Hohenzollerische Heimat Jg12 1962 · werden. Bis heute sagt man ja auch, daß der Blitz nicht in...

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Hohenzollerische Heimat Vierteljahresblätter für Schule und Haus Herausgegeben vom Verein für Geschichte, in Verbindung mit Schriftleitung: Josef W i e s t , Rangendingen 25 Y 3828 F Preis halbjährlich 1.— DM Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern der hohenz. Lehrerschaft Druck: Buchdruckerei S. A c k e r, Gammertingen Postscheckkonto Stuttgart 35 892 Bank: Hohenz. Landesbank Gammertingen 15 Nummer 1 Gammertingen, Januar 1962 12. Jahrgang Hillen TRitcirbeitecn un& liefern öec //fjotjensollerifctjen Fjeimat' Rottes ©egen unö $rieöen im Ja\)u 1962! Reimcit fft eine iiebensquelle bec yugenb unb DolFobilbung. Steinzeichen am Wege Ueber Sühnemale und Bildstöckle von Marie Theres B a u r, Burladingen Am Dorfrand von Melchingen steht eine Kapelle. Von den Alten und denen, die Sorge tragen, wird darin die schmerz- hafte Muttergottes verehrt, während die Jungen sich mehr der lieblichen Mutter mit dem Kinde zuneigen, das eben- falls darin einen Ehrenplatz hat. — Außen an der Kapelle stehen zwei merkwürdige Kreuze, das eine an der Längs- das andere an der Schmalseite. Eigentlich hocken sie tief im Boden. Die Jahre haben sie in die Erde gedrückt. Sie sind aus grauem Kalkstein, ungefüg und mit weitausladenden Armen. Das eine, das an der Längsseite der Kapelle steht, ist besser erhalten als das andere, und erinnert in seinen Umrissen etwas an das Eiserne Kreuz der beiden Weltkriege. Die Entstehung der Kreuze ist unbekannt. Noch weniger verrät eine Inschrift Zweck und Anlaß. Sie könnten Grenz- steine sein, denen man manchmal, wenn auch selten, diese Form gab. — Vielleicht geschah hier eine Untat, der ein Menschenleben zum Opfer fiel. Oder es sind Totensteine, wie man sie Verunglückten aufstellte, In Melchingen ist hierüber nichts bekannt. Daß man von der Salmendinger Kapelle das Jahr der Entstehung anno 1735 weiß, ist eine kleine Handhabe, daß die beiden Melchinger Steine noch älter sind, wahrscheinlich noch älter als das Steinkreuz, das am Weg von Veringenstadt nach Blättringen steht und die Jahreszahl 1666 trägt. An diesem Kreuz ist der eine Arm abgeschlagen. Aber auch hier schweigen die Kirchenbücher über seine Herkunft, wie fast überall. — Weder das Blätt- ringer Kreuz noch die beiden von Melchingen sind Kunst- werke, obgleich sie unter den „Kunstdenkmälern Hohen- zollerns" verzeichnet sind. Ueber die Melchinger Kreuze steht — vorsichtig ausgedrückt —sie seien in Form der alten Sühnekreuze errichtet. Echte Sühnekreuze sind selten, und man kann nur dort von ihnen sprechen, wo wirklich der Mörder oder seine Familie zur Sühne der Untat an der Mordstelle ein Kreuz errichtet hat. Im 14.—15. u n d 16. Jahrhundert war das vielfach der Fall. Nachher wurden diese Male seltener. Aus den genann- ten drei Jahrhunderten sind eine große Anzahl von soge- nannten „Sühneverträgen" bekannt. Sie entstammen der Zeit, in der es noch kein straffes öffentliches Strafrecht gab. In diesen privaten Sühneverträgen wird unter Einfluß der Kirche außer dem „Wergeid" ein „Schadensgeld" gefordert, dem Stand des Getöteten entsprechend. Dazu auch Bußlei- stungen religiöser Art, wie Seelenmessen, Wallfahrten und Almosen für die Seelenruhe des Getöteten. Und immer mußte ein Steinkreuz oder ein Bildstock errichtet werden, um die Stelle der Untat zu bezeichnen. — Die Bildstöcke haben sich aus den Steinkreuzen entwickelt und haben als echte Zeichen wie diese, ein hohes Alter und sind sehr selten. — Das schließt natürlich nicht aus, daß auch später noch aus Reue über eine Untat ein solches Sühnemal er- richtet wurde oder gar eine Kapelle oder eine Kirche, damit nicht allein der Schuldige für sein Opfer bete, sondern alle, die daran vorüber gehen. Das ist ja der Sinn der Steinkreuze und Bildstöcke. — Auch bei G a u s e l f i n g e n , droben auf der Höhe, dem Fehlatal zu, steht so ein Bildstock, ein uralter, mit einem auf Holz gemalten Bild der Hl. Dreifaltigkeit. Die Gausei- flnger, besonders Frauen und Kinder, die zum Beerensuchen in den Wald gehen, mögen nicht gerne daran vorüber. Es ist ihnen unheimlich. Aber einmal im Jahr, am Dreifaltig- keitssonntag, kommen sie, schmücken das Bild und beten den Rosenkranz. Auf dem Hin- und Herweg wird dann auch wieder die Geschichte erzählt, was es mit dem Bild auf sich habe. Im Jahre 1500, so sagen sie, sei gerade am Drei- faltigkeitssonntag der Pfarrer Thomas Maier von Gausel- fingen durch Mörderhand umgekommen. Der Mörder ist nie ermittelt worden. Schwerlich war es ein Gauselfinger. Wer weiß, woher er gekommen sein mag und was ihn getrieben hat. Ganz früher hat man noch erklärt, der Mörder gehe um. und Leute, die um Mitternacht von der andern Seite herüber mußten, hätten ihn am Wege sitzen sehen, einen ganz arm- seligen Mann, die Hände vor dem Gesicht und den geris- senen Strick um den Hals. — Vom Bildstock ist zu sagen, daß er nicht die plumpe Form der alten Sühnekreuze auf- weist, und meist durch eine Inschrift die Geschichte des hier ums Leben gekommenen erzählt, zum Gebet auffordert und gemahnt, des eigenen Todes zu gedenken. — Bis etwa um 1930 stand am Waldrand bei Inneringen auf dem Veringenstadter Esch, im „Adich" ein Bildstock, ein massives Eichenkreuz, das allerdings, morsch und faul ge- worden, nicht mehr erneuert wurde. Dieses Kreuz muß uralt gewesen sein und habe die Inschrift getragen: „Hier endete mein Leben. — Wann wirst Du das Deine Gott zurückgeben? Drum sei, o Mensch, zu jeder Zeit auf einen guten Tod bereit." In einer kalten Winternacht sei hier ein Mann vom Weg abgekommen und man habe ihn erfroren aufgefunden, sagen die Leute. Sie sagen aber auch, es sei da einer ermordet worden. Diese dunkle Geschichte hat sich sogar zu einer Volksballade verdichtet und lautet: „Zwei Männer springen von Adich her, Sie zittern und ihr Atem geht schwer. O kommet o kommet, an finsteren Ort hier droben ist g'meuchelt, hier droben ist g'mord Da liegt einer tot ist blau und steif in Haaren und Kleidern hänget der Reif. Seine Hände halten noch den versplitterten Stock — Doch kein Blut ist am Rock — kein Blut ist am Rock. Da hat einer eine falsche Tat vollbracht geholfen hat ihm die finstere Mitternacht — hat einem armen Mann üble und grausige Mordtat tan. Wer hat es tan? Das weiß Gott allein. Zwei Engel aber sind Zeugen gsein. Dr schwarz- und der weiß-Weller hat gesiegt? Weiß man ob Tod oder Leben schwerer wiegt? Aber den straf Gott, der so üblen Mord beganga.

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Hohenzollerische Heimat Vie r t e l j ah re sb lä t t e r f ü r Schule und Haus

Herausgegeben vom Verein für Geschichte, in Verbindung mit

Schr i f t le i tung: Josef W i e s t , Rangend ingen

25 Y 3828 F

Pre i s ha lb jähr l i ch 1.— DM

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern der hohenz. Lehrerschaft

Druck: Buchdruckere i S. A c k e r, G a m m e r t i n g e n

Postscheckkonto S t u t t g a r t 35 892 Bank : Hohenz. L a n d e s b a n k G a m m e r t i n g e n 15

Nummer 1 Gammertingen, Januar 1962 12. Jahrgang

H i l l e n T R i t c i r b e i t e c n u n & l i e f e r n ö e c / / f j o t j e n s o l l e r i f c t j e n F j e i m a t '

R o t t e s © e g e n u n ö $ r i e ö e n i m J a \ ) u 1 9 6 2 !

R e i m c i t fft eine i i e b e n s q u e l l e bec y u g e n b u n b DolFobi lbung .

Steinzeichen am Wege Ueber Sühnemale und Bildstöckle von Mar ie Theres B a u r, Bur l ad ingen

A m D o r f r a n d von Melchingen s teh t eine Kapelle . Von den Al ten und denen, die Sorge t ragen, w i rd dar in die schmerz-h a f t e Mut t e rgo t t e s ve rehr t , w ä h r e n d die J u n g e n sich m e h r der l ieblichen M u t t e r mi t dem Kinde zuneigen, das eben-fal ls da r in e inen Ehrenp la t z ha t . — A u ß e n an der Kapel le s tehen zwei m e r k w ü r d i g e Kreuze, das eine an der L ä n g s -das a n d e r e an der Schmalsei te . Eigentl ich hocken sie tief im Boden. Die J a h r e h a b e n sie in die E r d e gedrückt . Sie sind aus g r auem Kalks te in , u n g e f ü g und m i t we i t aus l adenden Armen . Das eine, das an der Längsse i te der Kapel le steht , ist besser e rha l t en als das andere , und e r inne r t in seinen Umrissen e twas an das Eiserne Kreuz der be iden Weltkr iege. Die E n t s t e h u n g der Kreuze ist u n b e k a n n t . Noch weniger v e r r ä t eine Inschr i f t Zweck und Anlaß . Sie k ö n n t e n Grenz -steine sein, denen m a n manchmal , w e n n auch selten, diese Fo rm gab. — Vielleicht geschah hier eine Unta t , der ein Menschenleben zum Opfe r fiel. Oder es sind Totenste ine , wie m a n sie Verunglück ten aufstel l te , In Melchingen ist h i e rübe r nichts bekann t . Daß m a n von der Sa lmend inge r Kapel le das J a h r der E n t s t e h u n g anno 1735 weiß, ist eine kle ine Handhabe , daß die beiden Melchinger Ste ine noch ä l te r sind, wahrscheinl ich noch ä l te r als das Ste inkreuz, das am Weg von Ver ingens tad t nach B lä t t r ingen s teh t und die J ah re szah l 1666 t rägt . An diesem Kreuz ist der e ine A r m abgeschlagen. Aber auch hier schweigen die Kirchenbücher übe r seine H e r k u n f t , wie fas t übera l l . — Weder das B lä t t -r inger Kreuz noch die beiden von Melchingen sind K u n s t -werke , obgleich sie u n t e r den „ K u n s t d e n k m ä l e r n Hohen -zollerns" verzeichnet sind. Ueber die Melchinger Kreuze s teh t — vorsicht ig ausgedrückt —sie seien in F o r m der a l ten Sühnek reuze err ichtet .

Echte Sühnek reuze sind selten, und m a n k a n n n u r dor t von ihnen sprechen, wo wirkl ich der Mörder oder seine Fami l ie zur S ü h n e der U n t a t an der Mordste l le ein Kreuz err ichte t hat . Im 14.—15. und 16. J a h r h u n d e r t w a r das vielfach der Fall . Nachher w u r d e n diese Male sel tener . Aus den g e n a n n -ten drei J a h r h u n d e r t e n sind eine große Anzah l von soge-n a n n t e n „Sühneve r t r ägen" bekann t . Sie e n t s t a m m e n der Zeit, in der es noch kein s t r a f f e s öffent l iches S t r a f r ech t gab. In diesen p r iva t en S ü h n e v e r t r ä g e n wi rd u n t e r Einf luß der Kirche auße r dem „Wergeid" ein „Schadensgeld" geforder t , dem S tand des Getö te ten entsprechend. Dazu auch Bußle i -s tungen religiöser Ar t , wie Seelenmessen, W a l l f a h r t e n und Almosen f ü r die See len ruhe des Getö te ten . Und i m m e r m u ß t e ein S te inkreuz oder ein Bildstock err ichte t werden , u m die Stel le der U n t a t zu bezeichnen. — Die Bildstöcke h a b e n sich aus den S te inkreuzen entwickel t und h a b e n als e c h t e Zeichen wie diese, ein hohes Al ter und sind sehr selten. — Das schließt na tür l ich nicht aus, daß auch spä te r noch aus Reue ü b e r eine U n t a t ein solches S ü h n e m a l e r -r ichtet w u r d e oder gar e ine Kapel le oder eine Kirche, dami t nicht allein der Schuldige f ü r sein Opfe r bete, sondern alle, die d a r a n vo rübe r gehen. Das ist ja der S inn der S te inkreuze und Bildstöcke. —

Auch bei G a u s e l f i n g e n , d roben auf de r Höhe, dem Feh la ta l zu, s teht so ein Bildstock, ein ura l te r , m i t einem auf Holz gemal ten Bild der Hl. Drei fa l t igkei t . Die Gausei-flnger, besonders F r a u e n und Kinder , die zum Beerensuchen in den Wald gehen, mögen nicht gerne d a r a n vorüber . Es ist ihnen unheimlich. Abe r e inmal im J a h r , a m Dre i fa l t ig -kei t ssonntag , k o m m e n sie, schmücken das Bild und be ten den Rosenkranz . Auf dem Hin - und H e r w e g wi rd d a n n auch wieder die Geschichte erzähl t , w a s es mi t dem Bild auf sich habe. Im J a h r e 1500, so sagen sie, sei gerade am Drei-fa l t igke i t s sonntag der P f a r r e r T h o m a s Maier von Gausel -f ingen durch M ö r d e r h a n d u m g e k o m m e n . Der Mörde r ist nie e rmi t t e l t worden . Schwerl ich w a r es ein Gauself inger . Wer weiß, w o h e r er g e k o m m e n sein m a g und was ihn get r ieben hat . Ganz f r ü h e r ha t m a n noch e rk lä r t , der Mörde r gehe um. und Leute , die um Mi t t e rnach t von der a n d e r n Sei te he rübe r muß ten , h ä t t e n ihn am Wege sitzen sehen, einen ganz a r m -seligen Mann, die H ä n d e vor dem Gesicht und den geris-senen Str ick um den Hals. — Vom Bildstock ist zu sagen, daß er nicht die p l u m p e F o r m der a l ten S ü h n e k r e u z e a u f -weist , und meis t durch e ine Inschr i f t die Geschichte des hier u m s Leben g e k o m m e n e n erzähl t , zum Gebet a u f f o r d e r t und gemahn t , des eigenen Todes zu gedenken. —

Bis e twa um 1930 s tand am W a l d r a n d bei I nne r ingen auf dem Ver ingens tad te r Esch, im „Adich" ein Bildstock, ein mass ives Eichenkreuz, das al lerdings, morsch und f a u l ge-worden , nicht m e h r e rneue r t wurde . Dieses Kreuz m u ß ura l t gewesen sein und habe die Inschr i f t ge t ragen :

„Hier ende te me in Leben. — W a n n wi r s t Du das Deine Got t zurückgeben? D r u m sei, o Mensch, zu jeder Zeit auf einen gu ten Tod berei t ."

In einer ka l t en Win te rnach t sei h ier ein M a n n vom Weg a b g e k o m m e n und m a n habe ihn e r f r o r e n a u f g e f u n d e n , sagen die Leute . Sie sagen aber auch, es sei da e iner e rmorde t worden . Diese d u n k l e Geschichte ha t sich sogar zu einer Volksba l lade verdichte t und l au te t :

„Zwei M ä n n e r spr ingen von Adich her , Sie z i t te rn und ihr A tem geht schwer. O k o m m e t o kommet , an f ins te ren Or t h ier droben ist g 'meuchelt , h ie r d roben ist g 'mord Da liegt e iner tot ist b lau und steif in H a a r e n und Kle ide rn hänge t der Reif. Seine Hände ha l t en noch den ve r sp l i t t e r t en Stock — Doch kein Blu t ist am Rock — kein Blut ist am Rock. Da ha t einer e ine falsche Ta t vol lbracht geholfen ha t i h m die f ins tere Mi t t e rnach t — ha t e inem a r m e n M a n n üble und grausige Mord t a t tan. Wer ha t es t an? Das weiß Got t allein. Zwei Engel abe r sind Zeugen gsein. Dr schwarz- und der we iß -Wel l e r ha t gesiegt? Weiß m a n ob Tod oder Leben schwerer wiegt? Abe r den straf Gott, der so üb len Mord beganga.

2 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T Jahrgang 1962

Und er ist e n t k o m m e n und for t . — Es gibt ein Ger icht u n d Gerecht igkei t — Gelobt sei die heil ige Dre i fa l t igke i t !"

Auch Benzingen k a n n m i t e inem S ü h n e k r e u z a u f w a r t e n . W e n n die Benzinger schnell nach Ver ingens tad t h i n u n t e r wollen, benu tzen sie e inen Waldweg. E r f ü h r t a m U r s p r u n g der Bicknau vorbe i und he iß t „Katzenstoigle" . Da also s t eh t a m Weg ein al tes S te inkreuz . Es w a r so in die E rde ge-sunken, daß es vor k u r z e m f re ige legt w e r d e n m u ß t e . Es ist aus e inem Stück gehauen, mass ig und schwer . Auf se inem Q u e r a r m t r ä g t es die J ah re szah l 1764 in großen la te inischen Buchs taben, die m i t schwarzer F a r b e e r n e u e r t w o r d e n sind. Die Ber ichte ü b e r den Stein gehen ause inander . 40 Menschen, die die Pe s t h i n w e g g e r a f f t habe , seien h ier begraben , w a s abe r schwer m i t der J ah re szah l in E ink l ang zu b r ingen ist. Es sei ein „Mordkreuz" he iß t es d a n n wieder . I m J a h r e 1487 sei an dieser Stel le ein Ver inger Arz t n a m e n s E b e r h a r d von e inem gewissen H a n s R u g e r umgebrach t worden . — Der F o r m dieses ungeschlachten Ste ines nach darf m a n a n n e h -men , daß e r lange vor 1764 ges tanden ha t . —

Daß f ü r diese T o t e n m a l e Ste in v e r w e n d e t wurde , ha t nicht den Zweck de r Ha l tba rke i t , sondern e inen viel t i e fe ren Grund . Nach der Vors te l lung de r damal igen Zeit i r r t e die Seele des E r m o r d e t e n ruhe los u m h e r . Nur ein Stein w a r irn Stande , ihr e ine R u h e s t a t t zu geben, gleich der, die der K ö r p e r im G r a b g e f u n d e n ha t . Als diese Vors te l lungen durch den christ l ichen G lauben bericht igt wurden , setzte m a n s t a t t eines e infachen Ste ines ein Kreuz, als S innbi ld der Er lösung. Deshalb gal t es auch als schweres Verbrechen, den Ste in zu beschädigen oder zu beseit igen.

Viel Merkwürd iges w i r d von den L eu t en erzähl t , was diese Bildstöckle angeht . Al te Leu te sagen, daß Menschen mi t schwerem G e m ü t durch die B e r ü h r u n g des Ste ins geheil t werden . Bis heu te sagt m a n ja auch, daß der Blitz nicht in e inen Stein schlage, der dem Gedächtnis eines vom Blitz E r -schlagenen geweih t sei, wie auch ke iner an e inem solchen Stein vo rübe r könne, de r selber an e inem Mi tmenschen schuldig geworden und dessen Blu t vergossen habe. — Wan-dernde Messerschmiede we tzen ih ren Stein an dem Toten-mal , d a m i t die Messer gut schärfen. — H o f f e n d e F r a u e n be-r ü h r e n den Stein, d a m i t ihre K inde r alle Fu rch t ver l ieren .

Das al te Weckenweible , das „Kolästbäsle", h a t von solchen Sachen i m m e r so schön e rzäh len können . Auch eine Ge-schichte von so e inem Mal ha t sie gewußt . E inmal vor al ter , a l te r Zeit habe das „Keamale" im Wald Kienholz gesucht und sei von e inem Bösewicht angefa l l en worden . Der habe das a r m e Männle in g ew ü rg t u n d drangsa l ie r t , daß es h a b be inahe den Geist au fgeben müssen . W e n n der R ä u b e r ein wen ig locker gelassen habe, habe das Männle in gefleht: : „Laß

mich leben — ich h a b n e u n unverso rg te K i n d e r — ich zeig dich nicht an — ich b in dir d a n k b a r — ich schwör dir 's!" — Schließlich habe der böse Mensch von i h m gelassen und sei im Walddickicht ve r schwunden . Mühse l ig und elend h a b sich das Keamale heimgeschle i f t . Er sei gefal len, h a b e er zu se inem Weib gesagt und sein Hals tuch sei so unsel ig in e inen Ast gera ten , daß es ihn fas t e r w ü r g t habe . Se in Weib h a t s geglaubt oder nicht — es ist ihr e twas sonde rba r vo rge -k o m m e n . A b e r sie w a r still. Mit e inemmal h a t sie gemerk t , wie ihr M a n n im Fe ie rabend i m m e r noch e t w a s zu w e r k e n h a t t e und h a t ihn ge rade erwischt , als er ein Holzkreuzle in e inen Rupfensack gesteckt u n d dami t ha t davon wollen. „Sags m i r doch", h a b e sie gebeten. „Ich weiß, du bis t nicht gefa l len — m a n ha t ja die F inger an de inem Hals gesehen." Der M a n n habe nicht viel gean twor t e t und sie seien m i t -e inande r an die Stell, w o das d a m a l s pass ier t wa r . Sie h a b e n m i t e i n a n d e r das Kreuz le in gesetzt und ein V a t e r u n s e r ge-betet , und das K e a m a l e habe noch gesagt : „Daß du i h m gnadig bist, wie ers mi t m i r wa r . " — Es sei nicht lange ge-gangen, da seien Leute , die im Wald zu t u n ha t t en , auch an dem Mal s tehen gebl ieben u n d h a b e n gebete t und d a r i n he rumgerä t se l t , w e r wohl dieses Zeichen gesetzt h a b e u n d w a r u m . — Mi t e i n e m m a l h ä t t e n d a n n F r a u e n , die in den Bee ren w a r e n , erzähl t , es k o m m e dem Abend zu i m m e r ein Mann , de r geh u m das Kreuz h e r u m , den m ü s s e e twas umt re iben . Das e ine Mal fluche er, das a n d e r e Mal be te er, und e inmal sei er davor geknie t und habe geweint . — „Je tz t ist es Zeit", habe das K e a m a l e gesagt und sei im D u n k e l -w e r d e n den Steig h inauf zu se inem Bildstöckle. Dor t h a b es zuers t e ine Weile gebetet , d a n n sei es we i t e r in den Wald h inein und h a b e twas ge ru fen . „Himmlischer Vater !"

ab es g e r u f e n : „Laß ihn he im! Es w i r d ein Mensch sein ohne Heimat . Schick ihn m i r — ich will ihm Va te r sein. Er h a t doch auch E r b a r m e n mi t me inen K i n d e r n gehabt !" — „Mit w e m redes t?" h a b auf e inmal eine S t i m m e gef rag t , und ein Manr sei im Weg ges tanden — „was gibts da?" — „Nicht viel und doch alles", h a b 's K e a m a l e gesagt. — „Ich möcht e inen heimholen, de r in der F r e m d e ist. W e n n er n u r k o m m e n wollt . E inen Menschen — vielleicht schlecht geworden , abe r nicht so schlecht, daß ke ine H o f f n u n g und ke in E r b a r m e n m e h r nütz t . " — Da sei der M a n n in die Knie gesunken u n d h a b e gesagt : „Gib m i r deine Hand . W e n n du sie m i r gibst, gibt sie m i r de r Her rgo t t auch." Und e r habe alle seine I r r -wege b e k a n n t und habe sich f ü h r e n lassen von dem, den er umbr ingen woll te .

U m die me i s t en der Ste ine u n d Bildstöcke w i n d e n sich Sagen u n d Geschichten. S te ine u n d Bildstöcke sind Volks-und Heimatgeschichte selber . Es w ä r e schade, w e n n sie der Vergessenhei t anheimfie len .

Wirtschaftliches" aus Jungingen u n d den U e b e r b r i n g e r n den M a r k t p r e i s auszuzahlen . M a n brach te also die Fel le zum Zivi in die Wir tschaf t , de r N a m e Zivi w u r d e a l lmähl ich auf den Wir t Bumi l l e r ü b e r t r a g e n und ist auf P e r s o n e n und H a u s h a f t e n gebl ieben bis zum heut igen Tage. Ve rnün f t i ge rwe i se h a t m a n sich den N a m e n gefa l len lassen und sich nicht d a r ü b e r aufgeregt , h a t ihn sogar ins offizielle Wir tshausschi ld ü b e r n o m m e n .

Den Pla tz vor de r Wir t schaf t u m s ä u m t e n f r ü h e r noch zwei wei te re Wi r t shäuse r . Auch das H a u s Nr. 48 der Wi twe Rosa Riester soll f r ü h e r eine Wir t schaf t gewesen sein. W e n n auch die ä l tes ten E i n w o h n e r sich nicht d a r a n e r i n n e r n k ö n -nen, so ist bei der heu t igen Besi tzer in doch eine darauf h i n -deu tende Ueber l i e f e rung vo rhanden , u n d die A u s m a ß e der außergewöhnl ich großen W o h n s t u b e bes tä t igen diese Ve r -m u t u n g . Die Bezeichnung „Zin thes -Haus" ist ke in U e b e r -name , sondern die A b k ü r z u n g des N a m e n s Hyaz in th Kohler .

H a u s Nr . 47 der Wi twe F ranz i ska Friek w a r die B ie r -wi r t scha f t zur „Ka i se rburg" von Fr iedr ich Bumil le r . Die Tochter Emil ie w u r d e u m die J a h r h u n d e r t w e n d e die ers te B a h n h o f s w i r t i n von Jung ingen , als unser Dorf m i t de r B a h n -s ta t ion auch B a h n h o f s t r a ß e und B a h n h o f s w i r t s c h a f t bekam.

K a u m 100 m s t r a ß a b w ä r t s st ieß m a n wieder auf dre i v\rirtschaften, räuml ich genau so eng b e i s a m m e n s t e h e n d wie die vo rgenann ten . Davon w a r e n „Adler" und „Post" bis zum zwei ten Wel tkr ieg re ine Weinwi r t schaf t en . Das will schon e twas he ißen in e inem Dorf mi t d a m a l s 900 E inwohne rn , venn m a n vor 60 J a h r e n doch e inen S tunden lohn von 25—40

P f e n n i g op fe rn mußte , u m ein „Viertele" zu t r i nken . He in -rich H a n s j a k o b h a t bei se iner F a h r t durch J u n g i n g e n schon den r icht igen Eindruck gehabt , w e n n er nachher d a r ü b e r schrieb: „Wohlhäbigkei t schaut aus al len H ä u s e r n so w e l t -f roh , als wol l te sie sagen: Unse r Reich ist von dieser Welt ." In diesen Wein w i r t s cha f t en zeigten d a m a l s die Geschäf t s -

Dieser Tage ist die Wir t schaf t „zum Cive" durch Kauf an Sa t t l e rme i s t e r und R a u m g e s t a l t e r M a n f r e d Bumi l le r überge -gangen. Z w a r ist de r Wir t schaf t sbe t r i eb schon seit zwei J a h -r e n eingestel l t ; n u n wi rd bei U m w a n d l u n g des Hauses in ein Sa t t l e rgeschäf t auch das Wir tshausschi ld verschwinden . Es ha t sehr of t die A u f m e r k s a m k e i t der F r e m d e n erregt , die sich und die Einheimischen f r ag ten , was wohl dieser se l t same N a m e zu b ed eu t en habe. Es hande l t sich, w a s in J u n g i n g e n nicht ve rwunder l i ch ist, u m einen U e b e r n a m e n . Hier ist seine Ge-schichte : Im großen S t a d t w a l d von H a i -gerloch, Dis t r ik t Maike bei Weildorf , bef indet sich der alte J u d e n -f r iedhof . Der ä l tes te

e rha l t ene Grabs t e in t r äg t die J ah re szah l 1567, der jüngs te das D a t u m vom 15. Ju l i 1884 u n d den N a m e n Isaias Zivi. Dieser H a i -gerlocher J u d e w u r d e auf se inen besonderen Wunsch hier beerdigt , obwohl Haigerloch seit 1803 se inen J u d e n -fr iedhof in de r N ä h e des H a a g s angelegt ha t te . Isa ias Zivi k a m als H ä n d l e r ins Ki l le r ta l u n d k a u f t e im F r ü h j a h r die Ziegenfel le auf , die be im „Kitzlesschlachten" angefa l l en wa ren . In J u n g i n g e n w a r die g e n a n n t e Wir t schaf t sein S t ammloka l . E r v e r a n l a ß t e den Wi r t Bumi l le r , f ü r ihn die Fel le in E m p f a n g zu n e h m e n

H O H E N Z O L L E R I S C H k H E I M A T 3

re i senden den 200 J u n g i n g e r n H a u s i e r h ä n d l e r n ih re W a r e n -proben, da w u r d e n Kaufgeschä f t e abgeschlossen u n d abge-setzte W a r e n verrechnet , u n d nach Er led igung dieser G e -schäf te w a r es gu te r Brauch, ein Glas Wein m i t e i n a n d e r zu t r i nken . Vor dem Gasthof zur „Post", f r ü h e r „Rößle" ge-heißen, h ie l t in der gu ten a l ten Zeit de r Pos twagen . Die We inhänd le r aus diesem Hause sind seit J a h r h u n d e r t e n b e -k a n n t u n d h a b e n de r Gemeinde schon be im Kauf der Wei le r -m a r k u n g anno 1780 f inanziel l u n t e r die A r m e gegr i f fen . Der Großva t e r des je tz igen Besitzers , de r Pos t edua rd , w a r wegen seiner Bismarck 'schen Ges ta l t u n d wegen seines Einflusses „Reichskanzler" genann t . Der U e b e r n a m e „Garde" ist eine V e r b a l l h o r n u n g des N a m e n s „Gar ibald i" . E r wa rd e inem Sprößl ing des Hauses zuteil , de r sich so unerschrocken u n d m u t i g gebä rden k o n n t e wie se inerzei t der i tal ienische F r e i -hei tsheld .

Zwischen diesen be iden We inwi r t s cha f t en e ingezwängt w a r der „Engel", die B i e rw i r t s cha f t des Phi l ipp Bumil ler , ge-n a n n t „Schnabel" . E r w a r zugleich Bäcker und S c h n a p s b r e n -n e r u n d konnte , w e n n gereizt , die Wir t schaf t plötzlich r ä u -m e n und „das H a u s auf den Kopf s tel len". Kurz vor dem e r -s ten Wel tk r i eg ist e r ges to rben u n d d a m i t die Wi r t scha f t e ingegangen. Se ine F rau , die „Beckenannel" , h a t ihn noch 20 J a h r e über leb t .

Der Gasthof „zum Hirsch", u m 1907 erbaut , h a t t e e inen Vor läufer . Das w a r der „Bier theodor" , die jetzige Kondi tore i u n d Cafe Speidel . Hier w a r der Schaupla tz e iner F r i t z -Decke l -Anekdote (Dr. h. c. K o m m e r z . - R a t Fr iedr ich Deckel, München), die e r zäh l t sein möge u n t e r de r Ueberschr i f t : „Fr ieder l äß t sich nicht im B a r t k ra t zen" . F r ü h e r d u r f t e n sich des Abends auf der L a n d s t r a ß e n u r d i e jungen B u r -schen sehen lassen, die achtzehn J a h r e a l t waren . J ü n g e r e w u r d e n nicht gedulde t u n d o f t m i t Schlägen he imgejag t . (Heute d ü r f e n sich schulpflichtige J u n g e n bis tief in die Nacht h inein m i t Wissen der E l te rn auf de r S t r a ß e herumtre iben! ) F r i ede r w ä r e als 16jähr iger auch schon gern auf der S t r a ß e gewesen. Der V a t e r w a r n t ihn, doch F r i ede r hö r t nicht d a r -auf. E r w i rd von den ä l t e ren erwischt , e m p f ä n g t m i t e inem Se i l s tumpen seine Hiebe u n d wi rd von der S t r a ß e verwiesen . F r i ede r s inn t Rache. An e inem der nächs ten Abende sieht er

den Misse tä te r be im „Bier theodor" in der Schanks tube sitzen. Dieser ist ins Kar tensp ie l ve r t i e f t u n d w e n d e t se inen Rücken d e m F e n s t e r zu. Die sogenann ten „Oberl ichter" , zwei k le ine obere Fenster f lügel , s tehen offen . Schnell entschlossen g re i f t F r i ede r hinein, ; verse tz t se inem Widersacher je e ine Back-p fe i f e von l inks u n d rechts — und ist ve r schwunden . Das ve rdu tz te Gesicht u n d das d r ö h n e n d e Gelächter de r K a m e -raden k a n n m a n sich vors te l len.

Die a l te „Krone" w a r im H a u s Nr. 94 (Rud. Ries te r an der Brucks t raße . D a r a u s w u r d e spä te r R a t - u n d Schulhaus, das Wir tshausschi ld w a r d nach O n s t m e t t i n g e n v e r k a u f t . Die „Krone" k a m gegenüber ins H a u s Nr. 117 (Adolf Bosch), ih r Wi r t w a r de r „Bierbäschel". Der damal ige P f a r r e r Fischer wei l te ge rne h ier a m S tammt i sch be im Kar tensp ie l , u n d auf dem H e i m w e g ' z u m a l ten P f a r r h o f auf de r „Schüt te" sollen überzähl ige „Promil le" die a n d e r e n V e r k e h r s t e i l n e h m e r noch nicht g e f ä h r d e t haben !

Die heu t ige „Krone" k o n n t e ers t d a n n ih ren P la tz f inden, als 1889 die L a n d s t r a ß e ver leg t w u r d e und nicht m e h r ü b e r die „Brucks t raße" f ü h r t e .

Ble ibt noch de r „ G a m b r i n u s " im Unterdor f zu e r w ä h n e n . Der Wi r t w a r Wi lhe lm Haiß, g e n a n n t „Schnerre" , Vors t and des SHV. (Sauhundvere in) . Ja , so e twas gab es e inmal in Jung ingen . Der Schultes, de r Hecker , der Ki l lemer josef u n d selbst Dr. Wörne r aus Hechingen w a r e n Mitgl ieder . Das Ve r -e ins -Symbol w a r ein von Cas. Bumi l l e r sen. gezeichnetes „ redendes Wappen" , u n d zur A u f n a h m e m u ß t e ein B e f ä h i -gungsnachweis e rb rach t werden , den h ie r zu schi ldern dies P a p i e r nicht „geduldig genug" wäre . A m 8. F e b r u a r 1917 ist der „Schnerre" abgeb rann t . Heu te s t eh t dor t das H a u s Nr . 166 der Wi twe Rosa Bumil le r . Der U e b e r n a m e „Schnerre" en t s t and aus dem m i ß v e r s t a n d e n e n f ranzös ischen W o r t „merci ."

Von den g e n a n n t e n 10 Wir t schaf ten sind heu te noch 5 In Betr ieb. Die Wir t s l eu te sind nicht t r au r i g deswegen. W a r u m dieser A b b a u ? H a t m a n nicht m e h r soviel Durs t wie f r ü h e r ? H a t m a n ke ine Zeit m e h r zum Wir t shausbesuch? Ode r ist es n u r e ine Umste l lung von S i t t e u n d Brauch in u n s e r e m schnel l - lebigen Zei ta l te r? M. L.

Die heiligen Dreikönige mit ihrem Stern Dreikönig in Kunst und Brauchtum — Von J . S c h n e i d e r

Als Sch lußakkord der fes t l ichen Sinfonie des Weihnach t s -fes tkre ises e rk l ing t machtvol l das Fes t de r hl. Dreikönige, auch Ep iphan ie oder Ersche inungsfes t genann t , in de r Kirche auf . Vor de r Weihnachtskr ippe , auf de r bis je tz t die f r o m -m e n H i r t e n vor dem Kinde knie ten , erscheinen die drei Weisen aus dem Morgen land : Caspar , Melchior u n d B a l t h a -

sar m i t großem Gefolge, b r ingen ihre Gaben d a r u n d schen-ken Gold, Weihrauch u n d M y r r h e n . Schon in f r ü h e s t e r Zeit h a t das christl iche Volk diese mut igen , go t t l i ebenden S t a m m e s -f ü r s t e n aus dem Or ien t v e r e h r t u n d den Wunsch nach e inem eigentl ichen Dreikönigs tag geäußer t . Die Kirche b e s t i m m t e h ie rbe i in s innvol ler A n l e h n u n g an das Ersche inungsfes t

I m Z u n f t b i l d d e r H a i g e r l o c h e r Z ü n f t e e r s c h e i n e n d ie d r e i We i sen u m k r ä n z t v o n d e n Z u n f t z e i c h e n . A m F u ß e des B i lde s e in K o l o r i t von Ha ige r loch . (Foto W e b e r )

D e r „Meis te r von S i g m a r i n g e n " , H a n s S t r ü b , d e r V e r i n g e r Male r , s c h e n k t e u n s d ieses Bi ld (Ausschni t t ) . D e r A l t a r be f i nde t sich seit l a n g e m in d e n f ü r s t l i c h e n S a m m l u n g e n in S i g m a r i n g e n u n d is t u m 1500 e n t s t a n d e n (Foto Fr ick)

4 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

Christi , den 6. J a n u a r . Das Ersche inungsfes t w u r d e zum Fes t de r hei l igen Dreikönige, de ren V e r e h r u n g e inen großen A u f -t r ieb e r f u h r , als ihre Gebe ine im J a h r e 1164 von Mai land nach Köln als Geschenk des Kaisers Fr iedr ich I. an seinen Kanzler Erzbischof Reina ld von Dassel ü b e r f ü h r t wurden , imd dor t e iner der großen Dome des christ l ichen A b e n d l a n -des zu ih ren E h r e n e r b a u t wurde . Die kirchliche Li tu rg ie ist lichtvoll durchs t rah l t ü b e r die B e r u f u n g der Heiden zum Heil im Neugeborenen . Der Dre ikönigs tag ist heu te noch von e inem K r a n z christ l ichen B r a u c h t u m s umgeben , das auf 11 ühe Zei ten zurückgeht , heu te aber noch in vielen chr is t -lichen Fami l i en eine b le ibende Pf leges tä t t e ha t .

Das ist vor a l lem die Salz- und Wasserweihe , die schon ins 4. J a h r h u n d e r t zurückgeht . In k le inen Ge fäßen b r ingen <!ie F r a u e n das Salz zur Kirche, wo es durch den P r i e s t e r gesegnet wird . Es d ient d a n n als Segnungs - u n d Hei lmi t te l (Iiis J a h r ü b e r im Hause, w ä h r e n d f r ü h e r das Salz auf das Hiot ges t reue t oder ve rbacken wurde . U n t e r das V i e h f u t t e r yi mischt", sollte das Salz vor a l lem den Viehs tand vor Krankheit : und Seuchen b e w a h r e n . In K r ü g e n und ande ren <.,rläljeri wird das geweih te Wasse r nach Hause gebracht , v. (.i die We ihwasse rge fäße gefü l l t werden , oder das Weih -

wasse r f ü r Ver seh - und Weihezwecke a u f b e w a h r t wi rd . Wie of t ha t m a n f r ü h e r das Weihwasse r im Hause gebraucht , bei Krankhe i t , Unglücksfä l len und Ungewi t t e rn . Man m u ß heu te in unse rem Zei ta l te r e infach Vers t ändn i s f ü r die Hi l f smi t te l e iner ve rgangenen m e d i z i n a r m e n K u l t u r a u f b r i n g e n . Das Weihwasse r bi ldet e inen wesent l ichen Bes tandte i l de r re i -chen kirchlichen Weihezeremonien und beglei te t den M e n -schen von der G e b u r t bis zum Grabe . Neben der Sa lz - und Wasserweihe k a m auch die Weihe j ene r Kreide, mi t der nachher an al len W o h n u n g s - und H a u s t ü r e n die b e k a n n t e n Anfangsbuchs t aben K + M + B angeschr ieben werden , dami t He imsuchung und K r a n k h e i t von Haus und B e w o h -n e r n f e rnb le iben und der Segen Got tes dem Hause inne -wohne. Diese dre i Buchs taben w e r d e n auch nach d e m Se -gensspruch Chr i s tus m a n s i o n e m benedica t — Chr is tus segne dieses Haus — ausgeschr ieben. Der Brauch ist h e u t e noch we i tve rb re i t e t und e r f ä h r t auch wei te re Förde rung , w e n n m a n davon ausgeht , daß das Päpst l iche Werk der G l a u b e n s -ve rb re i t ung ihn seit e iniger Zeit im Z u s a m m e n h a n g mi t dem S te rns ingen geübt sehen möchte.

Fe ie r und B r a u c h t u m des Dreikönigs tages b le iben aber nicht n u r auf den kirchlichen R a h m e n beschränkt , sondern sie haben in we i te ren lebendigen F o r m e n in der Kuns t , im Spiel und Poesie einen f r o h e n und b le ibenden Ausdruck ge-f u n d e n . Die Kirche ha t sich f r ü h e r schon übe r die n a t u r -gemäßen Mit te l zur V e r k ü n d i g u n g der F rohbo t scha f t durch P red ig t und Rel ig ionsunter r ich t h inaus auch spielerisch e r -scheinender Mit tel in- und a u ß e r h a l b der Got tesd iens te be -dient, um den Glaubensschatz zu verdeut l ichen, ihn im Spie-gel des Bildes oder Spieles anschaulich zu machen. So ha t : ich schon f r ü h die religiöse B ü h n e n k u n s t entwickel t . Es gab : m Mit te la l te r fas t ke in Fest , das nicht i rgendwie plast isch den Gläubigen vor die Augen gestell t worden wäre . Es darf nicht v e r w u n d e r n , daß die schöpferische K r a f t , das k ü n s t -lerische Denken und Ges ta l ten der Barockzeit sich beson-ders im Religiösen en t fa l t e ten . Wir hören dama l s vom A u f -k o m m e n wunde rvo l l e r Dreikönigsspiele in den Bischofs-s t äd ten Kons tanz und Rot tenburg , die spä te r besonders von Sp ie l -Gruppen kirchlicher Vere ine und Gese l lenvere ine ge-stal tet wurden . Wir hören vor a l lem von den S te rns ingern , die ebenfa l ls in der Barockzeit a u f k a m e n und die Sehnsucht der Heiden nach Chr i s tus ve rkö rpe rn . Drei Buben gehen als die Dreikönige verk le ide t durch die S t r a ß e n und Gassen, dek lamie ren die Dreikönigsgeschichte und singen ihre Lieder .

In I laigerloch e r inne r t m a n sich noch gerne j ene r Zeit, als die S ternsrnger aus Empfingen, w u n d e r b a r verk le ide t , ins Städtchen kamen , in der O b e r s t a d t und H a u p t s t r a ß e m e h r -mals ihre Lieder e rk l ingen l ießen und h ierbei auch von K i n -

I j a r t h o l o m ä u s Ze i tb lom, d e r b e k a n n t e g r o ß e Meis t e r aus Ulm, s chenk t e u n s in d e r D a r s t e l l u n g d e r d r e i Weisen aus d e m M o r g e n -land in d e r P f a r r k i r c h e B i n g e n ein b e d e u t e n d e s K u n s t w e r k d e r spä tgo t i schen re l ig iösen M a l k u n s t , da s 149S e n t s t a n d . Das Bi ld ge -h ö r t mi t zu d e n b e s t e n u n d schöns ten W e r k e n , da s d ie got i sche

TTohpri7niiprrt ^chpnki r\ (Fnto K u n s t v e r l a g B e u r o n )

Die he i l igen D r e i k ö n i g e als S t e r n s i n g e r , w i e sie f r ü h e r in d e n D ö r f e r n a u f t r a t e n u n d auch h e u t e noch, b e s o n d e r s i m Bad i schen , a n d ie sem T a g e a u f t r e t e n u n d m i t i h r e n L i e d e r n e r f r e u e n . In Sig-m a r i n g e n ist d e r B r a u c h n e u a u f g e l e b t . D o r t be suchen d ie d r e i Weisen d ie A l t e n f e i e r in d e r S t a d t h a l l e u n d die P a t i e n t e n des L a n -d e s k r a n k e n h a u s p s . (Foto Fr ick)

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 5

d e m zahlreich u m r i n g t wurden , die of t e inen Spek take l u n d L ä r m v e r f ü h r t e n . D a n n e rk l ang jedesmal die S t i m m e des rußgeschwärz ten Königs: „Die hei l igen Dreikönig mi t i h r em Stern , sie k o m m e n aus al ler G e f a h r u n d wünschen Euch al len ein glücklich's neu ' s J a h r , — a neu ' s J a h r u n d a glück-liche Zeit, die uns Got t Va t t e r vom H i m m e l ra geit — u n d w e n n ihr ebbas gea went , no tu t s recht bald, m i r müsse t heu t no durch an f ins tere Wald, durch an f ins tere Wald u n d t iefa Schnee — u n d des tu t ha l t dene drei heilige König so weh!"

In S igmar ingen , wo das S te rns ingen schon f r ü h e r im Schwünge war , ist es heu t e w iede r im Kommen . A b e r die Buben s a m m e l n h ie r ke ine Gaben, sondern wol len mi t i h r em Erscheinen F r e u d e bere i ten . Sie k o m m e n a l l jähr l ich zur Dre ikönigsfe ier in die S tad tha l le , wo sie ein Spiel a u f f ü h r e n , oder sie besuchen die K r a n k e n im L a n d e s k r a n k e n h a u s u n d e r f r e u e n mi t i h r en Liedern , die sie meis tens über ein Mi -k rophon in die Säle singen. So h a b e n alle K r a n k e n e twas vom Besuch der Weisen aus dem Morgenland, die i m m e r f r e u d i g b e g r ü ß t werden .

Wir sehen, daß die hei l igen Dreikönige tief im Volke ve r -wurze l t sind, daß sie uns e twas zu sagen haben, u n d sie als Schutzmacht v e r e h r t werden . Was liegt näher , als daß auch die Reisenden die Dre ikönige zu ih ren Schu tzpa t ronen e rwäh l t en . M a n sah im Reisen das echteste Symbol des Le -bens ü b e r h a u p t u n d als Spiegelbi ld der P i lge rgemeinschaf t auf Erden . Alles Reisen w a r zweckhaf t . Z u m Vergnügen re is te m a n nicht, das w a r zu kostspielig. Wo m a n reiste, s ind f r ü h e r schon H e r b e r g e n en t s t anden , u n d zwar zumeis t in de r N ä h e von Kirchen u n d Klös tern , die e inem wohl -tä t igen Zweck d ien ten u n d b e s t i m m t e Schutzheil ige ha t t en . Das w a r e n die vier Evangel is ten , es w a r e n Engel, Symbole aus der Hei l igen Schrif t , und es w a r e n auch die Schutz-heiligen, die Hl. Dreikönige. Vielfach w u r d e aber s ta t t i h re r n u r die Krone , ein Mohr oder ein S t e rn als Symbol ge füh r t . Hier leuchtet also das in te ressan te Kapi te l der En t s t ehung u n s e r e r W i r t s h a u s n a m e n in unsere Be t r ach tung herein . I h r e E n t s t e h u n g f indet ihre Quel len in den N a m e n dieser H e r -bergen, woraus auch schon die F r a g e der E n t s t e h u n g der vielen Gas t s t ä t t en zur „Krone" im ganzen Land , der W i r t -schaf t zum „Mohren" u n d zum „S te rnen" b e a n t w o r t e t ist. Se l tener dagegen sind die Wi r t scha f t en z. Dreikönig, woraus auch die Tatsache erhell t , daß sie zu den ä l t es ten Gas t s t ä t -t en gehören. E inen Beweis d a f ü r h a b e n w i r im „Dreikönig" in Haigerloch. Das Haus k ö n n t e viel aus seiner Geschichte erzählen. Ein kuns tvo l l angefe r t ig tes Wir tshausschi ld , das sich an e inem langen T r a n s p a r e n t übe r die S t r aße bre i te t u n d dem S t raßenb i ld e inen se l tenen Reiz ver le ih t , ist noch

ein w ü r d i g e r Zeuge der mi t te la l te r l ichen K u n s t der Wi r t s -hausschi lder . K a u m ein Bereich des Lebens ist zu nennen , de r nicht Gestal ten, N a m e n u n d S innbi lder f ü r Schilder ge-geben hät te . Neben unsprüngl ichen, re in p rak t i schen Zweck-schildern zur Kenn t l i chmachung der H ä u s e r schuf die spä-te re Zeit aus F r e u d e a m Besinnl ichen u n d Schönen einzig-art ige, heu te vielfach n u r noch in Museen a u f b e w a h r t e Schilder, die in W e r k s t ä t t e n u n b e k a n n t e r Meis ter en t s t anden sind.

Die spätmi t te la l te r l iche K u n s t w a r es auch, de ren s t renge u n d t iefgläubige F o r m e n besonders von der A n b e t u n g der drei Weisen aus dem Morgen lande bee inf lußt wurde . Sie erscheinen berei ts im 9. J a h r h u n d e r t als Könige, u n d zwar vor al lem im Bezug auf den 72. P s a l m „Die Könige von Thars i s u n d den Inse ln w e r d e n Geschenke br ingen." Vor ihnen kn ien die großen Meis ter der Got ik u n d huld igen in bedeu tenden W e r k e n diesen dre i Weisen. Hans Ba idung Gr ien schenkte uns die her r l iche A n b e t u n g im F r e i b u r g e r M ü n s t e r ; Holbein, Düre r u n d Zei tb lom w i d m e t e n in u n v e r -gänglichen W e r k e n den Weisen aus dem Morgen lande h e r r -liche Denkmale der Kuns t , in de ren S t rah lungsbere ich auch Hohenzol le rn gelangte. Das bedeu tends t e Dreikönigsbi ld in Hohenzol le rn u n d des we i t e r en Umkre i se s bef indet sich in der P f a r r k i r c h e zu Bingen, das u n s der große U l m e r Meis ter B a r t h o l o m ä u s Zei tb lom 1495 schenkte. Es gehör t zu den be-s ten W e r k e n des Meis te rs u n d ist ein echtes Kind der Got ik die im Tafe lb i ld die ganze Wel t als Got teswel t s ichtbar macht u n d durch die Dichte der Kompos i t ion de ren Aus -sagek ra f t anspricht . Das gotische Tafe lb i ld ist ein wesen t -licher Bes tandte i l des gotischen Flügela l ta rs , in dessen Rah -m e n es seine echte u n d w a h r e W i r k u n g en t fa l t e t . E ine alle Gewölbemale re i aus der e r s ten Hä l f t e des 14. J a h r h u n d e r t s f indet sich noch in der P f a r r k i r c h e Ver ingendorf , ebenfa l l s eine gute Arbe i t eines f r o m m e n u n d u n b e k a n n t e n Meis ters Schade, d a ß durch eine spä te re V e r p u t z e n t f e r n u n g das Werk nu r noch zur H ä l f t e e rha l t en ist, denn auch diese Darstel lung ist t ref f l ich u n d gehör t mi t zu den wer tvo l l en Male-re ien der Gotik in Hohenzol lern . Daß u n t e r der Gotik, die e inen einhei t l ichen europäischen Sti l e r re icht ha t te , auch Dre ikönigsdars te l lungen sind, d o k u m e n t i e r t die Tatsache, daß das A b e n d l a n d in E h r f u r c h t vor diesen M ä n n e r n kniet , ihr A n d e n k e n in der Liturgie, in der K u n s t u n d f r o h e m B r a u c h t u m in E h r e n häl t . Vor dieser Vergangenhe i t gewinnt auch die Dre ikön igsve reh rung u n s e r e r Tage große Bedeu-tung. Sie ist Te i l nahme an dieser e r s t en großen Wa l l f ah r t und Opfe rgang der Menschhei t zum i m m e r w ä h r e n d e n Kö-n ig tum Christi , ein Nieders inken vor d e m ewigen Gehe im-nis des Göttl ichen, das uns umgibt .

I m Wir t shaussch i ld ist o f t die E r i n n e r u n g an die he i l igen Dre ikön ige als S c h u t z p a t r o n e d e r R e i s e n d e n u n d H e r b e r g e n f e s t g e h a l t e n , so auch in den G a s t h ä u s e r n zur „Krone" , z u m „Mohren" , z u m „Stern" , z u m „Dreikönig" . H i e r das Wir t shaussch i ld a m „Dre ikön ig" in Haiger loch , ein w e r t v o l l e s S tück d e r S c h m i e d e k u n s t , das h e u t e noch d e m S t ad tb i l d z u r Z i e r d e ge re ich t .

(Foto Weber )

6 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

Der „Windmotor" von Weildorf Ein kleines Kapitel Heimatgeschichte von Bürge rme i s t e r K a r l K ö n i g

Wenn m a n u m die J a h r h u n d e r t w e n d e von Haigerloch k o m m e n d sich Weildorf näher t e , sah m a n im Unte rdor f auf dem Dach des ers ten Hauses ein eigenart iges, f r e m d a n m u -tendes Gerüs t m i t e inem großen Rad und l anger Schwanz-flosse. Dieser Holz tu rm mi t se inem Rad war , wie m a n d a -mals sagte, ein „Windmotor" , ähnlich e iner a l ten W i n d -mühle , wie m a n solche in der norddeu tschen Tie febene oder in Hol land sieht, a l lerdings nicht auf Hausdächern , sondern im f r e i en Gelände.

Der Wei ldor fe r Windmoto r bes t and aus e inem e twa acht Meter hohen, p y r a m i d e n f ö r m i g e n Holzgerüst , auf dem das 4 m im Durchmesse r große, t u rb inena r t i ge Rad mi t der Schwanzflosse a u f m o n t i e r t war . Die Schwanzflosse h a t t e die Aufgabe , das Rad i m m e r in die günst igs te Windr i ch tung zu br ingen, ähnlich e iner We t t e r f ahne . Wenn sich das große Rad bei güns t igem Wind drehte , ü b e r t r u g es die K r a f t des Windes mi t te l s eines Winkelge t r iebes auf die u n t e n in der Scheune aufges te l l te Fu t te rschne idmaschine , w a r also vor m e h r als e inem ha lben J a h r h u n d e r t die e r s te A n t r i e b s k r a f t ohne Menschenhand in Weildorf .

Der S t ando r t des Windmoto r s lag abe r nicht gerade g ü n -stig, da das Haus, auf dem er a u f g e b a u t war , auf d e m t i e f -s ten P u n k t des Dorfes s tand. Es m u ß t e schon ein s t a r k e r Wind wehen , w e n n dieser das Rad in Bewegung setzen sollte. So k a m es b iswei len vor, daß der Besi tzer des W i n d -motors ei lends vom Feld nach Hause l a u f e n muß te , w e n n ein günst iger Wind a u f k a m , oder sogar des Nachts aus dem Bet t sprang, u m das W e r k in G a n g zu setzen.

Die E r b a u e r des Windmoto r s w a r e n die B r ü d e r An ton und Math ias Lenz aus Weildorf sowie der Z i m m e r m a n n J o -

Nuntius Pacelli und Domkapitular Im J a h r e 1929 mach te der damal ige Nun t ius und spä tere

Paps t Eugen Pacel l i e ine Reise übe r den Schwarzwald zum Bodensee in Begle i tung des D o m k a p i t u l a r s und spä te ren Erzbischofs Dr. Konrad Gröber . Aus dem Bericht des le tz-t e ren (Fre iburger Tagespost 1929 Nr. 274 ff) e n t n e h m e n wi r :

„ . . Uebera l l w a r t e n die Leu te in der Nähe der Kirche oder vor den bef laggten und b e k r ä n z t e n Häusern , bis wi r vo rbe i f ah ren . N u n biegen wi r l inks ab, wie die Donau. Die Gewi t t e rwo lken d rängen uns nach, hängen ü b e r den T a n -n e n w ä l d e r n und senken sich d rohend in das Tal. In M ö h -r i n g e n donne r t und blitzt es berei ts . Schon fa l len e in-zelne große Tropfen . Tro tzdem h a r r e n die B e w o h n e r auf der S t r aße aus, u m den Nunt ius zu sehen. Wi r pass ie ren den Grenzpfah l , der Baden und W ü r t t e m b e r g scheidet. Kurz nach T u t t l i n g e n beg inn t es in S t r ö m e n zu regnen. Es d r ö h n t fürchter l ich im Tal, das Wasse r über f lu te t die S t r a ß e und spri tzt u n t e r den Räde rn hoch auf. H in t e r M ü h l h e i m wi rd es f ins te re Nacht. Die S t r aße k le t t e r t in zahl losen W i n -dungen durch den s tockdunklen Wald auf die Höhe h inauf und fäl l t dann wieder l angsam ins Tal. Reden ist zwecklos. Der Sek re t ä r des Nun t iu s und ich ve r s t ehen e inande r doch nicht vor dem Rauschen der s tu rmgepe i t sch ten Bäume, dem Geräusche der Räder , dem Donne rn und Echo des Gewi t t e r s und dem T r o m m e l n des Hagels und wolkenbrucha r t igen Regens auf dem Dache des Wagens. Wenn jetzt , wo wi r fluchtartig ins Tal jagen, ein Rei fen p la tz te oder die B r e m s e oder S t e u e r u n g versagte!

N u n pol ter t das Auto übe r die hölzerne Donaubrücke vor B e u r o n. Noch ein p a a r Sekunden , und es hä l t in i rgend e iner Sackgasse. Ich k e n n e mich nicht m e h r aus, sehe n u r noch im Lichte de r g lühenden Augen des Wagens e inen Mönch m i t hochgezogener Kapuze que r übe r den übe r f lu t e t en Weg r e n n e n und l anden in der t rockenen Klosterscheuer . Wo das Auto des Nun t iu s ist, wissen w i r nicht, hö ren aber an der P for te , daß e r eben in die Kirche einzog. Wi r ei len durch den düs te ren Kreuzgang und er lauschen in de r Kirche gerade noch den Schluß der Ansprache, die der E rzab t häl t .

D r a u ß e n rü t t e l t der S t u r m an den Bäumen , M a u e r n und Fens te rn . Dr innen die abgemessene feierl iche R u h e de r b e -nedikt in ischen K u n s t und Liturgie . Gedämpf te s , schwebendes Spiel der Orgel, Gesang einiger P s a l m e n in e inem be rücken-den f r e m d a r t i g e n , f a s t pr icke lnden Ton. Versikel und O r a -tion. Prozession der Mönche im Ha lbdunke l m i t dem Nun t iu s a m Ende in den Kreuzgang des Klosters .

Die le tz ten Töne der Orgel verhauchen . Der sonnige Glanz über der K r ö n u n g Mar iä a m Hochal ta r erlischt. N u r vor d e m Tabe rnake l flackert das Ewige L i c h t . . .

h a n n e s Pf is te r aus Bi t te lbronn . E r s t e r e r w a r neben de r k le i -nen Landwi r t s cha f t Schuhmacher , de r a n d e r e L a n d w i r t u n d S te inhauer . Ma th i a s Lenz besaß noch eine se lbs tgebaute Drechs lerbank mi t Fußbe t r i eb , womi t er f ü r die zahlre ichen S te inhauer , die in den dama l s in Blüte s t ehenden Wei ldor fe r Sands te inbrüchen arbe i te ten , die K n ü p f e l aus Har tho lz dreh te . Die prak t i sch ve r an l ag t en und i m m e r auf e twas Neues s innenden B r ü d e r w a r e n s te ts darauf bedacht , die in der L a n d w i r t s c h a f t an fa l l enden tägl ichen Arbe i t en durch mechanische G e r ä t e und Maschinen zu er leichtern. Sie f e r -t ig ten u. a. b r a u c h b a r e und f ü r die damal igen Verhä l tn i sse viel be s t aun t e Rübenschni tze r m i t Schwungrad und e iner hö lzernen Walze, u m die e iserne Schni tzmesser befes t ig t waren . Solche Rübenschni tzer w a r e n noch bis kurz vor dem ers ten Wel tkr ieg bei w o h l h a b e n d e n B a u e r n in Weildorf im Betr ieb. Auch Eggen mi t e i sernen Z ä h n e n w u r d e n he rge -stellt, die viel le ichter und vo r t e i l ha f t e r a rbe i te ten .

Der „Windmotor" auf dem Hausdach w u r d e mi t der Zei t a l tersschwach und morsch, zuletzt w u r d e er f ü r das Dach eine Gefah r bei G e w i t t e r s t ü r m e n . Einige J a h r e vor dem e r -s ten Wel tkr ieg w u r d e er dahe r abmont ie r t .

So ve r schwand das einst ige eigenart ige, v ie lbeachtete u n d v ie ld iskut ie r te Wahrze ichen Weildorfs . Auch die be iden we i t -schauenden B r ü d e r sind längs t ve r s to rben . An ton Lenz, auf dessen Haus der Windmoto r s tand, w a r u n v e r h e i r a t e t und s t a rb a m 7. J a n u a r 1926, 79 J a h r e a l t ; sein Bruder , Math ia s Lenz, s t a rb a m 4. Ju l i 1920 im 78. Lebens j ah r . Von be iden abe r spricht m a n heu t e noch in Weildorf , und sie s tehen heu t e noch in achtungsvol lem A n d e n k e n

Dr. Konrad Gröber in ßeuron 1929 B e u r o n ! Als ich spät abends droben in m e i n e m Z i m -

m e r sitze, denke ich nach. Das F e n s t e r ist o f fen . Ni rgends ein S te rn ; kühle , abe r ruh ige Nacht. N u r von den Dächern und B ä u m e n t r o p f t es, als t icktackte ein Uhr . Umso l e b h a f t e r und l au te r w e r d e n die Bi lder m e i n e r E r i n n e r u n g und P h a n -tasie. Wieder lebt das Klos te r in m i r auf , nach dem ich so l ange Zeit innige Sehnsucht t rug. Abe r es w a r e n n u r Rufe , ke ine B e r u f u n g . Wie bei so vielen. J a h r z e h n t e sind se i tdem dahin . Aber w e n n ich wieder e inmal zeichne, b r inge ich die B e u r o n e r Lin ie nicht m e h r los, und w e n n ich im Konven t knie, bezauber t mich dieser se l t same Gesang. Es is t h ie r R h y t h m u s in de r Kuns t und im Leben. R h y t h m u s be lebt und beruh ig t . H ie r fließt das Dasein wie de r F l u ß zwischen sch immernden Felsen. U m zwei Sonnen kre i s t h ie r alles, u m Got t und u m die Seele. Hier im geschlossenen Tal gibt es n u r e i n e n Ausblick: nach oben! —

Ich schlafe schlecht, ob von den E indrücken von gestern, oder von den E r w a r t u n g e n von heute . Die T r ä u m e schleifen f i ebe rha f t das E n t f e r n t e s t e he rbe i und ve rb inden es toll. In de r F r ü h e lese ich die hl. Messe a m St. B e n e d i k t u s a l t a r vor dem Rosenkranzbi ld , das ich f r ü h e r e inmal kopier te . Beim F r ü h s t ü c k t r e f f e ich e inen hage ren P a t e r aus Norwegen , der u m seine H e i m k e h r zur Mut te rk i rche m i t se iner V e r g a n g e n -he i t r ingt. Nachher schreite ich mi t dem P a t e r Michael den Gang ab vor m e i n e m Z i m m e r und spreche von T u r b i n e n und Technik, von St. Anse lmo in R o m und von e iner Oster ia an de r Piazza Barbe r in i m i t ro t schwarzem Frasca t i . K los te r -gäs te pol tern an uns vorbei , junge L e u t e mi t v e r b r a n n t e n , flaumigen Gesichtern, g r a u g r ü n e n W a d e n s t r ü m p f e n und Bergschuhen. Ich regle nicht ohne M ü h e die rechtzeit ige A b f a h r t . Uebe r dem Tal h ä n g t wieder der b laues te Himmel .

Auf dem e r s t en Teil der F a h r t t a l a b w ä r t s beglei te t der E rzab t seinen hohen Gast . D r ü b e n g rüß t vom Felsen h e r a b das Bened ik t ine rk reuz . Noch eine Kurve , und S t . M a u r u s l iegt vor uns, an der Donau das L a n d h a u s m i t seinen B l u -m e n und Bienen, jensei ts der s t aubweißen S t r aße die e r -h ö h t e Kapel le . Sie ist der Fläche nach klein, abe r groß durch die schlichte archi tektonische Linie und die M o n u m e n t a l i t ä t i h re r Fresken . P rach tvo l le r b l auschwarze r H i n t e r g r u n d von b lu t ro t e r s o n n e n h a f t e r Gloriole durchglüht , l euch tende F a r -ben der Gesichter und Gewände r . Die A n o r d n u n g der K r e u -z igungsgruppe ist e twa wie bei Fiesole, n u r s t i l i s ier ter und männl icher . Und doch kein totes, kons t ru i e r t e s Bild, sondern puls ierendes, jungf räu l i ches Leben. Was P a t e r Desider ius und sein M i t b r u d e r Gabr ie l h ie r schufen, gehör t zum Al le r -bes ten der ganzen Schule. N u r noch in der Tore t ta von Monte Cassino h a b e ich Aehnliches gesehen. Wir sprachen be im W e i t e r f a h r e n übe r das Mut t e rk los t e r der Benedik t iner .

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 7

Noch kl ingt m i r e ine Melodie in den Ohren, die ich dor t in d rückender Melancholie nach e inem schmerzlichen Abschied von Rom aus i rgende inem Saa le hörte , eine j ene r magischen Tonfolgen, die m a n nie m e h r vergißt , weil sie Sehnsucht sind u n d Seele.

Der W i l d e n s t e i n r ag t t ro tz ig über die Felsen m i t u n -gebrochenem Gemäuer , m i t Vorbu rg und Zugbrücke, m i t Berg f r i ed und Verl iesen. Die Burgkape l le schmückt ein W e r k des Meis ters von Meßkirch (Kopie!). „Ich will den Felsen so steil machen" , h a t t e ihr E r b a u e r gesagt, „daß kein E ichhörn-chen d a r a n h i n a u f k l e t t e r n kann . "

N u n spiegelt sich S c h l o ß W e r e n w a g m i t zackiger Si lhouet te in der Donau . Schon biegt ku rz vor H a u s e n der Weg ü b e r den F l u ß u n d k u r v t im Walde empor . Wolken t re iben wieder a m Himmel , als w i r die Höhe erreichen. Wasse rp fü t zen s tehen auf der S t r a ß e von der ve rgangenen Nacht. Der k ü h l e H e u b e r g w i n d wickelt uns tief in unse re sommer l ichen Mänte l ein. Noch völlig du rchnäß t l iegt das in der endlosen Regenper iode f a s t schwarz gewordene Ge-t re ide auf den Fe ldern . Es ist h ier ein steiniges Land, und nu r mühse l ig e r a rbe i t en sich seine Bewohner ihr tägliches Brot .

Das ze r s t r eu te K r e e n h e i n s t e t t e n liegt vor uns. A b r a h a m a S a n t a C l a r a , de r Augus t inermönch ,

Ein Feldpostbrief, geschrieben vor Daß auch im Kriege von 1870 Fe ldpos tb r i e fe ins Feld ge-

schickt wurden , die von Liebe und Leid, von Angs t und b a n -ger Sehnsucht e r fü l l t waren , zeugt uns heu t igen Menschen ein ü b e r a u s schöner und aus l i ebendem Herzen h e r a u s ge-schr iebener Brief e iner hiesigen Bürgers tochter . Dieser in schöner deutscher Schr i f t geschriebene Brief w u r d e kürzl ich bei U m b a u a r b e i t e n in e inem u n b e w o h n t e n Haus ge funden , und er ist es wer t , ihn der heu t igen Genera t ion zur K e n n t -nis zu geben.

W e i l d o r f , d e n 28. Nov . 1870.

I nn ig s t G e l i e b t e r !

W i e s e h r mich De in l a n g e s S t i l l s chwe igen in A n g s t u n d T r a u -r i g k e i t v e r s e t z t , k a n n Ich D i r m e i n T h e u r e r n i ch t b e s c h r e i b e n . Schon l ä n g s t e r w a r t e ich e i n e n Br ie f v o n Dir , da a b e r l a n g e k e i n e A n t w o r t fo lg te , so s t ieg m e i n e A n g s t j e d e n T a g h ö h e r d e n n m e i n e so g r o ß e B e s o r g n i s u m Dich l ies mich b e f ü r c h t e n , es m ö c h t e Di r e t w a s p a s s i e r t o d e r D u m ö c h t e s t v ie le ich t k r a n k sein, i n d e m mich solche G e d a n k e n o h n e d ies m e h r g e n ü g e n .

Ich h a t t e i m m e r gedach t , Du h ä t t e s t mich g a n z v e r g e s s e n ode r D u h ä t t e s t m e i n e n Br ief n icht e r h a l t e n , wei l Du m i r so lange n i ch t m e h r g e s c h r i e b e n has t , a b e r in D e i n e m B r i e f e , d e n Du m i r a m 26. N o v e m b e r g e s c h r i e b e n has t , h a t t e Ich v e r n o m m e n , d a ß solches n ich t d e r Fa l l w a r .

Es h a t mich rech t herz l ich g e f r e u t , d a ß Du m e i n e n Br ie f u n d m e i n e . P o r t o g r a p h i ' r i ch t ig e r h a l t e n h a s t u n d d a ß es Dich s e h r g e f r e u t h a t . Ach wie s e h r b e d a u r e ich Dich, b e s o n d e r s wi rk l i ch , da d e r W i n t e r v o r d e r T h ü r e ist u n d D u d a n n d e r s t r e n g s t e n K ä l t e a u s g e s e t z t se in m u ß t . W o c h e n u n d T a g e v e r g e h e n u n d d e r K r i e g wi l l k e i n E n d e n e h m e n , k e i n F r i e d e wi l l w i e d e r k e h r e n . Möge G o t t geben , d a ß sich b a l d d ie t r a u r i g e Z e i t w e n d e u n d Dich w i e d e r g lückl ich in d ie A r m e D e i n e r L i e b e n z u r ü c k k e h r e n lasse w o ich dar .n w i e d e r j e n e F r e u d e g e n i e ß e n k ö n n t e , d ie m i r schon so l a n g e v e r s a g t w u r d e . O m ö c h t e s t Du ba ld , ja gleich z u r ü c k k e h r e n , d e n n ach, d ie l a n g e n d r ü c k e n d e n A b e n d s t u n d e n , w i e v e r g n ü g t k ö n n t e n w i r a m A b e n d sein, w e n n Du zu m i r k o m m e n k ö n n t e s t , d e n n d ie A b e n d e s ind w i r k l i c h e r Z e i t so f u r c h t b a r l a n g e , Du wi r s t es auch g e w a h r w e r d e n .

Von m e i n e m B r u d e r h a b e n w i r d e n 24. N o v e m b e r auch e i n e n Br ie f e r h a l t e n , a b e r e r h a t u n s n i ch t gesch r i eben , d a ß e r ge -s u n d o d e r d a ß er u n w o h l sei, d a n n h a t m e i n e M u t t e r gle ich ge -sagt , es f e h l e i h m e twas , d e n n er h a t u n s noch in j e d e m Br ie f

s t a m m t e von hier. In der Wir t schaf t zu r T r a u b e ist e r ge-boren. Wie paß t eigentlich dieser so überschäumende , witzige, wor tgewal t ige M a n n m i t se iner barocken, unerschöpfl ichen P h a n t a s i e in diese einsilbige, fa rb lose Gegend! Und doch w a r er ein urwüchs iger Heube rge r nach der vä ter l ichen und müt te r l i che r Seite. Der M a n n der P rov idenz f ü r W i e n , deutlich und derb, wie eben die Schwaben seiner r a u h e n H e i m a t sind. Einer , aus dem m a n getros t zehn ande re K a n -ze l redner u n d Schr i f t s te l le r schnitzen könnte , u n d es h ä t t e e iner j eder von ihnen noch Geist u n d E i n b i l d u n g s k r a f t ge-nug. Einer , bei dessen P red ig t en die Zuhöre r ba ld vor Lachen sich bogen, bald vor R ü h r u n g u n d Reue u n t e r die Ki rchen-b ä n k e krochen. Einer , der nie vor den Mächt igen sich duckte, oder ih re r Huld und G n a d e sich r ü h m t e , sondern Got t al l -zeit die E h r e gab, u n d s e i n e ä r m l i c h e H e r k u n f t n i e m a l s v e r l e u g n e t e . Einer , der große Poli t ik auf der Kanze l machte und d a m i t Europa vom T ü r k e n bef re i te . Wie lange h a t es gebraucht , b is m a n diesem M a n n e in seiner H e i m a t e inen fas t zu bescheidenen Denks te in setzte. — A n e iner Wegkreuzung w a r t e t der tücht ige P f a r r e r m i t e inem Häuf l e in P f a r r k i n d e r u n d g rüß t bescheiden. Vom Ki rch tu rm k l ingen die Glocken. Wie mühse l ig sehen die Leu te h ier aus! Wellige, reizlose heimat l ich l iebe Gegend! Da gibts nichts zu e r k l ä r e n u n d nichts zu b e w u n d e r n " (Wei te r fahr t nach Meßkirch, der H e i m a t Dr. Gröbers usw.)

91 Jahren am 28. November 1870 g e s c h r i e b e n , d a ß e r g e s u n d se i u n d j e t z t ist es g e r a d e so ge -w e s e n , b e s u c h e I h n auch , w i e es auch m i t i h m ist . Sch re ib es m i r auch gleich w i e d e r , d e n n w i r s ind s e h r u n r u h i g . Noch e t w a s m u ß ich D i r s ch re iben , d a ß m e i n V e t t e r P h . F . g e s t o r b e n ist , g e r a d e an Mar t in i , e r ist b l o ß sechs T a g e k r a n k g e w e s e n , e r h a t d a s S t echen u n d d e n H u s t e n g e h a b t , es ist g a n z schnel l m i t i h m g e g a n g e n . I n zwei T a g e n is t d e r T h . F . auch k r a n k g e w o r d e n , er h a t b e r e i t s d ie n ä m l i c h e K r a n k h e i t g e h a b t w i e se in V a t e r , e r ist s e h r s chwer k r a n k g e w e s e n , a b e r j e t z t i s t es w i e d e r b e s s e r m i t i h m . W e n n m a n n u r g e s u n d ist , d e n n d i e G e s u n d h e i t geh t ü b e r a l les .

Sons t N e u i g k e i t e n w e i ß ich k e i n e zu s c h r e i b e n . So schl ieße ich m e i n S c h r e i b e n in d e r a n g e n e h m e n H o f f n u n g ,

mich b a l d w i e d e r m i t e i n e m B r i e f e zu e r f r e u e n . B a l d i g e A n t w o r t . T a u ß e n d G r ü ß e v o n m e i n e n E l t e r n u n d b e s o n d e r s v o n D e i n e r

Dich e w i g l i e b e n d e n W. L. He rz l i che G r ü ß e v o n L. R. u n d g r ü ß e auch m e i n e n B r u d e r

M. G. E i n e n G r u ß von D e i n e n E l t e r n , g e r a d e h e u t e „ t röschen" sie,

m i t de r Maschine , d a n n ist m a n gleich f e r t i g . ( G e m e i n t ist e i n e D r e s c h m a s c h i n e m i t H a n d b e t r i e b . )

D i e S c h r e i b e r i n d ie ses B r i e f e s w a r zu d i e s e r Z e i t 23 J a h r e a l t . Sie w a r g e b o r e n a m 26. F e b r u a r 1847 als T o c h t e r des L a n d w i r t s J . L. Die M u t t e r w a r d ie L a n d w i r t s t o c h t e r M. L . geb . H .

Der Kr ieg von 1870/71 ging zu Ende, u n d de r B r ä u t i g a m der Schreiber in k e h r t e woh lbeha l t en in die H e i m a t zurück. Es w a r der L a n d w i r t M. F., in dessen H a u s dieser Brief g e f u n d e n wurde .

A m 17. F e b r u a r 1874 schlössen beide in der P f a r r k i r c h e zu Weildorf den Bu n d f ü r s Leben. Die B r a u t soll nach der Uebe r l i e f e rung ein statt l iches, schönes Mädchen gewesen sein, aus de ren Augen das Glück s t rahl te .

Doch nicht lange sollte dieses junge Glück dauern . A m 26. J u n i 1874 eilte die K u n d e durch das Dorf , daß W a l b u r g a a m Tage der Gebur t ihres e r s ten Kindes an Kindbe t t f i eber ge-s to rben sei. Zwei Tage darauf w u r d e sie z u s a m m e n mi t i h r em Kind im geme insamen G r a b beerdigt .

Ers t f ü n f z e h n J a h r e spä t e r k o n n t e sich der schmerzge-beugte E h e m a n n entschließen, e ine neue Ehe e inzugehen; er s t a rb a m 30. Oktober 1920 in Weildorf . K. König.

Wilderei im Amt Ostrach 1749 U n t e r den von Kons tanz ü b e r k o m m e n e n P rozeßak ten des

Erzbischöfl ichen Archivs F r e i b u r g (Ka. 90) finden sich einige Schrif ts tücke, die von Wilddiebere i im Gebiet von Habs tha l u n d Ostrach ber ichten. Da h a t am 21. J a n u a r 1749 die Kanzle i des Klos ters Sa lem eine „Designat ion" aufgestel l t , ü b e r all das, w a s be t r . des löblichen Got teshauses Habs tha l , und eine Anzahl Geistliche ausweisl ich des m i t Georg Ha lde r von J e t t k o f e n p u n k t o Wilddieberey g e f ü h r t e n Prozesses h e r -auskam, den m a n „zu Ehren de r Geist l ichkeit" vorzei t ig ge-schlossen ha t t e :

Das löbliche Got teshaus Habs tha l ha t schon besag ä l t e re r F o r s t a k t e n von 1719 von dem Wildere r P e t e r Krezdorn von W a n g e n ein Wildstück gekauf t . Es h a t sich f e r n e r nach Zeugnis der ä l teren P a t r e s von Sa lem ein gleiches zu Schul-den k o m m e n lassen. Damal s m u ß t e der P r ä l a t des Klos ters Waldsee als zei twei l iger Beichtva ter zu Habs ta l beim A b t S t e p h a n I. von Sa lem eine Abb i t t e tun . E r h a t t e nicht in Abrede s tel len können , daß seine (mit Respek t zu sagen) Hosen, die er anha t t e , von e inem Wildstuck s t a m m t e n , das im S a l e m e r Fors t geschossen w o r d e n war . Das Klos ter H a b s -

8 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

tha l ha t auf diese Abb i t t e h in auf das bes t immtes t e ve r sp ro -chen, nicht m e h r zu jagen, oder Wildererfleisch zu kau fen , oder sonst die Fors t rechte zu ver letzen, worauf m a n ke inen Schadenersa tz ver langte . Allein ba ld w a r das Versprechen wieder vergessen. A k t e n m ä ß i g wi rd erwiesen, daß es in dem J a h r 1748 sowohl ein „übergehendes" Wildschwein, als e inen Hirsch und zwei Rehböcke von Wi lde re rn kau f t e . Sa lem ist somit befugt , Schadenersa tz zu ver langen , und zwar f ü r alles z u s a m m e n 150—200 Gulden. Der H e r r P f a r r e r Mar t in S tork von E i n h a r t ha t das Habs tha l zugekommene Wild-schwein selbst im sog. B r a n d t geschossen, auch den Wil-de re rn beim Suchen de r angeschossenen Wildstücke tätlich geholfen u n d von ihnen sowohl Tiere, als auch Böcke und Geißen gekauf t . Aus Barmherz igke i t w e r d e n von ihm n u r 30 fl. Schadenersa tz geforder t . Der H e r r P f a r r v i k a r i u s Ha -genbach von Gr ies ingen (Krs. Ehingen) ha t vom näml ichen Wilderer vor 8 J a h r e n gegen F u t t e r s t r o h ein Wi ldbre t e in-getauscht, auch in 3—4 ande ren Malen vom Wild einige ..Wand, La f f e r , Z iemer (Rückenstücke) u n d Schlegel" gekauf t , w o f ü r m a n ihm nun 20 fl. ab forder te .

Der H e r r P f a r r v i k a r i u s Albini von Magenbuch ist wegen einer „Laf fen und Ziemer" und 2 Rehschlegeln angeklagt , ha t aber selbst ausgesagt , er habe 2 ganze Rehe und auch m e h r e r e s vom Hochwild empfangen . H e r r P f a r r v i k a r S p a n n -brugger von Tafe r t swe i l e r ha t 1 ganzes Reh, der H e r r De-p u t a t Waibel von Hoßkirch von e inem „gewürz ten" Reh alles Wildbret , H e r r K a m m e r e r Geiger von Burgwei le r zwei -mal Rehschlegel, H e r r P f a r r e r Schmiedberger von Wald ebenfa l l s zweimal 2 Rehschlegel e rha l ten . Den Ansa tz dieser Stücke über lasse m a n dem H e r r n Gene ra lv ika r von K o n -stanz. Das Sa lemer Kanzleisiegel zeigt e inen doppelköpflgen Adler.

Schon am 22. J a n u a r 1749 schrieb Ab t Anse lm II. von Sa lmanswey le r persönlich an den Gene ra lv ika r :

. .Hochwürdig Reichs Hoch Wohl Gebohrne r Insonders Hochgeehr ter Her r ! E w e r Hochwürden ha t mi r mi t me inem Rat und O b e r a m t m a n n von Bachhaup ten in der Klage gegen das Got teshaus Habs tha l und einige H e r r e n Geistliche Gehör geschenkt u n d Sa t i s fak t ion versprochen. Von dem u n d a n k -baren u n d schon ö f t e r h ie r in fa l l s f r e v e l n d e n Got te shaus Habs tha l w ü r d e ich s ta t t der angese tz ten 200 fl. Ersa tz mi t 150 zuf r i eden sein, beim H e r r n P f a r r e r von E i n h a r t wegen des g e k a u f t e n u n d sogar selbst gefä l l ten Wildpre ts auf 50 oder gar 30 fl. he run t e rgehen . Dem P f a r r v i k a r Hagenbach zu Gr ies ingen mögen 20 fl. Schadlosmachung gnädigst a u f -ge t ragen werden , worauf ich von der W i e d e r a u f n a h m e des Prozesses abs tehen würde , w e n n den a n d e r n Geist l ichen ein beliebiger Ansa tz an Wiede rgu tmachung gemacht wird. Dem P f a r r e r von E i n h a r t we rde ich bei e r s te r Gelegenhei t me l -den, daß er seinen f ü r ku rze Zeit a r r e s t i e r t en Kompe tenz -Wein holen lassen kann . Ew. Hochwürden e rgebens te r Diener Anselm Abbt m n p p r ( • e igenhändig) ."

Ein wei te res Schreiben vom 27. J a n u a r ist von den Reichs-st if t isch Sa l emanswey le r Räten, Oberpf legern und Ober -beamten der Her r scha f t Ostrach von Bachhaup ten aus an den P f a r r h e r r n und Deputa ten , Dr. theol. Waibel zu Hoß-kirch gerichtet : Sie h ä t t e n schon zweimal wegen des von Wi ldere ren g e k a u f t e n Fleisches geschrieben, aber noch nie A n t w o r t gekriegt . Doch ver lange Se. Exzel lens Hochwürden und G n a d e n ihr gnäd. H e r r eine E r k l ä r u n g über die von ihm ver lang te Wiedergu tmachung . Somit e r w a r t e n sie eine bald beliebige A n t w o r t u n d verb le iben u n t e r göttl. Schutzes Er f lehung mi t al ler Es t ime EW. Hochwürden d iens tbe ra i t -willige Räte etc. Das Siegel zeigt e inen Abt mi t Stab, zur Seite e inen Schild mi t dem Zis te rz ienserwappen (geschach-ten Schrägbalken).

Ob eine A n t w o r t erfolgte, ist nicht zu ersehen. Aber K o n -stanz griff nun ein. Am 30. J a n u a r 1749, als die Kap i tu l a re zur Wahl eines neuen Dekans zu Habs tha l b e i s a m m e n waren , wobei der P f a r r e r von Burgwei le r gewähl t wurde , erschien auch der bischöfliche Fiskal J o h a n n e s L a b h a r t u n d n a h m ein 15seitiges Pro tokol l auf.

Hie raus erhell t , daß Salem alle E i n k ü n f t e des Klosters Habs tha l in seinem Gebiet sperr te , bis Schadenersa tz geleistet sei. Auch dem P f a r r e r von E i n h a r t ist der Besoldungswein tür 1748 gesperr t , und Kons tanz ve r l ang te die Einre ichung der Ersa tzansprüche .

Zunächst w u r d e die Pr io r in von Habs tha l in Gegenwar t der Subpr ior in , einiger F r a u e n u n d des Beichtva ters gehört . Sie gesteht , vor e twa 2 J a h r e n durch Ve rmi t t l ung des P f a r -re r s von E i n h a r t von Andrea s Bauknecht e inen „Gable r" fü r 7—8 fl. gekauf t , auch vom g e n a n n t e n P f a r r e r 3 oder 4 mal innerha lb 6 J a h r e n e inen Schlegel, L a f f e r oder Ziemer

wie auch ein „übergehendes" Schweinlein von etlich un te r 50 oder 60 P f u n d e rha l t en zu haben . Dies le tz tere habe der P f a r r e r i m Sep t ember 1745 den 2 K los t e r f r auen in die „Scheeßen" mitgegeben, als sie beim Franzosene infa l l von der H a b e r e r n t e auf dem Burkha ide rhof zurückgehol t w u r -den. Zwei ganze Rehe h a b sie nicht gekauf t . An ein Wild von P e t e r Krezdorn 1719 könne sie sich nicht e r innern , auch habe sie n iemals den jetzigen H e r r n P r ä l a t e n zu Waldsee und ehemal igen Beichtva ter wegen g e k a u f t e n Wi ldpre t s in Salem Abbi t te zu leisten au fge t ragen . Wegen der Hosen h ä t t e n die H e r r e n von Salem den damal igen Beichtvater a n -gesprochen. Der habe jedoch gean twor te t , sie seien wilde, abe r n u r von innen her . Dies alles sei abe r doch w a h r h a f t i g viel m e h r noch v e r j ä h r t , als das Ere ignis vor 15 J a h r e n , als Sa lem wegen eines Stockackers in Lever t swei le r ans t a t t der ve r l ang ten Fo r s tga rben widerrecht l ich die L a n d g a r b e n des Klosters Habs tha l wegge füh r t . O b e r a m t m a n n Häder in Bach-h a u p t e n habe dies ers t kürzl ich zugegeben u n d als v e r j ä h r t e rk l ä r en wollen. Im übr igen beschwer t sich die P r io r in we -gen der S p e r r u n g der E i n k ü n f t e und die um 3/4 überse tz te W i e d e r g u t m a c h u n g s s u m m e und rä t dem H e r r n P r ä l a t e n von Sa lem größere Bescheidenhei t an . . . .

Der neugewäh l t e Dekan Ludwig An ton Geiger von B u r g -wei ler gesteht, e inma l e inen Rehschlegel vom Halder e r -worben zu haben, der jedoch i m m e r bei den Sa lemer J ä g e r n Dienste getan, so daß er nicht wissen konnte , daß er wildere. Auch gäl ten ja die Grundsä tze : 1) Ein Wild gehöre dem, der es findet. Folglich k ö n n e n i e m a n d zur Res t i tu t ion verpfl ichtet werden . 2) Kauf von Wi ldbre t sei vom Ord ina r i a t noch nie ve rbo ten worden . B e a m t e und Klös ter h ä t t e n i m m e r solches e rworben . 3) Wenn Sa lem jetzt durchdr inge mi t se iner F o r -derung, sei in der ganzen Diözese kein Geistl icher m e h r sicher, f ü r f r ü h e r e K ä u f e zahlen zu müssen, da alle H e r r -schaf ten auf diese Sa lemer Stre i tsache ihr scharfes Augen-m e r k r ichteten. Werde doch sowieso der Kle rus al ler Or t en ger ing geachtet . 4) Habe ja n i e m a n d die Wilderer anges t i f te t , sondern diese h ä t t e n dem Kle rus das Wild au fgedräng t . Ehe er an Salem auch n u r e inen Kreuze r zahle, lasse er es l ieber auf e inen Prozeß a n k o m m e n .

Aehnlich w u r d e n die P f a r r e r Ka r l Waibel von Hoßkirch, F r anz Josef Schmiedberger von Wald, J o h a n n Erns t Albini von Magenbuch, Bened ik t S p a n n b r u g g e r von Tafe r t swe i l e r und Mar t in S tork von E i n h a r t v e r n o m m e n , w ä h r e n d P f a r r e r Hagenbach von Gries ingen nicht anwesend war .

S tork gab zu, anno 1745 im sog. B r a n d t ein Säulein von 50—60 P f u n d geschossen zu haben , das er dem Kl. Habs ta l ve reh r t e u n d d a f ü r 2 z a h m e Ferke l erhiel t . E r habe auch dem Halder ein angeschossenes Wild suchen he l fen , abe r nicht gefunden , t rotz zwei tägiger Suche. Von Andrea s B a u -knecht habe er e inen Gable r ans Kl. Habs tha l vor 2 J a h r e n vermi t te l t , auch vom Halder eine Geiß und 1 Bock b e k o m -men, und von dem am Kegelpla tz geschossenen Tier 13 oder 14 P f u n d Fleisch, f e r n e r 1 W a n d von dem vor 6 J a h r e n auf dem E i n h a r t e r Stockacker e r leg ten Tier, f e rne r 13 oder 14 P f u n d von dem beim Södel im B r a n d t geschossenen Tier. Sa lem habe ihn ö f t e r mi t den J ä g e r n ins Sigmaringische geschickt, u m d a n n und w a n n ein gutes Stück in die Hof -kuchel zu l iefern, wobei er wegen der geleis teten Dienste zuwei len auch e twas f ü r sich beha l t en du r f t e . Der Wi ldere r sei ja schon en tsprechend bes t ra f t , u n d n u n solle auch er selber und das Klos ter Habs tha l f ü r die gleiche Sache zah-len. Das Schweinlein h a b e er aus p r ä s u m i e r t e r Er l aubn i s geschossen. Er u n t e r w e r f e sich willig se inem Ord ina r ius und hoffe , daß m a n die von Salem e igenmächt ig gemachten Ein-gr i f fe in die geistl ichen Rechte zurückweise.

Hier m u ß b e m e r k t werden , daß S tork vorher versucht ha t te , die Klage abzubiegen, indem er dem Abt von Salem eine Fl inte anbot , womi t er jedoch ke inen Erfo lg hat te .

Alle so ve rhö r t en m u ß t e n n u n mit A u s n a h m e des neuen Dekans schrift l ich oder mündl ich sich bei Sa lem entschuldi -gen. Gegen S to rk jedoch erg ing a m 8. Ju l i 1749 von Kon-stanz aus der S t r a f b e f e h l : Weil er Wildererfleisch gekau f t u n d selbst zur Verach tung des Kle rus durch sein Wildern beigetragen, w i r d er zum „Geistl ichen Karze r " im Kreuzgang des Kons tanzer Müns te r s verur te i l t , wo er an dem Chor-gebet im Got teshaus t e i l zunehmen hat te . Dies w u r d e ihm am 7. August e rö f fne t . Die Ze i tdauer der S t r a f e ist nicht angegeben. Zu beachten ist, daß a u c h e r , w i e d e r D e -k a n , d e r A n s i c h t w a r , d a ß d a s W i l d h e r r e n -l o s e s G u t s e i , bzw. der Al lgemeinhei t gehör te und nicht e inem einzelnen Fo r s the r rn ! Ein Pr inzip , das sich heu te im wesent l ichen durch das Jagdrech t der Gemeinden seit 1848 durchgesetzt ha t . J. A. Krs.

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 9

Denkmalspflege in Hohenzollern im Jahre 1961 Im J a h r e 1961 w u r d e n in Hohenzol lern wieder e ine grö-

ßere Zahl von denkmalpf leger ischen Arbe i ten durchgeführ t . Wenn es nach dem Wunsche der A u f t r a g g e b e r gegangen wäre , so w ä r e n es noch m e h r gewesen. Die gespann te Lage am B a u m a r k t und die s t a rke I n a n s p r u c h n a h m e der beiden f ü r Hohenzol lern hauptsächl ich in F rage k o m m e n d e n Re-s t au ra to ren J o s e f L o r c h und F i d e l i s M a r m o n h a t es verursacht , daß verschiedene f ü r dieses J a h r geplante A r -be i ten in den Win te r oder in das nächste J a h r verschoben w e r d e n müssen .

Hierzu gehören : die In s t andse t zung der I n n e n a u s m a l u n g der P f a r r k i r c h e in S i b e r a t s w e i l e r (Bezirk Achberg), die in diesem J a h r e e rwe i t e r t und im Aeußeren i n s t a n d -gesetzt wurde , die Fer t igs te l lung der denkmalpf leger ischen E r n e u e r u n g der Kreuzkape l le in I n n e r i n g e n , die I n n e n -ins t andse tzung der Mar ienkape l l e in N e u f r a, wo sich wer tvol le W a n d m a l e r e i e n des 16. J a h r h u n d e r t s und eine al te charak te rvo l le Holzdecke f anden , die Fer t igs te l lung der R e -nov ie rung der wer tvo l l en W a n d g e m ä l d e des 14. J a h r h u n d e r t s in der Hennens te inkape l l e in T r o c h t e l f i n g e n , die I n -s tandse tzung der Pe t e r skape l l e in V e r i n g e n s t a d t und die Innen ins t andse t zung der a l ten Fr iedhofsk i rche in S c h l a t t , de ren Aeußeres in den le tz ten J a h r e n schon renovie r t wurde .

Die im J a h r e 1960 begonnene Innen ins t andse t zung der P f a r r k i r c h e in H a r t h a u s e n a n d e r S c h e e r ist bis auf die beiden Se i t ena l t ä re fer t iggeste l l t . Ganz fe r t ig ist die Renov ie rung des I n n e r n der P f a r r k i r c h e in B i e t e n h a u -s e n , die in diesm S o m m e r durch Josef Lorch vo rgenom-m e n wurde .

Fer t iggeste l l t ist we i t e r der Neuve rpu t z der T ü r m e der P f a r r k i r c h e in B e n z i n g e n und I n n e r i n g e n . In Arbe i t ist der Neuverpu tz der Fi l ia lkirche in B a c h h a u p t e n und der P f a r r k i r c h e L a i z.

Der T u r m der P f a r r k i r c h e in S t r a ß b e r g , die im ve r -gangenen J a h r im I n n e r n denkmalpf leger i sch ins tandgese tz t wurde , m u ß t e wegen Baufä l l igke i t te i lweise abgebrochen werden. Er wi rd zur Zeit in der a l ten F o r m w i e d e r h e r -gestellt .

Das Emgangspor t a l der Wal l f ah r t sk i r che St. A n n a in H a i -g e r l o c h , dessen Sands te ine zum Teil v e r w i t t e r t sind, wi rd zur Zeit durch den Bi ldhauer Heinr ich Schneider , Ro t -tenburg, r es taur ie r t .

Die P f a r r k i r c h e in H a r t wi rd e rwei te r t . Das Inne re wi rd im k o m m e n d e n J a h r fer t iggestel l t .

In Angrif f g e n o m m e n ist die Innen ins t andse t zung der klassizist ischen P f a r r k i r c h e in B e t r a und der n e u r o m a n i -schen P f a r r k i r c h e in E m p f i n g e n .

Mi t den Außenan l agen der P f a r r k i r c h e in H e t t i n g e n , die in den letzten J a h r e n e rwe i t e r t und denkmalspf leger isch e r n e u e r t wurde , soll noch in diesem Herbs t begonnen w e r -den. Die Außenan l agen w e r d e n nach dem En twur f des be -k a n n t e n Gar t enges t a l t e r s Valent in , S tu t tga r t , au sge füh r t .

In diesem Win te r sollen die Tonf iguren der S ta t ionen an der Kirche St. Lü tzen in H e c h i n g e n f a rb ig ins tandgese tz t werden .

Demnächs t wird m i t der gründl ichen A u ß e n - und I n n e n -ins t andse tzung der evangel ischen P f a r r k i r c h e in S i g m a -r i n g e n , e ines neugot ischen Baues von Augus t Stüler , dem E r b a u e r der Burg Hohenzol lern , begonnen werden .

Auf dem Gebiet de r p r o f a n e n Denkmalspf lege sind fo l -gende Arbe i ten zu n e n n e n : die Ins t andse tzung eines Teiles der U m f a s s u n g s m a u e r des Schlosses Het t ingen, die I n s t a n d -se tzung des sogenann ten „Weißen Häuschens" im P a r k der Villa Eugenia in Hechingen, eines bedeu tenden Zeugen der b iedermeier l ichen K u l t u r Hechingens. Begonnen w u r d e mi t der Außen ins t andse t zung des f r ü h e r e n A m t s h a u s e s des Klo-s ters Mur i in D e t t i n g e n . Demnächs t wi rd m i t der A u ß e n -ins tandse tzung des f r ü h e r e n Klos te rgebäudes (jetzt R a t -haus) in R a n g e n d i n g e n begonnen werden .

Auf der B u r g H o h e n z o l l e r n sind die Bronzes ta tuen von acht preußischen Herrscherges ta l ten , die sich f r ü h e r in der Ruhmesha l l e des Ber l ine r Zeughauses be f anden , auf neuen Sockeln in der Höhe des Bas te iumganges aufges te l l t worden . Ein wei teres Eingangs tor der f r ü h e r e n Ka i se r -Wi l -he lm-Gedäch tn i s -Ki rche in Ber l in -Char lo t t enburg , das sogen. Apostel tor , w u r d e in diesen Tagen am Eingang zur e v a n -gelischen Kapel le angebracht . Die E r w e i t e r u n g und der Aus-bau der R e s t a u r a t i o n s r ä u m e im W e h r h a u s sind im Gange.

An ins tandgese tz ten schönen F a c h w e r k h ä u s e r n sind zu n e n n e n das G a s t h a u s zur Pos t in J u n g i n g e n und die Hofapo theke in S i g m a r i n g e n . F ü r das k o m m e n d e J a h r sind an größeren Arbe i t en geplan t :

Die Innen in s t andse t zung der P f a r r k i r c h e in H e c h i n -ge n und der Klos ter - , je tz t P f a r r k i r c h e in W a l d , die I n -s t andse tzung der Ha idkape l l e bei T r o c h t e l f i n g e n , des spätgotischen Kreuzganges in W a l d und die E r w e i t e r u n g der P f a r r k i r c h e in B i n g e n , die die Gelegenhei t zur Wie-de rhe r s t e l lung des a l ten Hochal tars m i t F iguren von J ö r g Syr l in dem J ü n g e r e n und mi t Gemälden von Ba r tho lomäus Zei tblom geben wird. Wa l the r G e n z m e r.

210 Pfund Heller zahlte Ebingen für „Büze von Joseph H a l m , Ebingen

Der 4. November 1386 ist in der Geschichte der S t ad t Eb in -gen von eigener Bedeutung , da an diesem Tag der Kauf des Dorfes „Büze" durch die S t ad t von Schwe ikha r t von Lich-tenstein (einer abgegangenen B u r g bei Neuf ra ) , gesiegelt wurde . Dem F r e u n d heimatgeschicht l icher Begebenhei ten ist solch ein Tag Anlaß zu e inem Nachschlag übe r die noch vor -h a n d e n e n Aufzeichnungen, die bis in unsere Zeit e rha l t en geblieben sind. Da es sich u m den 575. J a h r e s t a g handel t , sei mi r er laubt , von diesem Kauf und seinen Folgen zu be -richten.

„Kauf Brief von Büz" „Ich S c h w e i k h a r t von Liechtenstein der J u n g ve r -

jehe öffentl ich vor männigl ich mi t diesem Brief al len denen, die ihn ansehen, lesen oder hören lesen, daß ich mi t gu ter Vorbet rachtung, f ü r mich und all mein Erben v e r k a u f t han, und zu k a u f e n geben han, eines rechten, redlichen s te ten Kaufs , den eh rba ren , F r o m m e n , dem Schul theißen, und den Bürge rn gemeinlich zu Ebingen, mein Dorf Büze genannt , m i t al lem dem, so darzu und da r inn gehört , m i t Leut , mi t Guth , Gericht, m i t Hi r tens tab , m i t P a n n Lehen, mi t Holz, m i t Feld, m i t Aker , m i t Wiss, m i t Wonn, mi t Waid, mi t Wasen, mi t Bäum, mi t Steeg, mi t Weeg, m i t Wasser , mi t Wasser la i t in , mi t Grund , mi t Grä th , b e n a n n t s oder u n b e -nann t s , f u n d e n s oder u n f u n d e n s , besuchts oder unbesuchts , und sonderbahr m i t al ler G e w a l t s a m e und Gewohnhei t , als ich es von me inen V o r d e m inngehab t und hergebracht h a b e n . . .

der Schul theiß und die Burge r gemeinlich der S ta t t zu Ebingen, und all ihr Nachkommen h i n f ü r o eine haben, n ie-sen, besetzen und entsetzen, m i t al lem Nuzen und Rechten, und Gewohnhei t , und mi t al ler Gewal t same , f ü r recht und ledig und u n b e k ü m m e r t aigen, und h a n um das Dorf, und auch um alle sein Zugehörenden i n n g e n o m m e n und e m p -

fangen, von den ehegenann t en dem Schul the ißen und den Burge rn gemeinlich der S ta t t zu Ebingen, Zwey H u n d e r t P f u n d und zehn P f u n d guter und g e n e h m e r Heller , der ich von ihnen gar und gänzlich gewehr t und bezahl t b in . . .

Und dess alles zu noch m e h r e r Sicherheit , so ha t unser jeglicher besonder f ü r sich und sein E r b e n sein aigen I n n -sigell ofentl ich gehenk t an diesen Brief , der geben w a r d zu Ebingen in der S t a t t nach Chr i s tus Gebur th , Dreizehn H u n d e r t Jahre , Achzig J a h r e und darnach in dem Sechsten J ah re , an dem nächs ten Tage, vor Sanc t Mar t in s Tag, des hayl igen Bischofes."

So n a h m e n dere ins t Schul the iß und Burge r von der S t ad t Ebingen das Dorf Büze in ih ren Besitz und ü b e r n a h m e n nicht n u r die Rechte, sondern auch die Pf l ichten der einst igen Besitzer auf sich. W e n n in dem Kaufbr i e f nicht ersichtlich ist, w a r u m Schwe ikha r t von Lichtenstein sein Dorf ve r -k a u f t hat , k ü n d e t e ine U r k u n d e aus dem J a h r 1443 davon, daß J u n k e r Schwe ikha r t m i t dem Verkauf des Dorfes ein Versprechen einlöste, das er seiner M u t t e r auf ih rem Toten-be t t gegeben ha t zu e iner Zeit, „als u m Ebingen ein groß S te rben war" . E r soll d a f ü r sorgen, „daß die a r m e n Leut zu Büz nicht ohne das hei l ige S a k r a m e n t und ohne alles Gottes Recht s türben, da solch S t e rben eine schwere Sache sei."

Ebingen ü b e r n a h m die Pfl icht der geist igen B e t r e u u n g der Bitzer E inwohner , die dama l s durch Tod infolge der im Lande u m g e h e n d e n Pes t , an Zahl sehr ger ing war . Aus einer U e b e r p r ü f u n g der Ausgaben der S t ad t aus dem J a h r 1812 wird auch untersucht , inwiewei t die Verhäl tn isse zu Bitz m e h r und m e h r gek lä r t w e r d e n können . Dabei ist aus einer Abschr i f t eines Ve r t r ags -Br i e f e s vom J a h r e 1462 zwischen dem Bitzer H a n s Widersbonn und der S t ad t der Zusatz / : welcher zu selbiger Zeit wahrscheinl ich noch allein in Bitz gewesen ist :/ was die ger inge E inwohne rzah l beweist . 1520 w u r d e

10 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

der ,große Zehn t ' in Bitz von der S t a d t an die P f a r r e i zu Ebingen übergeben m i t der Bedingung, daß alle S o n n t a g eine hl. Messe mi t V e r k ü n d i g u n g des hei l igen Wor te s Got tes ge-schehen soll und alle ande r Woche eine we i te re Messe, also in 14 Tagen 3 Messen. Sol l ten aber die P f a r r h e r r n von Eb in -gen die Bi tzer nicht m e h r ve r sehen wollen, so h ä t t e n die Bi tzer das Recht, den Z e h n t des hei l igen Bischofs von St. Nikolaus, P a t r o n zu Büz, e inzunehmen u n d denselben so-lange zu beha l ten , bis die P f a r r h e r r n die Pf l ichten in v o r -gesehener Weise wieder ü b e r n e h m e n . Als das H au s W ü r t -t e m b e r g die Besoldung der P f a r r e r ü b e r n a h m , w u r d e der große Z e h n t von Bitz an dieses abge t r e t en und k a m somit an das m i t der B e t r e u u n g von Bitz b e a u f t r a g t e He l f e r a t A m t Ebingen, dem auch der k le ine Z e h n t von Bitz zus tand .

J o h a n n Conrad von T h i e rb e rg zu Lau t l ingen erhob 1541 Anspruch auf den Z e h n t von Bitz, da derse lbe ihm ve r -p f ä n d e t sei, w u r d e abe r von den herzoglichen Hofme i s t e rn und Rä ten mi t se inem Anspruch abgewiesen.

1590 gab Ebingen die ih r zus tehende ,Malefizisch Obr igkei t zu Büz' dem Herzog L u d w i g von W ü r t t e m b e r g als Geschenk. Dadurch bl ieb der S t a d t e ine hohe Kos tensumme, die zur Abur t e i l ung der aus dem n a h e n ,Ausland ' h e r ü b e r wechseln-den Del iquenten , d ie im abgelegenen Dorf Unterschlupf suchten, e r spar t . Auch die läs t igen Ause inanderse tzungen mi t d e m nachbar l ichen Aus land u m die flüchtigen Del iquenten . Die gnädige B e h a n d l u n g des Ebinger Malefizgerichts w u r d e vom herzoglichen Gericht abgelöst, und gar mancher , der s t r a f fä l l ig wurde , mied n u n das Dorf Bitz. Durch diese f r e i -willige Abgabe eines de r S t a d t zus tehenden Rechtes an den Herzog weckte u n t e r den Bi tzer E i n w o h n e r n den Glauben, daß die B indung zu Ebingen sich gelockert h a b e und ihnen m e h r F re ihe i t en zus tanden . Der 1625 aus Bitz a b g e w a n d e r t e Bürge r Ulrich W a g n e r (anjezo Hirschhornischer Un te r t an ) woll te die ,gubelam emigra t ion is ' (Abgabe bei Wegzug) nicht bezahlen, w u r d e aber dazu verpfl ichtet . Doch w a r e n es auch die Obervögte des Herzogs, die nun versuchten, in die Rechte de r Ebinger im Dorf Bitz f ü r ih re He r r s cha f t Nutzen zu holen. Sie wol l ten Zoll u n d Accis e rheben, und die Ebinger m u ß t e n h a r t auf ih r alleiniges, v e r b r i e f t e s Recht pochen, u m dies zu ve rhü t en . Das Ende jedoch war , daß Bitz als .Aus-land ' gerechnet wurde . W e n n also ein E i n w o h n e r von Bitz in W ü r t t e m b e r g , zu d e m es ja durch seine Zugehör igkei t zu Ebingen gehörte, ein Stück Vieh kau f t e , m u ß t e Abgabe b e -zahl t werden .

„Von Got tes G n a d e n C a r l , Herzog zu W ü r t t e m b e r g u n d Teck p p . . . die I n n w o h n e r zu Büz, w e n n sie in Unse rn H e r -zoglichen L a n d e n cont rah ieren , in Ansehen des Zolls und Accises als Aus l ände r zu behande ln , mi th in , w a n n selbige zu Ebingen oder a n d e r n Or t en diessei t iger Herzogl: L a n d e Vieh e rhande ln , von ihnen nach Ausweiss Unse re r Herzogl: Accis Ins t ruc t ion der aus ländischen Accis, und solcher ge-s ta l ten auch der Zoll ein zu ziehen ist. Du has t (gemeint ist der O b e r a m t m a n n zu Ebingen) dahero pro f u t u r o hierauf ein sorgfäl t iges Auf sehen zu haben, u n d bei sonst zu gewar t en habende r V e r a n t w o r t u n g u n d S t r a f e h i e r u n t e r zum Nachthei l Unse r s und des Landschaf t l i chen In te resse f e rne r , wie b is -hero zu U n s e r m höchsten Missfa l len geschehen, in A n s e h u n g des Zolls und Accises gegen die Büzer ke ine Nachsicht v e r -wa l t en zu lassen.

S tu t tga r t , den 20.ten Aug: 1775 Herzogl : Hochpreissliche Regierung.

Diese H ä r t e von Seiten der Reg ie rung wi rd aber den Ebin-gern zugeschrieben, und manche r Chronis t v e r m e r k t , daß die B ü r g e r von Bitz wie U n t e r t a n e n zwei ten Ranges behande l t w o r d e n seien. Daß dies nicht der Fal l war , ist schon aus e inem A n h a n g in der S t ad t r echnung von 1616 ersichtlich, wo von herzoglichen Rechnungsp rü fe rn die Milde in der A b -rechnung de r Bi tzer Kerns teue r , die an die S t a d t ge l iefer t w e r d e n mußte , sowie der Einzug der Zinsen f ü r A l lmand in Bitz s t renger w e r d e n muß te . Auch w e n n k ü n f t i g A l l m a n d und Tr iebgü te r den B ü r g e r n zugetei l t werden , soll nicht die S t a d t die Kosten t ragen, sondern die ,Bützer selbst ' .

Noch eine Sei te menschl icher B e h a n d l u n g der Bi tzer durch die Ebinger wi rd in obiger U r k u n d e von 1775 h a r t gerügt : , . . . . Und da uns auch die un thgs t : Anzeige geschehn, daß in dem Flecken Büz den J u d e n ein A u f e n t h a l t und Hande l ges ta t t e t werde , dieses aber Unse re r Herzogl. Landes u n d a n d e r n Ve ro rdnungen schnurs t r aks zuwider ist: als wol len w i r dich (Oberamtmann) gnädigs t angewiesen haben , die V o r k e h r zu t r e f f en , daß den J u d e n allda wede r ein A u f e n t -h a l t noch wen ige r ein Hande l f ü r o h i n zuges tanden werde . D a r u m geschiehet Unse re M e y n u n g . . . . '

Wi r sehen klar , die Reg ie rung w u r d e von den herzoglichen B e a m t e n von der h u m a n e n B e h a n d l u n g de r E i n w o h n e r in Bitz durch die Ebinger s tets auf d e m l a u f e n d e n gehal ten und h a t t e b e s t i m m t auch u n t e r den Bewohne rn von Bitz gute Ver t rauens leu te . Kein W u n d e r d a r u m , daß es zu S t re i t ig -ke i ten kam, u n d weil die Bi tzer i m m e r w i e d e r e twas dabei f ü r sich holten, b l ieben sie in s te te r Wachsamkei t , f ü r ih ren Vortei l zu sorgen. Da w a r die durch den K a u f v e r t r a g den Eb ingern zus tehende K e r n e n s t e u e r 1618 An laß zu e iner U n -r u h e in Bitz, weil sie diese nicht m e h r geben woll ten. Jedoch w u r d e auf G r u n d des Ver t rages diese zu Recht e rhoben . Der M ü h l e n z w a n g zu den Ebinger Müh len w a r den Bi tzern sehr ungelegen, und gar manche r ging in f r e m d e Müh len u n d gab vor, d ie Bitzer w ü r d e n in den Eb inger Müh len schlecht b e -dient . Sie b rach ten aber diese Klage nicht bei dem A m t vor, sondern n u r als Aus rede bei e iner Bes t r a fung . Die Eb inger Mül le r jedoch klagten , daß die Bi tzer .ungleiche Früchte ' in den Säcken h a b e n u n d der Mül le r Schaden erleide. In e inem Vergleich von 1777 wi rd dieser M ü h l e n z w a n g geregelt .

Der Auf t r i eb auf die Weide vom Gal tv ieh w a r ein a l te r S t re i t u n d ist be re i t s 1711 vergl ichen worden .

Da e rha l t en die Ebinger e inen Hinweis , daß die Bi tzer die F e l d m a r k e n von A l l m a n d u n d s tad te igenen G ü t e r n zu ih ren Guns ten verse tz t haben . E ine N e u v e r m a r k u n g w u r d e a n -b e r a u m t , jedoch der Vogt von Bitz widerse tz te sich tätl ich und ke in E i n w o h n e r von Bitz d u r f t e es wagen, bei der A u f -f indung der a l ten M a r k e n mi t zuwi rken .

Aus al ten U r k u n d e n k ö n n t e h i e r noch m a n c h e r S t re i t fes tgeste l l t werden . Der Wunsch nach Lösung von Ebingen k a m i m m e r deut l icher zum Ausdruck , und die Eb inger e r -k a n n t e n auch k la r , daß eine Lösung g e f u n d e n w e r d e n muß te . Die Ak ten de r J a h r e 1812/13 k ü n d e n viel von der gegen-seit igen Aussprache u n d Angle ichung zwischen Ebingen u n d Bitz und besonders von der Nachgiebigkei t der Ebinger . Das in a l te r Zeit so viel gesprochene W o r t : ,Bitz ist onser ' ve r lo r i m m e r m e h r an Wert , und der V e r t r a g übe r die Se lbs tänd ig-kei t von Bitz w u r d e vom 20. bis 26. S e p t e m b e r 1832 ausge-hande l t und unterschr ieben . Ebingen b e k a m von Bitz 23 000 Gulden als K a u f s u m m e f ü r seine Fre ihe i t .

Ringinger Recht und Herkommen" Aus dem A n f a n g des 16. J a h r h u n d e r t s bl ieb eine U r k u n d e

in W o r t l a u t e rha l ten , in der die Rede ist „von des Dorfes Ringingen Recht und H e r k o m m e n . " Dies m u ß das besondere In te resse de r H e i m a t f r e u n d e e r regen . Es h a n d e l t sich u m eine Ger ichtsentscheidung f ü r die neun Ebinger St . M a r t i n s -höfe zu Ringingen, die im J a h r e 1404 von Heinr ich von Ki l l e r -Af fenschmalz an die genann te Mar t inspf lege v e r k a u f t w o r d e n und seit a l ters an Ringinger B a u e r n oder „Mayer" gel iehen waren . In e iner Beschre ibung dieser Höfe vom J a h r e 1524 durch den Hechinger P r o t o n o t a r oder S t a d t -schreiber Sebas t i an Halbaicher , die im H e i m a t m u s e u m oder Archiv der S t a d t Eb ingen v e r w a h r t ist, f inde t sich die f r a g -liche U r k u n d e verzeichnet . Es wi rd da r in berichtet , es hä t t en sich Z w a y u n g u n d Spenn (Strei t und Händel) e rhoben zwi-schen den St. Mar t inspf legern S t e p h a n Datt , S t e p h a n S p r i n -ger u n d B a r t h o l o m ä u s B lank von Ebingen und den M a y e r n oder L e h e n b a u e r n zu Ringingen.

Letz tere g laub ten sich berechtigt , diese Eb inger L e h e n -güter zu v e r k a u f e n oder zu verse tzen ohne B e f r a g e n der Heil igenpfleger von Ebingen, w e n n diesen n u r die jähr l ichen Gi l tabgaben pünkt l ich ge l iefer t würden . Vermut l ich w u r d e

diese Ansicht dadurch begünst ig t , daß seit 1453 die Ringinger Her r schafs lehen und wohl auch die a n d e r n erblich gemacht w o r d e n waren , w ä h r e n d sie v o r h e r be im Tod des I n h a b e r s i m m e r an den H e r r n zurückfielen.

I m Ebinger Fal l hande l t e es sich insgesamt u m eine Gilt von 26 Scheffeln, 7 S imr i und 2 Vier l ing Vesen (Reut l inger Meß), 14 Schf. Haber , 6 Sri . Bohnen, 9 Al thennen , 27 J u n g -h ü h n e r , 860 Eier und 8 Käse. Aus dem le tz ten Pos t en ist zu ersehen, daß m a n dama l s in Ring ingen auch K ä s e f a b r i -z i e r t e , der sicher nicht m i t Q u a r k oder „Knol len" gleich-zusetzen war . Bei den Bohnen wi rd es sich u m Acker - oder S a u b o h n e n gehande l t haben . Alle diese Abgaben w u r d e n 1837—43 im 20fachen J a h r e s b e t r a g m i t Geld abgelöst, w o r ü b e r die A k t e n 1945 m i t dem R a t h a u s v e r b r a n n t e n . Die Gil ten w a r e n als ehemals der H e r r s c h a f t gehörig auf den Kas t en (Zehntscheuer) zu Ringingen zu l ie fern gewesen, von wo sie die Ebinger Pf leger abholen l ießen.

Die Pfleger wide r sp rachen n u n dieser Ansicht der Mayer he f t ig : le tz tere h ä t t e n kein Recht, die G ü t e r bel iebig zu v e r k a u f e n usw. Es seien Lehengüte r , und j ede r neue I n h a b e r

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 11

müsse von der Pflege das Lehen neu empfangen , wobei d e m Or t she r rn an seinen Rechten ke in E i n t r a g geschehen dür fe .

Die Pf leger v e r t r a t e n f e r n e r die Ansicht, rücks tändige Lehengi l ten seien zu bezah len wie l a u f e n d e Abgaben . Da -gegen mein te ihr A m t m a n n , die Pf leger sollten die B a u e r n bei Gi l t rücks tänden f r ü h e r e r J a h r e wie bei a l ten Schulden einfach p f ä n d e n „ n a c h d e s D o r f e s R e c h t u n d H e r -k o m m e n."

Der Stre i t w u r d e n u n entschieden durch den W e r d e n -be rge r Obervogt Melchior M e ß n a n g von Trochtelf ingen, den beiden A m t l e u t e n (Schultheißen!) von Zollern und W e r d e n -berg und dem Ring inger Ortsgericht . U n d z w a r w u r d e b e -thäd ing t (wie es scheint auf dem Dorfpla tz) :

Wenn ein Mayer , ohne Rücksicht ob e r W e r d e n b e r g oder Zollern dem Leibe nach zugehört , ein Eb inger Lehengu t v e r k a u f e n will, so darf dies n u r m i t Z u s t i m m u n g der Pf le -ger geschehen, die d a n n den K ä u f e r dami t be lehnen. Die Obr igkei ts rechte be ider He r r scha f t en ble iben gewahr t . G lau -ben die Pfleger, der K ä u f e r sei f ü r den Hof nicht tauglich, der V e r k ä u f e r aber ist gegentei l iger Ansicht, d a n n sollen de r her rschaf t l iche A m t m a n n u n d das Ortsger icht entscheiden, w a s d a n n f ü r beide P a r t e i e n verbindl ich bleibt . A n eine Z e r -s tückelung eines Gutes wi rd dabei ü b e r h a u p t nicht ge-dacht! F e r n e r m ü s s e n die L e h e n m a y e r ih re Zinsen u n d Gil -t en jewei ls zwischen St. Gal len Tag u n d Weihnachten a b -l iefern . W e r d e n sie h ie r in säumig, so h a t der A m t m a n n , der in diesem J a h r den S tab f ü h r t , die Säumigen nach Trochte l -fingen bzw. nach Hechingen zu zit ieren, wie bei a n d e r n Schulden gegen ih ren Le ibher rn , u n d das Nötige veranlassen , bis alles pf l ichtgemäß bezahl t ist. Dies geschah a m Fre i tag vor san t Vyts Tag in dem Jah r , als m a n zähl te von der G e b u r t Chris t i t a u s e n d f ü n f h u n d e r t u n d in dem a n d e r n J ah r , also 1502.

Allein dieses D a t u m h a t e inen H a k e n ! Es ist d i rek t u n -möglich. Denn die Geschichte Ringingens zeigt, daß erst vom J a h r e 1508 an der Graf von Zol lern (neben dem W e r d e n -berger) ein Viertel der He r r s cha f t s - und Obrigkei ts rechte besaß, vo rhe r n u r e inen Zehnt te i l .

L a u t e iner U r k u n d e im Speth ' schen Archiv zu G r a n h e i m bei Riedl ingen schlichtete Herzog Ulrich von W ü r t t e m b e r g e inen S t re i t zwischen dem G r a f e n Ei te l f r iedr ich von Zollern und dem edlen H a n s Spe th von G r a n h e i m . Le tz te re r d ü r f t e ein Sohn des Heinrich Spe th gewesen sein, der durch seine F r a u Meger l in Schwelher ein Te i lhaber des Dorfes Ringingen geworden war . Der S t re i t d r eh t e sich u m das Schloß W a r t -stein im Lau te r t a l . Ei te l f r iedr ich soll den v i e r t e n T e i l d e s D o r f e s R i n g i n g e n e rha l t en (wobei von der B u r g schon ke ine Rede m e h r ist!) und alles, was H an s und seine Schwestern (Veronika u. a.) u n d zuvor ih r Vate r daselbst gehabt ha t t en . Ha ns soll 400 fl an seine Schwes te rn und den von Her tens te in bezahlen, e r h ä l t d a f ü r aber den War t s t e in u n d h a t f ü r Zol lern gegen A d a m von Stein f ü r 200 fl gu tzu-stehen. Mergel in Schwelhe r w a r nämlich vor 1468 m i t B r u n o von Her tens te in ve rhe i r a t e t gewesen.

Die endgül t ige Uebergabe des (ausgebrannten!) Schlosses Warts te in an den Spe th gegen das Vier tel an Ringingen an Zollern er fo lg te a m 18. F e b r u a r 1508. Es hande l t e sich u m V< der Obrigkei t , de r Burgste l le auf dem Nehberg , des Schloßgutes, des Großzehnten , K i rchenpa t rona t s u n d u m 5 Lehenhöfe mi t 9 Zinsgütern , die an Zol lern k a m e n .

Wegen de r J a h r z a h l wi rd m a n somit schwerlich f eh l -gehen, w e n n m a n einen Hör feh le r a n n i m m t , und daß es he ißen m u ß : 1500 u n d in dem a c h t e n (nicht „andern") J a h r , somit de r 9. J u n i 1508 gemein t war .

Abe r was ist es m i t „ d e s D o r f e s R i n g i n g e n R e c h t u n d H e r k o m m e n ? " Zum Glück ha t der Unterze ich-ne te in den 20 und 30er J a h r e n alle wichtig scheinenden U r -

Al te F l u r n a m e n zu deuten, ist vielfach ein Wagnis. Schon J o h a n n e s Scholz aus Of fenburg , der viele F l u r n a m e n deu te te und a l ten Deu tungen o f t einen neuen Sinn unter legte , schrieb in seiner Broschüre „Neue Wege der Or t s - und F l u r n a m e n -forschung", daß w i r z w a r viele unse re r Or t s - und F l u r n a m e n gedeute t hät ten, , daß dennoch viele noch r ä t s e lha f t b l ieben oder ü b e r h a u p t nicht en thü l l t w e r d e n könn ten , weil w i r unse r e eigene Mut t e r sp rache nicht m e h r v e r s t ü n d e n oder —- f ü g e n w i r hinzu —, weil w i r vielfach deren E n t s t e h u n g aus der Sprache eines Volkes ablehnen, das in archäischer Zei t in unse re r H e i m a t leb te und von dem wi r n u r einiges aus G r ä b e r f u n d e n wissen, aus menschl ichen Ske le t t en u n d Grabbe igaben , wie Schmuck, Waf fen , Urnen , Vasen, Töpfen, K r ü g e n oder Speiseres ten und S a m e n von Kul tu rgewächsen .

k ü n d e n und Ak ten des Ringinger Ra thauses abgeschrieben, so daß wenigs tens die Abschr i f t en den B r a n d vom Jö rgen t ag 1945 be im Franzosene inmarsch ü b e r d a u e r t e n . U n t e r i hnen bef indet sich auch eine Kopie des F l e c k e n b u c h s v o m 4. M a i 1 5 3 0 , dessen Tex t in den Mi t te i lungen des hohenz. Geschichtsvereins 1924 veröf fen t l i ch t ist. Dar in findet sich ein Abschnit t , de r A u s k u n f t gibt ü b e r dieses Ringinger R e c h t d e s V e r p f ä n d e n s . Es he iß t da :

„Man darf ke inen p fänden , a u ß e r u m eine öffent l ich b e -k a n n t e Schuld. Wenn e iner dem a n d e r n p f ä n d e n will, soll dies m i t E r l aubn i s des her r schaf t l i chen A m t m a n n s (so hieß dama l s der Schultheiß!) geschehen u n t e r Mi th i l fe des ge-schworenen Schützen. Der Verlauf ist fo lgender : Der Schuld-n e r m u ß dem Gläub iger 4 Hel le r oder ein P f a n d von 4 Hel ler W e r t geben, das der Gläubiger j enem im Haus l as -sen oder in des nächs ten Or ts r ich ters Haus h in te r legen k a n n . Sobald n u n 8 Tage nach der V e r p f ä n d u n g ve rgangen sind, ha t der Gläubiger Rechtsansprüche als w ä r e ein ganzes J a h r verf lossen. Fal ls dieses e in t r i t t und der Schu ldner übe r 1 J a h r war te t , so m u ß e r aufs neue gep fände t werden . Wenn also der Gläubiger nach diesen 8 Tagen (oder dem fiktiven J ah r ) ein wei teres P f a n d forder t , m u ß ihm de r Schuldner abermals , abe r je tz t 6 P f e n n i g an W e r t geben, und so geht es for t , bis der Gläubiger m i t P f ä n d e r n be f r i ed ig t ist. Ein Gericht soll die P f ä n d e r schätzen, die u m Vs wer tvo l l e r sein müssen als die Schuld war . Es m ü s s e n f e r n e r P f ä n d e r sein, die der Schuldner t r e iben oder t r agen kann . Wenn sie ge-schätzt und nach u n d nach u m d e n T a n z p l a t z (im Kreben) ausge ru fen sind, h a t der Schu ldner 8 Tage Ge-legenheit , sie auszulösen. Fal ls es essende P f ä n d e r sind (z. B. Tiere), m u ß sie de r Schuldner w ä h r e n d der 8 Tage versorgen. Nach Verf luß der 8 Tage ohne Aus lösung fa l len sie dem Gläubiger als E igen tum zu, der d a m i t nach Bel ieben schal ten und wa l t en kann . "

Sowei t diese Rech t sbes t immungen . Wie lange sie noch im 16. J a h r h u n d e r t in K r a f t bl ieben, ist nicht b e k a n n t . V e r m u t -lich w u r d e n sie vom Trochte l f inger A m t nicht besonders f reundl ich angesehen.

Der Tanzpla tz im K r e b e n (vor dem jetzigen Schulhaus) w a r noch im J a h r e 1728 mi t e inem A s y l v o n 2 4 S t u n -d e n ausges ta t te t . E r ist im a l ten Or t sp lan besonders e inge-zeichnet: ein mi t 2 L inden bes tandenes Rondel l von 16,70 m Durchmesse r m i t e iner Kege lbahn als Tangen te im Süden. Die Geme inde zahl te noch 1694 und 1745, spä te r aus der Gemeindescheuer , jähr l ich aus dem Kreben , „worin eine Fre ihe i t von 24 S tund" , an den Heil igen 4 Heller , die v ie l -leicht ursprüngl ich aus de r benachba r t en H a n f r ö ß e gingen (Vgl. Zo l l e rhe imat 1938, S. 9—11; und 1941, 21).

„Hier auf dem Dor fp la t z im Krebenr ing , t ag te in a l te r Zei t die Gemeinde . U n t e r den L inden der M ä n n e r Th ing saß zu Gericht ü b e r F r e u n d e u n d Fe inde ; Fröhl icher Tanz u n d die Kege lbahn zogen die J u g e n d gar mächt ig an. Se lbs t e ine F re i s t a t t h a t h ie r ge funden , a l lerdings n u r f ü r 2 Dutzend S tunden , Wenn e iner unbedach t Uebles getan!"

E ine r vor etlichen J a h r e n im neugeschaf fenen R u n d des Schulhofes gepflanzten L inde als E r i n n e r u n g an den a l ten Ger ich ts r ing w a r ke ine lange Lebensdaue r beschieden, viel-leicht weil sie schon zu groß war . Möglicherweise gelingt es, ein junges k rä f t iges B ä u m c h e n zu finden, das, dem beson-deren Schutz der Schule anve r t r au t , d a n n besser gedeiht!

Auch in Dorns te t t en h ieß de r Gerichtsplatz Kreben , was soviel als „mit F l e c h t z a u n u m g e b e n e r P l a t z " gedeute t wird . In Sa lmend ingen ist 1730 ein T a n z - K r e e b e rwähn t , e inen K r e b e n gab es e inst im b e n a c h b a r t e n S te t t en und heu te noch exis t ier t de r N a m e in Melchingen. Die in der S t u t t g a r t e r Gegend übliche Bezeichnung K r e b f ü r K o r b d a -gegen ist bei uns gänzlich u n b e k a n n t ! Kraus .

(Fortsetzung)

Bei vielen morgenländischen Völkern wie Perse rn , Assy-re rn , Babylonern , Ägypte rn , ist dies anders . Dort findet m a n neben den no twend igen Hausge rä t en auch Tafe ln mi t Schr i f t -zeichen. Bei uns leben ä l tes te N a m e n vielfach in den Berg- , F l u ß - und manchma l auch O r t s n a m e n fort , die das Volk in der Ursp rache übe r l i e f e r t ha t . A b e r w e r aus dem Volk v e r -s teht den begr i f f l ichen I n h a l t der F l u r n a m e n Bondt , Beunt , Degenbond, Brückler , vor Buo, Diebsgraben , Löc'nle, U n t e r -lauen, Alaun, Sigental , Geißapfe l , Unet , Onet, Held graben, Hel lenstal l , Kann i t e rwa ld , Stonge, Huschenwies , Kieleck, Madach, Reichbronnen, auf der Rossen, Schalksgrund, Schriet , S t rupfe , im Züricher, Ziegelwäldle (wo wei t u n d bre i t ke in Lehm zu Dachziegeln usw. v o r h a n d e n ist), des Tüf fe l ins Brüggel usw. Dies sind n u r ein p a a r von den 324

Alte Flurnamen — von Josef S t r o b e 1

12 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

F l u r n a m e n , die ich b i sher f ü r die G e m a r k u n g Grosself ingen zusammenges te l l t habe . Manche davon sind in den G r u n d -und Ka ta s t e rbüche rn en tha l t en , viele aber leben n u r im Vo lksmund wei ter . Von den 324 N a m e n s ind manche ohne wei te res vers tändl ich, wie Bi lderhäusle , Beißen oder B u n -zenäckerle, Brand , Brechlöcher, Brohwiesle , Dur ren ta l , Eich-wäldle, Härle , bei den Er len , im Weingar ten , Ga lgenberg oder Galgenra in , Gansb rünne le , Hannabe rg . Bei a n d e r e n b r auch t m a n schon die Hilfe eines Gelehr ten , wie bei H a r -renbach, Gießbach, Kohlenweiher , Aechtwiesen, Aucht, H ä -gen, Heiglen, Hesenbohl , Hirschwiese, Kässtein, Moolacker, Wolschbrunnen, Schupenhof , Dufe lweg, Zachenwasen , Zuck-ten u. a. Viele dieser N a m e n leben z w a r mündl ich for t , aber in den a l ten U r k u n d e n sind sie m a n c h m a l ande r s geschrie-ben als sie gesprochen werden . O f t m a l s m ü s s e n zur Deu tung f remdsprachl ich-archä ische Sprache lemente zu Hilfe g e n o m -m e n werden . Und selbst h ie r gehen die Ansichten der Sprachge lehr t en ause inander . Ein dera r t iges Beispiel b ie te t die Deu tung des „Is te iner Klotzes", den v ie lgenannten , e twa 60 m a u f r a g e n d e n und zum Rhein steil ab fa l l enden Berg aus Kora l l enka lk unwe i t von Basel. Was Block ist, wissen w i r ebenso wie, was Stein bedeute t . Aber ü b e r das vorge-setzte „i" gehen die Meinungen noch s t a rk ause inander ; h ä n g t es m i t dem kel t ischen „issel" oder „eissei" zusammen , bzw. ist es eine dia lekt ische S c h r u m p f u n g aus dem e inen oder a n d e r n oder sind als S c h r u m p f w o r t e be ide zulässig? Jedenfa l l s k o m m t es aus dem Kelt ischen; denn „i s e 1" he iß t hoch und „e i s s e 1" fließen. F ü r die Kel ten w a r der Is te in mi t se inen stei len Hängen und W ä n d e n schon ein hohe r u n -bes te igbare r Berg und an se inem F u ß rauschten die Wogen des Rheins in e iner schar fen K u r v e re ißend vorbei . In der Nähe von Nagold, im wür t t emberg i schen Schwarzwald , gibt es das auf h o h e r B e r g w a n d l iegende Dorf „ I s e l s h a u -s e n", was wohl als Hochhausen zu deu ten ist, u n d in T h ü -

r ingen gibt es Berge, F lüsse und Orte, in denen die Silbe „isel" als Grundbes t and t e i l v o r k o m m t . Der die Alpens tad t Innsbruck ü b e r r a g e n d e Berg „I s e 1" a m I n n ist nicht n u r durch V o l k s f ü h r e r „Andreas Hofe r " in al ler Wel t bekann t . „Istein" he iß t wohl „Hochstein".

Schrif t l iche Zeugen f ü r die germanische Al t sprache sind aus dem Nibelungen- , G u d r u n - und Hi ldebrands l ied b e k a n n t ; sogar die is ländischen L i t e r a t u r d e n k m ä l e r , Saga und Edda, geben d a n n und w a n n A u s k u n f t . So k o m m t in de r Edda wiederhol t das Wor t „Muspill i" vor. Im Altsächsischen w a r es die Bezeichnung f ü r Christ , de r auch „Mundtö te r " g e n a n n t wurde , weil nach de r Apoka lypse (19, 11—21) er seine Fe inde mi t e inem Schwer t erschlägt, das er im Mund häl t . U m 975 k a m dieses Wor t nach Is land, wo es den heimischen Vor-s te l lungen vom Wel tb r and und W e l t u n t e r g a n g e ingegl ieder t wurde . Im Altsächs. hieß es mudspe l los megin = die H e e r -scharen des M ü n d t oder muspe l l s megi r = Muspel ls Söhne. Die L i t e r a tu rh i s to r ike r Vogt und Koch v e r m u t e n in ihm ein vorchrist l iches Wort .

In unse re r A b h a n d l u n g von Nr. 3/1961 der Hohenzol ler i -schen He ima t haben wi r m e h r e r e de ra r t ige vorchrist l iche Sprache lemente zur E r k l ä r u n g einzelner F l u r n a m e n beige-zogen. Ich g laube k a u m , daß j e m a n d eine bessere Deu tung findet. Heu te n e n n e n w i r aus vorchris t l icher Zei t die F l u r -n a m e n „Unter lauen , Löchle, Feischter- , Eigen-, Aas - und Estherloch."

Das G r u n d w o r t von „U n t e r l a u e n " heißt „Lauen", und dieses k o m m t unzwe i f e lha f t vom lat. lucus, was e inen lichten Wald bedeute t . Davon k o m m t ja auch L u c i f e r, de r M o r -genstern , der Lichtbr ingende, der aus Hochmut sich gegen den Her rgo t t erhob, aber von M i c h a e l u n t e r dem Fe ld -ruf „Wer ist wie Gott", heb. „mi-ka-e l" , was ihm den N a m e n gegeben hat , in die Hölle ges türz t wurde . Wie die Vorsi lbe „unte r" sagt, l iegt die F lu r „Unte r l auen" u n t e r h a l b eines Berges, der von e inem lichten Wald oder Ha in gekrönt wurde . Lichte Wä lde r w a r e n e inst die Eichenwälder , u n d ein solcher s t and noch vor ca. 50 J a h r e n in seinen le tz ten Ver -t r e t e r n auf dem nc.rdlich von U n t e r l a u e n l iegenden „ A l t e n B e r g . " Die Tau fgebe r des N a m e n s h a b e n seinerzei t die Landscha f t gu t beobachte t und ihr e inen z u t r e f f e n d e n Na-m e n gegeben. Dabei h a b e n sie den östlich anschl ießenden Hügelzug „L ö c h 1 e" genannt . Dieser N a m e ist die Verkle i -n e r u n g s f o r m von luxus und he iß t lat. Iucullus, was ve r -deutscht zu Löchle wurde .

S inngemäß w u r d e auch der zum Löchle f ü h r e n d e Weg „Löchlesgasse" genannt , dessen südlicher Aus l äu fe r spä te r besiedel t w u r d e ; es ist de r Dorf teil Löchlesgasse. Der Fuß des „Alten Berges" he iß t „ A I a u n", was „an den L a u e n " heißt . In dem G e w a n n U n t e r l a u e n liegt der Haupt te i l des

Grosself inger P f a r r g u t e s . Die P f a r r e i selbst w u r d e 1395 (oder 1375; ich zi t iere aus der Er inne rung) von der Wei lhe imer M u t t e r p f a r r e i a b g e t r e n n t (der S t i f tungsbr ie f l iegt im f ü r s t -lichen Archiv Sigmar ingen) . Mit der Er r i ch tung der v o r h e r i -gen Fil iale zur P f a r r e i w u r d e wahrscheinl ich auch das K i r -c h e n p a t r o n a t gewechselt . Vorher w a r es der hl. J o -hannes der Täufe r , von da ab der hl. Huber tus , der P a t r o n der damal igen D o r f h e r r n v o n B u b e n h o f e n . Die Al ten gaben ihren K inde rn gern den T a u f n a m e n des a l ten P a t r o -n a t s h e r r n Johannes . Wie sehr sie abe r an den a l ten N a m e n fes thie l ten, beweis t der Ums tand , daß es in Grossel f ingen k a u m eine a l te ingessene Fami l ie gibt, in der nicht ein Sohn den N a m e n J o h a n n oder J o h a n n e s (Hannes) Bapt i s t (der Täufe r ) f ü h r t . S p ä t e r w u r d e auch J o h a n n e s Evangel is t ge-bräuchlich. Das Grosself inger P f a r r g u t „Unte r l auen" wi rd in der Do ta t i onsu rkunde des P f a r r e r s R a z e 1 z w a r „Un te r -lochen" genannt . Abe r „lauen, lochen, loch oder loh" k o m m e n von demselben W u r z e l s t a m m lucus. In der Nachkriegszei t w u r d e durch Be t re iben des P f a r r e r s S t e f a n Haug das P f a r r -gut „Unte r l auen" zu e iner schönen Siedlung ü b e r b a u t . Das G r u n d w o r t „lucus" loch h a b e n in Grosself ingen noch die F l u r e n „Löchle, Feischter- , Aas- , E igen- und Esterloch."

Das „ F e i s c h t e r l o c h " gehör t zum Orts te i l des „Härle" , und zwar o f f e n b a r die Bezeichnung f ü r e inen d u n k l e n oder finsteren T a n n e n w a l d im Gegensatz zu dem lichten Eichen-wald , der bis e twa 1780 sich dor t ausdehnte , wo heu te das H ä r l e liegt; denn „Här le" ist die leichtere Volksaussprache f ü r Härt le , was e inen k le ineren Laubwald , in der Regel Eichenwald, bedeute t , im Gegensatz zu der g roßen Hard t , H a r t oder gar . Harz . Das A a s 1 o c h, im Dialekt Dasloch ge-nann t , w a r ein l ichter Waldtei l , in dem m a n Aas, das heißt , gefal lenes und zum menschl ichen G e n u ß nicht m e h r v e r -w e n d b a r e s Vieh begrub . Das „E i g e n 1 o c h" w a r nach dem Besitzbuch vom J a h r 1760 ein Wäldchen obe rha lb der „Stelle", das e inem Baue rn zum E igen tum gehörte . E igen t -lich sollte es „oaga"-Loch he ißen und w u r d e auch so ge-sprochen. Aber der ge lehr te Schre iber des Besitzbuches vom J a h r 1760 h a t die Volkssprache ve r schmäh t und seine ange -l e rn t e Hochsprache zeigen wollen. „Eigen" w a r damal s schon „oaga" d iph tongie r t oder u m g e k e h r t „oaga" zu „eigen", wie „wascht dau" zu weiß t du. Schwier iger ist die Deu tung von E s t h e r l o c h , sowohl im Besitzbuch von 1760 als auch von 1730 so genannt . Da es in be iden U r k u n d e n „in der E s t h e r -loch" heißt, also der Ausdruck die Gene t iv fo rm hat , m u ß m a n an eine Besi tzer in mi t N a m e n „Es ther" denken . Das Esterloch l iegt nach den g e n a n n t e n U r k u n d e n im Tal, wo der Boden von nicht besondere r Gü te ist. Dahe r k a n n de r N a m e Estherloch durch Dissimilat ion aus Espenloth . also e inem Espen- oder Eschenwäldchen en t s t anden sein. Diese G r ü n d e reichen f ü r mich aber nicht aus. Ich leite das Wor t von „Espan" ab; denn der Espan oder „eschbann" w a r ein z w a r f re ier , aber , wie das Wor t „eschbann" sagt, besonders geschützter Teil der Viehweide , der durch ein Weid - oder Fa l lga t te r , dem „esbans thor" zugänglich war . Da zu dem E s b a n n o f t ein „loch" oder loh gehörte, e rk l ä r t sich ungezwungen de r N a m e „Estherloch". Der N a m e ist in Ueber l ingen, in Schwaben und in der Pfa lz bezeugt

Der „ A l t e B e r g " ist geologisch eine sogenann te Ver -wer fung . Als die Schwäbische Alb durch geologische K r ä f t e gehoben wurde , w u r d e auch das anl iegende Gelände in Mi t -le idenschaf t gezogen, das heißt , es w u r d e aufger i ssen und einzelne Schichten w u r d e n sogar bis zu 90 Grad gewendet . So e twa d e n k t m a n sich die geologische E n t s t e h u n g des „Alten Berges" und des sich fo r t se tzenden Geländes bis h i n -über zum „Zoller". Als Zeuge f ü r diese gedachte W e n d u n g ist der in einer t i e fe ren Schicht ge lager te K a l k s p a t , der m i tged reh t w u r d e u n d auf dem Weg, der übe r den Berg-paß „Kalkofen" h i n t e r den „Alten Berg" f ü h r t , ü b e r das Prof i l des Weges empor rag t , weil seine H ä r t e der A b n ü t z u n g durch da rübe r ro l l ende Wagen widers teh t .

Auf dem Al t en - also Al laberg h a b e n die a l ten und die h ier als römische Ve te r anen s iedelnden Römer i rgend eine Go t t -hei t ve rehr t . Die römischen Solda ten w a r e n an sich r a u h e Menschen, wie es ihr Beruf mi tbrachte . Abe r ihr H a n d w e r k weckte in ihnen, wie wir dies bei dem H a u p t m a n n L o n -g i n u s sehen, der die kle ine So lda tengruppe bei der K r e u -zigung Chris t i füh r t e , die G r u n d l a g e n der na tü r l i chen Ge-rechtigkeit , die Sehnsucht nach Erlösung, die Re in igung von Schuld und die Versöhnung m i t Gott . Der wei t in eine Mulde vorspr ingende Berg w a r zu e iner Ku l t s t ä t t e wie geschaf-fen. E t w a s Aehnliches, abe r we i t aus schwerer Zugängliches gab es im wei ten U m k r e i s nu r a m Alb t rauf bei Bal ingen im „Cochem".

For t se t zung folgt .

J a h r g a n g 1962 H H E M Z O L L E R I S C H E H E I M A T 13

Beschreibung des Klosters Wald um 1800 (nach Joseph Wendt von Wendtental in „Marian, Austria sacra)

von J. A. K r a u s Das adelige Got teshaus W a l d (Silva benedicta) des hl.

Ordens von Cisterz liegt in dem Bis tum Kons tanz und in dem nel lenburgischen Gebie te zwischen seinen eigenen W ä l -dern eine gute S t u n d e von der Reichsstadt P fu l l endor f und ebensowei t von der hochfürs t l ich fü r s tenberg i schen S tad t Mößkirch in Schwaben en t f e rn t .

Im J a h r e 1200 den 21. März brachte B u r k a r t v o n W e c k e n s t e i n , R i t t e r und wirkl icher Minis te r Ka ise r Fr iedr ichs II. auf ins tändiges Ansuchen seiner be iden S c h w e s t e r n J u d i t h e n und I t h e n v o n W e c k e n -s t e i n , die sich zuvor mi t e inem Gelübde dem O r d e n des Cisterz verpfl ichtet ha t t en , das Gut W a l d mi t a l ler Z u -gehöre an Gebäuden , Aeckern, Wiesen und Waldungen , s a m t dem dar in befindl ichen P fa r rk i r ch le in von Udalrich, Edeln von Balbe ( B a l m , Gemeinde Lo t t s t e t t en bei Waldshut ) u m 55 Mark Silber an sich und fing sogleich aus se inem und seiner Schwes te rn Vermögen den Klos te rbau an. Selbst mi t dem Bau schien auch der Beruf und die klöster l iche Be-gierde vieler a n d e r e r größtente i ls adeliger F räu le in zuzu-nehmen, so daß nach Vol lendung der Gebäude eine ganze V e r s a m m l u n g neu angehende r Nonnen bere i ts in dieselben einziehen konnte .

B u r k a r t, der nicht länger ih rem brüns t igen Ver langen im Wege s tehen wollte, gab ihnen, und allen ih ren Nach-kömml ingen durch K o n r a d , d e n R i t t e r v o n S c h i i -t a u (b. J u n g n a u ) als dazu gewähl t en Kommissä r dasselbe zum eigenen Besitz, s a m t den zugehör igen Lehen, w o r u n t e r auch ein Hof zu L i t z e l b a c h mi t Aecker, Wiesen und Wald beg r i f f en war , s amt der k le inen P f a r r k i r c h e und ih ren Zehnten, die mi t Vorwissen und Bewei l l igung des Bischofs von Kons tanz dem neuen Got te shaus (Kloster) e inver le ib t und auf ewige Zei ten eigen wurde . A b t E b e r h a r d v o n S a l e m f ü h r t e sodann B u r k a r t s beide Schwestern J u -d i t h a a l s A e b t i s s i n und I t h a a l s P r i o r in (die Subpr ior in hieß Trut l ind) samt ih rem ganzen Gefolge fe ie r -lich ein, mi t dem ausdrückl ichen Beding, daß sie der sal-mannswei l i schen (Salemer) Ordensvis i ta t ion in geistlichen Dingen un te rgeben sein sollen. Zur Bes tä t igung alles dessen ließ K o n r a d I I . G r a f v o n A n d e c h s , Bischof zu Kon-stanz (sonst „von Tegerfe ld") e inen St i f tbr ief A aus fe r t igen und in Gegenwar t b e w ä h r t e s t e r Zeugen mi t se inem bischöf-lichen Ordinar ia tss iegel belegen. (Druck: Fre ib . Diöz. Arch. 12, 187.) Bald darauf fo lg ten verschiedene päpst l iche und landesherr l iche Bes tä t igungen. Paps t Innozens III . n a h m Waid in seinen Schutz auf, besonders aber die cur tes oder Höfe u n d Güte r zu B o n d o r f , R a i n usf.

In eben diesem J a h r 1216 er te i l te dem Got teshaus Wald H e r z o g H e i n r i c h i n S c h w a b e n und Regent in B u r g u n d einen mi t vielen F re ihe i t en und Vorzügen ve r -sehenen Bestät igungsbrief C, k r a f t dessen er daselbst nicht n u r bei dem Besitz alles vor igen bestät igt , sondern dazu auch das E igen tum über den H o f L i t z e l b a c h bek rä f t i g t s amt der Vollmacht e inen Bevol lmächt ig ten seiner Gü te r f ü r alle Gerichte zu bes t immen. Auch gesteht er der jewei l igen Aebtissin die Wil lkür zu, übe r das Got teshaus ganz u n a b -hängig (außer dem päpst l ichen Stuhl , dem Ordensgenera l dem Abt von Salem in geistigen Dingen, dem Kaiser allein in weltl ichen) zu gebieten, Gleich als ob der Herzog schon im Geiste vorausgesehen hä t te , daß sich mi t der Zeit das Widerspiel zeigen würde , setzte er zuletzt seinem Fre ihe i t s -brief eine Geldbuße von 100 P f u n d Goldes hinzu, mi t der de r jen ige bedroh t ist, der sich u n t e r f a n g e n würde , demselben zuwider zu hande ln . Die eine Halbscheide der zu er legenden S t r a f e solle dem beschädigten Teil, die ande re der herzog-lichen K a m m e r ve rabfo lg t werden . Alles dieses bes tä t ig te D. dem Got teshause mi t ganz gleichen Wor ten Fr iedr ich II. römischer König zu Ueber l ingen im gleichen J a h r 1216, den 15. Heumonats . Mit diesen Br ie fen w a r e n die Edlen von Weckenstein noch nicht zufr ieden, sondern weil der von Innozens III. u n t e r m 12. März 1216 n u r gemeinweg ausge-fe r t ig t war , d rangen sie auf den zwei ten und feierl ichen, welcher auch sogleich im fo lgenden J a h r von seinem Nach-folger Paps t Honor ius III . nach der S t i f t e r Wunsch in f e ie r -licher F o r m er tei l t w o r d e n ist: E. Es w ä r e zu weit läufig, e inen Auszug hierherzusetzen. Der S t a t t ha l t e r Jesu Chris t i n i m m t das Kloster nicht n u r in seinen apostolischen Schutz, sondern ve r sah es m i t vielen F re ihe i t en und Gnaden .

Die dawider hande ln und nach der zwei ten und d r i t t en E r -m a h n u n g dem beleidigten Teil ke ine Genüge leisten würden , dieselben berief er vor das göttliche Gericht und schloß sie un te rdessen vom hlst . Leib und Blute unseres Hei landes aus.

Se inen Beschützern aber ließ er den Fr ieden , zeitlichen und ewigen Segen nach K r ä f t e n angedeihen.

Im fo lgenden Mona t des nämlichen J a h r e s 1217 (F.) ge-r u h t e s. päpst l . Heil igkeit Honor ius III . auf Bi t ten der Aeb-tissin und Schwestern , das Got teshaus dem Erzbisehof z u M a i n z und dessen Offlzialen zur Un te r s tü t zung und Schad-losha l tung gegen alle Schädigungen zu empfeh len . Endlich ha t P. Gregor IX. dem D o m d e k a n zu Kons tanz einiger Fäl le wegen aufge t ragen , die Gegner durch Ki rchenzensuren zu bezwingen (G.). Dies w a r der siebte Schutzbr ief , abe r es k a m e n noch m e h r . Auf den von Kaiser Fr iedr ich II. folgte der von Rudolph zu Schaf fhausen , (II.) d a n n von Paps t Ho-nor ius IV. im 1. J a h r seiner Regie rung (I.), worauf Rudolf II. Bischof zu Kons tanz und Graf von H a b s b u r g dem Befehl des Erzbischofs von Mainz zufolge e inen Schutzbrief K. e r -teil te. Vom römischen König Alber t , de r die ganze S t eue r -f re ihe i t der Höfe zu Ueber l ingen und Pfu l l endor f gewähr t e : L. Vom K. Maximi l ian I., der der Aebt iss in A n n a von Rei-schach den ers ten S t i f tungsbr ie f s amt al len b isher e r w o r -benen Besitz und Rechte bestät igte , u n d das Got teshaus in seinen und des hl. röm. Reiches Schutz a u f n a h m : M.

Vom K a r l V., der auf Ansuchen der Aebt iss in Mar ia A n n a von Rot tens te in den Schirmbrief Max imi l i ans auf dem Re-gensburger Reichstag e rneue r t e (N.). von K. F e r d i n a n d I. (O.), Maximi l i an II., de r auf Bi t t en de r Aebt iss in Mar ia Helena von Reischach den Kar l s I. e r n e u e r t e (P.), Rudolf II. auf Bi t t en der Aebtissin Mar ia M a r g a r e t h a von Gerbe rg (A), Math ias I. (R.), f ü r Aebt iss in M. M a r g a r e t h a von W e r d e n -stein. F e r d i n a n d II., der 1622 seinen Ha t sch ie r -Ro t tme i s t e r Daniel Wetzel als L a i e n p f r ü n d n e r dem Got teshause v o r -stellte. F e r n e r l iegen Schutzbr ie fe vor von K. Leopold und Kar l VI. (U.).

B e t r e f f e n d die Gü te r gehen wi r geographisch vor : Im J a h r e 1241 t r a t Heinr ich von Ne i f f en mi t Z u s t i m m u n g

seiner Söhne alle seine Gü te r zu B u r r a n samt Rechten ans Klos ter Wald ab un te r Zeugenschaf t von m e h r als 9 Personen . Im fo lgenden J a h r haben die b rüder l ichen Ri t -te r E b e r h a r d u n d Rudolf v. B u r r a u ih re väter l iche E r b -schaf t geteil t und den Teil, der den von Nei fen gehörte, an Wald abge t re t en gegen Bezahlung von 90 M a r k Silber. S p ä -ter t r a t auch das Klos ter Reichenau sein Lehensrech t übe r die B u r r a u - G ü t e r an Wald ab, gegen dre i ande re Höfe. I m J a h r e 1244 t r a t e n auch die H e r r e n von B u ß n a n g mi t Z u s t i m -m u n g ih re r E rben ih ren G a r t e n zu B u r r a u schenkungsweise ab. Heu tzu tage bes teh t dieses B u r r a u e r G u t n u r noch in e iner her rschaf t l i chen Mühle mi t Wiesen, Weiden und Waldungen . Die Wi twe des Ri t t e r s B u r k a r t von Reischach n a m e n s Ge rbu rg t r a t 1246 in Wald ein als Nonne u n d brachte Gü te r mit, den Rest davon k a u f t e das Klos te r von den Söh-nen u n d Erben u m 16 Mark Silber. Im J a h r e 1266 gab Ri t te r Hoigir dem Got teshaus e inen Teil des Reischacher Gutes als Geschenk, den a n d e r n k a u f w e i s e f ü r 17 M a r k Silber.

Aehnlich k a m das Lehengu t Gaißwei le r im J a h r e 1257 bzw. 1263 von den Edlen von Geißwei ler und den G r a f e n von Mont fo r t ans Kloster . Im J a h r e 1258 gab die W i t w e I ta des Ri t te rs Albon von Nenzingen ih ren Hof zu Renge t s -wei ler mi t Z u s t i m m u n g des L e h e n s h e r r n G r a f e n Wol f rad vcn Ver ingen u m 25 M a r k Silber an Wald . 1274 gab H e r -m a n n von Salenbach seine Gü te r zu Weiler und Renge t s -weiler an Wald, wozu Goswin von Hohenfe l s seine lehens-herr l iche Z u s t i m m u n g ertei l te . 1322 v e r k a u f t e n B u r k a r t Schütloch und Heinz von Göggingen G ü t e r zu R e n g e t s -w e i l e r ans Kloster , ebenso 1329 u n d 1330 Albrecht von Wilf l ingen, ein Meßki rcher Bürger . Ulrich von Honburg , Bürger zu P fu l l endor f , ha t den Zehn ten zu R. im J a h r e 1336 an zwei K los t e r f r auen von Wald und spä te r f ü r s Klos te r gegeben, nämlich Adelheid, die Tochter des B u r k a r t von W o l f u r t u n d Adelheid, Tochter des J o h a n n e s Gremiich.

Bischof E b e r h a r d II. von Kons tanz bes tä t ig te 1258 einen Tausch zwischen Kloster Wald und Ri t t e r J a k o b von H u -nenberg betr . B i l l a f i n g e r Gut und W a l b e r t s w e i -l e r G u t . F ü r le tz teres h a t t e n die Nonnen noch 9 M a r k Silber d raufzuzah len . Das P a t r o n a t s r e c h t z u W a l -b e r t s w e i l e r f ü r Wald ha t der gleiche Bischof 1259 b e -stät igt . Rudger von Kal lenberg h a t t e es nämlich mi t G ü t e r n zu Walber t swei le r gegen 35 M a r k Si lber ans Klos ter abge-t re ten , nach dem Tode des b isher igen P f a r r e r s , eines H e r r n von Kal lenberg . Alber t von B u ß n a n g verzichte te 1270 auf alle Ansprüche, die er auf Gü te r zu Walbe r t swe i l e r gehabt . Der genann te Rudger von Kal lenberg v e r ä u ß e r t e al len sei-nen Restbesi tz zu Walber t swe i le r m i t Z u s t i m m u n g seiner

14 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

Söhne im J a h r e 1280 ans Klos ter f ü r 36 M a r k Silber . U n d im J a h r e 1283 v e r k a u f t e Rudolf von Reischach ans Got tes -h a u s all seine Güter , „genannt H a u s e n " (Hausener Eschle) bei Walber t swei le r u m 22 M a r k Silber. Berchtold von R o h r -dorf u n d das Kloster Reichenau über l ießen d e m Klos ter ihr Obe re igen tum h ie rüber . (Hausen ha t t e wohl den N a m e n von den H e r r e n von H a u s e n im Donautal!) Die H e r r e n von Reischach v e r ä u ß e r t e n an Wald auch 1284 ihre Bes i tzungen zu Walber t swe i le r u m 53 M a r k Silber. Abt Alber t von Rei-chenau, die Ri t t e r von Gr inzenbe rg und von B u ß n a n g t r a t e n ih ren Teil f re iwi l l ig ab. Doch habe 1293 Reichenau dem Klo-s ter Sa lem den Oberen Hof zu Walber t swei le r abget re ten , w ä h r e n d die H e r r e n von Z i m m e r n gleiches an Wald ta ten , ebenso 1311 das Klos ter P e t e r s h a u s e n f ü r 50 M a r k Silber .

Die Truchsessen von Rohrdor f , K o n r a d und Ber thold , t r a -t en 1263 ihre Höfe u n d Güte r zu B u f f e n h o f e n an Wald ab, ebenso Heinrich von Ni fen den Großen Zehn ten daselbst . 1224 und 1266 e r w a r b das Kloster teils durch Schenkung,

teils durch Kauf mi t E inwi l l igung des M a r k g r a f e n von Ba-den einige Güter . Zwei Dri t te l des Zehn ten dase lbs t k a m e n 1294 durch die H e r r e n von Ebe rha rdswe i l e r m i t Z u -s t i m m u n g des G r a f e n E b e r h a r d von Ne l lenburg an eine Nonne von Ebe rha rdswe i l e r als Mi tg i f t . R i t t e r Hugo von Bittelschieß über l ieß 1266 ein Gut zu W e i h w a n g f ü r 9 Mark Silber ans Kl. Wald, das 1329 auch 2 Dri t te l des Zehn ten dor t erhiel t . In I g e l s w i e s e r w a r b e n die Nonnen in den J a h r e n 1269, 1274, 1278, 1283, 1317 u n d spä te r noch Güter .

Bezüglich T h a 1 h e i m bei Meßkirch übe rgab 1249 Ri t te r Go t t f r i ed von Nei fen ein Gut , und Truchseß Ber tho ld von Rohrdorf t r a t den Groß - u n d Kle inzehn ten im J a h r e 1276 ab, was Bischof Rudolf II. von Kons tanz bestä t igte . Zwei B a u e r n h ö f e w u r d e n 1418 daselbst gekauf t . Ein S t re i t u m das Brun igsgu t daselbst zwischen Wald u n d dem Stockacher Bürge r Heinrich F a b e r von K a l k o f e n ha t 1308 Graf E b e r -h a r d von Ne l l enburg geschildert . For t se tzung folgt .

Kurznachrichten Von „Ackergewannen" h a t Prof . G. von Below im J a h r e

1920 geschrieben: „Die Ackerf lur eines Dorfes setzte sich (in Deutschland z. Zt. Cäsars) aus e iner Mehrzah l von Flächen zusammen , den technisch g e n a n n t e n G e w a n n e n (von „ge-winnen" , d. h. f ü r den A n b a u gewinnen, u r b a r machen)."

Diese W ö r t e r k l ä r u n g s t i m m t n u n mi t den heu t igen F l u r -ve rhä l tn i s sen u n d d e m Sprachgebrauch in R i n g i n g e n schlecht zu sammen . Hier l a u f e n an den s a n f t e n B e r g a b h ä n -gen a m Bueweg, Hälschloch, Langen Rain etc. S t r e i f en von A e c k e m ent lang, de ren A n w a n d e n (Kopfstücke) ohne d a -zwischen l iegenden Weg aufe inander s toßen , so daß der Pf lug i m m e r auf d e m a n d e r n Acker gewende t w e r d e n m u ß . Von diesem W e n d e n des Pf luges he iß t das Kopfs tück „die A n -wand" . Von der Hohen S ta ig bzw. Kirchholzers ta ig bis zur Melchinger Grenze in Bre ineschmack s ind es gut 5—6 sol-cher „ G e w a n d e n " h in t e re inande r , so daß m a n von „ d e r v o r d e r e n , d e r z w e i t e n u s w . b i s z u r h i n t e r -s t e n G w a n d " z u r e d e n p f l e g t . Dieses Wor t k o m m t aber schwerlich von gewinnen, sondern wohl e infach von der P f l u g w e n d e ! Auch Michel Buck h ä l t in se inem F l u r -namenbuch „das G e w a n n " f ü r e ine spä te re Abschle i fung von „ d e r G e w a n d".

E inen „ A n w a n d e r " gibt es an diesen Ste l len nicht, sondern n u r in m e h r ebenem Gelände der übr igen Esche, wo Block-Auren (auch zu schmalen Aeckern aufgelöst) in verschiedener Himmels r i ch tung au fe inande r s toßen . Hier he iß t d a n n e i n A c k e r , auf dessen Brei tse i te de r Pf lug (bzw. die Pflüge) eines ande ren quer da rauf s toßenden Ackers (bzw. Aecker) gewende t w e r d e n dar f , „ d e r A n w a n d e r". Es k a n n n a -

St. A n n a - K i r c h e Ha ige r loch

türl ich auch doppelsei t ige A n w a n d e r geben, w e n n von 2 Sei-ten Aecker auf ihn s toßen.

Völlig unvers tändl ich s ind d a r u m die A u s f ü h r u n g e n eines A. Hausens te in im H e f t 1961 der „Or t enau" (Offenburg) S. 246: „Unter e inem A n w a n d e r v e r s t a n d m a n im M i t t e l -a l t e r e inen Ackers t re i fen , de r auf das Nachbarg runds tück stößt, öde bleibt , nach dem Ackern u m g e g r a b e n w i r d und in der Regel als R a d w e n d e f ü r das P f lug rad dient . Bernh . Böcklins A n w a n d e r ist m i t h i n g le ichbedeutend mi t „Beim Radwendacke r s t r e i f en des B. Böcklin".

Man pflügt vo r t e i lha f t e inen „ A n w a n d e r " e rs t dann , w e n n die „ d r a u f t r e t t e n d e n " Pf luggespanne mi t ih re r Arbe i t f e r t i g sind, u n d mach t die in F r a g e s t ehenden Ans tößer e n t s p r e -chend gegenseit ig a u f m e r k s a m . A n d e r n f a l l s m ü ß t e m a n das Fes tge t re tene wieder au fhacken und u. U. neu besäen. Nach Rei fen der im Esch einhei t l ichen Fe ld f rüch t e wi rd v o m B ü r -germeis te r b e k a n n t gegeben, d i e E s c h w e g e s e i e n a u f -z u t u n , worauf jeder Besi tzer auf se iner A n w a n d einen Weg zu m ä h e n hat , widr igenfa l l s m a n ihm durch das Ge -t re ide f a h r e n darf . Durch die T r a k t o r e n u n d Mähdrescher droht a l lerdings in u n s e r e n Tagen die ura l te , b e w ä h r t e O r d -n u n g aus den Fugen zu gera ten . J . A. Kraus .

Theodor Waldraff aus Ostrach (1876—1955) I n unse re r „Hohenzol ler ischen Heimat" , J a h r g a n g 1961, ist

un t e r den a u f g e f ü h r t e n Semina r i s t en auch ein T h e o d o r W a l d r a f f aus O s t r a c h . Uebe r diesen finde ich im „Eckhart" , J a h r b u c h f ü r das B a d e n e r L a n d 1959, eine Würd igung von Ludwig Vögely, Ka r l s ruhe . Sie ist ü b e r -schrieben: „Theodor Waldra f f zum Gedächtnis ." Aus ihr seien folgende A n g a b e n e n t n o m m e n : Er w u r d e geboren a m 28. J u n i 1876 in Ostrach als Sohn des K i r c h e n m a l e r s Wilhe lm Wald ra f f , der im besonde ren Kirchen in W ü r t t e m -be rg ausgemal t habe . Von ihm scheint Theodor die k ü n s t -lerische Begabung geerb t zu haben ; von seiner M u t t e r die Gü te und „das Vers tehende , das j edem sein Recht gab: H a u p t m e r k m a l e seines Cha rak te r s . " 1893 t r a t er in das Meersburge r L e h r e r s e m i n a r ein u n d besuchte sodann die Kuns tgewerbeschu le und Akademie f ü r b i ldende K ü n s t e in Kar l s ruhe . 1899 mach te er dort die S t a a t s p r ü f u n g als Zei-chenlehrer , w u r d e in Weinhe im u n d spä te r in Heide lberg ( K u r f ü r s t - F r i e d r i c h - G y m n a s i u m ) angestel l t , wo er bis zu seiner Pens ion ie rung im J a h r e 1948 als Zeichenlehrer wi rk te , 40 J a h r e also an der gleichen Schule! A m 25. Sep t ember 1955 ist er in Heide lberg gestorben.

Theodor Waldra f f h a t das Bedeu tends te geleistet als L e h -rer und Kuns te rz i ehe r ; daneben abe r auch ganz h e r v o r r a -gend gemalt , was viele Auss te l lungen seiner Gemä lde und Zeichnungen beweisen . Die Rhe in -Necka r -Ze i tung schrieb anläßl ich seines Todes:

„Das Bild W a l d r a f f s w ü r d e sich eigentlich ers t dann r u n -den, w e n n es gelänge, e ine Auss te l lung de r j en igen Küns t l e r zus tande zu br ingen, denen er sozusagen die e r s ten Schr i t te beigebracht u n d de ren Ta len t er b e h ü t e t und ge fö rde r t ha t . Es k ä m e schon einiges Vor t re f f l iches zusammen , u n d es w ü r d e sich zeigen, daß Waldraf f seine Schüler s te ts zu der Fre ihe i t e igener E n t f a l t u n g ge füh r t , daß er ke inem die k o n -se rva t ive Linie, zu der er sich selbst bekann te , a u f g e z w u n -gen hat ." U n d L u d w i g Vögely f ü g t im „ E k k h a r t " diesem zu: „Sich selbst bl ieb er t reu , doch se inen Schülern v e r b a u t e er den Weg zur E igens tändigke i t nicht . E r ha t te , wie j eder echte Erzieher , f r ü h e rkann t , daß es die H a u p t a u f g a b e des L e h r e r s und Meis ters ist, die j u n g e n Persönl ichke i ten zur b e h u t s a m e n E n t f a l t u n g zu br ingen, An lagen zu pflegen, auf

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 15

daß nichts v e r k ü m m e r e , und d a n n beisei te zu t re ten , d a m i t das W e r d e n d e das volle Licht des Lebens t re f fe . "

L u d w i g Vögely h a t se inen Bericht übe r Waldra f f m i t v ier Bi ldern bere icher t ; m i t zwei Pho tos nach Orig inalen W a l d -r a f f s (Besigheimer u n d Schwetz inger Schloßgarten), die e inen Eindruck ve rmi t t e ln vom Küns t l e r Wa ld ra f f . D a n n m i t e inem Jugendb i ldn i s z u s a m m e n mi t H e r m a n n B u r t e u n d e inem Al tersb i ldnis Waldra f f s , aus dem die Gü te u n d Aus -geglichenheit unse res bedeu t enden L a n d s m a n n e s aus Ostrach herauszulesen ist. X. Sch.

Jahresübersichten — Eine lohnende Aufgabe • J a h r a u s u n d j a h r e i n b r ingen die Tagesze i tungen aus unse -

ren Or t s cha f t en eine Menge Nachr ichten geschichtlicher, k u l -ture l ler , l andschaf t l i cher Art , die w e r t wären , wenigs tens in g e d r ä n g t e r F o r m zusammenges te l l t und im Hohenz. J a h r e s h e f t jewei ls f e s tgeha l t en zu werden . Eine ähnl iche Uebers icht erscheint m . W. seit l angem im E l lwanger J a h r -buch übe r die dor t ige Gegend. Die Ze i tungen selber w e r d e n in d e n wen igs t en Fä l len a u f b e w a h r t , Ausschn i t t s ammlungen sind me i s t unhandl ich , und bei den Redak t ionen a l te Zei-t u n g s b ä n d e durchzuarbe i t en ist meis t eine sehr en t sagungs -volle Arbei t . Wie leicht dagegen m ü ß t e es f ü r e inen bes inn-l ichen In te res sen ten sein, aus den p a a r . „hohenzoller ischen" Ze i tungen die Kurznot izen zusammenzus te l len . M a n k ö n n t e da z. B. denken an A l t e r t u m s f u n d e , Ausgrabungen , a u f f a l -lende Wet terber ichte , N a t u r k a t a s t r o p h e n , G r a b u n g nach T r i n k w a s s e r (z. B. in N e u f r a f ü r den gep lan ten B i r k h o f -Flugplatz) , nach Erdöl (1961 an de r Schmeienmündung) und de ren Erfolg, Schul- u n d Ki rchenbauten , auch Renova t io -nen usf. Wie d a n k b a r w ä r e die Nachwel t , wenn m a n auf 3—4 Sei ten in den J a h r e s h e f t e n alles Wichtige aus dem Länd le nachlesen könn te ! Wer ü b e r n i m m t diese schöne A u f -gabe? Wer me lde t sich be im S e k r e t ä r des Geschichtsvereins: H e r r n Dr. Seigel, fü r s t l . hohenzoll . Archiv in S igmar ingen?

Krs.

Ein Salmendinger im Reutlinger Asyl. I n de r Reichss tadt Reu t l ingen bes t and seit a l te r Zei t bis u m 1800 eine Asyl -s t ä t t e f ü r n i c h t vorsätzl iche Totschläger . L a u t f rd l . Mi t -te i lung des H e r r n S tad ta rch iva r s D r . K a i c h r e u t e r l iegt im dor t igen Archiv ein Bericht des S t a d t r a t e s vom 20. Dez. 1669 (al ten Sti ls : 10. Dezb.!) an den fü r s t enbe rg i schen Obe r -vogt F r a n z L u d w i g von Gall zu Trochte l f ingen: Sein Schrei-ben vom 18. d. M. sei r ichtig a n g e k o m m e n . Sie h ä t t e n d a r a u s ersehen, sie soll ten den B a l t h a s a r H e n n e n l o t h e r v o n S a l m e n d i n g e n , der sich dieser Tage wegen To t -schlags, den er z u R i n g i n g e n beging, in die Reut l inger F r e i u n g begeben hat , in s icherer G e w a h r s a m hal ten , bis der Obervogt ihn abholen lasse. N u n könne abe r H e n n e n l o t h e r auf G r u n d seiner A n g a b e n ü b e r den Fal l sehr wohl das Pr iv i leg des Asyls in Anspruch nehmen , da er den Totschlag nicht vorsätzlich, sondern in gerechter N o t w e h r zur R e t t u n g seines Lebens beging. Die Unte rze ichne ten k ö n n t e n dahe r dem Ver l angen nach V e r h a f t u n g des H e n n e n l o t h e r nicht en t -sprechen. Soll te er den Totschlag aber doch vorsätzl ich ge-t an haben, was m a n sich jedoch nicht denken könne , so m ü ß t e er l au t Reu t l inger Prv i legs in der S t a d t selber, abe r erst nach Kaut ionss te l lung von etl ichen 1000 fl. se i tens der Gegenpar te i , gerichtlich abgeur te i l t werden . Bürge rme i s t e r u n d R a t zu Reut l ingen. (Papierkonzept . ) Krs.

Heinrich von Lindach-Rangendingen (vor 1719). A m Feste des hl . Bischofs Hi lar ius (13. J a n u a r ) (jedoch w e n n es auf Fre i tag , S a m s t a g oder S o n n t a g fäl l t , i m m e r a m Montag!) wi rd der J a h r t a g des edlen und fe s t en H e r r n H e i n -r i c h v o n L i n d a c h , des g röß ten S t i f t e r s zu R a n g e n -d ingen f o l g e n d e r m a ß e n gefe ie r t :

Am Vorabend findet To tenvesper s ta t t , am a n d e r n T a g u m 7 (?) Uhr ist Vigil in Dup lex fo rm. Es folgt eine ku rze P r e d i g t an das Volk, d a n n Requiem, (Brevier-)Off iz ium vom Fest, Messe zur hl. J u n g f r a u Mar i a m i t drei a n d e r e n Mes-sen. Die Feier schließt m i t der Vesper f ü r die Vers to rbenen . Nachher w e r d e n die Pr ies te r , wie es in der S t i f t u n g vorge-sehen ist, von der Gemeinde schlicht u n d e h r b a r (zum Essen) geladen. Auch e rha l t en alle, die im Dor fe wohnen , als A l m o -sen f ü r (einen?) Kreuzer Brot .

(Kath. P f a r r a m t Rangendingen. )

Bestätigung der Rosenkranzbruderschaft Rangendingen 3. September 1698

Der Genera lv ika r des in Chr is to e h r w ü r d i g s t e n Va te r s u n d H e r r n M a r q u a r d Rudolf (von Rodt), von Got tes u n d des apostol ischen S tuhles Gnade Bischof von Konstanz, des hl.

röm. Reiches Fürs t , H e r r zu Reichenau u n d Oehningen etc., wünsch t allen, die dieses Schre iben lesen oder sehen oder hö ren lesen, Heil im H e r r n u n d t u t k u n d :

Unser H i r t e n a m t ver langt , daß wi r alles Dienliche zu r E h r e Gottes, zur V e r e h r u n g der Heiligen, Z u m Heil der See-len f ö r d e r n u n d f ü r die Z u k u n f t durch unse re A u t o r i t ä t s tützen. N u n w u r d e u n s kundge tan , wie aus f r o m m e m Ei fe r in der P f a r r k i r c h e zu R a n g e n d i n g e n in unse re r Diözese Kons t anz zur V e r m e h r u n g der Andach t gegen die a l l e r se -ligste J u n g f r a u eine f r o m m e R o s e n k r a n z b r u d e r s c h a f t f ü r männ l i che und weibl iche Mitgl ieder geg ründe t w e r d e n soll, die w i r kanonisch er r ich ten u n d k r a f t u n s e r e r Vol lmacht b e -s tä t igen möchten. D a r u m h a t m a n u n s flehentlich gebeten.

Wir s t i m m e n dahe r diesem A n t r a g zu u n d bes tä t igen obige R o s e n k r a n z b r u d e r s c h a f t in a l ler F o r m u n d s t a t t en sie aus mi t al len Gnaden , Vorrech ten u n d Ablässen, wie sie die E rzb rude r scha f t in Rom vom Hl. S tuh l erhiel t , zum Heil u n d Tros t der Seelen.

Zur Bes tä t igung dieses un te r schre iben w i r dieses D o k u -m e n t u n d b e k r ä f t i g e n es m i t dem Siegel unseres Vikar ia t s . Gegeben zu Kons tanz im J a h r e des H e r r n MDCXCVII I a m 3. Sep tember , Römerz inszah l 6.

(Gez.) Conradus F e r d i n a n d u s (Geist von Wildegg) S u f f r a -ganbischof und Genera lv ika r , m a n u p r o p r i a .

Großes rotes Siegel in Holzkapsel : des Bischofs M a r q u a r d Rudolf von Rodt in Kons tanz (Wappen Konstanz , Reichenau, Oehn ingen u n d F a m i l i e n w a p p e n des Bischofs).

Ka th . P f a r r a m t Rangend ingen .

Wer „an Eichen macht", er sei einheimisch oder f r e m d , der zahl t im J a h r e 1530 als S t raf an die Geme inde S a l m e n d i n -gen 3 P f u n d 5 Schill ing Heller . So s teht zu lesen bei F r . Eisele in seiner Geschichte des Sa lmend inge r Heufe lds (Mitt. Hohz. 1903 S. 68). Nach dem Z u s a m m e n h a n g k ö n n e n n u r Holzf rev le r gemein t sein, denn die gleiche S t r a f e t raf jeden, der u n b e f u g t auf dem Heufe ld Holz fäl l te , wo m a n ein b e -sonderes A u g e n m e r k auf die wer tvo l l en Eichen ha t t e . Da Eisele die f ragl iche Stel le in Gänse füßchen setzte, sah e r o f f e n b a r da r in e twas Anrüchiges . Abe r w a s soll das ein*r Eiche schon schaden? K ö n n t e es nicht eher düngen? Der a u f m e r k s a m e Leser , der e twas Schwäbisch k a n n , w i r d die Stel le ü b e r h a u p t m e r k w ü r d i g finden, denn w e n n eineim k le inen Buben ein menschliches R ü h r e n a n k o m m t u n d ihm d a n n e twas passier t , d a n n sagt der waschechte Schwabe doch ganz anders ! A. Bumi l l e r h a t denn auch in se inem Büchlein „Alte Geschichten aus Hohenzol le rn" (1911) die anrüchige Stel le s icherhei tshalber ganz weggelassen, als er übe r das Heufe ld berichtete. Ein a n d e r e r abe r ging der Sache auf den Grund , sah das Original des Sa lmend inge r Fleckenbuchs von 1530 auf dem R a t h a u s e nach u n d f a n d die Lösung „W e r F e u e r a n E i c h e n m a c h t , zahl t als S t r a f e 3 P f d . 5 Schilling!" Und ein be f r i ed ig tes Lächeln ging ü b e r sein Ge -sicht.

An das

Postamt

in

16 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T Tah'gang 1962

Die Reliefplatten auf Burg Zollern M a r i a m i t B u c h s ta t t des Je susk indes ist nach Lud.

Schmids M o n u m e n t a Hohenberg ica (1861, S. 107) auf e inem Siegel des Abtes Konrad von St. Märgen (cellae s. Mariae, im Schwarzwald) vom 23. J a n u a r 1293 zu sehen. Die M u t t e r -got tes t r äg t das Buch in der L inken vor der Brus t , in der Rechten e inen Abtss tab . Vor ihr kn ie t ein Mönch, der mi t be iden H ä n d e n den Ab t s t ab häl t , also ohne Zweife l der Abt . Man denk t da unwi l lkür l ich an die a l ten her r l ichen S te in -p las t iken der St. Michaelskapel le auf der B u r g Zollern aus dem 12. J a h r h u n d e r t , wo u n t e r dem drachen tö tenden Erz-engel die hl. drei Könige ih re Geschenke e iner Gesta l t en t -gegenbringen, die in der L inken ebenfa l l s ein Buch vor der Brus t t rägt , w ä h r e n d die Rechte eine l eh rende Geste macht . Manche me in t en schon, es h a n d l e sich bei der Gesta l t u m Chr i s tus selbst. Das K u n s t d e n k m ä l e r w e r k des Kreises Hechingen (1939, S. 221 f.) n i m m t an, daß es sich u m die Mut te rgo t t e s handle , die s t a t t des Kindes das gött l iche Wor t (den Logos) häl t . Diese Ansicht gewinn t durch obiges Siegel zweifel los an g röß te r Wahrscheinl ichkei t ! Vermut l ich bi ldete diese S te in ta fe l m i t den Kape l l enpa t ronen einst den A l t a r -a u f b a u . Von den beiden a n d e r n P l a t t e n könn te die eine nach V e r m u t u n g des H. H e r r n Wilh. B u r t h - F r e i b u r g Chr is tus d a r -stellen, der seine Aposte l l ehr t bzw. au f fo rde r t , ihm zu fo l -gen, die ande re dagegen den le tz ten e iner jetzt ve r lo renen Reihe Apostel : e inen hl. Jüng l ing (Johannes) mi t Buch und Heiligenschein, der nachdenk t oder sich noch besinnt , ob er folgen soll. Bei der Höhe von 1,67 m k ö n n e n die be iden Sei-tenre l ie fs wohl n u r an den W ä n d e n angebracht gewesen sein, so wie e twa in der Vorha l le der spä te ren gotischen Dome Engel die Gläubigen zum Ein t r i t t e r m u n t e r n . Die dre i S te inp la t t en w u r d e n neues tens vom Chor weg in die Schif fs-w a n d versetzt , wo sie besser zur Ge l tung k o m m e n . Kr .

Eine Siegelsammlung aus Hohenzollern In der „Schwäbischen Ze i tung" (Sigmaringer Ausgabe) Nr.

183 vom 11. Augus t 1961 ber ichte t ein Pf . übe r eine Siegel-sammlung , die sich in H ä n d e n des Ebinger Heimat forschers , Ober l eh re r An ton Wal ter , befinde. Es hande l t sich u m ein k le ines Buch mi t 175 Siegelabdrücken (auf Papier) , also ke ine a l ten Hängesiegel aus Wachs. Sie h a t der 1824 bis 1853 zu Veringendorf a m t i e r e n d e P f a r r e r und geistliche Reg ie rungs -r ä t F i d e l i s (nicht Fidelius) E n g e l aus Bingen (dort ge-boren 1769) gesammel t . D a r u n t e r bef inde sich auch ein Siegel Napoleons I. als ehemal iger Verschluß eines Br iefes von der Verbannungs inse l Elba. Die Umschr i f t l au t : „Ich sterbe, oder ich setze mich durch", die wohl u m g e d r e h t w e r d e n m u ß ! Die Behaup tung , Engel sei 1817 bis 1824 Rel ig ionslehrer des spä t e ren Napoleon III. auf Schloß A r e n e n b e r g und zuvor in Kons tanz gewesen, wo er den P r i n z e n auf die hl. E r s t k o m -m u n i o n vorbere i t e t habe, m u ß wohl e r s t n o c h b e w i e -s e n w e r d e n ! Dies und die merkwürd ige , den Tatsachen nicht en tsprechende Inschr i f t eines Bechers im Ver ingen-dor fe r P f a r r h a u s ist schon in „Hohenzollerische H e i m a t " 1952, S. 39 ges t re i f t worden .

Die S iege l sammlung k a m nach Engels Tod 1853 an se inen Verwand ten , den Dekan Brucker in H a r t h a u s e n auf der Scheer und dann an den jetzigen Besi tzer . Zwei der Ab-drücke sind in der e r w ä h n t e n Ze i tung abgebi ldet : der N a -poleons I., e inen B a u m dars te l lend, und der des einzigen Bischofs von Be th lehem. Krs.

Die Herren von Lindach, von denen e iner n a m e n s Hans Heinrich in Rangend ingen seit 1466 einen J a h r t a g ha t t e (Hohz. He ima t 1961, 48), k o n n t e n b i sher leider in unse re r Gegend n i rgends festgestel l t we rden . Der genann te Ri t te r sei ein großer Wohl t ä t e r der Geme inde und auch 1303 der S t i f t e r des 1803 au fgehobenen Frauenk lös te r l e ins gewesen, was mi t dem Beginn des J a h r t a g e s a l lerdings schlecht zu -s a m m e n p a s s e n will. Alber t i n e n n t in se inem „ W ü r t t e m b e r -gischen Adelsbuch" lediglich eine E l s b e t h v o n L i n -d a c h als F r a u des Fr iedr ich von Neuenhe im mi t Besitz in Neckarsulm. Er ve rmu te t , sie s t a m m e von L e n n a c h bei Weinsberg. Auch in Lindach bei Schwäb. G m ü n d , wo ein S te inhaus s tand, wi rd Or tsade l v e r m u t e t . Das Regis ter des d re ibändigen Werkes von K. A. Schäfer „Deutsche Ri t t e r und Edelknechte in I ta l ien" f ü h r t zwar auch den N a m e n von Lindach an, abe r im Tex t ist lediglich eine B u r g dieses N a m e n s in Schwaben e rwähn t , ohne n ä h e r e Bes t immung . Dazu sind seine R i t t e r n a m e n im I ta l ienischen so s ta rk v e r -s tümmel t , daß sich d a r a u s nichts Sicheres e n t n e h m e n läßt. Die Mon. Germ. Necrologia f ü h r e n eine Anzahl H e r r e n von Lindach (heute Ki rch-Lindach bei Bern) auf , die aber u r -kundl ich sämtliche „von L indnach" geschrieben sind. Wenn also in keiner U r k u n d e b isher e i n w a n d f r e i ein R i t t e r von Lindach in unse re r Rangend inge r U m g e b u n g g e f u n d e n w e r -den konnte , so ist auch das angebliche W a p p e n des Heinrich von Lindach zu Rangend ingen ziemlich kompl iz ie r t und nicht recht g l a u b h a f t : Schild gespal ten: L i n k s auf we ißem G r u n d dre i Maiglöckchenstengel mi t 2 Blä t te rn , r e c h t s schief lau-f e n d e weiße u n d rote Dreiecke. Helmzier : Ein aus e iner Krone wachsender Mann, der e inen Maiglöckchenstengel in der H a n d häl t (Egler, Mythologie, 1894, S. 228). Im J . 1861 ist der J a h r t a g infolge al lerlei Mißbräuche , die sich im L a u f e der Zeit eingeschlichen ha t ten , endgül t ig abgeschaf f t worden . W e r f i n d e t n u n u r k u n d l i c h e N a c h r i c h t e n ?

Kr.

Heimatliteratur O. Paret, Württemberg in v o r - u n d frühgeschicht l icher Zeit.

452 Seiten, 59 Ta fe ln und 108 Bilder im Text , 2 K a r t e n (Verl. K o h l h a m m e r - S tu t tgar t ) . Der v ie l jähr ige Bearbe i t e r der Fundber ich te aus Schwaben und Hohenzol le rn stell t h ie r sehr e indrucksvol l die F u n d e im genann ten Gebie t z u s a m -men, ange fangen von der Al ts te inzei t übe r die Kupfe rze i t (1800—1600 v. Chr.), Bronzezei t (1600—800 v. Chr.) m i t ih ren Hüge lg räbern und Urnenfe lde rn , Frühe isenze i t (800—400 v. Chr.), Spä tha l l s ta t tze i t (6. und 5. Jh . v. Chr), La teneze i t (400 vor Chr. bis 50 nach Chris tus) bis einschließlich römischen Zei t (50—260 nach Chr.). Ein le i tend ber ichtet er übe r die Geschichte und Quel len der Forschung. Angesichts des gro-ßen Gebiets w u r d e n na tür l ich die Einzelhei ten n u r insoweit ausführ l ich behandel t , als sie von a l lgemeiner Bedeu tung sind. Mit besondere r Liebe sind die Grabhüge l geschildert . Unvers tändl icherweise w e r d e n die e ins t igen Denks te ine auf den Gräbe rn als „See len thron" bezeichnet (205). Die D a r -s te l lung mi t den vielen I l lus t ra t ionen wi rd f ü r jeden u n e n t -behrl ich sein, der sich m i t der Frühgeschichte unseres L a n -des befaßt . Leider ist unse re Schmede in wür t t emberg i sche r Weise als Schmiecha a n g e f ü h r t , was leicht zur Verwechs lung mi t der Schmiecha bei Eh ingen f ü h r t . Auch h ä t t e n w i r die Feh la l ieber mi t F als mi t dem ve ra l t e t en V gesehen. Seite 133 d ü r f t e doch wohl i r r ig unser Trochtel f ingen s t a t t richtig Truchte l f ingen bei Ebingen s tehen. Kr.

Burg Hohenzollern n e n n t sich ein im Ju l i 1961 erschienenes fe ines Hef tchen von 20 Seiten, dessen T e x t unser H e i m a t -forscher Willy Baur -Hech ingen schrieb, dem der Ver lag Gebr . Metz -Tüb ingen 15 herr l iche F a r b a u f n a h m e n und 5 schwarzweiße Bi lder be i fügte . Behande l t w e r d e n in leicht faßl icher F o r m : der N a m e Zoller, die ers te und zweite Burg, die Festung, der Neubau 1847 f., die F ü h r u n g durch das Schloß und die w e i t b e r ü h m t e Aussicht von den Basteien. A m wer tvol l s ten erscheinen die S te inb i ldwerke der k a t h o -lischen St. Michaelskapel le aus dem 12. J a h r h u n d e r t und das fa rb ige Zo l l e rnwappen -Fens t e r v o m Klos ter S te t t en u m 1280. _ Krs .

F ü r den I n h a l t d e r A b h a n d l u n g e n t r a g e n d ie V e r f a s s e r d ie V e r -a n t w o r t u n g . — Die Kl ischees zu d e m D r e i k ö n i g s a u f s a t z s te l l te uns der Ver l ag „S chwarzwä lde r Bote" unen tge l t l i ch zur V e r f ü g u n g . Herz-l ichen D a n k !

B E S T E L L - S C H E I N

zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat"

Ich/wir bestelle(n) ab sofor t zum l a u f e n d e n Bezug

durch die Pos t Stück „Hohenzollerische Heimat",

Ver lagspos tamt Gammer t ingen , zum h a l b j ä h r i g e n Be-

zugspreis von DM 1.—.

Vor - und Z u n a m e

Genaue Anschr i f t

Dieser Bestellschein ist bei Neubes te l lung bzw. Nach-bes te l lungen der nächs ten Posts te l le aufzugeben. U m deutliche Schrift wird gebeten.

Hohenzolleiische Heimat Vier t e l j ah resb lä t t e r für Schule u n d Haus

Herausgegeben vom Verein für Geschichte, in Verbindung mit

Schr i f t le i tung: Josef W i e s t , E a n g e n d i n g e n

25 Y 3828 F

P ' e i s ha lb jähr l i ch 1.— DM

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern der hohenz. Lehrerschaft

Druck: Buchdruckere i S. A c k e r, Gammertingen

Postscheckkonto S t u t t g a r t 35 892 Bank : Hohenz. L a n d e s b a n k G a m m e r t i n g e n 15

Nummer 2 Gammertingen, April 1962 112. Jahrgang

Palmen und Volksbräuche am Palmsonntag in unserer Heimat von J o s e f S c h n e i d e r

Die E r i n n e r u n g an den Einzug des H e r r n in J e rusa l em, das jube lnde „Hosianna" , das täglich im „Sanctus" der hei l igen Messe erkl ingt , w a r schon zu al len Zei ten im Volke tief ve rwurze l t und f indet e inen s t a rken Ausdruck im e rha l t enen B r a u c h t u m des Pa lmsonn tags . Noch liegt übe r diesem Tag nicht die ve rha l t ene T r a u e r dieser Woche, son-de rn die F r e u d e ü b e r das „Hosianna" , die E r i n n e r u n g an die Palmzweige , m i t denen das Volk von J e r u s a l e m dem H e r r n bei se inem t r i u m p h a l e n Einzug zu jube l t e .

Diese P a l m e n sind de r M i t t e l p u n k t des Pa lmsonn t ags u n -serer Buben, die Wochen v o r h e r schon F l u r e n und Wälde r durchs t re i fen , u m das „Pa lmensach" zusammenzu t r agen . Denn j ede r will ja den schönns ten und g röß ten P a l m e n zu r Kirche b r ingen u n d die V e r w a n d t e n d a m i t e r f r euen . Was da alles im einzelnen in die P a l m e n „h ine inkommt" , ist z w a r an ganz bes t immte F o r m e n gebunden, die abe r doch selbst im hohenzol ler ischen U n t e r l a n d örtlich o f t verschieden sind.

Wenn m a n nach dem „ W a r u m " f rag t , dann e r h ä l t m a n meis tens zu r A n t w o r t : „Weils eben so Brauch ist."

Der Vo lkskund le r weiß aber , daß d ieser Brauch nicht von selbst e n t s t a n d e n ist, sondern v i e lmehr seit J a h r h u n d e r t e n von innen h e r gewachsen ist u n d ein Stück religiösen Volks-g lauben dars te l l t . Die Bes tandte i le des P a l m e n s sind, wie w i r i m m e r wieder fes ts te l len werden , ein Teil der geheimnisvol l beseel ten Natur , die dem f r ü h e r e n Landvolk in se inen Glau -

ben und in sein tägliches Leben h ine ingewachsen war . We-gen ih re r hohen S e g e n s k r a f t u n d B e d e u t u n g f ü r Mensch und Tier b i lde ten sie e inen Bes tandte i l de r P a l m e n , die a m Sonn-tag in die Kirche gebracht u n d dor t geweih t werden .

Wie e rwähn t , ist die Z u s a m m e n s t e l l u n g de r P a l m e n in den Or t en o f t ganz verschieden. W ä h r e n d im Haiger locher Be -zirk zu den au fgezäh l t en Pf lanzen noch Seidelbast , Efeu, Kirschblüte h inzukommen , w e r d e n im h in t e r en Bezirk bis heu te noch Aepfe l ve rwende t , wozu die schönsten u n d g röß -ten und ro tbackigs ten auf diesen Tag a u f b e w a h r t werden . O f t ist es eine große Anzahl , die den P a l m e n schmücken; in Haigerloch m u ß t e n es f r ü h e r i m m e r genau zwölf sein, welche die zwölf Aposte l vers innbi ld l ichen sollten.

Wochenlang durchs t re i fen die B u b e n die Wälder , scheuen ke inen Weg und ke ine Mühe, u m möglichst die schönsten Zweige f ü r den P a l m e n zu f inden . Die me i s t en m e r k e n sich, wie uns ein Leser in He i l igenz immern sagte, die Plä tze , wo die l ängs ten Hase lnußge r t en s tanden, denn in H e i l i g e n -z i m m e r n und W e i 1 d o r f w i rd d e r j e n i g e „Palmesel" , der den längsten, möglichst d re i bis v ie r Me te r l angen P a l -m e n hat . In B a d I m n a u ist m a n dagegen a n d e r e r Mei-nung. Dor t h a b e n die P a l m e n n u r die Größe eines B l u m e n -s t raußes .

Neben den übl ichen S t rauchzweigen k o m m e n h ie r und auch in H ö f e n d o r f noch Kirschblü tenzweige hinzu, die

STOLZ sind die Det t l inger B u b e n auf ih re schmucken Pa lmen , die sie reich mit Aepfe ln ge-schmückt haben . Der Brauch, die P a l m e n mit Aepfe ln zu schmücken, ist im hohenzol ler ischen Zipfel des H o r b e r R a u m s noch ve rb re i t e t u n d w u r d e f r ü h e r auch in Haiger loch geübt , womi t die 12 Apostel vers innbi ld l ich t w e r d e n soll ten. Foto: K a t h . P f a r r a m t . Det t l tngen.

0.8 H O H E N Z O Ii i ; E R I 9 C U E H E I M A T J a h r g a n g 1962

m a n schön einige Ze i t v o r h e r schneidet und in e ine r Vase zum Blühen bringt.- I n O w i n g e n mach te f r ü h e r die Schul-jugend die P a l m e n m i t We iden ru t en ; f ü r e inen P a l m e n b e -nöt igte m a n zwei Ru ten . Auf j ede R u t e w u r d e mi t te l s Ho-lunderholz 1 x 3 u n d 1 x 2 Gesetzchen des Rosenkranzes in K r e u z f o r m aufgezogen. H a t t e de r J u n g e eine g rößere Ver -w a n d t s c h a f t , so m u ß t e er zumeis t schon nach Weihnachten m i t dem Hölzchenschneiden beginnen. Das w a r d a n n eine Fre ize i tbeschäf t igung f ü r unse r e Buben, die in a n d e r e n Or t en auch Wochen vo rhe r die P a l m k r e u z l e fe r t ig ten , die o f t bis zu e inem Dutzend den P a l m e n schmückten, wobei es f r ü h e r in H e i l i g e n z i m m e r n und H a i g e r l o c h ein ganz bes t immtes Holz sein mußte . Diese e twa 10 cm großen Kreuzle, zumeis t auch m i t Doppe lquerba lken , f a n d e n d a n n i h r e n Pla tz an den S ta l l tü ren . Wie die Art , so ist auch die Zahl der P a l m e n s e h r verschieden. So k o m m t es z. B. in manchen O r t e n vor, daß ein B u b bis zu vier u n d fünf P a l -m e n in. die Kirche schleppt, u m sie den V e r w a n d t e n u n d Nachbarn zu br ingen . Dagegen w i r d in H e i l i g e n z i m -m e r n n u r ein P a l m e n getragen, und von diesem w e r d e n Zweige an die V e r w a n d t e n u n d Nachba rn ver te i l t .

F ü r Min i s t r an t en u n d Kirchenchor beg innen m i t dem P a l m s o n n t a g als E in le i tung zur Leidenswoche große Tage. Beim V e r s t u m m e n des Orge l - oder Glockenklanges besorgen die a l t b e k a n n t e n Rätschen das R u f e n zu den Got tesdiensten, wobei sie meis tens von den Min i s t r an ten bed ien t w e r d e n müssen , w ä h r e n d durch den Kirchenchor die u r a l t en T r a u e r -p sa lmen u n d Klage l ieder die E r i n n e r u n g an das Le idenswerk wecken.

Freilich h a t die E in le i tung der Leidenswoche durch P a l m -sonntag und Pa lmprozess ion im L a u f e der J a h r h u n d e r t e manche A b w a n d l u n g u n d Ausschmückung e r f ah ren , wie die al ten Dars te l lungen des H e r r n auf dem Pa lmese l zeigen. Die K u n s t des spä ten Mit te la l ters , die Gotik, b rachte manche dieser Dars te l lungen, dem B e d ü r f n i s entsprechend, den Ein-zug des H e r r n nachzubi lden, hervor . Die Dars te l lung des Pa lmese l s w a r zumeis t auf ein Bre t te rges te l l mont ie r t , wobei dann die F igur e infach in der Prozession mi tgezogen wurde . Zuwei len w e r d e n auch lebende Rei t t iere ve rwende t , u n d der H e r r w u r d e durch e inen Geist l ichen dargeste l l t .

Diese Pa lmprozess ion ha t aber im Zei ta l te r des Barocks, ganz dem Ver langen der Zeit nach szenischer Dars te l lung und Anschaul ichkei t entsprechend, eine reichhal t ige Aus-schmückung e r f a h r e n , wie ü b e r h a u p t in dieser Zei t mi t ih rem ausgepräg ten Prozess ions- und Wal l f ah r t s l eben das mi t te la l te r l iche B r a u c h t u m der Karwoche wei ter lebte . Der Palmesel , aus Holz geschnitzt , mi t der königl ichen Chr i s tus -gestal t auf dem Rücken, gab dem P a l m s o n n t a g die letzte Weihe: der Got tessohn hä l t u n t e r dem Gesang des Volkes Einzug in die Kirche. Hier w a r es vor a l lem unse r e deutsche Heimat , wo der P a l m s o n n t a g eine tiefe, weihevol le Aus-p r ä g u n g und S t i m m u n g erhiel t . In H a m b u r g , Bres lau, N ü r n -berg en t f a l t e t e die Pa lmprozess io r die größte Pracht . In K e m p t e n schr i t ten die zwölf Apostel m i t l angen B ä r t e n h in -ter dem Esel her , der zumeis t von K n a b e n gezogen wurde , was aber manche ro r t s auch Ehrensache der H a n d w e r k e r -zünf te , ja sogar von R a t s h e r r e n und Pa t r iz ie rn , war . Bis in unsere engere H e i m a t ha t t en die Pa lmprozess ionen S t r a h -lungswi rkung , was noch vo rhandene al te und wer tvol le Dar -s te l lungen deutl ich beweisen, wenngle ~h bei uns der Brauch o f f enba r schon f r ü h abging.

Letz te s t u m m e Zeugen f inden wi r dann und w a n n im Land. Das L a n d e s m u s e u m auf der B u r g Hohenzol lern be-sitzt noch ein wer tvol les al tes Stück, das uns an die P a l m -prozession e r inner t . Diese Dars te l lung ist abe r nicht aus e inem Guß. W ä h r e n d der Esel aus Po i t r ingen (Kreis T ü b i n -gen) s t ammt , k a m die al te und wer tvol le gotische Chr i s tus -figur 1917 auf dem Dachs tuhl der Kirche in Gruol zum Vor-schein, w a r in zwei Tei le gespal ten u n d w u r d e damal s mi t E inve r s t ändn i s des Ord ina r i a t s F re ibu rg dem L an d es k o m-m u n a l v e r b a n d le ihweise über lassen, der sie 1962 un te r P f a r -rer Waldenspui käuf l ich f ü r das L a n d e s m u s e u m e rwarb . Dort ha t der Gruo le r Pa lmese l aus dem 15. J a h r h u n d e r t schon viele Be t rach te r g e f u n d e n und k ü n d e t heu te noch von einer g l aubens f rohen Zeit in unsere r Heimat . Er ist als Be-weis anzusehen, daß die Pa lmprozess ion in der geschi lderten Weise auch f r ü h e r m a l in Gruol Brauch war .

In Rangend ingen s t and u m die J a h r h u n d e r t w e n d e im al ten Schulhaus, in e iner ver lassenen Zelle des ehemal igen Klosters , e ine alte, d r e iv i e r t e lmannshohe Chr is tusges ta l t auf e inem Büchergestel l , an dessen Enden vier Rädchen befes t ig t waren . Wie alte Leute erzähl ten, w u r d e dieser Chr i s tus a m P a l m s o n n t a g f r ü h e r durch die Kirche gezogen. Die Kinder und auch die E rwachsenen bezeichneten diese F igur spä te r als den „Palmesel" . Das Wort Pa imese l w u r d e a l lgemein zu e inem gel inden Schel twort . M a n bezeichnete dami t die S p ä t -

a u f s t e h e r am P a l m s o n n t a g o d e r denjen igen , der den P a l m e n ungeschickt t rug , oder den letzten P a l m t r ä g e r in der Kirche. Auch den, ; de r zule tz t m i t dem geweih ten P a l m e n aus dem Hause kam, w u r d e Pa lmese l genannt . Und of t ve rpf lanz te sich dann der Ruf: . „Palmesel , P a l m e s e l . . . !" durch das ganze Dorf.

Aber das mi t dem Pa lmese l ist w i e d e r u m örtlich ganz verschieden. Während , wie schon e rwähn t , in Weildorf und Hei l igenz immern Pa lmese l zu sein eine E h r e ist, wi rd in Haigerloch, Tr i l l f ingen und a n d e r e n O r t e n de r j en ige P a l m -esel, de r zuletzt in die Kirche k a m , w ä h r e n d z. B. in Gruol, Owingen, S te t t en Bi t te lbronn, Bad I m n a u und auch in Ge -m e i n d e n des h in t e r en Bezirks der le tzte aus der Kirche K o m m e n d e „Paimese l" wurde . Daß das zu gewissen A u s -wüchsen f ü h r e n muß te , lag auf de r H a n d ; k a m m a n in den einen Gemeinden nicht f r ü h genug zur Kirche, so setzte in den anderen of t ein w a h r e r T u m u l t ein, dem die P f a r r e r o f t dami t zu begegnen suchten, daß sie dem Pa lmese l ein Tr inkgeld oder e ine Tafe l Schokolade gaben. Aus Owingen, wo f r ü h e r auch Bürge rme i s t e r u n d Geme inde rä t e P a l m -zweige in der Kirche erhie l ten , w u r d e uns berichtet , daß dort jeder Pa lmese l w e r d e n wollte, um die M a r k des P f a r -re r s zu erha l ten . Den e r s t en zur Kirche k o m m e n d e n P a l m -t r äge r nenn t m a n in Bi t t e lb ronn von a l t e r sher den „Reife-schmecker".

Acht Tage vor P a l m s o n n t a g gehen in Empf ingen die Schul-buben ins „Balmsach". Ueber Stock u n d Stein, durch Berg u n d Tal wi rd gest re i f t , u n d o f t bedarf es m e h r e r e r Gänge, u m all die zum Teil schon b l ü h e n d e n S t räucher z u s a m m e n -zubr ingen. Zu e inem r icht igen P a l m e n gehören Weidenkä tz -

A U S DEM 15. J A H R H U N D E R T s t a m m t d iese D a r s t e l l u n g des H e r r n auf d e m P a l m e s e l , we l che im L a n d e s m u s e u m auf d e r B u r g H o h e n -zo l l e rn s t eh t u n d 1917 auf d e r K i r c h e n b ü h n e in G r u o l a u f g e f u n d e n w u r d e . Der Esel d a g e g e n s t a m m t a u s P o l t r i n g e n Die D a r s t e l l u n g , w e l c h e a l l g e m e i n d e r G r u o l e r P a l m e s e l g e n a n n t w i r d , s te l l t e in w e r t v o l l e s M u s e u m s s t ü c k d a r u n d k a n n als B e w e i s ge l t en , d a ß f r ü h e r d ie P a l m p r o z e s s i o n a u c h in u n s e r e r H e i m a t e in t i e f v e r w u r -ze l t e r B r a u c h w a r , d e r a b e r f r ü h abg ing . F o t o : Schne ide r .

Jäh rga r g.1962 H O H E N Z O E L E H 1 S C H E H E I M A T 19

chen, Hase ls t raud" I m m e r g r ü n , Hitzehätzeholz (Seidelbast) und Sefe lbom (Thuja) . F r ü h e r b i lde ten dre i Hase lnußge r t en bis zu 3,5 m Länge das t r agende Gerüs t , u m die Z u t a t e n e twa in der Mit te angeordne t und gebunden w u r d e n . Den letzten Schmuck b i lde ten dann noch Aepfel , soweit sie in dieser Jahresze i t noch v o r h a n d e n waren .

Wer m i t ganz besonde re r Sorgfa l t seine P a l m e n aus s t a t -ten wollte, a rbe i t e t e aus geschälten Holunders tücken eine Bogenkrone ein. Jewei l s drei 5 cm lange Holunders tücke w u r d e n k reuzweise angeordne t , dazwischen ein Ei oder ein Apfe l e ingesetzt u n d bodenfö rmig zu e iner Krone zusam-mengesetz t . J e d e r Va te r setz te seinen Stolz darein, seinem Buben den schönsten P a l m e n zurechtzurichten.

Heu te ist auch hier dieses Brauch tum, diese Volkskuns t im bes ten S inne des Wortes , fas t bis zur Dür f t igke i t z u s a m m e n -geschmolzen. Z u r Zei t w i rd hier n u r noch ein f a s t besserer S t rauß, m i t f a rb igen B ä n d e r n geschmückt, am P a l m s o n n t a g von den K i n d e r n zu r Kirche get ragen. Der letzte, der d a m i t in der Kirche erscheint , ist Pa lmese l ! In feierl icher Prozes -sion ziehen Pr ies te r , Min i s t ran ten , Kirchenchor und die K i n -der m i t den geweih ten P a l m e n durch den H a u p t - und Sei-t engang der Kirche nach außen u m das Got teshaus h e r u m und ziehen w i e d e r u m s ingend in die Kirche ein. Die Mi t -gl ieder des Kirchenchores t r agen dabei die geweih ten P a l m -zweige (Thuja), die sie w ä h r e n d de r Weihe und der Wech-selgesänge vom Pr i e s t e r an der K o m m u n i o n b a n k überre icht bekamen . Zu Hause w e r d e n die Pa lmzweige in Scheunen, S ta l lungen und W o h n r ä u m e n aufges teckt und das J a h r a u f -b e w a h r t . Wer am P a l m s o n n t a g als le tz ter aufs teh t , wi rd hier „Palmesel!"

Schon Wochen vor dem P a l m s o n n t a g s ieht m a n die Buben in Tri l l f ingen an den Nachmi t t agen in Feld und Wald gehen, um, wie sie zu sagen pflegen, „ins Pa lmsach" zu gehen. H ie r -zu gehören möglichst l ange und s t a rke Ruten , welche d a n n

mi t iValdefeu umwickel t werden . Zweige mi t Eichen- und Buchenlaub sowie Ki rschen- und Kas tan ienzweige , die in Behä l t e rn mi t Wasser gestel l t werden , d a m i t die B l ü t e n -knospen aufgehen, sind Haup tbes t and te i l e der P a l m e n . A m Sams tag herrscht d a n n vor den H ä u s e r n ein emsiges Tre iben, w e n n die P a l m e n gerichtet werden . Oben a m R u t e n e n d e wi rd noch ein Büschel m i t Buchs befest igt , und m e h r e r e k le ine Holzkreuze w e r d e n au fgehäng t . Als besondere r Schmuck werden noch ein p a a r Aepfe l f e s tgebunden . O f t haben die Buben zwei oder drei P a l m e n „gemacht", von denen sie dann dem „Dete" oder der „Dote" oder sonst j e -m a n d in der V e r w a n d t s c h a f t oder Nachbarschaf t e inen b r i n -gen. Einen schweren Gang tu t d a n n de r j en ige von den B u -ben, der als le tz ter seinen P a l m e n in die Kirche br ingt . Von al len Anwesenden wi rd er l a u t s t a r k m i t dem Ruf „ P a l m -esel" empfangen . Dieser wen ig ehrenvol le Titel h a f t e t ihm noch einige Wochen an.

Es bes teh t kein Zwei fe l da rübe r , daß vieles al tes Brauch-tum zu schnell abgegangen ist, daß die technische En twick-lung manches ve rd räng te , w ie ü b e r h a u p t der heut ige Mensch sich vielfach über a l te Bräuche und ih ren Sinn e rhaben füh l t . E r übers ieh t dabei nicht selten, daß sein G e m ü t in dem Maße v e r a r m t , wie gutes und seelenvolles B r a u c h t u m u m ihn h e r u m schwindet . Größten te i l s geht d a m i t auch die Gabe ver loren, den Gehe imnissen h in te r den Dingen l iebevoll und eh r fü rch t ig nachzuspüren, sie zu er lauschen, zu deu ten und zu beseelen und auch das U n f a ß b a r e g läubig zu ve rehren . Volksseele, Volksleben und Volksglauben spielen im Brauch-tum eine entscheidende Rolle. Diese r icht ig zu e rg ründen , zu ve r s t ehen und mi t der Dars te l lung im rel igiösen Leben auf höhe re r Ebene zu verb inden , ve r l ang t viel Wissen, Glauben, E in füh lung , Herz und Gemüt , und n u r wenige sind dieser A u f g a b e gewachsen.

Zunftleben der Zimmerleute in der Speth'schen Ritterschaft Gammertingen-Hettingen Lange Arbeitszeiten!

Die B a u h a n d w e r k e r (Maurer , Z immer leu te , Ziegler und Hafner ) der Speth ' schen Ri t t e r schaf t schlössen sich 1702 zur M a u r e r z u n f t zusammen . Sie zäh l te 1755 36 Meister . F ü r alle Z ü n f t e w a r e n die a l l g e m e i n e n Zunf t a r t i ke l verbindlich. Daneben gab sich j eder H a n d w e r k s z w e i g m i t Genehmigung des Vogte iamtes noch b e s o n d e r e Z u n f t a r t i k e l .

Die besonderen Zunf ta r t iKel der , Z immer leu te , die h ie r in -haltl ich wiedergegeben werden , b ie ten ein Bild vom S t r eben dieses Z u n f t s t a n d e s nach handwerk l i chem Können und H a n d w e r k e r e h r e .

1. Die Z immer l eu t e d ü r f e n f ü r Häuser , Stadel , Stäl le und Bads tuben A r b e i t leisten. F e r n e r k ö n n e n sie Hackbre t te r , Kne t t röge und ungehobe l te Schranden hers te l len . Schrei-ne ra rbe i t en sind verboten .

2. Ins tandsetzungsar tK i ten m ü s s e n m i t ganzem Holz aus -ge füh r t w e r d e n ; die V e r w e n d u n g von gele imtem Holz bleibt verbo ten . Tü re in f a s sungen sind Schre inerarbe i ten .

3. Was f ü r den Meis ter ve rbo t en ist, bleibt auch f ü r ihre Knechte (Gesellen und Lehrl inge) verbo ten . Die Schrei-ner d ü r f e n keine Zwerch- oder Bre i t ax t benutzen. Bei Z u w i d e r h a n d l u n g e n haben sie 1 Gulden S t ra fge ld in die Z u n f t l a d e zu zahlen. A u ß e r d e m w e r d e n sie nocn von der Obr igkei t bes t r a f t .

4. Die Lehrze i t be t r äg t 2 J a h r e . Nach Ende der Lehrze i t be-sichtigen Z u n f t m e i s t e die Ar1 sit des L .h r l i ngs . Wenn die Besicht igung zuf r iedens te l l end ausfäl l t , w i rd der Lehr l ing Geselle und sein Lohn festgesetzt . Den gemein-samen T r u n k m u ß der neue Geselle bezahlen. A r zwei b r e n n e n d e n Kerzen ilarf er zum ers ten Male die T a b a k s -pfe i fe anzünden .

5. Der Geselle m u ß 3—4 J a h r e auf Wande r scha f t gehen und darf w ä h r e n d dieser Zeit nie nahe r als 4 Wegs tunden an G a m m e r t i n g e n - H e t t i n g e n h e r a n k o m m e n .

6. J ede r Meis ter darf n u r e i n e n .Lehrling hal ten, dami t er gründlich ausgebi ldet w e r d e n kann .

7. Wenn ein Z i m m e r m e i s t e r von e inem B a u h e r r n die A r b e i t ü b e r n i m m t , so ist die fo lgende A r b e i t s z e i t e inzu-ha l t en : Sobald die Glocke m o r g e n s 4 U h r schlägt, so m u ß der Meis ter (mit Gesel len und Lehr l ingen) an die Arbeit gehen. Wenn es 7 U h r schlägt- so geht er zum Morgen -essen. Um 8 U h r beginnt uie A r b e i t wieder und daue r t

bis zum Mi t tag läu ten . Die Mi t tagsarbe i t f äng t u m 1 Uhr an und um 7 Uhr „mag er nach Hause gehen". Von B a r t h c -iomaus tag bis Os te rn beg inn t der Fe ie rabend u m 5 Uhr .

8. Wenn ein Meis te r (oder Arbei te r ) n icht zur rechten Zeit an die Arbe i t geht, darf ihm der B a u h e r r e inen ha lben Taglohn abziehen.

9. Auf e inem Baupla tz darf n u r e i n Z i m m e r m e i s t e r a r -bei ten, ebenso n u r ein Lenr l ing.

10. Der Meis ter k a n n einen we i t e ren Meis te r e instel len bei Z a h l u n g des Meis ter iohnes . Der f ü h r e n d e Meis ter darf aber von e inem m i t a r b e i t e n d e n Meis ter ke inen Nutzen haben.

11. Kein Meister , Geselle, Lehrl ing, ke ine Weiber und Kin -der d ü r f e n von e iner Baus te l le a l tes oder neues Holz nach Hause n e h m e n oder weg t r agen lassen.

12. W .-in ein Meis te r eine Arbei t u b e r n i m m t , so m u ß er selber diese Arbeit d u r c h f u h r e n . A n d e r e Meis ter und Ge-sellen welche die Arbe i t beh indern , w e r d e n m i t 2 Gulden bes t ra f t .

13. Kein Z i m m e r m e i s t e r darf M a u r e r a r b e i t e n du rch füh ren , S t r a f e 30 Kreuzer .

14. Je "'er B a u h e r r besi tzt das Reellt, e inem Meister , dessen A r b e i t ihm nicht gefäll t , U r l a u b zu geben und einen a n -dern Meis ter einzustel len.

15. Wenn der B a u n e r r der Ansicht ist, d a ß der Meis ter die Ar ' ieit nicht vo r schr i f t smäß ig a u s g e f ü h r t habe, so en t -scheiden uie Z u n f t m e i s t e r oder, w e n n sie nicht einig werden , die Obrigkei t .

16. W e n n den Z i m m e r l e u t e n vom B a u h e r r n e twas zum Ver -zehren v e r e h r t wird , so sollen sie es m i t t r eue r Arbe i t entgel ten

17. Meis ters tück: Die Gesellen sollen „wohl re ißen (zeich-nen), auch '.;ber alles guten Bericht geben: e inen l iegen-den Dachstuhl , ej*) geseiltes W e r k u n d verb ig te L ä d e n : l em Pine H a m p f l a d t und gute Bau nach al ler n o t h d u r f t . Eines Meis ters Söhne ist n u r den ha lben Thai l schuldig zu machen."

18. Die Z u n f t m e i s t e r haben über das Meis ters tück zu en t -scheiden. Wenn die Arbe i t von ihnen als r ichtig e r k a n n t »wird, soll der Geselle als Meis ter zugelassen w e r d e n und die a l lgemeinen Z u n f t a r t i k e l ha l ten .

L a n d a u f , l andab sind ans in den st i lvollen Fachwerkg ie -beln e indrucksvol le P r o b e n bes te r Z i m m e r m a n n s a r b e i t e r -ha l ten . Vor e inem H a n d w e r k e r s t a n a , der sich selbst solch h a r t e B e s t i m m u n g e n aufer legte , k ö n n e n wi r die größte Hochachtung h a b e n und seine h in te r l a s senen Arbe i t en noch m e h r b e w u n d e r n . W.

20 H O H E N ZC E R I S C H E H E I M A X J a h r g a n g 1962

Dr. med. Ernst Senn zum Gedächtnis - t Konstanz, 10 Januar 1952 Die Todesnachricht vom S t r a n d des Bodensees schlug bei

uns f a s t ein wie ein Blitz aus he i t e rem Himmel . N u r ein sehr enger Kreis he ima t l i ebende r Menschen h a t ü b e r h a u p t gewußt , daß der große „In i t ia tor" hohenzol ler ischer Ge-schichtsforschung seit l angem leidend war , unhe i lba r herz -k r a n k . Denn von sich selbst h a t er f a s t n ie gesprochen, ge-schweige denn geschrieben, v ie lmehr galt all sein Mühen und Arbe i t en neben dem Beruf als Arz t dem gel iebten Lande Hohenzol lern, in dem seine Wiege s tand . N u n ist e r 78 j ähr ig a b b e r u f e n worden , nachdem er seit Mi t te der 50er J a h r e seine P r a x i s als Ha ls - und O h r e n a r z t in der Ma lhausapo-theke aufgegeben und sich in der W o h n u n g J a k o b s t r a ß e 85 n u r m e h r der a n d e r n H a u p t s p a r t e seines vielseit igen For -scherlebens widmete . Nämlich der He ima t fo r schung u n d dem Ausbau der von ihm, seiner schon f r ü h e r he imgegangenen Schwester I rene, v e r w i t w e t e n Wiedel, u n d vor al lem dem Buchwar t des hohenzoller ischen Geschichtsvereins, S tud ien -r a t Heinr ich F a ß b e n d e r ers te l l ten „hohenzoller ischen H e i m a t -bücherei" in Hechingen gehör te noch se ine Sorge bis zuletzt. Dieser galt auch sein le tz ter e igenhänd ige r Brief , im Bet t mi t Bleis t i f t geschrieben, wenige Tage vor se inem Tode.

Senn w a r als Arzt ein großer He l fe r u n d Wohl tä te r der Menschen, ein M a n n von verschiedens tem wissenschaft l ichen Interesse bei hohe r Begabung, ein une rmüd l i che r Forscher, von dem jeder , der mi t ihm zu t u n ha t te , sich f r a g e n muß te ; wo n i m m t er eigentlich die Zeit her , u m so viele Gebie te der Wissenschaf t zu beackern? Denn auch der Na tu rkunde , Geologie und K u l t u r von H e i m a t und Aus land gal t sein In -teresse. Sein e iserner Fleiß mi t ebensolchem Willen, der ge-legentlich ande ren u n a n g e n e h m als Eigens inn erscheinen konnte , g e f ü h r t von unbänd igem S c h a f f e n s d r a n g bei Tag und Nacht, k a n n t e ke iner le i Rücksicht gegen sich selbst, w e n n es galt, die Schätze der Archive f ü r die hohenzol ler ische He ima t zu heben, Drucks tücke über K u l t u r - und L a n d e s k u n d e in den ve rborgens ten Winkeln aufzus töbern , u n t e r großen f i -nanziel len O p f e r n zu e r w e r b e n oder wenigs tens zu fo tokopie-ren, oder S t u d e n t e n bzw. a n d e r e In te res sen ten f ü r historische und geologische Aufsä tze übe r die hohenzol ler ische He ima t oder seine Gebur t s s t ad t Hechingen zu gewinnen .

In den Fer ien machte er meis t ke ine Erholungs- , sondern arbei ts re iche Forschungsre isen übe r L a n d und Leu te in Frankre ich , Lapp land , Span ien und Griechenland. Aber im-m e r wieder zog es ihn in die engere He imat , wo dann , wie auch in Kons tanz mit gelegentl ichen Besuchern, es n u r e i n T h e m a gab: „Zollerana!"

Senns äuße re r Lebensweg begann in der Zol lers tadt Hechingen, wo er am 6. Sep tember 1884 als Sohn des Rechts-a n w a l t s und Nota r s Ju s t i z r a t Josef Senn und seiner F r a u Anna geb. Evelt , e iner Tochter des Landger i ch t sp räs iden ten August Evelt , geboren wurde . I h m wie seiner Schwester I r ene m u ß hier im E l t e rnhaus in ganz besonderem Maße die Liebe zur H e i m a t e ingepflanzt w o r d e n sein, eine Liebe, die nicht n u r F r e u d e h a t t e an den Schönhei ten oder N a t u r um den Zol lerberg und die Alb, sondern die auch wissen wollte, wie die Bevö lke rung von L a n d s c h a f t u n d Geschichte und Schicksalen gepräg t wurde . Nach Besuch de r Volksschule und der u n t e r e n Klassen der Hechinger Realschule ging Senn ans G y m n a s i u m nach Rot twei l , machte dor t 1904 das Abi tur , s tu -dier te Medizin an den Univers i t ä t en München, Wien, Kiel, Leipzig und Berl in, wo er 1910 die S t a a t s p r ü f u n g ablegte, w a r anschl ießend als P r a k t i k a n t an der Cha r i t e u n d ande ren Ber l iner Kl in iken tätig, und w u r d e 1911 zum Doktor der Medizin p romovie r t . Nach den Ass i s t en t en j ah ren f ü h r t e ihn der e rs te Wei tkr ieg als S tabsa rz t nach Frankre ich . Nach glücklicher Rückkehr ließ er sich in Kons tanz als Facharz t f ü r Hais- , Nasen- und O h r e n k r a n k h e i t e n n ieder u n d setzte sein großes K ö n n e n zum Besten der k r a n k e n Menschen ein, die ihm ihr V e r t r a u e n schenkten.

Nach A u s k u n f t der He imatbüchere i h a t Senn schon als S tabsa rz t sich mi t den S tö rungen bei Vögeln beschäft igt , die durch Ar t i l l e r ie feuer h e r v o r g e r u f e n w e r d e n und d a r ü b e r eine Sta t i s t ik veröffent l icht , ein k l a r e r Beweis, daß er übera l l mi t o f f enen Augen die P h ä n o m e n e be t rachte te . Spä t e r be-schrieb e r den aus S igmar ingen s t a m m e n d e n Arz t Theodor Bilzharz un te r dem Titel : „Ein deutsches Forscher leben in Aegypten" .

Eine U n s u m m e von Arbe i t ü b e r n a h m der Forscher Senn in den Fer ien tagen , wie es n u r ein von S c h a f f e n s w u t ge t r ie -bene r Ideal is t v e r m a g : die das Land Hohenzol le rn b e t r e f -f e n d e n Bes tände des Fürs t l ich T h u m - u n d Taxis ' schen A r -chivs — dama l s in Obermarch ta l — ans Tageslicht zu f ö r -de rn u n d in Druck zu br ingen. Nebenhe r schuf e r e ine D e n k -schr i f t zur Refo rm der deutschen Geschichtsforschung, die

— weil von dieser Sei te — den m a ß g e b e n d e n M ä n n e r n nicht ge rade sehr w i l l kommen sein wollte. Gigantisch n e n n t W. Sau t e r im Nachruf Senns dessen Arbe i t zu e iner G e s a m t -bibl iographie Hohenzol lerns , wor in er die gesamte übe r Land und Leu te und das Herrschergeschlecht erschienene L i t e r a t u r s a m m e l t e und den geograph i sch-na tu rkund l i chen Teil auch tatsächlich gedruckt vorlegte, w ä h r e n d der historische und kulturgeschicht l iche Teil umfangre i che Ze t t e l s ammlungen dars te l l t .

Senn ku rbe l t e 1932/34 mi t unnachahml ichem Schwung, ohne Rücksicht auf gelegentl iches Anstoßen, den hohenzol-lerischen Geschichtsverein neu an und veröf fen t l i ch te nach dessen N e u f o r m i e r u n g in der u m b e n a n n t e n Vereinszei tschr i f t „Hohenzollerische J a h r e s h e f t e " 1934 e inen ausführ l ichen , vier Drucksei ten u m f a s s e n d e n P l a n f ü r die Landesforschung, des-sen einzelne S p a r t e n freil ich wei tgehen ' von ihm selbst al lein ge fö rde r t wurden , wie m a n rückschauend jetzt sagen muß . Manches davon, besonders die von Senn ge fo rde r t e Historische Kommiss ion k a m wegen Kle inhei t des Landes nicht zur A u s f ü h r u n g . Aber das bis dah in kle ine S taa t sa rcn iv in S igmar ingen w u r d e wenigs tens aus seinem Dornröschen-schlaf geweckt und ha t sich sei tdem, durch tüchtige B e a m t e geförder t , verhe ißungsvol l entwickel t .

Z w a r bl ieben dem une rmüd l i chen Anrege r und Forscher die En t t äuschungen nicht e rspar t , so daß er als echter S a n -guin iker vo rübergehend die Arbe i t au fgeben wollte, abe r nach kurzer Zei t en t fach te sich seine Heimat l iebe wieder zu he l len F l a m m e n , und bis zuletzt gal t sein In te resse se l tenen l i terar ischen Erzeugnissen über Hohenzol lern u n d Bi ldern hohenzol ler ischer Persönl ichkei ten, wie e twa Beurone r Aeb-ten oder Aebt i s s innen von Wald und Habs tha l . Dies alles s a m m e l t e er m i t dem schar fen Blick des Kenners , meis t u n t e r großen mate r ie l l en Opfern , und schenkte es se iner ge-l iebten Re-uiat 'oücherei. Was w ä r e sie ohne seine Aegide, ohne seine zahlre ichen S t i f tungen? ! Nun wird die Sorge a n -deren über lassen w e r d e n müssen.

Dr. Erns t Senn h i n t e r l ä ß t in T r a u e r seine Gemahl in Hi lma geb. von K a h l d e n und zwei Töchter : Ursula , vere 1 ielicht mi t dem J u r i s t e n Graf von Rantzau , und Birgit , F r a u eines Kuns th i s to r ike r s Shell .

Die hohenzoller ische Geschichtsforschung wird se inen N a -m e n neben den seiner Schwester I r ene mi t Goldbuchs taben in die Anna len des Landes e in t ragen . Möchten doch viele ähnlich hochgesinnte Nachfolger e rs tehen! J. A. Kr .

T a h - M n f 196? H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T 21

Vom Pfarrhaus der Urpfarrei Killer M. L o r c h

Im S o m m e r 1960 w u r d e n bei Bagge ra rbe i t en im G a r t e n des Fr iedr ich F lad a m Ledergäß le Topfscherben und Tonge-fäße sowie b i sher ve rborgenes M a u e r w e r k entdeckt . Bei den Tonge fäßen in Becher form hande l t es sich u m Ofenkacheln , die sogenann ten Becherkacheln, wie m a n sie einige J a h r e f r ü h e r g e f u n d e n ha t bei G r a b u n g e n auf unse ren Burgs te l len Hohen jung ingen , Eineck, Af fenschmalz und Ringelstein. I m -m e r dort, wo m a n sie findet, h a t m a n es m i t Uebe r re s t en aus mi t te la l te r l ichen Gebäuden zu tun . Am oben bezeichneten F u n d o r t in Kil ler s tand einst jenes Haus, in dem alle Fäden des rel igiösen Lebens der U r p f a r r e i des Ki l ler ta les z u s a m -menl ie fen , das P f a r r h a u s von „Ki lwi lar" oder Kirchwei ler . Und gleich daneben s tand ein G e b ä u d e sehr p r o f a n e r Art , das „F inanzamt" des Mit te la l ters , die Zehntscheuer .

Von diesem P f a r r h a u s u n d was dami t in Bez iehung steht , ist in a l ten U r k u n d e n und Lage rbüche rn noch einiges zu f inden. U m 1330 w a r H a u s h e r r ein P f a r r e r Konrad der Esel von Hechingen. Er f ü h r t e in seinem Siegel das Bild unse re r l ieben F r a u mi t dem Kinde. Der damal ige Ki rchenpa t ron w a r also noch nicht die Schmerzha f t e Mut te rgot tes . (Vgl. Kraus , Hohz. H e i m a t 4/56). Die Schmerzensmut t e r des je tzi-gen G n a d e n a l t a r s s t a m m t aus der Zeit u m 1500. 1466 ist ein Ber thold Schuler aus Hechingen Ki rchher r zu Killer. Als 1488 H a u s e n und J u n g i n g e n zu se lbs tändigen P f a r r e i e n ge-mach t wurden , w a r ein Caspar Schuler P f a r r e r in Kil ler .

Zum P f a r r h o f in Kil ler gehör t en nach Hagens Lagerbuch im J a h r e 1544: 1. das P f a r r h a u s oben im Dorf bei der Z e h n t -scheuer ; 2. eine Hofs ta t t , ist zu e inem Gär t le in gemacht ; (anschließend an die Zehntscheuer l inks der Ledergasse) ; 3. dre iv ier te l Wiesen zwischen Hofs t a t t und der Gökinger Gaß (Alte Gasse); ' 4. dre iv ier te l B a u m g a r t e n in De l l enbronnen (wo h e u t e die F a r r e n w i e s e anfängt ) . Schon 1554 e r f a h r e n wi r aus demse lben Buch, daß die P f a r r e i Kil ler "ke inen P f a r r e r m e h r e r t r a g e n mag" . Das P f a r r h a u s samt G ü t e r n soll an die Geme inde Kil ler v e r k a u f t w e r d e n u m 130 Gulden. Diese S u m m e soll jähr l ich auf Mar t i n i m i t 7Vs Gulden v e r -zinst w e r d e n so lange, bis ein P f a r r e r w iede rum mi t der Zeit auf die P f a r r e i ve ro rdne t w e r d e n möge. A u ß e r d e m soll als jähr l icher Zins von den G ü t e r n 12 Schill ing Hel ler an die Her r scha f t en t r ich te t werden . Dieweil abe r das H au s b a u -fä l l ig oder gar abgegangen sein sollte, möge m a n das wohl v e r k a u f e n und das Geld der Gemeinde zu Nutzen an legen; w e n n abe r cue He r r s cha f t das Geld gleich a n n i m m t , soll es von den 130 Gulden abgezogen und n u r noch der Rest v e r -zinst werden .

Nicht l ange w a r die Gemeinde mi t dieser Rege lung e in-ve r s t anden , denn schon 1559 h a t die Her r scha f t sie auf de ren Bi t ten „aus G n a d e des K a u f s er lassen" . Die P f a r r g ü t e r w u r -den wieder eingezogen u n d an Einze lpersonen ausgel iehen. Um 1620 me lde t ein E i n t r a g mi t Bezug auf das P f a r r h a u s : „Dies Haus ist nicht m e h r vo rhanden . " Nach Auf t e i l ung der U r p f a r r e i im J a h r e 1488 in drei P f a r r e i e n h a t t e Ki l ler also höchstens noch 50 J a h r e l ang einen eigenen P f a r r e r und w u r d e d a n n Fi l ia le von Hausen . Die Kirchenbücher von H a u -sen, d ie vom' J a h r e 1609 a b v o r h a n d e n sind, weisen auch l au f end E in t räge von Kil ler und Starze ln auf .

Noch e inmal wi rd der P f a r r h o f e r w ä h n t im J a h r e 1699, als zwischen der P f a r r e i H a u s e n und dem dor t igen Vogt Michael Rädle ein Tausch v o r g e n o m m e n w u r d e (Fidl . Mi t -te i lung des Erzb. Arch ivars Kraus) . In der U r k u n d e he iß t es: „Die P f a r r H a u s e n gibt dem Vögten zu e inem rechten E igen tum ein Hofs tä t t e l zu Kil ler gelegen, worauf vor J a h -r e n der dasige P f a r r h o f ges tanden, s toßt oben auf Mar t in Lorchen, un+en auf Cet te rengaß , zwischen der A l lmand und dem Mich. Rädl in se lbs ten gelegen." Auch die b e k a n n t e n a n -deren Grunds tücke sind genannt . Vogt Rädle gibt d a f ü r zu Hausen 1 M a n n s m a h d Wiesen auf Binsenberg und 1 J a u -chert Acker an de r Halde zum dor t igen P f a r r g u t Somit sind also im J a h r e 1699 die P f a r r g ü t e r von Kil ler endgül t ig in Pr iva tbes i t z übergegangen .

Beim Ver t ie fen in Hagens Lagerbuch taucht ein zweites Haus auf, das a l lem Anschein nach auch e inmal als P f a r r -w o h n u n g gedient ha t . Es heißt da : „Eigene Güte r unse re r ib. F r a u zu Ki l ler allein zugehörig: Ein H au s zu Kil ler gelegen zwischen Dionisy Toegkher (Daiker) und der Gassen, s toßt vo rne an das Al lmand, h in t en auf genann ten Daiker , ist unse re r F r a u e n eigen von Kil ler ." Eine R a n d b e m e r k u n g hierzu sagt: „Auf Mit twoch nach Lucia anno 1555 ist diese

B e h a u s u n g a n H e r r n Mathissen, P f a r r h e r r , v e r k a u f t w o r -den. Er oder seine E r b e n sollen dem Heil igen d a f ü r 26 P f u n d Hel ler i nne rha lb 3 J a h r e n bezahlen. Wahrscheinl ich hande l t es sich bei diesem H aus u m ein Tei ls tück j ener P f r ü n d e , die in der G r ü n d u n g s u r k u n d e der P f a r r e i e n H a u s e n und J u n g i n -gen v. J . 1488 mi t fo lgendem Satz e r w ä h n t w i rd : „Und die P f r ü n d e Sank t K a t h e r i n e n Al t a r zu Kil ler mi t a l len ihren Zinsen und Gül ten soll h i n f ü r der P f a r r e i zu Hausen d ie-nen." U n t e r P f r ü n d e ve r s t eh t m a n das E i n k o m m e n eines geistlichen Amtes aus Grundbes i t z oder Kapi ta lz insen. Vor 1488 m u ß also die Kirche in Kil ler e inen K a t h a r i n e n a l t a r gehabt haben. Dami t w a r g e n a n n t e P f r ü n d e ve rbunden , u m e inen Hi l fspr ies te r u n t e r h a l t e n zu können . Dessen B e h a u -sung s tand „an der Gasse", die d a r u m den N a m e n K a t h a -r inengasse (Käthergaß) b e k o m m e n hat . N u n wi rd wohl der oben g e n a n n t e K ä u f e r dieses Hauses, P f a r r e r Mathissen, ein al te H e r r gewesen sein, der h ier im R u h e s t a n d seinen L e -bensabend verbrachte . Ein we i t e r e r G r u n d f ü r das Vor -handense in eines zwei ten P r i e s t e r s ist im S t f tungsbr ie f des Affenschmalzer J a h r t a g e s zu finden, de r im J a h r e 1406 von Heinrich von Killer, genann t Affenschmalz , in die Kirche zu Ringingen f ü r die Woche vor St. Gal len ges t i f te t wurde . Dort he iß t es u. a.: „Am Diens tag f r ü h sollen dazu sich e inf inden die Leu tp r i e s t e r von Killer, Sa lmend ingen usw.". U n t e r Leu tp r i e s t e r ve r s t eh t m a n den Pr ies te r , der tatsächlich die Seelsorge in der Geme inde ausübt , w ä h r e n d der P f a r r e r , K i rchhe r r genannt , nicht unbed ing t se inen Wohnsi tz in der Gemeinde haben muß . Ueber legt m a n we i t e r : Die U r p f a r r e i h a t t e v ier Gemeinden, die übe r eine W e g s t u n d e im Tal v e r -tei l t sind. 1544 h a t t e Kil ler 62, S ta rze ln 77, H a u s e n 175 und J u n g i n g e n 293, z u s a m m e n also r u n d 600 E inwohner , ein A n -h a l t s p u n k t f ü r die zu b e t r e u e n d e Seelenzahl . In Hausen , J u n g i n g e n und Wei ler ob Schlat t w e r d e n Kapel len genannt , in denen sicher wöchentl ich Got tesd iens te zu ha l t en sind. (Starzeln w u r d e vom Pr io r des St. J o h a n n e s h o f e s betreut . ) Das Betä t igungsfe ld f ü r zwei P r i e s t e r w a r also wohl gegeben.

Hagens Lagerbuch mach t uns auch b e k a n n t , welche E i n -k ü n f t e dem Ki rchhe r rn von Kil ler von 1488 ab zus tanden . Die Her r scha f t Zollern gab vom Großzehend an die P f a r r zu Kil ler jährl ich: Umgeld 5 P f u n d ; Vesen (Dinkel) 18 Sack, H a f e r 13 Sack S t roh ein F u d e r ; 3 J a h r l a n g nach dem Aus-r eu t en den Zehenden von den Reu täcke rn Hausen gab an Geld 4 P f u n d Heller , J u n g i n g e n 15 P f u n d Hel ler . J u n g i n g e n ha t diese 15 P f u n d schon bald nachgelassen bekommen , wahrscheinl ich von dem Ze i tpunk t ab, da die P f a r r e i Kil ler nicht m e h r besetzt wurde . Al ler Heuzehn t e von Hausen , S tarze ln und Kil ler auf Wiesen und in G ä r t e n gehör te der P f a r r Kil ler zu. Aller Kle inzehnten von Erbsen . Linsen. Boh -nen, Rüben, Krau t , Obst, Zwiebeln, Flachs u n d H a n f g e n a n n -ter 3 Flecken nach Kil ler ( ausgenommen K r a u t und Zwiebeln zu H a u s e n gehör t der " f a r r zu Hausen) . Al ler lebendige Zehn te vom Vieh (Biutzehnte) der 3 Flecken gehör t der P f a r r zu Ki l ler ; das Zehntschwein , von e inem Fül len 4 He l -ler, 1 Ka lb = 1 Heller , 1 L a m m = 1 Heller , 1 Kitzel = 1 Heller . Und deren eins bei der Milch v e r k a u f t wird , von der gelösten S u m m e den Zehn tp fenn ig . Von e inem jungen Imen , so er ausgesetzt wird , 1 Schilling. Von jeder Zucht Gänse, Enten , Hühne r , de ren seien viel oder wenig, eins als Zehnten .

Um diese Menge an N a t u r a l l i e f e r u n g e n ur+er Dach zu br ingen. w a r die Zehntscheuer no twendig . Sie d ien te selbst-vers tändl ich in e r s t e r L in ie dazu, den Groß^ehn ten f ü r die Her r scha f t au fzunehmen , bot abe r sicher auch R a u m f ü r den P f a r r z e h n t e n .

Schon seit Genera t ionen w a r in Vergessenhei t geraten, w a s je tzt m i t Hilfe e iniger Scherben samt u rkund l i chen Belegen wieder ans Tageslicht gezogen w e r d e n konnte . Was aber nicht in Vergessenhei t geriet, w a r d e r Stempel , den die P f a r r e i Kil ler in wohl 800jähriger D a u e r dem Tal a u f g e -drückt h a t : der von N a t u r aus berech t ig te N a m e „Starze i ta l" m u ß t e weichen und dem N a m e n Kirchwei ie r ta l = Ki l ler ta l den V o r r a n g lassen bis heute .

A n m e r k u n g : 1 P f u n d H e l l e r = 240 H e l l e r = 120 P f e n n i g = 40 K r e u -zer = 20 Schi l l ing . 1 r h e i n i s c h e r G u l d e n = 60 K r e u z e r . 50 P f u n d H e l l e r = 33l/3 G u l d e n . R e a l w e r t u m 1500: 1 G u l d e n = 20 P f u n d B u t t e r ,

1 P f e n n i g = 5 Eier .

Die „Hohenzollerische Heimat" bitten wir bei der Post zu bestellen.

22 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E L M A T . - Je hi Jane 1962

Alte Flurnan Der N a m e „Alte Berg" h a t nichts mi t d e m Wor t „al t" im

Gegensatz neu zu tun. Meines Erach tens auch nichts mi t dem römischen Wor t „al ta", das hoch he iß t und in dem Or t s -n a m e n „Al t r ip" bei L u d w i g s h a f e n in der P fa l z v o r k o m m t . Al t r ip he iß t römisch „alta r ipe" = hohes Ufer , „eine durch-aus z u t r e f f e n d e Bezeichnung aus der Römerzei t . Abe r die ganze Kulturgeschichte , die u m diesen Berg spielt , weis t auf eine a n d e r e Richtung: nämlich der „Alte Berg" ist ein „ A I a h " = oder Got tesberg. Das Wor t „Allah" gebrauchen noch heu te die M o h a m m e d a n e r als N a m e n f ü r Gott , e n t s t a n -den aus dem Ar t ike l „al" und „l lah" = die Got thei t . M o h a m -med h a t diese Bezeichnung aus dem hebrä i schen „Eloheim" ü b e r n o m m e n , das ebenfa l l s Got t he iß t und bei den H e b r ä e r n neben dem Wor t „ J a h w e " gebrauch t wurde . Im Griechischen w u r d e d a f ü r „Theos" gebraucht ; vergleich Theodor .

Die Bes ied lung durch die R ö m e r beweis t auch ein M ü n z -fund , e ine Goldmünze , ein römischer Aureus , vermut l ich aus der Zeit des römischen Kaisers L u c i u s V e r u s, de r von 174 bis 189 regier te . Diesen a l le rd ings s t a r k abgewetz ten Aureus ha t u m die J a h r h u n d e r t w e n d e me in Va t e r in se inem Acker in dem dem „Alten Berg" gegenüber l i egenden „Z a -c h e n w a s e n " ge funden . Das „Zachen" in d iesem N a m e n weis t auf Zeichen hin. w ie wi r es oben in der D ia l ek t fo rm „wascht dau" = weißt du fes tges te l l t h a b e n Auch Mas te r zu Meis ter aus Magis te r gehör t h i e rhe r . Mein G r o ß v a t e r h a t noch um 1880 uns Kinde r „mas t e i l aus" = meis te r los ge-nann t , w e n n wi r k indl ichen U n f u g tr ieben. Das Zeichen abe r w a r ein Kreuz; m a n sprient ja noch h e u i e von Kreuzzeichen.

Der Eichwaid auf der Höhe des „Ai tenberges" w a r f ü r das .-ach dem S üde n vorge lager te Ge lände sehr günstig, n a m e n t -lich se i tdem dor t im „Weingär t ie" Weinbau ge t r ieben wurde . E r schützt die Reban lagen nicht n u r gegen den r a u h e n Nord -und Nordos twind, sondern spende t auch Wärme . Dasselbe gilt auch f ü r das zwei te „Weingär t ie" a m S ü d h a n g des H ö -henzugs „Eichen". Auch dieser Höhenzug t r u g f r ü n e r e inen Eichenwald. Geologisch h ä n g t e r m i t dem „Al tenberg" und dem „Löchle" zusammen . Ein größeres Weinbaugebie t w a r einst der „W e i n g a r t e n " a m S ü d h a n g des Ga lgenberges und den hochgelegenen „ A e c h t w i e s e n". Die Aechtwiesen w a r e n einst e ine Moor landschaf t . In den Besi tzbüchern von 1730 und 1760 w e r d e n sie Oehmdwiesen genannt , das heißt , sie Konnten im J a h r , sowei t sie Wiesen waren , n u r e inmal g e m ä h t we rden . Z u m größten Teil w a r e n sie abe r m i t E r l en -und Weidenbuschwerk bedeckt, das alle f ü n f z i g J a h r e abge-t r i eben wurde . Da diese B ä u m e eine große Aussch lagskra f t besi tzen, wuchsen sie von selbst wieder nach. Das ehemal ige Moor auf der Höhe w a r ein H ö h e n f i a c h m o o r (kein Hochmoor). Die Moorb i ldung dor t w u r d e durch den nicht sehr tief l iegenden Schiefer ton, der in Grossel f ingen Schwei-chel g e n a n n t wird , begüns t ig t (siehe auch Hohenzoller ische He ima t Nr. 2 vom J a h r e 1956), denn der Schweichel ist wasserundurchläss ig . Das Moor ve r l ande t e abe r schon sehr f r ü h , so daß in den J a h r h u n d e r t e n die sich nach und nach gebildete E r d k r u m e s ta rk ausgebleicht wurae . A u ß e r d e m w a r es n u r auf Regenwasse r angewiesen, da j edweder Z u -fluß fehl te . Ers t u m 1800 w a r die V e r l a n d u n g soweit vorge-schri t ten, daß es in K u l t u r g e n o m m e n werden konnte , und es gab e inen s t a r k m i t H u m u s durchse tz ten gu ten Acker-boden. Das G r u n d w o r t Wiesen sagt uns, daß die O e h m d -wiesen dor t seit l anger Zei t bes tanden . Das B e s t i m m u n g s -w o r t „ a e c h t " abe r gen t auf „aha" zurück, was Wasser bedeute t . Die Aussprache „aecht" bietet etymologisch ke ine Schwier igkei ten; denn im Grossel f inger Dia lekt g ib t es e ine Reihe ähnl icher Bi ldungen. So sagt m a n ans t a t t „acht" 'Zahl) aecht, s ta t t „a l l e rhand" = ä l l e rhand , s ta t t „Ageth" = Ägeth, s t a t t „alle Tag" = älle Tag usw. M e r k w ü r d i g ist die T a t -sache, daß es in dem ehemal igen Moor ke ine „Be iemni ten" oder a n d e r e Fossil ien gibt, die in dem an l iegenden Gelände, sowohl „im W e i n g a r t e n " als auch „der Stel le" sehr zahlreich sind. Dagegen h a b e ich dor t vielfach Pf lanzen a"3 dem Be-senr ie t typus ge funden , den Wasserknöter ich (Polygonum amphybium) , die At lan td i s te i (Cirsium he te rophyl lum) , die Fadensegge (car ica tum lasiocarpa) u. a. Der F l u r n a m e n Aechtwiesen k o m m t auch im Gemeindea rea l Bal ingen und P fe f f i ngen vor. Ob abe r dor t die Vorausse tzungen f ü r die F l u r n a m e n b i l d u n g dieselben sind, k a n n ich nicht sagen. Le tz te Entsche idung f ü r de ra r t ige B i ldungen h ä n g e n von Ge iändebegehungen und f r ü h e r e n Schre ibweisen a l

Im Z u s a m m e n h a n g mi t den v o r g e n a n n t e n W e i n b e r g n u r e n noch einige Wor te zu dem mi t te la l te r l ichen Weinbau In Grosself lngen: die B a u e r n von Grosself lngen t r i eben o f f e n b a r ganz erhebl ichen Weinbau, und eine Si t te aus j e n e r Zeit h a t sich bis in die G e g e n w a r t e rha l ten , wenigs tens bis in die Zeit bis vor ca. 40 J a h r e n . Wird in Grosself lngen eine Hochzeit gefeier t , so beteil igt sich d a r a n die ganze e rwachsene E i n -

• — von Josef S t r o b e 1 For t se t zung wohnerschaf t . Der wicht igste Teil der wel t l ichen Hochzeit h ie r l iegt in den Abends tunden , w e n n m a n die no twendige Zei t zum Feiern ha t . So zwischen 8 und 9 U h r abends be -sucht m a n das Hochzei tspaar in der Wir t schaf t , in der die Hochzeit s ta t t f indet . I s t m a n zwei oder dre i S t u n d e n dor t gesessen, ha t m i t u n t e r auch ein Tänzchen gewagt , so geht m a n ins „ B i e r h a u s". Dieser Ausdruck ist insofe rn ve r -wunderl ich, als im Hochzei t swir t shaus h e u t e in de r H a u p t -sache auch Bier g e t r u n k e n wird. Das B ie rhaus ist abe r e ine ande re Wir tschaf t . Der Ausdruck „Bierhaus" k o m m t daher , weil in der a l t en Zei t im Hochze i t swi r t shaus nui Wein a u s -geschenkt wurde . H a t t e m a n abe r von den o f f e n b a r nach al len möglichen und unmögl ichen K r ä u t e r n d u f t e n d e n Wei-nen, m a n k ö n n t e auch sagen nach dem sogenannten „Sau-r e m u s " einige Vier te le ge t runken , so sehn te m a n sien d a -nach, den „Weinguh" h inwegzuschwemmen , u n d dazu ging m a n ehemals ins „Bierhaus" .

I m Mi t te la l te r w u r d e viel m e h r W°in gepau t als heute , und a e r Weinbau h a t t e selbst Gegenden erober t , in denen m a n ga r nicht m e h r d a r a n denkt , Wein zu bauen , obschon die vielen F l u r n a m e n , die vom einst igen Weinbau zeugen, s t a rk ver locken könn ten . Im Mi t te la l te r w u r d e sehr viel Wein gebau t und auch ge t runken , und urkundl iche Belege e rzäh len von Weingelagen u n d von dabei zutage ge t re t enen Szenen, die uns wegen ih re r Obszeni tä t geradezu e r schrek-ken . Der mi t te la l ter l iche Wein w a r in der Regel wegen f a l -scher Pflege sehr sauer , wie es heu t e noch de r Apfelmos1 ist, wenn er falsch gepflegt wird . Abe r im Mi t te la l te r w u r d e er durch Zusä tze t r i n k b a r gemacht . Man gab ihm Ingwer , P f e f -fer , Velken, Kanee l (Zimt), Sa f r an , Anis, Kape rn . Rosinen, Neu tha (Minze) Salbei, T h y m i a n . Milet t is (Honigblume), Ga -m a n d e r , Ode rmenn ig und a n d e r e d u f t e n d e K r ä u t e r bei. Der Verbrauch von diesen Gewürzen war sehr groß. Herzogliche und markg rä f l i che „Häuse r" k a u f t e n sie zu H u n d e r t e n von Z e n t n e r n . Die N ü r n b e r g e r „Pfe f fe r säcke" sind nicht umsons t so e n o r m reich geworden .

Der wichtigste Teil de r Weinpf lege besteht , wie übr igens auch beim Obstmost , dar in , dem Gärungsp rozeß den S a u e r -stoff de r L u f t Tarnzuhalten. Der Sauers to f f , de r in der Che-mie Lebenss toff g e n a n n t wird , ist f ü r den Gärungsprozeß d i rek tes Gift , weil er die We insäu re in Essig ve rwande l t . F e r n g e h a l t e n wi rd er m i t f a s t h u n d e r t P rozen t Sicherhei t durch das Neßlersche Gär röhrchen .

Das Obst f ü r Grosself lngen l ie fer t heu te in der Hauptsache das v o r g e n a n n t e „Härle" . Bis e twa 1780 w a r es ein Eichen wald mi t dem z u t r e f f e n d e n Namen „Här t ie" I n j e n e r Zei t »•egierte in Hechingen F ü r s t Joseph Wilhelm Eugen (1717/98). Als Genera l w a r e r in der damal igen sehr u n r u h i g e n Zei t wei t in der Wel t h e r u m g e k o m m e n und h a t t e auch einiges von de r Fre ihe i t der f ranzös ischen Revolut ion angenommen , die e r prakt isch a n w a n d t e , als er in Hechingen zur Regie-r u n g kam. D a f ü r d a n k t e n ihm die Grosself inger . Sie legten an der Stel le des ausgerode ten Här le -E icnenwaldes e inen Obs tgar ten an und n a n n t e n diesen „Josephsgar ten" . F re i -lich, das Volk h a t sich nicht an die N e u e r u n g gewöhn t ; es n a n n t e die b e t r e f f e n d e F l u r bis auf den heu t igen Tag „Härle". Der Obs tga r t en w u r d e in einige h u n d e r t Pa rze l l en gelei l t und so an die Bürge r verlost . Se i tdem sind f a s t 200 J a h r e dah ingegangen u n d viel fach s teh t dor t schon die d r i t t e Genera t ion von Obs tbäumen , und zwar , was f a s t e iner Ver -h e e r u n g gle ichkommt, w u r d e n die neuen B ä u m e i m m e r an die a l te Stel le gepflanzt . Dadurch m u ß t e der E r t r a g sich m i n d e r n . E ine Auf f r i s chung k a n n rr . E. n u r durch D ü n g u n g m i t E i senka rbona t erziel t werden , de ren A n w e n d u n g und W i r k u n g ich aber d e m landwir t schaf t l i chen F a c h m a n n ü b e r -lassen muß .

Zu den a l ten F l u r n a m e n gehör t auch das Wor t „F1 u r". Dieses Wor t erscheint in der deutschen L i t e r a t u r e r s tma l s in de.n R o m a n „ F l o y r i s u n d B l a n c h e f l u r " von dem Schweizer Dichter K o n r a d F l e c k (um 1220). Der R o m a n h a t AehnlichKeit m i t den Liedern „Floris und Blanchef lur" von G o t t f r i e d v o n S t r a ß b u r g (1180). In dem R o m a n ist Floyris de r Sohn eines heidnischen F ü r s t e n und Blanche-flur die Tochter eines chris t l ichen Sklaven. Floyr is l iebte die schöne Sklaventochter . Diese w u r d e abe r an e inen Sa razenen -f ü r s t e n v e r k a u f t , ins Morgen land verschleppt und in e inem T u r m gefangen genal ten . F loyr is gelang es, den Or t de r Ge -f angenscha f t von Blanchef lur ausf indig zu machen, ja, in e inem B l u m e n k o r b versteckt , zu ihr zu gelangen. Dies w u r d e aber ve r ra ten , und beide w u r d e n zum Tode verur te i l t . Der o a r a z e n e n f ü r s t Begnadigte z w a r das schöne Mädchen. Dieses l e h n t e aber ab, w e n n nicht auch Floyris begnad ig t wurde . Dies r ü n r t e den F ü r s t e n und er gab beiden die Fre ihe i t .

(For tse tzung folgt.)

J a h r g a n g 1962 H Q H g j r z O L . t , J ! a i a C H « ftltXMAf 23

Pater Desiderius Lenz Aus einem M a n u s k r i p t von H e r m a n n A n t o n B a n t l e t

Nachfo lgende Auszüge e n t n a h m ich d e m Nachlaß des F re skoma le r s H e r m a n n Anton Bant le , aus e inem Buch, das d ieser im le tz ten J a h r vor se inem Tode zusammen-stel l te u n d das nicht zum Druck k a m . Seiner Schwe-ster, F r au Bubser -Bant le , S t r aßbe rg Hohenzol lern , b in ich f ü r die Einsicht d a n k b a r .

M. Schneider-Schwär tze l . Dort, wo durch ein Tal von se l tener Kühnhe i t , u n g e a h n t e n

W i n d u n g e n in sonnenlosem Gestein oder in t iefe Felslöchqr ver loren , t r a g der wi lde Eyachbach fließt, de r nach Schnee-schmelzen oder he f t igen Regengüssen gewal t ig tobt und seine Wasser rauschend u m die Muschelkalkgebi lde schiebt, wo die E lemen te in tens iv gegene inander auf Kampf gestel l t sind, liegt vor dem Schwarzwald und u n t e r der Zol leralb Ha ige r -loch in Hohenzol lern .

Schon in de r Gotik setzte das längs t ausges torbene Ha ige r -locher Grafengeschlecht auf e ine dor t k ü h n in die L a n d -schaf t sp r ingende Fe lsnase ih re spä te r reich in Barock aus -ges ta t te te Schloßkirche, die m i t dem b e r g a u f w ä r t s ange -b a u t e n Renaissanceschloß ein eindringl iches Arch i tek turb i ld gibt. Der diesem Schloßfelsen in e rwe i t e r t e r K u r v e wie als Schutzwal l dem j ä h e n Tale infä l l en ts te igende Gegenberg t räg t die mus t e rgü l t i g der Landscha f t e ingefühl te , von F ü r s t Josef v. Hohenz . -S igmar ingen e r b a u t e Barockkapel le de r hl. Anna , die mi t e inem benachbar t en mass igen R ö m e r t u r m und dem Synagogenvier te i , dem Hag, ein nicht m i n d e r m a r k a n t e s Scheitelbild z u s a m m e n f ü g t . U n t e n im t ie fen Tal. wo die har tzackigen Felsen ein wenig sich zurücklehnen , das W a s -ser selbst in G e f a h r e n p e r i o d e n nicht h inanre icht , b a u t e n kathol ische u n d israel i t ische Vor fah ren Schwalbennes te rn ähne lnde Häuschen und, ein dem gegebenen R a u m winzig sich e inschmiegendes S täd tchen uror ig ine l l s te r Art . In die-ser gigantischen M ä r c h e n n a t u r und Kle inbürge rwe l t ist am 12. März 1832 in bescheidenem H a u s h a l t e Lenz geboren und wurdf auf den N a m e n P e t e r ge tau f t . Se inen El te rn f eh l t en die Mittel , u m ihn s tud ie ren zu lassen. Von der Hobelbank , an der er die Schreinerei e r le rn te , m u ß t e e r von S tu f e zu S tu f e mi t e infacher Schulb i ldung sich selber he l fen , und bi lden.

Lenz ö f fne t e al len an ihn h e r a n t r e t e n d e n Erscheinungen Augen und Ohren, erzog sich seiest zum Denken, r e t t e t e sein Selbst f ü r die K u n s t b e r u f u n g , bl ieb von de r Gesel lschaf t weg, ging seine e igenen Wege. :

Mit j ene r Unruhe , die al len W ü s t e n d e n eigen ist, i r r te er von Ort zu Ort, von Land zu Land, und sog in München, Nürnberg , Tirol, Rom und in Norddeutsch land in sich hinein, was er a u f z u n e h m e n vermochte . In Tirols we l t en t l egenen Bergen, zu Schlanders , r e i f t e in der E insamke i t sich seine Persönl ichkei t zu abge runde t e r Größe aus. Als ein A u f t r a g ihn in den Kreis j e n e r vor t re f f l i chen M ä n n e r f üh r t e , die das Klos te r Beuron im oberen Donau ta l g ründe ten , f a n d der re i fe Küns t l e r Lenz endlich den Resonanzboden, wie sein Genius u n g e a h n t e E n t f a l t u n g und Of fenba rung , t rag ischer-weise aber nie Vol lauswirkung , wie sie wohl in ihm ge-legen hä t te , e r leben sollte.

Tota l i t ä ten d u r f t e sein Genius selten schaffen. Of t g r i f f en beengte Menschen in seine großen P l ä n e zersetzend ein. Nicht l i n m a l seine Urschöpfung, die einer O f f e n b a r u n g glei-chend, im J a h r e 1869/70, als die b e r ü h m t e Mauruskape l l e bei Beuron en ts tand , k o n n t e rest los nach seinem E n t w ü r f e ausgebau t werden .

Lenz wußte , was e r wollte, und er sah auch die Menschen, die sein aus dem Boden wachsendes Werk mi t M i ß t r a u e n ans t aun ten , und er m u ß t e n u r a l lzubald sein Kunstschi f f le in ohne Segel s teuern , weil m a n ihm den Wind beschnit t und seinen Höhenf lug wehr t e . Sein Ers t l ingswerk , die M a u r u s -kapel le im st i l len Donau ta l bl ieb n u r ein Torso.

H in t e r der Kapel le in der je tz igen F o r m w a r eine mächt ige Rückwand gedacht. An ihr soll ten m o n u m e n t a l e Ges ta l ten wie Wächter aus dem Jense i t s s t ehen und den Menschen des Diesseits von al lem L ä r m und al ler K le ink rämere i abha l ten . Vor der Kapeil t sollte e ine wei te Fre i t reppe , auf de r m a n von S tu f e zu S tu f e dieser Welt i m m e r m e h r en t rück t würde , zu dem Hei l ig tum e m p o r f ü h r e n , —• Lenz h a t t e Ideen eines Ti tanen . E ine Genera t ion allein h ä t t e sie nie a u s f ü h r e n k ö n -nen. So wol l te er aus e inem mächt ig aus der Talsohle des Donauta les r agenden Felskoloß e inen e twa achtzig M e t e r hohen hei l igen Josef m i t dem Kinde h e r a u s h a u e n lassen. Wer dieses w u ß t e und ein wen ig F o r m s i n n t rug, sah an den f ragl ichen Felsen auch schon die Si lhouet te e iner solchen Komposi t ion. Die Aegyp te r h a b e n viele grandiose F igu ren in Felsen e ingehauen, die man , solange es Menschen gibt,

s tets b e w u n d e r n wird . Lenz h ä t t e die K r a f t besessen, e ine solche Gigan ten ta t a u s f ü h r e n zu lassen. Das w ä r e Deutsch-lands großar t igs te P las t ik geworden. Ein E h r e n m a l ohne Bei-spiel. Die ganze Welt w ä r e in das Donau ta l g e k o m m e n und h ä t t e dieses Werk und den Geist seines Erzeugers b e w u n d e r t . Der hl. Josef w ä r e e inzigar t ig geehr t w o r d e n —

Als Lenz dann spä t e r m i t noch zwei Schweizer Küns t l e rn , Wüger und Steiner , in den Bened ik t ine ro rden e in t ra t , diese dre i die Beu rone r Kuns tschule g ründe ten , en t s t anden m a n c h e herr l iche Schöpfungen da und dort .

Lenz w a r Lyr iker , selbst seine P ie ta ist in Komposi t ion und Farbgebung , voller Melodik wie die Landscha f t se iner He ima t . Es ist Wahrhe i t , nicht e inmal I ta l ien h a t den F a r -banreiz und die F a r b z a r t h e i t der schwäbischen Alb landschaf t wie sie das Wasserscheidegebiet de r Zol lera lb o f f enba r t . Wei t in der Welt k a m ich h e r u m , doch die maler i schen F inessen f and ich n i rgends so ausgeglichen. Lenz t r u g diese F a r b e n -symphon ie der He ima t l andscha f t sein Leben mi t sich . . Er , der Isolierte, w u ß t e noch u m die W ü r d e eines Geis teswesens und b e w a h r t e sie bis an sein Ende. E r w a r großzügig als L e -bensküns t l e r im S inne St. Benedik t s . . .

Das Volk e r k a n n t e den hohen E rns t und die religiöse Weihe bei Lenz wohl, abe r es k o n n t e auf die Höhe se iner j a h r t a u s e n d j ä h r i g e n und gül t igen Pr inz ip ien ihm nicht fo l -gen. E ine Kunst , die sich ganz auf das U eberna tür l i che e in -gestel l t ha t te , k a m in e ine Zeit, die de r Hör igkei t der S t e r -nenwe l t nicht m e h r geöf fne t war . — Steif ist die Kuns t von P a t e r Desider ius absolut nicht, w e n n sie von e inem Küns t l e r wie er, ge füh lge laden vorge t ragen wird , innerlich, von see-lischem R h y t h m u s ü b e r f l u t e t . . .

Das Barock und Rokoko l enk ten die Menschen, ohne daß sie es wuß ten , e twas von der Kirch ? weg. Die Kuns t von Lenz woll te sie wieder zu ih r zu rück füh ren , sie das Be ten mi t der Kirche l eh ren . . .

Aus der Arch i t ek tu r h e r a u s wächst die Sku lp tu r w i e die m o n u m e n t a l e Malerei . Die Bened ik t ine räb te der S p a t r e n a i s -sance w u ß t e n das noch, und h a b e n uns großzügige W e r k e genug h in ter lassen . Aber die Aebte von Beuron, die B r ü d e r M a u r u s und Plac idus Wolter , s t anden d a m a l s in e iner k u n s t -a r m e n Zeit und k o n n t e n einem a n v e r t r a u t e n Genie wie Lenz ke ine großen A u f g a b e n m e h r geben.

Wohl konn te P a t e r Desider ius noch viel Schönes bi lden und seine Opera zu Monte Cassino in der Tore t ta , wie auch in der Mosa ikkryp ta des hl. Benedikt , s ind abgeschlossene Kuns t schöpfungen von d a u e r n d e m Werte . Daß Wien die grandiose Ideenskizze e iner Herz - Je suk i r che von ihm zu den Ak ten legte und nicht real is ier t hat , b le ibt ein t iefer Schmerz f ü r alle, die j enen En twur f gesehen haben . So b e f r e m d e n d und e igenar t ig dama l s j e n e r Wiener P l a n w a r und so sehr er die t radi t ionel le christl iche K u n s t durchschni t ten hä t te , w i r w ä r e n heu te u m seine E r f ü l l u n g u n s a g b a r f roh , v ie l -leicht w ä r e er doch Quell neue r christ l icher K u n s t w e r d u n g geworden, vielleicht w ä r e durch j e n e j Werk auch die Beu -rone r Kuns t selbst l ebens fäh ig geblieben, die doch so abso-lut an ih ren G r ü n d e r gebunden war .

Durch meine zu P a t e r Lenz t reu v e r b u n d e n e Fami l i e k a m ich schon als K n a b e in sein Atelier , w e n n er ge rade im M u t -te rk los te r Beuron weil te. Nachdem me in G r o ß v a t e r ges torben war , h a t m i r der v e r e h r t e Meis te r väter l iche Ratschläge e r -teilt . Wir h ie l ten gute und t r eue F reundscha f t . Ais ich be-r u f e n wurde , die beschädigten und tei lweise abgefa l lenen Deckenf resken de r Haiger locher Schloßkirche zu e rgänzen und zu res taur ie ren , schrieb m i r Lenz von Monte Cassino am 8. November 1906: „Wie f r e u e ich mich, daß ein Maler mi t so idea ler Anschauung unse re al te schöne Schloßkirche r e s t au r i e r t ! Sie h a b e n recht, die al ten Archi tek ten h a t t e n Ge-füh l ! Sie k a n n t e n das e infache A 3 C der Geomet r ie und das genügte, die N a t u r zu f ü h l e n und ihr auf den Leib zu bauen . Wenn Sie me inen B r u d e r sehen, g rüßen Sie ihn, de r ist ganz vom al ten Schlag, f r o m m und bieder , l äß t viel übe r sich ergehen, abe r von se iner ge raden Linie geht er nicht ab. Icn h a b e mich sehr an ihm e rbau t . "

Zu diesem seinem B r u d e r k a m ich in Fe i e r s tunden öf ters , w e n n er auf seiner Hobe lbank sitzend, in tief e m p f u n d e n e n Improv isa t ionen se iner Seele ganzes Weh durch seine Geige klagte , - -

Nachdem ich die m i r zugedachte A u f g a b e in de r Ha ige r -lochpr Schloßkirche e r fü l l t ha t te , w a n d e r t e ich wieder in das L a n d der Sonne, de r F o r m und der Kuns t . Bald t r ieb es mich nach St. Bened ik t s hl. Berg zu P a t e r Desiderius. Ich ber ichte te ihm e ingehend übe r die beende te Res tau ra t ion in Haigerloch. Im Auf leuch ten seiner inhal tvol len Augen e r -

24 J a h r g a n g 1962

k a n n t e ich seine Liebe und Anhängl ichkei t zu seiner He ima t . Jedes J a h r w ä h r e n d me ine r Romzei t k a m ich einige Male nach Monte Cassino. In e rns t en K u n s t - und Lebens f r agen w a n d t e ich mich briefl ich an den väter l ichen F r e u n d und e r -hiel t s te ts A n t w o r t e n voll edler Güte und auf r ich t iger Liebe. Viele se iner mann ig fachen E r f a h r u n g e n lagen dar in . Sie e r -leuchten sein P o r t r ä t und seine Persönl ichkei t :

„Uebrigens d ü r f e n und sollen wi r täglich Got t danken , daß er in seiner Gü te uns auf die a l ten Anschauungen zu-zu rückge füh r t und uns in das Got t e shaus g e f ü h r t hat , um dami t zu wuche rn und zu a rbe i ten , nach K r ä f t e n dahin zu gelangen, daß die K u n s t wieder heil ig werde , und so d a n n wieder der würd ige N imbus der hei l igen Kirche sei, von ih rem Geist ge t ragen und ih ren Geist aus -hauchend. Diese Zeit w i rd kommen , w e n n w i r m i t rechter T reue das Unse re tun. Daß es uns nicht s aue r wird , ha t es Got t so gefügt , daß w i r ja aus unse re r M ü h e selber nicht wenig F r e u d e n h a b e n werden . Wi r s t ehen ja den B lumen a m nächs ten — und dieses wieder wi rd gegeben sein nach dem M a ß unse re r Beharr l ichkei t , w e n n sie auch sau ren Schweiß koste te — denn so ist es in Got tes R a t beschlossen: Alles Gel ingen nach dem Maß unse re r Treue." (II. 6. 1899 an H. A. Bantle.)

„Vor al lem sage ich Got t Dank, daß er I h n e n einen gu ten Mut geschenkt hat , I h r e große Arbe i t k r ä f t i g anzufassen , denn es gehör t schon K r a f t u n d Behar r l i chke i t und viele Geduld mi t sich und mi t a n d e r e n dazu, um selbst auch ein viel k le ineres Werk du rchzu füh ren , die Schwier igkei ten h ö -ren nie auf und die h a r t e n Nüsse n e h m e n ke in Ende. Ich habe auch große Zuversicht , daß Sie mi t Got tes Hi l fe I h r Werk wohl vol lenden w e r d e n zur F r e u d e des hochwürd igen Bestel lers und Gleichgesinnten, daß auch Sie e r f r e u t a b -ziehen, und auf j eden Fal l e inen großen Gewinn in der Tasche, f ü r Gottes E h r e e twas Rechts gemacht zu haben, und Hor izont und K e n n t n i s bedeu tend e rwe i t e r t zu haben , denn solche Arbe i t en w e r d e n wieder k o m m e n . Was Sie über mode rnes K u n s t ü b e n sagen, daß ist so — aber w i r d ü r f e n nicht vergessen, daß die U m s t ä n d e wohl nie ungüns t ige r w a r e n als heute , sowohl um den rechten C h a r a k t e r eines Küns t l e r s zu er langen, als auch die r icht igen Ansichten über all das, w a s dazu gehört , sich zu e rwe rben . Wo soll m a n das holen? Auf den Schulen? K ö n n e n die geben, was sie selber nicht haben? O h n e k l a r e und k r ä f t i g e Grundsä t ze zu haben , m i t dense lben i m m e r in lebendigs tem K o n t a k t und Wech-se lve rkehr zu verble iben, i m m e r sich zu f r agen , wie v e r h ä l t sich dies und das zu denselben, wie soll denn e t w a s ande re s als Gedankenlos igke i t üb r ig bleiben?

Also geben Sie, w a s Sie haben, nach Möglichkeit anderen , dann w e r d e n Sie ein Wohl t ä t e r sein und zugleich sich se lber in j eder Weise nützen. Freilich wi rd es viel Geduld brauchen , allein, das h a t der l iebe Got t auch mi t uns gehab t und ha t es täglich, und so wi rd es uns nicht so schwer fa l l en und es wi rd sich mi t F r i ede und F r e u d e l o h n e n . . . Noch ein Kleines: . . . d e n n es gibt ja auße r Got t ke ine W a h r h e i t — und es ist auch eine Lüge zu behaup ten , die Na tu r , auf welcher de r Fluch Gottes lastet , W a h r h e i t zu nennen — so l au te t ein Satz in I h r e m Brief . Sie m e i n e n die ideale W a h r -heit . Abe r nach dem Schema der Phi losophie ist alles, was besteht , in seiner Ar t wah r , der schöne Mensch z. B. und der häßliche, der hei l ige und der ve rkommene , der Bösewicht, selbst der tote; — die K u n s t aoe r w ä h l t aus diesen, was ihr

t aug t ; n u r wo ihr Gegens tand noch höher liegt, als daß sie es v e r k ö r p e r t f inden könnte , m u ß sie sich a n d e r s he l fen . Die Modernen gre i fen da r in falsch, daß sie g lauben scheinen, alles sei N a t u r — und d a r u m w a h r — sei d a r u m auch zu a l lem gut. •

M a n m u ß also vorsichtig sein, um den Phi losophen nicht in die H ä n d e zu f a l l e n . . . Mir scheint, I h r Werk h a t die Mission, e inmal eine a n d e r e A r t Musik und Logik zu zei-gen — also nochmal : lassen Sie sich nicht i r r e machen, be -sonders bei den a l ten Ki rchenmale re ien f inden sich B e r ü h -rungspunk te , in der romanischen und f rühgot i schen Zeit (19. 6. 1899) . . .

„Sie müssen sich f u r c h t b a r schön anges t r eng t h a b e n bei I h r e r Arbe i t — wohl zu viel — und zuviel Arbe i t und M ü h e auf lange Zeit ist eigentlich nach a n d e r e n geistigen Sei ten Schaden. Nun, Sie h a b e n je tzt ma l diesen Fal l durchgemacht und auf jeden Fal l sehr wer tvo l le E r f a h r u n g e n gemacht f ü r später , dazu auch an e igener K r a f t und Umsicht gewonnen, das Nachfolgende wi rd d a n n das Gleichgewicht wieder he r s t e l -len können . Es f r e u t mich, daß Sie mi t der F ruch t I h r e r Arbe i t zu f r i eden sind, und gewiß wi rd es der H e r r Pas to r auch sein, und das ist die Hauptsache , da heu t e in der K u n s t eigentlich n i emand m e h r weiß, was e r will und was er soll vor l au te r K u n s t b i l d u n g — besser gesagt — K u n s t e r n e u e -r u n g und das na tür l iche K u n s t g e f ü h l d a r ü b e r ganz e r s to rben ist, so m u ß m a n eigentlich mi t e iner A r t Todesverach-tung neben seiner Arbe i t s tehen, sich n u r f r agen , k a n n ich ve ran twor t en , was ich tue vor dem F o r u m der V e r n u n f t , des gesunden Na tu rge füh l s , wie uns die Al ten die W e r k e Got tes lehren und zeigen — dann sollen sie alle l ä r m e n — mi t der Zeit w i r d die L u f t wieder k l a r werden . — Der schl immste Feind sind die Kuns tge l eh r t en u n d Kuns t schre i -ber , die die w a h r e n Züchte r der Konfus ion sind, und f ü r die ausübende K u n s t ke inen F inge r großes F r u c h t b a r e s zur Wel t br ingen.

Ich lese gegenwär t ig die Kul turgeschichte der Griechen rsp. der A t h e n e r im 5. J a h r h u n d e r t vor Chr., also die Zeit, wo die großen Küns t le r , T rag ike r und Phi losophen z u s a m -m e n lebten; da stell t sich heraus , daß die K u n s t ganz still und e insam ihre Wege ging, die Ph i losophen k a u m von ihr sprachen, ich dachte mi r : das ist wahrscheinl ich der Grund , daß die K u n s t gedieh; denn h ä t t e n j ene Zungendrescher sich mi t ihr beschäft igt , sie w ä r e d a r u n t e r erst ickt, wie heute , sie h ä t t e n sie tot gerede t und j edenfa l l s in die I r r e g e f ü h r t ; das ist unse re Qual heutzu tage . D a r u m n u r i m m e r m e h r auf das Alte, Gesunde, E infache sich s türzen, dabei haben wi r u n -sere F reude . Das Uebr ige wi rd Got t segnen. I h r e G e d a n k e n wegen der J u n g e n f inde ich sehr christlich u n d gu t und schön, ich b in derse lben A n s i c h t . . . " (6. II. 1899).

„ Ihr Br ief le in habe ich lange e r w a r t e t und haben mich I h r e Nachr ichten sehr e r f r e u t bis auf eins, daß Sie, Ve r -hä l tn i ssen wegen, auf einige Zeit — h o f f e n wir , daß es nicht zu lange sein wi rd — von u n s e r e m Verband zurück t re ten müssen . So ist m i r h i e r manche Rechnung falsch gegangen, und auch B e u r o n wi rd Sie unge rn v e r m i s s e n . . . Der hoch-würd ige H e r r E rzab t ist zur Zeit nicht hier , sondern in Amer ika , eben der Mit te l f ü r die große Arbe i t wegen (viel-leicht übe r 300 000 Lire) und k o m m t e rs t im Herbs t wieder zurück. Eine Berücksicht igung der U m s t ä n d e ist nicht aus -geschlossen, da k e n n e ich den edlen H e r r n Abi. zu gut. E r w ü r d e Sie gewiß gerne an der Arbe i t sich betei l igen sehen.

Kirche in Llggersdorf

J a h r g a n g 1962 I R I S C H E H t t l M A T 255

Ander s ist abe r die Sache, ob die Arbe i t h ier I h n e n paßt . Sie w e r d e n von Beuron auch schon das P r o g r a m m kennen . Zu den Car ton u n d dem in F a r b e derse lben ist auch die musivische A u s f ü h r u n g derse lben unse re Sache, denn alle Malere i wi rd in Mosaik gelegt werden . Das w e r d e n w i r selber frei l ich n u r zum Teil, denn es ist viel zuviel u n d das meis te von außen, von Venedig von K l o s t e r f r a u e n uns he l f en lassen, abe r den bes ten Teil soll ten w i r doch selber machen, so wi rd es ein p a a r J a h r e daue rn , d a n n k ö n n e n wi r die musivische K u n s t nach Deutschland verpf lanzen .

Also über legen Sie die Sache, w i r h a b e n h ie r eine ganze Reihe neue r her r l i cher Ate l ie rs m i t re inem Nordlicht , u n d Monte Cassino ist schön! Ich w a r n u n sehr beruhig t , me ine Nef fen u n t e r I h r e r Aufs icht u n d F ü h r u n g zu wissen, u n d d a n k e Got t u n d I h n e n d a f ü r , f ü r alles, was Sie dense lben Gutes getan. Sie w a r e n auch stets sehr dankba r , und sel ten wi rd ja j ungen Leu ten so ein Glück eines gu ten F ü h r e r s zuteil, besonders in unse ren v e r k o m m e n e n Zeiten, wo es fes t s tehen heißt . Möge es be iden zum i m m e r w ä h r e n d e n Heil gewesen s e i n . . . Es f r e u t mich auch vor al lem, daß I h r e Arbe i t gut ge lungen u n d a n e r k a n n t wurde , ich h a t t e i m m e r B e d a u e r n mi t Ihnen , daß Sie solange und ohne U n t e r -b rechung an dieser großen Arbe i t angeke t t e t sein muß ten . Da h a b e n Sie schon ein Stück Behar r l i chke i t gel iefer t u n d gelernt , u n d das ist vielleicht der große Gewinn an der Sache."

„In Mar ia Eins iedeln h a t t e ich Sie dem gnädigen H e r r n in e iner Sache angelegent l ich empfohlen , aber er w a r in der Entsche idung nicht m e h r f re i . Ich höre, daß Sie i m m e r an

un f r eund l i che r Kr i t ik zu le iden haben , dabei A u f t r ä g e zu-gemute t , die n i emand je gemacht noch machen k a n n . ,Das h immlische Gas tmah l ' — w ü ß t e m i r da selber ke inen Rat . Es ist eben das Componie ren ein logisch äs thet isches B a u e n der Gedanken u n d b rauch t ein unendl ich t iefes u n d langes S t u d i u m der Arch i t ek tu r u n d der ä l tes ten K u n s t — dieses ist eben sehr se l tene Gabe u n d noch se l tener der Lebens -weg, der dazu f ü h r t Es ist eben der S inn f ü r gute c h a r a k -teris t ische und schöne F a r b e eine sel tene Gabe, und die h a b e n Sie von Got t e rha l t en ; es hande l t sich also n u r d a r u m , ein Arbei ts fe ld , diese anzuwenden , zu entdecken, und z w a r in der kirchlichen Kuns t , die i m m e r h i n die d a n k - und f r u c h t -b a r s t e f ü r Leib u n d Seele ist, und es s ind so viele K o m p o -sit ionen, die noch auf das G u t - M a l e n war t en , u n d das e ine wie das a n d e r e ist gleich ehrenvol l , ja das zwei te ist e igen t -lich, ers t die Komposi t ion lebendig u n d w i r k s a m f ü r die Menschhei t zu machen. Da h i l f t sich unse r B r u d e r S. m i t f r e i e r Benu tzung auch u n s e r e r Composi t ionen durch und ist ein gesuchter Mann . Die Leu te sind sehr wohl zuf r ieden , weil sie wissen, daß sie nichts Schlechtes, Unre i f e s in G e -d a n k e n erha l ten , sondern, daß es i m m e r t rad i t ionel l und kirchlich ist. Sie v e r f ü g e n abe r ü b e r ein ganz anderes E r b -gu t t a l en t ; z. B. die Madonna s tehend, die das hl. Kind an der B r u s t häl t , a m Boden h i n t e r de r Kr ippe , e ine P r a c h t -f igur von P. Gabr ie l sei. oder das k le ine Weihnachtsbi ldchen sind noch nie groß gema l t w o r d e n als im Klos te r auf Pap ie r . Das alles woll te ich I h n e n schreiben, ohne e inen R a t geben zu wollen. Aber es r e u t e mich I h r schönes Talent , w e n n es nicht seine Früch te b räch te" (26. 3. 1911). Schluß folgt.

Wann ging der Weiler Maichingen bei Burladingen unter Im J a h r g a n g 1958 dieser Zei tschr i f t S. 9 h a t in d a n k e n s -

w e r t e r Weise H e l m u t Rischert zusammenge t r agen , was übe r den Weiier Maygingen zwischen Bur lad ingen u n d Gausel f in-gen b i sher aus a l ten D o k u m e n t e n b e k a n n t war . N u n haben sich in Mar i abe rge r Archival ien des S taa t sa rch ivs S t u t t g a r t noch wei te re Nachrichten ge funden , die vor a l lem uns in den S t a n d setzen, die Zeit des Abgangs dieses Wei lers n ä h e r e inzukreisen und f r ü h e r zu bes t immen , als m a n dies b i sher vermochte .

So ber ichte t ein Z i n s b u c h des g e n a n n t e n F r a u e n k l o -s ters OSB vom J a h r e 1454: „Im Mayingen h a b e n w i r ein Gut . Dar in gehören 2 J auche r t u n t e r h a l b de r M ü h l e , s tößt an S t . J ö r g e n A c k e r u n d anderse i t s an den Sick. E ine M a n n s m a d Wiesen liegt am Wasse r an der a l ten Buchmühle u n d zwischen den Hudlen . 2 J m A n n e n t a l a n w a n d e n auf H. S i f r ieds A n w a n d e r e r . Vs J zieht auf den L i n d e n b r u n n e n , u n d anderse i t s auf Thomas Businger . 1 J zieht auf den A t z -l o n b r u n n e n u n d anderse i t s auf Klaus Se i f r i ed 1 J liegt uf Gr i tzen (Kreuzen) zieht auf Walz K a u f m a n n und anderse i t s auf Kunz Sick. Va J u n t e r der N e u e n M ü h l e , s toßt an H a n s Syfr ied . F e r n e r 1 G a r t e n z u U f f h o f e n z u M a i i n g e n , darauf sät m a n 1 Vier te l H a n f s a m e n . Er s tößt an d a s W e r d (den D a m m ) und anderse i t s an den Spinler . 1 Wies-bletz ob A n n e n t a l zu, in G r u b e n . 1 Wiesbletz ob l e r n R e n n m a d o b A n n e n t a l , z ieht auf der Mül le r hin. 1 Acker in S t e t t e r W e n g e n , zieht in aas Holz Aus obigen G ü t e r n gibt m a n dem Klos te r 14 Schilling Hel ler u n d Vier tel ( = 60) Eier ."

Aus dem J a h r e 1475 liegt w i e d e r u m eine Neubeschre ibung der Mar i abe rge r G ü t e r vor . Dar in scheinen einige obiger Grunds tücke bere i t s zu Bur l ad ingen gerechnet . Es he iß t n ä m -lich: „Der Schweizer zu B u r l a d i n g e n (später Fiest ly Schneider) gibt 14 ß h l r und V2 Vier tel Eier aus fo lgenden G ü t e r n : 1 J s tößt u n t e n auf d e s B u r l a d i n g s G u t , obe r -h a l b an St. Michels G u t (wohl von Ver ingenaorf ) . V2 J s toßt oben an den D u m e n Bus inger u n d u n t e n an den L i n d e n -b r u n n e n . 2V2 J l iegen I m A n n a t a l , s toßen oben auf den Müller , u n t e n auf H an s Seyf r ieds A n w a n d e r . 1 J a u f K r e u z e n , s toßt auf den A t z e n b r u n n e n , un ten auf Klaus Seyfr ied . 1 J ebenfa l l s a u f K r e u z e n , s toßt auf K a u f m a n n s Gut . oben auf des Sicken A n w a n d e r . Va M m u n t e r h a l b d e r B u c h m ü h l e , s toßt oben auf den Bus in -ger, un ten auf den R u n s (Wasserr inne) . Ein H a n f g a r t e n liegt zu M a i n g e n, s toßt auf d i e G a s s e , anderse i t s an des Spinlers Gar ten . 1 Wiesbletz o b A n n a t a l stoßt e inersei ts in Gruob, anderse i t s gegen dem S te inenbüh l hin. Ein Wies-bletz von Vä M m u n t e r h a l b M a i n g e n , s toßt oben an S t . J ö r g e n A c k e r , u n t e n auf den Bach. V2 M m liegt auf d e m R e n n m a d (wo?), s toßt e inha lb an den Müller , a n -dersei ts gegen den S te inenbüh l h in . 1 Wiesacker in S t e t -t e r W e n g e n zieht in das Holz."

Anschl ießend sind die E i n k ü n f t e a u s G a u s e l f i n -g e n aufgezähl t , wo der l ange Dietv. aus des Dettingen« Gut

31 ß h l r zu geben h a t t e dessen Grunds tücke aufgezäh l t sind. D a r u n t e r findet sich auch der Esch U n t e r der Mär igen Be rg" = Mar i enbe rg (vgi. St. Märgen i. Schw.) Auch der G a u -self inger K i r r h h e r r oder P f a r r e r gab d a m a l s aus seiner Scheuer 1 H u h n jährl ich.

D a n n he iß t °s z u s a m m e n f a s s e n d und f ü r uns sehr a u f -schlußreich : „ S u m m a i n B u r l a d i n g e n u n d G a u -s e l f i n g e n 3 P f u n d 7 Schil l ing Heller , H a b e r 4 Viertel , H e r b s t h ü h n e r 5, Eier 60 Stück. Vier dieser H e n n e n und 4 Vtl. Vog thabe r gaben die H e r r e n wegen M a r g r e t h e n Ocklain."

Sowei t diese Berichte. Da lesen wi r zuers t von e iner Mühle . Dies w a r aber nicht die heut ige, denn diese ist noch 1544 eine Föl inschmit te (Funkenschmieüe) gewesen u n d ers t spä te r zur M ü h l e u m g e b a u t worden . V ie lmehr s t and einst oben beim Bur lad inge r M e s n e r b r u n n e n die a l t e B u c h m ü h l e u n t e r der Buchhalde u n d u n t e r h a l b des P u m p w e r k s bei Gas -sen an einem noch e r k e n n b a r e n Kana l u n w e i t der S t r aße die N e u e M ü h l e . Das W e r d oder der D a m m m a g m i t der bei Gassen noch s ichtbaren B o d e n e r h e b u n g identisch sein. Den Atz l enb runnen u n w e i t „Kreuzen" möchte m a n in der heut igen, zum K r e i s w a s s e r w e r k ge faß t en Quel le „Kreuz -b r u n n e n " wiederf inden. Al lerdings scheint h i e r im 18 J a h r -h u n d e r t ein Kapel lchen ges t anden zu haben , denn auf ä l t e ren K a r t e n s teh t „ K a p e l l e n b r u n n e n " eingeschrieben. Doch geht die V e r m u t u n g wahrscheinl ich zuweit , die h i e r wegen des doch ziemlich e n t f e r n t e n A n n a t a l s eine A n n a k a p e l l e a n n e h m e n will. Der Unterze ichne te neigt v i e lmehr dazu, im Anna t a l ein ursprüngl iches Enne ta l = jensei t iges Tal im Gegensatz zum P f l u m m e n t a l zu sehen. M e r k w ü r d i g e r w e i s e ber ichte t Ber tho ld in seiner Zwie fä l t e r Chron ik des 12. J a h r -h u n d e r t s auch von e iner Fami l i e v o n A t z i 1 o n, die zu Bur l ad ingen G ü t e r an Zwie fa l t en schenkte, die abe r der B r u d e r 1er Schenker in wieder a r sich zog. Ob die G ü t e r h i e r in der Nähe gelegen h a b e n k ö n n t e n ? Man wird Atzilon jedoch schwerlich mi t S t a r z e i n gleichsetzen dür fen , wie es König-Mül le r bei He rausgabe obiger Chron ik ta ten . Atzel soll übr igens Hätz bedeu ten , j enen krächzenden Vogel, der den W a n d e r e r Uli Wald zu ä r g e r n pflegt. Soll te der Atzei -b r u n n e n mi t dem heu t igen K r e u z b r u n n e n gleichzusetzen sein, d a n n d ü r f t e m a n wohl den L i n d e n b r u n n e n im heu t igen G a s s e n b r u n n e n suchen. Als damal ige H e r r e n zu Gause l -fiiigen k o m m e n die von Holnstein , Werne r L a s t and spä te r die Zol le rgra fen in Frage .

Da zum Schluß bei de r Z u s a m m e n s t e l l u n g de r Mar i abe rge r E i n k ü n f t e 1474 n u r von Bur l ad ingen u n d Gausel f ingen die Rede ist, darf m a n m i t Sicherhei t schließen: M a y i n g e n w a r d a m a l s n u r n o c h e i n e F l u r , k e i n W e i l e r m e h r . D i e s e r i s t a l s o n i c h t e r s t z u B e g i n n d e s 16. J a h r h u n d e r t s , s o n d e r n s c h o n v o r 1 4 7 5 v o n d e n B e w o h n e r n v e r l a s s e n g e w e s e n , d i e s i c h v e r m u t l i c h n a c h d e n b e i d e n N a c h b a r o r t e n /. u r ü c k g e z o g e n h a b e n . J . A. K r a u s .

2R H O H E N Z O L L E E I S C E E H E I M A T J a h r g a n g i-,:62

Ausgrabungen am Stammsitz der Edlen von Bubenhofen Nach 750 Jahren auf den Spuren der Bubenhofen-Burg und St.-Agathen-Kirche

Zwischen Rosenfe ld u n d Binsdorf , dor t wo sich die Stunzach u n d der Süßenbach vere in igen, ist der e r s tma l s u m 1200 u r -kundl ich e r w ä h n t e S tammsi t z der E d l e n v o n B u b e n -h o f e n in e inem reizvoll idylischen Tal gelegen, das heu te noch — nach se inen damal igen B e w o h n e r n — das B u b e n -h o f e r - T a l genann t wird. Das al te und b e k a n n t e Adelsge-schlecht ha t t e in W ü r t t e m b e r g u n d Hohenzol lern wei t v e r -zweigte Besi tzungen, so auch in G a m m e r t i n g e n und H e t t i n -gen woran im zuletzt g e n a n n t e n O r t e das 1945 in der T a u f -kape l le der P f a r r k i r c h e St. M a r t i n f re ige legte F resko des wür t t emberg i schen Marschal ls u n d Hofme i s t e r s H a n s K a s p a r v o n B u b e n h o f e n (1478—1540), g e n a n n t der G o l d e n e R i t t e r und ein Gedenks te in an ihn und seine zwei te Gemahl in Agnes von H e w e n e r innern .

Der S t amms i t z im B u b e n h o f e r - T a l (1200—1426) bes t and aus e iner b e w e h r t e n W a s s e r b u r g und de r in u n m i t t e l b a r e r Nähe gelegenen u n d zum Bu b en h o fe r B a n n gehörigen S a n k t Aga thenk i rche mi t P f a r r h a u s und Scheuer.

R e k o n s t r u k t i o n s v e r s u c h v o n B u r g u n d Wei l e r B u b e n h o f e n m i t S a n k t A g a t h e n k i r c h e . Die Z e i c h n u n g w u r d e auf G r u n d d e r G r a b u n g s e r -g e b n i s s e von 1957 u n d 1961 u n t e r M i t v e r w e n d u n g des G a d n e r s c h e n P l a n e s v o m J a h r e 1573 e r s t e l l t u n d zeigt d e n S t a m m s i t z d e r E d l e n v o n B u b e n h o f e n u m 1200—1426.

Bere i t s im J a h r e 1957 w u r d e u n t e r der b e w ä h r t e n Lei-t u n g von Kre isa rch ivar K u r t Rockenbach aus Rosenfe ld eine G r a b u n g auf dem Burghüge l mi t hochin te ressan ten Ergeb-nissen vo rgenommen . In 160 cm Tiefe f a n d e n sich der obers te Rand von F u n d a m e n t e n eines t u r m a r t i g e n Gebäudes , dessen M a u e r n noch bis e inen Mete r u n t e r den heu t igen G r u n d -wasserspiegel reichen und insgesamt übe r 180 cm hoch sind. Bei der G r a b u n g w a r e n i m m e n s e Brandschu t tmassen zu be -seitigen, ehe m a n die T u r m f u n d a m e n t e er re ichte u n d in 220 cm Tiefe d a n n noch spä tmi t te la l te r l iche Scherben, Meta l l -teile und verkoh l tes Holz r iesiger Ba lken vo r f and . E twa 1430 wi rd die B u r g abgegangen sein, und die F u n d e deu ten dabei auf eine gewa l t s ame Ze r s tö rung der Anlage hin.

Sei t J a h r e n n u n ha t H e r r F e r d i n a n d F u r t m e i e r aus M ü n -chen in tens ive Nachforschungen übe r das Geschlecht der H e r r e n von B u b e n h o f e n angestel l t , weil seine F r a u eine ge-bo rene B u b e n h o f e n ist und aus dem bürger l ichen Zweig des adel igen Geschlechtes s t a m m t . Mehre r e Ur l aube der le tz ten J a h r e benu tz te F u r t m e i e r dazu, die meis ten der ehemal igen Bubenhof ' schen Bes i tzungen aufzusuchen, insbesondere aber wiederho l t das Bubenhofe r -Ta l , u m an Or t und Stel le un t e r der h i l f re ichen M i t w i r k u n g von Kre isa rch ivar Rockenbach eigene Nachforschungen anzustel len. Ein umfangre i ches Bi ld-archiv ist u n t e r a n d e r e m ein Ergebnis seiner Exkurs ionen . Se inen d ies jähr igen A u f e n t h a l t im Augus t in Rosenfe ld ve r -w e n d e t e F u r t m e i e r dazu, u m wei te re Einzelhei ten übe r den S t amms i t z des Geschlechtes der Bubenhofen zu erforschen. Se ine Versuchsgrabung auf dem sogenann ten Aga thenhüge l im Bubenhofe r -Ta l , der selbst L a n d r a t Roemer aus Bal ingen die Genehmigung nicht versagte , s tü tz te sich vor a l lem auf die Gadnersche Zeichnung vom J a h r e 1573, nach der auf d e m Aga thenhüge l die S a n k t Aga thenk i rche mi t P f a r r h a u s u n d Scheuer s tanden . Ein Nachweis d a r ü b e r ex is t ie r te bis

je tz t nicht. Beim A u s h u b eines St ichgrabens auf dem höch-sten P u n k t des Hügels st ieß F u r t m e i e r e twa 60 cm u n t e r der Erdoberf läche auf eine „gepackte M a u e r " (vermutl ich u m 900), die wahrscheinl ich als F u n d a m e n t der S a n k t A g a t h e n -kirche angesprochen w e r d e n kann , f e r n e r auf Ziegelschut t und Knochenres te . Die B u b e n h o f e n - K i r c h e des P f a r r w e i l e r s mi t Burgsitz, u m die h e r u m der 1534 aufgegebene Fr iedhof lag, w a r schon 1583 fas t ganz ve r fa l l en und u m 1690 n u r noch ein S t e inhau fen . — Ein we i t e re r St ichgraben e t w a 30 Mete r westlich der e r s ten Funds te l l e in Rich tung auf die al te S t r aße Rosenfe ld-Binsdorf b rach te Reste e iner s t e inbe-legten mi t te la l te r l ichen S t r aße ans Tageslicht. Dann auch h ie r Ziegelschutt (Nonnenziegel), te i lweise gut e rha l t en und tei lweise mi t B r a n d s p u r e n .

Dami t d ü r f t e der Beweis e rb rach t sein, daß sich auf dem Aga thenhüge l tatsächlich Gebäul ichkei ten b e f u n d e n haben , die vermut l ich mi t den e ingangs G e n a n n t e n identisch sind. Die Grabungsergebnisse der J a h r e 1957 und 1961 geme insam betrachte t , w ü r d e n e iner spä t e ren großangeleg ten F lächen-g r a b u n g somit e inen s icheren Erfo lg b r ingen und noch we i -te re Aufschlüsse übe r das B u b e n h o f e r - T a l und seine Be-w o h n e r vor 750 J a h r e n geben. Die b isher igen A u s w e r t u n g e n der G r a b u n g e n lassen nämlich ve rmu ten , daß die B u b e n -hofen schon viel f r ü h e r , als b i sher u rkundl ich nachgewiesen, das B u b e n h o f e r - T a l besiedel ten. D a r ü b e r wi rd zu gegebener Zeit an dieser Stelle zu ber ichten sein.

Das Bi ld zeigt d e n o b e r e n R a n d d e r „gepack t en M a u e r " ( u m 900), d ie auf d e m A g a t h e n h ü g e l a n g e g r a b e n w u r d e u n d als F u n d a m e n t d e r A g a t h e n k i r c h e a n z u s p r e c h e n ist . L i n k s im B i l d : F e r d i n a n d F u r t m e i e r .

Auch Trochtelfingen ist f r ü h e r , wie G a m m e r t i n g e n , von e iner Reihe von R i t t e rbu rgen u m g e b e n gewesen. Bei der im 17. J a h r h u n d e r t e r b a u t e n Burgkape l l e s ieht m a n frei l ich auße r e inem ebenen P la tz n u r noch ein kurzes G r a b e n -stück, alles ande re ist be im Kape l l enbau verwischt worden . O f f e n b a r w a r die Anlage n u r klein, aber zu e iner Vasa l l en-b u r g ausreichend. Deutl iche S p u r e n dagegen finden sich auf dem Kegelberg der „ H i n t e r e n B u r g " a m Rande der b e k a n n t e n Haid. Hier möchte ich die 1311 von den R e u t -l ingern zers tör te H a i d e c k v e r m u t e n . Die sog. W e t z e l s -b u r g gegen Ste inhi lben im Wald sei zur S t e ingewinnung völlig abge t ragen worden, und zwar ers t im vor igen J a h r -hunde r t . Endlich findet m a n bei der oberen, je tz t s t i l lgeleg-ten Mühle bzw. dem Elek t r i z i t ä t swerk ge rade gegenüber auf dem sog. B u r g s t a l l noch e inen großen und deutlich e r -k e n n b a r e n Burgpla tz in Rechteckform von 25, bzw. 50 und 60 Mete rn Sei tenlänge. Teils w a r der P la tz durch S te i l ab -fal l der Felsen gesichert . Ein b e d e u t e n d e r Abschn i t tg raben in Ha lb rund schließt die je tzt bewa lde te Anlage vom H i n -te rge lände ab. U m 1500 w e r d e n alle diese Burgen abgegan -gen gewesen sein, w ä h r e n d das werdenberg ische Schloß im S täd tchen selbst bei der P f a r r k i r c h e ja noch s teht und j e -dem Besucher au f f a l l en muß , Krs .

J a h r g a i g 1962 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T 27

Vom Zehnten in der Gemeinde Rangendingen Bis zum J a h r e 1848 besaßen die Kirche, adlige Pe r sonen

und vereinzel t auch S t ä d t e und Dör fe r das Zehnt rech t und d u r f t e n von al len dem landwir t schaf t l i chen A n b a u u n t e r -l iegenden F r u c h t a r t e n den zehnten Teil des E r t r ages als N a -tu ra l s t eue r einziehen. Die I n h a b e r des Zehnt rech ts (die Zehn the r ren ) k o n n t e n dieses S teuer rech t f ü r sich behal ten , f ü r t r eue Diens te verschenken oder lebenslänglich gegen Geldle is tung als L e h e n ausle ihen. Durch Verkauf , Verschen-ken und Aus le ihen w u r d e die Zehntpfl icht der L a n d w i r t e nicht be rüh r t . Be f r e i t von der Zehntpfl icht b l ieben in den meis ten Fä l len der Vogt (Amtmann) , der Geistliche und der Zehn the r r .

In mi t te la l te r l ichen U r k u n d e n wi rd der Rangend inge r Zehn te me i s t ens als „ L a i e n z e h n t e " bezeichnet, d. h., daß dieses Zehn t rech t von e inem w e l t l i c h e n Herrscher h e r -r ü h r t . Tro tzdem d ü r f t e es wahrscheinl ich s e i n / daß das Zehn t rech t u r s p r ü n g l i c h von der Kirche an e inen wel t l ichen Her r scher gegeben wurde .

Die äl teste b e k a n n t e U r k u n d e übe r den Rangend inge r Zehn ten vom J a h r e 1336 lau te t : „Wir Grave H u g v o n H o h e n b e r g t h u n k u n d t mi t diesem Brieve, daß w i r H e r -m a n n von Owe u n s e r e m l ieben ge t reuen Diener zu rechtem M a n n l e h e n ver l i ehen haben , die Lehen , die h ie rnach be -schrieben s a m m b t den L a i e n z e h n t e n zu Rangend ingen (Samstag nach Lich tmeß 1336). Der L e h e n s t r ä g e r H e r m a n n von Ow w a r der G r ü n d e r der Linie „von Ow zu Hir r l ingen" . Mit A lexande r von Ow zu Hir r l ingen, der 1709 s tarb , erlosch die m ä n n l i c h e Linie in Hir r l ingen . Seine Tochter A n -tonia he i ra te te 1708 in Eichstä t t den Baron Clemens von O w zu Fel ldorf . Da die Linie Ow-Wachendor f erloschen war , ü b e r n a h m e n Clemens und Anton ia die Her r scha f t Wachen-dorf . Sie sind die S t a m m e l t e r n des jetzigen Barons zu Wachendorf .

A n t o n i a v o n O w zu Hi r r l ingen ü b e r n a h m das Gut Hi r r l ingen ; der Vet ter , Ba ron K a r l v o n O w z u S t e r n -e c k , e rhob ebenfa l l s Ansp rüche auf das Gut Hi r r l ingen und erhie l t es im Erbs t r e i t gegen Zah lung von 15 000 Gulden. Kar l zu Sterneck k o n n t e das s ta rk verschuldete Gu t nicht ha l ten . Die Gläubiger v e r k a u f t e n es 1718 an Genera l v o n C l e n g e l . Kar l s Sohn E b e r h a r d s t a rb 1714; Ka r l s t a rb 1720. Die Tochter Augus ta he i r a t e t e den G r a f e n von At t ems ; er w u r d e Rechtsnachfolger in Sterneck. Von Clengel w a r seit 1718 Lehens t r äge r des Rangend inge r Zehn ten . Clengel, ein P ro te s t an t , wol l te e inen P r ä d i k a n t e n se iner Konfess ion in das Hi r r l inger Schloß se tzen; desha lb gab es U n r u h e n in der Gemeinde . Er v e r k a u f t e das R i t t e rgu t Hi r r l ingen an den Herzog von W ü r t t e m b e r g . A b e r die U n r u h e n setzten sich for t . G r a f A t t e m s tauschte das wür t t emberg i sche Lehen Sterneck gegen das R i t t e rgu t Hi r r l ingen ein (1749) und w a r je tzt der Lehens t r äge r des Rangend inge r Zehn ten . Graf J o -sef von A t t ems v e r k a u f t e 1789 das Gu t s a m t Lehen an den F r e i h e r r n v o n W ä c h t e r (dänischer Gesand te r in S tu t tgar t ) A b e r schon 1810 v e r ä u ß e r t e er das R i t t e rgu t mi t dem Rangend inge r Lehen an den H e r z o g W i l h e l m v o n W ü r t t e m b e r g . Dieser v e r k a u f t e es a m 8. 10. 1821 an die G e m e i n d e H i r r l i n g e n u m 160 000 Gulden. D a r u n -te r w a r auch der Wald im Wolfen ta l auf Rangend inge r Ge-m a r k u n g (77 Morgen), der von Wolf von Ow zu S t a u f e n b u r g g e k a u f t worden war . Die G e m e i n d e Hi r r l ingen w u r d e durch den Kauf Lehens t r äge r des Zehn ten in Rangend ingen und erhie l t bis zum J a h r e 1854 3Ai des Zehntgefä l les von R a n g e n -dingen. Mit dem sechzehnfachen E r t r a g s w e r t (etwa 40 000 Gulden) löste die Gemeinde Rangend ingen den La ienzehn ten ab. Der F ü r s t von Hohenzol lern erhie l t als L e h e n s h e r r die Ablösungssumme.

Einige Zeigen auf H a r t e r G e m a r k u n g gehör ten ebenfa l l s zum La ienzehn ten in Rangend ingen . Auf Rangend inge r Ge-m a r k u n g lagen e twa 20 Parze l l en Wälder und Aecker, die zum Ri t t e rgu t gehör ten und 1822 an Rangend inge r B ü r g e r v e r k a u f t w u r d e n

Im Lauf«. äer J a h r h u n d e r t e wechsel ten auch die L e h e n s -h e r r e n . Von den G r a f e n von Hohenbe rg k a m das R a n g e n -d inger Zehn t rech t an die Herzöge von Oesterreich, d a n n an den Kaise r u n d zuletzt an die G r a f e n und F ü r s t e n von Ho-henzol lern . Doch h a t t e dies auf die Zehntpfl icht der B a u e r n ke inen Einfluß.

Bis zum J a h r e 1444 w u r d e der Zehn te ungete i l t ver l iehen. Von diesem J a h r e ab stel l te m a n in der Regel 2 Lehenbr i e fe aus, und z w a r ein Vier tel u n d die Hä l f t e des Zehnte r t rages , beide an die L e h e n t r ä g e r aus der Fami l i e von Ow. Sicherlich gehör te schon d a m a l s (wie später) das Res tv ier te l der P f a r r e i Rangendingen . In e inem Lehenbr ie f vom J a h r e 1790 heißt es: Wir Leopold der Zwei te von Gottes G n a d e n e r w ä h l t e r Rö-

mischer Kaiser bekennen , daß vor Uns g e k o m m e n sei unse r l ieber ge t r eue r Augus t An ton des heil. Römischen Reichs Graf At tembs , I n h a b e r von Hi r r l ingen u n d Bier l ingen und ba t Uns, d a ß wi r ihm f ü r sich selbst die ehemals von dem F r e i h e r r n von Au inngehabte , durch Abs te rben ih re r m ä n n -lichen Descedenz aber anhe imgefa l l ene L e h e n als nämlich pp. e inen ha lben Thei l des Layenzehn ten von Rangend ingen ver le ihen möchten, das haben wi r getan. In e inem Lagerbuch vom J a h r e 1530 wi rd der E r t r a g des ha lben großen Zehn ten angegeben: 60 Mal te r Vesen und 30 Mal t e r Haber .

Ein Vergleich übe r S t re i t igke i ten wegen der Z e h n t e r t r ä g e vom J a h r e 1514 gibt we i t e ren Aufschluß übe r die e igenar t ige Zehn tve rhä l tn i s se : Wir diese N a c h b e n a n n t e n F ranz Wolf, G r a v e zu Zollern, des Heil. Römischen Reichs E r b k ä m m e r e r und H a u p t m a n n de r He r r s cha f t H o h e n p e r g als P a t r o n und L e h e n h e r r der P f a r r e i in u n s e r e m Dorfe Rangendingen , M a r q u a r d von O w zu Wachendorf , Hans von O w zu H i r r -l ingen, als vol lmächt iger A n w a l t m e i n e r B r ü d e r und die so Thei l h a b e n am Zehn ten zu Rangendingen , b e k e n n e n ö f f e n t -lich, f ü r uns unsere E r b e n und Nachkommen . Nachdem ich M a r q u a r d von Ow e i n Theil, Hans von Ow z w e e n Thei l und die P f a r r e i zu Rangend ingen d e n 4. T h e i l an dem großen Zehn ten zu Rangend ingen ha t , von welchem v ie r t en Theil de r P f a r r e r uns gemel ten von Ow, unse ren E r b e n und N a c h k o m m e n zu V o g t r e c h t 17 Mal t e r Vesen und 2 Vie r -theil, Hechinger Maß, jähr l ichen geben soll und zu geben schuldig ist, auch die d r i 11 h e i 1 an Erbsen, Bohnen, G e r -s ten und Rübenzehn t en Uns von Ow, u n d der P f a r r e i der Vier thei l zugehört , daß wi r uns nochmals also ve re in t und ve r t r agen haben .

I t em f ü r h i n soll ein j eder P f a r r h e r r von Rangend ingen an al lem großen Zehn ten haben und e i n n e h m e n den v ie r ten Thei l u n d uff den T h e n n e n e m p f a h e n u n d die Kostung, so darauf geht, den Zehn ten zu s a m m e l n und auszudröschen zu se inem g e b ü h r e n d e n Thei l t r agen und ausr ichten. Und soll der Zehn ten von Neubruchen als Korn , Haber , E m e r und Gers ten, so jetzo seyn und f ü r h i n w e r d e n mögen, auch auf a n d e r n Feldern , so vo rmal s vom P f a r r h e r r n zuges tanden ganz und übera l l auch in den großen Z e h n d e n e ingewor fen sein und dare in gehören.

Da ran schließt sich die Bes t immung , daß der Wein- , E r b -sen- , Bohnen- , Gers ten- , Rübenzehn te , sowie der Heuzehnte , welcher le tz tere denen von Ow ganz zuges tanden, k ü n f t i g dem P f a r r e r gehören soll, daß die oben e r w ä h n t e n 17 Mal t e r 2 Vier tel Waizen, welche der P f a r r e r zu Vogtrecht zu geben h a t t e und die 4 Mal te r Waizen u n d 2 Mal te r Haber , welche er von der Zeig Lindach zum voraus eingezogen hat , e inge-w o r f e n w e r d e n sollen, daß de r P f a r r e r jedoch fü1" den M e h r -w e r t h des Heuzehnts soviel besser ist d a n n der Zehn t von e ingewor fenen Aeckern und Fe ldern , so dem P f a r r e r vorh in zuges tanden, und am großer Zehn ten e ingewor fen sind, denen von Ow zwei P f u n d Hel ler und 10 Schill ing jähr l ich zu geben habe. (Von Ow h a t t e f r ü h e r auch Rechte a m Weinzehnten.)

Im J a h r e 1780 beanspruch te die He r r s cha f t von O w - H i r r -l ingen vom P f a r r e r 3 Teile des Z e h n t e n a u s „ d e m n e u e i n g e f ü h r t e n K l e e s a m e n". J o h a n n Georg Graf zu Hohenzol le rn v e r p f ä n d e t e am 3. 2. 1606 gegen 6000 fl I-Iaupt-gut an das See lenhaus Ravensbu rg das Dorf Rangend ingen . Dasselbe e r t r u g j ä h r l i c h 1 0 0 M a l t e r F r ü c h t e , s a m t al len Leuten , Renten , Gül ten , Zinsen, Nutzungen , 420 Gu lden Frongeld jährl ich, den W e i n z e h n t e n , den e igentümlichen Hof in Rangendingen , die Felder , Wälder , Oedungen und Weiden, Wasser , Obr igkei t usw. (Der fürs t l iche Hof t r u g jähr l ich 150 Mal te r Früchte.) Fürs t . Archiv R. 143, Fasz. 893.

Uebe r den K a r t o f f e l z e h n t e n bes t immte die H e r r -schaf t : Die Hä l f t e gehör t dem Grafen , die ande re H ä l f t e dem P f a r r e r . Der Zollergraf b e g r ü n d e t e den neuen K a r t o f f e l z e h n -ten wie folgt : Durch den neu e i n g e f ü h r t e n K a r t o f f e l a n b a u gehen die Get re ideer t rägn isse zurück, da die Brache je tzt in Wegfal l k o m m t (1783).

Nach Hagens Lagerbuch 15"3/44 genör te de r K l e i n -z e h n t e n ganz dem P f a r r e r . E r u m f a ß t e alle B a u m - und Ga r t en f rüch t e . Ebenso gehör te der lebendige Zehn ten der P f a r r e i . E r w a r seit l änge re r Zeit in e ine Geldabgabe u m g e -wande l t . Beim Verkauf w a r e n zu zahlen: Von e inem Fül len je nach Al t e r 4, 6 oder 8 Hel le r ; von e inem Kalb i , 2 oder 6 Hel le r ; von einem Kitzlein 1, 2 oder 3 Hel ler ; von e inem L a m m 1, 2 oder 3 Hei le r ; von 10 L ä m m e r n und d a r ü b e r 3 Schillinge. Was abe r f ü r lebendig Vieh vor Mar t in i abgeht , zahl t m a n ke inen Zehnten . F ü r jedes v e r k a u f t e Bienenvolk 1 Schill ing oder den 10. Teil des Erlöses. Von jungen Gänsen, En ten u n d H ü h n e r n den 10. Teil des Erlöses. A m 9. Mai 1496

28 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

r i e f en Conrad Vet ter , Kap l an zu Hirr l ingen, Georg von O w zu Hi r r l ingen und P f a r r e r H an s Bade r von Rangend ingen in e iner Zehnts t re i t sache den bischöflichen S tuh l in Kons tanz u m Entsche idung an. Auf G r u n d derse lben m u ß t e n die H e r -r e n von O w und der P f a r r e r von Rangend ingen an die F r a u e n a l t a r - P f r ü n d e in Hi r r l ingen jährl ich auf Mar t in i zehn Mal t e r Vesen und fünf Mal t e r Haber (Rot tenburger Maß) l iefern. (Fürst l . Archiv R. 199 F. 91.)

Am 22. Ju l i 1799 bi t te t der Obervogt in Hi r r l ingen die Hof -ra t skanz le i in Hechingen (Lehensherrn) , daß die Z e h n t -o r d n u n g in Rangend ingen wieder vorgelesen werde . Da seit m e h r e r e n J a h r e n dieselbe nicht m e h r vorgelesen wor-den sei, haben s t a rke Ueberschre i tungen s t a t t g e f u n d e n : A r m e Leute lesen Aehren , solange die Z e h n t g a r b e n noch auf den Aeckern sind und s t re i fen diese G a r b e n ab. Es w e r d e n von den Baue rn G a r b e n geholt vor dem L ä u t e n der Morgenge-betsglocke und abends nach dem L ä u t e n der Gebetsglocke, wobei verschiedentl ich Z e h n t g a r b e n gestohlen worden seien. (Fürst l . Archiv R. 199 F. 94.) In Rangend ingen zähl te m a n in diesem J a h r e 126 Ochsen und 35 P fe rde .

Aus dem J a h r e 1825 liegt e ine Z u s a m m e n s t e l l u n g ü b e r die Z e h n t - und Gül tgefä l le vor, welche die Gemeinde Hi r r l ingen in Rangend ingen zu beziehen hat . Folgende Pos ten w e r d e n a n g e f ü h r t : Zehntgefä l l e 563 Gulden ; zelgische Gül ten 6 Gu l -den ; jähr l iche Gül ten 68 Gulden.

Zu R i n g g e n b a c h erhie l t das Klos ter 1256 ein Gut von Dietrich von B u w e n b u r g und ande re 1285 von Goswin, B u r k a r t und Ebe rha rd , G e b r ü d e r n von Hohenfe ls , teils durch Kauf , teils als Mi tg i f t i h r e r Schwäger in El isabeth von Ho-henfe ls . Im J a h r e 1344 v e r k a u f t e Klaus Gebha rd von R ing -genbach ans Klos ter den ha lben Hof daselbs t u m 31 P f u n d Hel ler . Das Geld bezah l ten die be iden K l o s t e r f r a u e n K a t h a -r ina Schr iber in und Mechti ld von Thalhe im, die d a f ü r e inen J a h r t a g e rha l t en sollen. Das Klos te r gab 1380 um 40 P f u n d Hel ler einen Hof zu Ringgenbach an fünf K l o s t e r f r a u e n auf Lebenszei t : Mechti ld Truchsessin, Mien vom Hof, Ka tha r ina , A n n a und Agnes Seelhofer in . Nachher soll er ans Klos ter zurückfa l l en und sie e rha l t en e inen J a h r t a g . 1444 ist H an s Heini, g e n a n n t Brugger , A m t m a n n zu Ringgenbach.

Zu R i e d e t s w e i l e r erhie l t 1269 das Klos ter Wald die G ü t e r des Wenzel von Reischach mi t Z u s t i m m u n g des G r a -f e n Mangold von Nel lenburg, der 1294 auch die '"ogtei käuf lieh ab t ra t . 1278 ü b e r g a b R i t t e r Heinr ich von Wildenfe ls mi t Z u s t i m m u n g Ber tho lds von F r o n h o f e n seine G ü t e r zu Rie-de t swei le r an Wald. Wenzel von Reischach v e r k a u f t e 1285 G ü t e r zu R. nebst 5 J auche r t a u f m H u n g e r b e r g und 5 J a u -cher t an der Gebra i t in u m 25V2 M a r k Silber, wobei Graf Mangold von Ne l lenburg und Graf Heinrich von Hä t ingen als L e h e n h e r r e n zus t immten . I n n e r h a l b zweier J a h r e be -s tä t ig te auch Herzog Rudolf von Oesterreich diese U e b e r t r a -gung. Ein Algoz K e m p e vom Heudorf v e r k a u f t 1322 an Wald se inen Zehn ten zu Riedetswei ler um 46 P f u n d Heller, der L e h e n s h e r r Anselm von Wildens te in gab hierzu seine Ein-wi l l igung und verzichtete auf die Oberhe r r scha f t . Hezel O r t -lieb und Schwester G e r t r u d Or t l ieb in ü b e r t r u g e n zu e inem Leibgeding an Wald zwei G ü t e r zu Riedetswei ler und die Fu l l ede r -Ege r t zu P fu l l endor f 1320.

Zu L e i t i s h o f e n v e r k a u f t e n 1285 die G e b r ü d e r F r i ed -rich und Ber thold von Rohrdorf e inen Hof an Wald über 17 M a r k Silber. Schon 1274 h a t t e n die K l o s t e r f r a u e n zu U e b e r -l ingen an Wald einige Gü te r zu Lei t i shofen und I g e l s -w i e s v e r k a u f t . Die Geb rüde r Fr iedr ich von H o h e n b e r g und Ber tho ld von Rohrdorf v e r ä u ß e r t e n 1290 die Heinr ichshube an Wald um 17 Mark Silber, was E b e r h a r d der ä l te re und Heinr ich von L u p f e n bes tä t ig ten . Ein P f r ü n d n e r zu Wald, E b e r h a r d von Sen tenha r t , übe rgab 1347 an Wald zu einer J ah rze i t den Groß - und Kle inzehn ten zu Lei t i shofen Benz von AbTach v e r m a c h t e 1357 der Tochter M a r g r e t h des He in -rich Hi lp rand sein Gut zu Le i t i shofen und der Truchseß W a l t e r von Rohrdorf genehmig te das Vermächtn is . Auch Fr iedr ich von Ablach, Vogt des geistl ichen Gerichts und Hofs zu Kons tanz übe rgab 1367 seine 2 G ü t e r zu L. u m seines und seiner V o r f a h r e n Seelenhei ls willen. Noch 1472 v e r k a u f t e K o n r a d von Müh] hausen von Ringgenbach seine hiesigen Grunds tücke an Wald.

Auch in O t t e r s w a n g e r w a r b das Klos ter 1312 G ü t e r u m 22 M a r k Silber von den G e b r ü d e r n Egling und E b e r h a r d von Reischach usw. In M e n n i n g e n erhie l t Wald 1326 eine Wiese von E b e r h a r d von Reischach, 1345—57 zwei Höfe kau fwe i se von Heinrich und Konrad Oet t le zu Ueberl ingen.

Dagegen ha t t e Hi r r l ingen in Rangend ingen fo lgende Las t en : 1. Der P f a r r e i 6 Scheffel Dinkel = 18 Gulden. 2. Die Baukos ten an den P f a r r g e b ä u d e n zu dre iv ie r te l

lagerbuchmäßig . 3. Die Baukos ten an der Kirche in Rangend ingen m ü s s e n

wenigs tens als Bei t räge berechnet werden . 4. Die E r b a u u n g und U n t e r h a l t u n g der Zehntscheuer in

Rangend ingen zu 5. Sind Mißwachs, Gewi t t e r schaden und ande re Zufäl le ,

denen solche Gefäl le u n t e r w o r f e n sind, so m ü s s e n sie in Anschlag gebracht werden .

Bei der Bau la s t en -Ablösung an der Kirche und am P f a r r -hof gab es zwischen Hi r r l ingen und der Gemeinde und K i r -chengemeinde Rangend ingen e inen Prozeß, den die Geme inde Hi r r l ingen gewann . Rangend ingen k o n n t e nicht nachweisen, daß der Dre iv ie r t e l -Zehn te in Rangend ingen ein k i r c h -l i c h e r Zehnte w a r (1866).

Noch eine M e r k w ü r d i g k e i t vom Zehn ten in Rangend ingen : Das G e w a n n Göhren (heute bebaut) , 12 J auche r t umfassend , w a r zehntpfl icht ig an die Bürge rgeme inde Rangend ingen . Worauf diese Zehntgerecht igkei t geg ründe t war , ist aus den U r k u n d e n nicht ersichtlich. Wiest .

A n m e r k u n g : Z u d e r v o r s t e h e n d e n A b h a n d l u n g g a b m i r d e r b e s t e K e n n e r de r H i r r l i n g e r Geschich te , H e r r A m t m a n n K u r z in S t u t t g a r t , w e r t v o l l e H i n w e i s e . He rz l i chen D a n k d a f ü r !

Schluß

bzw. Fr iedrich Oet t le zu Mengen. Ande re E r w e r b u n g e n folgten, so 1277 bis 1362 R u h e s t e t t e n , 1366 M a h l s p ü r e n und Braunenberg , 1375 Salenbach, 1376 Linz.

In K a p p e l bzw. dem dabei abgegangenen R a i n e rh ie l t das Kloster schon 1290 von Konrad und Wer l in von Z i m -m e r n ihr Gut zu Rain, genann t der obere Hof zu Kappe l . Im J a h r e 1368 ' e r k a u f t e n H a r t n i t von Bar te l s te in und N o r d -win von K o r b ih ren G a r t e n und Hofs t a t t zu Rain, die d a n n samt Zehn ten und Kirchensatz 1383 an Wald k a m e n s a m t e inem Gütle zu G ö g g i n g e n und der Mühle zu Z e 11 a. A. u m 220 P f u n d Heller . Noch eine ganze Reihe von U r k u n d e n über Kappel l iegen im fürs t l i chen Archiv vor, so von 1387 von Bischof Nikolaus von Konstanz , der die P f a r r e i Kappe l der P f a r r e i Walber t swe i le r e inver le ibte . Se i tdem ist Kappe l Filiale.

Jähr l ich 3 F u d e r Wein aus dem Zehn ten zu A l l e n s -b a c h s t i f t e t en zwei Nonnen aus Schwandorf 1408. D i e -t e r s h o f e n e r w a r b das Klos ter a l lmähl ich ganz, a n g e -f a n g e n 1343 ein Gut u m 12 P f u n d Hel ler vom K i r c h h e r r n Heinrich von Tafe r t swei le r , der es an die K o n v e n t s f r a u Mechtild die Truchsess in von Meßk i r ch -Rohrdor t v e r k a u f t e , 1.348 Grunds tücke von Hans Kül l i und Kunz dem Togier von P fu l l endor f . Im J a h r e 1349 v e r k a u f t e der Truchseß W a l t e r von Rohrdorf an seinen B r u d e r E b e r h a r d von Könieseck-F r o n h o f e n das Dorf s amt Kirchensatz um 230 P f u n d Heller . Dieser und seine Söhne E b e r h a r d und Eenz (Berthold) v e r -k a u f t e n alles 1352 an die G e b r ü d e r Hilpold, Mark , Hans , Ulrich, Kunz, Heinr ich und Fr i tz von G a i s w e i l e r . Von ihnen k a m es 1361 an die Vochenzer zu P fu l l endor f , 1383 an K o n r a d Burg und 1412 an Klos ter Waid.

Im Dorfe R a s t e r w a r b das Kl. Wald 1458/59 zwei Höfe u n t e r Pe t e r shause r Oberhohei t . Auch in Mühlhausen , Allensbach, Pfu l l ingen , Gebhar t swe i l e r , Ablach, Haslach, Göggingen, Sohl, Ueberl ingen, B e r m a t i n g e n , Markdor f , G a r m e r s w e i l e r ( jetzt Gal lmannswei le r ) , M a i n w a n -gen und Win te r l ingen (1346) h a t t e das Klos te r im L a u f e der Zeit Gefäl le und E i n k ü n f t e e rha l ten .

Eine Ger ichtssa tzung f ü r das Klostergebie t w u r d e im J a h r e 1474 u n t e r dem G r a f e n Georg v. W e r d e n b e r g zu S igmar ingen und de r Aebt iss in A n n a von Reischach aufgeste l l t . Eine E r n e u e r u n g dieser O r d n u n g er fo lg te 1533 un te r dem G r a f e n Chr is toph von Werdenbe rg und Aebtissin A n n a von R o t t e n -stein. Niedergerichtl iche S t re i t igke i ten mi t den Her r en von Z i m m e r n wegen der Geme inde Igelswies w u r d e n 1486/88 bei-gelegt. Aehniiche e rgaben sich spä te r mi t den t r a f e n zu Zollern zu S igmar ingen , die 1557 u n t e r Aebt iss in Helena von Reischach er ledigt w e r d e n konn ten .

E r w ä h n u n g verd ien t auch die S t i f t u n g des Klos ters Lich-ten ta l bei B a d e n - B a d e n durch die Witwe I r m e n g a r d des M a r k g r a f e n H e r m a n n von Baden im Tahre 1245. Da hol te m a n nämlich aus unse rem Klos te r Wala einige K l o s t e r f r a u e n 1247, d a r u n t e r die Subpr io r in T r u d l i n d e , welche die ers te Aebtissin der neuen G r ü n d u n g wurde . I r r i g heißt sie in den badischen Geschichtswerken „Trud inde von Liebenste in" . In der ä l tes ten Quel le s teht jedoch n u r T r u d d i n d e , was

Beschreibung des Klosters Wald um 1800 (nach Joseph W e n d t von Wend ten t a l in „Marian, Aus t r ia sacra")

J a h r g a n g 1962 H O II E N Z O l; L E B I S C H & H E I M A T 20

Mone als T rud l inde e rk lä r t , a b e r ein Geschlechts- oder He i -m a t n a m e s teht nicht dabei (Mone Que l l ensammlung I, 191 f). Da sie schon 1249 s t a rb folgte ihr Mechti lde von Liebenstein . Aber auch hier sind die vier e r s ten Buchs taben von L i e -b e n s t e i n auf e ine Rasu r geschrieben. Da m a n vermut l ich 1249 doch eine durch J a h r e b e w ä h r t e Nonne zur Nachfolger in machte, könn te auch diese aus Wald ge s t ammt haben! Lie-bens te iner aber f i n d e t m a n i n W a l d n i c h t , wohl aber Weckenstein und Wildenste in . Auch die v ie r te Aebtissin von Lichtental , Mechtild von Wildenste in , w a r von Wald gekom-m e n gewesen (FDA 1957, Jg. 77, S 290 ff, wo die Aebt i ss in-nen kursor isch behande l t sind). Das Kloster Lichtenta l h a t t e das Glück, selbst u n t e r e inem protes tant i schen L a n d e s h e r r n 1803 bes tehen zu ble iben und bis heu te zu b lühen, ganz im Gegensatz zu Wald!

Auch im J a h r e 1558 ha t e ine 36jähr ige Walder Nonne vom Cis terz ienserorden, Theres ia von Hersperg , auf Bi t t en des Abtes Nikolaus zu Großli tzel die Le i tung des h e r a b g e k o m -m e n e n Klos ters Ohlsberg bei Rhe in fe lden ü b e r n o m m e n , dem sie bis zu i h r em Tode 1588 vors tand .

Klos ter Wald h a t t e im Schwedenkr ieg 1632—48 viel zu leiden gehabt . Rosse u n d Hornv ieh w u r d e n weggenommen, das Got teshaus selbst m e h r m a l gep lünder t und 6 U n t e r t a n e n ver loren auch das Leben. Die Schwestern selbst f lohen nach Ueber l ingen und Müns te r l i ngen (FDA 9, 328) und f a n d e n bei der R ü c k k u n f t n u r Elend und V e r w ü s t u n g vor. Der Chro-nist ber ichtet : W ä h r e n d vo rhe r viele Nonnen sich selbst durch P f r ü n d e n und E i n n a h m e n von Höfen verkös t ig ten und n u r d re imal wöchentl ich gemeinsam speisten, h a t 1645 die Aebtissin M a r g a r e t h a Schenkin von Castel wieder das ge-m e i n s a m e Leben e ingeführ t , wodurch aus Sonder l ingen t a t -sächlich Nonnen wurden .

Schu tzher ren des Klos ters w a r e n die G r a f e n von W i r t e m -berg bis 1399, d a n n die von W e r d e n b e r g zu S igmar ingen und seit 1534 die von Zollern u n t e r österreichischer Lehenshohei t . Im J a h r e 1683 w u r d e n dessen U n t e r t a n e n (bisher ohne Steuern!) den österreichischen L a n d s t ä n d e n in Eh ingen ein-verleibt , spä te r un t e r S igmar ingen gestellt , d a n n wieder nach vielen E i n w e n d u n g e n 1767 u n t e r der Kaiser in Maria The -resia von der S igmar inge r Media tkasse ge t r enn t und wieder Oesterreich unters te l l t . Von 1737 bis 1753 h a t t e Wald sich sei-ner Pr ivi legien gegenüber Sa lem zu wehren , dessen Aebte es wie im Geistlichen, so auch in wel t l ichen Dingen sich Un-t e r t an machen wollten, Abt Anselm z. B bes t r i t t de r Aeb-tissin das Recht, geistliche A m t s f r a u e n und welt l iche B e a m t e anzustel len, obwohl eigentlich n u r der Beichtvater von S a -lem gestell t wurde. Endlich ha t der g e n a n n t e Aot u n t e r m 11. J a n u a r 1753, o f f e n b a r bee indruck t durch die Klage der Aeb-tissin von T h u m und Valsassina beim Ordensgenera l , auf alle geistliche und welt l iche Aufsicht verzichtet . Wald u n t e r -stel l te sich zunächst dem Got teshaus Kaise rshe im und 1762 dem Abt von Thennenbach im Breisgau.

U r k u n d e n des Klos ters sind gedruckt in „Zei tschrif t f ü r Geschichte des Ober rhe ins" Jg. 6, 405 f; Jg. 10, 448 f; Jg. 11. 82 f, 217 f; Jg. 21, 353 f. Vgl. auch „Fre iburger Diözesan-archiv" Zei tschr i f t Jg. 12, 169—188.

R e i h e d e r A e b t i s s i n n e n z u W a l d 1) J u d i t h v o n W e c k e n s t e i n, 1200—1229. 2) H e d w i g , 1236, angeblich 5 J a n r e lang? 3) M a r g a r e t h a , e rwäh l t 1249? 4) B e r t h a , e rwäh l t 1257, s tand 14 J a h r e vor bis 1271. 5) T i t h a v o n R o h r d o r f , 1272—1274. 6) H e d w i g v o n G u t e n s t e i n , 1274—1280. 7) G r . M e c h t i l d v o n H o h e n b e r g u m 1280. 8) A. n n a, um 1290. 9) E l i s a b e t h v o n H o h e n f e l s , e rwäh l t ca. 1291, s tand

12 J a h r e vor. 10) M e c h t i l d v o n H a s e n s t e i n , e rwäh l t 1303, angeb-

lich 9 J a h r e . 11) G r ä f i n A n n a v o n V e r i n g e n , e rwäh l t 1311, s tand

10 J a h r e vor. 12) A d e ' h e i d v o n B a l g h e i m , e rwäh l t 1322; s t a rb 1323. 13) M e c h t i l d v o n D i g i s h e i m (Tigenshain), 1323—34.

s t a rb 1334. 14) A d e l h e i d Z ü n l i c h i n von Ueberl ingen, 1334—39. 15) K a t h a r i n a S c h r e i b e r i n von Ueber l ingen, 1339

bis 1344. 16) A g a t h a T r u c h s e s s i n von Meßki rch-Rohrdor f ,

f" 'ähl t 1344. 17) J u d i t h v o n H o h e n f e l s , 1356—59. 18) E l i s a b e t h v o n R e i s c h a c h , e rwan l t 1359. 19) ,". g a i h a G r e m i i c h i n (von Pfu l l endor f ) , 1366—68. 20) J u d i t h v o n H e u d o r f , e r w ä h l t 1368. 21) E l i s a b e t h v o n H o r n s t e i n , e r w ä h l t 1371. 22) K a t h a r i n a v o n H e u d o r f , 1388 bis zum Tod 1398.

23) U r s u i a v o n R e i s c h a c h , 1398, s t and 19 Tahre vor. 24) U r s u l a v o n S c h w a n d o r f (Schweindorf) , 1418 bis

zum Tod 1426. 25) M a r g a r e t h a v o n R e i s c h a c h - Hohens tof fe ln ,

1426 ff, 15 J äh re . 26) B a r b a r a v o n R e i s c h a c h , 1441 ff, 12 J ah re . 27) E l i s a b e t h R e w z i n v. S t e in fu r t , 1451 bis z. Tod 1465. 28) A n n a v o n R e i s c h a c h - R e i c h e n s t e i n , 1465

bis 1487 f . 29) B a r b a r a v o n H a u s e n (im Donautal) , 1497—1528 t . 30) A n n a v o n R o t t e n s t e i n zu Saleck, 1528—1557 t-31) H e l e n a v o n R e i s c h a c h zu Hohens tof fe ln , 1557 bis

1568 t-32) M a r g a r e t h a v o n G e l b e r g . 1568—92 t-33) A g n e s R e i f i n, g e n a n n t Wei te r in von Blüdeck (bei

Bischofszell), 1592—1600. 34) M a r g a r e t h a v o n W e r d e n s t e i n , 1600—1636;

t 1638. 35) M a r i a G e r t r u d G i e l i n v o n G i e l s p e r g , 1656

bis 1641 f-36) M a r i a M a r g a r e t h S c h e n k i n v o n C a s t e l , 1641

bis zum Tod 1660. 37) M a r i a S a l o m e v o n B e r n h a u s e n (Thurgau),

1660—81 t- B a u t e die Zehntscheuer zu Walber t swei le r 1674, abgebrochen 1836 und zum Bau der W o h n u n g der Glas fabr ik in der 1701 er r ich te ten Glashü t t e ve rwende t .

38) M a r i a J a k o b e v o n B o d m a n , 1681—1709, t 28. F e -b rua r , 59 J a h r e alt .

39) M a r i a A n t o n i a v o n F a l k e n s t e i n , 1709—39 t-B a u t e den Gastf lügel .

40) M a r i a D i o s k u r a v o n T h u m u. V a l s a s s i n a , 1739—72. f 14. J a n u a r .

41) M a r i a E d m u n d a v o n K o l b , 1772—1799. f 22. Jan. , 65 J a h r e alt.

42) M a r i a J o h a n n a R e i c h s f r e i i n v o n Z w e y e r 1799—1807.

43) J o s e f a v o n W ü r z a R ü d e n z, von Arbon , 1807 bis 1851 t- (Nach Seb. Lochers Notizen.)

Anhang: Mit r a u h e r H a n d ha t die Säku la r i sa t ion 1806 dem Kloster

„Silva Benedic ta" ein Ende gesetzt (im Gegensatz zu Lichten-tal!). Nach C. B a u r gehör ten dama l s zu Wald 18 D ö r f e r und Besi tzungen in 20 a n d e r e n Or t scha f t en mi t e inem S t e u e r w e r t von 760 409 Gulden. Die Schwes te rn d u r f t e n wenigs tens be i -s a m m e n bleiben und von i h r e r Pens ion leben bis zu ih rem Tod. Im J a h r e 1826 ha t m a n eine P f a r r e i mi t 7 Fi l ia len e in-gerichtet und die her r l icne 1696—1700 e r b a u t e u n d 1752—67 im Rokokost i l ausgeschmückte Klos terk i rche zur P f a r r k i r c h e e rhoben (vgl. K u n s t d e n k m ä l e r w e r k Krs . S igmar ingen 1948 und „ F ü h r e r " von C. B a u r 1939). In den umfang re i chen Ge-bäul ichkei ten w u r d e n nach Abs te rben de r Nonnen zunächst fürs t l iche und a n d e r e V e r w a l t u n g e r eingerichtet .

Neues h o f f n u n g s v o l l e s L e b e n jedoch, das mi t dem schweren Los seit 1806 e twas ve r söhnen kann , en t s t and in den a l ten Räumen , als S c h w e s t e r S o p h i a O S B . a u s d e m S t . L i o b a k l o s t e r i n F r e i b u r g - G ü n t e r s -t a 1 1944 mie tweise einzog. Zunächs t in der F lüch t l i ngs fü r -sorge und in Vor t r ägen f ü r F r a u e n b i l d u n g in Krauchenwies tätig, zog sie zu ih ren wenigen Mi tschwes tern die nöt igen L a i e n k r ä f t e he ran , bi ldete e ine l ä n d l i c h e F r a u e n -s c h u l e m i t I n t e r n a t i n W a l d . 1946 auch daneben und vo rübe rgehend eine Volksschule in Hohenfels . Inzwi -schen ist Wald zu e inem im ganzen Bundesgebie t rühml ichs t b e k a n n t gewordenen M ä d c h e n g y m n a s i u m m i t s t a a t l i c h e m A b i t u r und F r a u e n f a c h s c h u l e mi t d e n v e r s c h i e d e n s t e n W e r k s t ä t t e n (u. a. 2 f ü r Schneiderei , Weberei , B i ldhauere i bzw. Malerei , Kuns t schre i -nerei, Drechslerei ausgebau t worden , die meis t aus e igenen K r ä f t e n die R ä u m e geradezu künst ler isch m e i s t e r h a f t r eno-v ier te und herr ichte te , i m J u n i 1960 w a r e n es 257 Schüler in-nen (davon 246 im In t e rna t ) bei 21 Lehrpersonen , mi t einer Fi l ia le in Meßkirch (Schloß).

Inzwischen sind schon einige Klassen der alle Zweige m o -de rnen B e m ü h e n s u m die F r a u e n j u g e n d u m f a s s e n d e n Bil-dungsans t a l t über Wald h inausgewachsen und nach dem seit der A u f h e b u n g 1806 ebenfa l l s s t a rk angeschlagenen Klos te r -gebäude von H e i l i g k r e u z t a 1 bei Riedl ingen ver legt worden , um auch dor t — so h o f f e n w i r — den t r a u e r n d e n R ä u m e n neuen Geist und Leben einzuflößen!

Nota : E ine u rkundl iche Geschichte des Zis terz ienser F r a u e n -klos ters Wald liegt, zum größ ten Teil vol lendet (aus der F e -der des f r ü h e r e n nohenz. Arch ivars Eugen Schnell) im f ü r s t -lichen Archiv in S igmar ingen („S. Zol ler ländle" 1927, S. 58 (22. Dezember 1927). Zu G e b ä u d e n und A u s s t a t t u n g siehe das K u n s t d e n k m ä l e r w e r k : Kre i s S igmar ingen 1948, S. 411—437.

Krs.

30 M O H - E N Z O i t E E t s C H E H E T k A T J a h r g a n g - 1962

Burladingen, Gauselfingen nnd das Hölnsteiner Erbe Die Bes i tzungen de r adel igen H e r r e n u m s J a h r 1500 w a r

meis t sehr zerstückel t , unse re Dorf f lur und auch die Be -w o h n e r un t e r vie ler le i G r u n d - u n d Le ibhe r r en geteilt , die e i f r ig hande l t en u n d m i t e i n a n d e r fei lschten. Das ha t wen ig -stens den e i n e n Vortei l , daß solche V e r h a n d l u n g e n of t auf h a l t b a r e m P e r g a m e n t oder gu tem Pap ie r ih ren Niederschlag g e f u n d e n und heu t e wer tvo l l e Zeugnisse ve rgangene r Zei ten dars te l len Der edle J a k o b v o n H o l n s t e i n (ob S te t t en an der Laud ie r t ) w a r der letzte legi t ime Sproß (1465—95) seines S tammes , der den Weg zur Ehe nicht g e f u n d e n zu haben scheint. Sein Vet te r A n t o n v. H o l n s t e i n w a r 1436—44 P f a r r e r in Gause l f ingen und dann bis 1473 solcher zu G a m m e r t i n g e n , n e b e n h e r bezog er zeitweise die E i n k ü n f t e der Kap lane i Eb ingen und des Klöster le ins zu S t e t t en bei Haigerloch. In Gause l f ingen ha t t e ihn 1436 der Edelknecht Rudolf von Holns te in p räsen t ie r t , was ein Zeichen d a f ü r sein mag, daß seine Fami l i e dama l s O r t s h e r r war . Doch schon 1468 w a r e n P r ä s e n t a t o r e n f ü r die Gausel f inger P f r ü n d e G e o r g L a s t von Tüb ingen und B e r c h t o l d U e l i n von Trochtel f ingen (Zol lerheimat 1937, 81—83) und s ta t t des le tz teren erscheint 1472 der Graf Jodokus Nik iaus von Zol-le rn neben M a r g a r e t h a L ä s t i n . Der Graf ha t n u n nach u n d nach ganz Gause l f ingen und Bur l ad ingen an sich gebracht, wie wi r sehen werden . Diese M a r g a r e t h a Läs t in w a r n i e m a n d ande r s als die Schwester des J a k o b von Holn-stein, die den Georg Las t 1465 geehelicht ha t te . Vielleicht besaß aber Georg abe r auch schon Güte r von se inem Vater W e r n e r her , der die Tochter Gre te des Wilhe lm Schenk von S t a u f f e n b e r g u n d der Aga tha Schwelher h e i m g e f ü h r t . Beide wa ren in S te t t en u. H. begü te r t . N u n ist e ine E i n k o m m e n -liste im S igmar inge r Domänenarch iv (R 56, Nr. 7) e rha l ten , die von Georg Las t h e r z u s t a m m e n scheint, und mi t den R e a l w e r t e n dann an den Zo l l e rg ra fen kam. So t rocken der Inha l t der Lis te an sich sein mag, sie w i r f t ein gewisses Licht in das Dunkel , das sich im 15. J a h r h u n d e r t übe r Bur lad ingen , Gause l f ingen u n d S te t t en ausbre i te t .

Nach ihr bezog Georg Las t aus G a u s e i f i n g e n : Von J ö r g Z i m m e r m a n n jähr l ich 3 P fd . Hlr . (rd. 180 Goldmark) , 2 Viertel Vogthaber , 2 J u n g h e n n e n , 1 H u h n u n d 120 Eier. Das Dietzlin h a t t e zu zah len : 1 P f d . Hlr., 3 P fenn ig , 5 Vier tel Vogthaber , 5 H e n n e n u n d 1 H u h n aus dem Hei l igengar ten . Wieso er den Gar ten der Ki rchenpa t rone P e t r u s u n d Pau lus besaß, ist le ider nicht zu ersehen, wohl als Pachts tück. F e r n e r h a t t e des Schuhmacher s Tochcermann zu zahlen 3'/a Schil-l ing Hel ler ( = 9,36 Goldmark) .

Als Antei l am E r t r ä g n i s der her rschaf t l i chen G ü t e r und an der L a n d g a r b e (diese w u r d e aus neugerode te r Aeckern ge-geben, j e die 9. Garbe) bezog Georg Las t jähr l ich 22 Schef-fel beider le i Korns (also Vesen u n d Haber) in Reut l inger Maß. Die Weide warf zu Georgs Teil jähr l ich 13 P f d . Hel ler ab. ( = 769 GoldmarK), a u ß e r d e m 5 Käse oder f ü r j eden Käs 5 ß i i l r . ( = 14,80 Goldmark) . Da raus k a n n m a n schließen, daß damal s auch K ä s e b e r e i t u n g in Gauscl f ingcn ü b -lich w a r : Aus dem Fischwasser bezog Georg zu se inem Teil ebenfa l l s 30 ß Hlr . (88,86 G.M.).

N u n folgen seine E i n k ü n f t e aus B u r l a d i n g e n : Walz K a u f m a n n h a t t e 34 ß Hel ler zu l iefern , f e r n e r 2 Viertel Eier ( - 240 Stück), 2 Vier tel H a n f s a m e n , 4 Hennen und 1 Huhn , zwei Scheffel beider le i Korns, wie die Zeig es t rug, ebenfa l l s Reu t l inger Maß. Da die Frucht fo lge ja in Sommerge t re ide , W i n t e r f r u c h t u n d Brache abwechsel te , w a r diese Abgabe je -des J a h r verschieden. Der Bur l ad inge r Mül le r (o f fenbar w a r n u r e i n e r d ' i) h a t t e 16 ß Hlr . aus der Muhle zu l ie fern und 6 S imr i Korn nach der Zeig. M a n unterschied damal s bei der Dre i f e lde rwi r t scha f t drei Zeigen oder Esche. Der junge S i f r id h a t t e 3Vs Schill ing Hel ler aus e inem „Wiesbletz" zu geben u n d dazu ein Huhn .

Es folgt S t e t t e n un te r Hols te in : Die dort ige M ü h l e gab jähr l ich 36 ß Hlr . F e r n e r Heinz Pf luger 8 ß Hlr. f * 23,68 G.M.), vier Scheffel beider le i Korn u n d 2 Schul tern oder Schinken („Schäufele"), i a z u 60 Eier u n d 1 H u h n . Der junge H a n s Böier (vermutl ich „aus Behla" , in der Baar , spä te r „Bai ier" in Melchingen und Ringingen) h a t t e 3 ß Hl r , 4 Scheffel beiderlei , 2 Schul tern , 60 Eier u n d 1 Huhn zu lie-fe rn . E ine Wiese zu Heis ta in war f jähr l ich 15 ß Hlr . (— 44,46 G.M.) ab. Der eine T u r m zu Heis ta in gehör te ha lb den K inde rn des Georg Last . F e r n e r gehör t en zu e inen S e c h s t e 1 das Fischwasser , die Weide, die S t r a fge lde r aus Zwing u n d B a n n und F reve ln und a l len G e w a l t s a m e n den K inde rn u n d d e m (Jakob von) Heins ta in . E m e n H o f ' z u H ö r s c h w a g ha t der von Heins ta in 21 J a h r e genutzt . D a r u m will Georg noch vor Gericht gehen, da er meint , er gehöre zum Halbte i l seinen Kindern .

Außerdem ha t t e Georg den Halbte i l an fo lgenden L e i b -e i g e n e n - : Zwei F r a u e n n a m e n s Ocke rnaymen zu M ä g e r -kingen. Des Schimpfers Tochter zu Fe ldhausen . F e r n e r Heck-n n s F r a u (vermutl ich von Gauself ingen). Die 2 Teschen zu Erpf ingen u n d Hensl in Schwer zu Trochtelf ingen. Auf die leibeigene F r a u e n w a r deswegen so viel Wer t gelegt, weil i h r e Kinder i m m e r der M u t t e r folgten. W a r sie frei , dann w a r e n auch die K inde r f re i . W a r e n sie leibeigen, so w a r e n es auch die Kinder . F e r n e r ha t t e Georg die Hä l f t e an G a u -s e l f i n g e r L e i b e i g e n e n : Dem Dietz, dem K a m m e r , dem jungen Se i f r ied und zu Winter l ingen Dietzlins Tochter Ella und ih rem Bruder . Folgende Eigenleute gehör ten ha lb dem Gra fen J ö r g v o n W e r d e n b e r g zu Trochte l f in-gen u n d die ande re H ä l f t e dem J a k o b von Heis ta in u n d dem Georg Las t . Heinz Mesners F r a u und ih re Tochter Gre t zu Melchingen, sowie ein K n a b e u n d eine Tochter. F e r n e r Ens-lins F r a u u n d ihr Sohn Konrad .

Wie oben schon gesagt, ha t d a n n der Graf von Zol lern von G a u s e l f i n g e n e r w o r b e n : J ö r g Las ts Teil u m 108 P fd . Hlr . ( = 6 393 GM.) u m Luz ien tag 1478. F e r n e r W e r n e r Las t s Teil f ü r 28 Gulden, und wei te re 18 Gu lden laut Qui t tung . Der Kauf geschah am S a m s t a g nach U. Lb. F r a u e n E m p f ä n g -nis 1480, also a m 9. Dezember . Der Rest mi t 24 Gu lden 1 P fd . 5 ß w u r d e erst spä te r bezahl t . Ein wei te re r Kaufb r i e f von J a k o b von Heins ta in u n a e iner Kla ra w a r da t i e r t vom 16. Dezember 1480, und d a f ü r w u r d e n bezahl t 12 Gulden und nochmal spä t e r 30 Gu lden (1 fl damal s umgerechne t : 32,40 Goldmark.) Der Zollergraf scheint eben auch nicht gut bei Kasse gewesen zu se in u m den ganzen Kaufschi l l ing gleich zu bezahlen. Diese Kla ra m a g eine geborene Las t oder eine Gut in von Sulz gewesen sein. F e r n e r e rh ie l ten zwei Klos te r f rauen , A n n a und Barba ra , de ren Geschlechtsname nicht genann t ist, u m Ep iphan i 1482 208 P f u n d Heller , oder in Gold umgerechne t 188 Gulden 12 Schilling. Dazu w u r d e n noch 12 Gulden gegeben, vielleicht als Tr inkgeld . E ine Z u -sammens t e l l ung n e n n t d a n n 338 Gulden u n d 18 Schilling, was e twa 13 000 Go ldmark ausmachen würde .

Das Hagen 'sche Lagerbuch der Gra f scha f t Zol lern von 1544 zähl t dann in Gausel f ingen zollerische Güter , Rechte, E in-k ü n f t e und Eigenleute auf , ohne daß die H e r k u n f t n ä h e r angegeben wird . Im J a h r e 1546 w u r d e n dem jungen Schäfer Ba r tho lomäus Baus inger von Bur lad ingen vom G r a f e n die G a u s e l f i n g e r P f a r r g ü t e r auf 12 J a h r e verpachte t gegen je 11 fl 30 Kr. Die Baupfl icht behie l t der Graf . Dieser v e r k a u f t e jedoch scho il am Georgen tag 1554 (um der P f a r r e i besse ren Nutzen willen daß die G ü t e r in E r m a n g e l u n g eines P f a r r e r s nicht so in Abgang kämen) , die G u t e r s a m t Haus u n d Scheuer u m 275 fl an Hans Lebherz v o r Neu t ra . Der Platz , später Stierhof genann t , lag zwischen der heu t ' »en Kirche und der Fehlabrücke , a m Pla tz der heut igen Wir t -schaft „Sonne^. Außer den in Zoi le rhe imat 1937, 81--83 ge-n a n n t e n Gausel f inger P f a r r e r n f a n d e n sich noch: 1420 2. Mai Ber thold Haas von Veringen, der 10 fl E r s t f rüch t e an den Bischof zahlt . 1436 16. März Anton von Holnste in . .452 7. Mai J o h a n n e s B e r n h a r d H u t t e r zahl t 6 fl Ers t f rüch te . Ihm folgt 1468 Ulrich Henl in von Ehingen, 1469—72 Conrad Stadier , 1472 Ludwig Stenglin, 1472—80 Ulrich Tostier (Tösch-ler), bis 1488 J o h a i Wagner , 1488—1500 Thomas Mayer ; 1506 6. F e b r u a r A n d r e a s Metzger ; u m 1515 Math is Lux, 1532 J o h a n n e s Hoch (Houch) von Ringingen, noch 1537 e r w ä h n t .

Ueber die H e r r e n von Holns te in ist in Mi t t Hohz. Jg . 26 und Jg . 31 aus führ l i ch gehandel t . I h r W a p p e n f ü h r t die Ge -me inde S te t t en u. H. Kraus .

Das St. Johannser Gut zu Starzein , das 1612 käuf l ich an Zollern kam, u m f a ß t e auch im Kil ler B a n n eine Wiese, die Michael Rhein von Ringingen 1613 inneha t t e gegen 9 Schil-ling. Er h a t jedoch davon nie Zehn ten geben b rauchen und auch vorhe r sein Vate r nicht. Vom hech. A m t erhie l t er den Bescheid: M a n könne aus dem Urba r i en nicht finden, daß er den Zehn ten nicht schulde, aber soviel finde man , daß er dem P f a r r e r nicht gehöre. Er soll diesem auch ke inen geben und w e n n er angefochten werde , soll ers be im A m t anzeigen. — Am 5. Apri l 1645 begehr t Michel B a u r zu Ringingen die 1 l ' /s J auche r t Aecker im Ringinger Bann , die die He r r s cha f t aus St. J o h a n n s e r Hof zu Starze in h;.tte, auf 12 J a h r e zu pachten u n d jährl ich nach Zeig aus der J a u c h e r t 2lh Vtl. F ruch t zu geben, in besseren Zei ten auch mehr . Die Aecker wolle er inzwischen bessern u n d auch auf die M a r k e n gut obacht geben. 1 J auche r t liegt im Zeig Pre inensehmack, &k Jauche r t im Tie fen ta l und 4 J auche r t im Esch H a u g (oder in Ki i lemer Sprachgebrauch: Ascha). Se inem Begehren w u r d e s ta t tgegeben.

J ä h r g a n g 1962 " H O H E N Z O X L E R I S C H E H E I M A T

Zum Lorscher Kodex Der Codex Laureshamen&is ist e ine Z u s a m m e n s t e l l u n g der

E r w e r b u n g e n bzw. Schenkungen ans Klos ter Lorsch an der Bergs t raße . Im Druck herausgegeben w u r d e er schon im 18. J a h r h u n d e r t u n d neues tens wieder von Glökner . Die E in -träge, die unse r e Gegend be t re f fen , ha t Gus tav Bossert im 2. Band der Wür t t emberg i schen Geschichtsquellen 1895 in u n ü b e r t r o f f e n e r Weise schon bearbe i te t Im Bur lad inger Hei -matbuch 1961 S. 136a ha t Aug. Speidel den Bur lad ingen b e t r e f f e n d e n E i n t r a g von 722 nach dem Orig ina l in Fotokopie abgebildet . Hier die deutsche Ueberse tzung:

„In Chris t i N a m e n . Bleons (Schenkung in) Burchinger Mark am Tag 15. Kai . Oktobr i s (17. Sep tember ) des J a h r e s 4 des Königs Ka r l (772). Ich B 1 e o n und mein Sohn O t , o schenken dem hl. Mär ty re r , dessen Leib im Kl. Lorsch ruh t , dem der eh rw . Abt G u n d e l a n d u s vors teht , und wollen es f ü r i m m e r geschenkt haben, wie wir es völlig f re iwi l l ig be -s tä t igen: Im A l e m a n n e n g a u in der B u r i c h i n g e r M a r k und in B u r d i a i d i n g e n , M e g i n g e n , M e r i o l d i n -g e n , M u l i c h i n g e n . W i l l m u n d i n g e n , G a n c g i n -g e n und G a u c h o l f i n g e n , was wi r dor t bekannt l ich besitzen, und fes t igen dies durch Handgelöbnis . Geschehen im Kl. Lorsch u n t e r obigem Datum."

Den lateinischen Tex t mi t aufge lös ten A b k ü r z u n g e n bie-tet Bossert a. a. O. S. 166, Nr. 340. Es hande l t sich um die Or te Bar ich ingen (abgegangen) Bur lad ingen, Maigingen (da-bei abgeg.), Mer io ld ingen (abgeg. auf der F lu r Mer t ingen bei Ste t ten-Melchingen) , Meichingen, (das u ist verschr ieben f ü r a: Malichingen), Wi l lmandingen Genk ingen und Gause l f in -gen. Bei le tz te rem ist das c nachträgl ich über der Linie nach-ge t ragen und wohl als z zu lesen also Gauzholf ingen! B a u -m a n n sprach (Gaugra f schaf ten S. 124) die V e r m u t u n g aus, die Or te könn ten alle in der Burchinger M a r k gelegen haben , jedoch m ü ß t e dann nach pago A l e m a n n o r u m schon ein „et" s tehen (sowohl — als auch). Auch scheint m a r c a eben n u r G e m a r k u n g zu bedeu ten und nicht „Gauhä l f t e" , wie S a m -beth (im Freibg, D.-Arch. 9, 78) ve rmu te t e , und nicht M a r k -genossenschaf t bzw. Großpfa r re i , wie H. Brandeck im J a h r -buch 1938 der Badischen He ima t „Die Baa r " S. 345 angab. Hä t t en le tz tere und B a u m a r n Recht, dann m ü ß t e Bur ichin-gen in der Mit te zwischen obigen Or t scha f t en gelegen haben,

also Ringingen, wozu auch die dor t ige Mar t insk i rche und die F re i s t ä t t e im K r e b e n passen k ö n n t e n (Zol lerheimat 1939, S. 64). Da Gal lus Oheim noch 1495 die Schre ibar t „Burichingen auf der Schär" von ca. 1150 v o r g e f u n d e n hat , k a n n de r Ort , wie „Ringingen uf der Schär", nicht zu weit von der Scher-ragrenze S ta rze ln -Feh la e n t f e r n t gelegen haben.

Die nächs te Schenkung Nr. 341 b e t r i f f t die eines E b e r h a r d in B u r i c h i n g e r M a r k u n g zwischen dem 9. Oktober 773 und 18. Oktober 774; Nr. 342—343 sind Schenkungen L iupha r s und Heckos in T r o g o l f i n g e r M a r c a vom 5. November 766 bzw. 1. Oktober 775. Da auch bei der Nr. 399 in der Schenkung I r m i n b e r t s in Erpf inger Mark (1 Basi l ika zur E h r e der hl. Mar ia und 13 Untergebene) vom 5. März 775 im O r t s n a m e n ein r in „Hephinger m a r c a " eingeschoben w e r d e n muß, was bei der schlechten Or t skenn tn i s der L o r -scher Mönche nicht unbegre i f l ich erscheint , so s tehe ich nicht an, auch im O r t s n a m e n T r o g o l f i n g e n h in t e r dem e r -s ten g ein t einzuschieben, so daß sich Trogtolf ingen oder T r o c h t e l f i n g e n ergibt . Dagegen bezieht sich die fo l -gende N u m m e r 344 zweifel los mi t D r a g o l w i n g e r m a r c a , auf den Or t T r a i l f i n g e n bei Großengs t ingen.

Nr. 351 be t r i f f t die Schenkung Theu t f r i ed s in B i s i n -g e r M a r k am 5. November 777 von 58 J auche r t Acker, sowie Wiesen mi t 30 K a r r e n Heu, 1 Hör igen und 2 wei te ren Grunds tücken . Ob die N u m m e r 361 (F a r i n g e n) unse r Ver ingen oder Vöhr ingen bei Sulz meinte , ist nicht m e h r auszumachen. Bosser ts G r ü n d e f ü r le tz teres wol len nicht recht durchschlagen.

Nr. 464 b e t r i f f t die U e b e r t r a g u n g eines Wil l i f r ied in v i 11 a G e n c h i n g e n (Dorf Genkingen) im G a u B u r i c h i n g a am 28. Ju l i 776, und Nr. 467 die eines Alber t in der G r a f -schaf t E r k e n b e r t s in B u r i n g e n (abgekürzt f ü r Bur inch in-gen) sowie Erpf ingen, Mer io ld ingen und Mut i i i s ta t t (oder Meidels te t ten) a m 16, Novemoer 777. Eine Menge Schenkun-gen b e t r e f f e n E m p f i n g e n mi t T a h a, Müh len a. Bach und F i s c h i n g e n (18, 8. 772 usw.). Der „Empfinger Gau", der e inmal s ta t t Empf inger Mark steht , m a g beweisen, daß wohl ke ine politische Verwal tungse inhe i t , sondern n u r d i e G e g e n d gemeint wa r ! Krs.

Kurznachrichten Von alten Anwandrechten; in Rangendingen

(Nach Angaben des 78jährigen L a n d w i r t s und Z i m m e r m e i s t e r s Josef W i e s t )

Weil in Rangend ingen die Fe ld regu l i e rung noch nicht du rchge füh r t ist, gibt es in jeder Zeige eine Anzahl A n w a n d -"cker, f ü r die al te F a h r - und Tre t rech te bes tehen. Un te r A n w a n a v e r s t e h t m a n einen Acker, auf dessen Längsse i te m e h r e r e Aecker (oft 20 und darüber ) mi t ih re r Brei tse i te stoßen. Zwischen A n w a n d und Ans tößer -Aeckern bes teht meis tens kein Fahrweg , so daß schon in a l te r Zeit die Re-gelung der F a h r - und Tre t rech te no twend ig wurde .

Die Ans tößer haben das Recht, den A n w a n d a c k e r an einer Stel le mi t Fahrzeugen zu überqueren- Vor der E rn t e wi rd vom B ü r g e r m e i s t e r a m t die O e f f n u n g de r G e w a n d w e g e b e k a n n t gegeben. Die Anwandbes i t ze r müssen dann einen Querweg auf ih rem Acker schneiden, dami t die 3 s tößer mi t der E rn t e beg innen und d u r c h f a h r e n können . Es genügen dazu 2—3 Mahden Die Ans tößer d ü r f e n das ganze J a h r über n i e d e r L ä n g e nach übe r die A n w a n d f ah ren , v ie lmehr müssen sie auf den K o p f e n d e n i h r e r A e c k e r f ah r en . Die Ans tößer d ü r f e n beim Pf lügen und Eggen mi t den Tieren und mi t der P f lugka r r e auf die A n w a n d h ine in t r e t en bzw. h ine in f ah ren . Mit dem Pf lug soll nicht hineingestochen w e r -den (besonders bei Kleeäckern). Die Ans tößer d ü r f e n auf der A n w a n d ihr G e f ä h r t w e n d e n : von diesem Wort k o m m t der N a m e A n w a n d . Wenn alie Ans tößer ihre Aecker angesä t h a -ben, k a n n auch der Anwandbes i t ze r seinen \ c k e r ansäen. Die Furche zwischen Anwandacke r und Ans tößern darf n u r vom Anwandbes i t ze r gezogen werden . (Neueres Ger ich t sur -teil : Mit T r a k t o r e n d ü r f e n die Ans töße r die A n w a n d beim Pf lügen und Eggen nicht b e f a h r e n und nicht darauf wenden.)

A n m e r k u n g : Zeige ist ein Eschteil. Ein Blumenzweig wi rd in Rangend ingen Zeig genannt .

Es wäre schön, w e n n die He ima tze i tung über we i te re Anwandrech t e aus a n d e r e n Gemeinden ber ichten könnte , ehe sie vergessen sind. Die T r a k t o r e n walzen ohnehin die a l ten Rechte n ieder ; die a l ten F lu r t r e t r ech te und Fahr rech te be-achtet m a n meis t nicht mehr .

Hevolution in Ringingen. Gothein berichtet in seiner W i r t -schaftsgeschichte des Schwarzwaldes I, 763 von einem A u f -s tand im W e b e r d o r f R i n g i n g e n im F ü r s t e n b e r g i -scher zum J a h r e 1787, den sie organis ier t h a t t e n gegen die Gesel lschaf t von Ga l imber t i (gebürt igen I ta l iener , und Hof -k a m m e r p r ä s i d e n t e n des Fü r s t en von Fürs tenberg) w e g e n z u n i e d e r e r L ö h n e . Doch w u r d e die Bewegung s t aa t -lich un t e rd rück t und auf b isher iger L o h n g r u n d l a g e ein Ver -gleich get roffen . Tatsächlich gab es ehemals ziemlich viele Weber in Ringingen, aber von diesem A u f s t a n d w a r bisher nichts bekann t . Krs

An das

Postamt

3 2 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T .. ,, • n

Das Gymnasium in Sigmaringen 1818—1961, zur E rwe i t e -r u n g des Schulgebäudes geschichtlich bea rbe i t e t von E rns t Wagner , L iehner s Hofbuchdruckere i S igmar ingen , 93 Seiten, 1961. Das aufschlußreiche, leider e twas klein gedruckte Büch-lein wi rd al len ehemal igen P e n n ä l e r n helle F r e u d e machen, besonders w e n n sie ih re e igenen E r i n n e r u n g e n an die Schul-zeit wieder au f l eben lassen und so Ergänzungen nach den verschiedens ten Rich tungen geben können . Aber auch alle andern , die sich f ü r die wechselvolle En twick lung des Schul-wesens im a l lgemeinen u n d h ie r u n t e r den einzelnen Lei te rn in teress ieren, w e r d e n m i t Nutzen sich in das Büchlein v e r -t iefen. Der Ver fasse r als ehemal ige r L e h r e r des G y m n a s i u m s ha t nicht n u r sorgfä l t ig die Schulak ten ausgewer te t , son-dern auch die L i t e r a t u r u n d Presse ausgiebig benütz t , bei al lem aber sein er f r i schendes , weil aufr icht iges u n d nüch-t e rnes Urte i l b e w a h r t übe r das, was die Ans ta l t im L a u f e von übe r e inem J a h r h u n d e r t tatsächlich w a r und leistete, u n d was sie sein sollte u n d noch soll. Mit Recht f indet er kr i t ische Wor te übe r die s tändigen R e f o r m e n der verschie-denen Methoden zu b i lden und zu erziehen. Die Zeit un t e r dem t a t k r ä f t i g e n c h a r a k t e r f e s t e n Di rek to r Dr. R o m a n Ste l -zer, der schließlich in den Wi r r en der K u l t u r k a m p f z e i t von engs t i rn igen S t a a t s d i e n e r n zu Fal l gebracht wurde , l iest sich besonders in te ressan t . Der Ver fasse r gesteht offen, er habe sich geschämt, d a ß dama l s (1873 f.) in P r e u ß e n Be-richte über die kirchliche Richtung geschrieben wurden , die 1a eigentlich denen aus der spä t e ren Zei t des Nat ionalsozia-l i smus recht ähnlich seien. Sei te 58 w ä r e zu ergänzen, daß Di rek tor Hes te r schon einige Mona te vor Os te rn 1923 nicht m e h r in S igmar ingen wi rk te , und Sei te 69 ist zu ber icht igen: Josef M a r m o n w a r R e k t o r des Konv ik t von 1893 bis n u r 1907, dann P f a r r e r in S igmar ingendor f und 1916 von Sig-mar ingen , ges toroen 1934. Ka r l Waldner w a r Rek to r 1907 bis 1920, dann S t u d i e n r a t und Rel ig ionslehrer a m G y m n a -sium, und s t a rb 1932. An ton S a u t e r w a r Rek to r von 1920 bis 1946 u n d s t a rb 1954. Krs .

Gruol. Im J a h r e 1406 h a t .leinrich von Wehingen das , .Wasserhaus" zu Gruo l zu Lehen, 1415 w a r es A n d r e von Ste t ten . In diesem Z u s a m m e n h a n g ist auch von der „Burg 3 J Gruo l mi t dem W a s s e r g r a b e n und mi t der Schüt t i d a r u m " die Rede (Quellen zur Verw. - und Wir tschaf tsgeschichte der Gra f scha f t Hechingen). M. Sch.

Der ehem. Leutpriester von Veringendorf, Josef Knüll, s t reng te im Mai 1595 e inen Prozeß be im bischöflichen Ge-richt in Kons tanz an gegen seinen Nachfolger M g . A n -d r e a s W i d m a y e r . Er b rach te je tzt als P f a r r e r von T ü r k h e i m (Diöz. Basel) vor, bei seinem A m t s a n t r i t t in Ve-r ingen sei kein P f a r r g e b ä u d e v o r h a n d e n gewesen. Er habe damal s die P f a r r e i auf Lebenszei t ve r l i ehen bekommen , w e n n er 1000 fl. zum P f a r r h a u s b a u ausgeben werde . Er habe dann den Bau ers te l l t aber dabei nicht n u r 1000, sondern 1800 Gulden au fgewende t . Nach fünf J a h r e n jedoch habe

m a n ihn seiner P f r ü n d e beraubt . Somi t sei der jetzige In -nabe r W i d m a y e r verpfl ichtet , ihm diese 1800 fl. h e r a u s z u -zahlen. Allein bei der V e r h a n d l u n g s te l l ten sich fo lgende Ta tsachen he raus : In Ver ingens tad t s tehe seit a l ters die Filialkirche,1 die m a n zeitweise durch den I r r t u m eines P f a r -re r s als Mut te rk i rche ansah, die jedoch tatsächlich in Ver in -gendorf stehe. Als ein P f a r r e r sich zei tweise in der S t ad t aufh ie l t , en t s t and ein St re i t übe r seinen eigentl ichen Wohn-sitz. Doch die Ver ingendor fe r entschieden ihn durch den Hinweis, das P f a r r h a u s s tehe doch bei ihnen und nicht in der S tadt . Der Vorgänger des Klägers sei sub paupero regno et pa rvo a d m o d u m tugur io (unter e iner a r m e n Her r scha f t m i t e inem kle inen Taubenschlag) zu f r i eden gewesen. Graf Ka r l von Hohenzol lern habe dem Kläger die P f a r r e i un t e r der Bed ingung ver l iehen, er müsse aus seinen s e h r r e i -c h e n E i n k ü n f t e n ein P f a r r h a u s bauen . Nach fünf J a h r e n sei dieser Neubau noch nicht e inmal ha lb fe r t ig u n d noch u n b e w o h n b a r gewesen, als der P f a r r e r Josef Knol l nach Kons tanz zi t ier t u n d wegen seiner (ungenannten) Exzesse e ingekerker t und der P f r ü n d e b e r a u b t wurde . Beim A b -gang habe er auf alle we i te ren Ansprüche verzichtet und sei somit selber an seinem Schaden schuld. Somi t ging Knol l d iesmal leer aus. (Erzb. Archiv Fre iburg , Ka 90.) Krs.

Ortsnamen un t e r l agen im L a u f e der J a h r h u n d e r t e teils e inem großen sprachlichen Wandel , so daß es fas t u n m ö g -lich ist, die ä l tes te F o r m zu e r r a t e n oder umgekehr t , die N a m e n a l ter U r k u n d e n richtig zu lokalis ieren. So k o m m e n z. B. in einer U r k u n d e des G r a f e n C h r o d h a r d u s f ü r den A b t F u l r a d von Sa. Denis bei Pa r i s vom 17. Ju l i 767 fo lgende O r t s n a m e n vor : B i n u z h a i m e , R o m a n i n c - h o v a , T o n d a r i n c - h o v a , G o t o n e s v i l a r e , W a l a h p a c h , H a h o l t i n g a s , A g i m o t i n g a s , u n d E p p a l i n r -h o v a. Wenn nicht ausdrücklich gesagt wäre , daß sie alle im B r e i s g a u liegen, w ä r e es wohl ein vergebl iches U n -te r fangen , sie in heut igen O r t s n a m e n wiederzuf inden! So aber brachte m a n heraus , daß es sich um B i n z e n , R ü m -m i n g e n , T u m r i n g e n , K u t z m ü h l e (1103 O.utz-wi l re bei Liel) W o l l b a c h , H a l t i n g e n , E i m e i d i n -g e n u n d O t l i n g e n h a n d e l t ! Wir haben absichtlich oben ch durch e inen Bindestr ich ge t rennt , der den S inn leich-ter finden hi l f t , abe r na tür l ich im Original des Pa r i s e r S t aa t s -archivs fehl t . Wer d e n k t da nicht gleich an den hohenzol -lerischen O r t s n a r r e n W a l b e r t s w e i l e r , der aus dem v o r dem J a h r e 850 e r w ä h n t e n U o d a l p r e c h t i s v i l a r e e n t -stand, aber von 854 bis 1275 als W a i d r a m m e s w i l a r e nachgewiesen ist, u m b e n a n n t vom Enkel des G r ü n d e r s Uodalprecht , der W a l d r a m hieß. O f f e n b a r aber h a t sich im Volksmund der ä l te r t N a m e e rha l t en gehabt , n u r w u r d e er im L a u f e der Zeit abgeschl i f fen (Mitt. Hohz. 12, 1878, S. 79). Obiger Abt F u l r a d ve rmach te m seinem T e s t a m e n t von 777 seinem Kloster u. a. auch A d a l u n g e s z e l l e mi t e iner Georgskirche, descen P a t r o n a t m a n im heu t igen H o p p e -t e n z e l l e (1275 Celle) wieder f inden konn te (WUB I). Krs.

Die Zimmermannsschnur Heutzu tage wi rd das Rundholz im Sägewerk mi t dem Voll-

ga t te r zu Bauholz zugeschni t ten und heißt dann Schni t t -oder Kantholz . Bis vor wenigen J a h r z e h n t e n er fo lg te das Zur ichten der Ba lken durch H a n d a r b e i t des Z i m m e r m a n n e s . Auf zwei k r ä f t i g e n Holzböcken befes t ig ten die H a n d w e r k e r den runden S t a m m mit E i senk lammern . In e inem kle inen Trog, dem S c h n u r t r o g , lag, auf e inem Haspel au fge -wickelt, die Z i m m e r m a n n s s c h n u r in einer schwarzen Flüssigkeit , die aus ze r r i ebener Tannen-Holzkoh le und Was-ser hergeste l l t war . Die abgewickel te schwarzge t ränk te Schnur w u r d e an den beiden S t a m m e n d e n an Nägeln be -fest igt oder durch Menschenhände gehal ten und s t raff ge-spannt . Der Meis ter zog die Schnur in der Mit te der S t a m m -länge e twas in die Höhe und ließ dann los. Sie schlug auf die Rinde und erzeugte einen schwarzen Strich. Nachdem so die Haul in ie durch die Schnur geschlagen war , konn te der Meis ter nach dem Aufwicke ln der Schnur den S t a m m dem Strich - en t l ang behauen . Ebenso er fo lg te das Behauen der ande rn Balkense i ten . Auf die b e h a a e n e n Balken zog der Z i m m e r m a n n mi t der Schnur zwei ^der drei Para l le ls t r iche , die den Verwendungszweck des Ba lkens angaben. Das Be-h a u e n der S t ä m m e er fo lg te meis t im Herbs t . Die Ba lken s tapel te m a n an e inem sonnigen P la tz u n d ließ sie j a h r e l a n g t rocknen. Das heut ige Bauholz ha t of t n u r kurze Lage rungs -zeit. Die Z i m m e r m a n n s l e h r l i n g e b rauchen je tz t die schwere und gefähr l iche Arbe i t des Behauens nicht m e h r e r le rnen . Sie können dahe r aucn nicht m e h r „über die Schnur hauen" .

„Wo Holz gehauen wird , fa l len Späne." Diese gaben w e r t -volles Heizmater ia l f ü r die Küch

B E S T E L L - S C H E I N

zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat"

Ich/wir bestelle(n) ab sofor t zum l a u f e n d e n Bezug

durch die Post Stück „Hohenzollerische Heimat",

Ver iagspos tamt G a m m e r t i n g e n , zum h a l b j ä h r i g e n Be-

zugspreis von DM 1.—.

Vor- und Z u n a m e

G e n a u e Anschr i f t

Dieser Bestellschein ist bei Neubes te l lung bzw. Nach-bes te l lungen der nächs ten Posts te l le aufzugeben . Um deut l iche Schr i f t w i r d gebeten.

Hohenzollerlsche Heimat Vier t e l j ah resb lä t t e r f ü r Schule und Haus

Herausgegeben vom Verein für Geschichte, in Verbindung mit

Schr i f t le i tung: Josef W i e s t , Rangend ingen

2 5 Y 3828F

Pre i s ha lb jähr l i ch 1.— DM

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern der hohenz. Lehrerschaft

Druck: Buchdruckere i S. A c k e r, G a m m e r t i n g e n

Postscheckkonto S t u t t g a r t 35 892 Bank : Hohenz. L a n d e s b a n k G a m m e r t i n g e n 15

Nummer 3 Gammertingen, Juli 1962 12. Jahrgang

Das hohenzollerische Militär vor 150 Jahren im Dienste Napoleons

Da die be iden hohenzol ler ischen F ü r s t e n t ü m e r zum Rhe in -b u n d gehörten, m u ß t e n sie dem Kaiser der F ranzosen Hee-resd iens te leisten. H ie rübe r Einzelhei ten zu e r f ah ren , d ü r f t e f ü r viele E i n w o h n e r von In teresse sein.

Das L a n d Hohenzol lern S igmar ingen ha t t e eine Dragone r -k o m p a n i e und das Land Hechingen eine G r e n a d i e r k o m p a n i e zu stellen. Die auszuwäh lende Mannscha f t soll das Mindes t -m a ß von 5 Schuh 2 Zoll haben, das 17. L e b e n s j a h r zurück-gelegt haben, jedoch nicht ü b e r 40 J a h r e alt sein. Die Diens t -zeit be t rug 6 J a h r e . F ü r Mi l i tä rd iens te w a r e n v o r z u m e r k e n : die Forn ikan ten , Verschwender , Spieler, Säufe r , Nachtschwär-mer , die Fe ld - u n d Gar tendiebe , die J agd f r ev l e r , auch die gegen die Obr igke i t sich tätl ich widersetzl ich zeigten oder sich eines ungeho r samen Wider s t andes schuldig machten . Die P f e r d e sollen nicht u n t e r 4 und nicht ü b e r 8 J a h r e a l t sein, müssen gegen 15 oder 16 Fäus t e hoch sein, s t a rken K ö r p e r -bau und gesunde Augen vorweisen . Schimmel w u r d e n nicht genommen. M a n erl ieß ein P f e r d e a u s f u h r v e r b o t , W u r d e die er forder l iche R e k r u t e n z a h l durch Aushebung u n d fre iwil l ige A n w e r b u n g nicht erreicht , so h a t t e n sich die ledigen Leu te an e inem fes tgesetz ten Tag zu ve r sammeln , woselbs t von ihnen gespielt u n d der dabei Ver l ie rende k a m zu den Re-k ru ten . (Der Ausdruck „Spielen" w a r in unse rn Dör f e rn f ü r die Mus t e rung der Wehrpf l icht igen noch bis zum 1. Wel t -k r ieg geläufig.)

Vom Mil i tärdiens t be f r e i t w a r e n : Angehör ige des R i t t e r -s tandes, die B e a m t e n und deren Söhne, die S tuden ten , die Lehrer , die L e h r j u n g e n , die öf fent l ichen S teue rn en t r ich te ten und sich un tade l ig a u f f ü h r t e n , die einzigen Söhne von Wi t -wen, von übe r 85jähr igen Vätern , auch solche von gebrech-lichen El te rn u n d die Verhe i ra te t en . F e r n e r jeder , der auf seine Kosten e inen M a n n f ü r sich stellte. Im Fal le einer Desert ion ha t er abe r selbst e inzu t re ten oder e inen Ersa tz -m a n n zu stellen. Das Vermögen von Dese r t eu ren w u r d e ein-gezogen.

Die hohenzol ler ischen Solda ten w u r d e n den nassauischen T r u p p e n mi t dem S t a n d o r t Wiesbaden zugeteilt . Mit i hnen n a h m e n sie an den Kr iegszügen Napoleons teil, lagen nach 1807 als Besa tzung in Brandenburg , Schlesien und P o m m e r n , k ä m p f t e n 1809 gegen Oesterreich und zogen mi t den F r a n -zosen in Wien ein. D a n n ging es wohl meis t zu F u ß nach Spanien, das wohl besiegt war , jedoch nie zur R u h e k a m , weil Eng land i m m e r U n t e r s t ü t z u n g schickte. Dahe r w a r der Kle inkr ieg in Span ien außerorden t l i ch schwierig. Wohl w a r e n fas t alle wicht igen P lä tze in f ranzösischer Hand, aber die Verb indung u n t e r e i n a n d e r u n d mit F rankre i ch w a r unsicher und vielfach un te rbrochen . S tänd ig w a r e n s t a rke S icherungs-k r ä f t e f ü r die rückwär t igen Ve rb indungen erforder l ich. Die Verpf legung f ü r M a n n und Roß w a r g e f ä h r d e t und m u ß t e zumeist aus der He ima t n a c h g e f ü h r t werden . Diese T r a n s -por te fielen of t in Fe indeshand . Manchmal w a r wohl Fleisch aufzut re iben , aber ke in Salz. Ja , manche Einhe i ten m u ß t e n tagelang von Eicheln leben. In größere K ä m p f e l ießen sich die Span ie r nicht ein; sie überf ie len die T r u p p e n und ve r -schwanden dann schnell, daß m a n sie nie recht f assen konnte .

Große Schwier igkei ten bere i te te auch die Muni t ionsbeschaf -fung . In den H ä u s e r n w u r d e nach Blei und Zinn gesucht, auch Orge lpfe i fen w u r d e n nicht geschont. Die Mannscha f t m u ß t e des ö f t e rn e iserne Kugeln schmieden. O f t bl ieb auch die L ö h n u n g aus. Viele ger ie ten in Gefangenscha f t u n d w u r -den gezwungen, in spanische V e r b ä n d e e inzu t re ten . H o h e n -zollerische Soldaten n a h m e n in Span ien a n 32 Gefechten teil. 16 aus unse re r He ima t e rh ie l ten Kriegsauszeichnungen. Lo-bend e r w ä h n t w u r d e der Soldat Plocher aus Empf ingen. S e r -gean t Lorenzer aus Hausen a m Andelbach b e k a m f ü r h e r -vo r r agende Tapfe rke i t nach m e h r f a c h e r V e r w u n d u n g aus der f ranzösischen Kr iegskasse eine J a h r e s s r e n t e von 100 F r a n k e n .

Die Nachricht, daß Napoleon 1813 bes iegt wurde , v e r h e i m -lichte m a n den deutschen T r u p p e n in Spanien , abe r die Wahrhe i t sickerte doch durch. Da m a n den Hi l f s t ruppen nicht m e h r t rau te , w u r d e n sie eines Tages e n t w a f f n e t , a n d e r e l ie-fen zu den Eng lände rn über . Ein Teil w u r d e mi t englischen Schi f fen nach Sizilien gebracht , von wo sie zu F u ß in die H e i m a t zogen. Andere t r a t e n den Rückweg über F rank re i ch an. Die m e h r im Norden s tanden, k a m e n erst nach Eng land und d a n n übe r Hol land in die He imat .

873 deutsche Solda ten w u r d e n im F e b r u a r 1814 in 4 Schif-f en zum H e i m t r a n s p o r t ver laden . In schwerem S t u r m u n d Schneegestöber ze r s t r eu ten sich die e inzelnen Fahrzeuge und w u r d e n vor de r hol ländischen Küs t e te i lweise auf einer S a n d b a n k zerschellt . E rg re i f end ist die Schi lderung eines Ueber lebenden . Drei f u r c h t b a r e Nächte u n d 2 Tage m u ß t e n die H e i m k e h r e r u n t e r unvors t e l lba ren M ü h e n aushal ten , j e -den Augenbl ick vom Tode bedroh t . A m 2. Tag k a m ein f r a n -zösisches Schiff herbei , die Sch i f fb rüch igen g laub ten sich schon geret tet , doch das Schiff e n t f e r n t e sich sofort , als es e r f u h r , w e r die Unglücklichen waren . Die le tz ten Ueber l e -b e n d e n w u r d e n schließlich von hol ländischen Fischern ge-re t te t . Auf der H a a k s b a n k e r t r a n k e n 230 deutsche Soldaten, d a r u n t e r 14 aus Hohenzol lern . Acht J a h r e w a r e n sie von der H e i m a t for t . Fe ldpos t und U r l a u b gab es nicht. Sie h a t t e n in all de r Zeit ke iner le i Nachricht von zu H a u s e und die Angehör igen nicht von ihnen.

Einzelne Soldaten w u r d e n als Po l i ze ikommand ie r t e in die Or t schaf ten geschickt, wo sie f ü r die öf fent l iche Sicherhei t sorgten. Sie h a t t e n die zugewiesenen Dör fe r zu durchs t re i -fen, insbesondere in Wir t schaf ten , e inzeln gelegenen Müh len und Höfen genaue Nachsuchungen zu ha l t en u n d alle Ver -dächtigen, Bett ler , Lands t re icher a n z u h a l t e n und einzul iefern. Die Wir t schaf ten m u ß t e n sie überwachen , ob keine ve rbo te -nen Spiele s t a t t f anden , der Einsatz nicht zu hoch sei. W ä h -rend des sonntägl ichen Got tesdiens tes a m Vor - und Nach-m i t t a g w a r den Zechgästen dor t kein A u f e n t h a l t gesta t te t . Ange t ro f f ene w a r e n in die Kirche zu verweisen u n d die Zechs tuben zu schließen. Auch auf E i n h a l t u n g de r F e u e r -o r d n u n g h a t t e n die Po l i ze ikommand ie r t en zu achten, auf das Dreschen bei Nacht m i t o f f e n e m Licht, auf das gefähr l iche F lachsdör ren in den Häusern , auf den Gebrauch von o f f e n e m Licht u n d das T a b a k r a u c h e n in den Sta l lungen, auf die Wäsche in den Häusern . St. K e ß l e r .

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3 4 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1962

Alte Hirrlinger Mühle wurde abgebrochen Seit 70 Jahren im Besitz der Familie Heizmann

Sie gehör te zum Bild der reizvollen L a n d s c h a f t des b e -schaulichen Starzel tales , die Hi r r l inger Mühle . Wenn m a n von den stei len und romant i schen U f e r h ö h e n seine Blicke auf den sonnigen Got tesgar ten des Starzel ta les , e iner Oase der R u h e schweifen läßt , dann s t and sie i m m e r wiede r vor dem Betrachter , dieses a l te B a u d e n k m a l . M a n k o n n t e sich e igent -lich die L a n d s c h a f t ohne sie nicht vorstel len. Schon seit ü b e r ein Dutzend J a h r e n ha t sie ausgedient , die alte Mühle . Ih r Besi tzer Lorenz Heizmann, de r vor k u r z e m ges torben ist, e rs te l l te 1946—49 eine n e u e Mühle , e inen 16 Mete r hohen Zweckbau f ü r e inen le i s tungsfäh igen Betr ieb, von Wasse r -t u r b i n e n ange t r ieben . N u r als W o h n h a u s f ü r die Fami l ie He izmann diente sie noch in den le tz ten J a h r e n bis zu dem Zei tpunkt , da ihr das Todesur te i l gesprochen wurde . Z w a r h a t die Mühle dieses Schicksal nicht verd ien t . J a h r h u n d e r t e -lang t a t sie t r eu und unermüdl ich ihre Pflicht. I h r e mäch-t igen M a u e r n u n d Ba lken haben vielen Heimsuchungen, die in der Geschichte der Mühle a u f t r a t e n , getrotzt . Das w a r seit dem 14. J a h r h u n d e r t h in und wieder de r Fall . Sie w ä r e noch nicht abgebrochen worden, w e n n nicht das Gebot der Notwendigke i t es er forder l ich gemacht hä t te , daß sie den Pla tz f ü r e ine F i l t e r s ta t ion der S ta rze l -Eyachgruppe , die ihn vor einiger Zeit von der Fami l i e He izmann zu diesem Zweck käuf l ich e rwarb , ab t r e t en mußte . Nicht leichten H e r -zens ha t sich seinerzei t ihr Besi tzer zu diesem Schr i t t e n t -schließen können . Wenngleich der Mühlenbe t r i eb ruhte , so w a r es doch das W o h n h a u s mi t seinen S tuben und K a m m e r n aus al ter Zeit, Räume, die das Werden und Vergehen von Geschlechtein a tme ten . Abe r Lorenz He izmann zeigte sich n u n m a l den Er fo rde rn i s sen aufgeschlossen u n d schaf f te d a -mi t die Voraussetzung, daß die Wasse rg ruppe nach Er led i -gung der Ve rhand lungen mi t Hi r r l ingen u n d Genehmigung des Reg ie rungspräs id iums mi t dem Bau beg innen kann . F ü r die Fami l ie He izmann ist in der Zwischenzeit in der Nähe ein neues Eigenheim en ts tanden , das sicher den Abbruch des a l ten Hauses leichter verschmerzen läßt. Was den Beschauer beim Abbruch am meis tens beeindruckte , das w a r das m ä c h -tige M a u e r w e r k der a l ten Mühle , das an der Vorderse i te f a s t e inen Mete r erreicht, f e r n e r die r iesigen Balken, sowie Steinblöcke, die eine Vors te l lung vom B a u e n f r ü h e r e r J a h r -h u n d e r t e gaben.

Die Mühle ist ein Stück Heimatgeschichte. Oska r Kurz, ein bef l issener He imat fo r scher aus Hirr l ingen, h a t der a l ten Mühle schon vor 12 J a h r e n ein D e n k m a l gesetzt und in sei-nem H e i m a t b a n d übe r Hi r r l ingen ihre Geschichte aufgehel l t . Dar in wi rd nachgewiesen, daß die Hi r r l inge r Mühle , die

politisch zu Hir r l ingen, kirchlich zu B ie t enhausen gehört , schon 1372 e r s tmals urkundl ich au f t r i t t . Sie w a r dama l s eine Lehensmüh ie und d iente als Regiebet r ieb der Hi r r l inger Her r scha f t bis zum Ende des 18. J a h r h u n d e r t s , wo die F a -mil ie Schmid, die seit 1520 die Mühle als Leibeigene b e w i r t -schaftete, käuf l ich e r w a r b . Sie wechsel te bis 1893, als die Fami l ie He izmann aufzog, noch ö f t e r s den Besitzer, m i t denen jedoch ein zähe r Menschenschlag auf der Mühle w a r u n d deren Lebens fäh igke i t i m m e r wieder e r n e u t g a r a n t i e r -ten. Das war , vor al lem bei den Schwier igkei ten w a s s e r -lechtl icher Art , und durch die Wasse rve rhä l tn i s se selbst, nicht immer einfach. D a r ü b e r ließe sich ein eigenes Kapi te l schreiben. Was noch in diesem Z u s a m m e n h a n g in te ressan t erscheinen mag, das ist vor a l lem die se l tene Tatsache, daß die H a u s w a n d de r a l ten M ü h l e genau auf der Landesgrenze Wür t t emberg -Hohenzo l l e rn s teht , ein Kur iosum, das in der Geschichte der M ü h l e und des angeschlossenen landw. Be-t r iebes nicht sel ten zu Unannehml ichke i t en füh r t e , da f ü r die jewei l igen Besi tzer zwei Gesetzgeber zus tänd ig waren , nämlich die preußische bzw. hohenzoller ische V e r w a l t u n g u n d auf der a n d e r n Seite W ü r t t e m b e r g .

Der Abbruch der a l t en Mühle , die seit j eher auch die W o h n r ä u m e f ü r die Mül le r fami l i e a u f n a h m , ist übr igens nicht die e rs te Veränderung , die h ie r an diesem beschau-lichen Winkelchen unse re r H e i m a t e inge t re ten ist. B e k a n n t -lich m u ß t e schon 1950/51 der a l te Oekonomiete i l dem P u m p -h a u s der Wasse rg ruppe weichen. A n de r gegenüber l i egenden Seite ist er neu e rs tanden , so daß d a n n m i t dem spä te ren Bau der F i l te rs ta t ion seit 1949 anste l le de r a l ten Gebäude 5 neue B a u v o r h a b e n d u r c h g e f ü h r t w o r d e n s ind: nämlich die neue Mühle, P u m p h a u s , Oekonomie, neues W o h n h a u s u n d schließlich der Neubau der Fi l te rs ta t ion . Ueberf lüss ig zu sa-gen, daß sie das Bild de r Landscha f t nicht n u r wesent l ich v e r ä n d e r t haben, sondern auch ein Symbol des Vergehens und Werdens geworden sind, so wie dies be im Abbruch der a l ten M ü h l e zum Ausdruck k a m . Mit ih r ging ein Stück Heimatgeschichte dahin, ein Begegnungspunk t zwischen den Menschen ve rgangene r J a h r h u n d e r t e . Es m a g als ein Zufa l l kl ingen, daß der l ang jäh r ige Besi tzer Lorenz He izmann n u r wenige Wochen vor dem Abbruch heimging.

Mi t der neuen Mühle abe r h a t er die Vorausse tzung ge-schaffen. daß im idyllischen Starze l ta l auch ü b e r k o m m e n d e Genera t ionen h inweg eine M ü h l e k l a p p e r t und e r inner t , daß sich in diesem sti l len Tal schon i m m e r scha f fens f rohe H ä n d e regten, die, dem For t schr i t t nicht verschlossen, auch das Alte ehr ten . Josef S c h n e i d e r .

Owingen ~ Großbrand 1857 A n g e d e n k e n der Nachwelt , wie ein großes Unglück im J a h r

1857 a m 26. März über unse re Gemeinde here in gebrach. A m 24. May mi t e rnach t w u r d e unse r Tha l m i t e inem s t a rken Nebel ausgefül l t , so daß schon zu be fü rch t en ist, es ken t e d a r a u s ein großes Gewi t t e r en ts tehen . A m 26. May ist die T e m p e r a t u r e twas k a l t bis 10 Uhr , nachher k o m t die Sonne mi t ih ren he ißen S t rah len , so daß bis Mi t t ag 12 U h r sich schon ein Gewi t t e r in dem sogenanten Koh lg raben zeigte, welches unaufhör l i ch mi t e inem sehr t ie fen Tone donner t .

Nachmi t tag ha lb 2 U h r zog selbes ü b e r unsere Grenzen u n d in ge rade r Richtung ü b e r das Dorf. Mi t bangem Herzen e r -w a r t e n w i r den Regen, welcher a n f a n g s sehr ruh ig erschien, al lein auf e inmal k a m ein Blitz u n d ein Kanonendonne r , daß j ede r E i n w o h n e r glaubte, es habe in sein Haus eingeschla-gen. Auf diesen Bliz und Donnergrol l r u f t e me in Sohn Eugen Henne, Va t e r es b ren t , ich sagte wo, erhie l t abe r ke ine A n t -wort , sondern er sp r ang sogleich zum H au s h inaus . Wie ich ihm nachsprang , so sehe ich, daß es in dem H a u ß e der M a r x Volm W i t w e in der Scheuer einschlug und die F l a m e n schon bere i ts 10 F u ß ü b e r das Dach h inaus f lamenten . Ich sp rang durch das Dorf nach de r Kirche, u m die S tu rmglocken zu leiten, wovon ich sogleich er ledigt wurde . Nach m e i n e m Z u -r ü c k k o m m e n sehe ich auch schon, daß das H au s des J o h a n n St i fe ls Schmid von den F l a m m e n gänzlich e r g r i f f e n ist, so daß wede r die W i t w e des M a r x Volm noch J o h a n n e s St i fe l e twas von ih ren Mopi l l ia rschaf ten e n t f e r n e n konnn ten , bloß wi rd das Vieh noch aus denen Stä l len en t f e rn t .

Die ganze Gemeinde h a t sich h a r t anges t rengt , um dem

F e u e r Einhal t zu thun, aber im A n f a n g alles vergeblich, den was m a g eine Spr ize bey so e inem rasch gir igen F e u e r aus -richten. Doch w u r d e die Scheuer des B e r n h a r d Sickinger, welche bloß 6 F u ß von dem H a u ß e des J o h a n n e s St ifel en t -f e r n t ist, beynahe gänzlich geret te t . Allein wie die Lösch-m a n n s c h a f t an denen vorgeschr iebenen, in B r a n d s t ehenden Häuse rn al len möglichen Fleiß anwenden , so s tehen 4 Scheu-ren alle auf e inmal in vollen F lamen , nämlich die Scheuer des Sebas t ian Sinz, X a v e r i S t imle r s Witwe, U r b a n Edele und E u r a s m u s Volm, u n d diese Scheuern sind 70 F u ß gegen Son-n e n a u f g a n g von denen vo r s t ehenden Häuse rn en t f e rn t , von diesen Scheuern w u r d e auch noch das H a u ß des Xave r i Stifel , Nagelschmids, von den F l a m e n e rg r i fen und Scheuer u n d Haus gänzlich abgebrann t . Die Moppi l la re w u r d e ge-re t te t , mi t Sehnsucht e r w a r t e n w i r die Nachbarn mi t ih ren Spr izen u n d Löschmannschaf ten , wei l schon noch 4 H ä u s e r in höchster G e f a h r ges tanden. Allein es erschienen die von S te t t en mi t Sprizen, Gruol, Weildorf , Haigerloch, Grossel-f ingen und S te inhofen alle m i t Spr izen. Die Löschmannscha f -ten Hl. Z immern , Har t , Bi t te lbronn, Imnau , Bis ingen usw. u n d somit k a m das große Unglück mi t der Hi l fe Got tes nicht m e h r weiters . Wir wol len täglich u n s e r n l ieben Got t bi t ten, daß e r uns f e r n e r s h in vor ähnl ichen Ung lüken b e h ü t e n u n d b e w a h r e n wolle.

Z u r w a h r e n U r k u n d dessen bezeugt Owingen, den 28. May 1857

Al tvogt F lor ian H e n n e J o h a n n e s Hebrank , Richter .

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T 35

Totschlag-Sühne im 15. Jahrhundert a) E ine Ueber l inger Urkunde , de ren Pe r sonen auch auf

Hohenzol lern Bezug haben, ber ichte t uns aus der Zeit 1415 bis 1430 (Kopie im Erzb. Arch. Freib . : Ueber l inger Kop, 1,88):

„Wir, die n a c h b e n a n n t e n : Ruf Waibel von Mahlspüren , Ha ns Mantz von H e r d w a n g e n , Henny Märk von Seelf ingen und Klaus Schmid von K a l k o f e n u r k u n d e n wegen der Totschläge, die le ider an H an s Fuchs von M i n d e r s d o r f und Hans Knör ing begangen w u r d e n durch denselben H an s Knör ing sei. und H a n s Fuchs, g e n a n n t Suppenesse r von Lip-tingen, die alle zum Machtbereich und Gericht des edlen und fes ten H e r r n Ri t t e r s L i e n h a r t v o n J u n g i n g e n ge-hören. L e t z e r e r h a t d i e S a c h e g e r i c h t e t u n d g e -s c h l i c h t e t und die Besse rungen (Sühne, Wiede rgu t -machung) be ider Toten u n s aufge t ragen , nachdem alle Be-tei l igten vor diesem unse rem H e r r n geschworen ha t ten , den geschlossenen Fr ieden zu ha l t en und sich nicht zu rächen. So haben w i r vier nun nach R a t und U n t e r w e i s u n g ge-scheiter Leu te uns geeinigt und fo lgenden Spruch gefäl l t :

1) Wegen des Totschlags an H an s Fuchs selig, den H an s Knör ing beging, da die U r h a b (Ursache) der T a t vielleicht durch Konrad Str igels von M i n d e r s d o r f Wor t e en ts tand , soll dieser Str igel f ü r den H an s Fuchsen sei. Seele e i n e W a l l f a h r t „ z u o d e n A i n s y d e l n " (nach Einsiedeln) zu Unse r Lb. F r a u m a c h e n u n d d a s e l b s t b e i c h t e n , und nach seines Beicht igers R a t die Sach vo l l führen , ohne Hinter l is t . I t em soll e r z u U n s e r L b . F r a u e n C a p -p e l l e z e M e ß k i r c h , z e R o r g e n w i e s u n d z e B i r -n a u jeglicher d r e i F a h r t e n t u n und e i n e K e r z e v o n 1 P f u n d W a c h s z u M i n d e r s d o r f b r e n n e n , da der Leichnam ruht . Dami t soll e r durch unse rn Spruch genug ge tan haben, ohn alle Gefährde .

2) Wegen des Totschlags, den H a n s Fuchs g e n a n n t Sup -penesser an H a n s Knör ing beging, soll e r s t e re r der abge-schiedenen Seele zum Trost d r e i F a h r t e n z u U n s r e r L b . F r a u z e d e n A i n s y d e l n machen und dase lbs t auch beichten und f ü r o nach seines Beichters R a t ohne Hin te r l i s t handeln . F e r n e r soll er s i e b e n W a l l f a h r t e n n a c h R o r g e n w i e s , d r e i g e n M e ß k i r c h u n d d r e i z u

U n s r e r L b . F r a u e n g e n B i r n o w machen. I t em soll er d r e i W a c h s k e r z e n v o n j e 1 P f u n d b r e n n e n , wo des Ent le ib ten Leichnam ruh t . I t e m s o l l e r 3 0 M e s -s e n f r u r n e n (bestellen), die allein f ü r das Seelenhei l des H an s Knör ing selig zu sprechen sind, und endlich soll e r a i n s t a i n i K r ü t z s e t z e n , w o e s d e n F r e u n d e n d e s A b g e g a n g e n e n am b e q u e m s t e n ist, ebenfa l l s ohne alle Hinter l is t . Das alles müssen die be iden vo l l f üh ren von nun dem A u f f a h r t s t a g (Christi) an bis ü b e r ein J a h r . Wenn diese W a l l f a h r t e n von ihnen gemacht werden , so s o l l e n s i e d a v o n K u n d s c h a f t ( B e w e i s e ) br ingen, daß m a n wisse, daß es also geschehen sei, o h n a l l e G e -f ä h r d e . "

a) Die U r k u n d e siegelte Ri t te r L i e n h a r d von Jungingen . D a t u m fehl t . Da le tz te re r jedoch 1415 bis 1430 als R i t t e r und H e r r auf Neuhohenfe l s v o r k o m m t (Mitt. Hohz. 62, 31 ff), d ü r f t e die S ü h n e in diese J a h r e fa l len. W o das Sühnek reuz er r ichte t wurde , ist nicht zu ersehen.

b) Aus e twas spä t e re r Zeit, abe r vor 1488, wi rd uns aus Melchingen ein ähnl icher Fal l berichtet . H a n s Nol lhar t und Bolz, be ide aus Melchingen, h a b e n den H a n s Singer aus U n -dingen erschlagen und m u ß t e n n u n nach Entsche idung des G r a f e n Nikiaus von Zollern, E b e r h a r d von W ü r t t e m b e r g und Georg von W e r d e n b e r g f ü r das Seelenhei l des Abgele ib ten 40 Messen lesen lassen. Dabei m u ß t e n sie m i t 60 Männe rn , de ren jeder eine ha lbp fünd ige Kerze t rug , und sie selbst eine pfündige , zu Opfe r gehen. F e r n e r w u r d e n sie verpf l ich-tet, ein fünf F u ß (1,5 m) hohes und drei F u ß bre i tes S te in -k reuz auf r i ch ten zu lassen, e inen J a h r t a g f ü r Hans S inger zu s t i f ten , den V e r w a n d t e n 20 Gu lden „Wergel t" zu zahlen und b innen J a h r e s f r i s t eine W a l l f a h r t nach A a c h e n und eine nach E i n s i e d e l n zu Unse r Lb. F r a u zu machen. (Zinge-ler-Buck, Zollerische Burgen 1906, 118.) An de r Melchinger Mut tergot teskapel le , die jedoch ers t aus dem 18. J a h r h u n d e r t s t ammt , s ieht m a n zwei viel äl tere, e twa 90 cm hohe S ü h n e -kreuze, die sicher ebenfa l l s bei ähnl ichen Anlässen erstel l t w o r d e n sind, ohne daß w i r heu te Näheres wissen.

Joh. A d a m Kraus .

Der Ganshirt von Kar l K ö n i g , Weildorf

Als Theodor neun J a h r e al t war , — sei ther sind 60 J a h r e vergangen —, w u r d e ihm das A m t des Gemeindegänseh i r t en über t ragen .

Seine A u f g a b e war , alle Gänse des He ima tdo r f e s w ä h r e n d der Zeit vom J ö r g e n t a g (23. Apri l bis zum Kirbesamstag) in das „Gansga t t e r " zu f ü h r e n . Dieses Gansga t t e r b e f a n d sich beim Käppeles ra in am Verb indungsweg Bu tzeng rabens t r aße -obere Haiger lochers t raße , w a r m i t e inem hohen Zaun u m -geben, wor in in e iner Ecke ein Wasserteich war .

Der N a m e „Gansga t t e r " ex is t ie r t heu te noch. Theodors Gänsehe rde bes t and damals aus e twa 35 bis 40

Gänsen, die er zu be t r euen h a t t e und die er täglich f r ü h morgens, bevor er zur Schule mußte , in das Ga t t e r b r ingen und abends vor dem Be t l äu ten wieder in ih ren Stä l len ab -zul ie fern hat te .

Diese Arbe i t w a r in den ers ten Wochen ke ine leichte. Es kos te te viele Mühe und Geduld, die Tiere aus mindes tens 10 bis 12 Häuse rn zu e iner He rde z u s a m m e n z u b r i n g e n und bei-s a m m e n zu hal ten .

I m m e r wieder versuchten die e inzelnen zusammengehö r i -gen Gänse aus der Herde auszure ißen und zu ih ren Stä l len zurückzukehren . Aber Theodor w u ß t e sich zu he l fen : e r n a h m dann i m m e r einige Schu lkameraden mit, die die w ide r spen -st igen Gänse auf dem Weg f lankier ten , was diese gerne t a -ten. Mit der Zeit w u r d e die mühse l ige Arbe i t besser und leichter. Die Gänse w u r d e n schnell gewohnt , daß sie in das Ga t t e r rrtüssen, und der Gansh i r t m e r k t e bald, daß seine Schutzbefohlenen gar nicht so d u m m waren , wie m a n von ihnen sagt.

Die meis ten seiner Tiere s t anden morgens d a n n schon a m Weg und w a r t e t e n bis ih r Gebie ter k a m und gesel l ten sich ohne wei te res zu den a n d e r n Artgenossen, um u n t e r f r e u d i -gem Geschnat te r den Weg in das G a t t e r zu nehmen . Der Gansh i r t b rauch te dann n u r noch h i n t e r h e r zu gehen und am Gat t e r die T ü r e zu schließen. Wenn Theodor dann am Abend zum Ga t t e r ging, um die Tiere abzuholen, k a n n t e n sie ihn schon von we i t em und begrüß ten ihn mi t l au tem Ge-

schrei. Wenn die T ü r e sich Öffnete, b rauch te Theodor nichts wei te res tun . Mit gespreiz ten F lüge ln ei l ten die Gänse dem Dorfe zu in ihre Ställe, wobei die „Kle inhäus le r" Gänse meis t übe r die Wiesen flogen und eil ten.

Damals w a r es wohl noch nicht so, daß, w e n n so ein paa r Gänschen übe r die Wiesen watschel ten und ein wenig ein „Gwat t " machten , m a n gleich zum Kadi ge laufen k a m und Schadenersa tz ver langte , — m a n w a r zue inander v e r t r ä g -licher als heute.

Wenn ein Gewi t t e r heranzog, m u ß t e der G a n s h i r t die Gänse aus dem G a t t e r holen und nach Hause lassen, was dem Theodor nicht gerade angenehm war , denn er h a t t e vor Gewi t t e rn einen He idenrespek t und m e h r Angs t als seine Gänse.

Theodor l iebte seine Gänse mi t A u s n a h m e n von dreien, es w a r e n „Kle inhäus lemer" , die ihm viel zu schaf fen mach ten und ihn häuf ig bösar t ig ang r i f f en und ihn in die W a d e n kn i f f en . Wenn es iiim zu d u m m wurde , ließ e r diese drei Widerspens t igen einfach zu Hause.

Die S o m m e r m o n a t e verg ingen schnell, und die Kirbewoche kam. Am Ki rbesams tag w a r des Gansh i r t en Dienst abge lau -fen. Er bekam von der Gemeinde f ü r seine Arbe i t im gan-zen 5.80 Mark , — das w a r viel Geld.

Abe r das w a r nicht alles. In den le tz ten 3 Tagen der Kirbewoche w u r d e n im Gemeindebackhaus ausgiebig „Ki rbe-bee ten" gebacken. Der Gansh i r t be lager te in diesen Tagen die „Backküche", weil e r wußte , daß er n u n von den Be-s i tzer innen seiner b e t r e u t e n Gänse neben e inem Tr inkge ld noch zum mindes ten eine ha lbe oder auch ganze „Kirbebee t" bekommt . E r s tand da mi t e iner „Schied", u m die Zwiebel- , Zucker- , Zwetschgen- , Apfe l - oder Ziegerbee ten in E m p f a n g zu nehmen . Das w a r der H ö h e p u n k t seines Gansh i r t en lebens .

Heu te noch e r i nne r t sich Theodor gern an diese schöne Zeit, und wenn m a n ihn heu t e übe r diese Zeit f rag t , so sagt er :

„Ja, das w a r e ine schöne Zeit, — und —- ich möchte wieder l ieber — G a n s h i r t sein."

36 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

Alte Flurnamen — v ° n Josef s t r o b e l Fortsetzung Das Wor t „ F l o y r i s " , abgekürz t „ f l o r " , le i tet m a n vom

lat. „f 1 o s" ab, das m i t Blüte oder B l u m e überse tz t wird . Die-ses flor ist die Wurzel von e iner Reihe n e u e r Wör te r . Da ist zunächst „ F l o r a", ein Wort , m i t dem m a n die ganze B lu -m e n - und P f l anzenwe l t bezeichnet. Die Göt t in de r B l u m e n -wel t n a n n t e n die R ö m e r „ F l o r a" u n d ihr Fes t f e ie r t en sie vom 28. Apri l bis 3. Mai in ausgelassener Fröhl ichkei t . Das Fes t n a n n t e n sie florale sac rum. In dem N a m e n B l a n c h e -f l u r bi ldet „ f l u r " das G r u n d w o r t . Das B e s t i m m u n g s w o r t dazu he iß t m h d . blanc, ahd. blanch, iatl . bianco, f r anz . b lanc = weiß, b l i tzend oder s t rah lend . Blancheflur he iß t also die weiße oder s t r ah lende F lu r . Als die s t r ah lends te B lume in de r Wel t gal t die Lilie. So könn te de r v o r g e n a n n t e R o m a n auch als R o s e u n d L i l i e überse tz t werden . Wegen dieser Schönhei t n a h m e n die f ranz . Könige drei Lil ien in ihr W a p -pen auf . Die Lilie ist auch die B lume de r G o t t e s m u t t e r und gilt als Symbol der Jungf räu l i chke i t . Die Wei te ren twick lung des N a m e n s „flor" gab im f ranz . f 1 e u r i = m i t B l u m e n bes t reu t , f 1 e u r i r = in Blü te s tehend, f 1 o r e a 1 = der B l ü t e n m o n a t ua . Die I t a l i ener n a n n t e n die schöne u n d b lu -menre iche Landscha f t und deren H a u p t s t a d t am Arno F l o -r e n z . In A m e r i k a gibt es den U S A - S t a a t F l o r i d a , und zwischen Asien und Aus t ra l i en liegt die k le ine Sunda inse l F l o r e s . Eine b lumenre iche Sprache n e n n t der Franzose f leur de rhe tor ique , in Deutschland F l o s k e l , vom lat. flos-cu lum == das Blümchen. In „f 1 o r i b u s" leben he iß t üppig leben, und w e n n ein Geschäf t gu t geht, so f l o r i e r t es. Die F l o r f l i e g e ist eine k le ine Blat t lausf l iege; sie h a t ih ren N a m e n von den b u n t e n pe r l schnura r t igen Füh le rn . Der Dich-te r G o t t f r i e d K e l l e r h a t ih ren s iebentägigen Todes-kampf in der „ K l e i n e n P a s s i o n " entzückend beschrie-ben. Der hl . F l o r i a n , der Vate r der Armen , w u r d e 304 in der dioklet ianischen Ver fo lgung getöte t und in die Enns ge-wor fen . Im J a h r 1252 p räg t e m a n in F l o r e n z den e rs ten G o l d g u l d e n ; er w u r d e „f 1 o r i n", das he iß t Gu lden aus Florenz g e n a n n t (fl). Auf dessen Bildsei te w a r eine Lilie e in-geprägt , das S t a d t w a p p e n !

Der N a m e „F 1 u r " spiel te im Volksleben des Mi t te la l te rs eine große Rolle. Da gab es F l u r k a r t e n , den F lu rzwang , die F lu rve r fa s sung , F lu rumgänge , F lu rumr i t t e , Flurprozess ionen, F lurschützen u. a. In Süddeutsch land he iß t die F lu rp rozes -sion Eschgang oder Feldprozession. I m Nibelungenl ied wi rd s ta t t F lu r „veld" gesagt und s t a t t F lurschütz sagt m a n heu t e Feldschütz.

Da m a n sich un te r F l u r nicht n u r eine b lühende , sondern auch eine ebene Landscha f t vorstel l te , die m a n lat . p l anus -Ebene nann te , e rh ie l ten auch ebene Vorplä tze oder Dielen den N a m e n „Flur", ja seit dem 17. J a h r h u n d e r t n a n n t e m a n e inen Stoßdegen „Floret t" , wegen des b lümchenar t igen Knopfes an seiner Spitze; f ranz . fleurette, ital. floretto und span. florete.

Ebene F l u r e n haben die e rs ten Siedler m i t Vorl iebe in K u l t u r g e n o m m e n u n d darauf ihre Bro t f rüch te angebaut . Weil sie abe r bald de ren Bodenmüdigke i t e rkann ten , haben sie mi t dem F r u c h t a n b a u gewechselt . So ist m a n zu der Dre i -f e lde rwi r t s cha f t gekommen . Die ganze F l u r einer S ippe oder Gemeinde w u r d e in drei Teile, die m a n Z e i g e oder E s c h e nannte , eingeteil t . Auf dem einen Teil bau te m a n die W i n -te r f ruch t , das he iß t die schon im Herbs t gesäte Frucht , im fo lgenden J a h r die S o m m e r f r u c h t ; im dr i t t en J a h r ließ m a n ihn r u h e n bzw. brach liegen. Das R u h e n bezog sich aber n u r auf den A n b a u ; denn in Wirkl ichkei t w u r d e das Fe ld zur Durch lü f tung u n d U n k r a u t v e r t i l g u n g m e h r m a l s u m g e -b r o c h e n , woraus sich der N a m e B r a c h e bi ldete. Den U m b r u c h im Hochsommer n a n n t e m a n f e i g e n oder f a 1 -g e n , weil die Erdschol len wie die Fe lgen eines Wagen rades g e k r ü m m t w u r d e n . Die U m w a n d l u n g von e zu a ist ein sprachlicher Vorgang. In Mi t t e lbaden gibt es ke inen Nebel, sondern e inen Nabel , und als ich e inmal dah in verse tz t wurde , r ede ten mich die Leu te zu me inem E r s t a u n e n als „Har r L a h r e r " an. Den Meis ter n e n n t m a n manche ro r t s den Master , von Magister , u n d von me inem G r o ß v a t e r w u r d e n w i r Kinder , w e n n wi r U n f u g t r ieben, als „m a s t e r l a u s", das heißt meis ter los bezeichnet.

S t a t t der vo rgenann t en Dre i fe lde rwi r t scha f t befo lgen e in -sichtige L a n d w i r t e f ü r einzelne Ku l tu r a r t en , zum Beispiel r o t en Kopfklee , die Luze rne u n d Esparse t te , die Sechs- und Neunfe lde rwi r t scha f t . Die g e n a n n t e n Fu t t e rp f l anzen sind aus -gezeichnete N ä h r s t o f f s a m m l e r , lassen sich aber von Gänse -b lümchen (Bellis perennis) u n d Löwenzahn (Leontodon t a -r axacum) leicht überwäl t igen , w e n n m a n bei i hnen auch die Dre i f e lde rwi r t scha f t e inhäl t . Der L u z e r n - oder B l a u -k l e e he iß t botanisch Medicago sativa, Medicago, weil er

nach dem römischen Na tu r fo r sche r P 1 i n i u s aus Medien, also dem südlichen A r m e n i e n s t a m m e n soll; sat iva, vom lat. satis, das he iß t tüchtig, gut, vor te i lhaf t , genügend usw., was j eder Baue r bes tä t igen muß, w e n n er diesen Klee pflanzt .

Wie schon oben gesagt wurde , w i r d die W i n t e r f r u c h t im Herbs t gesät. Schon nach wen igen Tagen k e i m e n die Körner , u n d die junge Saa t schießt k r ä f t i g empor . Die aber ba ld e in-t r e t ende küh le re W i t t e r u n g h e m m t ih r Wachs tum. Bald schneit es, und die Schneedecke schützt die Saa t vor dem Er f r i e r en , ja u n t e r derse lben s a m m e l n die Wurzeln , sowei t sie nicht vom Fros t e r f aß t werden , al lerlei N ä h r s t o f f e f ü r den Wurzelstock. Unge rn sieht es der Bauer , w e n n das W e t -ter wechselt , w e n n es abwechse lnd a u f t a u t u n d gef r ie r t . In der W ä r m e w e r d e n die Erdschollen gehoben, sie dehnen sich aus u n d re ißen auch die Wurze lsp i tzen ab. In der w a r m e n W i t t e r u n g saugen die Wurze ln das Bodenwasse r auf u n d lei ten es in die Pf lanzen. Tr i t t n u n F ros t ein, so ge f r i e r t das a u f g e n o m m e n e Wasser zu Eis; dieses d e h n t sich aus u n d spreng t die Pflanzenzel len. Der Baue r n e n n t diese Erschei -n u n g „ a u s w i n t e r n".

Bei der Dre i f e lde rwi r t s cha f t wurde , wie gesagt, seit a l ters die F lu r einer Sippe oder Gemeinscha f t in drei Teile e inge-teilt. Jedes Dri t te l n a n n t e m a n „Zeig", aus ahd. telge = Zweig (siehe unten) . In den Grosself lnger Besi tz- u n d F l u r -büchern von 1730 u n d 1760 gebrauchen die Schreiber das W o r t „Zeig", w ä h r e n d zur gleichen Zeit das Volk „Esch" sprach. W o h e r k o m m e n die N a m e n und wesha lb dieser Unterschied?

Das Wor t „Z e 1 g" = das bestel l te Flurs tück, ahd. zelga, m h d . zeige, m a n c h m a l auch telge, ist m i t dem lat . do lare ve rwand t , indogerm. delegh, und bedeu te t m i t dem Pf lug bearbe i t en ; Pf lug he iß t lomb. plovus = pio, tirol. p lof ; dolare he iß t wie zeigen — bea rbe i t en = mi t dem Pf lug b e -arbei ten .

Die Ver fasse r der Besi tz- u n d F lu rbüche r von Grossel f ln-gen schrieben Z e i g , weil dies obrigkeit l iche Vorschr i f t war , w ä h r e n d das Volk E s c h sprach, weil sich dieses W o r t ganz na tür l ich aus dem Wir t schaf t s l eben entwickel te . E s c h he iß t im got. atisk, im ahd. azisc, das he iß t essen oder der das Essen Gebende; denn er l ie fer te ja das tägliche Brot . Da raus w u r d e asch = Esch. Auch das W o r t „ä s e n " = essen oder f ressen, k o m m t von asc, und das „A a s" ist nichts ande re s als das F u t t e r f ü r die Raub t i e re ; es ist ve rwesendes Fleisch. Davon k o m m t de r F l u r n a m e „A a s 1 o c h". Das G r u n d w o r t „loch" ist das wiederho l t g e n a n n t e „loh" = Gehölz, wie es in Unte r lauen , Unter lochen und Löchle en tha l t en ist, das „A a s", das nicht v e r w e r t b a r e Fleisch, das m a n in e inem Loh oder Gehölz ve rgrub .

In Grosself lngen n e n n t m a n das Aasloch „D a a s 1 o c h", weil m a n dor t zur H e r v o r h e b u n g e ine r Sache of t e inen K o n -sonan ten vorse tz t oder anhäng t , wie in Knie = Knub, Dea-gabond s ta t t Eaga tabeund , b lau • • blob, Heue t = Heube t u.a.

Mit Eschenholz u m z ä u n t e m a n zum Schutz gegen das Wei-devieh auch die F ruch t fe lde r . Man n a h m Eschenholz ans t a t t Tannenholz , weil jenes d a u e r h a f t e r war . Die U m z ä u n u n g w a r o f t sehr lang. Davon k o m m t in Grosself lngen der F l u r -n a m e „ L a n g e n z a u n". Somi t k a m e n in dem Begriff Esch zwei Dinge z u s a m m e n : der N a h r u n g s l i e f e r a n t u n d das S c h u t z m i t t e l .

I n Grosself lngen b r ing t nicht der Storch die k le inen K i n -der, sondern die H e b a m m e hol te sie aus dem H a r r e n -b a c h b r u n n e n . Der H a r r e n b a c h ist ein k le ines Bächlein, das im Westen der G e m a r k u n g en t spr ing t u n d der Eyach zu-fließt. Im Quellbereich dieses Bächleins ist e ine Senke, die gegen Nord- und Os twind geschützt ist. In diesem Gelände h a t der ehemal ige Besi tzer e inen Obs tga r t en angelegt u n d in -m i t t e n desselben eine k le ine H ü t t e e rbau t . Dar in , so sagte m a n uns Kindern , sei ein B r u n n e n , eben der H a r r e n -b a c h b r u n n e n , u n d aus diesem hole die H e b a m m e die Kinder . Das w a r f ü r uns u m s o g laubwürd ige r , als die H e -b a m m e die F r a u des Hüt tenbes i t ze r s war , den m a n n u r den N ä z e l e n a n n t e ; er h ieß Ignaz Dehner . Das H a r r e n b a c h -wasse r war , wie im Märchen, das Wasse r des Lebens.

Der N a m e „ H a r r e n b a c h " k o m m t vom ahd. ha r , hör , horc, ho rb oder h o r p • • sumpfig, naß und feucht . Der N a m e der S tad t H o r b und eine F l u r bei Hei l igenzimmern , H o r -g e n a u genannt , k o m m e n davon. Von Horgenau he iß t es im großen Kopialbuch des Klos ters S t . G e o r g e n im Schwarzwald : „Im J a h r 1434 v e r k a u f t e der K o n v e n t s b r u d e r W e r n e r M a u r e r von Binsdorf dem Pr io r u n d Konven t des Hauses Büchelsberger W a l d St. Bened ik tenordens vier m a n n e s m a h d wiesen in H o r g e n a u im B u b e n h o f e r Tal. ' -1544 hieß das Gelände in Grossel f lngen „ H o r g e n l o c h " und der Bach „ H o r g e n b a c h", heu t e Har renbach .

For t se t zung folgt .

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 37

Zur Geschichte der Fastnacht Joh. A d a m K r a u s

Ein interessanter Bericht von 1533

F a s t n a c h t s t r e i b e n ist in ä l t e ren Quel len nicht h ä u -fig zu finden. So m a g es von In te resse sein, was Sebas t ian Franck in se inem „Weltbuch" (Tübingen 1533) als e iner de r Neugläubigen, die das F a s t e n aufgegeben haben, d a r ü b e r ber ichte t : „Auf die Fas tnach t k o m m t die Fas tenzei t . Den nächs ten T a g danach (d. h. nach Fas tnacht ) zu E ingang d e r -selben l ä u f t das Volk zu r Kirche. Da s t r eu t der P f a r r e r e inem jeden u m einen P f e n n i g ein wenig „Aeschen" auf den Kopf . Ett l iche h a b e n i h r eigenes Gebet und Andacht auf die F a s t -nacht f ü r den „Frö re r " oder das (kalte) F ieber . Auf diesen Tag des äscher igen Mit twochs le i ten sie die F a s t e n ein mi t großer M u m m e r e i (Bes ta t tung der Fastnacht) , ha l t en B a n k e t t u n d verk le iden sich in e iner „ sunder Manie r" . Et t l iche k l a -gen und suchen die Fas tnach t m i t Fackeln u n d L a t e r n e n bei he l lem Tag, schreien kläglich, wo die Fas tnach t h i n g e k o m -m e n sei. Etl iche t r agen e inen Her ing an e ine r S t ange und sagen: „Nimmer Würs te , sondern Her ing!" und das mi t viel se l t samen Aben teuern , Faßnachtsspie l , Gesang und Reimen, l a u f e n auch etliche ga r nackend durch die Stadt , u. a. Ha l t en auch i h r e r v ie r ein Leinlach bei den v ie r Zipfe ln und e inen aus St roh gemach ten Bu tzen in Hosen und W a m s mi t e iner Larve, w ie e inen Toten. Sie schwingen ihn m i t den vier Zipfe ln in die Höhe u n d f a n g e n ihn wieder m i t d e m Leinlach auf. Da t re iben sie durch die ganze S t a d t und m i t viel a n -deren F igu ren gehen diese römischen „Chr is ten" in de r F a s t -nacht u m m i t g roßer Leichtfer t igkei t , als w ä r e n sie unsinnig . Alsdann folgt die t r au r i ge Fas ten . Dar in essen sie v i e r z i g Tage ke in F l e i s c h , auch nicht M i l c h , K ä s e , E i e r u n d S c h m a l z , sie hä t t en es d e n n vom Römischen Stuhl als G ade e r k a u f t . Da beichten die Leu te nach de r Ordnung , ein j eder all seine Sünden , sonst h ie l t en sie es f ü r Todsünd. Da ve rhü l l t m a n die Al tä re u n d die Hei l igen mi t Tuch u n d l äß t ein Hunger tuch (von der Decke de r Kirche) herab , daß die sündigen Leu te die Hei l igenbi lder nicht m e h r sehen u n d die Hei l igenbi lder nicht die Sünde r . Zu M i t f a s t e n ist der R o -s e n s o n n t a g . Da ran segnet der P a p s t alle, die gebeichtet h a b e n zu Rom und bes tä t ig t auch den J u d e n ihr Gesetz. An diesem T a g h a t m a n an ettlich O r t e n ein Spiel, daß die B u -ben an l angen R u t e n in der S t a d t Brezeln h e r u m t r a g e n u n d zwei ange t ane Männer , e ine r in S ing rün ( Immergrün) oder Epheu heißt de r Sommer , u n d de r a n d e r e mi t Gemuoß (Moos?) angezogene der Winter , die s t re i ten dann m i t e i n a n -der. Da obsiegt der S o m m e r u n d erschlägt den Winter . Da -nach geht m a n zum Wein." (Dr. Lud. Andr . Veit, Vo lks f rom-mes Brauch tum und Kirche im dtsch. Mit te la l ter , F r e ibu rg 1936, S. 127.)

Das Bes t a t t en der Fas tnach t ist dem in Klös te rn u n d S t i f t s -k i rchen gebräuchl ichen B e g r a b e n d e s A l l e l u j a zu Beginn der Fas tenze i t nachgeahmt . Der S ä k u l a r k l e r u s be -gann mi t dem F a s t e n am S o n n t a g Quinquages ima, der Re -gu la rk le rus schon an Sep tuages ima . Dieses Begräbnis des Al le lu ja k n ü p f t e an das s t renge Fas t en an, das aus dem Morgen land ins Abend land ü b e r w a n d e r t ist. Dor t abe r fin-de t sich keine S p u r des Uebergangs aus dem h a r t e n Win te r zum F r ü h j a h r , m a n b r auch t e also auch keine W i n t e r p u p p e ve rb rennen .

Fas tnach t bedeu te te u rsprüngl ich eine bei de r S t r enge der Fas tenze i t wohl vers tändl iche Fe ie r m i t Essen und T r i n k e n und D u m m h e i t e n in der N a c h t v o r d e r e n B e g i n n . Bei der b e k a n n t e n Sucht, Fe ie rn zu e rwei te rn , dehn te das Volk diese Vorfe ier a l lmähl ich auf m e h r e r e Tage nach r ü c k -w ä r t s aus, so daß zuletzt aus de r e i n e n F a s t n a c h t , dre i Fas tnach ts tage w u r d e n . F ü r die Geist l ichen w a r der S o n n t a g Quinquages ima der Vor tag v o r dem Beginn de r Fas ten , d a -he r dessen Bezeichnung als „der P f a f f e n - oder H e r r e n - F a s t -nacht" (ebenda S. 126). In de r Schweiz, besonders in Basel, ist heu t e noch die Fas tnach t spä te r als bei uns, weil die Alte Fas tnach t da und dor t e rs t auf den Sonn tag Invocav i t fiel.

G. Wicelius schreibt in seiner Apologia (Fre iburg i. Br. 1536): „Man sehe die G l a u b e n s e r n e u e r e r an w a s große H a u -fen neue r Dekre te und Gesetze die Sek ten ohne U n t e r l a ß e i n f ü h r e n . . . Die F a s t e n z. B. h a t m a n abgeschaff t , a b e r d i e F a s t n a c h t s t e h t . Keines Heil igen Vigil achtet m a n mehr , abe r m a n fe ie r t doch zur Fresserei . Die Q u a t e m b e r sind vergessen, abe r St. B u r k h a r d u s , St. Mar t inus , Dreikönig, J o h a n n i s und a n d e r e P rasse re i ist n i t vergessen."

Es ist gar ke ine Frage , daß das Wor t Fas tnach t n u r vom Fas tenbeg inn herge le i te t w e r d e n kann , wie u n t e n gezeigt wird,

Das Schlagen mi t Pr i t schen u n d Saub l a t e rn freil ich ist offensichtl ich viel äl ter , als m a n sonst die F a s t n a c h t s d u m m -hei ten nachweisen k a n n . Ein ge leh r t e r Minor i t aus dem Ende des 13. J a h r h u n d e r t s e rzäh l t schon, daß in Oberdeu t sch land die jungen Leu te a n O s t e r n aus F r e u d e da rübe r , daß die Fas tenze i t v o r ü b e r sei u n d sie wieder Fleisch essen du r f t en , a l l e r l e i A u s g e l a s s e n h e i t t r ieben. U n t e r a n d e r e m schlugen sie die i hnen B e g e g n e n d e n m i t g e f l o c h -t e n e n R u t e n . Diese Nacnricht ist besonders wichtig, weil sie zeigt, daß die jetzige Sit te, in den Fas tnach t s t agen Vor -übe rgehende mi t Pr i t schen zu schlagen, in de r W e n d e des 13. und 14. J a h r h u n d e r t s a m E n d e d e r F a s t e n z e i t ü b l i c h war , und dor t sicher als das Ursp rüng l i che re anzu -sehen ist (Veit S. 130).

Neben den oben nach Sebas t i an F ranck mi tge te i l t en Aus -schre i tungen schlechter römischer Chris ten, d ie ihre N a r r e -te ien bis in den Aschermi t twoch h ine in for tse tz ten , ist das von der sonst so re ichhal t igen Z immer i schen Chron ik ü b e r die Fas tenzei t u n d Fas tnachtsspie l Erzäh l te s e h r dür f t ig .

Die kürzl ich in Tüb ingen ins L e b e n g e r u f e n e Arbe i t sge-me inscha f t zur E r fo r schung de r Fas tnach t wi rd hoffent l ich endlich e inmal Mate r ia l be ibr ingen, das wei t vo r 1500 liegt!

Es w ä r e zu wünschen, daß durch die gep lan te Er fo r schung de r Fas tnach t endlich wiede r die seit de r Nazizeit a rg ins K r a u t geschossenen P h a n t a s t e r e i e n ü b e r dieses Thema zu-rückgeschni t ten würden , die m a n z w a r k ü h n b e h a u p t e ' abe r ü b e r h a u p t n i c h t b e w e i s e n k a n n . So schrieb Dr. L. S ieber t ers t am 28. II. 1962 in e ine r auch in Hohenzol le rn ve rb re i t e t en Ze i tung:

„Das Wor t F a s t n a c h t ist ers t viel spä te r en t s tanden , als das ursprüngl iche F a s e n a c h t , F a s n a c h t . Mi t F a -s ten h a t dieses ausgelassene Fes t zunächst nichts zu tun . Das a l thochdeutsche f a s e n , f a s e l n , bedeu t e t soviel wie P o -s e n t r e i b e n und kennze ichnet so auch t r e f f e n d e r die när r i sche Zeit, als die spä t e r von der r ö m i s c h e n K i r c h e e inge füh r t e Fas tnacht ."

Diesen B e h a u p t u n g e n gegenüber ist die B e d e u t u n g zu b e -tonen, die das vorzügliche, noch nicht vom nat ionalsozia l i -stischen Ungeis t inf izier te Mit te lhochdeutsche Taschenwör -te rbuch von M. B e x e r (19. Aufl . 1930, S. 164) gibt : v a s e -1 e n '= gedeihen, f ruch t en ; v a s e n = F a s e r n bilden, Wurzel schlagen, sich fo r tp f lanzen ; V a s e l = das der For tp f l anzung d ienende Tier ; also z. B. Vsselschwein • Zuchteber , Vasel -r ind = Hagen. Die von S ieber t b e h a u p t e t e B e d e u t u n g als P o s s e n r e i ß e n f ü r faseln , l äß t sich vo r dem 17. J a h r -h u n d e r t ü b e r h a u p t nicht nachweisen, wi rd also s c h w e r -l i c h a l t h o c h d e u t s c h sein! Nach dem ausgezeichneten Etymologischen Wör te rbuch der dtsch. Sprache von Fr ied . K l u g e (11. Aufl . 1934, S. 148) ist die W o r t f o r m Fas tnach t m indes t ens ebenso alt, wie Fasenacht , , nämlich sei t dem J a h r e 1200 nachweisbar , u n d le tz teres ist n u r e ine aus B e -quemlichkei t gebi ldete Abschlei fung, wie das spä te re Fasne t . Fas tnach t aber k a n n sprachlich n u r d e n V o r a b e n d oder V o r t a g der großen Fas tenze i t bedeu ten , de ren Be-ginn seit Paps t Gregor dem Großen u m 600 auf den Mi t t -woch vor Sonn tag Invocav i t gelegt wurde , dem caput Qua 3-rages imae, dem dann seit der Synode von Beneven t 1091 sogenann ten Aschermit twoch.

Auf dieser Synode w u r d e b e s t i m m t : Geist l ichen u n d Laien sollen zum Zeichen der Buße Asche aufs H a u p t ges t reu t werden . Aber schon lange v o r h e r e rh ie l ten die öf fen t l ichen B ü ß e r an diesem Tag das B u ß g e w a n d und w u r d e n m i t Asche b e s t r e u t (Buchbeiger , Lexik, v. Theol. u. Kirche 1930, I, 715).

Es will sehr f ragl ich erscheinen, ob wirkl ich „die römische K i r c h e " und nicht v i e l m e h r d i e G l ä u b i g e n die Fas tnach t e inge füh r t haben, weil sie sich vo r der s t r engen Zei t de r E n t h a l t u n g von Tanz, Musik, Fleisch- und Fc t tge -n u ß w a r m b l ü t i g e r T ie re - und Eierspeisen nochmal tücht ig aus toben woll ten (Hohz. J a h r e s h e f t 1960, S. 158).

Den I n h a l t a l ter u n d neue r Fastnachtsspiele , - G e b r ä u c h e u n d -Torhe i t en k a n n m a n wohl so wen ig zur E r k l ä r u n g des Fas tnach t su r sp rungs beiziehen wie die F i ebe rphan ta s i en eines K r a n k e n oder Geis tesges tör ten zur E r fo r schung des Krankhe i t sg rundes . Frühl ingsgebräuche , Dämonenfu rch t , Aberg lauben , religiöse Vorste l lungen, V e r m u m m u n g e n , M a s -keraden , Lärmszenen , Ger ich tsnachäffen , Verhöhnung , N a r r e -tei, Ulk und Witzelei flössen in verschiedenen Tei len unse res Va te r l andes in sp b u n t e r Folge z u s a m m e n in den e i n e n

38 H O H E f t z Q'L L E R I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1962

Fas tnachtskübe l , daß m a n aus der schi l lernden B r ü h e nach 1500 J a h r e n unmöglich al theidnisches B r a u c h t u m h e r a u s -h e b e n kann , da ja der Sinn des Fas tnach t s t r e ibens der U n -sinn ist! Man vergleiche beispie lshalber die 1962 neu h e r a u s -g e k o m m e n e S a m m l u n g Bohnenbe rge r s übe r Volkskundl iche Ueber l i e fe rungen in W ü r t t e m b e r g .

Man möchte also n u r den Kopf schüt teln übe r die (offen-ba r närr isch zu wer tenden?) Aus lassungen derse lben schon e r w ä h n t e n Ze i tung vom 2. III . 1962:

„Die ers ten Siege des Lichtes g laub ten sie (die heidnischen Germanen) zu ve r spüren , w e n n nach der l ängs ten Nacht das Wodansheer der Abgeschiedenen f a s e l n d durch die L ü f t e zog und so durch sein wildes Gebaren die v e g e t a t i v e n K r ä f t e s t ä r k t e . Von diesem Faseln k o m m t das Wor t Fase lnacht oder F a s n e t . . . "

Mögen unse r e V o r f a h r e n an Wodans Hee r geglaubt haben , dessen „ F a s e l n und die v e g e t a t i v e n K r ä f t e s t ä r -k e n " ist j edenfa l l s neues t e Nazifaselei! S o philosophisch-a b s t r a k t dachten die G e r m a n e n nicht. Denn Fase lnacht h ä t t e bei ihnen den Vorabend oder Vor t ag der Faselviecher bzw. deren Tä t igke i t bedeute t .

Die we i te re A n g a b e des u n g e n a n n t e n Verfassers , das Wor t Fasenacht k o m m e schon in Eschenbachs Pa r s iva l vor, beweis t gar nichts, weil Fr . Kluge ja gleichzeitiges oder ä l teres V a s t n a c h t kenn t !

Ebensowenig durchschlagend ist die Behaup tung , w i e o b e n g e z e i g t , de r Aschermi t twoch als Sch luß te rmin f ü r die Fasnach tsgebräuche sei e rs t im J a h r e 1091 auf dem Kon-zil zu Beneyen t e i n g e f ü h r t worden . Wenn der U n g e n a n n t e dann f o r t f ä h r t : „Demnach ist der Ausdruck F a s t n a c h t größter Unsinn", so k a n n dies n u r f ü r die heut igen N a r r e n w a h r sein, die n i c h t m e h r f a s t e n , abe r das einst ig sehr vers tändl iche Aus toben nun in übers te ige r t em Maße rückwär t s bis Dre ikönig oder ga r bis zum 11. November aus -dehnen.

Sehr bedenklich f ü r die Fase l -Theor ie m u ß die Tatsache sein, daß die F o r m im Niederdeutschen V a s t e l a v e n d und im Dänischen F a s t e l a v n lau te t , also ganz k l a r auf den Vorabend der Fas tenze i t deute t ! Beidesmal k o n n t e sich das sehr schwer aussprechbare und dahe r gern ausges toßene t der deutschen F a s t n a c h t wesent l ich leichter e rha l ten , als bei uns, wo m a n eben der Aussprache wegen zu F a s -n a c h t und d a n n F a s n e t abschliff .

Bei a l ler Uebe r l egung s teh t das G r u n d w o r t - n a c h t in Fas tnach t wie ein u n v e r r ü c k b a r e r Felsen, an dessen Kl ippe alle „Faselversuche" unse re r Tage zerschellten. Möge m a n endlich st ichhalt ige G e g e n b e w e i s e vorlegen! Solange dies nicht geschehen ist, k a n n uns n i emand verübeln , daß wir d e n N a m e n F a s t n a c h t vom Fas tenbeg inn der Kirche ablei ten! For t se t zung Se i t s 42

Pater Desiderius Lenz Aus e inem M a n u s k r i p t von H e r m a n n Anton B a n 11 e f

(Schluß) „Die Nachrichten der I h n e n günst igen Entsche idung der

A k a d e m i e der K u n s t haben mich sehr ge f r eu t ; h a b e n Sie n u r i m m e r Mut und tun Sie nach bes tem Wissen im Ver -t r a u e n auf Gottes Hülfe , und es wi rd i m m e r gehen, denn „ohne mich k ö n n t ihr nichts tun" , sagt der göttl iche Hei land und an se iner H a n d k a n n es uns nie fehlen , w e n n auch m i t -u n t e r finstere Tage e infal len, die das Erden leben f ü r alle ha t . Keiner wi rd da leer e n t k o m m e n , uns aber sind sie zur P r ü -f u n g der Behar r l ichkei t in der T r e u e zum gu ten Ziel. Unser Weg dah in ist aber , die K u n s t zu üben, der schönste Beruf , den es eigentlich gibt, Sie sprechen es aus, daß Sie noch großes Ver langen hä t ten , sich an die Raumkompos i t i onen zu machen, das ist das F reudebr ingends te , worauf es in der K u n s t a n k o m m t , das ist das eigentliche Wesen der Kuns t , abe r seine Wurze ln l iegen eben e twas t ief; im Bauen , Mes-sen"; heu tzu tage ein Ding, was eben e twas f r e m d geworden, weil zu viel Oberfläche, zu wenig Tie fe ku l t iv ie r t wird . Von m i r k a n n ich sagen, was ich von posi t iver K u n s t weiß, ve r -danke ich den Aegyp te rn und den a l ten dorischen Griechen, den Vasenbi ldern , wo sie ja in München, - im Erdgeschoß der neuen P i n a k o t h e k prachtvol le haben . Hier k a n n m a n lernen, was es heißt , „daß die F igu ren e rs t wollen müssen" ; denn die P ropor t ionen de r Gl ieder und die Linien der Fa l t en wuchsen in Klarhe i t , E inhe i t des Willens. Bei diesen k a n n und m u ß m a n das Einfache denken und vom Disponieren absehen und lernen. Freil ich k o m m t m a n d a n n mi t de r h e r r -schenden Mode in Konflikt , und es b rauch t lange Zeit, u m sich durchzuarbe i ten . Diese Dinge h a t t e ich lange im Auge, aber erst, als ich die sicheren M a ß e des Kanon k e n n e n lernte , fing ich an, F r u c h t b a r k e i t d a r a u s zu ziehen, denn die P r o -por t ionen sind nicht L u f t und hängen nicht in der Luf t , sondern sind fes te zah lenmäßige Maße — das zu sehen, zu füh len , gehör t abe r außer , daß m a n bes tänd ig m i t Zahl und Maß ve rkehr t , noch ein besonderes Eingeben, das k a n n m a n aber nicht erzwingen, auch mi t a l ler M ü h e nicht, sondern da ö f f n e t Got t se lber e inem Aug und Geist, und ER gibt es dem, der m i t Pe in und Schweiß in al ler Ehr l ichkei t danach ge-sucht. Das ist das Gehe imnis a l ler großen Kuns twe rke , a l ler Großen, die aus G o t t . . .

Wenn Sie bei e iner großen Komposi t ion in Zweife l k o m -men, und ich I h n e n he l f en kann , dann schicken Sie es mir , ich we rde gerne, soweit ich es vers tehe , I h n e n beis tehen." 61 )19. 9. 1911.)

„Ich w a r i m m e r in m e i n e n Münchener J a h r e n 1850—1858 am vergnügtes ten , w e n n ich ga r nichts ha t te , denn dann sorgte ich n u r f ü r m e i n e Kunst , d. h. was m i r als das Nü tz -lichste, Lehr re ichs te schien; und f ü r das a n d e r e sorgte d a n n Gott ." (19. 9. 1911.)

„Es h a t mich sehr gef reut , daß die W e n d u n g zum Besseren I h r e r Behar r l ichkei t geworden, und ich wünsche I h n e n von neuem recht viel Glück und in al lem bestes Gedeihen. Die Fotos I h r e r Bi lder zu Dhron w a r e n m i r schon eine Freude . Von I h r e m F a r b s i n n h a t t e ich i m m e r eine große Meinung, und ich hoffe , daß Sie e inen glücklichen Wurf tun werden .

Die F a r b e mach t i m m e r e twas Angst , denn ich k e n n e eine Anzahl Bilder, auch in unse re r Nähe, wo die F a r b e m e h r ve rdo rben als gu t gemacht ha t . Das wi rd I h n e n nicht pas -sieren . . . " (29. 6. 1913.)

„Muß Ihnen noch m a l in ein p a a r Zeilen me ine F r e u d e ausdrücken über I h r e schöne Arbe i t des gezeigten K r e u z -wegs. Sie haben in dieser typischen A u f f a s s u n g e inen aus -gezeichneten Grif f getan, — vielleicht ist diese A r t d a r z u -stellen, ü b e r h a u p t die beste, weil kürzeste , und i m m e r das Auge auf die Haup t f igu r l enkend — was we i t e r zu be t rach-ten, n u r andeu tend . Ich g ra tu l i e r e also von ganzem Herzen hierzu und möge es I h n e n gelingen, die Fe inhe i t in der De-t a i l a u s f ü h r u n g zu erreichen, was ich nicht b e z w e i f l e . . .

Sie haben dor t in München die Originale, die Blü te gr ie-chischer Kuns t . Sie h a b e n alles, was religiöse K u n s t h a b e n soll: Naivi tä t , Würde , Einfachhei t , Fo rma t . " (15. 10. 13.)

„Heute an diesem F r e u d e n f e s t t a g woll te ich m i r auch das Vergnügen eines schönen Spaziergangs im G a r t e n machen, all das Blühen d e r B ä u m e und das Wachsen all der Gräse r und B lumen und ih re lieblichen F o r m e n be t rach ten mi t aller Mühe, denn es is t ja das alles das schönste Bi lderbuch der K u n s t Gottes, wie die weisen L e h r e r der heil igen Kirche sagen: in all diesen Gebi lden Got tes erzeigt sich seine u n -endliche Weishei t und Kuns t . Alle sind in i h r e r Vol lendung unendlich fe in u n d eine solche K u n s t und Weishei t der E r -findung darin, die kein Mensch erre ichen kann , jedes zeigt in i rgend e twas die unendl iche Vo l lkommenhe i t Gottes, also ist das Be t rach ten d ieser K u n s t w e r k e Got tes ein Be t rach ten und M e h r e n der Weishei t Got tes selber, al les geschaffen zu u n -serer Freude . In a l lem rede t Got t zu uns, abe r wie s tumpf sind wi r Menschenkinder , dieses zu m e r k e n , die da rgeoo te -nen F r e u d e n zu genießen. — Vielleicht k o m m t mal wieder die Zeit, wo wi r wieder au fwachen! W e n n wi r den H a u f e n u n n ü t z e r Bi ldung wieder los geworden sind, uns zu Got t zurückzuwenden . In den Menschen ist alles voll L u g und Trug, bei Got t alles liebliche E in fa l t und Wahrhe i t . " (An se inen Nef fen Ot to Lenz, Chris t i H i m m e l f a h r t 1920.)

„Zu kurz w a r ges tern unse r Zusammense in , ich h ä t t e noch so vieles zu sagen in Pe t to gehabt , was m i r e rs t spä te r e in-fiel, da Sie schon fo r t waren . Ich h a b e I h n e n gestern Ih r en Wunsch, ein K a n o n b l a t t zu besi tzen, versagt , nachher , da ich von Ihnen I h r e M e i n u n g übe r ägypt ische K u n s t hörte , sind m i r ande re G e d a n k e n gekommen . Da Sie n u n die richtige Quel le der Kuns t , der Z u k u n f t , de r h ie ra th ischen K u n s t der heil igen Reiche Gottes, aus Aegypten kommend , e r k a n n t h a -ben — so wie das süße Je susk ind nach Aegypten fliehen mußte , und w a r do r t zurückgekehr t , e r s t im gelobten L a n d w o h n t e und w i r k t e — so wi rd unse re K u n s t der hei l igen Kirche ers t gedeihen und zur e rz iehenden K r a f t w e r d e n können , wenn sie auf die Pr inz ip ien dieser a l t e h r w ü r d i g e n 3 000 J a h r e ungebrochen in K r a f t w i r k e n d e n K u n s t wieder e ingewurze l t sein wird. Es gibt ke ine n e u e ästhet ische W a h r -heit . Neue Zei t u n d n e u e K u n s t wi rd nu r sein, die a l ten ewigen Pr inz ip ien der Wahrhe i t , der Schönhei t in der O r d -

J a h r g a n g 1962 M-H O H E N Z O L L I i R I S C H E H E I M A T 39

n u n g Gottes, d. i. in Maß, Zahl u n d Gewicht wieder zu e r -heben, m i t k indl ichem lebendigem Glauben wiede r f r u c h t b a r zu machen! Dazu ist uns seit 50 J a h r e n (uns in Beuron) w iede r der K a n o n gegeben. E r w a r der Boden, de r Licht u n d Logik gab, eine s tarke , v e r n ü n f t i g e K u n s t j ene r a l ten Zei ten zu geben, ihre selbst so l ückenha f t e Wahrhe i t , die ihnen zu e r k e n n e n möglich war , zu so h o h e r mächt iger Wi r -k u n g zu erheben, heu te das S t a u n e n de r Wel t (der v e r n ü n f -tigen) geworden .

Wir k e n n e n n u n die geheime K r a f t dieser Mittel , die j e -nen n u r noch E r k e n n t n i s de r W a h r h e i t f r u c h t b a r zu machen möglich war , und sie v e r f ü h r t , o f t die K r a f t , diese Mit te l zu übe r t r e iben zu r Här t e . Wi r w e r d e n es n u r vermögen, sie, im S t r o m b e t t des christ l ichen Füh lens ge lenkt u n d bef ruch te t , von den hei l igen W a h r h e i t e n unse res Glaubens f r u c h t b a r zu machen zur F r e u d e u n d E r h ö h u n g de r hl . Kirche, w e n n es e inmal gegeben sein wird , i h r e ganze K r a f t u n d Schwung, Tiefe u n d W ä r m e erzeugen zu können , vor a l lem in e inem Werk des Kirchenbaues , me ine H e r z - J e s u - K i r c h e schon — 40 J a h r e geplant , u n d die Risse de r Vol lendung nahe! 40 J a h r e w a r ich a l t geworden, bis es Got t gefiel, den K a n o n e r k e n -nen zu können , u n d was w i r bis je tz t machen konn ten , ist n u r ein A n f a n g se iner K r a f t , u n d seine E r n t e k o m m t erst, w e n n Got t Schni t te r schickt. Sie haben ein herr l iches Ta len t von Got t e rha l ten , wol len Sie nicht auch auf diesem Feld mi t angre i fen , Sie w e r d e n auch an den 40 nicht m e h r wei t e n t f e r n t sein. E r s t als ich den K a n o n ha t te , f ing ich an, For t schr i t t e zu machen . Vorher w a r es n u r ein Tas ten im Ungewissen, zwecklos u n d f rucht los — das wünsch t ich auch I h r e m großen u n d reichen Talent , vo ran ein p a a r Tage oder Wochen confe r i e rens übe r sein Wesen u n d Bedeutung , das w ü r d e I h n e n F r e u d e b r ingen m ü s s e n — das me ine Meinung. Doch ist das vielleicht unbescheiden von mir , I hnen solche Dinge vorzuste l len. N u n lassen w i r den Dingen ih ren Lauf .

Sie h a b e n in Got t u n d de r hl. J u n g f r a u besseren Rat !" Leben Sie recht wohl u n d glücklich." (An H e r r n M. 8. 7. 18.) „Die ehrenvol le Auszeichnung, die Sie m i r im N a m e n der

S tad t Haigerloch erweisen, i ndem die S t ad tgeme inde mich zu i h r em E h r e n b ü r g e r e rnenn t , k o m m t mi r ebenso ü b e r -raschend wie unverd ien t .

Wenn m e i n e G e d a n k e n bei d iesem Anlaß in die He ima t zu rückwandern , so sehe ich im Geist, wie m e i n e f r o m m e M u t t e r mich, k a u m vier Wochen nach m e i n e r Gebur t , in die Obere S tad tk i rche t r u g u n d mich dor t dem H e r r n u n d seiner hei l igsten M u t t e r da rbrach te . — Sei tdem ist me in langes Leben so gleichmäßig u n d gla t t ve r l aufen , daß ich ohne me in Zu tun oder Verd iens t i m m e r von Got t g e f ü h r t u n d geschoben wurde . — Mein Va t e r woll te mich f ü r sein H a n d w e r k e r -ziehen, ich sollte sein Geschäf t ü b e r n e h m e n . In seiner W e r k -s ta t t sah ich an den schönen o r n a m e n t a l e n F o r m e n der Schni tzarbe i ten die e r s ten A n r e g u n g e n zur Kuns t . H e r r B a u -r a t Zobel ließ mich griechische S ä u l e n o r d n u n g e n nach Vig-

Die Eger t (gesp. Äagert ) he iß t heu te in Ringingen, in Schwaben

und wei t d a r ü b e r h inaus manche r schlechte Graspla tz , der den N a m e n Wiese nicht verdient , sondern f r ü h e r meis t als Schafweide diente . In Norddeu tsch land ist d a f ü r das Wor t Driesch gebräuchlich. Im 16. J a h r h u n d e r t scheinen die Ege r -ten gegenüber den Eschfe ldern e ingezäunt gewesen zu sein, dami t die Schafe ke inen Schaden machten . Wi r haben in Ringingen die F l u r n a m e n Al t -Eger t , Sau r -Eger t , Madeger t , Schützenegert . Ob die Eger t en je umgeacke r t waren , ist bei uns speziell nicht festzustel len, abe r z. B. bei der Al t -Eger t wahrscheinl ich. D i e E 'g e r d e ist schon im Mit te lhoch-deutschen nachzuweisen u n d wi rd als „Brachfe ld" au fge faß t , so z. B. von M. Lexer . Ju l iu s Miedel n e n n t sie in seinen „Oberschwäb. F l u r n a m e n (1906 S. 42) E g a r t u n d sagt, sie sei „im Allgäu ein auf gewisse Zei ten umgebrochenes u n d zum A n b a u ve rwende t e s Gras land" . Die ethymologische Ab-le i tung des Wor tes n e n n t er unsicher u n d f rag t , ob das Wor t vielleicht „ehemal iger G a r t e n " bedeute . Man f indet das Wort vielfach ents te l l t zu Ehegar ten , Ehrga r t en , Oedgart , Erger t , Eggert , Eckart , Ae rge r t en o. ä. Wal the r Ke ina th schreibt in se inem Büchlein „Or ts - und F l u r n a m e n in W ü r t t e m b e r g " (Albvere insver lag 1951 S. 91), die Ege r t en seien „unbebau te u n d ungenu t z t l iegende Ackerstücke, o f t ein steiniges, buschi-ges Gelände. Man r e u t e t e das U n k r a u t aus u n d b a u t e die Ege r -ten sodann zei tweise als Acker an. Hierauf w u r d e n sie wegen ih re r meis t e n t f e r n t e n Lage, wegen des u n f r u c h t b a r e n Bo-dens und s teinigen G r u n d e s in Wiesen u n d Weiden, sogar in Wald umgewande l t . " Al lerdings zeigt Ke ina th m e r k w ü r d i g e

nola zeichnen. Aber m i r f e h l t e die K r a f t zum H a n d w e r k in der rechten Hand , die ich n iemals voll b rauchen konn te . Als me in Vate r f r ü h s tarb , stel l te ich, m i t Hi l fe .eines ge-schickten Gesellen, noch e in ige schuldige A u f t r ä g e fer t ig , d a n n t r i eb es ; mich h inaus . Im J a h r e 1850 ver l ieß ich die He imat . Aber de r l iebe Got t f ü h r t e mich w u n d e r b a r . Zue r s t nach München, wo ich, t ro tz der ungüns t igen Verhä l tn i sse u n d vie ler En tbeh rungen , voll f r e u d i g e n Ei fers die e rs ten Kuns t s tud i en machte . D a n n k a m m e i n e Ans te l lung an de r Gewerbeschule in Nürnberg , das S t i pend ium zur Romreise , alles lief von selbst. In den drei J a h r e n e in samer Arbe i t in den M a r m o r b r ü c h e n des Tyro le r Hochgebirges 1865—63 machte ich meine S tud ien übe r al tgriechische u n d ägyptische Kuns t , sie w a r m e i n e geistige Nahrung , u n d ich lebte mich ganz in sie hinein. In e inem b e f r e u n d e t e n H a u s e auf der Reichenau f a n d ich ein Büchlein: Chora l u n d L i tu rg ie von Bened. Sauter , das f ü h r t e mich nach Beuron . Die Fü r s t i n K a t h a r i n a von Hohenzol lern ü b e r t r u g m i r den Bau de r St . Mauruskapel le , zu der ich ih r P l ä n e vorgelegt — noch im selben Jahre , 1868, k a m sie u n t e r Dach. Die innere Aus -schmückung ü b e r t r u g ich H e r r n Wüger (P. Gabriel), den ich in Rom k e n n e n ge le rn t u n d der im Klos te r blieb. Ich wol l te mich noch nicht b inden, ging noch e inmal nach Berl in. Im S t u d i u m der Museen ist m i r zuers t die langgesuchte Idee des K a n o n der menschl ichen F igu r k l a r geworden , der m e i n e Lebensa rbe i t w e r d e n sollte u n d die mich je tzt noch, nach 50jähr igem Klos ter leben u n d nach den großen Arbe i t en im Monte Cassino u. a. an m e i n e n L e b e n s a b e n d unausgese tz t beschäf t ig t . Got t sei f ü r alles gelobt u n d gepriesen!

Es ist m i r leid, d a ß ich nicht noch e inmal in die l iebe H e i m a t k o m m e n kann , ich will mich abe r doch als ih ren B ü r g e r f ü h l e n u n d im Gebet, das je tzt f a s t me ine einzige Arbe i t ist, m e i n e r Mi tbü rge r t r eu gedenken." (An den B ü r -germeis te r von Haigerloch a m 31. 3. 1922.)

A m 28. J a n u a r 1928 ist m i t P a t e r Desider ius Lenz, dem Schöpfer der Beu rone r Kuns t , auch der Geis t dieser e igen-ar t igen Schule gestorben. Das ist u n d b le ib t ein Verlust .

„Er w a r ein b i t t e res Krau t , eine K a l m u s w u r z e l a m Nil, die auf die Zunge beißt , im G a u m e n a b e r noch lange kös t -lich d u f t e n d e n Nachgeschmack fes thä l t , denn es w a r ein Tröpf le in Blutes aus Gottes Herzen auf seine Seele gefal len, er w a r ein Stück des Lo tossonnenaufgangs Jesu Chris t i ."

(P. Ansga r Pöl lmann. ) Ich schließe die B lä t t e r u m P a t e r Desider ius Lenz, e rg r i f -

f e n von solcher G e r u h s a m k e i t in Gott , ü b e r w ä l t i g e n d e r Be-scheidenhei t u n d menschl icher und küns t le r i scher Größe im Gedenken an ihn u n d seinen F r e u n d H e r m a n n Anton Bant le . Der Wind w e h t ü b e r die G r ä b e r in B e u r o n u n d München. I h r e Bi lder leuchten noch heu te an den Wänden .

Wir gre i fen nach dem goldenen B a n d dieser i h r e r Kuns t , le i tend von unse re r bemessenen Zei t in die unendl iche Ewig-kei t .

M a r t h a Schneider -Schwär tze l .

Egert Ansichten, wenn er sagt, in der a l ten Dre i f e lde rwi r t s cha f t habe m a n das Feld alle dre i J a h r e e i n m a l umgebrochen.

In Ringingen bes tehen h e u t e n o c h alle dre i Esche: Winter - , S o m m e r - u n d Brachesch, die im Sinne des U h r -zeigers r ings u m das Dorf we i t e r rückend jährl ich wechseln. Nur wi rd der Brachesch je tzt me i s t m i t Ka r to f f e ln , R ü b e n und Klee bepflanzt . Von le tz te re r Bepf lanzung abgesehen w u r d e de r Brach-Esch zu r Win t e r s aa t schon im J u n i ge-pflügt, was m a n f a 1 g e n nann te , im Herbs t nochmal ge-ackert , besät u n d geeggt. I m nächs ten J a h r nach de r E rn t e der W i n t e r f r ü c h t e h a t m a n die Aecker m a n c h m a l gleich „gestürzt" (stiiza"), meis t aber als S toppe lwe ide bis ins F r ü h -j a h r l iegen lassen, dann im „Häbere t " e r n e u t geackert u n d mi t Habe r bzw. S o m m e r g e r s t e besät . Die P f lügung er fo lg te also i n n e r h a l b 3 J a h r e n 3—4mal. Dazwischen w e r d e n ge-legentl ich Aecker, fa l ls sie eine f r e i e Z u f a h r t haben , auf m e h r e r e J a h r e m i t B lauk lee oder Gras usw, a n g e b l ü m t u n d als „Fu t t e racker" benütz t . Manchmal m ü s s e n auch schlechte Winte rsaa ten , die nicht gu t durch den W i n t e r k a m e n u n d „ a u s a r e n " (zu „a ra re" = pflügen) umgepf lüg t u n d neu mi t Sommerge t r e ide besä t werden . U m 1590 lesen w i r von e inem Brauch zu Ringingen, die Aecker gelegentlich 9—12 J a h r e a u s r u h e n zu lassen. Doch ist dabei n i c h t gesagt, daß m a n solche Lands tücke dann „Eger ten" hieß. I n n e r h a l b des f a s t weglosen Esches k a n n m a n ke inen F u t t e r a c k e r l iegen lassen, da ja ke ine Zufahrmögl i chke i t bes teht , weil der ganze Esch einheit l ich mi t W i n t e r - bzw. S o m m e r g e t r e i d e bepf lanzt ist. E r s t zur Ern teze i t w e r d e n die Eschwege (meist auf den A n -

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wanden) nach B e k a n n t m a c h u n g durch das B ü r g e r m e i s t e r a m t aufge tan , d. h. 3 Maden gemäht .

Bevor w i r an die E r k l ä r u n g des Wor tes Eger t (Egerd) denken, seien einige Ste l len aus dem 1411 angelegten „Got-teshausbuch der P f a r r e i M ü n s t e r " bei Cregl ingen (Tauber) a n g e f ü h r t , die zeigen können , daß Egerd auch einen zei tweise st i l lgelegten W e i n b e r g bezeichnen konnte . Auch Wein-berge w e r d e n heu te noch, z. B. in der Gegend von Hei l -bronn, auf einige J a h r e nach dem A u s r e u t e n mi t Klee be -pflanzt, d a m i t sie aus ruhen . Es he iß t : „Weingär ten in dem Wiser Tal : s ind eitel (leere) Ege rden . . . 1 Weinga r t en d a -selbst ist bei 1 Morgen groß. 1 Morgen Egerden oben im Tal, 1 Egerd g e n a n n t Uebe rhaug in Weinga r t en neben G e r -not Weibers Weingar ten . S u m m a der W e i n g ä r t e n , d i e i m B a u l i e g e n , bei 52'/2 Morgen. S u m m a d e r E g e r -d e n 8 Morgen. Uf al len vorgeschr iebenen Weingär ten , sie l i e g e n i m B a u o d e r i n E g e r d e n , h a t die P f a r r e i voraus den ganzen Z e h n t e n v o n a l l e m G e w ä c h s ! (S. 49): S u m m a der gebau ten Aecker 6 Morgen, S u m m a de r Egerden bei 9 Morgen. 1 Morgen Egerden g e n a n n t de r Sul -acker . . . 3 Vier tel Ege rden genann t Voldads Acker . . S u m m a d e r A e c k e r i m B a u i n d i e s e r F l u r : 7 M o r g e n ; S u m m a de r E g e r d e n bei 26 M o r g e n j . . . " (Zeitschrift . Wür t t embg . F r a n k e n 1958 S. 47—50).

Somi t d ü r f t e k l a r sein, daß eine Egerd das Gegentei l von b e b a u t e m Feld (Acker oder Weinberg) dars te l l t . Auch in der Schweiz rechnete m a n die Eger t en 1880 zum r u h e n d e n Feld.

Joh . Chr is toph von Schmid wol l te in se inem Schwäb. W ö r -terbuch 1831 a g e r t oder a g e a r t als S t a m m w o r t von Eger t ansehen und als „ u n g e a e k e r t " e rk lä ren . G r ä t e r dagegen habe, sagt er, „ecchert = abgesonder t vorgeschlagen. Der t reff l iche Michel B u c k v e r m u t e t e e inen welschen U r -s p r u n g und n a h m aus dem lateinischen v e r v a c t u m e n t -s tandenes e g a r e t u m an. Z u m J a h r e 1120 k a n n t e er den Ausdruck „ad ga red ta = zur Brache". Da der A n l a u t e von Eger t im Schwäbischen zu äa wurde , wie in A e h r e = ahd. ehir, k a n n er nicht wohl zu „eher = f r ü h e r (schwäb. aier, da langes e!) gestel l t werden , so daß die v e r m u t e t e B e d e u -tung „ f rühe r e ingemachtes Gelände" h infä l l ig wird .

Zule tz t h a t Josef Schnetz in seiner F l u r n a m e n k u n d e (Mün-chen 1952, S. 26) m i t Lexe r festgestel l t , daß de r t on t r agende A n l a u t von Eger t a l t e s k u r z e s e i s t , u n d zwar nach-weislich um 1130 e g r i d , 1140 Egi rdun, 1163 Egirdach, 1140 Egerda, 1180 Egerdin, umgedeu t e t 1140 schon Egarda . E r v e r m u t e t indogermanisches e g h s - i t, vorgermanisches e g z - i t, wes tgerm. e g r i t h, das d a n n zu a l thochdeutschem e g r i d geworden sei. Schnetz s ieht in diesem Wor t e ine Z u s a m m e n s e t z u n g der Präpos i t ion idg. eghs = lat . ex = aus, ab, weg, und den lat . W o r t s t a m m „it = gehen". H i e r f ü r b r ing t er n ä h e r e Nachweise u n d e r k l ä r t schließlich Eger t als A b g a n g , d. h. e inen A u s f a l l aus dem gesamten b e b a u -ten F lu rbes tand . Ueber diese s e h r k o m p l i z i e r t e E n t -w i c k l u n g m u ß m a n a l lerdings dem G e r m a n i s t e n das letzte Wort lassen. Sehr g l a u b h a f t wi ' l sie nicht erscheinen.

J . Ad. Kraus .

Von Liggersdorf, Mindersdorf und der Sattellöse Joh. A d a m K r a u s

Um es gleich vo rweg zu sagen: Die al te F o r m von Sa t t e l -löse ha t t e zwei L, nicht n u r eines, was zur E r k l ä r u n g wich-t ig ist! In de r „Zol le rhe imat" 1938 S. 91 h a t der inzwischen 1947 ve r s to rbene P f a r r e r Augus t Reiber in Liggersdorf übe r „die Sa t te löse als ä l t e s te r Vere inödung" des Dorfes berichtet , die im J a h r e 1790 m i t vier H ö f e n angelegt wurde . Diese l ie-gen in e inem G e m a r k u n g s k e i l nördlich der S t r aße Minde r s -d o r f - S e n t e n h a r t , der sich zwischen das Gebiet der Nachba r -gemeinden Rot, S e n t e n h a r t und Mindersdorf einschiebt. Die al te Sat te l löse lag jedoch e twa 5 bis 700 m wei ter östlich, wo die K a r t e 1 : 25 000 noch richtig „Sat tel löse" e inge t ragen hat , w e n n auch e twas zu wei t übe r die Grenze nach S e n t e n -h a r t ver ru tscht .

Der E rk lä rungsve r such Reibers mi t Bezug auf Michel R. Bucks F l u r n a m e n b u c h k o n n t e nicht gelingen, weil das ange -zogene Wor t Saa te l ( a S a a t b a h n b r e i t e des Sämanns ) langes a h a t und ke inen B i f a n g (eingezäuntes Land) b e d e u t e n muß . Unsere S a t t e l - L ö s e h a t inzwischen Univ . -Prof . Dr. F r anz Beyer le in der Fes t sch r i f t f ü r E. Ochs mi t guten G r ü n -den mi t der kaiser l ichen R e i s e s t a t i on im n a h e n r e i -chenauischen M i n d e r s d o r f und dem nördlich gelegenen O r t e R a s t (-• Hal tes ta t ion!) in Verb indung gebracht . Wi r finden zwar 1246 e inen Ri t t e r Wernher , g e n a n n t Sat tel , 1257 und 1267 einen S i f r i ed g e n a n n t Sa t the l oder Sate l als re i -chenauischen Minis te r ia len (Mitt. Hohz. III , 43, 51, 56), abe r diese haben eher den Be inamen von dieser Sattel löse, dem vermut l i chen e rs ten Sitz, als die Sat tel löse von ihnen.

Wohl ke in Or t Hohenzol le rns h a t in a l ter Zeit so viele nachwei sba re kaiser l iche Besuche gehab t wie gerade Min -dersdorf , das ke ineswegen „minderes Dorf", sondern ein wichtiger H a l t e p u n k t auf dem Wege vom Bodensee-Stockach-Minde r sdo r f -Gögg ingen -Un l ingen -Ulm war .

Ka ise r Ka r l der Dicke bes tä t ig te a m 13. F e b r u a r des J a h -res 883 im Dorfe (villa), das M u n e r e s d o r f (Dorf eine Munhe r i oder ähnlich) heißt , dem Klos te r St. Gal len das Recht der f r e i en Ab t swah l . U n d am Tag darauf ver tausch te er m i t Urkunde , die ebendase lbs t ausgeste l l t ist, ans gleiche Kloster ein Gu t zu Gü t t ingen gegen ein ande re s zu S u n t -p fohren . Um 925 h a t Swanah i ld , die Ga t t in eines edlen Wal -thar ius , auf dem Wege zur Reichenau im Dorfe M u n e h e -r e s d o r f übernach te t . Endlich h a t nach e iner spä te r frei l ich übe ra rbe i t e t en U r k u n d e Kaise r Otto III . am 22. Apri l 997 be -s t immt : Wenn ein Ka i se r oder König von Ulm nach Zürich zieht, müsse der Ab t von Reichenau in dem Dorfe M ü n -d e r e s d o r f F ruch t l i e f e rung und Uebernach tungsd iens te le i -sten (Mitt. Hohz. 12, 81—85, dazu C. Beyerle, K u l t u r der Reichenau). In den J a h r e n 1399 und 1353 erscheint d a n n Mindersdorf als Lehen Reichenaus in H a n d de r G r a f e n von Nel lenburg (Oberrh. Zeitschr. I, 82 ff). Der Kelnhof zu Münis -dorf wi rd auch 1362 g e n a n n t (Fürstb . U B 6, Nr. 14. 1.)

Es d ü r f t e ke in Zwei fe l sein, daß die Kaise r bei ih ren Durchzügen ih re Bedeckungs- u n d W a c h t m a n n s c h a f t e n in

den benachbar t en Or t en u n t e r b r a c h t e n und nicht n u r in Min -dersdorf! S o m a g R a s t m i t d e r S a t t e l l ö s e d e n N a m e n e r h a l t e n h a b e n .

Liggersdorf selbst erscheint am 12. März 970 in e iner U r -k u n d e des Bischofs G e b h a r d von Kons tanz als L i u t e r e s -d o r f, Dorf eines Liu ther i . Es gab damal s e inen jähr l ichen Zins an die Bischofskirche (Mitt. Hohz. 12, 83—84). Im J a h r e 985 n e n n t de r Bischof den Or t Liuocar t isdorf und noch im Zehn tbuch von 1275 he iß t er Luigar tzdorf , was bei der Schre ibwi l lkür f r ü h e r e r Zei t nicht w u n d e r zu n e h m e n braucht , da m a n eben n u r nach dem Gehör schrieb, nicht nach amtl ichen Regeln.

Wir sind heu te in der Lage, einige al te U r k u n d e n der Ge-meinde Liggersdorf auszuschöpfen, die vor der Kanzle i de r Landgra f scha f t Ne l l enburg in Stockach am 25. J u n i 1728 wegen ihres schlechten E rha l t ungszus t andes abgeschr ieben und v id imier t (bestätigt) wurden , und z w a r auf A n t r a g der Gemeinde, v e r t r e t e n durch die Bürge r Augus t in Schmid, Georg F r e u d e m a n n u n d H a n s j e r g Garegger (Nellenbg. Co-peyen S. 715—733 im Erzb. Archiv F r e i b u r g Ha 509).

Mit Neu-Hohenfe l s w a r die S a t t e l l ö s e u m 1415 an die He r r en von J u n g i n g e n gekommen . Am 23. Augus t 1476 (nicht 1467!) v e r k a u f t e n u n J u n k e r B u r k a r t von J u n g i n g e n zu N e u -hohenfe l s den Hof u m 310 rheinische Gulden an den Meß-ki rcher Bürger J a k o b Wyglin. Es he iß t in dem Dokument , der Hof liege zwischen Mindersdorf und Rot u n d w e r d e be -bau t von Konrad S t e n g e l l i n und seiner F r a u Adelheid. Dazu gehör ten auch einige Leibeigene, n a m e n s Hans , Klaus, Konrad , Ba rba ra , Aga tha , M a r g a r e t h . Die V e r ä u ß e r u n g ge-schah mi t Z u s t i m m u n g des S o h n e s U l r i c h v o n J u n -g i n g e n , de r m i t Ortolf von Heudorf , E b e r h a r d von Rei -schach zu Linz und dem V e r k ä u f e r siegelte.

Der Verkauf w a r schon a m 14. Augus t 1476 abgesprochen worden, aber nicht vom J u n k e r selber, sondern den eh r sa -m e n Hans Wysbock, g e n a n n t Zeggi (Jeggi?) als A m t m a n n zu Nel lenburg, K o n r a d Dorf fe rger , g e n a n n t Schilher als A m t -m a n n zu Stockach, K a s p a r H e n n i n (Hemin?) von Meßkirch und H an s Gasser , Vogt zu Hohenfels . Sie be rede ten gütlich:

J u n k e r B u r k a r t soll den Verkauf auf dem nächs ten L a n d -gericht am Donne r s t ag nach St. B a r t h o l o m ä u s t a g (29. 8.) zu Stockach fe r t igen und sein Sohn Ulrich von J u n g i n g e n dabei sein E inve r s t ändn i s geben, auch noch e inen we i t e ren Ede l -m a n n u m seine Mits ieglung bi t ten . Dazwischen sollen beide K o n t r a h e n t e n am Montag nach Ba r tho lomäus t ag (26. 8.) selbst oder durch Bevol lmächt ig te bei der Sat te l löse z u s a m -m e n kommen .Dor t soll B u r k a r t die Leu te des Hofes ihres Eides entb inden, daß sie dem Wyglin hu ld igen k ö n n e n und Treue schwören .Der K ä u f e r soll das Recht auf Weide und die T r a t t ü b e r n e h m e n , wie sie der M a y e r der Sat te l löse u n t e r eidlicher Aussage b i sher innehat te . Es wi rd ein Rodel gemacht und die Gerecht igkei ten da r in eingeschrieben. Die d ies jähr igen und die k ü n f t i g e n Nutzungen gehören dem

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T 41

Käufe r . Nach Vollzug der Bed ingungen m u ß le tz te re r die 310 rh . fl b a r bezahlen ohne Argl is t und Gefährde . Von dieser Abmachung w u r d e n zwei g le ichlautende Zet te l geschrieben, und jeglicher Teil e rh ie l t nach de ren Durchschneiden j e e inen Teil, wovon de r a n d e r e die E r g ä n z u n g ha t te . D a t u m auf U. Lb. F r a u e n Abend Assumpt ion is zu m i t t e n Augus t anno mccccLXXVI.

Eine dr i t t e U r k u n d e vom 8. Augus t 1480 ber ichte t vom Schi rm- u n d Vogtrecht des Hofes Sat tel löse:

Wi r J e r g Burggraf von Zusnegg und H an s Wizbock ge-n a n n t Zäggi als Ne l l enburge r Amt l eu t e des durch lauchten F ü r s t e n S igmund Erzherzog zu Oesterreich etc. b e k e n n e n mi t diesem Brief, daß w i r m i t J a k o b Wyglin von Meßkirch a n -s ta t t se iner M u t t e r A n n a des H o f e s z u S a t t e l l ö s i n , auch ihres Güt le ins ha lb zu S c h w a c k r e u t e , genann t Mangolds Gütle , das b i she r A n d r e a s Lo t t e r e r b e b a u t hat , ein U e b e r e i n k o m m e n t r a f e n . Die 2 G ü t e r m i t i h r en B e b a u e r n und den Er t r ägn i s sen sollen f ü r ewige Zei ten in Schirm und Fr ied des g e n a n n t e n F ü r s t e n von Oesterreich und se iner E r -ben sein u n d da r in gegen j e d e r m a n n geha l ten werden , w i r ihnen auch zu bi l l igem Rechte u n d U n t e r g a n g (Grenzgericht), w e n n wi r dazu e r f o r d e r t werden , m i t R a t und T a t behilf l ich sein wollen, ohne G e f ä h r d e und E in t rag . D a f ü r sollen die genannte A n n a Wyglin und ih r Sohn J a k o b und de ren Rechtsnachfolger jähr l ich u n s e r m gnäd. H e r r n auf St. M a r -t ins tag als Vogtrecht aus o b g en an n t en G ü t e r n nach Nel lenburg l ie fern oder nach Stockach: vom G u t Sat te l löse 2 Scheffel Vesen und 1 Scheffel Haber , u n d von Schwackenreu te 1 Scheffel Habe r . Fal ls unse r gnäd. H e r r oder seine E r b e n die L a n d g r a f s c h a f t Nel lenburg m i t diesem Vogtrecht v e r k a u f e n , sollen die K ä u f e r diesen Schirm und Beis tand m i t ü b e r n e h -m e n gegen obige Abgaben, die nicht gesteiger t oder „belei-digt" (verminder t ) w e r d e n d ü r f e n . Ande rn fa l l s mögen die I n h a b e r dieses Vogtrecht a b k ü n d i g e n und einen a n d e r n Schi rm suchen nach ih r em Gefal len. D a t u m Zins tag vor St. Laurenz 1480. Beide siegeln.

Berei ts a m 4. J u n i 1488 v e r ä u ß e r t e A m t m a n n J a k o b Wyg-lin zu Meßkirch an die Gemeinde Liggersdorf den Hof S a t -tellöse m i t Zubehö r u n d Eigenleuten, wie er alles vom B u r -k a r t von J u n g i n g e n selig e rwa rb , wozu de r V e r k ä u f e r nach-träglich das Vogtrecht gegen den gnäd. H e r r n von Oes te r -reich geschlagen hat te , „doch dem Zinsbr ief , den sie m i r gaben u n d je tz t m e i n e m S c h w e s t e r m a n n F ranz B u r h a u t (Buehart?) zusteht , in a l lem ohne Schaden". E r siegelt. Der K a u f p r e i s ist n i c h t genann t . Soll te die Gemeinde vielleicht einen jähr l ichen Zins d a r a u s zahlen?

Bald e rgaben sich Schwier igkei ten m i t d e m jungen Ulrich von Jung ingen . Eine we i te re U r k u n d e vom 6. J u n i 1488 be -r ichtet näml ich:

„Wir Ba t von Schowenburg, S t a t t h a l t e r de r gnäd. H e r r e n von W e r d e n b e r g zu Meßkirch (vergl. Z imm. Chron. I, 546), Math i s Löwl in und J a k o b Wyglin, beide ses sha f t daselbst , b e k e n n e n : Es sind Spenne (Streit) gewesen zwischen dem edlen u n d fe s t en Ulrich von Jung ingen und de r Gemeinde Liggersdorf wegen der „Fälle" (Erbfälle) von Eigenleuten, die ich J a k o b Wyglin vom Va te r Ulrichs, B u r k a r t von J u n -gingen, e r w a r b u n d der Gemeinde v e r k a u f t e . Ulrich m e i n t nun, i hm s tünden die Fäl le be im Tode der g e n a n n t e n Leu te zu, da sie ihm als Vogt und S c h i r m h e r r gehuldig t u n d auch F a s t n a c h t s h ü h n e r gaben. Dagegen sind die von Liggersdorf der Meinung, da sie diese Pe r sonen oder Eigenleute samt dem Hof Sat te l löse g e k a u f t u n d sie ihnen mi t Le ib und G u t k r a f t des K a u f b r i e f s gehorsam seien, also soll ten auch die „Leibfäl le" nach ih r em Abgang de r Gemeinde zustehen" . (Vom Schirm Oesterreichs, in den de r Hof 1480 kam, ist hier m e r k w ü r d i g e r w e i s e ü b e r h a u p t nicht die Rede!)

So h a b e n wir die Sache un te r such t u n d also entschieden: 1.) Der „Fal l" der be iden abges to rbenen Ehegemächte dieses J a h r e s 1488, Konrad Stengel ins u n d se iner H a u s f r a u Ade l -heid Rüssin, soll de r Gemeinde Liggersdorf zus tehen. Doch soll er i hnen z u m Nutzen gereichen, i n d e m s i e d a m i t e i n e n B r u n n e n i n s D o r f l e i t e n . 2.) W a s f ü r Fä l le von den üb r igen g e k a u f t e n E igen leu ten gegeben werden , nämlich von Hans, Konrad , Klaus u n d Marga re th , oder denen, so aus den g e n a n n t e n 2 F r a u e n geboren wurden , d ie-selben Fäl le sollen ha lb dem g e n a n n t e n J u n k e r Ulrich von J u n g i n g e n bzw. se inen Erben , und ha lb de r Geme inde Lig-gersdorf werden . Fal ls sich K n a b e n k ü n f t i g m i t Ulrichs E igen leu ten ve rhe i ra ten , die sollen desha lb de r „Ungnos-same" wegen von denen von Liggersdorf unange l ang t u n d u n g e s t r a f t sein. Die Gemeinde ha t auch an die Fäl le ge-n a n n t e n Weiber und der von ihnen Geborenen ke in Anrecht oder F o r d e r u n g zu stellen. 3.) Die Le ibs t eue rn der g e n a n n t e n 5 P e r s o n e n u n d der von den 2 F r a u e n Geborenen gehören der Gemeinde, die F ä s t n a c h t s h e n n e n jedoch dem J u n k e r , wie bisher . U n d darauf soll Ulrich von J u n g i n g e n die a r m e n Leu te in seinen Schutz, Schirm und Versprechnus nehmen , wie seine a n d e r n Leute , wie bisher . Keine P a r t e i darf der a n d e r n f ü r o Schwier igkei ten machen. Ulrich von J u n g i n g e n siegelt, ebenso B a t von Schouwenburg als sein Täd ingsmann . Auch h a b e n Vogt, Richter und Gemeinde Liggersdorf die g e n a n n t e n Math is Löwl in u n d J a k o b Wygl in gebeten, daß jeder sein Insiegel als Mi t täd ings leu te a n d iesen Brief hänge , de r in zwei g le ichlautenden E x e m p l a r e n herges te l l t wi rd . D a t u m Fre i t ag nach Unsers H e r r e n Fron le ichnam 1488. N u r dre i Siegel h ingen an.

Endlich seien auch noch die be iden a n d e r n U r k u n d e n m i t -geteilt , die sich auf Liggersdorf beziehen.

1486 J u n i 28 (Mittwoch nach J o h a n n e s Bapt . ) : P f a f f H an s Benz, Kap l an de r St. Jo senkap lane i in der

Vors tad t Ueber l ingen v e r k a u f t f ü r seine P f r ü n d e zu de ren besserem Nutzen u n d mi t Z u s t i m m u n g de r S tadt , der Ge-me inde u n d Mayerscha f t Liggersdorf u n d A m t m a n n sein Eigengüt le zu Liggersdorf , g e n a n n t B u t z e n w e y l e r (ver-mut l . abgeg. beim Wald „Butzenbuchen") , m i t Hofs t a t t (kei-n e m Haus!), Aeckern, Wiesen, Holz u n d Feld, Wunn , Waid, Tr ieb u n d Tra t t , Weg und Steg u n d mi t a l le r Vit in (?),Ge-recht igkei t u n d Zugehörde u m den Jah resz ins von 1 P f u n d 4 Schilling P f e n n i g auf St. Mar t in i . Es siegeln die S t a d t Ueber l ingen und der A m t m a n n Hans So lmann .

1562 3. F e b r u a r (Zinstag nach Lichtmeß) : Sebas t i an u n d H an s S t u b e r der alte, beide zu Liggersdorf , u n d A l e x a n d e r S tube r zu Ebratschwei ler , d ieser auch im N a m e n seines B r u d e r s H an s Stuber , g e n a n n t H e n n e zu Ebra tschwei le r , v e r -k a u f e n an die Geme inde Liggersdorf , v e r t r e t e n durch S te -p h a n Marqua r t , derzei t Keller, L u d w i g Boch und J a k o b Adle r als Dorfpf leger den Wald „Stuberholz" , d a ß m a n seit et l ichen J a h r e n das Zankholz heißt , in Größe von 20 Jaucher t , wie es m i t Lachen u n d M a r k e n r ings abgegrenz t ist. Es gehör t in den Ger ich tszwang des H e r r n S i g m u n d von Horns te in , Deu t schordenskomtur im Elsaß und B u r g u n d u n d K o m t u r zu Al t shausen und in die H e r r s c h a f t Neu-Hohenfe l s . Es l iegt e inersei ts an S e n t e n h a r t s ausge reu te t em Feld, SO' vo rma l s Holz gewesen, anderse i t s den l angen Weg h i n a b auf die Sattel löse, die nach Ligg. gehört , fo lgend den Liggersdor fe r Holzwiesen und Aeckern, Münchwies genann t , oberha lb auf das P f a r r h o l z zu Sen t enha r t , u n t e r h a l b gegen dem Dorf an der G e m e i n d e u n d des L a n d k o m t u r s Wiese, so in J e r g e n Ackers Gu t zu Liggersdorf gehört , das er vom O r d e n z. Zt. bau t . K a u f p r e i s 110 Gu lden Ueber l inger W ä h r u n g . Es siegelt E b e r h a r d von Reischach von Reichenste in zu Linz.

Kirchweih im Kloster Inzigkofen 1665 Das Tagebuch des Kons tanze r Bischofs F ranz J o h a n n von

A l t e n s u m m e r a u (Erzb. Archiv Fre iburg , Ha 10, Sei te 60a) b r ing t fo lgenden E i n t r a g (übersetzt) : „Am 20. S e p t e m b e r 1665 weih te ich die Kirche des Klos ters Inz igkofen zu E h r e n des hl. J o h a n n e s Bapt is ta , u n d z w a r den Hocha l ta r zu E h r e n der hlst . Dreifa l t igkei t , J o h a n n e s Bapt , Bar tho lomäus , J o h a n n Rochi, Ursula und Genoss innen. Den Se i t ena l t a r -Evange l i en -seite: z. E. de r sel igsten J u n g f r a u Mar ia , F a b i a n u s und Seba -stian, Joseph, Franz iskus , Domin ikus und Kla ra . Rel iquien w u r d e n eingeschlossen: Vom Apostel Phi l ippus , Evang. L u -kas, S tephanus , Pelagius, B landus u n d Pr i smus . Epistelsei te : z. E. der hl. Engel, Aller Heil igen. Rel iquien wie oben.

Diese Nonnen h a b e n mich u n d meine Begle i tung aufs v o r -t ref f l ichs te bewi r t e t . Ich f a n d sie so gut und f r o m m und religiös, d a ß Got t höchstes Lob zukommt . Nach dem Essen, an dem auch de r Ab t von Zwie fa l t en aus der Fami l ie Raßler ,

ein V e r w a n d t e r der Pröps t in , t e i lnahm, b in ich u m 3 U h r in Begle i tung des Obervogts Fischer nach Meßkirch wei te rge-reist ."

Die Geisenhofer ' sche Chron ik (Auszug aus der 4bändigen im S igmar inger Schloß) ber ichte t : I m J a h r e 1662 h a t m a n sich entschlossen, die ä u ß e r e Kirche neu zu bauen, weil £ie sehr alt, f ins ter und feucht war . E inen der be iden Se i ten-a l t ä re h a t F r a u Es the r K a t h a r i n a Walser in , geb. Ba idung von Löwen u m 200 fl machen lassen, den a n d e r n H e r r P f a r r e r Math ia s Heß zu Tigernfe ld , den das S t i f t Inz igkofen u n t e r -s tü tz t ha t te , da er zu Kons tanz s tudier te . Den Hochal ta r (wohl Aufbau! ) ließ anno 1667 F r a u M. El isabeth Gremiich, geb. von Br in ikhofen , auf ihre Rechnung setzen. E r kos te te 500 fl. H e r r Franz, Johann , Fürstbischof von Konstanz, we ih te diese Kirche im J a h r e 1665 den 20. Sep t ember ein. Krs,

H O H - E M Z O L L E S I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1 9 6 2

Die Familiennamen Bailer und Daigger (Daiker) Beide N a m e n k o m m e n im Kreis Hechingen an einigen Or -

ten vor, wie M e l d u n g e n , Sa lmendingen , Ringingen, Schlat t u n d Hechingen. Beide s ind nicht so „durchsichtig", wie e twa die B e r u f s n a m e n Bauer , Schmied, Sat t ler , oder H e r k u n f t s -n a m e n wie S t r a u b i n g e r (aus Straubing) , Melchinger, S te in -hi lber , Dier inger (aus Tieringen).

a) Bezüglich des N a m e n s B a i 1 e r gibt es Erk lä re r , wie Rud. Kapf f , J . K. Brechenmacher u n d K. Linnar tz , die ihn ohne wei te res zu den B e r u f s n a m e n stel len u n d mi t a l t em B e i 1 e r gleichsetzen. Dies t a t auch an fangs der sonst so vorsicht ige E d m u n d Nied, der sich auf Fischers Schwab. Wör -te rbuch I, 580 u n d die U r k u n d e n des Hl. Geis tspi ta ls F re i -b u r g 691 berief . Vielleicht h ä t t e Beiler im Schwäbischen zu Boiler oder Boeler w e r d e n können , wobei o - e ge t r enn t zu sprechen w ä r e nicht als ö. Beiler bedeu te t sovie als E i c h -m e i s t e r , de r m i t dem mi t te lhochdeutschen „beiel" oder Visierholz die F ü l l u n g der Fässer nachprü f t e . U n t e r dem St ichwor t B ö h 1 e r sagt der genann te Nied (Fam. N a m e n -buch von F r e i b u r g 1924 S. 11), es sei im J a h r 1321 ein „Klo-s t e r b e a m t e r gewesen, der e innehmen, beha l t en u n d tei len soll." In F r e i b u r g e r U r k u n d e n erscheint 1292 K o n r a d B e -1 e r, spä te r auch Beller , Bäler , Böler geschrieben, im 16. Jh . dann ein Weinbe l le r , im 17. Jh . als Weinböler . Alle diese Bezeichnungen k ö n n t e n wohl k a u m m i t Bei le r -Eichmeis ter identisch sein. Ob n u n G e o r g B e i l e r 1656 zu Hechingen h ie rhergehör t , ist ebenfa l l s unsicher.

Die B ö l e r des 16. J a h r h u n d e r t s in Me ldungen , die seit 1662 mi t J a k o b B ö h l e r im Haus 106 zu Ringingen v o r -kommt , nachdem schon 1611—57 ein P f a r r e r J a k o b Böhler von Melchingen zu Ringingen a m t i e r t ha t te , gehen wohl sicher auf die B e 1 e r (Belerer, Böller) des 15. J a h r h u n d e r t s zu S t e t t e n u. Holst , zurück (Hohz. J H e f t 15, 82). Ein Wechsel B ö h l e r z u B a y l e r vollzog sich in Ringingen zwischen 1650 u n d 1710 und s teh t u rkundl ich auße r a l lem Zweifel . Spä t e r w u r d e n sie „Bai ler" geschrieben. Ob dieser Wechsel auch a n d e r w ä r t s v o r k a m ? Bei uns ist es leicht zu begrei fen, weil ja alle l angen ö u n d e zu ai w u r d e n (Hohz. J H e f t 1953, S. 127, Nr . 10).

Der N a m e B e 1 e r aber deu te t eher auf den H e r k u n f t s o r t B e i a . i n der B a a r h in . Die Nachweise d a f ü r (also f ü r Behler , Beler, Bohler) b r i n g t Nied in den „Schr i f ten f ü r Geschichte der B a a r " 1937, 27. Der N a m e bedeu te t somit : M a n n a u s B e h 1 a.

b) Zu dem N a m e n D a i g g e r oder Daiker sagt Rud. Kapf f e infach aus dem Handgelenk , so he iße einer, der g e r n e i n S c h m u t z s p i e l t . S o einfach scheint die Sache jedoch nicht zu sein. K. L inna r t z stell t in se inem Buch „Unsere F a m i l i e n n a m e n (1936) Daigger zum Zei twor t t e i g e n, m i t Teig umgeben , e rk l ä r t es also als B ä c k e r .

Als ä l tes te Daigger zu Ringingen f a n d e n sich: C h r i s t i a n D a i k h e r 1622, d e r eine Wiese an Melchior Reser nach J u n g i n g e n v e r k a u f t e . Als sein Va te r darf der herrschaf t l iche F u t t e r k n e c h t M e l c h i o r T e u g e r zu Ringingen 1609 gel-ten. Dieser wi rd abe r 1606 M e l c h i o r D e g g e r geschrie-ben, als e r zu R. das her rschaf t l i che Vieh versorgte . E r d ü r f t e somit identisch sein m i t dem Melchior D e c k e r 1595 zu

H a u s e n i. Kill., de r m i t A n n a Schmid von Ringingen a m 15. November he i r a t en du r f t e . Kurz darauf sind beide aus dem zollerischen Gebie t for tgezogen! Im J a h r e 1595 h a t t e ein M e l c h e r D e c k e r , Schneider aus Sa lmend ingen (wohl der gleiche!) m i t seiner (ersten) F r a u M a r g a r e t h a Maie r das Bürger rech t zu Hausen i. Ki l ler ta l e r langt . Schon 1590 ist ein M e l c h i o r D e g g e r (auch D a i g k e r geschrieben, was somit g le ichbedeutend ist!) als Sohn eines Wendel in Degger zu Starzein s e ß h a f t gewesen. Ba ld löste er sich aus zolleri-scher Leibeigenschaf t u m 4 fl und he i r a t e t e nach auswär t s , wohl ins fü r s t enberg i sche Sa lmend ingen (f. hohz. Arch. Sig-mar ingen R 103, Nr. 22). M a n darf wohl in d iesem M e l -c h i o r t rotz Verschiedenhei t des Geschlechtsnamens ein und dieselbe Pe r son sehen. Des Chr is t ian Daiggers (von 1622) gle ichnamiger Sohn zu Ringingen he i ra t e t e 1658 mi t B a r -ba ra Vogel ins H a u s 89. Dessen ä l t e re r B r u d e r Michael Daigker im H aus 90 ehelichte schon 1648 die Mar ia G f r ö r e r von S te t t en b. Hech. und w i e d e r u m 1656 die Ursu la Q u i n t -lin von Ringingen. Sie ha t t en viele Nachkommen, von denen aber heu te n u r noch 2—3 Fami l i en in R. we i t e rb lühen .

In F re ibu rg f inden sich 1319 Heinrich u n d K o n r a d Decker, u n d in S t a r z e i n gab es 1548 den N a m e n D e c k e r , in Kil ler gleichzeitig e inen N i s i T o e g k e r oder D e c k e r , was als g le ichbedeutend u n d f ü r die N a m e n s e r k l ä r u n g wich-tig ist! Auch in Bur lad ingen f inden wi r dama l s die N a m e n T o e g k e r , d e r m i t P f i s t e r g l e i c h g e s e t z t i s t , abe r auch D e c k e r u n d D e c k e l e r , die gle ichbedeutend sind! Man vergleiche dazu die D a i k e 1 e r in Neuf r a . Das Hl. Kreuz ta le r U r k u n d e n b u c h II b r ing t ab 1438 ein Anzah l D o e k e l l e r zu Fr ied ingen bei Riedl ingen, 1545 d a n n T e g -k e 1 e r geschrieben! In T r o c h t e l f i n g e n w a r e n im J . 1406 zwei D e k e r als B ü r g e r a u f g e f ü h r t (FUB 6, S. 237). In J u n g i n g e n erscheint 1548 ein Kle inhans T o e g k e r u n d ein „Schuler g e n a n n t Toegker" . Da P f i s t e r zweifel los vom lat. p i s t o r = B ä c k e r k o m m t , ist auch die E r -k l ä r u n g v o n T o e g k e r k l a r = der Beck.

Es darf als ziemlich sicher a n g e n o m m e n werden , daß m a n u m 1600 die D e c k e r m i t l a n g e m e gesprochen ha t , sonst k ö n n t e dieses nicht zu ai geworden sein. Die Verdoppe lung des fo lgenden K o n s o n a n n t e n (k), w ie sie in ähnl ichen Fäl len auch in der Z immer ischen Chron ik v o r k o m m t , deu te t darauf hin. In S c h l a t t erscheinen die 1D a ü k e r im J a h r e 1646 (Ste t tener Urk . S. 214—15), in H e c h i n g e n bere i t s 1590 bis 1591 ein J a k o b Daickher, oder D e i g g e r oder D ä c k e r (ebda 184), d ie t rotz verschiedener Schre ibar t wohl al le h i e r -herzurechnen sind.

Vom Schwäbischen he r k ö n n t e bei Daigger auch an den von unse ren El te rn noch gesprochenen A p a d a i g g e r (und Apadaik!) gedacht werden , w ä r e der N a m e nicht SO' selten. Vermut l ich geschah die U m l a u t u n g ee zu ai ebenfa l l s u m 1600—1710, w ä h r e n d die Schre ibar t Toegker von 1438—1548 schon deutlich auf Teig (schwäbisch Toeg) hinziel te. Der F a m i l i e n n a m e Apothecar i i k o m m t in Eßl ingen a. N. 1463 vor, von wo ein Ve r t r e t e r sich an der F re ibu rge r Un ive r s i t ä t e inschreiben ließ, fa l ls h ie r nicht e infach der Beruf des Va -ters als F a m i l i e n n a m e a u f g e f a ß t w e r d e n sollte. J . Ad. Kraus .

Zum Grosselfinger Narrengericht Der Verlauf des in de r hohenzol ler ischen Geme inde Gros-

selfingen übl ichen Nar rensp ie l s darf als b e k a n n t vorausge-setzt werden . A u ß e r der „Zol le rhe imat" (1937 Nr. 2) u n d der „Heimatk länge" des Zoller (1934 Nr. 3) h a b e n d a r ü b e r in aus -führ l i che r Weise L, Egler (Aus der Vorzei t Hohenzol lerns , 1861), Ant . Bi r l inger (Volkstümliches aus Schwaben) und Willi B a u r (1939) im Schwäbischen He ima tbuch u n d 1949 M. Wal te r in e inem Sonderschr i f tchen „Das e h r s a m e N a r r e n -gericht zu G." (Verlag Frz. Flieg, Grosself ingen) aus führ l i ch berichtet . Wenn auch alle d a r ü b e r einig sind, daß das N a r -renger icht in seiner geschlossenen Anlage in der Umgegend k e i n G e g e n s t ü c k au fzuwei sen hat , so sind w i r leider bezüglich der E n t s t e h u n g b i she r ü b e r leere V e r m u t u n g e n nicht h inausgekommen . B a u r b e m e r k t m i t Recht, daß sich da z w a r viel schreiben, abe r nichts beweisen lasse. Sowei t dar in die p u r e Nar re t e i zu Wor t e k o m m t , ist dies auch ohne wei te res k lar , denn de ren S inn ist doch ge rade der „Un-sinn". Hier w ä r e es vergebl iche Mühe, e inen geschichtlichen K e r n zu finden. A b e r w e n n es gelänge, im Grosself inger Spiel d i e j e n i g e n Tei le herauszuschälen , d ie eben E r n s t u n d nicht bloß Scherz bedeuten , d ü r f t e m a n doch auch die F rage nach ih rem his tor ischen Werden a u f w e r f e n ,

Im fo lgenden soll — u m es ausdrücklich fes tzus te l len —, in ke ine r Weise das heu t ige Spiel wede r in der Gesamthe i t noch in i rgend e inem seiner Tei le k r i t i s i e r t werden . Dieses bes teh t v i e lmehr zu Recht, auch w e n n es im e inzelnen ke in eh rwürd iges Al te r hä t te . Die Tei le des Spiels, die e indeut ig auf das Konto H u m o r u n d Scherz zu setzen sind, b le iben h ie r ausgeschieden, wie e twa die in e inem S t a t u t von a n -geblich 1720 genannten , h e u t e nicht m e h r gebräuchlichen, Rollen der Gänse- , Esel- , F loh - u n d Wanzenfleger , sodann die H a n s w u r s t e u n d Geiger, das N a r r e n r ö ß l e u n d die a n -dern Nebenf iguren, die sich m e h r oder weniger an a n d e r n Or t en mi t noch b l ü h e n d e m N a r r e n b r a u c h t u m in ähnl icher F o r m finden lassen. Dagegen speziell grosselfingisch sind wohl der B r u d e r s c h a f t s - C h a r a k t e r , der Sommervoge l u n d der K r a u t h a f e n .

a) Den K r a u t h a f e n als p e s t a b w e h r e n d e s Mit te l deu ten zu wollen, d ü r f t e wohl zu wei t gehen. B a u r ve r t r i t t d ie A n -sicht, daß beim Gesamtspie l m e h r e r e ursprüngl ich ganz v e r -schiedene H a n d l u n g e n zusammengeschlossen seien u n d das Abholen des K r a u t h a f e n s m i t d e m obl igaten Speck von der geistlichen Obr igke i t (Pfar rer ) e ine Sache f ü r sich bleibe. Schon Prof . A. Bi r l inger me lde t („Aus Schwaben" Bd. 2, 33),

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 43

daß der K r a u t h a f e n mi t Fleisch im n a h e n R a n g e n d i n -g e n an Fas tnach t als a l the rgebrach t von „Läu fe rn" in den Häuse rn ausgekundet , d a r a u s gebe t te l t u n d wohl auch ge-s tohlen werde . Tags darauf beg rabe m a n do r t e ine Hexe im Beisein a l ler Butzen in des P f a r r e r s Miste u n t e r dessen aus -drückl icher Zus t immung . Dazu e r i n n e r e m a n sich, daß bis zum J a h r e 1785 vie leror ts in der Diözese Kons tanz de r P f a r -r e r se inen P f a r r k i n d e r n auf Fas tnach t u n t e r dem N a m e n „Fas tnachtsküchle in" ein Essen reichte, vielleicht als Gegen-gabe f ü r Zehnten , Vie ropfe r usw. Es ist nahel iegend, im Grosself inger K r a u t h a f e n e inen Uebe r re s t dieses al ten H e r -k o m m e n s zu sehen. Als dieses sonst wegen de r d a m i t ve r -b u n d e n e n Unzut rägl ichkei t abgeschaf f t wurde , d ü r f t e wohl de r damal ige P f a r r e r u m der gu ten Sache willen, weil durch die B r u d e r s c h a f t Mißbräuche ausgeschlossen waren , die Ge-wohnhe i t w e i t e r g e f ü h r t haben. Uebr igens f ü h r t e m a n in Birkach in Bayern be im Pf ings t r i t t u. a. e inen Schmalzhafen mi t zum Bet te ln von Schmalz, But te r , Eiern, die nachher ve rzeh r t wurden . Egler e r w ä h n t 1861 den K r a u t h a f e n zu zu Grosself lngen g a r n i c h t !

b) Das S o m m e r v o g e l s p i e l zu G. n e n n t Bi r l inger „eine recht m e r k w ü r d i g e S i t t e im Süddeu tschen Volksleben" (II. 112), u n d w ä r e geneigt, es u n t e r die Pf ings tspie le zu rechnen, die im Bayr ischen m i t dem N a m e n W a s s e r -v o g e l b e k a n n t sind, g e t r a u t sich aber wegen der A b -weichungen keine Gleichsetzung. K u c k u c k u n d B r u n -n e n b a d s ind tatsächlich zur Fas tnachtsze i t in u n s e r e r Ge-gend e ine v e r f r ü h t e bzw. e ine sehr „kühle" Sache. Eine Grossel f inger Uebe r l i e f e rung n e n n t d a r u m P f i n g s t e n als ehemal ige A u f f ü h r u n g s z e i t des Sommervogels . Pf ingstspie le w a r e n in ganz Süddeu tsch land üblich, der N a m e W a s s e r -v o g e l d a f ü r aber ist speziell o b e r b a y r i s c h . Im Schwä-bisch sag te m a n Pf ingst reck (Rangendingen, vgl. Hohz. Hei -m a t 1960, 71), Pf ingstvogel (Lauingen, Pf ings t lümmel , P f ings t -butz oder Butz schlechthin, weil er besonders he rausgepu tz t wurde . I n Rangend ingen wohl r icht iger als Pf ings tdreck ge-schrieben. Vergl. schwäb. „Dreckeier - l angsam A r b e i t e n -der." Der N a m e Wasservogel w i r d n u r da in Schwaben ge-hör t , wo der V e r k e h r m i t Baye rn leicht erklär l ich ist" sagt Bir l inger . Als Idee gilt a l lgemein: Kampf des S o m m e r s mi t dem Winter , wenngleich schon J a k o b G r i m m (Mythologie II, 715) die Pf ings tze i t d a f ü r reichlich spä t häl t . Der Brauch, den Butzen (Wasservogel) in L a u b oder Reisig (Rangendingen: Rinde!) zu kleiden, ist nach Bir l inger al len Gegenden ge-mein, ebenso das U n t e r t a u c h e n i n s W a s s e r , vo rhe r ein Wet t r ingen oder Wet ts t re i ten . . Der Unter legene , Letzte, Schwächste m u ß Butz w e r d e n u n d den un te r l i egenden W i n -te r vers innbi lden . ISi ach dem Ri t t s t and z. B. de r R a n g e n -dinger Pf ingst reck nache inande r in dre i B r u n n e n hinein, gab den Gäu len mi t e inem Schäpf le zu t r i n k e n u n d spr i tz te d a -bei k r ä f t i g Wasse r auf die h e r u m s t e h e n d e Menge! Man v e r -gleiche dazu das B r u n n e n w e r f e n und den N a m e n S o m m e r -v o g e l zu Grosself ingen. Läge es so wei t abseits, in unse re r Gegend s t a t t W a s s e r vogel eben gleichsam e rk l ä r end S o m m e r v o g e l zu sagen, a ls solchen den Kuckuck im Liede zu pre i sen und in E r m a n g e l u n g eines r icht igen eben eine T a u b e zu n e h m e n ? Und w e n n schon e inmal ein Ge-richt s t a t t f and , m u ß t e n na tür l ich die F rev l e r gegen den S o m -mervogel von ihm b e s t r a f t werden . Ursprüngl ich ist n u r vom R a u b e n des N e s t e s , nicht des V o g e l s die Rede.

Dieser b rauch t also gar nicht da zu sein. Das B r u n n e n w e r f e n ist zu Rot twei l 1618 u n d auch in Stockach f r ü h e r w ä h n t . Hie r gal t es als S t r a f e f ü r nicht e i ngekau f t e Bürgersöhne , die e ingefangen u n d in den N a r r e n b r u n n e n getaucht wurden , was m a n „Bad" nann te .

c) M e h r noch als be im K r a u t h a f e n und Sommervoge l m ü s -sen w i r be im Bet rach ten de r N a r r e n b r u d e r s c h a f t das Feh len jeglicher U r k u n d e n beklagen. Es ist geradezu auffäl l ig , daß ke ine r de r Beschre iber des Nar renger ich t s (Egler, C ramer , Ehrenberg , Haug, Strobel) auch n u r den ge-n a u e n Inhal t , geschweige denn e ine Abschr i f t de r g r u n d l e -genden U r k u n d e n vom 16. F e b r u a r 1605, 16. F e b r u a r 1718 und 16. F e b r u a r 1740 mi tge te i l t ha t . (Warum i m m e r de r 16. F e b r u a r ? E r s t 1949 gab M. W a l t e r den W o r t l a u t de r sog. S t i f t ungsu rkunde , wie sie Geistl . R a t Heyse in de r P f a r r -chronik verzeichnet hat.) W a l t e r u n d H a u g r eden n u r von e iner Abschr i f t d e r U r k u n d e von 1605, die v o r h a n d e n ge-wesen sei, aber n iemals eine Kopie de r S t i f t u n g s u r k u n d e darges te l l t h a b e n kann , wie w i r sehen werden . Al le drei Schr i f t s tücke sind inzwischen auf mys te r iöse Weise v e r -schwunden, vielleicht h a b e sie Dr. Fr iedr ich W o l f zur Be -a r b e i t u n g seines „ A r m e n K o n r a d " en t l iehen u n d nicht m e h r zurückgegeben. Dagegen seien zwei Schr i f t s tücke vom 6. F e b r u a r 1706 und 17. F e b r u a r 1770 vo rhanden , die sich m i t de r S t i f t u n g eines J a h r t a g s auf Montag vor Fas tnach t f ü r die ve r s to rbenen Mitgl ieder der N a r r e n b r u d e r s c h a f t befassen . Der Beisatz, die U r k u n d e von 1706 „sei von den me i s t en spä te ren P f a r r e r n a n e r k a n n t worden, bleibt unvers tändl ich , es sei denn, daß es sich nicht u m eine fes te S t i f tung , sondern eine f re iwi l l ige Sache handel te . Denn fes te S t i f t u n g e n abzu -lehnen s teh t ja nicht im Machtbereich eines P f a r r e r s ! Die am 17. F e b r u a r 1770 von Dekan J o h a n n J a k o b R a u h in Grossel-fingen ausgestel l te U r k u n d e e r n e u e r t den J a h r t a g u n d e r -we i t e r t ihn zu e inem See lenamt , e inem L o b a m t und e iner Nebenmesse . Die mindes t ens 34 P a r a g r a p h e n u m f a s s e n d e n S t a t u t e n der B ru d e r scha f t t r agen ein d e r a r t jur is t isches Gepräge, daß sie k a u m ein hohes Al te r beansp ruchen k ö n -nen . Ob sie vor 1700 zurückreichen? Dasselbe gilt von e iner Re ihe von Chargen, wie Husa ren , Doktoren, Four iere , F a h -nenschmiede usf. Die S t r a f e n von 4 u n d 6 u n d 24 Kreuze r k ö n n t e n j e n e r Zei t u m 1700 zugehören, sowie die be iden Lieder . Die angebliche S t i f t u n g s u r k u n d e k a n n jedoch n iemals von „hochwohlgebornen, hochwohlges t rengen, gnedigen, hoch-gebie tenden Her ren , H e r r e n de B u e b e n h o f f e r n " ausgestel l t gewesen sein! Diese schwülst igen Titel des 17. u n d 18. J a h r -h u n d e r t s w u r d e n überd ies nicht von den H e r r e n ü b e r sich selbst, sondern n u r von den U n t e r t a n e n ihnen gegenüber gebraucht . Auch scheint die F o r m B u e b e n h o f f e r s t a t t Bue -b e n h o f f e n e twas anrüchig, da nach a l ten Sprachgebrauch einen i l legi t imen Spröß l ing meinend .

W e d e r im angeblichen Original , noch in e iner echten E r -n e u e r u n g k a n n j emals als D a t u m ges tanden haben : „So ge-schehen zu A m s t e r d a m und Verona in diesem J a h r , da alles n a r r e t wa r . " Das k a n n n u r Ulk sein, ebenso wie das stetige Obsiegen des Unrechts vo r dem Recht, und die angebliche Er l aubn i s von 1605 im P a r a g r a p h 3 der von W a l t e r m i t g e -te i l ten „ S t i f t u n g s u r k u n d e " : e inen T u r m zu b a u e n zur Be -s t r a f u n g de r Nes t räuber . Diese w e r d e n doch in e inen „rei-ßenden F luß (d. h. D o r f b r u n n e n ) geworfen . (Schluß folgt.)

Alpirsbacher Urkunden betr. Hohenzollern Mitgetei l t von f F r anz H a u g

Die fo lgenden Reges ten von U r k u n d e n des Klos ters Alp i r s -bach finden sich in der Geschichte des Klos ters Alpi rsbach von Dr. Ka r l J . G 1 a t z, S t r a ß b u r g 1877. Da das Klos ter bei der R e f o r m a t i o n von W ü r t t e m b e r g eingesteckt wurde , e r -scheinen die Bes i tzungen spä te r als wür t t emberg i sche ; so ist es vielleicht angezeigt , die a l ten Bes i tzverhä l tn i sse durch Mit te i lung der Hohenzol le rn an l angenden Regesten zu k lä ren . 1211 Der A b t von Alpirsbach, die P röps t e von Beuron und

Reichenau, der Dekan von Mengen und der Magis te r A. C h o r h e r r zu St. S t e f a n in Constanz entscheiden schieds-richterlich, daß dem P f a r r e r von B a c h h a u p t e n über seinen S t re i t m i t dem Klos ter Sa lem Sti l lschwei-gen aufe r leg t werden , dieses Kloster abe r schuldig sei, d e m genann ten P f a r r e r auße r der a l ten P r ä b e n d e !/s vom Zehn ten in T a f e r t s w e i l e r s t a t t der b i sher i -gen H ä l f t e zu verabre ichen.

1299 22. Apri l . B e t r A l t a r s t i f t u n g zu W e i l d o r f , aus L. Schmid, Mon. Höh. (S. 136).

1300 19. Ju l i Bisch. Bes tä t igung (L. Schmid S. 147).

1304 4 .Juli. Heinz El lun u n d Heinrich Mül le r von G r u o r n ( G r u o 1) s te l l ten an das Kl. Alpirsbach L e h e n r e v e r s e f ü r dessen zwei H o f g ü t e r in G r u o r n aus, Aichhof und Fronhof genannt .

1308 23. Mai. Werne r v. Wers te in verschre ib t sich an K o n r a d Kegler, Bürge r zu H a i g e r l o c h , u m jähr l . 2 Pf . Hlr . f ü r e inen von diesem u m 20 Pf . Hel le r e r k a u f t e n Mai -den (Hengst, nicht Wiese!)

1320 15. Febr . Werne r v. B u w e n b u r g zu H a i g e r l o c h gibt ans Kl. Alpirsbach 2 Mal t e r Roggen aus se inem G u t zu Aldorf (Ahldorf) zu se inem Seelenheil .

1326 19. Febr . P e t e r v. Te t t ingen verk . an das Klos te r A. etliche Leibeigene in Det t ingen nebs t e iner Hofs t ä t t e zu Ergenz ingen u m 4'/2 Pf . Hlr .

1327 6. Febr . Tausch m. Leibeigenen zu G r u o l (Schmid. Mon. Höh. 250).

1330 13. J an . Andreas Lebar t , B zu Haigerloch, verzichtet gegen das Kl. A. auf die Gül t en aus dem Schmelzl ins Gu t zu W e i 1 d o r f, die P f a f f B u r k a r d Esel d iesem Kl. vermachte ,

44 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

1334 6. Nov. A n d r e a s Lebar t , B. zu Haigerloch, sein Sohn Friedrich, P f a f f Heinrich, Albrecht u n d Berthold, B r ü -der genann t „die Esel" B. zu Haigerloch, v e r t r a g e n sich mi t Ab t Wal t e r v. Alpirsbach dahin , daß sie auf das Schmelzl ingsgut in W e i 1 d o r f verzichten.

1339 14. Ami. Ber tho ld d. R i t t e r von G r u o r n (Gruol) gibt an das Kl. A. das G u t s a m t Lehenschaf t , das er von diesem zu Lehen ha t te , zurück.

1342 18. Jul i . Hz. Fr iedr ich v. Teck, H e r r zu O b e m d o r f , ve r -zichtet auf 5 Scheffel K e r n e n und 10 Sch. Haber , 15 Pf . Hlr . Tübinger , 5 Fas tnach t shühner , das j ähr l . Vogtrecht von den G ü t e r n des Kl. A. zu G r u o l , W e i l d o r f und O w i n g e n , das K o n r a d L a m p v. Wei t ingen an den Conven tua len zu Alpirsbach, B u r k a r d v. Stoffe ln , u m 30 Pf . Hlr . f ü r den Al t a r U. L. F. im Müns t e r zu Alpirsbach v e r k a u f t e .

1344 22. Jul i . G e r t r u d v. Bubenhofen , J akobs d. Tier ingers sei. Ehe f r au , verzichtet gegen den Abt von Alpirsbach auf den Hof zu O w i n g e n , gen. Ka lkhaus , u m 4 Pf . Hlr .

1348 25. Jul i . Albrecht S te ine r v. B i t t e lb ronn verk . an Ab t u n d Conven t zu A. 1 Ma l t e r Roggen jähr l . Gü l t aus Conzlishof zu W e i 1 d o r f, u m 6 Pf . Hlr .

1348 6. Sept . Fr iedr . Fa iß v. Ih l ingen verk . u m 14 Pf . Hlr . e inen j ähr l . Zins von 1 Pf . 4 Ba tzen aus des u n t e r e n Hesen G u t zu Bi t t e lb ronn (welches?) an das Siechen-haus zu Alpirsbach.

1349 20. Okt . Ueli S tö r zu Weildorf verk . 1 Mal t e r Roggen jähr l . Gü l t u m 5 Pf . Hlr . an Kl. Alpirsbach.

1349 21. Okt . Albrecht d. Schul theiß von Haigerloch v e r k a u f t 2 M. Roggengil t aus dem Gut zu H a r d an Kl. A. u m 12 Pf . Heller .

1351 23. Jun i . Das Kl. A. findet sich mi t den 4 B r ü d e r n Theodorich Wal ter , J a k o b u n d Hugo, J ä k l i n s sei. Söh-n e n v. Tier ingen, m i t etlich P f u n d e n Hlr . wegen des Hofes zu O w i n g e n , Ka l tho fe r s Hof, ab.

1358 13. Dez. Hz. H e r m a n n v. Teck eignet dem Kl. A. von Fr iedr ich von Wei t ingen ü b e r k o m m e n e n Gü l t en zu G r u o l .

1358 16. Dez. Fr iedr ich v. Wei t ingen verk . an Kl. A. seine Korngü l t zu B i t t e l b r o n n (welches?) u m 93 Pf . Hlr .

1359 25. Sept . K o n r a d v. War t enbe rg , Hof r i ch te r in Rot twei l , u rkunde t , daß Fr iedr ich v. Weit ingen, Sohn d. H an s v. Weit ingen, und des e r s te ren F rau , Ger t rud , auf ih re Gü l t en zu Bi t t e lb ronn (welches?), nachdem sie diesel-ben an das Kl. A. u m 95 Pf . Hlr . v e r k a u f t , verzichtet haben .

1367 1. Mai. Conz Z immel r i verk . 10 M. Roggen jähr l . Gü l t aus se inen G ü t e r n zu I m n a u an Diemen v. Te t t ingen u m 100 Pf . Hlr .

1385 28. Nov. K o n r a d v. Thier ingen, C o n v e n t h e r r zu Alp i r s -bach, und B r u n o Schenk v. Schenkenste in , beide Pf leger seines sei. B r u d e r s Dietrich v. Thier ingen, s t i f t en eine J a h r e s g ü l t von 2 M. Vesen aus 2 Aeckern „bei dem S u r b r u n n e n und im Rodgas t" zur Obe r s t ad tkap lane i in H a i g e r l o c h . Der P f a r r h e r r E b e r h a r d v. Weildorf gibt dazu „haisen u n d r a u t " (Auf t r ag und Rat).

1391 16. Nov. K o n r a d v. Volmar ingen, Ab t zu A. bestel l t den dem Klos ter le ibeigenen Wal te r S tahe l von B e t r a zum Klosterpf leger in Oberndor f .

1392 5. Jun i . Hz. Leopold v. Oestereich v e r p f ä n d e t an Ulin Branthoch, Vogt zu Horb, f ü r 482 Pf . Hlr . die jähr l iche Gül t von 28 Pf . Hlr . aus der S teuer zu G r u o 1, 28 M. Korn aus dem La ienzehn ten und a n d e r e Gül ten d a -selbst.

1392 16. Nov. Der Schul theiß von H a i g e r l o c h , H e r m a n n Fu lhabe r , entscheidet , daß der von den Klosne r innen zu St. Remigius in O b e m d o r f angesprochene Aecker in B i t t e l b r o n n d e m Abt. zu A. unbed ing t zustehe.

1400 1. Mai. B u r k a r d von W e i 1 d o r f ve rk . 2 J a u c h e r t Ackers zu W e i 1 d o r f an die K lausne r innen d a -s e l b s t u m 14V« Pf . Hlr .

1401 18. J an . Das Hofger icht zu Rot twei l u r k u n d e t , daß W a l -t e r S tahe l zu B e t r a an den Abt Heinrich u n d Convent zu A. eine jähr l iche Gül t von 4 M. Roggen aus 2 G ü t -lein zu B e t r a zu zahlen schuldig sei.

1401 16. März. Gr. Ebe rha rd , H e r r zu Ne l lenburg und L a n d -graf im Hegau und Madach, e ignet dem Kl. H a b s -t h a l den ha lben Zehn ten zu V ö l k o f e n mi t Zuge-hör, den es, ein Nel lenburgisches Lehen, von den K i n -de rn der sei. M a r g a r i t h a v. Bar te ls te in , welche E h e f r a u des Menloch v. Le ins te t t en war , e r k a u f t habe, u n d ve r -zichtet auf seine Lehenrech te da rau f .

1401 4. Jul i . Die K lausne r innen in W e i 1 d o r f wechseln mi t dem Kl. A. e inen Acker gegen eine Wiese aus.

1405 14. Febr . Die the lm der Tier inger verk . des Engelhochs Güt le m i t Zugehör in Haigerloch an den Pf leger d. Kl. A. in Haigerloch u m 3 Pf . Hlr .

1405 17. Ju l i Volkar t v. Ow, gen. W u t f u ß , s tel l t e inen Lehen -revers gegen Abt Heinrich v. A. u m das Gu t Schönra in bei S t e i n gegen jähr l ich 15 M. Vesen, 7 M. Haber , 1 P f d . H a b e r an die Pf leger Haigerloch aus.

1406 24. Febr . W e r n e r -Kind, B. zu Haigerloch, verk . an Heinrich Hagg, Ab t zu A. e ine Wiese in G r u o l u m 9 Pf . Hlr .

1415 24. Nov. Wilhe lm Schenk v. S t a u f f e n b e r g u rkunde t , daß seine F r a u Aga tha Swälher in , u n d seine Söhne das Wasse rhaus mi t Zugehör und den ha lben Teil des Ho-fes zu G r u o l i nnehaben u n d nießen sollen.

1423 12. März. Aga tha Schwälher in , Wi lhe lm Schenk v. S t a u f -f enbe rg F r a u verk.. ihre Häuse r mi t G ü t e r n zu Gruol an Abt Hugo (v. Leins te t ten) und Conven t zu Alpirsbach um 410 Pf . Hlr .

1423 12. März. Konrad , Sohn Wi lhe lms Schenk v. S t a u f f e n -berg, u r k u n d e t , daß seine M u t t e r Verkauf an A b t Hugo mit se inem Wissen geschehen sei.

1423 11. Nov. Wilhe lm Schenk v. S t a u f f e n b e r g v e r k a u f t an Hugo v. Leins te t ten , A b t v. A. eine Leibeigene und deren K i n d e r in B i t t e l b r o n n u m 3 fl.

1424 9. Sept . Das Gericht in H o r b e rkenn t , der Ab t Hugo v. A. solle f ü r die von Wilhe lm Schenk v. S t a u f f e n b e r g und se iner F r a u Aga the Swä lhe r in a m Gregor ien tag 1423 e r k a u f t e n H ä u s e r und G ü t e r den Kaufschi l l ing hinter legen, bis de r L a n d t a g in Rot twei l übe r den V e r -kauf e r k a n n t habe. Schluß folgt .

Kurznachrichten H e r r D r . K a i c h r e u t e r vom S t a d t a r c h i v R e u t -

l i n g e n übe rgab uns in d a n k e n s w e r t e r Weise die Abschr i f t de r fo lgenden 2 Br ie fe aus dem dor t igen Archiv.

Zur Trochtelfinger Zunftgeschichte 1735. 2. J a n u a r

J o h a n n e s A n c k h o f e r , B ü r g e r zu Trochtel f ingen u n d N a g e l s c h m i e d , h a t sich beschwert , als er jüngs t dem K a u f m a n n H a n s Jacob F i n c k zu Reut l ingen, m i t d e m er schon l ange J a h r ohne A n s t a n d und Hinde rn i s gehandel t , durch se inen L e h r j u n g e n etliche 100 beste l l te Nägel habe ü b e r t r a g e n lassen, sei dieser L e h r j u n g e auf ö f fen t l i chem M a r k t durch die Reu t l inge r Nagelschmiede bei den H a a r e n e rgr i f fen , zu dem Z u n f t m e i s t e r u n d letztlich zu dem B ü r g e r -meis te r g e f ü h r t und u n t e r dem P r ä t e x t ( = Vorwand) des Haus ie rens zu Er legung von 1 fl 20 Kr . angeha l t en worden . Zugleich sei Anckhofe r f ü r e inen P f u s c h e r ausge ru fen w o r -den. Dieses V e r f a h r e n m u ß umso bedenkl icher angesehen werden , als Anckhofe r bei de r nach den ä l t e ren kaiser l ichen Pr iv i legien und Reichs-Const i tu t i s vor m e h r als 100 J a h r e n er r ichte ten fü rs t l i chen Lade zu Trochtel f ingen e inver le ib te r Mi t - und d e r m a l e n selbst Z u n f t m e i s t e r ist, welcher sich j e -derzei t ehrl ich a u f g e f ü h r t u n d sich das Haus i e r en n iemals h a t e infa l len lassen, jedoch die bei ihm beste l l te W a r e j edes -m a l gehörig ve r f e r t i g t u n d dahin, woh in es der c o m m e r -cierende Teil ver langt , ohne Ans toß gel iefer t ha t . M a n e r -w a r t e t also, daß dem J o h a n n e s Anckhofe r auße r der Rück-gabe der a b g e n o m m e n e n 1 fl 20 Kr . und E r s t a t t u n g seiner Unkos ten hinlängl iche Sat i s fac t ion ve r scha f f t werde, damit m a n nicht v e r a n l a ß t sein müsse, dagegen mißl ieb ige Mittel an H a n d zu nehmen . Es w i r d we i t e r e rwar t e t , daß sowohl dem Anckhofe r als a l len hiesigen U n t e r t a n e n das Commer -cieren zu Reu t l ingen u n v e r w e h r t b le iben werde .

Fü r s t enbe rg -Mösskü rche r Amtskanz le i Papiers iegel : Trochtelfing. A m b t s Sigill. Or. Pap .

1735. 3. J a n u a r Reut l inger A n t w o r t an die Fürs tenberg i sche Kanzle i

in Trochtelf ingen. Auf das Schreiben der Fürs tenberg i schen Kanzle i ist die

Sache vom B ü r g e r m e i s t e r a m t genauer un te r such t u n d er-f u n d e n worden , daß, w e n n der L e h r j u n g e gleich a n f a n g s der Reut l inger Meis ter des Nage l schmied -Handwerks die eigent-liche Beschaf fenhe i t der Sache entdeckt und b e k a n n t h ä t t e die ganze Sache nicht in diese Wei t läuf igkei t ve r fa l l en w ä r e Das Haus ie ren und P fuschen ist ja in al len H a n d w e r k s - O r d -nungen verbe ten . Dem Meis te r Anckhofer ist vo l lkommen! Sat is fac t ion verschaf f t , indem die Reut l inger Meisterschaf ihn wieder h a t f ü r ehrlich e rk l ä r en und das h in te r l eg te Gele zurückgeben müssen . Zugleich wi rd die obrigkeit l iche Ver-

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 45

Sicherung erteilt , daß dem A n c k h o f e r oder andern F ü r -s tenberger Un te r t anen und Handwerksgenossen, wenn sie in Reut l ingen commercieren wollen, solches ganz und gar nicht ve rwehr t sein, jedoch den Handwerks -Ordnungen gemäß ge-schehen soll. ß M u R d g t R

(Furchtbare Handschr i f t des Syndicus Joh. Georg Beger.) Konzept Pap.

Ehemalige Burg First bei Oeschingen Der Geschichtsfreund wi rd nicht an den engeren Grenzen

der Heimat Halt machen, sondern auch gelegentlich da rüber hinausschauen, zumal m a n je tz t per Auto leicht die Mög-lichkeit hat, historische S tä t t en zu besuchen. Wer von Mös-singen nach Oeschingen gegen den Roßberg wander t , sieht l inks der Straße, unwei t der Mühle, einen unbewalde ten langgestreckten Hügel, auf dem einst die Burg Fi rs t stand. Ein Hesso von First k o m m t schon in den Gründungsak ten von St. Georgen im Schwarzwald um 1100 vor, als Letzter des Geschlechts s tarb Hans Konrad von Fi rs t 1564. Ein an -derer Konrad von Für s t ha t t e 1481 einen Teil an Burg Ringingen samt dem Kirchenpatronat , als Schwiegersohn der Schwelher. Schon 1427 ist die Rede vom B u r g s t a 11, d. h. zerstörte Burg Fürs t bei Eschingen. Fürs t wi rd als „der vor -derste Berg" erklär t . Heute ist n u r noch ein Graben zu sehen.

Nun wurde die Burg o f fenbar nach 1427 wieder aufgebaut , denn wir besitzen aus dem J a h r e 1741 eine Beschreibung der nun „Schloß" genann ten Anlage, die durch Kauf im J a h r e 1756 an die Gemeinde mi t der Verpfl ichtung überging, sie abzubrechen, weil die Gebäude zuletzt als ärgerliche Tr ink-spelunke verschrieen waren . Als Pre is sind 8000 fl. genannt , der als sehr hoch bezeichnet werden muß. Es heißt nun in der Beschreibung:

„Das Schlößlein oder Burg ist ein Gebäude, das in die Vierung geht und drei Stock bis unter das Dach hat, sonst m e h r einem Turm, als einem Wohngebäude gleicht. Es ist gegen 30 Fuß lang und ebenso breit , erreicht auf beiden Sei-ten das Ende und Präcipice (Abhang) des Berges. Un te r die-sem Gebäude ist ein kleines Kellerlein, worin etliche Fäßlein Wein und die Milch v e r w a h r t werden können. Darübe r ist ein Pferdes ta l l zu 3—4 Pferden , aber dermalen s teht eine Mostkel ter darin. D e r 1. S t o c k : Eine Stube mi t vier Vier-te l fens tern und 1 i rdenen Ofen, ist ge tä fe r t und mi t g rü -nen Aufzugläden versehen, daneben eine kleine Küche und gegenüber 2 Kämmerle in . Z w e i t e r S t o c k : Dasselbe ohne Fenster , Ofen, ohne Herd noch Belag. D r i t t e r S t o c k : Fruchtbühne, aber schlechter Boden. Das Ganze ist im Einbau schlecht und nicht m e h r w e r t als daß solches bis auf den Boden weggebrochen wird. Fe rne r gehört ein Maierhaus dazu einerseits des Berges nach der Länge, an -derersei ts gegen der Hofrai t in , mi t k le inem 15 Schuh langem und 12 Schuh bre i tem Keller, daneben noch ein s tal lar t iger Keller oder Gefängnis, der Eselstall genannt . Zu diesem Ge-bäude gehört überzwerch eine Scheuer mi t ans toßender Kel-ter mi t 2 Sta l lungen f ü r 20—25 Stück Vieh. An Platz blieb nu r noch ein kleiner Fußpfad gegen Oeschingen. Auf der andern Seite erstrecken sich diese Gebäude bis ans Ende des Berges. Unten am Berg wurde 1739 eine neue Scheuer e rbaut mit Röhrenbrunnen . Hinter dem Schloß f indet m a n einen 30 Schuh t iefen Brunnen zum Schöpfen, 5 Schuh wei t ausge-mauer t , der 1720 e rbau t wurde. Der Schloßgarten ist 2 Mannsmahd groß, Wiesen gehören 23 Mm. dazu, Aecker 11 Morgen und 6 Morgen T e i l w e i n b e r g e in der Schalt-halde, sowie 150 Morgen Wälder." (Reutl. Gasch.-Blätter 1908, 91 f.) Kraus .

Klause zum Heiligen Kreuz in Rangendingen Anno 1762, am 28. August, ist die K l o s t e r k i r c h e

vom heiligen Kreuz vom Weihbischof, Comes de Fugger k o n s e k r i e r t worden. Am selben Tage w u r d e n h ier auch &4 Knaben und 111 Mädchen gefirmt. (Taufbuch der Pfar re i , angelegt 1657, II. Teil, Firmungsverzeichnis) .

Im Totenbuch der P f a r r e i (angelegt 1758) f indet sich vom 17. Mai 1771 folgender Eintrag. Im Kloster s tarb die ehrw. F r a u Maria Dominika Kuenin, gebürt ig von Bret te lshofen bei Mark t Biberach unwei t Augsburg und Dillingen. Ihr Leichnam wurde, da die Klosterkirche wei tere Leiber nicht a u f n e h m e n kann, auf Bit ten der Klos te r f rauen vom Orts-p f a r r e r der geweihten Erde übergeben.

Am 18. Ju l i 1781 findet sich der Eint rag: Die ehrw. F r a u M. Viktoria Huber in des hiesigen Klosters z. hl. Kreuz P r o -fessin, gebürt ig von Bais-Weil in Schwaben, al t 53 Jahre , im 38. P ro feß jahr , verschied im Herrn . Da die Klos te r f rauen z. Zt. keine eigenen Begräbniss tä t ten haben, wird ein Grab auf dem Friedhof der P fa r r e i gewährt , solange bis darüber magis sit dispositum.

Eberhaltung des Pfarrers Das Trochtelfinger A'iHienzprotokoll vom 15. Mai 1810

meldet (Staatsarchiv'/: W a seit unfürdenkl ichen J a h r e n keine Schweinezucht mehr k Ringingen war , je tz t aber Christoph Stölzle, der Sohn des Fidelis, etliche Mutterschweine hält, g laubt er dem Her rn P f a r r e r davon den Zehnten n i c h t schuldig zu sein, da dieser nicht den Eber halte, wie es der S t ad tp f a r r e r von Trochtelfingen tue. Nach Aussage al ter Leute sei er in diesem Falle keinen Blutzehnten von Schweinen schuldig, da der P f r ~ r e r den Eber nicht halte. Im P f a r r u r b a r von 1694 ist jec /ch keine Rede vom Eber, wohl aber von der Pflicht der J f a r rk inder , den Zehnten zu geben von Kälbern, Füllen, Kitzen, Lämmern , Bienen und Schweinlein. Stölzle wurde also mi t seinem Anspruch abge-wiesen. Tatsächlich w a r die Eberha l tung im 16. J a h r h u n d e r t dem P f a r r e r obgelegen, wie aus dem Urba r von 1545 h e r -vorgeht. Später ha t m a n dies jedoch als f ü r einen Geist-lichen unpassend abgehen lassen. Krs.

Schwedengreuel in Rangendingen, Bisingen und Burladingen Während der wür t tembergischen Besetzung der Grafschaf t

Hechingen im 30jährigen Krieg erli t t die Grafschaf t 260 959 fl Schaden; davon entfielen auf Rangendingen 17 210 fl und auf das Frauenklos te r 2000 fl. In der Kostenberechnung Ran -gendingens über die J a h r e 1632 und 1633 heißt es: Nach und nach w u r d e n 15 Häuser verbrannt , der ganze Flecken in den äußers ten Ruin gebracht, so daß noch in ke inem Flecken oder Stadt ein solcher Schaden geli t ten worden.

Ueber den Schwedeneinfal l heißt es ü b e r Rangendingen: In Bisingen wurde in der Kirche alles geraubt , Kelche,

Chorröcke, Monstranzen, Alben, Altar tücher , Reliquiarien, und die Al täre entweiht und ähnlich ergings den Kirchen in Rangendingen und Burladingen. Rangendingen wurden 75 P fe rde mit Gewalt weggenommen. Rangendingen zählte 1620 e twa 70 Bürger . Im J a h r e 1640 waren vorhanden : 47 Bürger , 6 Witwen, 23 Personen außerha lb des Landes, 10 Stück Vieh und 0 Pferde . Im J a h r e 1635 sah sich der Fü r s t Eitel Fr ied-rich genötigt, Rangendingen f ü r qua r t i e r f r e i zu erklären. Die Behand lung der Bevölkerung durch die of t be t runkene Soldateska w a r g rauenhaf t . Hunger und Pes t r a f f t e n sehr viele Personen dahin. (Mitteilungen 31. J ah rg . Seite 125 ff.) Bei der Belagerung der Burg Hohenzollern fielen aus Ran -gendingen am 1. 10. 1633 J o h a n n Raad und im Oktober 1633 David Hohenberger .

Die Schmeie und mi t ihr alle Anwohne r f r euen sich jetzt schon über die in diesem J a h r 1962 geplante Groß-Klä ran -lage der Gemeinden Ebingen, Tailfingen und Onstmett ingen, die einige Millionen kosten wird. Es bes teht also Hoffnung, wenn alles klappt, daß wieder sauberes Wasser s ta t t s t in-kender Moras t der Donau zufließen wird. Zwar ha t ein Zeitungsschreiber dem Bache nicht nu r den richtigen Namen gestohlen, indem er ihn „Schmiecha" nannte , was die al ten Ebinger n iemals sagten, sondern auch die E h r e ge raub t mit der unsinnigen Behauptung, die Schmiecha t rage die Schuld an dem Mil l ionenaufwand! Wer denkt da nicht an die Fabel vom L a m m e und dem Wolf? Dieser beschuldigte jenes frech, es verschmutze das Wasser, weil es am Bache u n t e r h a l b von ihm t r ank und es daher zur S t r a fe au f f r aß . Oder m a n kann an jenen Tübinger Googen er innern , der einer P r o -fessorsfrau, der er den Abor t leerte, auf ihre Beschwerde, es st inke so abscheulich, n u r mit e inem vielsagenden Blick schwäbisch an twor te te : „I bi's it gwea!" So ist auch die Schmeie nicht schuld gewesen!

Auch in Bur ladingen ist eine Kläran lage geplant, die hoffentl ich ob der Kosten des neuen Rathauses nicht wieder „in die Hörner schlupft!" Krs.

Der Rangendinger Kirchenrektor Nikolaus N. wurde am 19. März 1438 wegen Ver le tzung der Residenzpflicht nach Konstanz zitiert, was die umliegenden P f a r r e r öffentl ich zu verkündigen ha t ten (Erzb. Arch. Ha 300 h, S. 168).

4 Höfe zu Weilheim. In der Herrschaf t Zollern verschwin-den die Her ren von Weit ingen im J a h r e 1659. Ihr einziger Besitz waren noch die 4 Höfe, das Schönberger Gut, der Pflanzer- , Sölder- und Schulerhof zu Weilheim, welche sie von den Gra fen von Zollern zu Lehen t rugen, welche aber dem Hans Sigmund und Georg von Weit ingen wegen s ta r -ker Verschuldung und begangener Lehensfelonie (Untreue gegen den Lehensherrn) abgenommen wurden . Im J a h r e 1659 wurden diese Höfe an Wilhelm August in von Liechten-stein zu Neckarhausen verliehen, im J a h r e 1689 aber an das K l o s t e r R a n g e n d i n g e n verkauf t .

46 H O H E N Z O L L E : I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1 9 6 2 ' 1 * 1 » • I 'Jl 1 11 I 'l

Die Erdölbohrung im unteren Schmeiental, wenige Ki lo-m e t e r obe rha lb S igmar ingen , an der E i n m ü n d u n g in die Donau, die im Apr i l 1961 v o r g e n o m m e n wurde , h a t nicht zum e r s ehn t en Ziel ge füh r t , wesha lb m a n den B o h r t u r m wieder abbaute . Z w a r w u r d e in 800 Me te r Tiefe eine ö l f ü h -rende Schicht erreicht , abe r die F ö r d e r u n g lohnte sich nicht. Als d a n n der B o h r e r in 1000 Me te r Tiefe auf G r a n i t stieß, w u r d e die we i t e re Suche eingestel l t und das Bohrloch mi t Zemen t verschlossen. Ebenso gespann t sein k a n n m a n auf eine B o h r u n g u n t e r h a l b Bur lad ingens im F e h l a t a l , w o m a n in 80 Me te r T ie fe auf Weiß ju ra -Alphasch ich ten zu t r e f -f e n und reiche V o r r ä t e a n T r i n k w a s s e r f ü r das Kre i swasse rwerk zu f inden ho f f t . Da die geologischen Schich-ten der Alb nach S ü d e n fal len, ist nicht recht klar , wo diese „reichlichen Wasse rvo r r ä t e " b i sher eigentlich h in k o m m e n sollen. Krs .

Die Pfarrei St. Patrik in Zimberen im D e k a n a t Haigerloch h a t u m 1437—40 von m e h r e r e n K a r d i n ä l e n e inen Ablaßbr ief e rha l ten . Da zum I n k r a f t t r e t e n die Z u s t i m m u n g des z u s t ä n -digen Diözesanbischofs nöt ig war , h a t Bischof Heinrich IV. von H ö w e n zu Kons tanz (1436—62) seine G e n e h m i g u n g u r -kundl ich auf P e r g a m e n t gegeben und dieses t r ans f lx im m i t se inem Siegel an den Ablaßbr ief gehef te t . Diese zwei U r -k u n d e n w u r d e n d a n n nach He i l igenz immern geschickt. Wo-hin mögen sie wohl g e k o m m e n sein? (ebenda S. 128; Erzb. Arch. Ha 330 h). Krs .

ScheJmenwiesen, Sche lmenwasen , Schelmenäcker sind n i c h t nach Gaunern , Schelmen und Uebe l t ä t e rn a n d e r e r Ar t benann t , sondern das a l te Wor t S c h e l m b e d e u t e t P e s t , S e u c h e , v o r a l l e m V i e h s e u c h e , d a n n t o -t e r K ö r p e r , A a s , u n d w u r d e erst spät zum Sch impf -wor t wie Siech, Kog, Kaib, Schindooß. F lu r s tücke m i t d iesem N a m e n Schelm - . . . zeigen meis t e inen S c h i n d a n g e r an, a u f d e m d a s a n S e u c h e e i n g e g a n g e n e V i e h v e r s c h a r r t w u r d e . Ein Schelm ist ers t in neue re r Zei t als G a u n e r oder Strolch v e r s t a n d e n worden , in f r ü h e r e n J a h r -h u n d e r t e n n a h m Schelm = to te r T i e rkö rpe r gelegentlich die persönl iche B e d e u t u n g „Schinder, Abdecker" an und w u r d e auch zu „Scharf r ichter" , weil Sch inder - und H e n k e r a m t o f t in einer H a n d lagen. Kr .

Die Hohenzol ler ische Ze i tung vom 19. F e b r u a r 1962 b e -r ichtete: „In e iner G r u f t in der ehem. Klos te rk i rche von Alpirsbach sind bei G r a b a r b e i t e n f ü r e ine Heizanlage i n K a l k g e b e t t e t e Gebeine g e f u n d e n worden , die a l ler Wahrscheinl ichkei t nach die s terbl ichen Ueber res t e des Mi t -beg ründe r s des Klosters , des G r a f e n A d a l b e r t v o n Z o 11 e r n, sind. Die G r u f t w a r m i t e iner nicht pa s senden Steindecke abgeschlossen, doch paß t e ine n e b e n dem Hoch-a l ta r in die W a n d eingelassene P la t t e m i t dem Z o l l e r n w a p -pen genau auf die je tz t g e f u n d e n e G r u f t , die bei e iner E r -n e u e r u n g im J a h r e 1846 provisorisch abgedeckt w o r d e n w a r . Nach Ansicht der Mi ta rbe i t e r des L a n d e s a m t s f ü r D e n k m a l s -pflege hande l t es sich u m eines der ä l tes ten Zol le rngräber . "

Dazu ist zu sagen: A d a l b e r t von Zol lern h a t mi t R u o t m a n von Husen (Neckarhausen) und dem G r a f e n Alwig von Sulz u m s J a h r 1095 das Klos te r gegründet , u n d t r a t dor t selbst um 1099 als Mönch ein, w o er vor 1125 ges to rben ist. Das g e n a n n t e W a p p e n neben dem Hochal ta r k a n n jedoch nicht vor 1150 angebrach t w o r d e n sein, da m a n seit dama l s ü b e r -h a u p t e rs t W a p p e n in Gebrauch ha t te . A b e r zweifel los k a n n -ten die Mönche des hl. Bened ik t noch u m 1200 und spä t e r sehr genau die Stel le des S t i f t e rg rabes . Rechts von d e m m e r k w ü r d i g e n Mit te ls to l len der Choraps is h a t m a n auch schon b isher den m u t m a ß l i c h e n P la tz des Grabes ge -nann t . Ueber dem H a u p t p o r t a l der Kirche wi rd übr igens das Bild des S t i f t e r s m i t se iner Ga t t in in V e r e h r u n g des H e i l a n -des gezeigt, e ine Deutung, die sehr viel f ü r sich ha t . Krs .

Aichelweise sollen die K inde r e r s te r und zwei te r E h e erben, he iß t es bei e iner E r b a b m a c h u n g u m 1570. Das he iß t : Die K i n d e r be ider E h en g l e i c h e r w e i s e sollen E r b e n sein. Es ist dasselbe Wort , wie es in Eichmeis ter v o r k o m m t und vom lateinischen a e q u a r e - g l e i c h m a c h e n zu-r ü c k z u f ü h r e n ist.

Das Ortswappen von Hausen i. K. zeigt seit dem 13. J a n . 1949 in schwarzem Schild e inen we ißen Wel lenpfah l (zolle-rische Farben) . Es deu t e t an, daß auf der G e m a r k u n g H a u s e n im Ki l ler ta l sich die F lußsys t eme Rhe in und Donau (Starzel -Fehla) scheiden. In seiner E infachhe i t ist das n e u e W a p p e n geradezu vorbildlich und sehr e inprägsam!

Albert von Kirwilre, 1241, von dem im J a h r g a n g 1955 Sei te 63 ber ichte t wurde , gehör t wahrscheinl ich n i c h t in unser Adelsgeschlecht von Killer, sondern den lo thr ingischen Or t Ki r rwe i l e r im Kre i s Forbach, w ä h r e n d f ü r die g le ichnamige Gemeinde im Elsaß (Krs. Zabern) ke in Adel b e k a n n t ist. Das U r k u n d e n b u c h de r Bischöfe von Speier von F. X. R e m -ling 1852 b r ing t e ine Anzahl R i t t e r aus dem lothr ingischen Ki r rwei le r (bzw. Kirwi l re) als Vasal len der g e n a n n t e n K i r -chenfü r s t en : 1204—1220 Egino senior und Egino jun . ; 1217 Eginos B r u d e r Alber t , 1218 Anse lm und sein B r u d e r Dietrich, le tz te rer schon 1211 als Ri t ter , 1239 Dietrichs Sohn Alber t . Le tz te re r d ü r f t e der 1241 e r w ä h n t e A lbe r t von Ki lwi l re sein. 1248 Anton von Ki lwi l re m i t den be iden B r ü d e r n G. und J. von Wilenstein. 1271 An ton Truchseß v. K , 1294 Anton und W a l t h e r g e n a n n t Snidelin, 1316—34 Ri t t e r Diether , 1334—37 Ri t t e r Die ther der j ünge re mi t Ga t t in Gisela, der im e r s t -genann ten J a h r e in die P f a r r k i r c h e Ki r rwe i l e r e ine M a r i e n -kaplane i s t i f te t . Endlich 1334 noch ein Edelknecht Heinrich v. Kirwi l re . Krs.

Lorch zu Killer. Im J a h r e 1626 ha t Michel Stalegger , der zu Ringingen w o h n t und als Ki l l emer Ausbü rge r gilt, dem H an s Lorch dase lbs t sein Lehen f ü r seinen Sohn Hans W e r n e r als des Lorchen vermeint l ich S c h w e s t e r m a n n ve r -k a u f t . Aus der Hochzeit w u r d e jedoch nichts und der Kauf dahe r kassier t . Des Lorchen St iefsohn zu Kil ler he iß t K a s p a r Diepold. Am 20. Apr i l 1630 ber ichtet das Pro tokol l : Michel Sta legger zu Ring ingen h a b e se inen Hof zu Kil ler nicht übe r H e r b s t angesä t u n d nicht gehäber t . Die L e h e n f r ü c h t e sind aufgeschlagen ( = rückständig) und er am S t a t t k o r n 6 Mal te r schuldig. Sein Weib begehr t zu ver le ihen oder zu v e r k a u f e n . Darauf erg ing der Bescheid: Die H e r r s c h a f t Zol lern w e r d e das Lehengu t m i t Recht als v e r w i r k t ansprechen. Krs.

Hintersassen h ieß m a n noch im 18. J a h r h u n d e r t E i n w o h n e r eines Dorfes, die z w a r u n t e r e inem H e r r n saßen, abe r k e i n B ü r g e r r e c h t ha t t en .

Aus „Gammertingen in Neupreußen" w u r d e 1868 Kuno Schmid u n t e r die Theologen in F r e i b u r g a u f g e n o m m e n . So s teht es wenigs tens in den A k t e n des theologischen Konvik t s in F re ibu rg geschrieben. Natür l ich ist H o h e n z o l l e r n ge-mein t .

Der Zwicker oder Zwigg sagt m a n im Dialekt s t a t t Zwi t t e r (zweigeschlechtlich oder Mischling aus zwei A r t e n o. ä). Man m a g diese F o r m f ü r eine L a u n e oder Feh len twick lung der M u n d a r t ha l ten , w i rd abe r doch sehr e r s t a u n t sein, daß es bei S t r a ß b u r g im Elsaß eine W e i n s o r t e gibt, die m a n ebenfa l l s Z w i c k e r oder E d e l z w i c k e r heißt . Z w a r ha t e iner gemeint , dieser W e i n n a m e k o m m e daher , daß m a n die sehr kurzs t ie l igen T r a u b e n abzwicken müsse . A b e r tu t m a n dies nicht auch be im H e r b s t e n a n d e r e r T r a u b e n ? Das Eigentümliche der Zwickerweine im Elsaß bes teh t jedoch darin, daß z w e i e r l e i Sor ten von T r a u b e n z u s a m m e n ge-ke l t e r t u n d ve rgoren werden . W e n n dabei die E d e l t r a u b e n überwiegen, r ede t m a n von „Edelzwicker". So l iegt es nahe, an e inen Z w i t t e r w e i n zu denken, zumal der Weinor t Reichenweier im Elsaß durch J a h r h u n d e r t e wür t t emberg i sch war , die schöne schwäbische M u n d a r t also sehr wohl dort Einf luß ausgeüb t h a b e n k a n n . Krs.

Der Gauchsbrunnen von 1695 (heute G r a u ß b r u n n e n ) bei Ring ingen e rhä l t durch das He imatbuch von Bur lad ingen (Kar te vor S. 45) e ine schöne Er l äu te rung . Hie r wird n ä m -lich die wald ige Gegend um den g e n a n n t e n B r u n n e n als „Oberer Gauch" bezeichnet, was in Ringingen selber völlig u n b e k a n n t i s t , wenigs tens hö r t e ich dies noch nie, f a n d es auch in ke ine r U r k u n d e ! W ä h r e n d m a n bei Gauchs-b r u n n e n noch an die k le ine ro te K r ö t e n a r t „Gugger" den -k e n könnte , d ü r f t e diese Able i tung durch das ve rhä l tn i s -m ä ß i g große Gebie t de r F l u r Gauch, die sich bis zum Ste l l -flecken einschließlich ers t reckt , wohl zwe i fe lha f t geworden sein. E n t w e d e r w ä r e an Gauch = Kuckuck zu denken, oder e inen davon abgele i te ten F a m i l i e n n a m e n . Also an einen, der sich gäucht (gaicht) oder groß macht . Al lerdings gehör ten mindes tens seit dem 16. J a h r h u n d e r t diese W a l d u n g e n be -s t immt n i c h t n u r e inem einzigen Mann . So bleibt eben der Vogel Kuckuck als das Wahrscheinl ichste . Kr.

Stump zu Killer. 1613 k lagte A n d r e a s Ge isenhofe r zu Ringingen gegen den K a s p a r S t u m p zu Killer, er h a b e ihm mi t Schafen u n d Sauen die Güte r verä tz t , so daß er e inen Wagen Heu ver lor . J e n e r meinte , er sei nichts schuldig, h ä t t e j ene r „vermacht!" Krs.

• i f i J a h r g a n g 1962 * i O H l , N Z l > u L i B I S C H E H E I M A T 47

Schwäbisches I m Breisgau h a t sich eine „Vereinigung" von Dichtern,

Schr i f t s te l le rn und a n d e r e n H e i m a t f r e u n d e n zur F ö r d e r u n g u n d E r h a l t u n g der a lemannischen M u n d a r t gebildet . Die Schweizer sind schon lange rühml ichs t b e k a n n t f ü r ih re Hochschätzung des Dialekts , dessen sich auch S t u d i e r t e L e u t e n i c h t s c h ä m e n . Bei uns scheint in dieser Rich tung viel v e r s ä u m t zu werden , w e n n m a n von dem m e r k w ü r d i g e n Honora t iorenschwäbisch der Sendungen des südwes tdeu tschen R u n d f u n k s f ü r den B a u e r n absieht . A n -gesichts der gewal t igen F l u t hochdeutscher Reden u n d Druck-erzeugnisse in Radio, Zei tungen, F e r n s e h e n u n d I l lus t r ie r ten , v e r s t ä r k t durch die g roße Zahl der e ingebürger ten H e i m a t -ve r t r i ebenen aus dem Osten, ist die schwäbische M u n d a r t s t ä n d i g a u f d e m R ü c k z u g b e g r i f f e n ! Welche Schande! Deute, d ie einige Mona te aus dem heimat l ichen Dor fe in e iner f r e m d e n S t a d t waren , w e r d e n „ fahnenf lüch-tig" und schämen sich geradezu ih re r Mut te r sp rache! L e h r e r aus der Stadt , d ie nicht m i t dem Dorf und seiner E igenar t ve rwachsen sind, t u n ein übriges, u m die M u n d a r t zu u n t e r -g raben u n d lächerlich zu machen. Dabei b rauch t sie sich doch i h r e r H e r k u n f t u n d des F o r m e n r e i c h t u m s wegen keineswegs neben d e m Hochdeutschen zu schämen! Es sei n u r an die u r -wüchsigen W ö r t e r e r i n n e r t : Oißa, Mateere , Rufa , bschnotta , bhäb , Krazede usf.

Nun h a t f a s t j ede r Or t wieder einige Abweichungen von de r Nachba rgemeinde herausgebi lde t . In Bur lad ingen (und Ringingen) z. B. w e r d e n von den a l ten Leu ten alle Vokale vor m u n d n soweit möglich nasa l i e r t und lang gesprochen, ähnlich wie im Französischen, wobei das n meis tens ve r -schluckt wi rd . Wi r setzen es in K l a m m e r n u n d nennen Bei-spiele: Wa(n)d, kra(n)k, Ma(n)tel, Ka(n)zel, Ba(nk), Ma(nn), Ha(n)d, E(n)t, verbra(n)det , sche(nka), de(n)ka, leasa(n). Ebenso spr icht m a n nicht n u r im Kreis Balingen, sondern auch im Norden u n d Nordwes ten des Kre ises Reut l ingen!

Dagegen sind die n nicht verschluckt in: Kind, Band, Land, Rand , Vers tand , Hund . W e r d e n m oder n nicht verschluckt, so nasa l i e ren sie doch den v o r a u s g e h e n d e n S t i m m l a u t in fo l -genden W ö r t e r n : Bohn, Trohm, Ken ig (A. Speidel, H e i m a t -buch von Bur ladingen, 220). Aehnlich sind gebi ldet : (Ga(r)ta, hee(r)t , Gäa(r)sta, Hea(r)z.

M e r k w ü r d i g e r w e i s e gilt in Sa lmend ingen (und woh l auch Melchingen?) die n u r 5 k m von Ringingen e n t f e r n t sind, h e u t e diese Aussprache Ha(n)d, Ma(nte l usw. als a l t m o -d i s c h , u n f e i n u n d geradezu b a r b a r i s c h ! Hier ist m a n de r Uebe r l i e f e rung der H e i m a t u n t r e u geworden, u m angeblich „fortschri t t l ich" zu sein! Offensichtl ich h a t da e inmal ein Lehrer , P f a r r e r oder sonst j e m a n d geglaubt , die Sprache „verschönern" zu m ü s s e n u n d h a t vorsätzlich die M u n d a r t a b g e w ü r g t . Durch die W a f f e der L ä c h e r -l i c h m a c h u n g h a t er z w a r gesiegt, abe r sich selbst als N i c h t s w i s s e r bloßgestel l t . E r mein te , die M u n d a r t sei e ine v e r d e r b t e Schr i f tsprache, u n d dabei ist das Gegentei l de r Fa l l : Der Dialekt h a t sich gese tzmäßiger Weise aus ä l t e ren Sprachs tu fen , dem Mit te l - und Althochdeutschen, zur heu t igen F o r m entwickel t u n d ist we i t ä l t e r u n d e h r -w ü r d i g e r a ls das Hochdeutsche. Nachdem e inmal a b -s i c h t l i c h ein Gegensatz zu den Nachba rgeme inden ge-schaf fen war , bl ieb gerade dieser G e g e n s a t z (wie ü b r i -gens auch a n d e r w ä r t s beobachte t wird) ein f o r t d a u e r n -d e r G r - i n d zur Verg röße rung und E r h a l t u n g der sprach-lichen K lu f t .

Eine a n a e r e Eigentüml ichkei t in Bur l ad ingen (und Ring in-gen) ist der Ausfa l l des r vor s, t und zu in Wuuscht , B a a t Hiischwiit , Gwiiz, Waaz, Wuuzel, Schuuz, G u u t (Gürtel), Buuzer . Anderse i t s w i rd der Vokal bei Ausfa l l des r u m -gelau te t : Woat, Oat, Voatel . Heaz, Schmeaz. Viele ähnliche Beispiele aus der E igena r t der schwäbischen M u n d a r t f inden sich im genann ten Heimatbuch , sowie im Hohz. J a h r e s h e f t 1953, 122 ff , in der Kre i sbeschre ibung Bal ingen I, 429; OA. Beschr. Reut l ingen I, 112. Ach tung u n d tägliche Benu tzung der Mut t e r sp rache scheint wicht iger zu sein als Vere insg rün -dungen zu deren Schutz!

Der Gauselfinger Münzfund von 1951 (urspr. 46 Rot twei le r A d l e r b r a k t e a t e n und 22 Häller , j e tz t n u r noch 19 Hel ler in der S a m m l u n g auf dem Zoller!) sind behande l t von de r b e -s ten K e n n e r i n El isabeth N a u in e inem längeren Aufsa tz „ H a l l e r P f e n n i g e " (S. 37—38) in der Zeitschr. „Wür t -tembergisch F r a n k e n 1960 (Schwäb. Hall). Schon im J a h r 1952 ha t dieselbe Ver fasse r in den Gausel f inger F u n d im A u f -satz „Drei Rot twei le r P f e n n n i g f u n d e " behandel t , de r in H e f t 10 de r „Schweizer Münzb lä t t e r " 1952 erschien (S. 21—23). D e p o t f u n d e w u r d e n auch in Wi l lmand ingen und Müns ingen gemacht , die wie der Gausel f inger in die Zeit u m 1240—50 fa l len . Krs.

Hans von Westernach, Edelknecht , h a t t e 1471 u n d 1481 teil a m Pa t rona t s r ech t (Kirchensatz und Zehnten) zu Ringingen, ohne daß w i r den G r u n d d a f ü r kennen . Vielleicht w a r er der G e m a h l de r Marga re th Schwelher , Tochter des Met te lhans u n d d a h e r Te i lher r zu Ringingen (Hohenz. J H e f t 1938 S. 123). Auf eine a n d e r e Möglichkeit m u ß jedoch h ingewiesen w e r -den. Fal ls seine E l te rn Hans v. Westernach und Anas tas ia v. Grafeneck gewesen wären , der 1375 zu Ringingen saß, läge ä l te re r Besitz am O r t e vor. Dieser ä l t e re Hans v. .Westernach h a t l au t Oswald Gabe lkofe r s Mise. hist. (Landesbibl . S t u t t -ga r t Cod .h i s t . 16a S. 73) a m Montag vor dem Sonn tag Oculi (12. 3.) 1403 seiner j ungen H a u s f r a u Anas tas ia v. Gra feneck u m 1350 P fd . Hell. Morgengabe das Dorf Wei ler b. B l aubeu ren s a m t se iner dor t igen Veste und a l lem Zubehö r und ande ren G ü t e r n verschrieben, a u s g e n o m m e n se inen Teil an der Ves te G r e i f f e n b u r g ob Weiler . Der Ringinger Besi tz k ö n n t e somit schon auf E b e r h a r d von Grafeneck zurückgehen u n d von dessen Tochter Anas tas ia an den ä l t e ren Westernach und dann an den jünge ren H a n s übe rgegangen sein.

Stetten b. Haigerloch. Anno 1534 w i r d dem Hans von Wei t ingen nach dem Tode seines B r u d e r s Wilhe lm zugeteilt , daß er die jähr l ichen 8 Gulden (oder 160 fl), die sie u m das Ewige Licht und den J a h r t a g versprochen ha t ten , r ichten soll. D a r u m verse tz t er den Mönchen (von wo? Alpirsbach?) seinen Hof zu S te t t en bei Haigerloch, der jähr l ich auf M a r -t ini 24 Mal te r Vesen (Haigerlocher Meß, 16 Vier tel f ü r 1 Mal t e r gerechnet), 30 ß f ü r 1 Schwein, 20 Eier u n d 4 H ü h n e r abwi r f t . Mit Hans siegelt sein Sohn J ö r g von Wei t ingen Cod. hist . Gabe lkofe r : 8; 16c i. Landesbibl . Stuttg.) Krs.

Leibeigenenkauf: Albrecht von Ow, g e n a n n t von Buch, Edelknecht , v e r k a u f t dem G r a f e n Fr iedr ich von Hohenzol-lern, gen. S t r aßburge r , den Cunz Enner l in u n d dessen F r a u Willin (Willibirg), m i t dem Sohne Cunz u n d der Tochter J u n t u n , die sein eigen mi t dem Leibe sind, u m 13 P f u n d Heller . Mi t ihm siegeln der Va te r W e r n h e r von O w und Alb rechts Söhne Albrecht u n d Volkar t (Gabelskofer : Mise, hist. 16c i. Landesbibl . S tu t tgar t ) . Krs .

Mühle zu Killer. A m 4. J a n u a r 1574 w u r d e gegen den Mül le r zu Kil ler geklagt , er habe durch sein schlechtes Ge-schirr die Ringinger aus der M ü h l e ve r t r i eben (Staatsarchiv D. 163, 136). Er m u ß t e die M ü h l e abgeben! Von 1584 an w u r d e n die Ringinger d a n n durch F ü r s t e n b e r g ganz in die Mühle nach Trochtelf ingen gebann t ! Ein „Mühlweg" nach Ki l ler u n t e r Hälschloch h inaus k o m m t schon im U r b a r 1545 vor. Krs .

Hechinger Daten: 1593 w a r P f a r r e r F r a n z Buckenmayer (bis 1599). F e r d i n a n d Or lando ist Toch te rmann des ve r s to r -benen Sebas t ian Schlegel von Gruol (vgl. übe r diesen M u -siker die Chronik von Egler -Ehrenberg . ) 1602 Kap l an J o -h a n n Georg Wesing u n d 1679 Coopera tor Michael Eberle , alle zu Hechingen. Krs.

An das

Postamt

i n

48 H O H E N Z O L L E H I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1962

Von Ringinger Truchsessen im B a u e r n k r i e g w a r b i s h e r nichts b e k a n n t . N u n b e r i c h t e t F r a n z R o t h e n b a c h e r in s e i n e m F ü h r e r d u r c h s g roße L a u t e r t a l 1958 S. 16: „ K u r z nach d e r e r s t e n g r o ß e n V e r s a m m l u n g de r a u f s t ä n d i s c h e n B a u e r n im Teutschbuch , be i d e r m i n d e s t e n s 2000 K ö p f e gezäh l t w u r d e n , s a ß e n de r P r o p s t v o n Mochenta l , Wolf v o n S te in , auch S w i g -ger v o n G u n d e l f i n g e n , se in V e t t e r S t e p h a n v o n N i e d e r g u n -del f ingen, A b t S e b a s t i a n v o n Z w i e f a l t e n u n d d i e b e i -d e n T r u c h s e s s e n G e o r g u n d H a n s v o n R i n g i n -g e n z u B i c h i s h a u s e n , S e b a s t i a n u n d Die t r ich S p ä t h zu Schülzburg , J a k o b v o n S t e i n zu Re ichens te in u n d W i l -h e l m v o n Ba ldeck zu M a g o l s h e i m b e i s a m m e n auf d e r B u r g H o h e n g u n d e l f i n g e n u n d be r i e t en , w i e sie die B a u e r n „zu P a a r e n t r e i b e n k ö n n t e n . " L e t z t e r e s ist doch w o h l s t a r k ge -f ä r b t , d e n n die Mönche v o n Z w i e f a l t e n h a t t e n ja v o r den B a u e r n fliehen m ü s s e n , die i h r Arch iv e r b r a c h e n u n d die U r k u n d e n u n d U r b a r e z e r r i s s e n (Sulger) . L e i d e r e n t s i n n t sich R o t h e n b a c h e r n ich t m e h r an d ie Que l l e ob ige r A n g a b e . E r me in t , sie v o r 40 J a h r e n d e r 1. A u s g a b e v o n W i l h e l m Z i m -m e r m a n n s „ G r o ß e r Deu t sche r B a u e r n k r i e g " e n t n o m m e n zu h a b e n . Es m u ß in d e n e r s t e n T a g e n des Apr i l 1525 g e w e s e n sein, als die B e r a t u n g auf H o h e n g u n d e l f i n g e n s t a t t f a n d . I m Hohenzo l l e r i s chen be r i ch t en die A k t e n n u r a u s G l a t t u n d I n z i g k o f e n bzw. W a l d ü b e r die S c h ä d e n des B a u e r n k r i e g e s (J. Wetzel , Gesch. d e r k a t h . K i r che in Hohenz . S. 196—197). Die U r k u n d e n be t r . G l a t t im f ü r s t l . A r c h i v g e h ö r t e n e i n m a l v e r ö f f e n t l i c h t ! (Zu d e n T r u c h s e s s e n v o n R i n g i n g e n s iehe Hohz. J a h r e s h e f t 1951, S. 74—118.) Krs .

Dccküchaib, Ortschaible und Rei-Gerten. A l s a m 21. Nov. 1788 Josef D o r n s W e i b M a r i a A g a t h a W a h l a n d e n F r a n z Maichle zu R i n g i n g e n i h r e igenes H a u s (Nr. 102 a m S c h m i t -t e ra in ) m i t Scheuer u n d H o f r a i t e v e r t a u s c h t e , gab sie auch dazu die 130 g e f o g n e t e n Deckschaib, 400 Or t scha ib le , 16 n e u e B r e t t e r zu e i n e m n e u e n S t r o h d a c h , sowie das dabe i l i e -g e n d e R e u g e r t e n - H o l z , die dazu gehö r igen F e n s t e r , Tür , B a n d und Z u b e h ö r .

W a s ein Schaub, bzw. Scha ib le ist, w i s sen die D o r f b e w o h -n e r seh r w o h l noch, g a b es doch solch u n g e b r o c h e n e s l anges S t r o h b e i m Dreschen m i t d e m Flege l u n d b e i m W a l -zen m i t de r g r o ß e n E i s e n w a l z e in Menge . A b e r w a s s ind Or t scha ib le? O r t b e d e u t e t soviel w i e „Rand , Grenze , E n d e " , a l l e rd ings im 16. J a h r h u n d e r t auch lU G u l d e n . Die O r t -schaible d ü r f t e n somi t die k l e i n e n S t r o h b ü n d e l g e w e s e n sein, m i t d e n e n m a n den F i r s t u n d die D a c h r ä n d e r e i n b a n d . G e -f o g n e t e S c h a i b e a b e r s ind z u s a m m e n g e f ü g t e , „zurecht ge r i ch te t e " S t r o h b ü s c h e l gewesen . G e f o g n e t ist P e r f e k t v o n f u e g n a . R e i - G e r t e n d a g e g e n s ind R u t e n , die m a n z u m E i n -flechten d e r R i e g e l w ä n d e benu t z t e , w o r a u f sie be ide r se i t s m i t L e h m bes t r i chen w u r d e n . Rei sche in t soviel w i e b iegen zu h e i ß e n : „Der V o r d e r w a g e n g e h t in die Reie ." Vgl. „Re ien" = g e b o t e n e Ober se i t e des Fußes . Krs .

Tierarzt 1644 zu Schlatt. A m 12. D e z e m b e r 1644 k l ag t e H a n s W e r n e r v o n R ing ingen , e r h a b e v o r 7—8 J a h r e n d e m R o ß a r z t H a n s Schu le r zu Sch la t t e in P f e r d z u m K u r i e r e n zuges te l l t , das auf 25 fl. geschätz t w a r . Schu le r h a b e es 2—3 Wochen im S ta l l g e h a b t , a b e r als W e r n e r d a s Roß h a b e n wol l te , e r k l ä r t e j ene r , e r k ö n n e noch k e i n e V e r a n t w o r t u n g ü b e r n e h m e n . N a c h h e r b e n ü t z t e Schu le r es, u m se ine K u n d -s c h a f t in B u r l a d i n g e n , Me lch ingen u n d W i l l m a n d i n g e n zu besuchen . D a b e i w u r d e i h m das R o ß v o n S o l d a t e n a b g e -n o m m e n . Bescheid des Z o l l e r g r a f e n : Sie sol len sich in G ü t e e in igen! G e w i ß ke in sa lomonisches Ur t e i l ? Krs .

Eine primit ive Forstkarte des S t u t t g a r t e r Archivs , w o h l von G a d n e r u m 1580, n e n n t die Melch inger M ü h l e „Schede r -l e n s m ü h l e " , die B u r g r u i n e be i S t e t t e n „He l l ens te in" . U n t e r -h a l b s t e h t „ H i r s c h w a g " u n d die M ü h l e im „Guckenloch" , östl ich d a v o n s i eh t m a n „Truch te l f ing" . Bei G a m m e r t i n g e n f e h l t das l inksse i t ige Dorf m i t d e r P f a r r k i r c h e . H e r m e n t i n -gen he iß t i r r i g „ H e r w a r t i n g " . De r öst l iche W e i l e r bei V e r i n -gendor f w i r d H o h e n b e r g (d. i. Hochberg) g e n a n n t . Die O r t s -ans i ch t en se lbs t s ind s t a r k schemat i s i e r t , so d a ß sich d a r a u s k e i n e Schlüsse z iehen lassen . Rechts d e r L a u d i e r t l ies t m a n „ F r e y e Bür sch" . Dies gi l t a b e r n u r b i s u n t e r h a l b H e r t i n g e n h i n a b , wo de r E in f luß d e r F e h l a f eh l t . Kr .

Die Geschichte der Stadt Gammert ingen unter der Speth'schen Herrschaft

1524 bis 1827 von Oberlehrer i. R. Josef W i e s t

wird demnächst gedruckt. Sichern Sie sich das Buch, auch für Ihren Verwandten- und Bekanntenkreis, am besten durch Vorbestellung bei

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Abzugeben an G e s c h i c h t s f r e u n d e gegen E r s a t z des P o r t o s :

a) S o n d e r d r u c k e : D e u t u n g e in iger O r t s c h a f t e n u n d G r ü n d u n g d e r P f a r r e i H e i n s t e t t e n 1524 (mehre re ) ; Die G r a f e n v o n G a m m e r t i n g e n H J H 1937, 12 S tück . B u c h b e s p r e c h u n g 1950 H J H e f t , 5 S tück ; S t a t u t e n des K a p . T r o c h t e l f i n g e n (lat.) u. S t i f t H e t t i n g e n (deutsch), 2 S tück ; S t a t u t e n des S t i f t s H e c h i n g e n (lat.) 1 Stück. Die S c h w e l h e r v o n W i e l a n d s t e i n , H J H 1938 1 S tück ; P r o f . F r a n z D i e r i n g e r v o n R a n g e n d i n g e n 1952, 2 S tück ; Die P f a r r e r u n d V i k a r e v o n B u r l a d i n g e n 1951, 2 S tück ; Kla ibe r , Z u r Baugesch ich te de r Z o l l e r b u r g 1951, 1 S tück ; Die G e m e i n d e v o r s t e h e r v o n R i n g i n g e n sei t 400 J a h r e n , 5 S tück ; H o h e n z . J H e f t 1939, Hohenz . L a n d e s o r d n u n g e n , M e -d i z ina lwesen in H o h e n z . - S i g m a r i n g e n , Geologie des S t a r z e l -gebie ts , T ä t i g k e i t s b e r i c h t P e t e r s ; B i l d k u n d e : 2 S tuck ; M i s -zel len aus d e m „ F r e i b u r g e r D iözesana rch iv" 1958, 2 S tück ; Nekro log d e r 1946—1950 ve r s t . P r i e s t e r de r Erzd iözese F r e i b u r g , 1 S tück! J . Hecht , M e i s t e r v o n M e ß k i r c h , 1 S tück ; M i t t e i l u n g e n d e s V e r e i n s f ü r Geschichte Hohenz . (Chron ik v o n G o r h e i m ) Jg . 61, 1 S tück .

b) D r u c k f a h n e n ( B ü r s t e n a b z ü g e ) : R ä t s e l r a t e n u m das S t a d t w a p p e n u n d den G r a f e n v o n S i g m a r i n -g e n : 1; V i s i t a t i o n s a k t e n des K a p . T r o c h t e l f i n g e n 1574—1709: 1; Die S ippe d e r T r u c h s e s s e v o n U r a c h -R i n g i n g e n I ; B i s c h ö f e a u s H o h e n z o 1 1 e r n : K o n r a d v o n Ens l ingen , F a t t l i n , He id ing , K r a u s , Dehrn, S c h u -le r : 1 S tück ; Das K lös t e r l e in M a r i a b e r g : 1 S tück ; A u s d e m S c h w a b e n s p i e g e l : 1; R e g e s t e n des S c h e n k e n v o n S t a u f f e n b e r g : 1 St.

Erzb. A r c h i v a r J . Ad. K r a u s , (78) F r e i b u r g i. B r e i s g a u H e r r e n s t r . 35

Berichtigung: I n Nr . 2 Se i te 25 m u ß es h e i ß e n : M a i g i n g e n (nicht Maichingen) . Auf Se i t e 16 ist A n w a n d e r zu l esen (nicht A n w a n d e r e r ) .

Die V e r f a s s e r de r A u f s ä t z e in d e r „Hohenz . H e i m a t " t r a -gen f ü r den I n h a l t i h r e r A b h a n d l u n g e n d ie g a n z e V e r a n t -w o r t u n g .

J e d e r L e s e r wo l l e in B e k a n n t e n k r e i s e n f ü r d e n Bezug u n s e r e r H e i m a t z e i t u n g w e r b e n . Es g ib t noch g r ö ß e r e G e -m e i n d e n in H'ohenzol lern, in d e n e n d ie B e z i e h e r z a h l r ech t k l e in ist.

B E S T E L L - S C H E I N

zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat"

I ch /wi r beste l le(n) a b s o f o r t z u m l a u f e n d e n Bezug

d u r c h die P o s t S tück „Hohenzollerische Heimat",

V e r l a g s p o s t a m t G a m m e r t i n g e n , z u m h a l b j ä h r i g e n B e -

zugspre i s v o n DM 1.—.

V o r - u n d Z u n a m e

G e n a u e A n s c h r i f t

Diese r Bes te l l sche in is t be i N e u b e s t e l l u n g bzw. N a c h -b e s t e l l u n g e n d e r n ä c h s t e n Pos t s t e l l e a u f z u g e b e n . U m deu t l i che S c h r i f t w i r d gebe ten .

HohensoDerlMhe Heimat Vierteljahresblätter für Schule und Haus

Herausgegeben vom Verein für Geschichte, in Verbindung mit

Schriftleitung: Josef W i e s t , Rangendingen

25 Y 3828 F

Pre i s ha lb jähr l ich 1.— DM

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern der hohenz. Lehrerschaft

Druck: Buchdruckere i S. A c k e r, G a m m e r t i n g e n

Postscheckkonto S t u t t g a r t 35 892 B a n k : Hohenz. L a n d e s b a n k G a m m e r t i n g e n 15

Nummer 4 Gammertingen, Oktober 1962 12. Jahrgang

Wiederkehr von J o h a n n N e p o m u k P f e i f f e r

(geb. am 1. 11. 1816 zu Haigerloch, gest. a m 13. 3. 1890 in Hechingen. Vergl. Dich te rs t immen aus Hohenzol lern von Hodler, Seite 66 bis 96.)

Im schwachen Scheine e iner L a m p e sitzt ein M a n n im H i n t e r g r u n d e des Z i m m e r s an e inem k le inen Be t t e und horcht auf die Atemzüge des Sch lummernden . Kein L a u t ist v e r n e h m b a r als das Rauschen de r Bäume, in de ren Mit te das Häuschen steht , und das F l a t t e r n der W e i n r a n k e n vor dem Fens te r . Der Mond scheint hell durch die Scheiben, als wol l te er das Dämmer l i ch t der L a m p e ergänzen, in wel -chem sich bloß die Umr i s se des Z i m m e r s e r k e n n e n lassen und die bewegungslose Ges ta l t des Mannes . Sein Anzug von g robem Tuche und die St iefe l von ungege rb t em Leder sind von Schmutz überzogen und t ragen S p u r e n e iner wei ten und m ü h s a m e n W a n d e r u n g . Die Reisetasche, das k u r z e Schwer t und der Knotenstock im nächs ten Winkel bezeugen, daß de r M a n n ers t vor ku rze r Zeit von der W a n d e r u n g zu-rückgekehr t ist.

Endlich nach e iner langen P a u s e e rheb t sich der Bewohne r von se inem Sitze. Er fach t das Licht der Ampe l zum hel len Schein an und t r i t t dann zum Fens ter , wo er nachdenkl ich zum vollen Mondl ichte emporschaut . Es ist ein noch junger , hochgewachsener M a n n m i t e inem edlen Gesichtsausdrucke, abe r au f fa l l end bleich. Er t rocknet den Schweiß von der S t i rne u n d dem schwarzen Haare . Das große k l a r e Auge scheint die j agenden Wölklein a m H i m m e l zu ver fo lgen und zwischen ihnen die Ges t i rne zu suchen, bis er ein schwaches Seufzen in dem Bet tchen v e r n i m m t . Er k e h r t do i th in zu -rück, schiebt die Pols te r zurecht und horcht a b e r m a l s auf das A t m e n des K r a n k e n .

Schon ha t der Schein des wande lnden Mondes die Stel le erreicht , wo der junge M a n n vor dem Be t t e sitzt. In dem Bet te liegt ein K n a b e von s ieben bis acht J a h r e n ha lb -sch lummernd in der Fieberhi tze , und der M a n n beugt sich von Zeit zu Zeit horchend über das k r a n k e Kind, b e f ü h l t bald den Puls, bald den Herzschlag desselben und t rocknet ihm wieder den Schweiß vom Angesichte. Da ö f f n e t e sich

Gesichtszüge der A n m u t t räg t unse r e Zol le rn landschaf t mit ihren h immel s f e rnen Hor izonten . Sie hat auch die menschliche Siedlung wei tgehend geformt , wie hier d ie Gemeinde Gruol im reizvollen Stunzachtal .

50 H O H E N Z O b U K R I S C H E H T t U A T MfahigSRg-:1962

l angsam eine Türe . Eine F r a u im Nachtkle ide t r i t t leise he r e in u n d nickt dem M a n n e schweigend zu. Ueber seine Schul ter lauscht sie ebenfa l l s auf die Atemzüge des Kindes und flüstert dem M a n n e e twas ins Ohr . Der M a n n a n t w o r t e t nicht, w e d e r m i t e inem Worte , noch m i t e iner Gebärde . Sie b le ib t horchend auf seine Schul ter gestützt , daß m a n zwei S t a t u e n zu sehen glaubt . Nach l angen P a u s e n flüstert sie i h m wiede r zu, ohne eine A n t w o r t zu e rha l ten , bis er endlich das H a u p t e rheb t u n d sie l ange anschau t m i t e inem Achsel-zucken. Da w e n d e t sie sich ab, kn i e t im Mondl ichte des F e n -s ters n iede r u n d ve rhü l l t das Angesicht . Der Mond ist abge-zogen u n d der e rs te Schein des Morgenro tes t auch t a l l m ä h -lich über die Waldbe rge in das Eyachta l he rn ieder .

Das Unglück k n ü p f t die f es tes ten B a n d e auf Erden . Die Glücklichen k ö n n e n e inande r leicht en tbehren , denn wo ein Genosse zurückt r i t t , d r ä n g e n sich sofor t zehn ande re a n dessen Stelle. Die Unglückl ichen aber w e r d e n von n i e m a n -den aufgesucht , v i e lmehr w e r d e n sie gemieden wie A u s -sätzige, u n d deshalb k l a m m e r n sie sich gegenseit ig u m so f e s t e r an, umso m e h r f ü h l e n sie sich auf e inande r angewie -sen. Wo sie w a n d e r n , weicht m a n ihnen aus, u n d sie b e d ü r f e n so wen ig des Geleitscheines, als Thekla von Wal lens te in auf i h r e r le tzen P i l g e r f a h r t zu M a x e n s Grabe . Die Bande, welche die Glücklichen zusammenfesse l t , ze r re ißen im e r s t en S t u r -m e gleich den Sp innenweben . Wie unzer t rennl ich abe r die B a n d e sind, welche das Unglück zu w e b e n u n d zu k n ö p f e n vermag, g e w a h r e n w i r in dem Leben dieser e i n s a m e n H ü t -t enbewohner , w e n n wi r die Vergangenhe i t derse lben vor u n s e r e m Auge vorübe rz i ehen lassen.

Der junge H o f r a t u n d Univers i t ä t sprofessor Roderich h a t t e seine rasche B e f ö r d e r u n g ke ineswegs e iner reichen u n d v o r -n e h m e n He i ra t zu danken , wie m a n vielfach b e h a u p t e n wollte, sondern se inem außerorden t l i chen Ta len te u n d de r g länzenden Bered t samke i t , womi t e r sein zahlreiches Aud i -to r ium zu fesseln ve r s t and . Mi t ihm schien ein n e u e r S t e r n am Horizonte de r Wissenschaf t aufzus te igen, in welchem abe r m a n c h e r bloß ein Meteor e r k e n n e n woll te. E r h a t t e e ine Schr i f t ü b e r die Pa thologie herausgegeben , die ein u n g e -h e u r e s Auf sehen er regte . M e h r e r e Kapi te l derse lben b e h a n -del ten das damal s he r r schende Schrecknis de r Hexenprozesse , wobei e r sich auf die unerschrockenen u n d unwide r l egba ren Ve r t r e t e r der W a h r h e i t u n d des Gewissens ber ief , a u s de ren O r d e n die P a t r e s A d a m T a n n e r (gestorben zu P r a g 1632) u n d Fr iedr ich von Spee (gestorben zu Tr i e r 1635) h e r v o r g e -gangen w a r e n . E r wies in d iesem Buche nach, daß bei den Hexenprozessen n iemals ein Arz t beigezogen oder ein ärzt l i -ches Gutach ten eingehol t werde , obwohl der Z u s t a n d e iner A n -geklag ten sich ohne dieses n iemals gründl ich beur te i l en lasse. W e n n a n g e n o m m e n werde , daß die verdäch t igen E r -scheinungen meis tens n u r Folgen eines hys ter ischen Z u s t a n -des seien, daß die Aussagen u n d e r p r e ß t e n Ges tändn isse der Beschuldigten bloß auf Hal luz ina t ionen be ruhen , so sei es o f fenbar , daß meis tens n u r ein vorausgesetztes , nicht abe r e rwiesenes Verbrechen b e s t r a f t werde . Dies lasse den größ-t en Teil der Hin r i ch tung als e inen Ju s t i zmord e rkennen . Dem B ü r g e r w e r d e die Gat t in , den K i n d e r n die Müt te r , den E l t e rn die Tochter en t r i s sen als O p f e r auf dem Molochsal tar eines schrecklichen Wahnes . Mi t j eder F l a m m e eines Schei ter -h a u f e n s steige der Weheruf j e n e r Unglückl ichen empor , welche der Fol te r u n d Hin r i ch tung ver fa l len , u m das S t r a f -gericht des Al lgerechten ü b e r j ene L a n d e h e r a b z u r u f e n , welche von Got t i h r em H e r r n abgefa l len u n d in den Dä-monend iens t en des S a t a n s ge t r e t en seien. Es sei e ine f u r c h t -ba r e Erscheinung, daß der Richters tand, welcher die Gerech-t igkei t zu v e r t r e t e n habe , zum Schergendiens te des W a h n -sinns h e r a b g e s u n k e n sei, u n d daß eine Nat ion in ih ren eige-nen Eingeweiden wüte , w ä h r e n d ein f r e m d e r Fe ind mi t sei-n e n M o r d b r e n n e r b a n d e n das M a r k des Landes a u f z e h r e u n d die B lü te se iner J u g e n d zer t re te . — Mit dieser Schr i f t h a t t e Roderich se inem J a h r h u n d e r t den Handschuh h i n g e w o r f e n zur Fehde auf Tod u n d Leben. E n t w e d e r m u ß t e n die H e x e n -r ichter weichen oder er . A b e r er w a r zu f r ü h e gekommen, denn die Hexenr i ch te r l ießen sich nicht aus dem Gebie te de r u n u m s c h r ä n k t e n Macht ve r t r e iben . Schon die e i fe rsüch-tige Ei te lkei t der k l e inen T e r r i t o r i a l h e r r n u n d die Lebens -f r a g e der U n f e h l b a r k e i t von Sei te de r Rabul i s ten l ießen dies nicht zu. S t a t t die G r ü n d e des k ü h n e n Pro fesso r s e ine r E r -w ä g u n g zu würd igen , w u r d e er selbst a ls ein von de r g r e u -lichen Pes t Anges teckter bezeichnet, de r als A n w a l t u n d Schi ldknappe de r Hexere i der öf fent l ichen A u t o r i t ä t e n t -gegentre te . Da t r a t ein Fa l l ein, welcher in der a l lgemeinen A u f r e g u n g die entscheidende K a t a s t r o p h e he rau fbeschwor .

Der T y p h u s he r r sch te in der Umgegend u n d ve rb re i t e t e sich bis vor die Tore der Haup t s t ad t , ohne daß die Aerz te dem grass i e renden Uebel en tgegen zu t r e t e n w u ß t e n oder wagten . Bloß der b e r ü h m t e H o f r a t u n d Un ive r s i t ä t sp ro fes -

sor ha t t e ba ld genug die r icht igen Mit te l e rkann t , ura, dieses gefährl iche Gespens t zu beschwören. In une rmüd l i che r T ä -t igkei t t r u g ihn sein rasches P f e r d von Or t zu Or t u n d je m e h r e s ; de r Hi l fe f lehenden waren , desto m e h r verdoppel te e r seinen Eifer , u m als Re t t e r a m K r a n k e n b e t t e de r Pa l ä s t e wie der H ü t t e n zu erscheinen. Da w u r d e er e inmal auf e inem nächt l ichen Ri t te vor e inem der le tz ten Häuse r der Nachbarschaf t von e iner F r a u gebeten, seinen Beis tand e inem Flücht l ing zu weihen, welcher schon seit m e h r e r e n Tagen in diesem Hause ve rbo rgen liege. Als er in das d ä m -m e r n d e Hin te r s tübchen t ra t , e r k a n n t e er in dem schwer E r k r a n k t e n seinen a l ten Un ive r s i t ä t s f r eund , welcher auf der F lucht vor den Verfo lgern seines Ordens h ie r von dem T y p h u s be fa l l en u n d von der mi t le id igen F r a u auf der Schwelle ihres Hauses a u f g e n o m m e n w o r d e n war . Die F r e u n d e fielen sich we inend u m den Hals . Ers t vor A n -bruch des Tages schied der H o f r a t von dem sti l len Hause, k e h r t e abe r jede Nacht zurück, bis er endlich den genesen-den F r e u n d im Ste rnensche ine nach de r Grenze gelei ten konn te . Es w a r die höchste Zei t gewesen, denn noch e h e der Morgen graute , über f ie len die Häscher das Haus u n d v e r -fo lg ten d a n n die Spu ren des Flüchtl ings, ohne ihn jedoch e r -reichen zu können . Dagegen w a r d de r H o f r a t angeklagt , daß e r e inen Reichsfeind dem A r m e der Gerecht igkei t entzogen habe . Man sagte, es sei der J e su i t enpa t e r J a k o b Balde von Ensisheim im Elsaß gewesen.

Un te rdessen h a t t e sich in der H a u p t s t a d t selbst ein H e x e n -prozeß en tsponnen , welcher bis in die h ö h e r e n Kreise: reichte u n d e inen a l lgemeinen Schrecken verbre i te te , weil n i emand m e h r sich vor Denunz ia t ionen sicher g laubte . M a n flüsterte von f u r c h t b a r e n Geheimnissen, welche in den T ie fen der K e r k e r u n d de r F o l t e r k a m m e r entdeckt w o r d e n seien. Die e insame Gemahl in des Hof ra t e s lag die ganze Nacht z i t t e rnd und weinend auf den Knieen, denn m a n hör te in i h r em Z i m m e r das d u m p f e J ammergesch re i der Gefo l te r ten . A m Tage bot sie ih ren ganzen Einf luß auf bei F r e u n d e n und Bekann ten , u m das Schicksal der Unglückl ichen zu mi ldern , d e r e n Schuldlosigkeit sie i h r em M a n n so o f t h a t t e vers ichern hören. Als; sie n u r fe indsel igen Blicken u n d w a r n e n d e n Wor ten begegnete , ließ sie i h r zwei jähr iges Söhnchen in der O b h u t der Wär te r in , bestach die W ä r t e r m i t schwerem Golde u n d st ieg als ein Engel des Mitleids in die Nacht der K e r k e r g r ü f t e h inun te r , woh in sie Labsa l an Speise und T r a n k brachte , u n d die W u n d e n de r G e m a r t e r t e n m i t e iner Salbe aus der Apo theke des Professors ve rband . Aber das Auge de r Hexenr i ch te r wachte . Die v is i t ie rende Wache schloß die Ge fängn i s tü r e h i n t e r ih r m i t schweren Riegeln, und der d ä m m e r n d e Morgen f a n d die Gemahl in Roderichs ohnmächt ig in de r Mi t te der Verur te i l ten , de ren Schicksal sie zu te i len ha t t e . Man sagte, daß der H o f r ä t i n die Fre ihe i t angeboten w o r d e n sei. Sie h a b e jedoch den F l a m m e n t o d dem vorgeschlagenen Bef re iungsmi t t e l vorgezogen. U m so m e h r sei a l sdann die Fä l l ung und Vollz iehung des Ur te i l s beschleunigt worden . Auf eine R e t t u n g von Seite ihres Ge-m a h l s d u r f t e sie nicht m e h r hof fen , denn dieser war , wie m a n ihr e r ö f f n e t ha t te , inzwischen selbst de r Aechtung. v e r -fal len.

Es w a r ein düs t e r e r Morgen, welcher a n dem Hinr ich-t u n g s t a g ü b e r de r H a u p t s t a d t aufst ieg. Eine ungeheu re Menschenmasse w a r vor dem u n t e r n Tore u m e inen Schei-t e r h a u f e n ve r sammel t , an welchem die Henke r sknech te e i f -r ig m i t den V o r k e h r u n g e n beschäf t ig t wa ren . Da begann die Armsünderg locke zu l äu t en u n d u n t e r i h r em schauer -lichen Klange hö r t e m a n in der F e r n e al lmählich die d u m p f e n Psa lmengesänge , bis endlich die Prozession aus dem Tore h e r v o r s t r ö m t e u n d zu dem Richtplatz zog. Hin te r den P r ä d i k a n t e n erschienen die Hexenr i ch te r in schwarzer Kle idung u n d b lu t ro t en Z ip fe lkappen m i t dem Kanz le r an der Spitze. D a n n k a m e n die Veru r t e i l t en in Begle i tung des Henkers , e ine Schar w o h l b e k a n n t e r F r a u e n u n d Mädchen im A r m e n s ü n d e r k l e i d e u n d in i h r e r Mi t t e e ine j u n g e F r a u von a u f f a l l e n d e r Schönheit , abe r le ichenblassem Aussehen, bei d e r e n Anblick die ganze V e r s a m m l u n g schweigend zu e r -s t a r ren schien. Als abe r im nächs ten Augenbl icke die Ma le -f ikan ten zum Sche i t e rhau fen v o r g e f ü h r t wurden , e rhob der Pöbel ein solches Jubelgeschrei , daß der von T r ä n e n b e -glei tete J a m m e r - u n d Weheruf der Menschl ichgesinnten in dem L ä r m erst ickte. Hierauf ver las der Kanz le r das Urtei l , warf den zerbrochenen S t a b vor die F ü ß e der bleichen F r a u u n d übe rgab die Veru r t e i l t en dem hohnlachenden Henker . W ä h r e n d die F r a u e n an die P f ä h l e gefessel t wurden , z ü n -de te e iner de r Knechte des Schar f r i ch te r s den Sche i te rhaufen an. Der Kanz le r t r a t vor, war f das Buch des H o f r a t s und Univers i tä t sprofessors Roderich in die au f lode rnde F l a m m e u n d übe rgab seine Seele dem Satan , seinen Leib aber , wo m a n ihn finde, den Raben. Auf e inmal aber s toben die ga f -

Jahrgang 1962 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A 1 51

f e n d e n Pöbe lscharen m i t Zetergeschrei ause inander , de r Bo-den wide rha l l t e von dem Hufschlag ga loppie render P fe rde , eine Schar von v e r m u m m t e n Re i t e rn u m r i n g t e den Richt-platz u n d ein Dutzend Schüsse knal l ten . Der Kanz le r und die Hexenr i ch te r s a n k e n auf den Tod ge t ro f f en zur Erde. Der von m e h r e r e n Kuge ln du rchbohr t e H e n k e r wälz te sich h e u -lend in se inem Blute. Die gefesse l ten F r a u e n w u r d e n losge-b u n d e n u n d von den Re i t e rn nach a l len Rich tungen e n t f ü h r t . Ein v e r k a p p t e r Rei te r von hohem Wüchse zerhieb die Bande d e r H o f r ä t i n , hob sie zu sich in den Sat te l u n d j ag t e m i t ihr da -von. Die Richts tä t te w a r plötzlich der Schaupla tz der en tse tz -l ichsten V e r w i r r u n g geworden. U n t e r den Rauchwolken des empor lode rnden Sche i t e rhaufens en t f lohen die H e n k e r s -knechte, u m nicht das Schicksal ih res Meis ters zu teilen, de ren b lu t ige K ö r p e r in die F l a m m e n geschleuder t wurden . Die ganze V e r s a m m l u n g löste sich auf in e ine wilde Flucht ; u n d eine u n g e h e u r e S t aubwo lke ve rhü l l t e den S t rom der zahl losen Menge, welche zu den Toren de r S t a d t r a n n t e mi t e inem b e t ä u b e n d e n Geschrei. In dieses Geschrei e r t ön t en auf e inmal sämtl iche Glocken der S tadt , die L ä r m t r o m m e l n und S tu rmposaunen , w ä h r e n d gewappne te Reisige die F lüch t -linge ver fo lg ten , ohne die Rich tung ih re r Flucht zu kennen .

Daß das mörder i sche A t t e n t a t durch den P ro fes so r Ro-derich an de r Spi tze se iner A k a d e m i k e r a u s g e f ü h r t w o r d e n sei, u n t e r l a g ke inem Zweifel , u n d es m u ß t e n al le Mit te l a u f -geboten werden , u m sich des Verbrechers zu bemächt igen . Diesem w a r es jedoch durch die Hi l f e se iner j u n g e n F r e u n d e gelungen, m i t se iner Gemah l in u n d se inem Kinde das en t -gegengesetzte Tor zu erreichen, bevor es von den S t a d t -wäch t e rn gesper r t wurde , u n d d a n n die o f f ene S t r a ß e zu gewinnen, w o die Flücht l inge auf ih ren schnel len Rossen bald dem Bereiche de r Ver fo lger e n t r o n n e n waren , Die H ä -scher j ag ten von S t a d t zu Stadt , die Schlagbäume, die S t r o m f ä h r e n , die Bergpässe w u r d e n bewacht , e ine Unzahl von Verdächt igen zum Verhör geschleppt, abe r n iemals m e h r k o n n t e n die Mörder des Hexenger ich t shofes entdeckt , n ie -m a l s m e h r k o n n t e e ine S p u r des en t f lohenen Professors e r -forscht werden . Im S t rom der fo lgenden Ereignisse verfiel zuletzt die ganze Sache der Vergessenhei t .

Wenige Wochen nach j enem Vorfa l le s t iegen verk le ide te Pi lger w ä h r e n d eines nächt l ichen Hochgewi t te rs aus dem Walde in jenes Tal h inun te r , w o die Eyach in den Neckar fließt. Es w a r ein j unge r Mann , der e ine b lasse F r a u am A r m e f ü h r t e u n d ein Knäb le in auf dem Rücken t rug. Ihnen fo lg te ein greiser Diener und eine G ü r t e l mag d m i t Gepäcken. I h r e P f e r d e h a t t e n sie durch den Diener v e r k a u f e n lassen, weil sie die S t r a ß e n m e i d e n u n d die Geb i rgsp fade oder das Dunkel der Wälder zu i h r e r Reise wäh l en m u ß t e n . Sie w a n d e r t e n dem Ges tade des Eyachflusses en t l ang an e iner B u r g vorbei, die zur rechten H a n d im Lichte des Mondes von e inem Felsen h e r u n t e r schaute, u n d bogen ba ld in ein kleines, von hohen Waldbergen umgebenes Tal ein. Die Grenze des Gebiets, wo die Schweden h a u s t e n und der Schrecken herrschte , w a r überschr i t ten , und die Pi lger w a -ren auf dem sicheren Boden der Gra f scha f t Haigerloch a n -gelangt, welches zu dem Her r schaf t sgeb ie te des Fü r s t en J o -h a n n von Hohenzo l l e rn -S igmar ingen gehörte .

Wi r e r k e n n n e n in den nächtl ichen W a n d e r e r n unse r e Be-k a n n t e n wieder , den ehemal igen H o f r a t und Univers i t ä t s -professor Fr iedr ich Wilhelm Roderich, seine Gemahl in Rosa-m u n d e und sein Söhnchen Wilhelm. Wie durch ein W u n d e r w a r e n sie seit ih re r Flucht aus der Haup t s t ad t vor den zah l -losen G e f a h r e n b e w a h r t geblieben, welche ihnen auf ih re r we i t en I r r f a h r t wie Gespens te r folgten. Das ve rwi lde r t e Kriegsvolk, die Hexenr ich ter , die Schergen, die Pes t w a r e n gleich sehr zu fü rch t en gewesen. Zum ers ten Male von dem Drucke einer l angen Todesangs t be f r e i t und in e inem Asyle auf f r e m d e r E r d e angelangt , u m a r m t e n sich die Flücht l inge u n t e r T r ä n e n und sanken dann gemeinschaft l ich auf die Knie, um ein heißes Dankgebe t zu dem mondhe l l en H i m -mel emporzuschicken. Noch einen T r u n k mit der H a n d aus dem Eyachflusse, geschöpft, und dann bot ihnen das Moos unter e iner mächt igen L inde am R a n d e des Bergwaldes eine S tä t t e dar , wo ihnen die R u h e des Schlafes zum ers ten Male wieder vergönnt wurde,.

Bei dem ers ten Sonnens t r ah le e rwach te Roderich un te r dem Gesänge der Vögel, welche in den Zweigen des Bau -mes hüpf t en . Mit e i n e m ' besel igenden Ge füh l e des F r i edens und d :r Sicherhei t t r a t er in das schmale Tal hinein, be t rach-te te c! e t annenbewa lde t en B e r g w ä n d e und den vom nächt -lichen Gewi t t e r ge t rüb ten Eyachs t rom. Als er e inen u ra l t en L indenha in durchwande l t ha t te , gewahr t e er an dem süd-lichen Bergabhange eine Anzahl von Häuse rn u n d zunächst e ine Kapelle, in welcher bere i t s das Angelus ge läu te t wurde . A n der Schwelle des k le inen Got teshauses w u r d e er von e inem greisen Ki rchendiener begrüßt , welcher den e insamen

F r e m d l i n g m i t V e r w u n d e r u n g be t r ach te t e u n d die F r a g e nicht u n t e r d r ü c k e n konnte , wie er in dieses abgelegene Tal ge r a t en sei. Roderich e rzähl te ihm, d a ß er seines G laubens wegen seine f e r n e H e i m a t h a b e ver lassen u n d m i t Weib und Kind in das Elend w a n d e r n müsse . E r s t in dieser Nacht h a b e er die Grenze überschr i t ten , ohne zu wissen, wo e r sich n u n bef inde u n d woh in se ine I r r f a h r t ihn we i t e r f ü h r e n werde . Bezüglich seines Be ru fe s sei e r ein Doktor . Der Gre is ä u ß e r t e seine unve rhoh lene Freude , daß e r nicht n u r e inen k a t h o -lischen Chris ten, sonde rn sogar e inen Arz t vor sich sehe, und lud ihn ein, die Gast l ichkei t dieses a r m e n Tälchens nicht zu ve rschmähen . W ä h r e n d e r den F r e m d l i n g in se ine Fami l ie begleitete, e rzähl te er ihm, daß dieses Dörf le in der Or t in der Au oder I m n a u heiße, ein Fil ial des f r ü h e r e n Städtchens , n u n m e h r i g e n P f a r r d o r f e s Bier l ingen auf de r benachba r t en H ö h e des rechten N e c k a r u f e r s sei, u n d zu der S t ad t Ha ige r -loch gehöre, welche eine S t u n d e we i t e r oben im selben Tale liege. An e inem Doktor h a b e es abe r nicht n u r hier, sondern in der ganzen Umgegend schon lange gefehl t , wegen des Krieges, u n d der f r e m d e H e r r w e r d e Arbe i t genug f in-den, w e n n e r sich zur A u s ü b u n g se iner K u n s t h ierse lbs t e n t -schließen wolle.

Der Doktor, wie w i r ihn n u n m e h r n e n n e n wollen, e r -schrak nicht wenig, als e r w iede r bei de r L inde an langte u n d se ine Gemahl in in e inem beg innenden F iebe ran fa l l t r a f . W ä h r e n d der ganzen m ü h s a m e n u n d gefahrvo l len W a n -d e r u n g h a t t e sie die mu t ig s t e A u s d a u e r bewähr t , aber m i t der e r s t en R u h e p a u s e w a r n u n auch die Er schöpfung mi t i h r en Folgen e inget re ten . A n eine Wei te r re i se k o n n t e n u n nicht m e h r gedacht werden , da die Le idende auf m e h r e r e Wochen der s t rengs ten R u h e u n d sorgfä l t igen Pf lege b e -du r f t e .

Es hande l t e sich vor al lem u m eine sichere U n t e r k u n f t , und wenn es n u r eine Fe l senhöhle oder Köh le rhü t t e wäre . Da fiel dem Mesner ein A u s k u n f t s m i t t e l ein. U n t e n im Tal s t and im verwachsenen Gebüsch ein Häuschen von längere r Ausdehnung , welches m e h r e r e n Korbmache r f ami l i en f r ü h e r zum A u f e n t h a l t gedient h a t t e (in de r N ä h e des heu t igen Neubaues.) Nun s t and es schon lange leer, denn die Be -wohner w a r e n an der Pes t gestorben, u n d n u r die R a t t e n u n d F l e d e r m ä u s e h ie l t en sich noch in demse lben auf . Auch w a r die Stät te , w o die K r a t t e n h ü t t e s tand, v e r r u f e n u n d längst von den Menschen gemieden. Ni rgends k o n n t e m a n vor u n b e r u f e n e r Neug ie rde oder a rgwöhnischer Spähere i s icherer sein als hier , w e n n m a n den Abscheu vor dieser u n -heimlichen Keuche zu ü b e r w i n d e n vermochte . Achselzuckend zeigte der Mesner dem Doktor das Häuschen in de r Mit te wi ldverwachsener Linden, zu welchen sie durch das Ge-büsch gedrungen waren . Der Dokto r be sann sich nicht lange, ö f fne t e die ächzende T ü r e und d u r c h w a n d e r t e p r ü f e n d die mode rdu f t i gen Räume , w ä h r e n d sein Beglei ter vorsicht ig im Fre i en blieb und ein Stoßgebet sprach. Nach k u r z e r Zeit t r a t er wieder heraus , nachdem er die Fens te r lücken u n d die T ü r e n geöffne t u n d f re iges te l l t ha t te , h ie r vor läuf ig e ine Zufluchtss tä t te zu wählen . Der a l te Mann drückte ihm f r e u -dig die H a n d m i t dem Bemerken , daß er f ü r diesen Fal l ihm noch eine wei te re wicht ige Mit te i lung zu machen habe. Es bef inde sich nämlich we i t e r oben in der Talschlucht eine sel tene Heilquelle, welche schon seit a l ten Zeiten, sogar als noch die Heiden h ie r gehaus t hä t t en , b e r ü h m t gewesen und von vielen Sei ten besucht worden sei. Freilich seit dem Be-ginne der leidigen Kriegszei ten, welche bald an die zwanzig J a h r e daue r t en und w ä h r e n d de re r die Bevö lkerung m e h r als zu r H ä l f t e durch den Feind, durch H u n g e r und Seuchen zu G r u n d e gegangen sei, habe n i e m a n d m e h r dieses e insame u n d tei lweise v e r r u f e n e Tal aufgesuch t als die Schmuggler und Räuber , von welchen m a n leider Gottes der nahen Grenze wegen he imgesucht w o r d e n sei, und so sei auch der vor t re f f l i che G e s u n d b r u n n e n a i lh ier in Vergessenhei t ge ra -ten. Es w ä r e ein nicht geringes Verdienst , w e n n de r f r e m d e Doktor diesen B r u n n e n wiede r zu E h r e n b r ingen würde , denn er wisse sich noch ga r wohl zu e r innern , daß der längst in Gott r uhende Graf Chr is toph von Haigerloch u n d seine e r lauchte Gemahl in Ca tha r i na nebs t ih ren Kindern , wie auch ande re f r e m d e H e r r s c h a f t e n von Haigerloch und Hechingen, Wachendorf , Fel ldorf und Wei t enbu rg nebs t dem benach-b a r t e n Hoher imühr ingen vor f ü n f z i g Tahren rege lmäßig die-ses Tal besucht und manches f r o h e Fes t h ie r gefeier t hä t t en .

Der Doktor s t aun te und folgte mi t nicht ger inger Neu -gierde dem Mesner, welcher ihm in e inem wi ldverwachsenen Gebüsch eine hölzerne Ro tunde zeigte, die e ins tens wohl kuns t re ich und zierlich e rbau t , je tz t abe r morsch und v e r f a l -len war . Mehre r e S t u f e n f ü h r t e n in ih rem I n n e r n in die Tiefe, wo in e inem doppe l ten S te inkas ten eine Quel le s p r u -delte. Der Doktor schöpf te h ier mi t seinem Feldbecher u n d kostete. Es w a r eine Minera lquel le , welche e inen b i t t e r -

52 H O H E N Z O L. L. E H I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1962

salzigen Eisensäuer l ing von solcher K r a f t enthiel t , daß m a n h ie r nicht ve rwei len du r f t e , ohne von e ine r gefähr l ichen Be-t ä u b u n g befa l len zu werden . Er eil te an die fr ische L u f t zu-rück, und eine A r t Schauer durchzuckte ihn bei dem Ge-danken , daß die Vorsehung ihn h ie r zu e inem Schatze ge-leitet habe, durch welchen dieses e in same Tal e ins tens wie-der wie f r ü h e r zu e inem hohen R u h m e gelei tet w e r d e n könne. Er ersuchte den Mesner , sofort m e h r e r e K r ü g e mi t diesem Wasser zu fü l l en u n d u n t e r die L inde zu br ingen, wohin er zu se iner Gemahl in zu rückkeh r t e u n d ih r f r eud ig seine En tdeckung berichtete. Wirklich b e w ä h r t e sich auch so-gleich bei d ieser die W i r k u n g eines Trunkes , indem sie e r -f r ischt u n d be ruh ig t in e inen t ie fen Schlaf ve r sank .

Es mochte wie ein W u n d e r erscheinen, welche V e r w a n d -lung dieser A u f e n t h a l t schon nach wen igen Tagen durch die schöpferische H a n d seiner neuen B e w o h n e r e r f u h r . Die Ge-büsche um die K r a t t e n h ü t t e w a r e n gelichtet und die B ä u m e gereinigt . Das Dach und die W ä n d e de r H ü t t e w a r e n aus -gebesser t und auf dem f r i s chgemaue r t en Küchenhe rde b ro -del te ein Topf im F e u e r mi t e inem He i l t r anke von K r ä u -tern, welche der Doktor gesammel t ha t te . Das Ungeziefer w a r rasch ve r t r i eben worden, u n d zwei j u n g e Ka tzen ü b e r -wachten e i fersücht ig die Sicherheit . In de r reinl ichen Vor -de r s tube lag die Doktor in auf e inem weichen Lage r von Moos und f r i schen Rehfe l l en u n t e r A n n a s Pflege, w ä h r e n d der Diener manche Trag las t en von Dürrho lz aus dem Walde brachte. Es wa l t e t e ein geschäft iges Treiben, welches die neuen Ansiedler f ü r den Augenbl ick ih re ganze Vergangen -hei t vergessen ließ. Auch die Doktor in h a t t e sich bei dem G e n u ß des Saue rwasse r s und nach dem B a d e n in der Grube , welche mi t diesem Wasse r gefü l l t wurde , nach kurze r Zeit von ih rem K r a n k h e i t s f a l l e erholt . I h r Herz jubel te auf zwi -schen den B lumen u n d Vögeln des f r iedl ichen Tales wie des d u f t e n d e n Waldes, wohin sie ih ren M a n n bei seinen Zügen auf J a g d u n d Fischerei beglei tete.

A b e r der Doktor sollte sich seiner idyllischen R u h e nicht l ange e r f r euen , denn bald w a r in de r Umgegend ruchba r geworden, daß ein f r e m d e r Arzt von geheimnisvol lem R u f e sich im Eyachtale angesiedel t habe. Zue r s t w a r d seine Hi l fe n u r schüchtern durch die V e r m i t t l u n g des Mesners a n g e r u -fen, als jedoch die K u n d e von m e h r e r e n ge lungenen K u r e n lau t wurde , wuchs die Zahl der Hi l fesuchenden in solcher Weise, daß der Doktor o f tma l s ganze Tage und ha lbe Nächte in den Bezi rken auf beiden Sei ten des Eyachta les verwei l te . Sein Diener Konrad , welcher der Sohn eines Töpfe rs war , h a t t e bald eine abgelegene L e h m h ü t t e err ichtet , woselbst er auße r den Küchengeschi r ren eine Menge i rdene r K r ü g e b rann te , welche mi t S a u e r b r u n n e n gefü l l t wurden . Mi t e iner Trag las t solcher K r ü g e beglei tete er i m m e r seinen Her rn , dessen Ruf durch e inen w o h l a n g e w e n d e t e n Gebrauch der Hei lquel le in rascher Weise geförder t wa rd .

Wenn jedoch der Doktor mi t S o n n e n u n t e r g a n g nach Hause k a m , so v e r f e h l t e das Egerle, wie de r Mesne r g e n a n n t e wurde , in der Regel nie, seinen Abendbesuch abzus ta t ten . Dann saß die ganze Gesel lschaf t im t rau l ichen Gespräch vor de r K r a t t e n h ü t t e u n d t r a n k Sauerwasser , of t noch spät be im Mondenscheine. Als ihn die Doktor in e inmal f ragte , aus welchem G r u n d e denn dieser P la tz v e r r u f e n sei und von den Menschen gemieden werde, e rzähl te das Egerle m i t ge-d ä m p f t e r S t imme, indem er scheu ein Kreuz schlug, daß der Schut thügel a m Waldsaume d rüben das Grab e iner be rüch-t ig ten Hexe sei, welche e ins tens das ganze Tal in Schrecken geha l ten habe. Ih r N a m e sei Mar ia M ü n z e r gewesen, m a n habe sie insgemein n u r das I m n a u e r H e x e n m a r i e l e geheißen. Sie sei vor 20 J a h r e n hinger ichte t u n d dor t d r ü b e n ve r -scharr t worden, gebe abe r noch i m m e r ke ine Ruhe, sondern gehe beim Vol lmond um und t re ibe ihr Unwesen . Er sei n ie ohne Dre ikönigswasser u n d Malefizwachs dor t vorüber-gegangen und sei auch jüngs t nicht wenig erschrocken, als der kle ine H e r r dor t d r ü b e n nach Schmet te r l ingen ge jag t habe. Das He xe nm ar i e l e habe noch eine Genossin h ie r ge-habt , n a m e n s Aga tha Eberha r t , von welcher es auch nicht gut r eden sei. In se iner J u g e n d h a b e m a n k a u m e twas von H e x e n gewußt , seit abe r die Welt i m m e r m e h r ve rwi lde r t sei, h a b e auch das H e x e n w e s e n zugenommen . Im J a h r e 1598 h ä t t e n B a r b a r a Biener von Tri l l f ingen u n d anno 1603 Apol -l inar Teufe l von Bie tenhausen das H e x e n b e k e n n t n i s ab -gelegt; A n n o 1615 seien Magda lena G f r ö r e r von Empfingen, Adelheid S t a u ß von Hei l igenz immern u n d das Kä the r l e von Weildorf , 1625 A n n a Lömmel in von Haigerloch u n d 1626 K a t h a r i n a Hause r von Empf ingen als H e x e n h inger ichte t worden, auße r dem Hexenprozesse der Mar ie Flaiz von Bi t te lb ronn im J a h r e 1630. Dieses seien jedoch n u r Aus -nahmefä l l e , denn das Auge des Gesetzes h a b e in diesen schl immen Zei ten we i t aus nicht alle Schuldigen zu entdecken u n d der s t r a f e n d e n Gerecht igkei t zu übe r l i e f e rn vermocht .

Wenn ihm eine f re ie Pirsch ges ta t t e t wäre , so wüß te er in der Umgegend täglich m e h r Hexen als Hasen zu t r e f fen . Uebr igens bef inde m a n sich e rs t im Beginne des Uebels, denn es w ü r d e n noch sch l immere Zei ten k o m m e n als diese.

Die Doktorin, welche mi t dem s c h l u m m e r n d e n K n a b e n im Schöße im Schat ten der L inde saß, erbleichte u n d zi t ter te . Wie eine blut ige Wolke t r a t e n jene Schreckenstage vor ihr Auge, wo auch sie zu e inem Opfe r dieses Wahnes ause r -koren und n u r durch die H a n d des k ü h n e n Mannes, welcher neben ihr saß, dem Feuer tode ent r i ssen worden war . Also auch diese Gegend w a r der Schauplatz der schrecklichen Verfolgung, und selbst dieses f r iedl iche Tälchen ba rg wenige Schr i t te von der K r a t t e n h ü t t e ein schauriges Denkmal des Hexengerichts . Noch lange bete te sie an dem Bet te ihres Knaben , als m a n sich zur R u h e begeben ha t te , daß die Vor -sehung dieses K ind beschützen und ihm die E l te rn e rha l ten , daß sie die Schr i t te der Ver fo lger von diesem e insamen Tale zurückha l ten u n d die Menschen aus dem Wir rsa le dieser Zei ten er lösen möge. Seit j enem Abende sah sie den H a u s -va t e r stets m i t bangem Herzen seine Be ru f swege a n t r e t e n und füh l t e sich ers t bei se iner R ü c k k e h r wiede r von schwerer Angst befre i t . O f t m a l s spähte sie auf ih ren e insamen S p a -ziergängen an den Nachmi t t agen nach sichern Verstecken, wohin m a n sich in dieser Wildnis flüchten könnte , w e n n das Tal von Fe inden übe r fa l l en oder gar die Vergangenhe i t der unbeachte t gebl iebenen Ans ied le r entdeckt würde .

Ers t der e in t r e t ende Win te r machte diesen Sorgen ein Ende, als sämtl iche Zugänge des Tales durch die Schnee-massen gesper r t waren . Von nun an erbl ickte m a n ke inen Menschen mehr . Der Gesang de r Vögel w a r v e r s t u m m t . Nur das Geschrei der R a b e n u n d das Heulen des S t u r m e s u n t e r -brach die Totenst i l le der Na tu r . Von al ler Welt abgeschni t ten und gleichsam lebendig begraben, saßen die V e r b a n n t e n um das Herd feue r in der Küche. N u r hie u n d da k a m der Mesner zur Abendgese l l schaf t und e rzähl te von a l ten Zeiten, wo die Römer h ie r gehaus t h ä t t e n u n d daß ein Schloß des römischen Kaisers T r a j a n u s dort ges tanden habe, wo das Hexenmar i e l e ve r scha r r t liege. N u r hie und da begab sich der Doktor in d r ingenden Notfä l len wieder auf die Nachbar -orte zum Besuch der Kranken , w ä h r e n d bloß Konrad seine W a n d e r u n g e n mi t den Tonkrügen for t se tz te wie immer . A b e r die Neuigkei ten, welche Konrad sowohl als der Mesner d a n n brachten, w a r e n wenig tröstlich, v i e lmehr boten die öf fent l ichen Verhä l tn i s se o f t m a l s solche Bi lder des Schrek-kens, daß die Ans ied ler sich glücklich priesen, diese f r i ed -liche Zuf luchtss tä t te g e f u n d e n zu haben .

Die einzigen L ich tpunk te in dieser Abgeschiedenhei t w a r e n die Besuche des a l ten P f a r r h e r r n von Bierl ingen, welcher gewöhnlich jeden Monat nach I m n a u kam, u m den Got tes-dienst in der Kapel le zu hal ten . Der Mesner gelei tete ihn regelmäßig in die K r a t t e n h ü t t e , wo de r greise H e r r allein eine anregende u n d ver t rau l iche U n t e r h a l t u n g f a n d bei den F remden , in welchen er unglückliche Flücht l inge erblickte, ohne je nach ih re r H e r k u n f t zu f r agen . Er r ichtete die E in-s a m e n aus ih re r Mutlosigkei t auf und e r m a h n t e sie, die schwere P r ü f u n g , welche durch die S ü n d e n dieser Zeit h e r -au fbeschworen w o r d e n sei, mi t jener Geduld zu t ragen, die den H e l d e n m u t des Chr is ten bilde. Al lerdings scheine die Hölle ih rem Siege u n d die Kirche Chris t i i h rem Ende en t -gegen zu gehen, denn w e n n endlich de r letzte katholische P r i e s t e r ges torben oder erschlagen wäre , so w ä r e die Er lö-sung erloschen und das Band zwischen H i m m e l und Erde zerrissen. N i e m a n d vermöchte m e h r ein S a k r a m e n t zu spen-den. N iemand könn te m e h r e inen P r i e s t e r weihen. Niemals w ü r d e wieder aus e inem gerechten S t a m m e eine sünden -lose J u n g f r a u geboren werden , welche die M u t t e r des zum zwei ten Male menschgewordenen Erlösers zu w e r d e n ve r -möchte und die Menschhei t h ä t t e jede Aussicht auf die ewige Seligkeit ver loren. Die Erde w ü r d e gleich e inem s teuer losen Schi f fe im Weltal l dah in schwimmen als r e t -tungsloser Besitz des S a t a n s u n d seiner Gesellen, als Schau-platz der schon im diesseit igen Leben V e r d a m m t e n . Dies sei das Ziel, auf welches losgesteuer t we rde und welches nicht m e h r f e rn zu liegen scheine. Abe r was die Hölle ers t rebe, sei ein toller F i e b e r t r a u m . Nicht zum ers ten Male sei die Versuchung gekommen, denn der Kampf gegen die Er lö-sungss t i f tung habe mi t der G e b u r t des Hei landes begonnen u n d währe bis an das Ende al ler Tage. Freilich seien es im-m e r Legionen, welche der Versuchung un te r l i egen u n d dem Verde rben ver fa l len , abe r um so her r l i cher sei der Sieg de r -jenigen, welche a u s z u h a r r e n w ü ß t e n bis an das Ende, denn ihnen werde die Krone des ewigen Lebens ver l iehen. — Stets w a r e n die V e r b a n n t e n neuerd ings getröstet , w e n n der eh r -würd ige Greis nach er te i l tem Segen wieder von ihnen schied.

For t se tzung folgt.

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 53

Es grüne die Tanne, es wachse das Salz . . . Den Bergleuten im Salzbergwerk zugeschaut

Umfangreiche technische Verbesserungenim Salzbergwerk Stetten Von Josef S c h n e i d e r

Es g rüne die Tanne , es wachse das Salz, Got t ha l te uns al len das Wasser vom Hals! — Glückauf! —

Dieser ebenso originelle wie sinnvolle Be rgmannssp ruch s teht seit übe r 100 J a h r e n übe r de r Arbe i t unse re r Bergleute , die tagtäglich in den Schacht e in fah ren , u m dor t im Salz-b e r g w e r k das wer tvol le Steinsalz abzubauen und der G r u n d -s to f f indus t r i e zuzu führen . Das Sa lzbergwerk gibt de r Ge-meinde Ste t ten nicht n u r das Gepräge, es ist v i e lmehr auch ein wir t schaf t l icher Segen f ü r die Gemeinde , die übr igens auch die Symbole des Bergbaues — Schlägel u n d Eisen —

I S T DIE SYMBOLE des B e r g b a u e s , Schlägel u n d H a m m e r , h a t d ie Ge-m e i n d e S t e t t e n be i Ha ige r l . in i h r G e m e i n d e w a p p e n a u f g e n o m m e n .

in ihr neugeschaf fenes O r t s w a p p e n ü b e r n o m m e n hat . Der ü b e r dem Eyachtal ragende F ö r d e r t u r m des W e r k s sagt dem F r e m d e n , daß in S te t t en ein Be rgwerk in Be t r i eb ist. Das Salz gehör t zu den wer tvo l len Bodenre ich tümern , m i t denen uns M u t t e r Erde im Eyachtal beschenkt . Sie sind die H in -te r lassenschaf t e iner b e s t i m m t e n Epoche erdgeschichtl icher Vergangenhei t . Die K o h l e n s ä u r e v o r k o m m e n im Eyachtal und die The rma lque l l en in ande ren Teilen unse res Landes sind Aus l äu fe r dieser erdgeschichtl ichen Phase , in der die Salz-v o r k o m m e n ihren U r s p r u n g haben .

Seit dem J a h r e 1854, dem G r ü n d u n g s j a h r des Werkes durch den preußischen Staat , w e r d e n diese reichen und wer tvo l len S te insa lzvorkommen des Eyachta ls der Indus t r i e n u t z b a r gemacht . Ein neuer , b e d e u t e n d e r Wir t schaf t s fak to r , de r e iner g roßen Anzahl männ l i che r A r b e i t s k r ä f t e Verdiens t u n d Lebensexis tenz bot, f aß t e im Eyachtal F u ß und en t -wickelte sich im L a u f e der J a h r z e h n t e zu e inem gut gelei-te ten U n t e r n e h m e n , das in de r heimischen Wir t schaf t zu Rang u n d N a m e n gelangte. Freil ich w a r der Abbau f r ü h e r p r imi t ive r , wi r me inen mi t m e h r körper l icher Ans t r engung und Arbe i t v e r b u n d e n als heute , weil sich der Bergbau we i t -gehend neuzei t l icher bergbautechnischen Erkenn tn i s sen b e -dient . Man weiß heu t e im Bergbau die Technik übera l l ge-schickt einzusetzen, wo noch körper l iche Arbe i t e ingespar t

R A U P E N L A D E R n e h m e n u n t e r T a g e im S a l z b e r g w e r k die s chwere A r b e i t des B e r g m a n n s ab. Sie b e f ö r d e r n die Sa l zb rocken auf d ie Schü t t e l ru t sche , von wo sie in d ie G r o ß r a u m w a g e n ge l angen .

w e r d e n k a n n . Das ist bei dem s t a rken Mangel an Arbe i t s -k r ä f t e n geradezu no twend ig geworden . Auch im hiesigen Sa lzbergwerk s ind in jüngs te r Zeit ebenfa l l s wei tgehende technische Verbesse rungen verwi rk l ich t worden , u m die schwere körper l iche H a n d a r b e i t de r Berg leu te zu e r l e i ch tem und den Mangel an A r b e i t s k r ä f t e n auszugleichen. Der Mensch s teht im Mi t t e lpunk t der Arbei t , ihm soll eine Hi l fes te l lung geleistet werden, u m die schwere Arbe i t u n t e r Tage bei besserer Leis tung leichter zu bewäl t igen . Das setzt abe r e inen Umste l lungsprozeß am Arbei t sp la tz voraus : de r Berg-m a n n , der b isher m e h r seine K ö r p e r k r ä f t e einsetzen muß te , b rauch t je tzt auch viel maschinel les Ver s t ändn i s und Ein-f ü h l u n g s v e r m ö g e n in die Technik.

Tro tzdem ist der Bergbau f ü r den m o d e r n e n Menschen u n -serer Gegenwar t ein Gebiet , h in t e r dem er besondere , w e n n nicht ga r geheimnisvol le K r ä f t e suchen möchte, die nicht m i t Maßs t äben mode rne r Technik zu messen sind. Der Berg-m a n n , mi t Helm u n d G r u b e n l a m p e b e w a f f n e t , der täglich mit dem F ö r d e r k o r b in die geheimnisvol le Welt der G r u b e f äh r t , e rweckt unse r besonderes Interesse , e r reg t zuweilen sogar ein gewisses Maß an B e w u n d e r u n g . Das erging auch dem Ver fasse r dieser Zeilen nicht anders , als er sich in e inen „blauen A n t o n " warf und, mi t Schutzhelm und K a r -b id l ampe ausgerüs te t , u n t e r F ü h r u n g von Dipl .-Ing. Demel, dem Lei te r der Sa lzbergwerkes Stet ten, in den F ö r d e r k o r b stieg und den Weg in die 100 M e t e r t iefe Grube an t r a t . Ein unvergeßl iches Er lebnis nicht n u r f ü r den, de r zum e r s t en -m a l in diese geheimnisvol le Welt h inunte rs te ig t , sondern auch f ü r den N a t u r - und H e i m a t f r e u n d , der h ier Mill ionen von J a h r e n Erdgeschichte begegne t u n d einen einmaligen, re ichhal t igen Einblick im geologischen Bereich der He ima t genießt . Man ist nicht gleich an den Abbaus te l l en bei den H a u e r n (entspricht e twa e inem Meister), vo rhe r ist noch ein hübsches Stück Weg zurückzulegen durch wei te Hoh l räume , mächt ige Hallen, an de ren W ä n d e n gespenstisch das Licht unse re r L a m p e n ent langgle i te t , das dann und w a n n von dem he l lweißen Salzstein zu rückgewor fen wird. Wieder fasz in ier t uns eine Zahl : Mil l ionen cbm u m f a s s e n diese Hoh l räume , durch die die Gleiswege f ü h r e n und übe r die das F ö r d e r g u t aus den Stollen zum Schacht gebracht wird. Das sind aber nicht n u r einige Meter, sondern die gesamten St recken e r -geben eine Länge von übe r 30 km. Ein v e r w i r r e n d e s L a b y -r in th , diese Hoh l räume! Nicht r a t sam, allein loszumarschie-ren, sondern i m m e r an der Seite des Begleiters, de r dann und w a n n innehä l t u n d uns gerne auf die vielen F r a g e n A u s k u n f t gibt. Endlich, nach ha lbs tünd igem Marsch erbl icken wi r in wei te r F e r n e noch — der Weg ist inzwischen mal in ge rade r Richtung gegangen — es m a g geographisch in der Nähe des Hofgutes Hospach sein, m e h r e r e Lichter! Das Kre i -schen eines Bohre r s d r ing t an das Ohr , das Pus t en eines Raupen l ade r s ist v e r n e h m b a r , ein Zug n ä h e r t sich. Wir sind „vor Ort" , de r Arbe i t swel t unse re r Bergleute , die tagtäglich die Indus t r i e mi t dem wer tvo l len Grunds to f f „Steinsalz" versorgt . Ers t je tz t k a n n m a n ermessen, daß h ie r f r ü h e r , als noch Schlägel und Eisen die einzigen Werkzeuge waren , schwerste körper l iche Arbe i t ver r ich te t w e r d e n mußte , denn das Salz ist von e iner ungewöhnl ichen Fest igkei t . Heu te h a -ben es die Bergleute leichter. Sie bed ienen sich der Bohre r und sprengen die Fe lsen ab, u n d z w a r nach e inem ganz be -s t i m m t e n Ver fah ren , das der B e r g m a n n „F i r s td rücken" be -zeichnet. Es en t s tehen hierbei nach vorne u n d se i twär t s die g roßen K a m m e r n nach dem V e r f a h r e n des absolut e ins tu rz -sicheren P f e i l e r - K a m m e r b a u e s . Hier f u h r e n b i she r die k le i -nen, e twa l3/4 cbm fas senden Wagen heran , die von H a n d be laden wurden . Das bedingte e rhebl iche .Mühe . Im Zuge der in jüngs te r Zeit d u r c h g e f ü h r t e n Verbesse rungen ist an ihre Stelle de r Raupen l ade r ge t re ten , der die gebrochenen Salz-brocken auf die Schüt te l ru tsche be förder t , von wo a u s sie in die G r o ß r a u m w a g e n — jeder von ihnen f a ß t 3,5 Tonnen — t r anspo r t i e r t werden . Sie sind ebenfa l l s e rs t vo r ku rze r Zeit in den Dienst gestel l t w o r d e n u n d haben die k le inen r o s t -und a l tersgeschwächten Loren abgelöst . Diese h a t t e n jedoch noch das Vergnügen, täglich mi t dem Aufzug ü b e r Tage ge-fö rde r t zu werden , was den neuen G r o ß r a u m w a g e n nicht m e h r vergönnt ist. Sie w e r d e n von der elektr ischen, neuen F a h r d r a h t l o k o m o t i v in die Nähe des Schachts vorgezogen — 4—5 Stück —, en t l aden sich dor t selbst, wobei das L a d e -gut zunächst ü b e r ein S t a h l f ö r d e r b a n d in eine Zerk le ine -rungsan lage — H a m m e r m ü h l e — gelangt , von dor t ü b e r ein

54 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

D I E A R B E I T S W E L T u n s e r e r B e r g m ä n n e r , d ie in S t e t t e n b e i H a i g e r l o c h das w e r t v o l l e S t e in -salz f ö r d e r n . Die T e c h n i k b e i m A b b a u f a s z i n i e r t i m m e r w i e d e r d e n B e s u c h e r w i e H e i m a t -f r e u n d , d e r in d ie g e h e i m n i s v o l l e T i e f e h i n u n t e r s t e i g t u n d d o r t Mi l l ionen von J a h r e n E r d -gesch ich te b e g e g n e t . U e b e r e ine h a l b e S t u n d e m u ß e r o f t m i t d e r G r u b e n l a m p e b e w a f f n e t m a r s c h i e r e n , b i s e r v o r Or t ist, im Sto l len , w o d ie B e r g l e u t e d e r A r b e i t n a c h g e h e n . F i r s t d r ü c k e n n e n n t d e r B e r g m a n n d ieses V e r f a h r e n , das im P f e i l e r - K a m m e r b a u A n w e n d u n g f inde t .

Höckerband mi t 32 Grad Ste igung in e inen Behä l t e r m i t 4 cbm Inha l t und schließlich übe r die G e f ä ß f ö r d e r u n g nach oben geht . Dor t e r f a h r e n die Salzbrocken eine wei te re Ze r -k l e ine rung in den Walzens tühlen . Auch h ie r ha t das Werk, das seit 1960 der Wacke r -Chemie gehört , beträcht l iche Be-t r i ebsve rbesse rungen verwirkl icht . Zu der m o d e r n e n Behä l -t e r ausschü t tungswaage mi t au tomat i schem Zählwerk , die bere i t s im letzten J a h r e mon t i e r t w u r d e und die al te Gleis-waage ablöste, k a m e n inne rha lb des W e r k s neue B a n d a n -

lagen zum Einbau . Das Salz k o m m t bekannt l ich seit einiger Zeit in den neuen KTM-Spez i a lwagen der Bahn, von der das Salzwerk 80 dieser Spezial is ten gemie te t hat , zum Versand.

400 Tonnen, so l ießen w i r uns sagen, als w i r wieder oben ankamen , w e r d e n täglich geförder t . Eine eno rme Arbei ts le i -s tung dieser in zwei Schichten a rbe i t enden ca. 50 B e r g m ä n -ner , ob sie n u n als Steiger, Hauer , M o n t e u r e oder als Maschinis ten ih ren Dienst tun. Es l iegt d a h e r nahe, daß die Werks le i tung auch m a n c h e E in r ich tungen geschaffen hat ,

DER T E C H N I K b e d i e n t sich de r B e r g b a u auch u n t e r T a g e w e i t g e h e n d . Das S a l z b e r g w e r k S t e t t e n h a t n e u e G r o ß r a u m w a g e n , d ie 3 T o n n e n f a s s e n , vor e in ige r Ze i t in den Diens t ges te l l t . Sie w e r d e n m i t e i n e r e l e k t r i s c h e n F a h r d r a h t l o k o m o t i v e z u m Schach t gezogen , wo s ie se lbs t -

t ä t i g k i p p e n .

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 55

S P E Z I A L W A G E N d e r L a n d e s b a h n — K T M - W a g e n ist d ie A b k ü r z u n g — n e h m e n d a s Salz au f . 80 von i h n e n h a t d a s S a l z b e r g w e r k g e m i e t e t . I h r H e i m a t b a h n h o f ist S t e t t e n . Mit d i e sen W a g e n

w i r d das Salz d e r I n d u s t r i e z u g e f ü h r t .

die eben im Bergbau no twend ig sind. Wi r denken hierbei vor al lem an die in le tz ter Zei t e inger ichte ten neuen Wasch-räume. A b e r nicht das ist es, was den Besucher interessier t , w e n n er sich der Wel t des Bergbaues gegenübers ieht , son-de rn er e r f ä h r t auch, daß das Sa lzwerk vier Gruben fe lde r m i t je 50 Quadra t l ach te r u m f a ß t . Quadra t l ach te r ist eine alte Flächenbezeichnung. 1 Lachter = 4,378 Q u a d r a t m e t e r . Längs t h a b e n also die Berg leu te die Stol len in die Owinger , S t e t t ene r u n d Haiger locher G e m a r k u n g h ine inget r ieben.

Das gewonnene Salz, das 97,5 %> C h l o r n a t r i u m enthäl t , wi rd in der Indus t r i e vielsei t igen Verwendungszwecken zugeführ t . Die chemische Indus t r i e benöt ig t das Salz u. a. zur Hers t e l lung von K u n s t s t o f f e n u n d Lösungsmit te ln , die Tex t i l indus t r i e zu Färbzwecken, f e r n e r s ind die Schmelz-werke A b n e h m e r , der S t r a ß e n b a u u n d die Landwi r t s cha f t . Auch die J ä g e r beziehen die Salzlecksteine, die w i r d a n n und w a n n im Walde vor f inden — u n d l iegen lassen soll ten —• vom Sa lzbergwerk . H a u p t a b n e h m e r s ind vor a l lem die F a r b -werke Höchst u n d die Wacker -Chemie , die von der , „Preus -sag" das W e r k als E igen tum ü b e r n o m m e n hat . Es un t e r s t eh t nicht dem Gewerbeaufs ich t samt , sondern dem B e r g a m t Fre iburg . „Er geht in die Saline", sagt m a n zuwei len in

S te t t en u n d Umgebung , w e n n sich de r B e r g m a n n m i t der Vespe rmappe u n t e r dem A r m u n d dem ver ros te t en F a h r r a d u n t e r den Beinen sich zum Arbe i t sp la tz bewegt . Nicht ge-m e i n t ist dami t die Wir t scha f t zur „Saline", und auch das Werk ist m i t dem Ausdruck „Saline" falsch bezeichnet. U n -te r e ine r Saline, so l ießen w i r uns von der Werks l e i tung e rk lä ren , ve r s t eh t m a n e twas anderes . Der Unterschied b e -s teht dar in, daß in e iner Sal ine wie in Rot twei l u n d D ü r r -he im das Salz in F o r m von Sole nach oben g e p u m p t wird , I m B e r g w e r k erfolgt jedoch die G e w i n n u n g des Salzes in t rockener F o r m durch B o h r - u n d Sprengarbe i t , eben im bergwerks technischen V e r f a h r e n . Der Einblick in das Salz-b e r g w e r k S te t t en bere icher t den aufgeschlossenen Menschen nicht n u r u m ein lehrreiches Erlebnis , sondern er le ichter t ihm auch wesentl ich das Ver s t ändn i s f ü r die Arbe i t swe l t u n -serer Bergleute , die durch ih ren Fleiß e inen erhebl ichen Bei -t r a g leisten, den Ruf des Sa lzwerkes als gutgelei te tes W i r t -s c h a f t s u n t e r n e h m e n unse res I n d u s t r i e r a u m e s zu begründen .

Die A u f n a h m e n zu d i e s e m A u f s a t z , e b e n s o d a s L a n d s c h a f t s b i l d v o n Gruo l , w u r d e n v o m V e r l a g „ S c h w a r z w ä l d e r B o t e " u n e n t g e l t l i c h zu r V e r f ü g u n g ges te l l t . D a f ü r he r z l i chen D a n k !

Zur Geschichte des Schulwesens der Stadt Hechingen in der Zeit bis 1800 von M. S c h a i t e 1

Die Geschichte des Schulwesens unse re r He ima t H o h e n -zollern ist bis heu t e noch nicht geschrieben worden . In den Veröffent l ichungen des Hohenz. Geschichtsvereins, der in fünf J a h r e n sein lOOjähriges Bes tehen fe ie rn kann , f i nde t sich n u r e i n m a l ein Be i t rag zur Geschichte des Schulwe-sens in Hchenzol lern . Im le tz ten H e f t der „Mit te i lungen", 63. J a h r g a n g 1932, h a t Dr. Hebeisen die Schulordnung des Erzherzogs F e r d i n a n d von Österreich aus dem J a h r e 1586 f ü r die vorderös ter re ichischen Lande, aber n u r in den ^we-sentl ichen Punk t en" , publ izier t . Diese „ Ins t ruk t ion und O r d -n u n g " ha t t e auch Gel tung f ü r die be iden Gra f scha f t en Sig-mar ingen und Veringen, die bekannt l ich bis 1806 u n t e r ös te r -reichischer Oberhohe i t - s t anden . Daß in der he imatkund l i chen L i t e r a tu r die Schule, die doch mi t u n d neben der Kirche die wichtigste Ans ta l t menschl icher Bildung, Ges i t tung u n d K u l -tur ist, bis zur S t u n d e so s t i e fmüt te r l i ch behande l t wurde , f indet seine E r k l ä r u n g in der Tatsache, daß f ü r die Zei t bis zum Ende des Dre iß ig jähr igen Krieges einschlägige Archi -val ien so gut wie nicht v o r h a n d e n sind. Schrif t l iche Aufze ich-n u n g e n oder urkundl iches Mate r ia l k a n n es auch schon des-ha lb nicht viel geben, weil es bis ins 18. J a h r h u n d e r t h ine in ke inen Schulzwang gab, also auch von den Behörden keine

diesbezüglichen Erlasse oder Vorschr i f t en gegeben w e r d e n konn ten! Wenn w i r abe r be im Durchsehen der M a t r i k e l -bücher der Univer s i t ä t en im 15. u n d 16. J a h r h u n d e r t auf die große Zahl de r heimischen S t u d e n t e n stoßen, so m u ß der Schluß gezogen werden , daß wenigs tens in den g rößeren P f a r r d ö r f e r n eine Bi ldungsmögl ichkei t bes tand . O h n e Be-he r r schung der E lemen ta r fäche r , also des Volksschulwissens, w a r ja die Ane ignung h ö h e r e r Bi ldung u n d der Besuch der Univer s i t ä t nicht möglich. Es m u ß d a h e r als sicher gelten, daß gegen Ende des 15. J a h r h u n d e r t s wohl k a u m ein P f a r r -dorf ohne Scnule war . Religiöse U n t e r w e i s u n g f a n d n a t ü r -lich schon i m m e r s ta t t . Ba ld w e r d e n sich auch, verschieden nach O r t u n d Zeit, e inzelne Geistliche b e m ü h t haben, l e r n -begier igen K inde rn neben dem religiösen Wissen auch Lesen u n d Schreiben beizubr ingen. Da m a n auch bes t r eb t sein mußte , f ü r den K le r ike r s t and den Nachwuchs heranzuz iehen , wi rd m a n Buben mi t B e g a b u n g u n d Neigung in e inem m e h r oder wen ige r rege lmäßigen Unte r r i ch t he rangeb i lde t haben . Zweifel los h a t das Schulwesen durch die Er f indung d e r B u c h -d r u c k e r k u n s t den s t ä rks t en A u f t r i e b e rha l t en u n d dann im 16. J a h r h u n d e r t e inen Auf schwung genommen .

U e b e r die G r ü n d u n g oder E r ö f f n u n g e iner Schule in der

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S t a d t H e c h i n g e n s tehen uns ke ine sicheren Angaben zur Ver fügung . Wi r d ü r f e n abe r wohl annehmen , daß in Hechingen nach Er l angung des S tad t rech tes im 13. J a h r h u n -der t auch eine Bi ldungsmöglichkei t f ü r die K i n d e r geschaffen, eine Schule e r r ich te t wurde . Die „Chronik der S t a d t Hechin-gen" — wei t e rh in = Chr. St. H. — e r w ä h n t eine U r k u n d e über die Wies t enmüh le in Niederhechingen vom J a h r e 1294, die auf das Vorhandense in e iner Schule hinweis t , da von „Schueller" die Rede ist. Aus e iner U r k u n d e vom 28. 5. 1394 e r f a h r e n wi r e r s tma ls den N a m e n einer Leh rpe r son : J o -h a n n e s R u t t i e r , Schulmeis te r in Hechingen (Geschichte der Fami l ie von Ow, Schön, München 1910). F ü r die J a h r e 1567/69 ist uns der Schulmeis te r M a r t i n H e c k h e r , f ü r 1579/80 P a u l i n F e d e r 1 i n, f ü r 1589 M. J o h a n n e s S t o c k h über l ie fe r t . E r w ä h n t wi rd 1593 der ehemal ige Schulmeis ter B e r n h a r d P f a f f , 1601/05 der Schulmeis ter J a k o b W e y d a c h e r, 1608 S t e f a n W a s s e r m a n n u. 1609 M. J o h a n n B i e c h l e r . Am 2. 6. 1612 geht U l r i c h V o g t von B o d m a n n a. B., der vo rdem an der Hechinger Schule Provisor war , die Ehe mi t B a r b a r a Gensl in zu Hechin-gen ein. In den J a h r e n 1612/16 ist ein G e o r g M a y e r von Pfu l l endor f Schulmeis ter in Hechingen. U n t e r dem 4. J u n i 1617 e rhä l t Mayer , gewesener Schulmeister , auf sein Bi t ten eine Ve rgü tung von 8 Gulden, weil er sich „mit seinen buben bei der Music zu der Orgel ha t b rauchen lassen." Auf ihn folgt J o h a n n H e r p p von Riedlingen, de r 37 J a h r e U n t e r -richt e r te i l te und 1660 das Zeitliche segnet. Sei n Nachfolger wi rd J o h a n n U l r i c h B ü r g i , gebür t ig von Konstanz , dessen Bes t a l l ungsu rkunde vom 14. 1. 1654 e rha l t en blieb und im „Hochenz. Wochenbla t t Nr. 1, 1858 abgedruck t und auch von der S tad tchronik in vol lem Wor t l au t ü b e r n o m m e n wurde . Danach w a r Träge r der Schule die Stadt , die auch das Schulgebäude mi t zwei Schulz immern und L e h r e r w o h -n u n g stel l te und die Lehre r besoldete. Die jähr l iche Besol-dung des Schulmeis ters w a r sehr bescheiden, um nicht zu sagen dür f t ig . Sie bes tand aus 15 Gulden Geld, 4 Ma l t e rn Vesen (Korn), 2 Mal t e rn H a b e r und 24 K l a f t e r n Brennholz , w ä h r e n d noch jedes Schulkind alle F r o n f a s t e n 12 Kreuze r Schulgeld und dazu auf Mar t in i l/-> Kreuzer , auf Lichtmeß und Oste rn nochmals jewei ls 2 Kreuze r zu zahlen ha t ten . Die K n a b e n saßen im u n t e r e n und die Mädchen im oberen Schulz immer , „wie von a l te r shero bräuchig gewesen". U n t e r -r ichtet w u r d e in Lesen und Schreiben, Rechnen, Religion und Choral (Singen). Zum Chora lgesang w u r d e n die nöt igen Bücher aus der Kirche zur V e r f ü g u n g gestellt . Die Schul-s tunden w a r e n im S o m m e r von 5—7 Uhr , im Win te r von 6—7 Uhr, dann wieder von 8—10 U h r und von 12—15 Uhr. Zu be tonen ist, daß an der Hechinger Schule auch im S o m -m e r un te r r i ch te t wurde , w ä h r e n d auf dem Lande der Schul-be t r i eb nu r in den W i n t e r m o n a t e n u n t e r h a l t e n wurde . Aus dem Ans te l lungsve r t r ag ist wei te r zu en tnehmen , daß Bürgi vorers t n u r auf 1 J a h r angeste l l t w u r d e und daß er L a t e i -n i s c h und T eu t sch dociren" muß te ! Desgleichen sollte auch seine „Haus f r au und junge Tochter sich mi t ih re r Lehr gebrauchen zu lassen obligirt sein"! La te inun te r r i ch t w u r d e abe r nicht al len Kinde rn ertei l t , sondern n u r K n a b e n mi t „ ingenium", d. h. mi t Talent und S t r eben nach höhere r Bil-dung. Je t z t wi rd auch vers tändl ich, w a r u m sich un te r den a u f g e f ü h r t e n Schulmeis te rn zwei Magis ter be fanden , also Lehrpe r sonen mit e inem akademischen Grad ; vermut l ich w a r e n es Geistliche. Wie lange der „Wohlgelehr te H e r r Bürgi" in Hechingen wirk te , w a r nicht fes tzustel len. Bere i t s 1656 t r e f f e n wi r als Schulmeis ter M a t t h i a s S t a i n von Ro t t enburg a. N. und in den J a h r e n 1660/1702 F e r d i n a n d Le p r a n d (Lebrandt , der auch lateinischer Schulmeis ter genann t wird , w ä h r e n d als deutsche Schulmeis ter 1664 M a r -t i n H a n d e r , 1679 J o h . G e o r g A i c h und T o b i a s L i e b e 1 (Liebl) über l i e fe r t sind. (Ueber C r a m e r „Die G r a f -schaf t Hohenzol lern" , S t u t t g a r t 1873, wo i r r tüml ich Siebel steht , k a m die falsche Schreibweise auch in die „Chronik der S tad t Hechingen"). Nach dem Tau fbuch w u r d e n Liebel und seiner E h e f r a u El isabeth von Ow in der Zeit von 1671—1688 neun K i n d e r geboren, wobei e r s tma ls 1676 de r Beruf des Vaters als Schulmeis ter genann t wird . Vermut l ich w a r Liebel vor U e b e r n a h m e des Schuldienstes auf der fü rs t l i chen K a n z -lei tätig, denn am 31. Augus t 1690 ü b e r n a h m er nach dem Tode des Kanzl i s ten Fr iedr ich Miller bis zur Rat i f ika t ion durch die Her r scha f t dessen Amt . Gleichzeitig w u r d e der Schuldienst p robeweise dem gewesenen Schulmeis ter zu Steinbach — welches von acht? — N i c o l a T o u s s a i n t übe r t r agen , dem in den J a h r e n 1690/92 zwei Kinder ge t au f t werden . 1693 ist J o h a n n M a r t i n G i g e n b a c h von Kirchheim (Schwaben) Schulmeis ter in Hechingen und auch Liebel ist in den Schuldienst zurückgekehr t . A b 16. J u n i

704 ist der „schuldienst mi t buben und mägdt le in wieder kombin ie r t und Tobias Liebl in tegra l i t e r a u f g e t r a g e n w o r -

den". Am 3. März 1715 verschied Liebel, nachdem er 30 J a h r e lang Schullei ter (Ludimodera tor) gewesen war . 1700 u. fo lgende J a h r e w a r S c h u l a d j u n k t oder 2. Lehre r H a n s G e o r g B u k -k e n m a y e r , dem spä te r die in der un te ren Vors tad t einge r ichtete Schule ü b e r t r a g e n wurde . F ü r die K i n d e r der S t ad t und oberen Vors tad t w u r d e der Schulmeis ter A n t o n i B a h r von Hechingen angestel l t , abe r schon im k o m m e n d e n J a h r e wegen sit t l icher Ver feh lungen wiede r ent lassen. Er m u ß t e überd ies Ur fehde schwören und w u r d e auf ewig des Schwäbischen Kreises verwiesen. Als Nachfolger w u r d e im Oktober 1716 B e r n h a r d D a i k e r von Boll in Dienst genommen. Wenn es schon i m m e r ein großer Mißs tand war , daß die Leh re r bezüglich ih re r Besoldung auf das Schulgeld angewiesen waren , dieses aber sehr schlecht oder unrege l -m ä ß i g einging, so m u ß es um 1719 ganz schlimm gewesen sein. Aus f r e i en S tücken e r k l ä r t e n sich dann Bürge rme i s t e r H e r p p und J a k o n F r e y d e m a n n des Gerichts berei t , pe r sön-lich die El te rn der Schulk inder aufzusuchen und das fäl l ige Schulgeld einzuziehen. A u ß e r d e m w u r d e die Lehre rbeso ldung um einen Mal te r Vesen aus dem S t a d t k o r n erhöht . P r i v a t e und Nebenschulen w u r d e n nicht m e h r zugelassen und den „ a r m e n zur schuell daugl ichen K i n d e r n " das Schulgeld aus den „gemeinen Pf legschaf ten" bezahl t . Auf Daiker folgte als Schulmeis ter im J a h r e 1721 J o h a n n e s K a m m e r e r von Owingen, der spä te r zur V e r w a l t u n g überg ing und am 8. F e b r u a r 1735 als S tad tschre iber vere idigt wurde . A n seine Stel le t r a t A l e x a n d e r K o h l e r , der wiederhol t zu Klagen Anlaß gab, o f f e n b a r weil er zu tief ins Glas schaute. So heißt es u n t e r dem 11. Apri l 1739: „Der Schulmeis ter Kohle r solle fü rneml ich das a n g e w o h n t e m a l e u r des b r a n d -ten Weins ha lber von sich legen, besseren Fleiß zur I n s t r u k -tion de r Scholaren anwenden , dieselben zu schuldigen Go t -tesforcht anha l ten , ansons ten und bei beschehendten f e r n e -ren Klagen es sayn Dienst kos ten möchte!" Im k o m m e n d e n J a h r e schon w u r d e ein neue r Schulmeis ter angenommen , de r Bürgersohn J o h a n n K a s p a r B u l a c h . Dieser s tand als Schreiber im Dienste beim A m t m a n n des Zis terz ienser in-nen-Klos te r s Lichtenta l bei B a d e n - B a d e n und w u r d e zur besonderen Ausb i ldung nach Augsburg geschickt. Wie lange Bulach sich in der Fugger s t ad t auf den Lehre rbe ru f vo rbe -reitete, w a r nicht zu e rmi t te ln , doch ist uns über l ie fer t , daß er das vorgeschr iebene E x a m e n gut bes t anden und en t -sprechende Zeugnisse vorgelegt hat . Am 8. Augus t 1740 t r a t er in Hechingen den Dienst an, wobei das S tad tger ich t ihm aus f re ien S tücken die Besoldung von 15 auf 20 Gulden e r -höhte und zu den 8 Mal t e rn Vesen und 1 Mal te r Habe r je -weils einen we i t e r en Mal te r bewill igte. Es w u r d e abe r aus -drücklich darauf h ingewiesen, daß auf die A u f b e s s e r u n g des Gehal tes kein Anspruch bestehe, da sie f re iwi l l ig sei und jeder Zeit bei e ingehenden Klagen entzogen w e r d e n könne. Eine Eingabe Bulachs 1743 wegen Er laß der Ehes teuer w u r d e abschlägig beschieden mi t der Begründung , daß durch seinen Vorgänger B a h r der S tad t ohneh in schon großer Schaden e r -wachsen sei. Im k o m m e n d e n J a h r e wi rd der A d j u n k t A n -t o n i F ä r b e r angestel l t . Im J a h r e 1762 finden wi r als Schulmeis ter in Hechingen W o l f g a n g T h a d ä u s I h r -1 i n g e r, dem f ü r die Zeit vom Apri l 1762 bis Apri l 1763 F r a n z J o s e f G e i g e r , B ü r g e r und Sat t le r , als A d j u n k t verpfl ichtet wird . An Vergü tung e rhä l t Geiger je 6 Gu lden von der S tad tkornpf lege und der Salzfaktore i , 4 Gulden von der Gut leuthauspf lege , 3 Gulden vom Heil igen Almosen und vom B ü r g e r m e i s t e r a m t neben 3 Gulden noch 2 K l a f t e r Holz. In den nächsten 20 J a h r e n w e r d e n als S c h u l a d j u n k t e n ein B l u m e n s t e t t e r und ein J o s e p h G a b l e r von Dot-t e r n h a u s e n e r w ä h n t .

Mit dem J a h r e 1781 beg inn t f ü r das Schulwesen der S t ad t Hechingen ein n e u e r Abschnit t , die E i n f ü h r u n g der a l l g e -m e i n e n S c h u l p f l i c h t . N u n m e h r müssen K n a b e n und Mädchen von Bürge rn und Hin te r sassen vom 6. bis zum 12. Lebens j ah re die Schule besuchen. Die Schu lo rdnung der „Teutschen S t a d t - und P fa r r schu le" zu Hechingen, v e r ö f f e n t -licht un t e r dem 21. Dezember 1781, ha t fo lgenden Wor t l au t : lmo. Sollen alle K inde r beyder ley Geschlechts in dem 6. J a h r

ihres a l ters die schul täglich zu besuchen v e r b u n d e n seyn, wo sie die f ü r ih ren k ü n f t i g e n s t and und Lebens -a r t er forder l iche Gegens tände , das Buchs taben können , das Buchstabieren, das Lesen der Druck und H a n d -schrif ten, das schön und recht schreiben, das Rechnen, die no twend igen Kenn tn i s se der Religion, das Nötige von der S i t ten lehre , Wohlans tänd igke i t und Hausha l t ungs -k u n s t e r l e rnen und des hierzu e r forder l ichen Fleißes und Zeit ha lbe r

2do. die schul wenigs tens bis nach vol lbrachtem 12. J a h r unun te rb rochen angeha l t en seyn sollen, jedoch

3tio. in besonderen Fällen, so einige K i n d e r e h e n d e r en t -lassen zu w e r d e n ve r l ang ten wird auch solches nach

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 57

v o r g ä n g i g e r P r i f u n g u n d e r f u n d e n e n r i ch t igen K e n n t -n i s sen g e s t a t t e t w e r d e n , wi l lkür l i ch a b e r solle die Schule n i e m a n d ve r l a s sen . I n e b e n d i se r abs ieht is t auch

4to. ke in schüle r zu r E r l e r n u n g e ines H a n d w e r k s o d e r P r o -fess ion a u f z u d i n g e n , e r k e n n e d a n n e in schr i f t l i ches Zeugn i s s e i n e r E n t l a s s u n g a u s de r Schule d e n e n H a n d -w e r k s z u n f t m e i s t e r n vo rwe i sen . Z u r U n t e r s t ü t z u n g d i e se r S c h u l o r d n u n g s ind

5to. v o n d e n L e h r e r n die Ca t a loge ü b e r i h r e S c h u l k i n d e r zu f ü h r e n u n d al le M o n a t die Verze ichnisse d e r s e l b e n e i n e r h f ü r s t l . R e g i e r u n g e inzure ichen , w o r i n n e b s t d e m a l t e r u n d N a m e n d e r T a g des a n g e f a n g e n e n Schu lgehens , das L e r n e n , d a s Schule g e h e n u n d Ausb le iben , i h r e zu u n d a b n a h m e in d e r S i t t s a m k e i t u n d F le iße , d a n n i h r e F ä -h i g k e i t e n a n g e m e r k t w e r d e n sol l ten .

6to. S ind des J a h r e s z w e i m a l ö f f en t l i che P r ü f u n g e n ü b e r die v o r g e s c h r i e b e n e n L e h r g e g e n s t ä n d e zu ha l t en , die e r s t e nach dem W i n t e r k u r s nach Os t e rn , die zwe i t e auf d e n H e r b s t vor Michael is , te i l s z u r a u f m u n t e r u n g d e r Schul-j u g e n d , te i l s z u r p r i f u n g d e r L e h r e r selbst .

7mo. S ind die S c h u l s t u n d e n des m o r g e n s v o n 8 bis 11 U h r , n a c h m i t t a g s a b e r v o n 1 bis 4 U h r i n z u k u n f f t zu h a l t e n , we lches die m e n g e de r S c h u l j u g e n d f o r d e r t .

8vo. W a s in d i e sen 6 L e h r s t u n d e n u n d in we lche r Ordnung a b z u h a n d e l n seien, ist in d e n b e s o n d e r s a u f g e s e t z t e n Schu l -Tabe l l en , so auch

9no. die g e n a u e zu b e o b a c h t e n d e Schulgese tze f ü r die Schu l -j u g e n d nicht w e n i g e r

lOmo. die Schu lzuch t zu r Vorschrift f ü r die L e h r e r in b e -s o n d e r e n a u f s ä t z e n b e s t i m m t u n d höchs tens b e g n e h m i g e t w o r d e n , endl ich

l l m o . e i n e n s t a n d e s m ä ß i g e n geha l t f ü r die L e h r e r zu e r -zihlen, w i r d v e r o r d r e t , d a ß in Z u k u n f f t u n d gleich jezo m i t nächs t ve r f l o s senem q u a t e m b e r a n f a n g e n d , q u a r t a -l i t e r f ü r j edes Schulkind 15 x bezah le t , d ie s o g e n a n n t e n M a r t i n s - H e l l e r , L i c h t m e ß - u n d Os te r sch i l l ing a b e r g ä n z -lich abges te l l t sein sol len. Zu d e r e n a b g a b e d ie E l t e r n g e n a u a n g e h a l t e n w e r d e n sollen, gleich wie es auch e in

S t robe l h a t die N e u f o r m u n g des angebl ich viel ä l t e r e n Spie les d e n O r t s a d e l i g e n „von B u b e n h o f e n " a m a n f a n g e n d e n 15. J a h r h u n d e r t zugeschr ieben . Wie e r da auf das J a h r 1439 k a m , ist f re i l ich u n k l a r , ebenso auch se ine B e w e i s f ü h r u n g be t r . d a s „Pr iv i l eg" u n d des sen N o t w e n d i g k e i t bzw. U e b e r -flüssigkeit. Se in B e m ü h e n , f ü r 1439 e i n e n H a n s He in r i ch v o n B u b e n h o f e n zu f inden , ist unnö t ig , da die U n t e r s c h r i f t de r U r k u n d e nach Egle r doch „H, S. von B u b e n h o f e n " ge -h e i ß e n h a b e n soll. E i n e U n t e r s c h r i f t f ü r j e n e f r ü h e r e Zei t w ä r e f a s t e in U n i k u m . E ine r icht ige U r k u n d e h ä t t e e t w a g e l a u t e t : „Ich H a n s von B u b e n h o f e n zu Grosse l f ingen b e -k e n n e h i e r m i t d iesem Br ief , d a ß ich g e s t i f t e t h a b e Diese r Brief w a r d g e b e n do m a n za l t nach C h r i s t i G e b u r t 1400 u n d 90 J a h r " , u m be i sp ie l sweise e in J a h r zu n e n n e n .

Auf d a s K o n t o v o n Ulk ist auch d ie S t r a f e v o n 1 bis 1000 T a l e r n (eine g e r a d e z u u n g e h e u r e S u m m e ! ) zu se tzen, s a m t d e m Zusa tz „ ih r m i e ß e t a l les v o r T h a l l e r a n n e h m e n w a n s r u n d t ist u n d P r e g h a t u n d L a n d e s w e r u n g is t ( P a r a g r . 6 d e r S t i f t . -Urk.) . Da im J a h r e 1476 in u n s e r e r G e g e n d e ine gu t e K u h 6—7 G u l d e n kos te te , w ä r e d ie angeb l iche S t i f t u n g s s u m m e v o n 54 G u l d e n d u r c h die v o n B u b e n h o f e n ziemlich hoch, im 17. u n d 18. J a h r h u n d e r t d a g e g e n k ö n n t e die S u m m e e t w a d e r sons t f ü r e ine M e ß s t i f t u n g üb l i chen e n t s p r o c h e n h a b e n .

Tei ls dem H u m o r , te i l s d e m b loßen R e i m z w a n g e n t s p r u n -g e n u n d d a h e r j e d e r I n h a l t s k r i t i k en t zogen ist zwe i fe l los d a s N a r r e n l i e d ( g e n a n n t „Brude r scha f t s l i ed" ) . Sons t k ö n n t e es a a r i n n ich t von de r Pes t ze i t h e i ß e n : „ L u s t i g w a r s in u n -s e r m L a n d , . . das P f e r d ( m e r k w ü r d i g , im Schwäb i schen sag te m a n doch R o ß o d e r G a u l ! ) geh t nach u n s e r n G e -d a n k e n , f ü h r e t auch be i u n s die S c h r a n k e n . . . "

Die Schü tzen im Kuckucks l ied k ö n n t e n d a r a n e r i n n e r n , d a ß e h e m a l s bei S c h ü t z e n f e s t e n auf Vögel geschossen w u r d e , die in B e h ä l t e r n auf S t a n g e n g e f a n g e n saßen . Viel leicht ist de r N a m e B ä d e r f ü r B a d e r auch m e r k w ü r d i g .

E i g e n a r t i g u n d ganz b a y r i s c h - ös ter re ichisch k l i n g t : „Von Vened ig s e i n s w i r b e k a n n t . " S a g t m a n so im S c h w ä -bischen? När r i sch m u ß t e es f ü r f r ü h e r e Zei t k l i ngen , w e n n gewöhn l i che U n t e r t a n e n von sich se lbs t a ls H e r r e n r e -d e t e n : „Sie r u f e n u n s H e r r e n all z u s a m m e n " (Kuckucksl ied) .

W a s a m g a n z e n Spie l auf d e n e r s t e n Blick a m s o n d e r -b a r s t e n e r sche inen will , d ie V e r e i n i g u n g v o n re l ig iöser B r u -d e r s c h a f t und we l t l i che r N a r r e t e i , i s t be i n ä h e r e m Z u s e h e n

f ü r a l l e m a l f e s tgese t z t b le ibe t , d a ß d ie e i n m a l in d ie schul g e s c h r i e b e n e n K i n d e r bis nach v o l l b r a c h t e m 12. J a h r e n sowohl W i n t e r s - w i e S o m m e r s - Z e i t zu B e -s u c h u n g d e r Schule, auch bei z u g e w a r t e n h a b e n d e r s c h ä r f s t e r B e s t r a f u n g v o n d e n E l t e r n a n g e h a l t e n w e r -d e n sollen.

D a ß vie le E l t e r n es m i t d e r Schulpf l icht f ü r i h r e K i n d e r n ich t a l lzu e r n s t n a h m e n , g e h t d a r a u s he rvo r , d a ß im O k t o -b e r 1782 elf E h e p a a r e b e s t r a f t w u r d e n , we i l d e r e n K i n d e r in d e r Schule m e i s t g e f e h l t h a t t e n . So sah sich F ü r s t J o s e p h W i l h e l m (1750—1798) v e r a n l a ß t , u n t e r d e m 18. D e z e m b e r 1782 e i n e n „Spez i a l -Be feh l " zu e r l assen , d a ß

„sämt l i che I n w o h n e r d e r S t a d t Hechingen , sowohl B u r -ger als H i n t e r s a s s e n sich o h n e al le W i d e r r e d e nach den n e u e r g a n g e n e n S c h u l v e r o r d n u n g e n f ü g e n u n d v o n jezo a n i h r e K i n d e r be ide r l ey Geschlechts fleißig in schul schicken u n d o h n e h ö c h s t d r i n g e n d e u n d j e d e s m a l v o r -l ä u f f l g a n z u z e i g e n d e Ursache n ich t a u s b l e i b e n l a s sen sol len, wo j e d e r auf e r s t m a l i g e s A u s b l e i b e n e ine S t r a f e v o n 5 fl, das zwe i t e m a l a b e r 15 fl u n d auf w e i t e r e Fä l l e h i n e ine w i l l kü r l i che w e i t h ä r t e r e S t r a f zu g e w a r t e n habe . "

F ü r die K i n d e r d e r J u d e n , die b e k a n n t l i c h n ich t im Schutz u n d Recht de r S t a d t g e m e i n d e , s o n d e r n im Hofschu tz s t a n -den, g a b es bis in das 19. J a h r h u n d e r t h i n e i n e i n e P r i v a t -schule. Nach d e m H a g e n ' s c h e n L a g e r b u c h von 1544 zäh l t e die S t a d t Hech ingen 10 jüd i sche F a m i l i e n , d e n e n Gra f J o s N i k l a s 1546 f ü r 50 P f u n d He l l e r e in H a u s v e r k a u f t e , d a s zu r J u d e n s c h u l e e inger ich te t w u r d e (Chr. St. H., S. 66). W e i t e r is t u n s ü b e r l i e f e r t , d a ß d e r M a l e r M a r t i n F r i e s 1593 e inen A n t e i l a n e inem H a u s e bei d e r J u d e n s c h u l e besaß .

Dem fo r t s ch r i t t l i chen Ge i s t e des 18. J a h r h u n d e r t s e n t -sp rechend g r ü n d e t e F ü r s t J o s e p h W i l h e l m in H e c h i n g e n auch e in G y m n a s i u m , s te l l t e die n o t w e n d i g e n R ä u m e zu r V e r -f ü g u n g u n d t r u g die K o s t e n f ü r die Schule. Das Fü r s t l i che G y m n a s i u m in Hechingen , d a s v o n 1775 bis 1798 bes t and , ist a u s f ü h r l i c h b e h a n d e l t in d e r F e s t s c h r i f t : 50 J a h r e S taa t l i ches G y m n a s i u m Hechingen , H e c h i n g e n 1959.

(Schluß)

s e h r e in f ach zu e r k l ä r e n . F a s t n a c h t w a r ja das le tz te A u s -t o b e n d e r s inn l i chen F r e u d e n in Scherz u n d Spie l u n d E s s e n v o r de r l a n g e n u n d s t r e n g e n F a s t e n z e i t ! Nach B i r l i n g e r w a r e n die B r u d e r s c h a f t e n u n d K o n g r e g a t i o n e n m a n c h e r o r t s g e r a d e z u T r ä g e r d i e se r V o l k s b e l u s t i g u n g e n a n F a s t n a c h t , u n d die Geis t l i chke i t m a c h t e w a c k e r mi t . Auch in Stockach zog d a s N a r r e n g e r i c h t nach d e r A e m t e r b e s e t z u n g z u e r s t z u r Ki rche zu e ine r S e e l e n m e s s e f ü r die v e r s t o r b e n e n Mi tg l ieder , u n d j e d e r N a r r leg te se in O p f e r auf d e n A l t a r . W e n n in Gros se l f i ngen e ine a l t e B r u d e r s c h a f t b e s t a n d , k o n n t e sie zwe i fe l los die a l t e n F a s t n a c h t s b r ä u c h e w e i t e r t r a g e n : S o m -mervoge l , Ger ich t u n d K r a u t h a f e n . Da b l i ebe a m E n d e n u r die P e s t zu e r k l ä r e n , d ie d e r A n l a ß zui E i n f ü h r u n g des N a r r e n g e r i c h t s g e w e s e n se in soll. A b e r in P e s t n o t k a n n m a n unmögl ich du rch F a s t n a c h t s r u m m e l die G e m ü t e r e r h e i -t e r n ! I s t sie jedoch ü b e r w u n d e n , d a n n k o m m t die F r e u d e bei d e n U e b e r l e b e n d e n , im v o r a u s der J u g e n d w i e d e r von se lber !

M a n k e n n t n u n vie le Beisp ie le f ü r G r ü n d u n g von P e s t b r u -d e r s c h a f t e n , a b e r n icht zum Zweck v o n L u s t u n d Scherz, s o n d e r n zu H i l f e l e i s t u n g f ü r Unglückl iche , zu r re l ig iösen B e s s e r u n g de r Mi tg l ieder . Es sei n u r die S e b a s t i a n s b r u d e r -s c h a f t zu D o r n s t e t t e n 1473, zu Sulz 1498. zu Hech ingen 1513 g e n a n n t . So l l t en auch d ie H e r r e n v o n B u b e n h o f e n " i n j e n e Ze i t in Grosse l f ingen e ine solche g e g r ü n d e t h a b e n , die d a n n s p ä t e r z u r b loßen N a r r e n b r u d e r s c h a f t h e r a b s a n k ? Die s p ä -t e r e n S t a t u t e n , die z w e i f e l s o h n e v o m Or t sge i s t l i chen v e r -f a ß t ode r i n sp i r i e r t s ind, t r ü g e n d a n n d e n v e r ä n d e r t e n V e r -h ä l t n i s s e n Rechnung . So e r k l ä r t e sich m ü h e l o s die Z u s a m -m e n f ü g u n g der v e r s c h i e d e n e n Teile . Soga r das „Bad" ist be i d e n B r u d e r s c h a f t e n n ich ts U n b e k a n n t e s , ga l t a b e r als e ine d u r c h a u s e r n s t e Sache, w i e e in Beispie l a u s d e m o b e r b a y -r i schen G e i g e n m a c h e r o r t u n d Mark t f l e cken M i t t e n w a l d ze igen k a n n , e i n e m e h e m a l s w ich t igen D u r c h g a n g s p u n k t f ü r d e n H a n d e l nach I t a l i e n - V e n e d i g . H i e r w u r d e im J a h r e 1487 bis 1679 de r sog. Boozene r M a r k t j äh r l i ch a b g e h a l t e n . A u s e ine r d o r t i g e n U r k u n d e des 18. J a h r h u n d e r t s sei e n t n o m m e n

„Was die J u n g g e s e l l e n a l lh ie zu M i t t e n w a l d in i h r e r i n -h a b e n d e n B r u d e r s c h a f t a b z u s t r a f e n h a b e n — doch dem h o c h -lÖblichen P f l ege - u n d M a r k t g e r i c h t u n v e r g r i f f e n . — D a m i t n u n u n t e r i h n e n a l le k u n i t z e schlechte R e d e n a b g e b r a c h t u n d e n t g e g e n d i e Zuch t u n d E h r b a r k e i t g e b r a u c h t w i rd , s ind

Zur Geschichte der Fastnacht J o h . Ad. K r a u s , F r e i b u r g

58 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

diese folgenden Strafen gesetzt, welche sie nun also selber angeben:

1.) Wer den a n d e r n ungefähr l ich Schelm, N a r r e n oder B ä r e n h ä u t e r sch impf t u n d durch zwei Zeugen übe rwiesen wird, zahl t 9 Kreuze r S t ra fe . 2.) Wer einen a n d e r n Dieb heißt, 6 Kreuzer . 3.) Wer ihn L a p p e n schilt, 2 Kreuzer . 4.) Wer e inen a n d e r n H u n d s f o t t t i tul ier t , m i t Kot oder u n s a u -be rn Wor ten angre i f t , der m u ß wegen seines unf lä t igen Mauls g e w a s c h e n werden , d. h. er w i r d i n d e n z u d i e s e m Z w e c k e g e s t a u t e n B a c h g e l e g t . 5.) Auf Spitz u n d S c h i m p f n a m e n a n d e r e r A r t s teh t als S t r a f e 1 Kreuzer . 6.) Wenn ein Mitglied der Brude r scha f t auf besche-henes Bot t dre i Sonn tag nache inande r n i t zum Got tesdiens t erscheint, sondern f revent l ich ausble ib t u n d dem hl. Segen (jetziger Zei t abe r der F r ü h m e ß ) n i t be iwohnt , d a n n h a b e n sie Macht, solchen auf o f f enen Gassen anzugre i fen u n d i n d e n B a c h z u l e g e n . 7.) Ungebühr l iches Verha l t en in der Kirche mi t drucken und s toßen wird mi t e inem Vier l ing Wachs geahndet . Solche Bru d e r s ch a f t ist e rdacht worden, als m a n zähl te 1480 J ah r , zu E h r e n der Himmelskön ig in Maria , wei len selbiger Zeit die leidige S u c h t d e r P e s t g ras -sierte. Von unse rn Vore l te rn h a b e n wir allzeit gehört , daß die Brude r scha f t sei e rdacht worden, als es a lh ie r neun J a h r kont inuier l ich solle ges torben haben, desha lben die B r u d e r -schaf t s a m t dem „Tenebrae" , so all F re i t ag neben dem ge-sungenen A m t a u f k o m m e n , ist ges t i f t e t worden .

Richtiger u n d Ra t der Junggese l l enbruder scha f t zu Mi t tenwald .

Die Uebe r l i e f e rung f ü g t noch hinzu, die Pes t sei s. Zt. aus Ober i ta l ien eingeschleppt worden . Fal ls die E x e k u t o r e n nicht d a f ü r sorgten, daß d£r Uebe l tä te r r ichtig naß wurde , warf m a n sie selber in den Bach. Die S t r a fge lde r und das Wachs flössen in die Kirchenkasse . Der Vors t and der B ru d e r s ch a f t setzte sich z u s a m m e n ' aus e inem Richter, sechs Beisi tzern, e inem Schreiber und einem A m t m a n n oder Ratsd iener , die jewei ls aus der Reihe der Burschen gewähl t w u r d e n . Als Zweck des ; ,Ganzen w i r d s p ä t e r angegeben: E inpf lanzung größerer Zucht und Ordnung . Die S t a t u t e n w u r d e n in der Folge vielfach geänder t , seit 1860 blieb nu r noch der re in kirchliche Charak te r , w ä h r e n d die Ju r i sd ik t ion a u ß e r h a l b des Got teshauses gänzlich erlosch (Maximil ian Schmidt , Der Bu-benr ich ter von Mi t tenwald , Deutsche Ver lagsans ta l t S t u t t -gar t und Leipzig, S. 63—66, wo auf Baaders Chronik des M a r k t e s Mi t t enwa ld Bezug g e n o m m e n wird.)

N u n ha l t e m a n die Grosself inger Sache e inmal daneben! Bruderschaf t , r die der Pes t ih ren U r s p r u n g ve rdank t , H i n -weis auf I tal ien, bzw. Venedig, Got tesdienst , Kreuze r s t r a fen , Richter u n d Abur t e i l ung durch W e r f e n in den B r u n n e n („rei-ßenden Strom") . In Grosself ingen sind s t ra f fä l l ig solche, die

ih re Weiber schlagen, a n d e r e ve rspo t ten , .Got t lästern,. .schwö-ren, Ungebühr l iches reden, „da wi rd m a n nicht l a n g e m a -chen, wegen seiner w ü s t e n Sachen, dieses wi rd d e r Sentenz sein: W e r f e n in den B r u n n e n rein!"

Angesichts dieser Pa ra l l e l en und der Grosself inger Uebe r -l i e fe rung scheint wohl das Zurückgehen der N a r r e n b r u d e r -schaf t a u f e i n e a l t e P e s t b r u d e r s c h a f t n i c h t m e h r z u b e z w e i f e l n ! Aber eine große Schwier igkei t bleibt, nämlich der Mangel jeglicher schrif t l icher Nachrich-ten. Dazu k o m m t die Zwei fe lha f t igke i t und das endliche V e r -schwinden der sog. U r k u n d e n von 1605 (falls h ier ;nicht der von Wal te r aus der P f a r r c h r o n i k mi tge te i l te „S t i f t ungsb r i e f " gemein t is), von 1718 und 1740. Vielleicht e rk l ä r t sich le tz-teres dadurch, daß sie m i t ih rem al lzus tark religiösen I n h a l t den v e r ä n d e r t e n Ze i tverhä l tn i ssen nicht m e h r genügend Rechnung t rugen und dahe r f ü r überf lüss ig erschienen?

Schließlich bleibt noch eine Möglichkeit h inzuweisen, d ie alle Schwier igkei ten a m bes ten lösen w ü r d e :

Könn te nicht ein mi t bayr ischen Verhä l tn i ssen b e k a n n t e r P f a r r e r die B ru d e r scha f t u n d das Wasse r - bzw. S o m m e r -spiel um 1700 von dor t mi tgebrach t und in G. e inge füh r t haben, um die ü b e r s c h ä u m e n d e F a s t n a c h t s f r e u d e seiner P f a r r k i n d e r in fes te B a h n e n zu zwingen u n d dazu jene n ä r -risch f ingier te U r k u n d e von 1605 geschaffen h a b e n ? Der Ausdruck „seins w i r bekann t" , der N a m e Sommervogel , die Tiroler , die Bergknappen , Jäger , Sennen, Einsiedler , P r o -fossen und Venediger weisen m e h r oder weniger auf S ü d -bayern und die Alpen hin. Die Schlußredakt ion des Ganzen h a t wohl e rs t 1858 s t a t tge funden , als das Spiel n a c h e i n e m g a n z e n M e n s c h e n a l t e r (trotz der J a h r t a g s -sti tung!) wieder e r s t m a l s a u f g e f ü h r t wurde . Da seit 30 J a h r e n sicher vieles in Vergessenhei t ge ra ten war , haben bei der N e u f o r m u n g wohl auch die P h a n t a s i e u n d das Beispiel ande re r N a r r e n o r t e eine nicht ger inge Rolle gespielt. Viel-leicht w a r auch Lud. Egler selbst beteiligt.

A n m e r k u n g : Der Volkskund le r J o h a n n e s Künz ig sagt in seinem Büchlein „Die a l lemannisch-schwäbische Fasnet , 1950, Seite 28—29 von Grosself ingen: Das Nar renger i ch t w u r d e vielleicht zu A n f a n g des 18. J a h r h u n d e r t s von e inem Dor f -p f a r r e r v e r f a ß t oder zusammenges te l l t . Doch sind ke ine Schlüsse über die genaue Zeit de r E n t s t e h u n g möglich. Er e r inne r t an die Pf ings tbräuche wie sie in Luzian Reichs „Hieronymus" S. 112 erscheinen und an den Pf ingstdreck zu Zell a m Andelsbach, der vom Gaul h e r a b in den B r u n n e n gewor fen wurde . Als Pa ra l l e l e h ierzu s ieht er das B r u n n e n -w e r f e n zu Grosself ingen. In den B ä d e r h a n t i e r u n g e n v e r m u t e ! Künzig Nachklänge aus A u f n a h m e b r ä u c h e n von Z ü n f t e n und hä l t das Ganze f ü r ein K o n g l o m e r a t aus übe r l i e f e r t em J a h r e s - und Z u n f t b r a u c h t u m mi t moral i schen Zuta ten .

H a r t , D o r f s t r a ß e m i t F a c h w e r k g i e b e l u n d P f a r r k i r c h e In d e n J a h r e n 1961/62 w u r d e d i e K i r c h e In H a r t e r h e b l i c h v e r l ä n g e r t .

J a h r g a n g . 1962 H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T 59

Herr Michael von Reischach Th. Dreher ha t im F re ibu rge r Kathol ischen Ki rchenbla t t

1894—95 die Geißenhof ' sche Chronik des Klosters Inz igkofen veröffent l icht , wovon die He imatbüchere i Hechingen eine Fotokopie besitzt, w ä h r e n d die Chronik selbst sich im Erzb. Archiv F re ibu rg (Ha 534) bef inde t . Einige Ste l len ließ Drehe r jedoch aus, ebenso die ziemlich vol ls tändigen Listen der O r d e n s f r a u e n sowie deren Nekrologe. Bei l e tz te ren w ä r e auch die Beach tung der Todesursache, die jewei ls angegeben ist, sehr in teressant ! Auf Sei te 460 ber ichtet Drehe r übe r den Wohl tä te r des Augus t ine r innenk los te r s Inzigkofen, Michael von Reischach, läßt abe r da die Angaben übe r seine A b s t a m -m u n g m e r k w ü r d i g e r w e i s e aus, so daß Th. Schön in seinem Aufsatz übe r Michaels Großva te r Konrad Reischach h i e rübe r nichts zu sagen w u ß t e (Mitt. Hohenz. 35 (1901) 1—18). Und doch scheint d ie Nachricht übe r die H e r k u n f t des E d e l m a n n s ebenso wichtig zu sein, wie der l egendenha f t e Bericht, den Schön nach der Z immer ischen Chronik II, 190 übe r dessen Großva te r gibt.

B e m e r k t sei noch, daß die Geißenhof ' sche Chronik e igent -lich n u r e inen Auszug aus der v ie rbänd igen Chron ik des Klosters darstel l t , die heu te in der fürs t l . hohenz. Hofb ib l io -thek a u f b e w a h r t wird. Der Ver fasse r der e r s t e r en w a r P. Georg Geißenhof , zuletzt P f a r r e r in Un te rk i r chbe rg bei L a u p -heim, von dem der Wai senva te r Thomas Geise lhar t sie ge-schenkt erhiel t ; von ihm erhie l t sie P f a r r e r Leonha rd in Essera tswei ler , dann Dr. Th. Drehe r und d a n n u m 1916 das Erzb. Archiv.

In Abschni t t 6 n u n ber ichte t die Chronik übe r den H e r r n Michael von Reischach, den vorzüglichen Wohl t ä t e r des S t i f t s :

Im J a h r e 1486 den 8. Mai s t a rb dah ie r in Inz igkofen • als P f r ü n d n e r H e r r Michael von Reischach, C h o r h e r r zu St. S t ephan in Konstanz , P f a r r e r in Scheer und K a p l a n zu Unser Lieben F r a u e n in B i rnau nächst Über l ingen im Al te r von 84 J a h r e n . Nicht n u r als S t a d t p f a r r e r zu Scheer, sondern auch als Kanon ike r zu Kons tanz bewies er sich gegen das Kloster sehr wohl tä t ig . So o f t es in e iner Geldver legenhei t war , n a h m es j edesmal m i t gewünsch tem Erfo lg seine Zuflucht zu diesem ausgezeichneten Gönner . A n n o 1466 w u r d e er zu Kons tanz von e inem Nervenschlag b e r ü h r t u n d auf der e inen Sei te b e i n a h e ganz ge lähmt . In der nicht ganz u n b e -g r ü n d e t e n Voraussetzung, i n Inz igkofen eine se iner Gebrech-lichkeit angemessene Pf lege zu e rha l ten , zog er h i e rhe r und über l ieß dem S t i f t nicht n u r ein Kapi ta l in Höhe von 9220 Gulden als E igen tum, sondern auch seine jähr l ichen 200 fl Leibgeding.

Die damal igen K l o s t e r f r a u e n h a b e n ihn of t übe r seine H e r k u n f t e rzäh len h ö r e n und in de r Chronik aufgezeichnet , obwohl es eher e inem R o m a n als e iner Geschichte ähnlich sieht, abe r vielleicht e inem oder dem a n d e r n m e i n e r Leser nicht so ganz unwicht ig sein dür f t e .

„Im J a h r e 1376 leb te zu J u n g n a u ein j u n g e r Ede lmann von sel tener Schönheit , n a m e n s Ko n r a d v. R e i s c h a c h , der wiederhol t angeste l l te Tu rn i e r e so t a p f e r bes tand, daß er in e inem e n t f e r n t e n Lande , das die Chronograph in des S t i f t s nicht zu n e n n e n wußte , a l lgemein als ein W u n d e r der Tapfe rke i t anges t aun t w u r d e und das sel tene Glück hat te , e ine königliche Pr inzess in (Isabella von Mal lorka) zur Ge-mah l in zu erhal ten, mi t der e r k a u m ein paa r J a h r e sehr glücklich lebte. Er w u r d e nämlich mi t seinem u n m ü n d i g e n Söhnchen (Michael) des Landes verwiesen und m u ß t e seine f a s t angebete te Gemahl in zurücklassen, ohne daß ihm auch n u r die en t f e rn t e s t e H o f f n u n g blieb, sie je wieder lebend zu sehen. Er k a m n u n wieder nach Schwaben zurück u n d w a r nu r einzig darauf bedacht , se inem Kinde Michael eine s t an -desgemäße Erz iehung zu geben. Reich an K ö r p e r - und Gei-s tesgaben wuchs der hof fnungsvo l l e Pr inz zu einem l iebens-würd igen Jüng l ing heran , ha t t e aber (gerade deswegen) in se inem 22. L e b e n s j a h r das Unglück, in die Netze einer b u h -lerischen Bürgers tochter n a m e n s El isabeth Gerbe r (Gärwer) zu Biberach zu geraten. Die Folge w a r die G e b u r t zweier K i n d e r (Zwillinge). Der K n a b e erhie l t in der hl. T a u f e den N a m e n des Va te r s Michael, und das Mädchen w a r Ursula genannt . Der Vater, scheint sich mi t der M u t t e r mi t te l s eini-ger P f u n d Hel ler a b g e f u n d e n zu haben, und b e k ü m m e r t e sich, solang die M u t t e r l e b t e , nicht um die Kinder . Der Bub •— eben der Kanonikus , von dem h ie r die Rede ist — voll Ta l en t und Leben, f i ng ohne alle Aussicht zu s tud ie ren an, sang vor den Häuse rn u m Brot und lebte ganz vom Almosen. Dessen Schwester Ursula w u r d e von e iner adl igen F r a u in Dienst genommen, in al len F r a u e n z i m m e r - A r b e i t e n , auch Lesen, Schreiben und Singen wohl un te r r i ch te t u n d da sie außergewöhnl iche Neigung zum Klos te r leben zeigte, als C h o r f r a u zu Inz igkofen un te rgebrach t , wo sie sehr f r o m m lebte und im J a h r e 1460 s ta rb .

Als der (spätere) H e r r K a n o n i k u s 20 (richtig 15) J a h r e a l t war , w u r d e dessen Va t e r Michael von Reischach zu Ga ien-ho fen bei Konstanz, woh in er s a m t se inem Vater , J u n k e r Konrad , geladen w o r d e n war , vom R i t t e r J o h a n n S tube r und Heinrich von Randeck nachts 9 Uhr auf de r St iege des H a u -ses meuchelmörder isch umgebracht . Die Mörde r w u r d e n von dem auf das Geschrei des tödlich V e r w u n d e t e n herbe ie i l en-den Va te r Konrad auf der T a t b e t r e t e n und be im Kaiser S ig ismund des Meuche lmordes angeklagt , der sie sogleich in Acht e rk lär te . (NB. Nach de ren Nachricht s t a rb der Vate r K o n r a d ebenfa l l s i nne rha lb Jah re s f r i s t , ob ein O p f e r des Überfal ls?) . Sie mach ten sich aber sogleich flüchtig, und ihr A u f e n t h a l t konn te nicht ausgemi t te l t werden .

Schon f r ü h e r bes t and der E r m o r d e t e e ine ähnliche Gefahr , abe r glücklicher als diesmal . E r kam, wie der H e r r K a n o n i -kus erzähl te , auf e iner Reise zufä l l ig in ein R ä u b e r - oder Mörderschloß. Der T o r w ä r t e r f ü h r t e ihn in eine Stube, wo sechs b a u m s t a r k e Ker le so hitzig m i t e i n a n d e r spielten, daß sie des e in t re tenden Gastes wen ig zu achten schienen. Als dieser sein B e f r e m d e n äuße r t e m i t den Wor t en : „Warum grüß t m a n in diesem Hause n i e m a n d ? " e rw ide r t e e iner der Spieler : „Nur ein wenig Geduld, wi r w e r d e n Dich schon grüßen!" Aus den he ruml i egenden M o r d i n s t r u m e n t e n schloß Reischach, es müsse diese Spielgesel lschaft e ine R ä u b e r b a n d e sein, s ammel t e die W a f f e n in Eile zusammen , warf sie zum Fens t e r h inaus u n d hiel t mi t seinem Schwer t die Ker le in Schach. Er sah sich drauf nach se inem Diener um, und als dieser auf wiederhol tes R u f e n kein Gehör gab, setz te e r dem Torhü t e r das Schwer t auf die Brus t und z w a n g ihn zu sagen, wohin er den Diener gebracht habe. Tatsächlich lag dieser bere i t s in einem fürchter l ichen Kerker . Reischach zog darauf nach Biberach zurück und machte Me ldung be im dor t igen Ra t der Stadt .

Nach dem Tode seines Vaters (1417) reis te unse r junger Michael als K a n d i d a t de r Theologie a m 4. Mai 1420 nach R o m , u m sich vom. P a p s t Mar t in V. leg i t imieren u n d zum Pr i e s t e r s t and be fäh igen zu lassen. Nach E m p f a n g dieser G n a d e k a m er nach Inzigkofen, u m seine Schwester zu besuchen und bere i te te sich bei H e r r n Beichtiger W e r n h e r zu r E r l a n -gung der hl. Weihen vor. Er w a r d auf das Benef iz ium zu Unsere r Lieben F r a u in B i rnau ord in ie r t und ba ld nachher P f a r r e r in Scheer." Sowei t die Chronik .

Aus ande ren Quellen h a b e n Theodor Schön, wie oben gesagt, u n d Prof . Heinrich F inke in Zei tschr i f t f ü r Geschichte des Ober rhe ins (1904 Seite 265—283) we i t e res Mate r ia l zu-s a m m e n g e t r a g e n und Unricht iges ausgeschieden.

Die H e r r e n von Reischach s t a m m t e n ursprüngl ich aus dem gle ichnamigen Weiler bei Klos terwald , w a r e n in der He ima t bis zum Ende des 16. J a h r h u n d e r t s zei tweise reich begü te r t m i t den Burgen Die t fur t , Horns te in , Heudor f , S t r a ß b e r g und J u n g n a u und b e n a n n t e n sich auch nach ih ren Burgen H o h e n -stoffeln, Mägdeburg , Steißl ingen, Neuhöven, W u r m l i n g e n und Immend ingen . Der genann te Konrad von Reischach ha t t e J u n g n a u mi t Schiltau, Oberschmeien, ein Haus zu S i g m a r i n -gen u n d p f andwe i se auch Ga ienhofen besessen. Im J a h r e 1397 ex imier te ihn mi t se inem E r b e n Michael der König Wenzeslaus vom Hof - und Landger ich t in Anbe t rach t seiner Verdienste . Schon 1370 wi rd er mi t se inen B r ü d e r n E b e r h a r d und Hans Flach in e iner österreichischen Schuldverschre ibung genannt . Se ine Ga t t in w u r d e die Königin Isabel la von Mal -lorka (Balearische Inseln), eine Tochter des Königs J a k o b II. u n d Pr inzess in aus dem aragonischen Königshaus , eine Wi t -we n a h e der . Vierziger. Er m u ß u m s J a h r 1375—76 gewesen sein. Wo beide sich k e n n e n le rn ten , ist unsicher, vermut l ich in der Languedoc. Um 1385 k e h r t e K o n r a d aus u n b e k a n n t e n G r ü n d e n mi t se inem Sohne Michael in die schwäbische Hei -m a t zurück; 1409 m u ß t e er dessen Legi t imi tä t • notar ie l l be -glaubigen lassen, weil seine Ehe mi t Isabel la aus undu rch -sichtigen G r ü n d e n geheim gehal ten w o r d e n war . Die U r k u n -den ließ Konrad durch die P f a r r e r der U m g e b u n g von J u n g -n a u öffent l ich ve rkünden . Heu te l iegen sie im Archiv in S tu t tga r t . Der Mord geschah in K o n r a d s P f a n d b u r g Ga ien-hofen am 24. Augus t 1417 durch Hans von S tuben (b. Sau l -gau) und Heinrich von Randeck, die nach dem T a n z k r ä n z -chen, als Konrad schon schlafen gegangen war , aus u n b e -k a n n t e n G r ü n d e n (im Suf f ) mi t Michael in Stre i t ger ie ten und ihn umbrach ten .

K o n r a d selbst w i r d bere i t s a m 2.6. J a n u a r 1418 als tot e rwähn t . Der Tod seines Sohnes ging i hm wohl s t a rk nahe! Die K i n d e r Michaels e rh ie l ten gar nichts vom Erbe. Konrads na tür l iche Kinde r (Albert, P f a r r e r zu I n n e r i n g e n und Anna , Nonne z. Wald) w u r d e n in mäß ige r Weise bedacht . D e r reiche Besitz Konrads ging durch Kauf in die H ä n d e der m i n d e r -

60 H O H E N Z O L L E r t I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1962

j äh r igen G r a f e n von W e r d e n b e r g über , v e r t r e t e n durch E b e r h a r d von W ü r t t e m b e r g und Hz. Ulrich von Teck.

Der junge Michael Reischacher erre ichte durch m e h r m a l i g e Rornreisen einige P f r ü n d e n . Seine Gu tmüt igke i t ve r s t and seine Zwil l ingsschwester Ursula gut auszunutzen . Aber zei t-weise fiel er auch dem Kloster Inz igkofen in seiner Schru l -l enha f t igke i t sehr zur Last , m u ß aber dennoch ein zwei ter S t i f t e r des Hauses genann t w e r d e n (H. Finke).

1433 23. Sept . Konrad Schwigger, B. zu Haigerloch, spr icht in e inem St re i t des Kl. Kirchberg und des Alpi rsbacher Klos terpf legers Auber l in Klein zu Haigerloch, daß die Wiese im Z i m m e r t a l dem Kl. A. gehören .

1434 22. April . Die Gem. Haigerloch verk . ihre A l lmand u n -te r der Clausse an Auber l in Klein, Klos terpf leger v. A. u m 20 Pf . Hlr .

1434 21. Jun i . Konrad K ü r s m e r zu W e i l d o r f v e r k a u f t sein Haus, Scheuer, Hof r a i t e zu H a i g e r l o c h in der oberen S t ad t an den Pf leger des Kl. A. Auber l in Klein u m 18 P fd . Hlr .

1437 27. Febr . W e r n e r Were tz von Haigerloch verk . an A u -ber l in Klein, a lpirsb. Klosterpfleger , seinen Acker u m 44 Pf . Hlr .

1463 9. Nov. Wolf Truchs. v. Waldeck und seine F r a u Agnes v. S u n t h a u s e n ve rmachen dem Kl. A. den Kirchensatz zu Haidenhofen , das Vogtrecht der Kirche mi t Zinsen usw. sowie Zinsen von der Mühle zu Busenhe im, aus e iner Hofs ta t t zu Unte rba ld ingen , dem L a n d e n b e r g e r Hof zu Sun thausen , e inem Hof zu Tut t l ingen, die Gü l -ten zu I m n a u , D e t t i n g e n , Villingen, P f ä f f i n g e n und En t r ingen u m 1140 Pf . Hlr .

1464 4. Mai. Gr. Jos Niklas von Zollern e r l aub t dem Abt Andrea s v. A. und Convent , beim S t i f t S t r a ß b u r g eine jähr l iche Gül t von 40 fl. mi t 800 fl. auf Wieder losung anzukaufen .

1474 3. März. Abt J e r g von A. be lehn t den H an s Weingar t en mi t dem Klos te rgut L ä m m e r s t a l l in H a i g e r l o c h .

1474 20. April . Heinz Bur zu Dießen stell t an H an s Scherer , B. zu Dorns te t ten , e inen Lehenbr ief wegen 3 M a n n s -m a h d Wiesen zu D i e ß e n aus.

1476 23. Febr . Ulrich Z i m m e r m a n n zu H a i g e r l o c h v e r -schreibt sich an Abt J e r g u. Conven t zu A. u m 1 Pf . 6 Sch. Hlr . auf seinen Güte rn .

1478 24. Nov. Ab t J e r g und Conven t zu A. v e r k a u f e n an Gr. Ulrich zu W ü r t t e m b e r g und Mömpelgard 12 P fd . Hlr . jähr l iche Gül t aus dem Hof und den Gü te rn zu S c h ö n r a i n b e i S t e i n dem Dorf un t e r Hechingen um 240 fl. womi t die dem Kl aus der S teuer zu Ba -l ingen jähr l ich gereichten 12 Pf . Hlr . abgelöst sind.

1482 23. Apri J a k o b Werste in , B. in Haigerloch, verk . 1 Pf . 4 Sch. Hlr . jähr l ich Zins aus seinen G ü t e r n zu H a i -g e r l o c h an Abt H ie ronymus v. A. um 24 Pf . Hlr .

1485 8. Ju l i : Michel Götz und Lud in Katz, B. zu S t e t t e n ( H a i g e r l c c h ) verschre iben sich gegen den A. Klo-s terpf leger Hans Riff u m 10 Sch. Hlr . jährl ich Gült .

1487 6. April . Das Gericht zu H a i g e r l o c h e r k e n n t zu Guns ten des Abts H i e r o n y m u s v. A., daß das von dem Schul theißen zu H a i g e r l o c h auf das alpirsb. Klo-s tergut L ä m m e r s t a l l gelegte Verbot ungil t ig sei.

1487 lO.Dez. L u d w i g Benzinger übe r l äß t an Michael Kirsse-m a n n ein F r ü h m e ß g u t zu Dießen bedingungsweise .

1491 15. Nov. Das Gericht zu B e t r a, Nords te t t en und D e t -t e n s e e e r k e n n t w. G ü t e r n des Kl. A. in B e t r a zu dessen Guns ten , daß übe r etliche Zinsen d a r a u s ohne des Abts Wissen v e r f ü g t worden .

1510 18. Febr . Caspa r Ket tenacker , B. zu H a i g e r l o c h , stell t an Abt Alexius v. A. e inen Lehen reve r s aus w. e iner Wiese im Thalacker , die 15 Sch. Hlr . giltet.

1511 14. Febr . P r io r in u. Conven t der S a m m l u n g zu G r u o l wechseln mi t Abt Alexius e ine Gilt von 4 Sch. Hlr . ge-gen 6 M. Vesen aus e inem Acker Bomsha lden in G r u o l aus.

1519 26. Mai. Joachim und Ei te l f r i tz Gr. v. Zollern, B r ü d e r des Gr. Christof Fr iedrich, V o r m ü n d e r der K inde r ihres sei. B r u d e r s F r a n z Wolf, s tel len f. d. F rh . Schweikhard von Gundelf ingen, der beim Abt Alexius v. A. um 1000 fl. H a u p t g u t und 50 fl. Zins Bürge geworden, e inen Schadlosbrief aus.

1524 16. Okt . Ab t Ulrich v. A. und Notburg Egerin, L i e n h a r d H a y d e n Wwe. und ihre Söhne zu I m n a u ve r t r agen sich wegen 72A M. Roggengült .

Beigefügt sei noch, daß nach einigen sehr schwer zu lesen-den Conzepten (in Ha 125, Erzb. Archiv Fre iburg) der K a n o -n iker Michael auch f ü r seine Mut t e r El isabeth G ä r w e r i n anno 1434 durch eine Ren te von jährl ich 20 rheinischen G u l -den zu sorgen suchte (S. 120a), wobei auch der P f a r r e r von Inner ingen , Albert , de r Onkel des Kanonikers , mi t r ede te .

Michaels J a h r t a g in Inzigkofen s. Hohz. J H e f t 1953, 170 f. J . Ad. Kraus .

Schluß

1535 9. April . Die G r a f e n Fr iedr ich und Kar l von Zol lern und Joachim von Zollern e r m a h n e n den Abt Ulrich v. A. t reu bei der a l ten Religion zu bleiben, sonst w ü r d e n sie die Gü te r ih re r Vore l t e rn zu rückforde rn .

1535 11. Nov. Abt Ulrich v. A. b i t te t den Herz. Ulrich, ihn bei seiner a l ten Religion zu belassen und nicht m i t P r ä d i c a n t e n zu belasten, auch sonst sendet er die E i n -sprache der Gr. v. Zol lern und Sulz ein.

1536 6. April . Gr. Ei te l f r i tz v. Zol lern r ek l amie r t von W ü r t -t emberg die in seiner He r r s cha f t Haigerloch gelegenen Höfe d. Kl. A., da seine Vorderen z. T. S t i f t e r des Klo-s te rs gewesen.

1536 3. Juni . Herz. Ulrich schreibt an einige Räte , sich mi t dem v. Gül t l ingen zu besprechen, wie die Schreiben des Kaisers, der G r a f e n von Sulz und Zol lern wegen der A u f h e b u n g d. Kl. Alpirsbach zu b e a n t w o r t e n seien.

1536 30. Sept. Gr. Joachim v Zollern, Re ichskämmere r u n d H a u p t m a n n der He r r s cha f t Hohenberg , u r k u n d e t f ü r sich und f ü r Gr. H a n s Ludwig von Sulz, Landgraf im Klet tgau, und f ü r das ganze Haus Zollern, dessen V o r -a h n e n S t i f t e r d. Kl. A. und Kas tenvög te gewesen u n d „wer als ih re N a c h k o m m e n noch sind", daß die aus d e m Kloster „ v e r b a n n t e n " Conven tua l en J a k o b H o h e n -reu the r und Nikolaus Hül le r vom Reichskammerger ich t zu Speier ein A r r e s t m a n d a t f ü r die Klos te rgü te r e r -langt haben. Die S t ad t Rot twei l wi rd ersucht , dem H a n s Güldin, Klos terpf leger daselbst , bei E inz iehung der Renten, Gül ten , Zinsen usw. behilf l ich zu sein.

1537 18. Juli . Markgr . E rns t von Baden schreibt an Gr. J o a -chim von Zollern, daß er den von ihm und dem Gtr. von Sulz bei dem kaiser l ichen Landger ich t a u s g e w i r k t e n Verha f tb« feh l gegen das Klos te r A. in Nordweil nicht habe v e r k ü n d e n können , weil er dor t nichts zu gebie ten habe.

1537 6. Sept. Mar t in W a l t e r von G r o s s e l f i n g e n k a u f t von Ba l thasa r v. Essendorf den ha lben Flecken Cappel . Von diesem Verkauf zwischen den beiden Schwägern s t a m m e n noch wei te re U r k u n d e n he r S. Reg. 586, 188, 589, 592.

1541 10. Juni . Hz. Ulrich übe r sende t an Ab t Ulrich v. A. e ine Ins t ruct ion, was diese" bei Gr. Jos Nik iaus v. Zol lern wegen der Pf lege zu Haigerloch a n b r i n g e n solle. Der Ab t soll sich mi t dem G r a f e n vergleichen und davon dem Herzog Nachricht geben. G e n a n n t sind dann die Zo l l e rg ra fen als S t i f t e r noch in Reg. 603, 607, 605, 614, 615, 618, in denen Zollern dem Kloster gegen die w ü r t t . Säkula r i sa t ionsge lüs te be i -s tehen woll te.

1578 Nikolaus Krüeg, B. zu H a i g e r 1 o c h, verk . sein H a u s mit Zugehör zu Haigerloch in der oberen S t ad t an das KL A. Pfleger, die wür t t . Anwä l t e in Sulz und Ha i -gerloch u m 135 fl.

1637 15. Jul i . Die Gem. Haigerloch ve r l ang t v K i o s t e r a m t -m a n n zu A. den schuldigen Bei t rag zur Kr i egskon t r i -but ion.

1679 Hans Eger gen Fuchshans zu H ö f e n d o r f verk . sei-nen Zehn ten aus 70 Mg. und 1 Mannsm. Wiese u n d 3 Sch. Hlr . Gül t an Herzog Fr iedr . Ka r l v. W ü r t t e m b e r g .

Dem Baumeister Michel d'Ixnard, der bekannt l ich u. a. die P l ä n e f ü r die S t i f t sk i rche in Hechingen geschaffen hat , w e r -den neues tens auch zwei E n t w ü r f e f ü r den U m b a u der ehm. Klosterkirche P e t e r s h a u s e n bei Kons tanz zugeschrieben, was f ü r die Beur te i lung dieses Meis ters wichtig ist. Man v e r -gleiche den Aufsa tz von Pau l Motz übe r „die N e u b a u t e n der Bened ik t ine rab te i P e t e r s h a u s e n bei Kons tanz im 18. J a h r -hunder t " , der sich durch 20 Abbi ldungen und P l ä n e auszeich-ne t (Schrif ten des Vere ins f ü r Geschichte des Bodensees . . " H e f t 1961, S. 26—51).

Alpirsbacher Urkunden betr. Hohenzollern Mitgetei l t von t F r a n z H a u g

J a h r g a n g 1962 H O H E N Z O L t E I S C H E H E I M A T 61

Grosselfinger Flurnamen v. J o s e f S t r o b e l

W a r e n die b isher igen F l u r n a m e n m e h r a l lgemeiner Na tu r , so gibt es in Grosself ingen ü b e r 300 F l u r n a m e n speziellen Charak te r s . Als solche erscheinen schon die d re i Fruchtesche, der Bis ingerberg- , der H o m b u r g e r - und der Hagenbache r -esch. Alle dre i sind nach S ied lungen benann t . Be im Bis inger-be rg - und Homburgeresch ist dies k la r . Nur beim H a g e n -bacheresch exis t ier t d a r ü b e r ke ine Urkunde . Z w a r n i m m t m a n an, daß dieser Esch ebenfa l l s nach e iner Siedlung, die Hagenbach hieß, b e n a n n t is t und vielleicht m i t dem F l u r -n a m e n „Hofs tä t t ie" im Z u s a m m e n h a n g steht , ke ineswegs aber mi t der M o n u m e n t a zol lerana o f t g e n a n n t e n „H a g e n -b a c h " . Dieses Hagenbach lag zwischen Wei lhe im und Wes-singen, was neben den U r k u n d e n auch de r F l u r n a m e n „Hägen" ausweis t .

Der Homburgeresch , nach de r heu t igen fü rs t l i chen Domäne H o m b u r g benann t , wird in a l ten U r k u n d e n „W o 1 s c h -, B o l z - oder W o l f s b r u n n e n e s c h " genann t . In den heu t igen Gr undbüc he rn s teh t „W o 1 f s b r u n n e n". Man ve rne in t z w a r den N a m e n Wolschbrunnen nicht und k a n n ihn auch nicht verne inen , weil so im Volk gesprochen wird . N u r sagt m a n : es liege ein g r ammat i s che r Wechsel von w zu f vor, weil das Wor t Wolf leichter zu sprechen sei als Wolsch. Demgegenübe r m u ß be ton t werden , daß, w e n n der N a m e aus na tür l i chen G r ü n d e n ursprüngl ich „W o 1 f s -b r u n n e n " geheißen hä t te , schon wegen der le ichteren Aus-sprache das Volk n iemals „Wolschbrunnen" gesprochen hä t te . Der N a m e Wolf ist nicht n u r sehr al t und der Wolf ein so bekann tes Tier, daß sich sein Id iom sozusagen nicht rück-w ä r t s entwickel t hä t te . In Grosself ingen gibt es das „W o 1-f e n t a 1". Das ist ein W a l d n a m e f ü r das Tal, das sich gegen Rangend ingen ö f fne t , und dieses Tal h a t se inen N a m e n o f f e n b a r von do r t einst l ebenden Wölfen. Eine k le ine F lur vor dem „ A 1 1 e n B e r g " heißt in e iner U r k u n d e vom 25. Ju l i 1382 „ z u d e n W o l f e n , d i e m a n n e n n t d e s T ü f f e l i n s b r u e g e 1". Damals v e r k a u f t e de r Vogt Abrecht Schmi t t in Hechingen „in e inem ungevär l ichen schleich (Tausch) dor t v ier M a n n e s m a t Wiesen den e rbe ren (ehrbaren) gaist l ichen f r o w e n des Closters in S te t ten" . Diese Wiesen lagen „ z u d e n W o 1 f e n, die m a n n e n n t des T ü f f e -lins bruegel" . Der „ b r u e g e 1" ist ein heu te noch sumpfiges Wiesengelände einige h u n d e r t Mete r u n t e r h a l b der U n t e r -lauenbachquel le . „T ü f f e 1 i n" ist P e r s o n e n n a m e . „ Z u d e n W o l f e n " ist ungeklä r t , w e n n m a n nicht „zu den Wolfen" als Richtung zum Wolfenbach bei Wei lheim a n n e h m e n will. Daß aber einst in dem k le inen Eichenhain des „ A 1 1 e n B e r g e s " Wölfe gelebt hä t ten , ha l t e ich f ü r ausgeschlossen; dazu w a r der Eichenhain zu licht. Ebenso ha l t e ich es f ü r ausgeschlossen, daß in de r Nähe des „W o l s c h b r u n n e n s "

e inst Wölfe gelebt haben . Im Ta lwa ld m a g dies möglich ge-wesen sein, nicht aber in de r N ä h e dieses Brunnens , so daß der N a m e Wolf die N a m e n g e b u n g i rgendwie beeinf lußt hä t te .

E in leuchtender ist de r N a m e „ B o l z b r u n n e n " ; denn mi t „B ü 1 z e" bezeichnete m a n eine Stel le mi t au f s toßendem Wasser , also eine sp rude lnde Quelle. Ein solcher B r u n n e n w a r schon eine auf fä l l ige Na tu re r sche inung und Anlaß zu einer en t sprechenden Namengebung .

Weil das Wort „ B o l z b r u n n e n " Gene t iv fo rm hat , so w ä r e auch die B e n e n n u n g nach einer Person, dem Besi tzer des zugehörigen Feldes und B r u n n e n s nicht ausgeschlossen. Abe r auch die Able i tung von „b o 1" — Bühl , ahd. buhil , von biegen also gebogene Erde oder Buckel, k a n n die N a m e n -gebung beeinf lußt h a b e n ; denn dor t ist das Feld tatsächlich g e k r ü m m t oder leicht gewölbt . Das in F r a g e k o m m e n d e Feld ist o f f e n b a r u ra l tes Al luvia l land, und übe r den u n v e r -s iegbaren B r u n n e n w e r d e n w i r bei Able i tung des N a m e n s „W o l s c h b r u n n e n " Näheres a u s f ü h r e n . Der N a m e „b o 1" k o m m t als G r u n d w o r t in der Reihe Grosself inger F l u r n a m e n zweimal vor : als „ A t z e n b o l " und „ G r i e ß e n b o l " . der „ A t z e n b o l " ist ein hügeliges, also „bolliges" oder bucke-liges Gelände nordöstl ich des Dorfes. Das G r u n d w o r t „b o 1" w ä r e de r Hügel (der Bollen). Das Bes t immungswor t „atz" k o m m t von der got. Wurzel ast ik oder in tan-essen , von der auch Esch abgelei tet ist, Das an sich ger ing boni t ie r te Ge -l ände d ien te f r ü h e r f a s t n u r Weidezwecken. Mit ez oder etze (atz) bezeichnete m a n i m m e r eine Weide.

Der zweite „b o 1" in Grosself ingen ist de r „ G r i e ß e n -b o 1". Er liegt vor dem „ B o s o h" und d ien te f r ü h e r , wie die an l iegende „ V i e h w o a d " und „ F ü l l e s w i e s e", dem Weidetr ieb . Das B e s t i m m u n g s w o r t „g r i e ß" k o m m t vom got. gru bzw. ahd. grioz, was zer re iben oder zerbröckeln bedeute t . Unwei t vom Grießenbol ha t m a n bei W e g e b a u -a rbe i t en im A r i e t i t e n k a l k pf lugradgroße A m m o n s -h ö r n e r ge funden .

Der Ar ie t i tenka lk ve rwi t t e r t leicht und gibt e inen kies igen oder gr ießigen Ackerboden, was zu dem N a m e n „G r i e ß e n -b o 1" g e f ü h r t ha t . Aus Ar ie t i t enka lk bes teh t auch die ze r -r issene S te inp la t te auf dem „ S c h r i e t", dem heu t igen „M a r k t p 1 a t z". Das Wor t „ S c h r i e t" k o m m t vom ahd. screita, mhd . scruta, nhd. scr i tan — rissig und zerschni t ten ; denn die Schr ie tp la t te sieht aus, wie w e n n m a n S c h r i f t -zeichen in sie e ingegraben hä t te . Der Schriet ist also die zevrissene und zerschni t tene S te inp la t t e und dami t ein F l u r -name, der auf schar fe r Beobachtung und na tür l i cher K e n n -zeichnung der Sache be ruh t . Zum Schriet gehören der „S c h r i e t r a i n" und die „S c h r i e t ä c k e r". Beide A u s -drücke k o m m e n in den Besi tzbüchern von 1730 und 1760 vor.

Hech ingen , Schloß Lindich , G e s a m t a n l a g e von Os ten

02 H O H E N Z O I j L E R I S C H E H E I M A T J a h r g a n g 1962

Der Schr ie t ra in ist de r stei le H a n g vom Schriet zum Gieß-bach; die Schr ie täcker s ind h e u t e größtente i l s ü b e r b a u t u n d l iegen südlich der „E a g a t " (Egert).

Das ebene S c h r i e t g e l ä n d e h a t t e n die H e r r e n v o n B u b e n h o f e n nicht n u r zu e inem M a r k t p l a t z , son-d e r n auch zum M i t t e l p u n k t eines G e s c h ä f t s v i e r t e l s ausersehen . D a h e r b a u t e n sie an den E ingang zu diesem Pla tz ein s tat t l iches Gebäude mi t e ine r Hal le u n d m e h r e r e n Speichern, in denen d ie o r t sge fe r t ig ten L e i n e n w a r e n gelager t w e r d e n sollten, bis s ie an die Zen t r a l e in U 1 m abgel ie fe r t w e r d e n konn ten . Das sogenann te „ a l t e S c h u l h a u s " w a r nicht als Schul-, sondern als Geschäf t shaus gebau t worden .

Die Absicht der B u b e n h o f e n war , Grossel f ingen zu einer W i r t s c h a f t s z e n t r a l e zu machen. D a h e r e rba t und erhie l t der d a m a l i g e D o r f h e r r H a n s H e i n r i c h v o n B u b e n h o f e n vom Kaiser M a x i m i l i a n I. „ f ü r t r e u -geleistete Dienste" am 25. Jul i 1505 das M a r k t r e c h t u n d

einige Tage später , a m 29. Ju l i 1505 auch das Pr iv i leg zu einem S t o c k - u n d H a l s g e r i c h t f ü r Grosself ingen. Die U r k u n d e n d a r ü b e r w u r d e n in K ö l n ausgefe r t ig t u n d l iegen h e u t e im F ü r s t l . A r c h i v i n S i g m a r i n g e n (über das Mark t r ech t i n Rep. I Bd. 207 u n d Bd. III 248, Fach 4 Fasz. 144). Der g e n a n n t e H a n s H e i n r i c h v o n B u b e n h o -f e n beglei te te den Ka i se r M a x i m i l i a n I. auf dessen Kriegszügen nach U n g a r n (1506), V e n e d i g (1509), F r a n k r e i c h (1508 u n d 1513) u n d die N i e d e r l a n d e (1488) mi t e iner C l e v e , das he iß t 5 Ri t te rn , die er selbst aus rüs t en m u ß t e (siehe d a r ü b e r Z i f f e r 8). Die K o n f i r m a t i o n über das M a r k t r e c h t u n d das Halsger icht w u r d e von M a x i -mi l ians Nachfolger , dem K a i s e r K a r l V., am 18. 3. 1521 e rneuer t . A b e r schon 1522 w u r d e d a m i t Hans Heinr ichs Bruder , M a t t h i a s v o n B. belehnt , der dama l s D o m -dekan in Kons tanz war .

(For tse tzung folgt.)

Zeigen" und „Esche" auf der Feldmark von Rangendingen

Melchinger) . P f a r r k i r c h e

Der Frörer w a r im J a h r e 1533 ein „kal tes F iebe r oder Schüt te l f ros t" . J . Chr i s toph von Schmid k e n n t das Wor t in se inem Schwäb. Wör te rbuch (1831 nach se inem Tod erschie-nen) noch aus Ulm a. D. Im Schwäbischen w u r d e es (bzw. w i r d es) F r a i r e r gesprochen u n d h ä n g t m i t f r i e r e n zu -sammen . So k a n n m a n auf der hohenzol ler ischen Alb noch h ö r e n : „Jetz h a o n i m e i n großa Zaiha v r f r a i t " , wobei im le tz ten Wort vor dem Schluß- t sicher ein r ausfiel.

Sei t u ra l t e r Zeit ist in Rangend ingen das Acker land in drei „Zeigen" eingeteil t . M a n un te rsche ide t h i e r e ine „Haoburg -zelg", e ine „Lindach-" u n d eine Al lmetzelg" .

Die „Haoburgzelg" h a t i h r e n N a m e n von de r an sie g r e n -zenden u n d alles ü b e r r a g e n d e n „Hochburg", der Stä t te , wo ehemals eine kel t ische F l i ehbu rg s tand . Die „Lindachzelg" w iede rum n e n n t sich nach dem schönsten u n d f r u c h t b a r s t e n Acker land i nne rha lb d e r Zeige, dem „Lindach", e iner Schen-k u n g des Ri t t e r s H a n s Heinrich von Lindach a n die B ü r g e r von Rarigendingen. Die „Allmetzelg" is t nach dem „Al lma" (Malmen), dem b e s f e n F lu r s tück dieser Zeige benann t .

Eine „Zeig" u m f a ß t verschiedene Unterabschni t te . So rech ne t m a n beispielsweise zu de r „Haoburgzelg" das Acker land „Unte r den Bergen", den „Langenzuber" , das „Hochst räß" imd das „Hitzeriried". Aehnl ich l iegen die Dinge bei den beiden a n d e r e n Zeigen. Die U n t e r a b s c h n i t t e se lber sind wie -d e r u m in k le ine re Stücke, vor a l lem in „ G e w a n n e " au fge -gliedert . So spr icht m a n von e inem „usse ra" (äußeren) u n d e inem „innera", von e inem „obera" u n d „un te ra" , von einem

„vordera" und „h in te ra G w a n d " . M i t u n t e r t r a g e n m a r k a n t e Tei le auch noch besondere N a m e n , die i h r e m U n t e r g r u n d oder ih re r besonderen Lage e n t n o m m e n sind. Es gibt auf unse re r F e l d m a r k e inen „Kre ida roa" (Kreidenrain) , e inen „Winterroa" , ein „Steigle", e inen „Sindelgraben" , e inen „ J u -dawinkel" , ein „Teichenloch" usw.

D e r N a m e f ü r e ine Zeig i s t f e s t s t e h e n d u n d ände r t sich nicht m i t dem A n b a u u n d dem Wechsel de r F ruch ta r t . Die Zeig ist auch ke in Tei l eines Esches, wie da u n d dor t i r r tüml ich a n g e n o m m e n wird , sondern umschl ießt jewei ls e inen ganzen Esch, wie auch dieser sich in de r Regel ü b e r eine ganze Zeig ers t reckt . Der N a m e Esch w i r d in R a n g e n -dingen i m m e r n u r in V e r b i n d u n g m i t der jewei l s angebau t en F r u c h t a r t gebrauch t u n d ist k e i n e f e s t s t e h e n d e B e -z e i c h n u n g f ü r e i n u n d d a s s e l b e F l u r s t ü c k , wie m a n dies manche ro r t s an t r i f f t , M a n untersche ide t heu t e am Or te noch e inen „Win te r - " u n d e inen „Sommeresch", sowie das „Brachfeld", k u r z ,,d' Brooch" genannt . I m Sys tem der Dre i f e lde rwi r t scha f t w a r u n d ist j ede Zeig abwechse lnd e inmal „Winter-" , „Sommeresch" oder „Brachfeld" . Der „Win-teresch" t r äg t he rkömml ich die Win te r f ruch t . Vor dem 1. Wel tkr ieg w u r d e als solche f a s t ausschließlich K o r n (Din-kel) angesät . N u r sel ten sah m a n e twas Roggen u n d noch se l tener den Weizen. Nach dem 1. Wel tk r ieg jedoch t r a t der Weizenanbau in den V o r d e r g r u n d u n d v e r d r ä n g t e in wen i -gen J a h r e n die a l ten Sor ten des Win te rge t re ides vol ls tändig.

Im „Sommeresch" wachsen Gers te u n d Hafe r . Der eigent-liche dr i t te Esch, das „Brachfeld", k u r z ,,d' Brooch" genannt , bl ieb in ganz f r ü h e r e r Zeit in de r Haup t sache u n b e b a u t liegen. Dieses Feld sollte aus ruhen . N u r einige gute Aecker sä te m a n mi t Raps ein, der ja das begehr t e Rapsöl l iefer te , das f r ü h e r im bäuer l ichen H a u s h a l t e ine wichtige Rolle spielte. F u t t e r m i t t e l b rauch te m a n ehemal s auch weniger , weil das Vieh den ganzen S o m m e r ü b e r auf die Weide ge-t r i eben wurde . K a r t o f f e l n pf lanz te m a n ebenfa l l s n u r in ger ingem A u s m a ß e an. Hierzu benu t z t e m a n vor al lem die a m Rande der F e l d m a r k l iegenden „Bauraäcker" (Al lmend-teile). Ueber das Brachfe ld d u r f t e im S o m m e r der ört l iche Schäfer seine Schafe auf die Weide f ü h r e n . I m J u n i w u r d e n d a n n die Aecker in de r Brooh" umgeacker t , „broochet" wie m a n sagte, u n d das Unkrau t , das zugleich als Dung diente, un t e rge f ah ren . Das „Brachfe ld" blieb n u n bis zum Herbs t l iegen und w u r d e d a n n m i t W i n t e r f r u c h t eingesät .

Vor 50 bis 60 J a h r e n gab es auf de r hies igen F e l d m a r k noch große Stücke Brachfeld . Spä t e r w u r d e auch dieses zum A n b a u von F u t t e r m i t t e l n u n d Hack f rüch t en a l ler A r t be -nütz t . Vor al lem w a r es das A u f k o m m e n de r verschiedenen Kuns tdüngemi t t e l , die diese in tens ivere Bewi r t s cha f tung des Bodens ermöglichten.

Heu te gibt es eigentliches Brachfe ld nicht m e h r . D a f ü r s ieht m a n abe r in a l len „Zeigen" u n b e b a u t e Aecker i n wach-sender Zahl, ein wen ig gutes Zeichen unseres indus t r ie l l en Zei ta l ters . Joh. Wannenmache r .

H O H E N Z O L L E R L S C H E H E I M A T 6 3

Hurm und Hurnbogen Dr. H a n s Jän iehen h a t mi t beispiel loser Kenn tn i s von

U i b a r i e n in den wür t t . J a h r b ü c h e r n f ü r S ta t i s t ik 1962 Seite 40—72 übe r den Ackerbau f r ü h e r e r Zeit ber ichte t u n d d a m i t eine Fül le von A n r e g u n g e n f ü r die H e i m a t k u n d l e r gegeben. Neben a n d e r e n Namenrä t s e ln , die er meis t löste, e r w ä h n t er am Schluß auch die H u r m u n d d e n H u r n b o g e n , de ren W o r t b e d e u t u n g noch uns icher ist. M. Buck sah da r in e inen Ackers t re i fen , die Zei t schr i f t f ü r Geschichte des O b e r -rhe ins (11, 234) dagegen „ A b f ä l l e , gemischten Dung, Com-post". J än i ehen v e r m u t e t „Saa tgu t u n d dessen E rn t ee r t r ag" . Da ein H u r n b o g e n im J a h r e 1572 „drei J a h r e n " gleichgesetzt wird, m u ß er nach Jän i ehen m i t de r Dre i f e lde rwi r t scha f t zusammenhängen , u n d „wahrscheinl ich ü b e r h a u p t nichts a n -deres als e ine a l te Bezeichnung d a f ü r sein". H u r m müsse somit auf den d r e i j äh r igen Wir t scha f t sumlauf bezogen w e r -den.

P r ü f e n wi r die vor l iegenden u rkund l i chen A n g a b e n über H u r m und H u r n b o g e n (Fischer, Schwäb. Wör te rbuch III , Spal te 1917):

1) „Umb e t l i c h H u r m e n , die m a n geseget (gesät) habe" : 1461.

2) „Von der g e s ä t e n H u r m e n wegen, daß dieselben H u r m e n ihm zugehöre" : 1416 Aulendorf .

3) „Ob ich m i t Tod abgangen, so sollen soliche ba id Güt t in ihnen ganz f r e y ledig gelassen (und) s a m p t d e r H u r m he imgefa l l en sein": 1548 Erisdorf b. Riedl ingen.

4) Ein vom Hof zu G r ü n w a n g e n (Ueberl ingen) abz iehender B a u e r verzichtet auf Heu, S t r o h und „ a u f d i e H u r m , die er je tz t m i t H a b r i t (Häbere t -Habersaa t ) sollte genos-sen h a b e n " : 26. Febr . 1453 (FUB 6, S. 415).

5) Ein Bauer , der ein Lehengu t zu Ruschwei ler (PfUllendorf) vernachlässigte , soll, weil es schon 8. Ju l i ist, das Gu t „gar howen u n d das übe r H e r b s t säyen u n d zu Mer tzen nech t skompt d a r a b ziehen. Dennoch „solle j e d w e d e m Teil (ihm und dem Gut she r rn ) sin Gerecht igkai t z u m H u r m beha l t en sin": 1479 (FUB 7, S. 135).

6) Er soll das G u t bessern „mi t m i s t , s t r o w u n d h u r m " : 1497 Klos ter Habs ta l (Zeitschr. Obe r rhe in 11, 234).

7) Ein B a u e r zu Son the im (Münsingen) m u ß wegen Schul-den von Hof des Klos ters Zwie fa l t en abz iehen u n d ü b e r -läß t dem Klos ter f ü r die Schulden „die S a m e n a l l m i t s a m t d e n H u r n b o g e n " : 1481 Zwiefa l ten .

8) „Ob aber sollichs beschäch in d i e H u r n b o g , s o e r z u H e r b s t s a y e n w ü r d , davon ist e r dha in (kein) L a n d g a r b zu geben schuldig": 1503, ebenda .

!)) „Also dick (so oft) es zu fä l len kompt , das ist: er (der H o f m a i e r zu Holzmaden bei Kirchheim) f a h r davon lebend oder tot, daß er daruf soll lan (lassen) H u r n -b o g , Hoe, S t rou u n d Mist, ohn alle Wider red" : 1431 Wei lheim u. Teck (Schwäb. Wb. 6, 2; Sp. 2226).

10) „Er soll Haus, Stadel , Speicher, a u c h d i e H u r n -b o g e n u n d d e n M i s t h inde r ihm lassen" : 1438 M e m -m i n g e n (ebenda).

11) Ein B a u e r in Kus t e rd ingen (Tübingen) e rhä l t ein Gu t der Armenpf lege Reut l ingen „ e i n e n H u r n b o g e n l a n g , das ist dre i J a h r lang", ver l i ehen : 1572 (Jäniehen S. 71).

12) Diese gleiche Be le ihung w u r d e l a u t Dorsualnot iz noch „ z w e i H u r n b o g e n , d a s i s t s e c h s J a h r e l a n g", ve r l änge r t (ebenda).

Le ider ist nun bei Nr. 8 nicht angegeben, was da eventue l l g e s c h e h e n könnte , abe r Nr. 4 u n d 6 lassen deutl ich in der Reihenfolge e rkennen , daß Mist u n d St roh offens icht -lich w e r t v o l l e r w a r e n als H u r m . Somi t d ü r f t e es sich bei l e tz te rem s c h w e r l i c h u m S a a t g e t r e i d e oder dessen E r t r a g gehande l t haben! Anderse i t s w u r d e n H u r m und H u r n b o g e n gesät bzw. besä t u n d sie d ien ten l au t Nr. 6 de r V e r b e s s e r u n g d e r Ä c k e r bzw. des Gutes, ohne d a ß davon eine L a n d g a r b e zu geben war . In Nr. 7 s t ehen die H u r n b o g e n d i r ek t den a n d e r e n Samen, d. h. besä ten Äckern, gegenüber! Somi t k ö n n e n sie kein regelrechtes Get re ide bezeichnet haben .

Was benü tz t e n u n der B a u e r außer S t roh und Mist zur Besse rung seiner Grunds tücke? Ich f inde n u r H e u b l u m e n usw., den „ S c h e u e r a b f a l 1", den m a n in m e i n e r He ima t Ring ingen (Krs. Hechingen) als das „Gsäms" oder auch als „Schui ra -Staub" , in der Gegend von Wa ldshu t a m Ober rhe in als „ d a s G ü s e 1" bezeichnet. Dami t w e r d e n auch heu te noch schlechte Ste l len in Wiesen oder Fu t t e r äcke rn besät . M a n geht woh l nicht fehl in der A n n a h m e , daß m a n mi t diesen Scheuer -Abfä l len , in denen sich e ins t sicher auch Ge t re idekörne r g e f u n d e n haben , ganze Äcker im Esch zu G r ü n f u t t e . - Ä c k e r n „angeb lümt" hat , die d a n n im Lauf der Dre i f e lde rwi r t scha f t d r e i J a h r e (oder auch 6 und 9) als solche (wie Kleeäcker) benü tz t wurden . Somit

d ü r f t e sich auch der d r e i j äh r ige T u r n u s des Hurnbogens (Nr. 11 u n d 12) e rk lä ren , bis dieser wieder in den Kreis lauf „Winte r f ruch t , S o m m e r f r u c h t , Brache" e ingegl ieder t wurde . Der „ B o g e n" sollte wohl diesen Kreis lauf andeu ten .

Es will scheinen, daß durch diese E r k l ä r u n g von H u r m und H u r n b o g e n (Scheuerabfal l und d a m i t besä te Äcker) al le obigen Beispiele genügend vers tändl ich gemacht w e r d e n können . Somi t bezeichnen beide Ausdrücke be inahe das gleiche und sowohl H. Jäniehen , als M. Buck, als auch der Bearbe i t e r der Habs ta l e r U r k u n d e n (Zei tschrif t Ober rhe in 11, 234) h a b e n mi t i h r en Ansichten nicht ganz un rech t gehabt .

Joh. A d a m K r a u s

Felgen oder falgen In H e f t Nr. 3, J g 1962 dieser Zei t schr i f t ber ichte t Josef

S t robe l in e inem recht i n t e re s san ten Aufsa tz „Alte F l u r -n a m e n " auch übe r „feigen oder f a lgen" u n d bezeichnet d a -mi t d e n U m b r u c h d e s B r a c h f e l d e s i m H o c h -s o m m e r . In Rangend ingen ist der Ausdruck „fa lgen" auch bekann t , bezog sich abe r nicht auf das Umpf lügen des Brach-fe ldes im Hochsommer . Das „Falgen" h a t t e h i e r fo lgenden Vorgang:

Wenn die Ge t re ide fe lde r abgee rn te t waren , w u r d e n sie nach u r a l t e m Brauch umgepf lügt , oder wie m a n a m Or te sagt : „gschtuzt = gestürzt . Besonders „ve rwahr los te" S top-peläcker, d. h. solche, die s t a rk v e r u n k r a u t e t waren , h a t m a n be im „Schtuza" n u r so geschält, d a m i t in den k o m -m e n d e n Wochen u n d M o n a t e n der U n k r a u t s a m e k e i m e n u n d wachsen konnte . Auf das „Schtuza" fo lg ten in n o r m a l e n J a h r e n die K a r t o f f e l e r n t e u n d nachhe r die E insaa t des Winterget re ides . Anschl ießend w u r d e n auch noch „Krau t " (Kohl) und Rüben un te r Dach u n d Fach gebracht . W e n n all diese l andwir t schaf t l i chen Tä t igke i t en beende t waren , d a n n n a h m de r L a n d w i r t nochmals se inen Pf lug u n d h a t die s t a rk v e r u n k r a u t e t e n u n d schon e inmal gepf lügten ehemal igen Stoppel fe lder nochmals umgebrochen u n d das U n k r a u t tief un t e rge fah ren . I m F r ü h j a h r w a r e n dann diese Aecker s a u -be r und f ü r eine anspruchsvol lere E insaa t besonders geeig-net . Dieses zwei tmal ige Umbrechen der f r ü h e r e n S toppel -äcker n a n n t e m a n h ie r „falgen". Norma le rwe i se w u r d e diese Fe lda rbe i t ers t im Spä tok tobe r oder im November durchge-f ü h r t . Nicht sel ten k a m es vor, daß m a n dabei schon vom Schneet re iben über rasch t wurde , wie der Ver fasse r aus eige-ne r E r f a h r u n g ber ich ten kann . Joh . Wannenmache r .

Eine Burghalde zu Hausen i. K. ist h e u t e u n b e k a n n t . Und doch wird eine in a l ten U r k u n d e n des 16. Jh . e r w ä h n t : „5 J a u c h e r t Acker auf Schnait , s toßen o b e n - a u f Burgha lden" . Tro tzdem m a n die F l u r Schnai t auf al len besse ren K a r t e n a m St räß le nach Ons tme t t i ngen findet, weiß n i emand m e h r e twas von e iner B u r g in der Nähe. Und doch m ü ß t e e igent -lich der ehemal ige B u r g g r a b e n noch i rgendwie zu e r k e n n e n sein! Krs.

An das

Vi.

Postamt

in

64 j ä O H E N Z O L L E i t l S C H . E H E I M A T J a h r g a n g 1962

Ackerbau und Gewannflur. Reg . -Rat Dr. Hans J än i chen -Tübingen schrieb in den w ü r t t . J a h r b ü c h e r n f ü r Stat is t ik und L a n d e s k u n d e (7. Jg . 1962, S. 40—71) u n t e r dem Titel : „Ueber den mi t te la l ter l ichen und neuzeit l ichen Ackerbau im west l ichen Schwaben. Be i t r äge zur Geschichte der G e w a n n -flur. Dabei behande l t er das P f l ü g e n , Ebenäcker und H o c h ä c k e r k u l t u r , Rain und Furche, Ackerbezeich-n u n g e n u m 1300, A n w a n d u n d A n w a n d e r , T r e t t - bzw. Trepprecht , Fürschwel len u n d ande re Vor läufer , W e g -l a n g e r , Acker im Gewann , a l te Ackerbeschreibungen, S t r a n g und Sail (salica), H u r s t (schmale Ackerbeete), Suche (kleine Beete), L u ß (durch Los ver te i l te Stücke), S a a t e 1 (Saatbahnbrei te) , Gere (Dreieckstücke), Stelzen, A u f -te i lung der a l ten Brai ten , F e l d m a ß und Ackerbau, Einzel-äcker und Aecker im Hofve rband , Acker- und Ern tegerä te , und schließlich die r ä t s e lha f t en Wör t e r H u r n b o g e n und H u r m. Der t i e f schür fende Aufsatz , der e ine ers taunl iche Kenn tn i s a l te r U r b a r e ver rä t , w i r f t eine Menge P r o b l e m e auf, die z. T. auch gelöst werden , zum Teil die A u f m e r k -samke i t wecken sollen. Manches ist nicht leicht vers tändl ich, so das übe r die ehemal igen Hochäcker Gesagte. Wie soll m a n darauf säen und m ä h e n können? Die Skizze der verschie-denen P f l u g f ü h r u n g e n (angefer t ig t vom Stat is t . L a n d e s a m t S tu t tga r t ) erscheint wei th in schleierhaf t , s t i m m t sicher nicht mi t de r P f lügung überein , die auf der hohenzol ler ischen Alb (Ringingen) und a n d e r s w o üblich ist. Hier w i r f t m a n den Acker e n t w e d e r ause inander , so daß am Schluß eine bre i te Mi t t e l fu rche bleibt, oder (falls le tz tere vo rhanden) w i r f t m a n

die Furchen beidersei ts in diese Mi t te l furche usw. Bre i te Aecker teilt m a n gern in m e h r e r e Abtei lungen, u m den lee-ren Pf lugweg auf den A n w a n d e n zu ve rkürzen . Ob diese Ab-te i lungen nicht die a l ten „S t rängen" bedeu te ten? Ein W e g -l a n g e r w ä r e nach M. Buck ein Acker, der e inem Weg en t -l ang läuf t . Mi r ist der N a m e n u r als F l u r n a m e begegnet . Abe r die von Jän ichen aus dem Elsaß S. 46 beigebrachte Stel le: „Ein Weglanger zuicht von Al the im hin ü b e r d i e H e e r s t r a ß e", sowie zwei Stel len im Bickelsbergs zol-ler ischem Lagerbuch (S. 51 u n d 68) legen vielleicht die Deu-tung nahe : „der übe r den Weg h i n ü b e r l a n g t ! O r t d ü r f t e R a n d bedeuten , nicht Spitze. B e i f a n g e rk l ä r t sich durch eine Stel le des B e u r o n e r Urba r s : „Grunds tück ist b i -v a n g e n mi t e inem Zaun" , also umschlossen! Den Beginn de r Dre i fe lde rwi r t schaf t legt der Ver fasse r ins 8. J a h r h u n -der t n. Chr. S ta t t Habergesch i r r sagt er Habe r r e f f . Die H u -del wi rd nicht e r w ä h n t . Im Bayer ischen bedeu te t R a i n soviel wie G r e n z e . Dort sei noch bis 1900 nicht e b e n -e r d i g , sondern in e rhöh ten S t r ä n g e n gepflügt worden, bei uns schon nicht m e h r seit rund 1300. Wendpf lüge sind be -kannt l ich gebräuchlich, u m an Halden die E r d k r u m e i m -m e r a u f w ä r t s w e r f e n zu können . Nach dem Wunsch des Ver -fassers möchten sich recht viele K e n n e r mi t den a u f g e w o r -f enen F ragen befassen u n d durch a l te Beispiele zur K l ä r u n g bei t ragen. Der r ä t s e lha f t e N a m e Hurnbogen k a m in R e u t -l ingen als F a m i l i e n n a m e vor, a n d e r w ä r t s gab es H u r m u n d Gewohnhe i t en anzuschl ießen! Kraus .

R e u t l i n g e n - A s y l 15 R i n g i n g e n , E b e r h a l t u n g 45 R i n g i n g e n - G a u c h s b r u n n e n 46 R i n g i n g e r Recht u n d H e r k o m m e n 10 R i n g i n g e r T r u c h s e s s e n 48 R i n g i n g e n - W e b e r a u f s t a n d 31 S c h e l m e n w i e s e n 46 S c h l a t t - T i e r a r z t 48 S c h m e i e n t a l - E r d ö l b o h r u n g 46 Schwäb i sches 47 S e n n Dr . N e k r o l o g 20 S i e g e l s a m m l u n g a u s H o h e n z o l l e r n 16 S i g m a r i n g e n - G y m n a s i u m 32 S t e t t e n b . H . - W e i t i n g e n 47 S t e t t e n - S a l z b e r g w e r k 53 S ü h n e m a l - B i l d s t ö c k l e 1 T o t s c h l a g s ü h n e 15. J a h r h u n d e r t 35 T r o c h t e l f i n g e n - Z u n f t 44 V c r i n g e n d o r f - L e u t p r i e s t e r 32 W a l d - K l o s t e r 13 u. 28 W e i l d o r f - F e l d p o s t b r i e f 1870 7 W e i l d o r f - G a n s h i r t 35 W o i l d o r f - W i n d m o t o r 0 Wei lhe im-4 H ö f e 45 W e s t e r n a c h H a n s von 47 W i e d e r k e h r (E rzäh lung ) 49 Z l m m e r n - A b l a ß b r i e f 46 Z i m m e r m a n n s c h n u r 32 Z w i c k e r

Das rollende Zungen-K, das in Hohenzol lern seit a l te rs ü b e r w i e g e n d gesprochen und auch in der B ü h n e n -s p r ä c h e , w e i l m a r k a n t u n d d e u t l i c h , a l s d a s I d e a l anges t reb t und ge fö rde r t wird, soll angeblich neue-stens in e ine r unsere r höhe ren Schulen als u n s c h ö n be-k ä m p f t und zum b a d i s c h e n f a rb losen G a u m e n - R u m -erzogen werden, das wir als „Reißen" zu bezeichnen pfle-gen. Sollte dies gelingen, so w ä r e es schlimm genug! Eine Verschlechterung unse re r Aussprache m ü ß t e m a n umsomehr bedauern , als die Süddeutschen sowieso s ta rk anfä l l ig sind, in Vernachläss igung des Wortschatzes ih re r Mut te r sp rache r 'ch den norddeutschen und neues tens auch ausländischen Gewohnhe i l en anzuschließen! Kr.

A c k e r g e w a n n e A c k e r b a u u n d G e w a n n f l u r Aiche lwe i se A l b e r t v o n K i l w i l r e A l p i r s b a c h e r U r k u n d e n •(S A l p i r s b a c h - Z o l l e r g r a b B a i l e r - D a i g g e r - F a m i l i e n n a m e n B u b e n h o f e n - S t a m m s i t z B u r g Z o l l e r n - R e l i e f p l a t t e n B u r l a d i n g e n / G a u s e l f i n g e n D e c k s c h a i b - R e i - G a r t e n D e n k m a l s p f l e g e in H o h e n z o l l e r n 1961 D r e i k ö n i g in K u n s t und B r a u c h t u m E b i n g e n k a u f t B i tz E g e r t F a s t n a c h t - G e s c h i c h t e F e l g e n o d e r F a l g e n F o r s t k a r t e - S t u t t g a r t e r - A r c h i v G a m m e r t i n g e n - Z u n f t G a u s e l f i n g e n - M ü n z f u n d G r o s s e l f i n g e n - F l u r n a m e n 11. 22. 16 G r o s s e l f i n g e n - N a r r e n g e r i c h t 42. G r u o l - W a s s e r h a u s f ausen i. K., B u r g h a l d e H a u s e n i. K . - O r t s w a p p e n H e c h i n g e n - O r l a n d o - F e r d i n a n d H e c h i n g e n - S c h u l w e s e n H i n t e r s a ß e n H i r r l i n g e n - M ü h l e

Sachregister des Jahrgangs 1962 14 H o h e n z . Mi l i t ä r be i N a p o l e o n 33 64 H u r m u n d H u r n b o g e n 63 46 I n z i g k o f e n - K i r c h w e i h e 41 46 J u n g i n g e n - W i r t s c h a f t e n 2 60 K i l l e r - L o r c h 46 46 K i l l e r - M ü h l e 47 42 K i l l e r - S t u m p 46 26 K i l l e r - P f a r r h a u s 21 16 L e i b e i g e n e n - V e r k a u f 47 30 Lenz D e s i d e r i u s 23 u. 38 48 L i g g e r s d o r f , M i n d e r s d o r f / S a t t e l l ö s e 40 9 L o r s c h e r K o d e x 31 3 M a i g i n g e n - A b g a n g 25 9 Michael v o n Reischach 59

39 N u n t i u s Pace l l i in B e u r o n 6 37 O r t s n a m e n 32 63 Oesch ingen , B u r g F i r s t 45 48 O s t r a c h - rh. W a l d r a f f 14 IQ O s t r a c h - W i l d e r e i 1749 7 47 O w i n g e n - G r o ß b r a n d 34 Iii P a l m s o n n t a g - V o l k s b r ä u c h e 17 57 R a n g e n d i n g e n - A n w a n d r e c h t e 31 32 R a n g e n d i n g e n , K i r c h e n r e k t o r 45 63 R a n g e n d i n g e n , K l o s t e r k i r c h e 45 46 R a n g e n d i n g e n - R o s e n k r a n z b r u d e r s c h a f t 15 47 R a n g e n d i n g e n , S c h w e d e n g r e u e l 45 53 R a n g e n d i n g e n - v o n L i n d a c h 15 u . 16 46 R a n g e n d i n g e n - Z e h n t w e s e n 27 34 R a n g e n d i n g e n , Z e i g e n u. Esche 62

B E S T E L L - S C H E I N

zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat"

Ich/wir bestelle(n) ab sofor t zum l au fenden Bezug

durch die Pos t Stück „Hohenzollerische Heimat",

Ver lagspos tamt Gammer t ingen , zum ha lb j äh r igen Be-

zugspreis von DM 1.—.

Vor- und Z u n a m e

G e n a u e Anschr i f t

Dieser Bestellschein ist bei Neubes te l lung bzw. Nach-bes te l lungen der nächs ten Posts te l le aufzugeben . Um deutl iche Schr i f t w i r d gebeten.

Die Geschichte der Stadl G a m m e r l i n g e n

uii?er d a r Sps lh ' schen Herrschaft

1524 bis 1827 von Oberlehrer i. R. Josef W i e s t

iäl • r s i n i ä n s n .

Die voriieger.d n und Neu-B ^sfell jr.oe.i werden a u s j e . i j f e n durch die

Stadtverwaltung Gammert ingen .