissenschaft

Biologie Physik Astronomie Soziologie Geschichte Mathematik Biochemie Philosophie Chemie Griechisch Wirtschaftsgeschichte Musikwissenschaft

Kunstgeschichte Sozialwissenschaften Bauingenieurwesen Pharmazeutische Technologie Biotechnologie Kristallographie

Meteorologie Veterinärmedizin Ang. Wissenschaft Metallurgie Werkstofftechnik Werkstoffwissenschaft

Neurosciences Theologie Amerikanistik Anglistik Islamwissenschaft Slawistik

Stadt- & Regionalplanung Haushaltstechnik Archäologie Kulturwissenschaft Architektur Medizin

Virologie Wirtschaftingenieur Pflanzenernährung Maschinenbau Fertigungstechnik Produktionstechnik

Umweltgeschichte Verkehrssysteme Maschinensysteme Kommunikationssysteme Elektrotechnik Restaurationswissenschaft Lebensmittelingenieur Lasertechnik Prozesswissenschaft

Luft- & Raumfahrttechnik Medienwissenschaft Romanistik Meereskunde Meeresbiologie Marine Biogeochemie

Kulturwissenschaft Ozeanographie Geowissenschaft Arbeitswissenschaft Mikrosystemtechnik Computerlinguistik

Holztechnik Demographie Informationsrecht Forstwissenschaft Geographie Informatik

Geologie Ethnologie Jura Logistik Betriebswirtschaftslehre Mineralogie

Umweltwissenschaften Erziehungswissenschaften Pharmazie Gesellschaftswissenschaften Wirtschaftswissenschaften Bioingenieur

Chemieingenieur Südostasienkunde Literaturwissenschaft Linguistik Germanistik Agrarwissenschaften

Sportwissenschaften Statistik Theaterwissenschaften

Tabelle 2: Stellen für wissenschaftliches Personal an Universitäten (ohne Medizin) 1960-

1990 (absolute Zahlen, in Tausend).

Jahr Professoren Assistenten Anderes wiss. Personal

Insgesamt

1960 5,2 5,8 2,0 13, 0 1965 8,7 13,0 5,3 27,0 1970 12,5 17,4 8,8 38,9 1975 20,6 18,8 14,6 54,3 1980 21,4 15,1 18,1 55,5 1985 20,9 3,5 28,6 53,0 1990 19,8 - 34,7 53,9

Quelle: Endres (1996: 63).

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Anhang

128

Tabelle 3: Hauptberuflich tätiges wissenschaftliches Personal, Habilitationen und

Doktorprüfungen an Universitäten (ohne Medizin) 1960 – 1990 (absolute Zahlen,

Veränderungen in Prozent).

Jahr Professoren Nicht-professorale Wissenschaftler

Habilitationen Doktorprüfungen

1960 3.939 6.008 287 3.484 1970 11.545 30.829 613 5.176 1975 14.893 37.680 692 6.113 1980 16.877 41.083 695 5.906 1985 18.377 44.055 630 6.977 1990

1960 – 1990 18.802 (+377 %)

54.513 (+807%)

658 (+129 %)

9.160 (+ 165 %)

Quelle: Endres (1996: 64).

Tabelle 4: Publikationstätigkeit während der Promotion nach Promotionsfachbereichen (in Prozent)

Sozial- wiss.

Rechts-wiss.

Wirts.- wiss.

Ingenieurs-wiss.

Geisteswiss. Mathe u. Naturwiss.

Publiziert nicht

25,0 53,5 41,8 21,7 37,l 33,4

Publiziert

75,0 46,5 58,2 78,3 62,9 66,6

Insgesamt

n=

100

216

100 71

100

153

100

129

100

321

100

859

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Anhang

129

Tabelle 5: Berufliche Stellung des Vaters nach Promotionsfachbereichen (in Prozent)

Sozial- wiss.

Rechts-wiss.

Wirtschafts- wiss.

Ingenieurs-wiss.

Geistes-wiss.

Mathe u. Naturwiss.

Selbstständige

21,0 15,5 20,1 19,1 13,1 17,3

Beamte

28,5 32,4 26,2 26,0 30,4 23,5

Beamte im höheren Dienst

15,4 21,1 13,4 16,0 12,8 9,2

Beamte im gehobenen Dienst

7,9 9,9 8,1 6,1 13,1 11,0

Beamte im mittleren und

einfachen Dienst 5,1 1,4 4,7 3,8 4,5 3,3

Angestellte 38,3 43,7 43,0 41,2 43,9 50,6

Angestellte mit umfassenden

Führungsaufgaben

18,7 23,9 22,8 22,1 17,9 21,7

Angestellte mit qualifizierenden

Aufgaben

16,8 18,3 19,5 18,3 24,4 25,6

Angestellte mit einfachen Tätigkeiten

2,8 1,4 0,7 0,8 1,6 3,3

Arbeiter

11,1 4,2 10,7 10,7 11,2 7,4

Nicht erwerbstätig

0,9 4,2 - 3,1 1,3 1,2

Gesamt

n=

100

214

100 71

100

149

100

131

100

312

100

851 Frage 55: Was ist bzw. war die überwiegende berufliche Stellung Ihres Vaters?

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Tabelle 6: Finanzierung des Lebensunterhaltes während des Studiums, Häufigkeiten der Nennung in Prozent (Mehrfachnennungen)

Zahl der Nennung % der Fallzahl Mittel der Eltern 1415 76,2 Universitäre Tätigkeit (HiWi, Tutorate etc.) 835 45,0 Erwerbstätigkeit außerhalb der Hochschule 678 36,5 BAföG 484 26,1 Andere Stipendiengeber 103 5,5 Mittel von Verwandten 67 3,6 Studienstiftung des deutschen Volkes 50 2,7 Parteinahe, gewerkschaftliche oder konfessionelle Stiftung 47 2,5 Bildungskredit 42 2,3 Mittel des (Ehe-)Partners 36 1,9 Sonstiges 25 1,4 Zahl der Nennungen insgesamt 3709 n=1819 Frage 39: Welcher der unten genannten Finanzierungswege sichert Ihnen während der Studienphase in der Hauptsache den Lebensunterhalt? Tabelle 7: Einfluss des jetzigen Promotionsbetreuers im Studium

Häufigkeit Prozent Gültige Prozente

Kumulierte Prozente

Gültig Einfluss 644 35,3 37,6 37,6 Kein

Einfluss 1067 58,6 62,4 100,0

Gesamt 1711 93,9 100,0 Fehlend Keine

Angabe 109 6,0

System 2 ,1 Gesamt 111 6,1 Gesamt 1822 100,0 Frage 37: Würden Sie sagen, dass Ihr Doktorvater/Ihre Doktormutter im Studium eine wichtige Orientierung oder einen entscheidenden Einfluss für Ihre Studienorientierung und den weiteren Verlauf Ihres Studiums hatte?

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Anhang

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Abbildung 14: Durchschnittliche Wochenarbeitszeit für die Dissertation

Mathematik und Natur

Sprach- und Kulturwi

Ingenieurswissenscha

Wirtschaftswissensch

Rechtswissenschaften

Sozialwissenschaften

Durchschn

ittliche W

ochenarbeitszeit

50

40

30

20

Abbildung 2: Geschätzte Promotionsdauer in Jahren (Mittelwert)

Mathem

atik und Natur

Sprach- und Ku lturwi

Ingen ieurswissenscha

Wirtschaftswissensch

Rechtswissenschaften

Sozia lwissenschaften

4,5

4,0

3,5

3,0

2,5

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Anhang

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Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Institut für Soziologie Befragung von Promovierenden

1. Stellen Sie Ihre Tastatur auf Überschreiben, indem Sie die Taste "Einfg" drücken. Im Fenster Ihrer Textverarbeitung erscheint ganz unten in der Statusleiste "Überschreiben". Dann verschiebt sich der Fragebogen beim Ausfüllen nicht allzu sehr.

2. Füllen Sie den Fragebogen aus, indem Sie ein beliebiges Zeichen zum ankreuzen tippen und Zahlen bzw. Texte in die (Tabellen-)Felder schreiben.

3. Speichern Sie die Datei und senden Sie diese per E-Mail an: [email protected]. Ihre E-Mail Adresse (Absender) wird beim Posteingang vom Fragebogen getrennt, um die Zusendung zu anonymisieren.

1 Vor Studienbeginn

1.1 Über welchen Bildungsweg haben Sie Ihre Studienberechtigung erworben? � Gymnasium � Fachgymnasium � Gesamtschule

� Berufsausbildung mit Abitur � Abendgymnasium, Kolleg � Fachoberschule � anderer, und zwar: ________________________________

1.2 Mit welcher Abschlussnote haben Sie die Hochschulreife abgelegt? (Abitur-)durchschnitt: _ , _

1.3 Bitte geben Sie an, was Sie vor der Aufnahme des Studiums und nach Beendigung der Schulzeit gemacht haben (Mehrfachnennungen möglich) � direkter Übergang von der Schule ins Studium � eine Berufsausbildung / Lehre oder ein Volontariat

� abgeschlossen. Welche? ____________________________________________ � abgebrochen. Welche? ____________________________________________ � in einem Beruf gearbeitet. In welchem?____________________________________________ � ein Praktikum absolviert. In welcher Branche?_______________________________________

Wie lange? ________ Monate � „gejobbt“, ohne unmittelbare Ausbildung � eine Weiterqualifizierungsmaßnahme. Welche ? _____________________________________ � eine Umschulungsmaßnahme. Welche? ___________________________________________ � Bundeswehr, Zivildienst � längerer Auslandsaufenthalt, z.B. als „Au Pair“ in (Land) _______________________________

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Anhang

133

� Sonstiges: _______________________________________________________________________

2 Studienverlauf

2.1 Waren Sie während Ihrer Studienzeit in irgendeiner Form gesellschaftspolitisch tätig oder ehrenamtlich engagiert? (Mehrfachnennungen möglich)

� Nein � Hochschulpolitik ( (U-)ASTA, Gremienarbeit) � Fachschaft � Sport- oder Freizeitvereine � diakonische Arbeit, soziale Arbeit � kirchliche Organisationen � Partei � Weiteres: _________________________________________________________

2.2 Haben Sie während Ihres Studiums als ungeprüfte wissenschaftliche Hilfskraft (HiWi) gearbeitet? Falls ja, wie viele Monate ungefähr?

� Nein � Ja ca. _ _ _ Monate

2.3 Haben Sie im Laufe Ihres Studiums eines oder mehrere Tutorate bzw. Praktika betreut?

� Nein � Ja � Eine Veranstaltung � Zwei Veranstaltungen � Drei Veranstaltungen � Mehr als drei Veranstaltungen

2.4 Welcher der unten genannten Finanzierungswege sicherte Ihnen während der Studienphase in der Hauptsache den Lebensunterhalt? (Mehrfachnennungen möglich)

Beschäftigung an Hochschule oder Forschungseinrichtung

� Wissenschaftliche Hilfskraft � Tutorat/ Praktika Betreuung

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134

Stipendium � Studienstiftung des deutschen Volkes � Parteinahe, gewerkschaftliche oder konfessionelle Stiftung � Andere Stipendiengeber

Externe Finanzierung

� Erwerbstätigkeit außerhalb der Hochschule � Mittel des (Ehe-) Partners � Mittel der Eltern � Mittel von anderen Verwandten (Großeltern etc.) � BAföG � Bildungskredit � Sonstiges

2.5 Wie viel Geld stand Ihnen während Ihres Studiums monatlich durchschnittlich zur Verfügung? ca. _____________ €

3 In den folgenden Tabellen bitten wir Sie, den Verlauf Ihrer Studienzeit wie in einem tabellarischen Lebenslauf zu schildern. Es werden dabei vier Bereiche, Studium, Praktika, Auslandsaufenthalte und Berufstätigkeit getrennt befragt. Bitte versuchen Sie alle wichtigen Abschnitte aufzuführen, auf den genauen Monat kommt es dabei aber nicht an ☺☺☺☺. Die Dauer (von – bis) kann am schnellsten mit vier Ziffern notiert werden: Bspw. Jan 1986 = 01 86

3.1 Studium

von Bis

Monat Jahr Monat Jahr

1. Hauptfach 2. Hauptfach / 1. Nebenfach

2. Nebenfach Name und Ort der Hochschule

3.2 Auslandsaufenthalte über 1 Monat Dauer

von bis

Monat Jahr Monat Jahr

Zweck (bspw. „Studium“, „Sprachkurse“,

„Forschungsprojekt“)

Land

3.3 Praktika

von bis Tätigkeit Firma / Institution/ Organisation

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Anhang

135

von bis

Monat Jahr Monat Jahr

3.4 Berufstätigkeit

von bis

Monat Jahr Monat Jahr

Stunden/ Woche

Tätigkeit Firma / Institution/ Organisation

4 Nun zu Ihrem Universitätsabschluss.

4.1 An welcher Universität haben Sie Ihren Abschluss gemacht?

Name der Universität: ____________________

4.2 In welchen Fächern haben Sie ihren Abschluss gemacht? Diplom: _______________________ Magister:

1. Hauptfach: _______________________ 2. Hauptfach: _______________________ 1. Nebenfach: _______________________ 2. Nebenfach: _______________________

4.3 Wie viele Fach- und Hochschulsemester haben Sie insgesamt studiert? Fachsemester: _ _ Hochschulsemester: _ _

4.4 Wann haben Sie die letzte Prüfung an der Universität abgelegt? Monat: _ _ / _ _ _ _ (Jahr)

4.5 Mit welcher Note wurde Ihre Abschlussarbeit bewertet? Note: _ , _

4.6 Mit welcher Gesamtnote haben Sie Ihr Studium abgeschlossen?

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Anhang

136

Gesamtnote: _ , _

5 Kommen wir nun zu Ihrer Promotion

5.1 In welchem Fachbereich promovieren Sie? Fachbereich: _ _ _ _ _ _ _ _

5.2 Promovieren Sie an derselben Universität an der Sie Ihren Abschluss erworben haben?

� Nein � Ja

5.3 Wann hat die Promotionsphase bei Ihnen begonnen, d.h. wann haben Sie mit der Arbeit an einem bestimmten Thema für Ihre Dissertation begonnen – auch wenn sich in der Folge ein Wechsel des Themas oder Unterbrechungen der Dissertationsarbeiten o.ä. ergeben haben sollten? Monat: _ _ / _ _ _ _ (Jahr)

5.4 Bitte schätzen Sie, wie viele Jahre Sie voraussichtlich für Ihre Promotion benötigen?

Jahre: _ _

5.5 Im Folgenden sind einige mögliche Gründe für die Entscheidung zu promovieren angeführt. Wenn Sie an Ihre Entscheidung zu promovieren zurückdenken, inwieweit trafen diese Gründe damals für Sie persönlich zu?

Traf völlig zu = 1 Traf überhaupt

nicht zu = 6

1 2 3 4 5 6

Interesse an wissenschaftlicher Forschung

Interesse für Methoden, Theorien und Erkenntnisse des Faches

Möglichkeit Fähigkeiten/ Begabungen nachzugehen

Persönliche Entfaltung Verbesserung der späteren

Berufschancen

Bessere Aufstiegschancen im Beruf Verbleib an der Hochschule/ Stadt

Voraussetzung für angestrebten Beruf Bessere Aussichten für sicheren

Arbeitsplatz

Höheres Einkommen im späteren Beruf Nichts anderes kam in Frage

Bessere Orientierung für spätere Berufswahl

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Anhang

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Aus Zufall Promotion ermöglichte

Stelle/Stipendium zur Sicherung des Lebensunterhalts

Zeitgewinn für Zukunftsplanung Keine interessante Anstellung gefunden

Kleinstes Übel

5.6 Wie haben Sie Ihre Promotionsstelle bzw. Ihren Betreuer „gefunden“? (Mehrfachnennungen möglich)

� Durch persönliche Kontakte (weiter mit Frage 5.6) � Selbstständige Suche/ Auf direkte Anfrage � Über Stellenangebote

� Über Empfehlungen

� Zufall

� Sonstiges: _ _ _ _ _ _ _

5.7 Falls Sie bereits vor Beginn der Promotionsphase persönlichen Kontakt zu Ihrem Doktorvater/ zu Ihrer Doktormutter hatten, wie kam dieser Zustande? (Mehrfachnennungen möglich)

� Er/Sie hat meine Abschlussarbeit betreut � Ich habe ein Seminar bei ihm/ihr besucht

� Ich habe ein Tutorat/Praktikum für ihn/sie betreut

� Ich habe als wissenschaftliche Hilfskraft für ihn/sie gearbeitet

� Es bestanden private Kontakte

� Sonstiges: _ _ _ _ _ _ _

5.8 Würden Sie sagen, dass Ihr Doktorvater/Ihre Doktormutter im Studium eine wichtige Orientierung oder einen entscheidenden Einfluss für ihre Studienorientierung und den weiteren Verlauf Ihres Studiums hatte?

� Ja Welchen? ___________________________ � Nein

5.9 Wie ist Ihr Promotionsthema entstanden? Würden Sie sagen, dass es größtenteils Ihrem persönlichen Interesse und eigenen Engagement entsprungen ist oder arbeiten Sie an einer Thematik, die Sie quasi als „Auftragsarbeit“ bearbeiten?

� Eigenes Engagement � Auftragsarbeit

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5.10 Welcher der unten genannten Finanzierungswege sichert Ihnen während der Promotionsphase in der Hauptsache den Lebensunterhalt? (Mehrfachnennungen möglich)

Beschäftigung an Hochschule oder Forschungseinrichtung

� Anstellung an einer Hochschule/Forschungseinrichtung � Drittmittelfinanzierte Stelle � Hilfskraft-/Werksverträge

Promotionsstipendium

� Graduiertenförderung � Parteinahe, gewerkschaftliche oder konfessionelle Stiftung � Andere Stipendiengeber

Externe Finanzierung

� Erwerbstätigkeit außerhalb der Hochschule � Mittel des (Ehe-) Partners � Mittel der Eltern � Mittel von anderen Verwandten � Sonstiges

5.11 Wie viele Stunden pro Woche arbeiten Sie durchschnittlich an Ihrer Promotion?

ca. ____Std.

5.12 Arbeiten Sie – abgesehen von der Dissertationsschrift selbst – während Ihrer Promotionsphase an wissenschaftlichen Publikationen? Falls Sie wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht haben, geben Sie bitte die Anzahl der Veröffentlichungen an.

� Nein � Ja

Anzahl der Publikationen: ___

5.13 Planen Sie eine Habilitation bzw. eine wissenschaftliche Karriere?

� Ja � Nein

5.14 Wie viel Geld steht Ihnen durch eigenes Einkommen monatlich zur Verfügung (persönliches Netto-Einkommen)?

ca. _____________ €

5.15 Falls Sie mit einem Lebenspartner oder einer Familie zusammenleben: Wie viel Geld steht dem Haushalt insgesamt monatlich zur Verfügung (Haushalts Netto-Einkommen)?

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Anhang

139

ca. _____________ €

Bitte beachten Sie auch bei diesen für die Studie sehr wichtigen Angaben, dass die Datenspeicherung anonymisiert erfolgt und zusätzlich die ausgewerteten Ergebnisse so zu Gruppen zusammenfasst werden, dass keine Rückschlüsse auf individuelle Personen möglich sind.

6 Zuletzt möchten wir Sie noch um einige allgemeine Angaben zu Ihrer Person und ihren familiären Verhältnissen im Moment der Umfrage und zum Ende Ihrer Studienzeit bitten.

6.1 Sind Sie ... � männlich? � weiblich?

6.2 In welchem Jahr sind Sie geboren? 19 _ _

6.3 Staatsangehörigkeit: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _

6.4 Hatten sie am Ende Ihrer Studienzeit und haben Sie im Moment einen festen Lebenspartner?

Zum Ende Ihrer Studienzeit: � Ja � Nein Im Moment: � Ja � Nein

6.5 War / ist Ihr Lebenspartner berufstätig? Zum Ende Ihrer Studienzeit: Im Moment: Ja, Teilzeitbeschäftigung � �

Ja, vollerwerbstätig � �

Nein � �

6.6 Haben Verwandte von Ihnen promoviert? � Nein � Ja Verwandtschaftsgrad: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _

6.7 Haben Freunde bzw. Bekannte von Ihnen bei Aufnahme Ihrer Promotion ebenfalls promoviert?

� Nein � Ja Wie viele? _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _

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Anhang

140

6.8 Welche berufliche Tätigkeit übten Ihre Eltern aus, als Sie Ihr Studium abschlossen? Beruf des Vaters ___________________________ P unbekannt P war verstorben Beruf der Mutter ___________________________ P unbekannt P war verstorben

6.9 Wie hoch war ungefähr das monatliche Einkommen Ihrer Eltern Einkommen des Vaters ___________________________ P unbekannt Einkommen der Mutter ___________________________ P unbekannt

6.10 Welchen höchsten Schulabschluss haben bzw. hatten Ihre Eltern? Vater Mutter � � Schule beendet ohne Abschluss � � Volks-/ Hauptschulabschluss, Polytechnische Oberschule mit Abschluss 8. oder 9. Klasse � � Mittlere Reife, Realschulabschluss, Polytechnische Oberschule mit Abschluss 10. Klasse � � Fachhochschulreife (Abschluss einer Fachoberschule etc.) � � Abitur bzw. Erweiterte Oberschule mit Abschluss 12. Klasse (Hochschulreife) � Mutter: anderen Schulabschluss und zwar: __________________________ � Vater: anderen Schulabschluss und zwar: ___________________________ � � Unbekannt

6.11 Welchen höchsten beruflichen Abschluss haben bzw. hatten Ihre Eltern? Vater Mutter � � Universität � � Pädagogische Hochschule � � Fachhoch-, Ingenieurschule, Handelsakademie � � Meisterprüfung � � Lehre / Facharbeiter � � kein beruflicher Abschluss � Mutter: anderen beruflichen Abschluss und zwar:________________________________ � Vater: anderen beruflichen Abschluss und zwar:_________________________________ � � Unbekannt

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Anhang

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6.12 Was ist bzw. war die überwiegende berufliche Stellung Ihrer Eltern? Vater Mutter � � Arbeiter/in � � Angestellte/r mit einfacher Tätigkeit � � Angestellte/r mit qualifizierten Aufgaben � � Angestellte/r mit umfassenden Führungsaufgaben � � Beamter/in im einfachen/mittleren Dienst � � Beamter/in im gehobenen Dienst � � Beamter/in im höheren Dienst � � Selbstständige/r � � Akademischer freier Beruf � � Mithelfende/r Familienangehörige/r (im eigenen Betrieb) � � Hausfrau/ Hausmann � � Arbeitslos � � Unbekannt

Herzlichen Dank, dass Sie bereit waren, den Fragebogen auszufüllen. Sollten Sie zusätzlich für ein kurzes Interview (ca. 5-10 Minuten) über Ihre Motivationen und individuellen Hintergründe zur Promotion zur Verfügung stehen, senden Sie bitte eine vom Fragebogen getrennte Email an [email protected]

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