Hoffmann Das Fräulein von Scuderi - Reclam Verlag · 2017. 7. 20. · 3 I n der Straße St....

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Hoffmann Das Fräulein von Scuderi

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  • Hoffmann Das Fräulein von Scuderi

  • Reclam XL Text und Kontext

  • E.T. A. HoffmannDas Fräulein von ScuderiErzählung aus dem ZeitalterLudwig des Vierzehnten

    Herausgegeben von Heike Wirthwein

    Reclam

  • Der Text dieser Ausgabe ist seiten- und zeilengleich mit der Aus-gabe der Universal-Bibliothek Nr. 25. Er wurde auf der Grundlageder gültigen amtlichen Rechtschreibregeln orthographisch behut-sam modernisiert.

    Zu E.T. A. Hoffmanns Das Fräulein von Scuderi gibt es bei Reclam– einen Lektüreschlüssel für Schülerinnen und Schüler (Nr. 15321)– Erläuterungen und Dokumente (Nr. 8142)– eine Interpretation in: E.T. A. Hoffmann: Romane und Erzählun-

    gen in der Reihe »Interpretationen« (Nr. 17526)

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    Reclam XL Text und Kontext Nr. 192302015 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG,Siemensstraße 32, 71254 DitzingenGestaltung: Cornelia Feyll, Friedrich ForssmanDruck und Bindung: Canon Deutschland Business Services GmbH,Siemensstraße 32, 71254 DitzingenPrinted in Germany 2017reclam ist eine eingetragene Markeder Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgartisbn 978-3-15-019230-6

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    Die Texte von Reclam XL sind seiten- und zeilengleichmit den Texten der Universal-Bibliothek.Die Reihe bietet neben dem Text Worterläuterungenin Form von Fußnoten und Sacherläuterungen in Formvon Anmerkungen im Anhang, auf die am Randmit Pfeilen (�) verwiesen wird.

    Die Texte von Reclam XL sind seiten- und zeilengleichmit den Texten der Universal-Bibliothek.Die Reihe bietet neben dem Text Worterläuterungenin Form von Fußnoten und Sacherläuterungen in Formvon Anmerkungen im Anhang, auf die am Randmit Pfeilen (�) verwiesen wird.

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    In der Straße St. Honoré war das kleine Haus gelegen, wel- �ches Magdaleine von Scuderi, bekannt durch ihre anmuti-gen Verse, durch die Gunst Ludwig des XIV. und derMaintenon, bewohnte. �

    Spät um Mitternacht – es mochte im Herbste des Jahres51680 sein – wurde an dieses Haus hart und heftig ange- �schlagen, dass es im ganzen Flur laut widerhallte. – Bap-tiste, der in des Fräuleins kleinem Haushalt Koch, Bedien-ten und Türsteher zugleich vorstellte, war mit Erlaubnisseiner Herrschaft über Land gegangen zur Hochzeit seiner10Schwester, und so kam es, dass die Martiniere, des Fräu- �leins Kammerfrau, allein im Hause noch wachte. Sie hörtedie wiederholten Schläge, es fiel ihr ein, dass Baptiste fort-gegangen, und sie mit dem Fräulein ohne weitern Schutzim Hause geblieben sei; aller Frevel von Einbruch, Dieb-15stahl und Mord, wie er jemals in Paris verübt worden, kamihr in den Sinn, es wurde ihr gewiss, dass irgendein HaufenMeuter, von der Einsamkeit des Hauses unterrichtet, dadraußen tobe, und eingelassen ein böses Vorhaben gegendie Herrschaft ausführen wolle, und so blieb sie in ihrem20Zimmer zitternd und zagend, und den Baptiste verwün-schend samt seiner Schwester Hochzeit. Unterdessen don-nerten die Schläge immer fort, und es war ihr, als rufe eineStimme dazwischen: »So macht doch nur auf um Christuswillen, so macht doch nur auf!« Endlich in steigender25Angst ergriff die Martiniere schnell den Leuchter mit derbrennenden Kerze, und rannte hinaus auf den Flur; da ver-nahm sie ganz deutlich die Stimme des Anpochenden: »UmChristus willen, so macht doch nur auf!« »In der Tat«,dachte die Martiniere, »so spricht doch wohl kein Räuber;30wer weiß, ob nicht gar ein Verfolgter Zuflucht sucht beimeiner Herrschaft, die ja geneigt ist zu jeder Wohltat. Aberlasst uns vorsichtig sein!« – Sie öffnete ein Fenster und riefhinab, wer denn da unten in später Nacht so an der Haus-

    6 f. angeschlagen: angeklopft 9 Türsteher: für die Haustür zustän-diger Bediensteter 9 vorstellte: diese Rolle übernahm 12 Kammer-frau: Bedienstete; zuständig für die persönlichen Belange des Fräu-leins 18 Meuter: hier: Aufrührer, Diebesbanden

  • 4 tür tobe, und alles aus dem Schlafe wecke, indem sie ihrertiefen Stimme so viel Männliches zu geben sich bemühte,als nur möglich. In dem Schimmer der Mondesstrahlen, dieeben durch die finstern Wolken brachen, gewahrte sie einelange, in einen hellgrauen Mantel gewickelte Gestalt, die 5den breiten Hut tief in die Augen gedrückt hatte. Sie riefnun mit lauter Stimme, so, dass es der unten vernehmenkonnte: »Baptiste, Claude, Pierre, steht auf, und seht ein-mal zu, welcher Taugenichts uns das Haus einschlagenwill!« Da sprach es aber mit sanfter, beinahe klagender 10Stimme von unten herauf: »Ach! la Martiniere, ich weiß ja,dass Ihr es seid, liebe Frau, so sehr Ihr Eure Stimme zu ver-stellen trachtet, ich weiß ja, dass Baptiste über Land gegan-gen ist, und Ihr mit Eurer Herrschaft allein im Hause seid.Macht mir nur getrost auf, befürchtet nichts. Ich muss 15durchaus mit Eurem Fräulein sprechen, noch in dieser Mi-nute.« »Wo denkt Ihr hin«, erwiderte die Martiniere, »meinFräulein wollt Ihr sprechen mitten in der Nacht? Wisst Ihrdenn nicht, dass sie längst schläft, und dass ich sie um kei-nen Preis wecken werde aus dem ersten süßesten Schlum- 20mer, dessen sie in ihren Jahren wohl bedarf.« »Ich weiß«,sprach der Untenstehende, »ich weiß, dass Euer Fräuleinsoeben das Manuskript ihres Romans, ›Clelia‹ geheißen,an dem sie rastlos arbeitet, beiseite gelegt hat, und jetztnoch einige Verse aufschreibt, die sie morgen bei der Mar- 25quise de Maintenon vorzulesen gedenkt. Ich beschwöreEuch, Frau Martiniere, habt die Barmherzigkeit, und öffnetmir die Türe. Wisst, dass es darauf ankommt, einen Un-glücklichen vom Verderben zu retten, wisst, dass Ehre,Freiheit, ja das Leben eines Menschen abhängt von diesem 30Augenblick, in dem ich Euer Fräulein sprechen muss. Be-denkt, dass Eurer Gebieterin Zorn ewig auf Euch lastenwürde, wenn sie erführe, dass Ihr es waret, die den Un-glücklichen, welcher kam, ihre Hülfe zu erflehen, harther-zig von der Türe wieset.« »Aber warum sprecht Ihr denn 35meines Fräuleins Mitleid an in dieser ungewöhnlichenStunde, kommt morgen zu guter Zeit wieder«, so sprach

    23 Clelia: erfolgreicher Roman der Scudery, erschien 1654–60 in zehnBänden 25 f. Marquise de Maintenon: vgl. Anm. zu 3,4

  • 5die Martiniere herab; da erwiderte der unten: »Kehrt sichdenn das Schicksal, wenn es verderbend wie der tötendeBlitz einschlägt, an Zeit und Stunde? Darf, wenn nur einAugenblick Rettung noch möglich ist, die Hülfe aufgescho-ben werden? Öffnet mir die Türe, fürchtet doch nur nichts5von einem Elenden, der schutzlos, verlassen von aller Welt,verfolgt, bedrängt von einem ungeheuern Geschick EuerFräulein um Rettung anflehen will aus drohender Gefahr!«Die Martiniere vernahm, wie der Untenstehende bei diesenWorten vor tiefem Schmerz stöhnte und schluchzte; dabei10war der Ton von seiner Stimme der eines Jünglings, sanftund eindringend tief in die Brust. Sie fühlte sich im Inners-ten bewegt, ohne sich weiter lange zu besinnen, holte siedie Schlüssel herbei.

    Sowie sie die Türe kaum geöffnet, drängte sich ungestüm15die im Mantel gehüllte Gestalt hinein und rief, der Marti-niere vorbeischreitend in den Flur, mit wilder Stimme:»Führt mich zu Euerm Fräulein!« Erschrocken hob dieMartiniere den Leuchter in die Höhe, und der Kerzen-schimmer fiel in ein todbleiches, furchtbar entstelltes Jüng-20lingsantlitz. Vor Schrecken hätte die Martiniere zu Bodensinken mögen, als nun der Mensch den Mantel auseinander-schlug, und der blanke Griff eines Stiletts aus dem Brust-latz hervorragte. Es blitzte der Mensch sie an mit funkeln-den Augen und rief noch wilder als zuvor: »Führt mich zu25Euerm Fräulein, sage ich Euch!« Nun sah die Martiniereihr Fräulein in der dringendsten Gefahr, alle Liebe zu derteuren Herrschaft, in der sie zugleich die fromme, treueMutter ehrte, flammte stärker auf im Innern, und erzeugteeinen Mut, dessen sie wohl selbst sich nicht fähig geglaubt30hätte. Sie warf die Türe ihres Gemachs, die sie offen gelas-sen, schnell zu, trat vor dieselbe und sprach stark und fest:»In der Tat, Euer tolles Betragen hier im Hause passtschlecht zu Euern kläglichen Worten da draußen, die, wieich nun wohl merke, mein Mitleiden sehr zu unrechter Zeit35erweckt haben. Mein Fräulein sollt und werdet Ihr jetztnicht sprechen. Habt Ihr nichts Böses im Sinn, dürft Ihr

    20 f. Jünglingsantlitz: Gesicht eines jungen Mannes 23 Stiletts:Stilett: ital. kleiner Dolch

  • 6 den Tag nicht scheuen, so kommt morgen wieder, undbringt Eure Sache an! – jetzt schert Euch aus dem Hause!«Der Mensch stieß einen dumpfen Seufzer aus, blickte dieMartiniere starr an mit entsetzlichem Blick, und griff nachdem Stilett. Die Martiniere befahl im Stillen ihre Seele dem 5Herrn, doch blieb sie standhaft, und sah dem Menschenkeck ins Auge, indem sie sich fester an die Türe des Ge-machs drückte, durch welches der Mensch gehen musste,um zu dem Fräulein zu gelangen. »Lasst mich zu EuermFräulein, sage ich Euch«, rief der Mensch nochmals. »Tut 10was Ihr wollt«, erwiderte die Martiniere, »ich weiche nichtvon diesem Platz, vollendet nur die böse Tat, die Ihr be-gonnen, auch Ihr werdet den schmachvollen Tod finden aufdem Greveplatz, wie Eure verruchten Spießgesellen.«»Ha«, schrie der Mensch auf, »Ihr habt Recht, la Marti- 15niere! ich sehe aus, ich bin bewaffnet wie ein verruchterRäuber und Mörder, aber meine Spießgesellen sind nichtgerichtet, sind nicht gerichtet!« – Und damit zog er, giftigeBlicke schießend, auf die zum Tode geängstete Frau, dasStilett heraus. »Jesus!«, rief sie, den Todesstoß erwartend, 20aber in dem Augenblick ließ sich auf der Straße das Geklirrvon Waffen, der Huftritt von Pferden hören. »Die Mare-chaussee – die Marechaussee. Hülfe, Hülfe!«, schrie dieMartiniere. »Entsetzliches Weib, du willst mein Verderben– nun ist alles aus, alles aus! nimm! – nimm; gib das dem 25Fräulein heute noch – morgen wenn du willst« – dies leisemurmelnd hatte der Mensch der Martiniere den Leuchterweggerissen, die Kerzen verlöscht und ihr ein Kästchen indie Hände gedrückt. »Um deiner Seligkeit willen, gib dasKästchen dem Fräulein«, rief der Mensch und sprang zum 30Hause hinaus. Die Martiniere war zu Boden gesunken, mitMühe stand sie auf, und tappte sich in der Finsternis zu-rück in ihr Gemach, wo sie ganz erschöpft, keines Lautesmächtig, in den Lehnstuhl sank. Nun hörte sie die Schlüsselklirren, die sie im Schloss der Haustüre hatte stecken las- 35sen. Das Haus wurde zugeschlossen und leise unsichereTritte nahten sich dem Gemach. Fest gebannt, ohne Kraft

    5 f. befahl … ihre Seele dem Herrn: hier: ergab sich in ihr Schicksal(sie fürchtet umgebracht zu werden) 7 keck: hier: mutig, frech14 Greveplatz: öffentlicher Hinrichtungsplatz (vgl. Stadtplan, Abb. 6,S. 89) 14 Spießgesellen: abwertend für Mittäter, Komplizen22 f. Marechaussee: berittene Polizei

  • 7sich zu regen, erwartete sie das Grässliche; doch wie ge-schah ihr, als die Türe aufging und sie bei dem Scheine derNachtlampe auf den ersten Blick den ehrlichen Baptiste er-kannte; der sah leichenblass aus und ganz verstört. »Um al-ler Heiligen willen«, fing er an, »um aller Heiligen willen,5sagt mir Frau Martiniere, was ist geschehen? Ach dieAngst! die Angst! – Ich weiß nicht was es war, aber fortge-trieben hat es mich von der Hochzeit gestern Abend mitGewalt! – Und nun komme ich in die Straße. Frau Marti-niere, denk ich, hat einen leisen Schlaf, die wird’s wohl hö-10ren, wenn ich leise und säuberlich anpoche an die Haustüre,und mich hineinlassen. Da kommt mir eine starke Patrouil-le entgegen, Reuter, Fußvolk bis an die Zähne bewaffnet,und hält mich an und will mich nicht fortlassen. Aber zumGlück ist Desgrais dabei, der Marechaussee-Lieutenant, der15mich recht gut kennt; der spricht, als sie mir die Laterneunter die Nase halten: ›Ei Baptiste, wo kommst du her desWegs in der Nacht? Du musst fein im Hause bleiben und eshüten. Hier ist es nicht geheuer, wir denken noch in dieserNacht einen guten Fang zu machen.‹ Ihr glaubt gar nicht,20Frau Martiniere, wie mir diese Worte aufs Herz fielen. Undnun trete ich auf die Schwelle, und da stürzt ein verhüllterMensch aus dem Hause, das blanke Stilett in der Faust, undrennt mich um und um – das Haus ist offen, die Schlüsselstecken im Schlosse – sagt, was hat das alles zu bedeuten?«25Die Martiniere, von ihrer Todesangst befreit, erzählte, wiesich alles begeben. Beide, sie und Baptiste, gingen in denHausflur, sie fanden den Leuchter auf dem Boden, wo derfremde Mensch ihn im Entfliehen hingeworfen. »Es ist nurzu gewiss«, sprach Baptiste, dass unser Fräulein beraubt30und wohl gar ermordet werden sollte. Der Mensch wusste,wie Ihr erzählt, dass Ihr allein wart mit dem Fräulein, ja so-gar, dass sie noch wachte bei ihren Schriften; gewiss war eseiner von den verfluchten Gaunern und Spitzbuben, die bisins Innere der Häuser dringen, alles listig auskundschaf-35tend, was ihnen zur Ausführung ihrer teuflischen Anschlä-ge dienlich. Und das kleine Kästchen, Frau Martiniere, das,

    12 f. Patrouille: Polizeistreife 13 Reuter: Reiter, berittene Soldaten34 Spitzbuben: geschickten Betrügern, Dieben

  • 8 denk ich, werfen wir in die Seine, wo sie am tiefsten ist.Wer steht uns dafür, dass nicht irgendein verruchter Un-hold unserm guten Fräulein nach dem Leben trachtet, dasssie, das Kästchen öffnend, nicht tot niedersinkt, wie der alteMarquis von Tournay, als er den Brief aufmachte, den er 5�von unbekannter Hand erhalten!« – Lange ratschlagend,beschlossen die Getreuen endlich, dem Fräulein am andernMorgen alles zu erzählen und ihr auch das geheimnisvolleKästchen einzuhändigen, das ja mit gehöriger Vorsicht ge-öffnet werden könne. Beide, erwägten sie genau jeden Um- 10stand der Erscheinung des verdächtigen Fremden, meinten,dass wohl ein besonderes Geheimnis im Spiele sein könne,über das sie eigenmächtig nicht schalten dürften, sonderndie Enthüllung ihrer Herrschaft überlassen müssten. –

    Baptistes Besorgnisse hatten ihren guten Grund. Gerade 15zu der Zeit war Paris der Schauplatz der verruchtesten�Greueltaten, gerade zu der Zeit bot die teuflischste Erfin-dung der Hölle die leichtesten Mittel dazu dar.

    G l a s e r , ein teutscher Apotheker, der beste Chemiker�seiner Zeit, beschäftigte sich, wie es bei Leuten von seiner 20Wissenschaft wohl zu geschehen pflegt, mit alchymisti-�schen Versuchen. Er hatte es darauf abgesehen, den Steinder Weisen zu finden. Ihm gesellte sich ein Italiener zu, na-mens E x i l i . Diesem diente aber die Goldmacherkunst nur�zum Vorwande. Nur das Mischen, Kochen, Sublimieren 25der Giftstoffe, in denen Glaser sein Heil zu finden hoffte,wollt er erlernen, und es gelang ihm endlich, jenes feineGift zu bereiten, das ohne Geruch, ohne Geschmack, ent-weder auf der Stelle oder langsam tötend, durchaus keineSpur im menschlichen Körper zurücklässt, und alle Kunst, 30alle Wissenschaft der Ärzte täuscht, die, den Giftmordnicht ahnend, den Tod einer natürlichen Ursache zuschrei-ben müssen. So vorsichtig Exili auch zu Werke ging, sokam er doch in den Verdacht des Giftverkaufs, und wurdenach der Bastille gebracht. In dasselbe Zimmer sperrte man 35

    2 f. Unhold: Böser (Mensch) 9 einzuhändigen: auszuhändigen10 erwägten sie: erwogen sie 22 f. Stein der Weisen: in der Alchimie(vgl. Anm. zu 8,21f.) sagenhaftes Mittel, um Gold zu gewinnen25 Sublimieren: verfeinern 35 Bastille: Pariser Gefängnis

  • 9bald darauf den Hauptmann Godin de Sainte Croix ein. �Dieser hatte mit der Marquise de Brinvillier lange Zeit in �einem Verhältnisse gelebt, welches Schande über die ganzeFamilie brachte, und endlich, da der Marquis unempfind-lich blieb für die Verbrechen seiner Gemahlin, ihren Vater,5Dreux d’Aubray, Zivil-Lieutenant zu Paris, nötigte, dasverbrecherische Paar durch einen Verhaftsbefehl zu tren-nen, den er wider den Hauptmann auswirkte. Leidenschaft-lich, ohne Charakter, Frömmigkeit heuchelnd und zu Las-tern aller Art geneigt von Jugend auf, eifersüchtig, rach-10süchtig bis zur Wut, konnte dem Hauptmann nichts will-kommner sein als Exilis teuflisches Geheimnis, das ihm dieMacht gab, alle seine Feinde zu vernichten. Er wurde Exiliseifriger Schüler, und tat es bald seinem Meister gleich, so-dass er, aus der Bastille entlassen, allein fortzuarbeiten im-15stande war.

    Die Brinvillier war ein entartetes Weib, durch SainteCroix wurde sie zum Ungeheuer. Er vermochte sie nachund nach, erst ihren eignen Vater, bei dem sie sich befand,ihn mit verruchter Heuchelei im Alter pflegend, dann ihre20beiden Brüder, und endlich ihre Schwester zu vergiften;den Vater aus Rache, die andern der reichen Erbschaft we-gen. Die Geschichte mehrerer Giftmörder gibt das entsetz-liche Beispiel, dass Verbrechen der Art zur unwiderstehli-chen Leidenschaft werden. Ohne weitern Zweck, aus reiner25Lust daran, wie der Chemiker Experimente macht zu sei-nem Vergnügen, haben oft Giftmörder Personen gemordet,deren Leben oder Tod ihnen völlig gleich sein konnte. Dasplötzliche Hinsterben mehrerer Armen im Hotel Dieu er-regte später den Verdacht, dass die Brote, welche die Brin-30villier dort wöchentlich auszuteilen pflegte, um als Musterder Frömmigkeit und des Wohltuns zu gelten, vergiftet wa-ren. Gewiss ist es aber, dass sie Taubenpasteten vergiftete,und sie den Gästen, die sie geladen, vorsetzte. Der Cheva-lier du Guet und mehrere andere Personen fielen als Opfer35dieser höllischen Mahlzeiten. Sainte Croix, sein Gehülfe laChaussee, die Brinvillier wussten lange Zeit hindurch ihre

    18 Er vermochte sie: er bewegte sie zu etwas; er veranlasste sie, etwaszu tun 29 Hotel Dieu: Krankenhaus, gelegen neben Notre-Dame(vgl. Stadtplan, Abb. 6, S. 89)

  • 10 grässliche Untaten in undurchdringliche Schleier zu hüllen;doch welche verruchte List verworfener Menschen vermagzu bestehen, hat die ewige Macht des Himmels beschlos-sen, schon hier auf Erden die Frevler zu richten! – Die Gif-te, welche Sainte Croix bereitete, waren so fein, dass, lag 5das Pulver (poudre de succession nannten es die Pariser) beider Bereitung offen, ein einziger Atemzug hinreichte, sichaugenblicklich den Tod zu geben. Sainte Croix trug deshalbbei seinen Operationen eine Maske von feinem Glase. Die-se fiel eines Tags, als er eben ein fertiges Giftpulver in eine 10Phiole schütten wollte, herab, und er sank, den feinenStaub des Giftes einatmend, augenblicklich tot nieder. Daer ohne Erben verstorben, eilten die Gerichte herbei, umden Nachlass unter Siegel zu nehmen. Da fand sich in einerKiste verschlossen das ganze höllische Arsenal des Gift- 15mords, das dem verruchten Sainte Croix zu Gebote gestan-den, aber auch die Briefe der Brinvillier wurden aufgefun-den, die über ihre Untaten keinen Zweifel ließen. Sie flohnach Lüttich in ein Kloster. Desgrais, ein Beamter der Ma-rechaussee, wurde ihr nachgesendet. Als Geistlicher ver- 20kleidet, erschien er in dem Kloster, wo sie sich verborgen.Es gelang ihm, mit dem entsetzlichen Weibe einen Liebes-handel anzuknüpfen, und sie zu einer heimlichen Zusam-menkunft in einem einsamen Garten vor der Stadt zu ver-locken. Kaum dort angekommen, wurde sie aber von Des- 25grais’ Häschern umringt, der geistliche Liebhaber verwan-delte sich plötzlich in den Beamten der Marechaussee, undnötigte sie in den Wagen zu steigen, der vor dem Gartenbereitstand, und von den Häschern umringt, gerades Wegsnach Paris abfuhr. La Chaussee war schon früher enthaup- 30tet worden, die Brinvillier litt denselben Tod, ihr Körperwurde nach der Hinrichtung verbrannt, und die Asche indie Lüfte zerstreut.

    Die Pariser atmeten auf, als das Ungeheuer von der Weltwar, das die heimliche mörderische Waffe ungestraft richten 35konnte gegen Feind und Freund. Doch bald tat es sichkund, dass des verruchten La Croix entsetzliche Kunst sich

    6 poudre de succession: wörtl.: »Erbschaftspuder«, hier: Gift11 Phiole: kugelförmige Glasflasche mit langem Hals 15 Arsenal:Geräte- und Waffenlager 19 Lüttich: Zentrum der wallonischenRegion (seit 1830 Teil von Belgien)

  • 11fort vererbt hatte. Wie ein unsichtbares tückisches Ge-spenst schlich der Mord sich ein in die engsten Kreise, wiesie Verwandtschaft – Liebe – Freundschaft nur bilden kön-nen, und erfasste sicher und schnell die unglücklichen Op-fer. Der, den man heute in blühender Gesundheit gesehen,5wankte morgen krank und siech umher, und keine Kunstder Ärzte konnte ihn vor dem Tode retten. Reichtum – eineinträgliches Amt – ein schönes, vielleicht zu jugendlichesWeib – das genügte zur Verfolgung auf den Tod. Das grau-samste Misstrauen trennte die heiligsten Bande. Der Gatte10zitterte vor der Gattin – der Vater vor dem Sohn – dieSchwester vor dem Bruder. – Unberührt blieben die Spei-sen, blieb der Wein bei dem Mahl, das der Freund denFreunden gab, und wo sonst Lust und Scherz gewaltet,spähten verwilderte Blicke nach dem verkappten Mörder.15Man sah Familienväter ängstlich in entfernten GegendenLebensmittel einkaufen, und in dieser, jener schmutzigenGarküche selbst bereiten, in ihrem eigenen Hause teufli-schen Verrat fürchtend. Und doch war manchmal die größ-te, bedachteste Vorsicht vergebens.20

    Der König, dem Unwesen, das immer mehr überhandnahm, zu steuern, ernannte einen eigenen Gerichtshof, demer ausschließlich die Untersuchung und Bestrafung dieserheimlichen Verbrechen übertrug. Das war die sogenannteChambre ardente, die ihre Sitzungen unfern der Bastille25hielt, und welcher la Regnie als Präsident vorstand. Mehre- �re Zeit hindurch blieben Regnies Bemühungen, so eifrig sieauch sein mochten, fruchtlos, dem verschlagenen Desgraiswar es vorbehalten, den geheimsten Schlupfwinkel des Ver-brechens zu entdecken. – In der Vorstadt Saint Germain30 �wohnte ein altes Weib, la Voisin geheißen, die sich mit �Wahrsagen und Geisterbeschwören abgab, und mit Hülfeihrer Spießgesellen, le Sage und le Vigoureux, auch selbst ��Personen, die eben nicht schwach und leichtgläubig zu nen-nen, in Furcht und Erstaunen zu setzen wusste. Aber sie tat35mehr als dieses. Exilis Schülerin wie la Croix, bereitete siewie dieser, das feine, spurlose Gift, und half auf diese Weise

    15 verkappten: hier: noch nicht erkannten 25 Chambre ardente:Behörde, die Kapitalverbrechen verfolgte; im engeren Sinne: Sitzungs-saal dieser Behörde

  • 12 ruchlosen Söhnen zur frühen Erbschaft, entarteten Weibernzum andern jüngern Gemahl. Desgrais drang in ihr Ge-heimnis ein, sie gestand alles, die Chambre ardente verur-teilte sie zum Feuertode, den sie auf dem Greveplatze erlitt.Man fand bei ihr eine Liste aller Personen, die sich ihrer 5Hülfe bedient hatten; und so kam es, dass nicht allein Hin-richtung auf Hinrichtung folgte, sondern auch schwererVerdacht selbst auf Personen von hohem Ansehen lastete.So glaubte man, dass der Kardinal Bonzy bei der la Voisin�das Mittel gefunden, alle Personen, denen er als Erzbischof 10von Narbonne Pensionen bezahlen musste, in kurzer Zeithinsterben zu lassen. So wurden die Herzogin von Bouil-�lon, die Gräfin von Soissons, deren Namen man auf derListe gefunden, der Verbindung mit dem teuflischen Weibeangeklagt, und selbst François Henri de Montmorenci, 15�Boudebelle, Herzog von Luxemburg, Pair und Marschalldes Reichs, blieb nicht verschont. Auch ihn verfolgte diefurchtbare Chambre ardente. Er stellte sich selbst zum Ge-fängnis in der Bastille, wo ihn Louvois’ und la Regnies�Hass in ein sechs Fuß langes Loch einsperren ließ. Monate 20vergingen, ehe es sich vollkommen ausmittelte, dass desHerzogs Verbrechen keine Rüge verdienen konnte. Er hattesich einmal von le Sage das Horoskop stellen lassen.

    Gewiss ist es, dass blinder Eifer den Präsidenten la Re-gnie zu Gewaltstreichen und Grausamkeiten verleitete. Das 25Tribunal nahm ganz den Charakter der Inquisition an, dergeringfügigste Verdacht reichte hin zu strenger Einkerke-rung, und oft war es dem Zufall überlassen, die Unschulddes auf den Tod Angeklagten darzutun. Dabei war Regnie�von garstigem Ansehen und heimtückischem Wesen, sodass 30er bald den Hass derer auf sich lud, deren Rächer oderSchützer zu sein er berufen wurde. Die Herzogin vonBouillon, von ihm im Verhöre gefragt, ob sie den Teufel ge-sehen? erwiderte: »Mich dünkt, ich sehe ihn in diesem Au-genblick!« 35

    Während nun auf dem Greveplatz das Blut Schuldigerund Verdächtiger in Strömen floss, und endlich der heimli-

    1 ruchlosen: gottlosen, niederträchtigen 16 Pair: Mitglied des höchs-ten französischen Adels 26 Inquisition: Gericht der katholischenKirche zur Verfolgung von Ketzern; strenge Verhöre, auch unterAnwendung der Folter 34 Mich dünkt: mir scheint

  • 13che Giftmord seltner und seltner wurde, zeigte sich ein Un-heil andrer Art, welches neue Bestürzung verbreitete. EineGaunerbande schien es darauf angelegt zu haben, alle Juwe-len in ihren Besitz zu bringen. Der reiche Schmuck, kaumgekauft, verschwand auf unbegreifliche Weise, mochte er5verwahrt sein wie er wollte. Noch viel ärger war es aber,dass jeder, der es wagte, zur Abendzeit Juwelen bei sich zutragen, auf offener Straße oder in finstern Gängen der Häu-ser beraubt, ja wohl gar ermordet wurde. Die mit dem Le-ben davongekommen, sagten aus, ein Faustschlag auf den10Kopf habe sie wie ein Wetterstrahl niedergestürzt, und ausder Betäubung erwacht, hätten sie sich beraubt, und amganz andern Orte als da, wo sie der Schlag getroffen, wie-dergefunden. Die Ermordeten, wie sie beinahe jeden Mor-gen auf der Straße oder in den Häusern lagen, hatten alle15dieselbe tödliche Wunde. Einen Dolchstich ins Herz, nachdem Urteil der Ärzte so schnell und sicher tötend, dass derVerwundete keines Lautes mächtig zu Boden sinken muss-te. Wer war an dem üppigen Hofe Ludwig des XIV., dernicht in einen geheimen Liebeshandel verstrickt, spät zur20Geliebten schlich, und manchmal ein reiches Geschenk beisich trug? – Als stünden die Gauner mit Geistern im Bun-de, wussten sie genau, wenn sich so etwas zutragen sollte.Oft erreichte der Unglückliche nicht das Haus, wo er Lie-besglück zu genießen dachte, oft fiel er auf der Schwelle, ja25vor dem Zimmer der Geliebten, die mit Entsetzen den blu-tigen Leichnam fand.

    Vergebens ließ Argenson, der Polizeiminister, alles auf- �greifen in Paris, was von dem Volk nur irgend verdächtigschien, vergebens wütete la Regnie, und suchte Geständnis-30se zu erpressen, vergebens wurden Wachen, Patrouillenverstärkt, die Spur der Täter war nicht zu finden. Nur dieVorsicht, sich bis an die Zähne zu bewaffnen, und sich eineLeuchte vortragen zu lassen, half einigermaßen, und dochfanden sich Beispiele, dass der Diener mit Steinwürfen ge-35ängstet, und der Herr in demselben Augenblick ermordetund beraubt wurde.

    11 Wetterstrahl: Blitz

  • 14 Merkwürdig war es, dass aller Nachforschungen auf al-len Plätzen, wo Juwelenhandel nur möglich war, unerachtetnicht das Mindeste von den geraubten Kleinodien zumVorschein kam, und also auch hier keine Spur sich zeigte,die hätte verfolgt werden können. 5

    Desgrais schäumte vor Wut, dass selbst seiner List dieSpitzbuben zu entgehen wussten. Das Viertel der Stadt, indem er sich gerade befand, blieb verschont, während indem andern, wo keiner Böses geahnt, der Raubmord seinereichen Opfer erspähte. 10

    Desgrais besann sich auf das Kunststück, mehrere Des-grais zu schaffen, sich untereinander so ähnlich an Gang,Stellung, Sprache, Figur, Gesicht, dass selbst die Häschernicht wussten, wo der rechte Desgrais stecke. Unterdessenlauschte er, sein Leben wagend, allein in den geheimsten 15Schlupfwinkeln, und folgte von weitem diesem oder jenem,der auf seinen Anlass einen reichen Schmuck bei sich trug.D e r blieb unangefochten; also auch von d i e s e r Maßre-gel waren die Gauner unterrichtet. Desgrais geriet in Ver-zweiflung. 20

    Eines Morgens kommt Desgrais zu dem Präsidenten laRegnie, blass, entstellt, außer sich. – »Was habt Ihr, was fürNachrichten? – Fandet Ihr die Spur?«, ruft ihm der Präsi-dent entgegen. »Ha – gnädiger Herr«, fängt Desgrais an,vor Wut stammelnd, »ha gnädiger Herr – gestern in der 25Nacht – unfern des Louvre ist der Marquis de la Fare an-�gefallen worden in meiner Gegenwart.« »Himmel undErde«, jauchzt la Regnie auf vor Freude – »wir haben sie!«– »O hört nur«, fällt Desgrais mit bitterm Lächeln ein, »ohört nur erst, wie sich alles begeben. – Am Louvre steh ich 30also, und passe, die ganze Hölle in der Brust, auf die Teufel,die meiner spotten. Da kommt mit unsicherm Schritt im-mer hinter sich schauend eine Gestalt dicht bei mir vor-über, ohne mich zu sehen. Im Mondesschimmer erkenneich den Marquis de la Fare. Ich konnt ihn da erwarten, ich 35wusste, wo er hinschlich. Kaum ist er zehn – zwölf Schrittebei mir vorüber, da springt wie aus der Erde herauf eine Fi-

    2 unerachtet: hier: trotz allem 26 Louvre: Schloss des französischenKönigs in Paris, seit 1793 Museum (vgl. Stadtplan, Abb. 6, S. 89)

  • 15gur, schmettert ihn nieder und fällt über ihn her. Unbeson-nen, überrascht von dem Augenblick, der den Mörder inmeine Hand liefern konnte, schrie ich laut auf, und will miteinem gewaltigen Sprunge aus meinem Schlupfwinkel her-aus auf ihn zusetzen; da verwickle ich mich in den Mantel5und falle hin. Ich sehe den Menschen wie auf den Flügelndes Windes forteilen, ich rapple mich auf, ich renne ihmnach – laufend stoße ich in mein Horn – aus der Ferne ant-worten die Pfeifen der Häscher – es wird lebendig – Waf-fengeklirr, Pferdegetrappel von allen Seiten. – ›Hierher –10hierher – Desgrais – Desgrais!‹, schreie ich, dass es durchdie Straßen hallt. Immer sehe ich den Menschen vor mir imhellen Mondschein, wie er, mich zu täuschen, da – dort –einbiegt; wir kommen in die Straße Nicaise, da scheinen �seine Kräfte zu sinken, ich strenge die meinigen doppelt an15– noch funfzehn Schritte höchstens hat er Vorsprung –«»Ihr holt ihn ein – Ihr packt ihn, die Häscher kommen«,ruft la Regnie mit blitzenden Augen, indem er Desgraisbeim Arm ergreift, als sei d e r der fliehende Mörder selbst.– »Funfzehn Schritte«, fährt Desgrais mit dumpfer Stimme20und mühsam atmend fort, »funfzehn Schritte vor mirspringt der Mensch auf die Seite in den Schatten und ver-schwindet durch die Mauer.« »Verschwindet? – durch dieMauer! – Seid ihr rasend«, ruft la Regnie, indem er zweiSchritte zurücktritt und die Hände zusammenschlägt.25»Nennt mich«, fährt Desgrais fort, sich die Stirne reibendwie einer, den böse Gedanken plagen, »nennt mich, gnädi-ger Herr, immerhin einen Rasenden, einen törichten Geis-terseher, aber es ist nicht anders, als wie ich es Euch erzäh-le. Erstarrt stehe ich vor der Mauer, als mehrere Häscher30atemlos herbeikommen; mit ihnen der Marquis de la Fare,der sich aufgerafft, den bloßen Degen in der Hand. Wirzünden die Fackeln an, wir tappen an der Mauer hin undher; keine Spur einer Türe, eines Fensters, einer Öffnung.Es ist eine starke steinerne Hofmauer, die sich an ein Haus35lehnt, in dem Leute wohnen, gegen die auch nicht der lei-seste Verdacht aufkommt. Noch heute habe ich alles in ge-

    9 Häscher: Verfolger, hier: Polizeihelfer 20 Funfzehn: fünfzehn

  • 16 nauen Augenschein genommen. – Der Teufel selbst ist es,der uns foppt.« Desgrais’ Geschichte wurde in Paris be-kannt. Die Köpfe waren erfüllt von den Zaubereien, Geis-terbeschwörungen, Teufelsbündnissen der Voisin, des Vi-goureux, des berüchtigten Priesters le Sage; und wie es 5denn nun in unserer ewigen Natur liegt, dass der Hangzum Übernatürlichen, zum Wunderbaren alle Vernunftüberbietet, so glaubte man bald nichts Geringeres, als dass,wie Desgrais nur im Unmut gesagt, wirklich der Teufelselbst die Verruchten schütze, die ihm ihre Seelen verkauft. 10Man kann es sich denken, dass Desgrais’ Geschichte man-cherlei tollen Schmuck erhielt. Die Erzählung davon mit ei-nem Holzschnitt darüber, eine grässliche Teufelsgestalt vor-stellend, die vor dem erschrockenen Desgrais in die Erdeversinkt, wurde gedruckt und an allen Ecken verkauft. Ge- 15nug, das Volk einzuschüchtern, und selbst den Häschern al-len Mut zu nehmen, die nun zur Nachtzeit mit Zittern undZagen die Straßen durchirrten, mit Amuletten behängt, und�eingeweicht in Weihwasser.

    Argenson sah die Bemühungen der Chambre ardente 20scheitern, und ging den König an, für das neue Verbrecheneinen Gerichtshof zu ernennen, der mit noch ausgedehnte-rer Macht den Tätern nachspüre und sie strafe. Der König,überzeugt, schon der Chambre ardente zu viel Gewalt ge-geben zu haben, erschüttert von dem Greuel unzähliger 25Hinrichtungen, die der blutgierige la Regnie veranlasst,wies den Vorschlag gänzlich von der Hand.

    Man wählte ein anderes Mittel, den König für die Sachezu beleben.

    In den Zimmern der Maintenon, wo sich der König 30nachmittags aufzuhalten, und wohl auch mit seinen Minis-tern bis in die späte Nacht hinein zu arbeiten pflegte, wur-de ihm ein Gedicht überreicht im Namen der gefährdetenLiebhaber, welche klagten, dass, gebiete ihnen die Galante-rie, der Geliebten ein reiches Geschenk zu bringen, sie alle- 35mal ihr Leben daran setzen müssten. Ehre und Lust sei es,im ritterlichen Kampf sein Blut für die Geliebte zu ver-

    2 foppt: neckt, zum Narren hält 25 Greuel: ungeheuerliche Tat, etwasEntsetzliches 29 zu beleben: hier: zu interessieren 34 f. Galanterie:höfliches, zuvorkommendes Verhalten (gegenüber Damen)

  • 17spritzen; anders verhalte es sich aber mit dem heimtücki-schen Anfall des Mörders, wider den man sich nicht wapp-nen könne. Ludwig, der leuchtende Polarstern aller Liebeund Galanterie, der möge hellaufstrahlend die finstre Nachtzerstreuen, und so das schwarze Geheimnis, das darin ver-5borgen, enthüllen. Der göttliche Held, der seine Feinde nie-dergeschmettert, werde nun auch sein siegreich funkelndesSchwert zücken, und wie Herkules die Lernäische Schlan- �ge, wie Theseus den Minotaur, das bedrohliche Ungeheuer �bekämpfen, das alle Liebeslust wegzehre, und alle Freude10verdüstre in tiefes Leid, in trostlose Trauer.

    So ernst die Sache auch war, so fehlte es diesem Gedichtdoch nicht, vorzüglich in der Schilderung, wie die Liebha-ber auf dem heimlichen Schleichwege zur Geliebten sichängstigen müssten, wie die Angst schon alle Liebeslust, je-15des schöne Abenteuer der Galanterie im Aufkeimen töte,an geistreich-witzigen Wendungen. Kam nun noch hinzu,dass beim Schluss alles in einen hochtrabenden Panegyrikusauf Ludwig den XIV. ausging, so konnte es nicht fehlen,dass der König das Gedicht mit sichtlichem Wohlgefallen20durchlas. Damit zustande gekommen, drehte er sich, dieAugen nicht wegwendend von dem Papier, rasch um zurMaintenon, las das Gedicht noch einmal mit lauter Stimmeab, und fragte dann anmutig lächelnd, was sie von denWünschen der gefährdeten Liebhaber halte? Die Mainte-25non, ihrem ernsten Sinne treu und immer in der Farbe einergewissen Frömmigkeit, erwiderte, dass geheime verboteneWege eben keines besondern Schutzes würdig, die entsetz-lichen Verbrecher aber wohl besonderer Maßregeln zu ih-rer Vertilgung wert wären. Der König, mit dieser schwan-30kenden Antwort unzufrieden, schlug das Papier zusammen,und wollte zurück zu dem Staatssekretär, der in dem an-dern Zimmer arbeitete, als ihm bei einem Blick, den er seit-wärts warf, die Scuderi ins Auge fiel, die zugegen war, undeben unfern der Maintenon auf einem kleinen Lehnsessel35Platz genommen hatte. Auf diese schritt er nun los; das an-mutige Lächeln, das erst um Mund und Wangen spielte,

    3 Polarstern: hier: unverrückbarer Bezugspunkt. 18 Panegyrikus:überschwengliches Lob- oder Festgedicht 31 schlug … zusammen:faltete … zusammen

  • 18 und das verschwunden, gewann wieder Oberhand, unddicht vor dem Fräulein stehend, und das Gedicht wiederauseinander faltend, sprach er sanft: »Die Marquise magnun einmal von den Galanterien unserer verliebten Herrennichts wissen, und weicht mir aus auf Wegen, die nichts 5weniger als verboten sind. Aber Ihr, mein Fräulein, washaltet Ihr von dieser dichterischen Supplik?« – Die Scuderistand ehrerbietig auf von ihrem Lehnsessel, ein flüchtigesRot überflog wie Abendpurpur die blassen Wangen der al-ten würdigen Dame, sie sprach, sich leise verneigend, mit 10niedergeschlagenen Augen:

    »Un amant qui craint les voleursn’est point digne d’amour.«

    Der König, ganz erstaunt über den ritterlichen Geist die-ser wenigen Worte, die das ganze Gedicht mit seinen ellen- 15langen Tiraden zu Boden schlugen, rief mit blitzenden Au-gen: »Beim heiligen Dionys, Ihr habt Recht, Fräulein! Kei-�ne blinde Maßregel, die den Unschuldigen trifft mit demSchuldigen, soll die Feigheit schützen; mögen Argensonund la Regnie das Ihrige tun!« – 20

    Alle die Greuel der Zeit schilderte nun die Martinieremit den lebhaftesten Farben, als sie am andern Morgen ih-rem Fräulein erzählte, was sich in voriger Nacht zugetra-gen, und übergab ihr zitternd und zagend das geheimnis-volle Kästchen. Sowohl sie als Baptiste, der ganz verblasst 25in der Ecke stand, und vor Angst und Beklommenheit dieNachtmütze in den Händen knetend, kaum sprechenkonnte, baten das Fräulein auf das Wehmütigste um allerHeiligen willen, doch nur mit möglichster Behutsamkeitdas Kästchen zu öffnen. Die Scuderi, das verschlossene Ge- 30heimnis in der Hand wiegend und prüfend, sprach lä-chelnd: »Ihr seht beide Gespenster! – Dass ich nicht reichbin, dass bei mir keine Schätze, eines Mordes wert, zu ho-len sind, das wissen die verruchten Meuchelmörder da

    7 Supplik: Bittschrift 12 f. »Un amant … d’amour.«: »Ein Liebender,der die Diebe fürchtet, ist der Liebe nicht würdig.« 16 Tiraden: Wort-schwall 25 verblasst: ganz blass geworden 34 Meuchelmörder: hin-terhältige Mörder

  • 19draußen, die, wie ihr selbst sagt, das Innerste der Häusererspähen, wohl ebenso gut als ich und ihr. Auf mein Lebensoll es abgesehen sein? Wem kann was an dem Tode liegeneiner Person von dreiundsiebzig Jahren, die niemals andereverfolgte als die Bösewichter und Friedenstörer in den Ro-5manen, die sie selbst schuf, die mittelmäßige Verse macht,welche niemandes Neid erregen können, die nichts hinter-lassen wird, als den Staat des alten Fräuleins, das bisweilenan den Hof ging, und ein paar Dutzend gut eingebundenerBücher mit vergoldetem Schnitt! Und du, Martiniere! du10magst nun die Erscheinung des fremden Menschen soschreckhaft beschreiben wie du willst, doch kann ich nichtglauben, dass er Böses im Sinne getragen.

    Also!« –Die Martiniere prallte drei Schritte zurück, Baptiste sank15

    mit einem dumpfen Ach! halb in die Knie, als das Fräuleinnun an einen hervorragenden stählernen Knopf drückte,und der Deckel des Kästchens mit Geräusch aufsprang.

    Wie erstaunte das Fräulein, als ihr aus dem Kästchen einPaar goldne, reich mit Juwelen besetzte Armbänder, und20eben ein solcher Halsschmuck entgegenfunkelten. Sie nahmdas Geschmeide heraus, und indem sie die wundervolle Ar-beit des Halsschmucks lobte, beäugelte die Martiniere diereichen Armbänder, und rief einmal über das andere, dass jaselbst die eitle Montespan nicht solchen Schmuck besitze.25 �»Aber was soll das, was hat das zu bedeuten«, sprach dieScuderi. In dem Augenblick gewahrte sie auf dem Bodendes Kästchens einen kleinen zusammengefalteten Zettel.Mit Recht hoffte sie den Aufschluss des Geheimnisses dar-in zu finden. Der Zettel, kaum hatte sie, was er enthielt,30gelesen, entfiel ihren zitternden Händen. Sie warf einensprechenden Blick zum Himmel, und sank dann wie halbohnmächtig in den Lehnsessel zurück. Erschrocken sprangdie Martiniere, sprang Baptiste ihr bei. »O«, rief sie nunmit von Tränen halb erstickter Stimme, »o der Kränkung, o35der tiefen Beschämung! Muss mir das noch geschehen imhohen Alter! Hab ich denn im törichten Leichtsinn gefre-

    10 mit vergoldetem Schnitt: Bei wertvollen Büchern werden oft diedrei offenliegenden Schnittflächen des Buchblocks vergoldet.22 Geschmeide: glänzender Schmuck 23 beäugelte: betrachtetegenau

  • 20 velt, wie ein junges, unbesonnenes Ding? – O Gott, sindWorte, halb im Scherz hingeworfen, solcher grässlichenDeutung fähig! – Darf dann mich, die ich der Tugend ge-treu und der Frömmigkeit tadellos blieb von Kindheit an,darf dann mich das Verbrechen des teuflischen Bündnisses 5zeihen?«

    Das Fräulein hielt das Schnupftuch vor die Augen undweinte und schluchzte heftig, sodass die Martiniere undBaptiste ganz verwirrt und beklommen nicht wussten, wieihrer guten Herrschaft beistehen in ihrem großen Schmerz. 10

    Die Martiniere hatte den verhängnisvollen Zettel von derErde aufgehoben. Auf demselben stand:

    »Un amant qui craint les voleursn’est point digne d’amour.

    Euer scharfsinniger Geist, hochgeehrte Dame, hat uns, 15die wir an der Schwäche und Feigheit das Recht des Stär-kern üben, und uns Schätze zueignen, die auf unwürdigeWeise vergeudet werden sollten, von großer Verfolgung er-rettet. Als einen Beweis unserer Dankbarkeit nehmet gütigdiesen Schmuck an. Es ist das Kostbarste, was wir seit lan- 20ger Zeit haben auftreiben können, wiewohl Euch, würdigeDame! viel schöneres Geschmeide zieren sollte, als diesesnun eben ist. Wir bitten, dass Ihr uns Eure Freundschaftund Euer huldvolles Andenken nicht entziehen möget.

    Die Unsichtbaren.« 25

    »Ist es möglich«, rief die Scuderi, als sie sich einigerma-ßen erholt hatte, »ist es möglich, dass man die schamloseFrechheit, den verruchten Hohn so weit treiben kann?« –Die Sonne schien hell durch die Fenstergardinen von hoch-roter Seide, und so kam es, dass die Brillanten, welche auf 30dem Tische neben dem offenen Kästchen lagen, in rötli-chem Schimmer aufblitzten. Hinblickend verhüllte die Scu-deri voll Entsetzen das Gesicht, und befahl der Martiniere,das fürchterliche Geschmeide, an dem das Blut der Ermor-deten klebe, augenblicklich fortzuschaffen. Die Martiniere, 35

  • 21nachdem sie Halsschmuck und Armbänder sogleich in dasKästchen verschlossen, meinte, dass es wohl am geratenstensein würde, die Juwelen dem Polizeiminister zu übergeben,und ihm zu vertrauen, wie sich alles mit der beängstigendenErscheinung des jungen Menschen und der Einhändigung5des Kästchens zugetragen.

    Die Scuderi stand auf und schritt schweigend langsam imZimmer auf und nieder, als sinne sie erst nach, was nun zutun sei. Dann befahl sie dem Baptiste, einen Tragsessel zuholen, der Martiniere aber, sie anzukleiden, weil sie auf der10Stelle hin wolle zur Marquise de Maintenon.

    Sie ließ sich hintragen zur Marquise gerade zu der Stun-de, wenn diese, wie die Scuderi wusste, sich allein in ihrenGemächern befand. Das Kästchen mit den Juwelen nahmsie mit sich.15

    Wohl musste die Marquise sich hoch verwundern, als siedas Fräulein, sonst die Würde, ja trotz ihrer hohen Jahre,die Liebenswürdigkeit, die Anmut selbst, eintreten sahblass, entstellt, mit wankenden Schritten. »Was um allerHeiligen willen ist Euch widerfahren?«, rief sie der armen,20beängsteten Dame entgegen, die, ganz außer sich selbst,kaum imstande, sich aufrecht zu erhalten, nur schnell denLehnsessel zu erreichen suchte, den ihr die Marquise hin-schob. Endlich des Wortes wieder mächtig, erzählte dasFräulein, welche tiefe, nicht zu verschmerzende Kränkung25ihr jener unbedachtsame Scherz, mit dem sie die Supplikder gefährdeten Liebhaber beantwortet, zugezogen habe.Die Marquise, nachdem sie alles von Moment zu Momenterfahren, urteilte, dass die Scuderi sich das sonderbare Er-eignis viel zu sehr zu Herzen nehme, dass der Hohn ver-30ruchten Gesindels nie ein frommes, edles Gemüt treffenkönne, und verlangte zuletzt den Schmuck zu sehen.

    Die Scuderi gab ihr das geöffnete Kästchen, und die Mar-quise konnte sich, als sie das köstliche Geschmeide erblick-te, des lauten Ausrufs der Verwunderung nicht erwehren.35Sie nahm den Halsschmuck, die Armbänder heraus und tratdamit an das Fenster, wo sie bald die Juwelen an der Sonne

    21 beängsteten: verängstigten 26 Supplik: vgl. Fn. 18,7 29 f. ver-ruchten: verdorbenen, verschrienen

  • 22 spielen ließ, bald die zierliche Goldarbeit ganz nahe vor dieAugen hielt, um nur recht zu erschauen, mit welcher wun-dervollen Kunst jedes kleine Häkchen der verschlungenenKetten gearbeitet war.

    Auf einmal wandte sich die Marquise rasch um nach dem 5Fräulein und rief: »Wisst Ihr wohl, Fräulein! dass dieseArmbänder, diesen Halsschmuck niemand anders gearbei-tet haben kann, als René Cardillac?« – René Cardillac wardamals der geschickteste Goldarbeiter in Paris, einer derkunstreichsten und zugleich sonderbarsten Menschen sei- 10ner Zeit. Eher klein als groß, aber breitschultrig und vonstarkem, muskulösem Körperbau hatte Cardillac, hoch indie funfziger Jahre vorgerückt, noch die Kraft, die Beweg-lichkeit des Jünglings. Von dieser Kraft, die ungewöhnlichzu nennen, zeugte auch das dicke, krause, rötliche Haupt- 15haar und das gedrungene, gleißende Antlitz. Wäre Cardillacnicht in ganz Paris als der rechtlichste Ehrenmann, unei-gennützig, offen, ohne Hinterhalt, stets zu helfen bereit,bekannt gewesen, sein ganz besonderer Blick aus kleinen,tiefliegenden, grün funkelnden Augen hätten ihn in den 20Verdacht heimlicher Tücke und Bosheit bringen können.Wie gesagt, Cardillac war in seiner Kunst der Geschicktestenicht sowohl in Paris, als vielleicht überhaupt seiner Zeit.Innig vertraut mit der Natur der Edelsteine, wusste er sieauf eine Art zu behandeln und zu fassen, dass der Schmuck, 25der erst für unscheinbar gegolten, aus Cardillacs Werkstatthervorging in glänzender Pracht. Jeden Auftrag übernahmer mit brennender Begierde und machte einen Preis, der, sogeringe er war, mit der Arbeit in keinem Verhältnis zu ste-hen schien. Dann ließ ihm das Werk keine Ruhe, Tag und 30Nacht hörte man ihn in seiner Werkstatt hämmern und oft,war die Arbeit beinahe vollendet, missfiel ihm plötzlich dieForm, er zweifelte an der Zierlichkeit irgendeiner Fassungder Juwelen, irgendeines kleinen Häkchens – Anlass genug,die ganze Arbeit wieder in den Schmelztiegel zu werfen 35und von neuem anzufangen. So wurde jede Arbeit ein rei-nes, unübertreffliches Meisterwerk, das den Besteller in Er-

    13 funfziger: fünfziger 16 gleißende: leuchtende, glänzende

  • Inhalt

    Das Fräulein von Scuderi 3

    Anhang 77

    1. Zur Textgestalt 792. Anmerkungen 803. Leben und Zeit 844. Entstehungsgeschichte 89

    4.1 Die historischen Quellen 905. Cardillac und das Fräulein: zwei Künstler – zwei Naturen 93

    5.1 Cardillac – Künstler und ungeheuerlicher Verbrecher 935.2 Madeleine von Scuderi – die tugendhafte Künstlerin 95

    6. Novelle und Kriminalroman 976.1 Ein Krimi? 976.2 »Eine ungeheure Begebenheit«: Eine Novelle? 1016.3 Hell und Dunkel – Tugend und Verbrechen:der Schmuck als Symbol 103

    7. Literaturhinweise 105

    106