HRESBERICHT 2003 20032 KOMMUNIKATIONSMITTEL 161 3 THEMATISCHE SCHWERPUNKTE IM JAHR 2003 162 KAPITEL...

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DE JAHRESBERICHT 2003 2003 2003 2003 2003 2003 2003 2003 2003 2003 2003 2003 2003 JAHRESBERICHT 2003 EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

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J AHRE SBER I CHT2003

Auf allenVeröffentlichungen

der EZB ist im Jahr 2004 ein

Ausschnitt der 100 €-Banknote

abgebildet.

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© Europäische Zentralbank, 2004

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Übersetzt von der Deutschen Bundesbankund der Oesterreichischen Nationalbank imAuftrag der Europäischen Zentralbank.In Zweifelsfällen gilt der englische Original-text.Alle Rechte vorbehalten.Die Anfertigung von Fotokopien fürAusbildungszwecke und nichtkommerzielleZwecke ist mit Quellenangabe gestattet.Redaktionsschluss für den Bericht war am27. Februar 2004.

ISSN 1561-4565 (gedruckt)ISSN 1725-2849 (online)

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3EZB

Jahresbericht2003

VORWORT 10

KAPITEL 1WIRTSCHAFTSENTWICKLUNGUND GELDPOLITIK

1 GELDPOLITIK IM EURORAUM 161.1 Überprüfung der geldpolitischen

Strategie der EZB 161.2 Leitzinsen der EZB im Jahr 2003

auf historisch niedrigem Niveau 21

2 MONETÄRE, FINANZIELLE UNDWIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNGEN 262.1 Monetäre und finanzielle

Entwicklungen 262.2 Preisentwicklung 442.3 Produktions-, Nachfrage- und

Arbeitsmarktentwicklung 522.4 Entwicklung der

öffentlichen Finanzen 592.5 Internationales gesamtwirt-

schaftliches Umfeld, Wechsel-kurse und Zahlungsbilanz 63

3 WIRTSCHAFTLICHE UND MONETÄREENTWICKLUNGEN IN DEN ÜBRIGENSTAATEN DER EUROPÄISCHEN UNION 70

KAPITEL 2ZENTRALBANKGESCHÄFTE UND -AKTIVITÄTEN

1 GELDPOLITISCHE GESCHÄFTE, DEVISEN-GESCHÄFTE UND INVESTITIONSTÄTIGKEIT 801.1 Geldpolitische Geschäfte 801.2 Devisengeschäfte 901.3 Investitionstätigkeit 90

2 ZAHLUNGSVERKEHRS- UNDWERTPAPIERABWICKLUNGSSYSTEME 932.1 Das TARGET-System 932.2 TARGET2 952.3 Die grenzüberschreitende

Nutzung refinanzierungsfähigerSicherheiten 96

I N H A LT3 BANKNOTEN UND MÜNZEN 99

3.1 Euro-Bargeldumlauf undBargeldbearbeitung 99

3.2 Euro-Banknotenfälschungenund Fälschungsprävention 100

3.3 Banknotenausgabeund -produktion 101

4 NEUE UND VERBESSERTE STATISTIKEN 1044.1 Neue Statistiken 1044.2 Die mittelfristige Strategie

für den Bereich Statistik 1054.3 Verbesserungen des

institutionellen und rechtlichenRahmens für den Bereich Statistik 106

5 FORSCHUNG IM VOLKSWIRT-SCHAFTLICHEN BEREICH 1075.1 Forschungsthemen 1075.2 Forschungsnetzwerke 1075.3 Makroökonometrische

Modellierung des Euroraums 1095.4 Konferenzen und

Gastforscherprogramme 109

6 SONSTIGE AUFGABEN UND AKTIVITÄTEN 1116.1 Einhaltung des Verbots der

monetären Finanzierung unddes bevorrechtigten Zugangs 111

6.2 Beratende Funktionen 1116.3 Verwaltung der Anleihe- und

Darlehensgeschäfte derEuropäischen Gemeinschaft 112

6.4 Dienstleistungen im Bereich derWährungsreservenverwaltung 112

KAPITEL 3FINANZMARKTSTABILITÄT UNDFINANZMARKTINTEGRATION

1 FINANZMARKTSTABILITÄT 1161.1 Überwachung der

Finanzmarktstabilität 1161.2 Zusammenarbeit in

Krisensituationen 119

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4EZBJahresbericht2003

2 FINANZMARKTREGULIERUNG UNDFINANZMARKTAUFSICHT 1202.1 Das Lamfalussy-Konzept 1202.2 Bankensektor 1202.3 Wertpapiere 1222.4 Sonstiges 122

3 FINANZMARKTINTEGRATION 124

4 ÜBERWACHUNG DERMARKTINFRASTRUKTUR 1304.1 Überwachung der Euro-

Großzahlungssysteme und-infrastruktur 130

4.2 Massenzahlungsverkehr 1324.3 Wertpapierverrechnungs-

und -abwicklungssysteme 133

KAPITEL 4EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE THEMEN

1 EUROPÄISCHE THEMEN 1381.1 Politische Themen 1381.2 Institutionelle Veränderungen

bei wichtigen europäischenGremien 143

2 INTERNATIONALE THEMEN 1442.1 Das internationale Währungs-

und Finanzsystem 1442.2 Zusammenarbeit mit Ländern

außerhalb der EU 147

KAPITEL 5RECHENSCHAFTSPFLICHT

1 RECHENSCHAFTSPFLICHT GEGENÜBERDER ÖFFENTLICHKEIT 152

2 RECHENSCHAFTSPFLICHT GEGENÜBERDEM EUROPÄISCHEN PARLAMENT 1542.1 Überblick über die Kontakte

mit dem Europäischen Parlamentim Jahr 2003 154

2.2 Standpunkt der EZB zu Themen,die bei Sitzungen im EuropäischenParlament erörtert wurden 154

KAPITEL 6ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

1 KOMMUNIKATIONSPOLITIK 160

2 KOMMUNIKATIONSMITTEL 161

3 THEMATISCHE SCHWERPUNKTEIM JAHR 2003 162

KAPITEL 7ERWEITERUNG DER EUROPÄISCHEN UNION

1 WICHTIGE WIRTSCHAFTLICHE UNDFINANZIELLE ENTWICKLUNGEN UNDPOLITISCHE KERNTHEMEN 1671.1 Wirtschaftsentwicklungen 1671.2 Finanzmarktentwicklungen

in den beitretenden Ländern 170

2 RECHTLICHE ENTWICKLUNGEN 173

3 BEITRITTSVORBEREITUNGEN 1743.1 Zentralbankgeschäfte 1743.2 Zahlungsverkehrs- und

Abwicklungssysteme 1743.3 Banknoten 1763.4 Statistik 1763.5 IT-Infrastruktur und

IT-Anwendungen 176

KAPITEL 8INSTITUTIONELLER RAHMEN, ORGANISATIONUND JAHRESABSCHLUSS

1 BESCHLUSSORGANE UNDUNTERNEHMENSKONTROLLE DER EZB 1801.1 Das Eurosystem und das

Europäische System derZentralbanken 180

1.2 Der EZB-Rat 1811.3 Das Direktorium 1841.4 Der Erweiterte Rat 1861.5 ESZB-Ausschüsse und

Haushaltsausschuss 1871.6 Unternehmenskontrolle 188

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5EZB

Jahresbericht2003

2 ORGANISATORISCHE ENTWICKLUNGEN 1912.1 Personal 1912.2 Maßnahmen zur Verbesserung

der internen Organisation 1922.3 Das neue Gebäude der EZB 193

3 SOZIALER DIALOG IM ESZB 195

4 JAHRESABSCHLUSS DER EZB 197Bilanz zum 31. Dezember 2003 198Gewinn- und Verlustrechnungfür das Geschäftsjahr 2003 200Rechnungslegungsgrundsätze 201Erläuterungen zur Bilanz 205Erläuterungen zur Gewinn-und Verlustrechnung 212Erläuterung zur Verlustabdeckung 215Prüfbericht 217

5 KONSOLIDIERTE BILANZ DESEUROSYSTEMS ZUM 31. DEZEMBER 2003 218

ANHANG

RECHTSINSTRUMENTE DER EZB 222

STELLUNGNAHMEN DER EZB 225

PUBLIKATIONEN DER EZB SEIT JANUAR 2003 229

CHRONIK DER GELDPOLITISCHENMASSNAHMEN DES EUROSYSTEMS 235

GLOSSAR 237

VERZEICHNIS DER KÄSTEN, TABELLEN UNDABBILDUNGEN

KÄSTEN1 Hintergrundstudien für die Überprüfung

der geldpolitischen Strategie der EZB 202 Der Markt für Unternehmensanleihen

in den Euro-Ländern 32Abbildung: Umlauf an auf Eurolautenden Schuldverschreibungen vonKapitalgesellschaften (ohne MFIs) 33

3 Entwicklung der Finanzlage der privatenHaushalte und der nichtfinanziellenKapitalgesellschaften im Euroraum 35Abbildung A: Verschuldung desprivaten nichtfinanziellen Sektors 35Abbildung B: Finanzierungsüberschuss/Finanzierungsdefizit des privatennichtfinanziellen Sektors 35

4 Inflationsunterschiede im Euroraum:Mögliche Ursachen und wirtschafts-politische Implikationen 46Abbildung: Inflationsstreuung imEuroraum 46

5 Fortschritte bei den Strukturreformenan den Arbeits- und Gütermärktenim Euroraum 53

6 Die Bedeutung umfassender Reformenfür die Tragfähigkeit der öffentlichenFinanzen 62

7 Risikomanagement bei geldpolitischenGeschäften und Kreditgeschäften imRahmen des Zahlungsverkehrs 88

8 Von der Bankenvereinigung derEuropäischen Union, der EuropäischenSparkassenvereinigung und derEuropäischen Vereinigung derGenossenschaftsbanken beschlosseneoptimale Verfahren (Best Practices)für Marktteilnehmer, die anCCBM-Geschäften beteiligt sind 97

9 Indikatoren für die Finanzmarkt-integration im Euroraum 127

10 Foschungsnetzwerk für Kapitalmärkteund Finanzmarktintegration in Europa 128

11 Verfahren bei einem übermäßigenDefizit 142

12 Das Leitbild der EZB 163

TABELLEN1 Tabellarische Übersicht über

monetäre Variablen 272 Sektorale Aufschlüsselung des Umlaufs

an von Ansässigen im Euroraumbegebenen Schuldverschreibungen 31

3 Finanzierung und Geldvermögens-bildung des nichtfinanziellen Sektorsim Euroraum 34

4 Preisentwicklung 445 Arbeitskostenindikatoren 51

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6EZBJahresbericht2003

6 Zusammensetzung des realenBIP-Wachstums 52

7 Entwicklungen am Arbeitsmarkt 578 Öffentliche Finanzen im Euroraum 609 Makroökonomische Indikatoren

für Dänemark 7010 Makroökonomische Indikatoren

für Schweden 7311 Makroökonomische Indikatoren

für das Vereinigte Königreich 7512 TARGET-Zahlungen 9413 Produktionsquoten bei der Herstellung

von Euro-Banknoten im Jahr 2003 102

ABBILDUNGEN1 Längerfristige Inflationserwartungen 182 EZB-Zinssätze und Tagesgeldsatz 223 M3-Wachstum und der Referenzwert 264 Schätzung der nominalen und realen

Geldlücke 275 Entwicklung der Geldmenge M3

und ihrer Gegenposten 286 Aufgliederung der Emission von

Schuldverschreibungen durch Ansässigeim Euroraum nach Emittentengruppen 30

7 Fremdfinanzierung des nicht-finanziellen Sektors 31

8 Kurzfristzinsen im Euroraum 379 Zinssätze für Dreimonats-

EURIBOR-Terminkontrakte undimplizite Volatilität 38

10 Renditen langfristiger Staatsanleihen 3811 Reale Rendite langfristiger Anleihen

und Breakeven-Inflationsrate imEuroraum 40

12 Kurzfristzinsen der MFIs undvergleichbarer Geldmarktsatz 41

13 Langfristzinsen der MFIs undvergleichbarer Kapitalmarktsatz 41

14a Aktienkursindizes 4214bImplizite Aktienkursvolatilität 4215 HVPI-Inflationsrate und wichtige

Teilkomponenten 4516 Beitrag der HVPI-Teilkomponenten

zur Inflationsrate 4517 Industrielle Erzeugerpreise 5018 Arbeitsentgelt je Arbeitnehmer

nach Sektoren 51

19 Wachstumsbeiträge zum realenBIP (Quartalsvergleich) 55

20 Vertrauensindikatoren 5621 Warenexporte und Industrieproduktion 5622 Arbeitslosigkeit 5823 Nominale und reale effektive

Wechselkurse des Euro 6624 Saldo der Leistungsbilanz und ihre

Komponenten 6825 Ausfuhren in Länder außerhalb des

Euroraums, Auslandsnachfrage undnominaler effektiver Wechselkurs 68

26 Kapitalbilanz 6927 Wirtschafts- und Finanzmarkt-

indikatoren für die EU-Länder außerhalbdes Euroraums und den Euroraum 71

28 Liquiditätsfaktoren und Inanspruch-nahme der ständigen Fazilitäten imEuroraum im Jahr 2003 81

29 Zur Besicherung von Eurosystem-Kreditgeschäften zugelasseneKategorie-1-Sicherheiten 86

30 Art der Besicherung vonEurosystem-Kreditgeschäften 87

31 Grenzüberschreitende Sicherheitenin % der insgesamt vom Eurosystemhereingenommenen Sicherheiten 98

32 Banknotenumlauf von Anfang 2000bis Ende 2003 99

33 Euro-Banknotenumlauf vonAnfang 2002 bis Ende 2003 99

34 Euro-Banknotenumlauf vonAnfang 2002 bis Ende 2003 100

35 Veröffentlichung vonWorking Papers der EZB 107

36 Working Papers der EZB:Forschungsgebiete lautJEL-Klassifikation(Journal of Economic Literature) 108

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7EZB

Jahresbericht2003

LÄNDER

BE BelgienDK DänemarkDE DeutschlandGR GriechenlandES SpanienFR FrankreichIE IrlandIT ItalienLU LuxemburgNL NiederlandeAT ÖsterreichPT PortugalFI FinnlandSE SchwedenUK Vereinigtes KönigreichJP JapanUS Vereinigte Staaten

ABKÜRZUNGENWEITERE ABKÜRZUNGEN

BIP BruttoinlandsproduktBIZ Bank für Internationalen

ZahlungsausgleichEPI ErzeugerpreisindexESVG 95 Europäisches System

VolkswirtschaftlicherGesamtrechnungen 1995

ESZB Europäisches System derZentralbanken

EU Europäische UnionEUR EuroEWI Europäisches WährungsinstitutEWR Europäischer WirtschaftsraumEZB Europäische ZentralbankHRG Hauptrefinanzierungsgeschäft

des EurosystemsHVPI Harmonisierter

VerbraucherpreisindexIWF Internationaler WährungsfondsLRG Längerfristiges Refinanzierungs-

geschäft des EurosystemsMFIs Monetäre FinanzinstituteNZBen Nationale ZentralbankenOECD Organisation für wirtschaftliche

Zusammenarbeit undEntwicklung

SWIFT Society for Worldwide InterbankFinancial Telecommunication

TARGET TranseuropäischesAutomatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Überweisungssystem

VPI VerbraucherpreisindexWKM II Wechselkursmechanismus IIWWU Wirtschafts- und Währungsunion

Entsprechend der in der Gemeinschaft ange-wendeten Praxis werden die EU-Länder unddie beitretenden Staaten im Bericht in deralphabetischen Reihenfolge der Bezeich-nung der Länder in den jeweiligen Landes-sprachen aufgeführt.

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8EZBJahresbericht2003

Seit 1998 widmet die EZB der zeitgenössischen Kunst aus den Mitgliedstaaten der Europäi-schen Union eine Ausstellungsreihe. Jede Ausstellung soll den Mitarbeitern und Besuchern derEZB einen Einblick in die Kunstszene eines ausgewählten EU-Landes bieten. Die zeitgenössi-sche Kunst steht dabei symbolhaft für jenen Zeitraum, in dem die Währungsunion Realitätwurde.

Zur Erweiterung ihrer Kunstsammlung erwirbt die EZB einige der ausgestellten Werke. Die achtTrennblätter zwischen den einzelnen Kapiteln dieses Jahresberichts zeigen ausgewählte Werkedieser Sammlung.

Künstler: Hans VandekerckhoveTitel: Landschappeling, 2000Material: Öl auf Leinwand, Format: 200 × 160 cm 14

Künstler: José María SiciliaTitel: La luz que se apaga, 1997Material: Wachs, Öl und Papier auf Holz, Format: 185 × 157 cm 78

Künstler: Gerhard BalderTitel: Roter Nautilus, 1995Material: Öl auf Leinwand, Format: 70 × 54 cm 114

Künstler: Jens FängeTitel: Jugend, 2003Material: Öl auf Leinwand, Format: 132 × 122 cm 136

Künstler: Kyriakos MortarakosTitel: Ohne TitelMaterial: Verschiedene Materialien auf Leinwand, Format: 220 × 320 cm 150

Künstler: Gérard GarousteTitel: La duègne et le pénitent, 1998Material: Öl auf Leinwand, Format: 195 × 160 cm 158

Künstler: Árpád SzabadosTitel: Ohne Titel, 1995Material: Verschiedene Materialien auf Leinwand, Format: 120 × 90 cm 164

Künstler: Koen VermeuleTitel: Ohne Titel (Detail), 2002Material: Öl auf Leinwand, Format: 210 × 210 cm 178

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VORWORT

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10EZBJahresbericht2003

Während eines Großteils des vergangenen Jah-res hat Wim Duisenberg die Geschicke der Eu-ropäischen Zentralbank gelenkt; ich möchte ihman dieser Stelle meine Anerkennung ausspre-chen. Unter seiner Präsidentschaft meistertendas Europäische Währungsinstitut, die Europäi-sche Zentralbank und die nationalen Zentralban-ken mit Bravour alle Herausforderungen, diesich ihnen stellten: die Umstellung der Kapital-märkte und des gesamten bargeldlosen Zah-lungsverkehrs auf den Euro am 4. Januar 1999,den Jahrtausendwechsel sowie die Euro-Bar-geldeinführung am 1. Januar 2002. Das Euro-system konnte sich als höchst glaubwürdigesZentralbanksystem positionieren, das eine ver-lässliche Geldpolitik verfolgt, als umsichtigerWährungshüter Preisstabilität gewährleistetund das Vertrauen in den Euro vertieft. MeineKollegen im EZB-Direktorium und ich sind be-strebt, diese Tradition einer effizienten Koordi-nierung der gemeinsamen europäischen Geld-politik in den nächsten Jahren fortzuführen undzu stärken.

***

Im Dezember 2002 kündigte der EZB-Rat an, imersten Halbjahr 2003 eine umfassende Überprü-

fung seiner geldpolitischen Strategie durchzu-führen. Diese Strategie stellt seit der Gründungder EZB eine solide Grundlage für die interneEntscheidungsfindung und einen einheitlichenRahmen für die externe Kommunikation dar undträgt damit auch zur Erfüllung der Rechen-schaftspflicht der EZB bei. Tatsächlich stehenseit 1999 die langfristigen Inflationserwartun-gen, die eine Messgröße für die Glaubwürdig-keit einer Zentralbank darstellen, nachweislichmit der Definition von Preisstabilität der EZB inEinklang. Die geringere Unsicherheit hinsicht-lich der Inflationsentwicklung hat dazu beige-tragen, die in den Zinssätzen enthaltenen Risi-koprämien und somit auch die realen Finanzie-rungskosten zu senken. Nach mehr als vier Jah-ren hielt es der EZB-Rat nun für angebracht, diegewonnenen Erfahrungen und die Stellungnah-men externer Beobachter systematisch zu analy-sieren und zu prüfen.

Am 8. Mai 2003 gab der EZB-Rat die Ergebnis-se dieser Bewertung bekannt. Dabei wurde dieDefinition von Preisstabilität, die im Oktober1998 als Anstieg des HVPI für das Euro-Wäh-rungsgebiet von unter 2 % gegenüber dem Vor-jahr festgelegt worden war, bestätigt. Gleich-zeitig stellte der EZB-Rat klar, dass er in seinemStreben nach Preisstabilität darauf abziele, mit-telfristig eine Preissteigerungsrate von unter,aber nahe 2 % beizubehalten. Seine geldpoliti-schen Beschlüsse würden zudem weiterhin aufder Basis einer umfassenden Analyse der Risi-ken für die Preisstabilität gefasst, und zwar ei-ner wirtschaftlichen und einer monetären Ana-lyse. Der EZB-Rat betonte, dass er bei seinerZielsetzung einer einheitlichen Beurteilung derRisiken für die Preisstabilität auch in Zukunftdie aus der umfassenden wirtschaftlichen Ana-lyse gewonnenen Informationen und die sichaus mittel- bis langfristiger Sicht ergebendenDaten der monetären Analyse wechselseitigüberprüfen werde. Um die langfristige Naturdes Referenzwerts für das Geldmengenwachs-tum hervorzuheben, beschloss der EZB-Rat,diesen nicht mehr jährlich zu überprüfen. Durchdiese Bestätigung und Klarstellung der Haupt-elemente seiner stabilitätsorientierten Geldpoli-

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11EZB

Jahresbericht2003

tik hat der EZB-Rat zu einem besseren Ver-ständnis der Strategie der EZB nicht nur inEuropa, sondern auch weltweit beigetragen.

***

Im ersten Halbjahr 2003 entwickelte sich dieKonjunktur infolge der Eskalation der aus demIrak-Konflikt resultierenden starken geopoliti-schen Spannungen und der Unsicherheit an denFinanzmärkten sehr verhalten. Erst im Sommer2003 verbesserte sich das Vertrauen der Wirt-schaftsakteure im Euroraum allmählich, und esgab vermehrt Anzeichen dafür, dass die Kon-junktur weltweit an Fahrt gewann. Insgesamtlag das reale Wachstum des BIP im Euroraum2003 bei 0,4 % gegenüber 0,9 % im Jahr 2002.In den letzten Monaten war eine Erhöhung derWirtschaftsaktivität zu verzeichnen. Das Ex-portwachstum im Euro-Währungsgebiet bleibtaufgrund der kräftigen Expansion der Weltwirt-schaft nach wie vor robust. Überdies sind dieVoraussetzungen für eine Erholung der inländi-schen Nachfrage nicht zuletzt infolge der nied-rigen Zinssätze und der allgemein günstigen Fi-nanzierungsbedingungen gegeben. Die enttäu-schende Entwicklung des realen BIP-Wachs-tums in den vergangenen Jahren ist auf die feh-lende wirtschaftliche Flexibilität des Euroraumsund die sich daraus ergebende Anfälligkeit fürexterne Schocks zurückzuführen. Zwar wurdenin dieser Hinsicht erfreulicherweise bereitsFortschritte erzielt, doch bedarf es noch sehrgroßer Anstrengungen, um Strukturreformenzur Steigerung des Beschäftigungswachstumsund der Erwerbsbeteiligung, zur Erhöhung derProduktivität und zur Verbesserung des Poten-zialwachstums im Euro-Währungsgebiet umzu-setzen. Darüber hinaus sind vor dem Hinter-grund der demographischen EntwicklungenKorrekturmaßnahmen notwendig, um die lang-fristige Tragfähigkeit der Gesundheits- undRentensysteme zu gewährleisten.

Die jährliche Inflationsrate gemessen am HVPIverringerte sich im Jahr 2003 auf 2,1 %, vergli-chen mit 2,3 % im Jahr zuvor. Hauptursache fürdie nach wie vor über 2 % liegende Inflationsra-te war der unerwartete Anstieg einiger volatiler

Komponenten des HVPI (wie etwa der Öl- undNahrungsmittelpreise im zweiten Halbjahr2003); allerdings wirkten sich auch die im Jah-resverlauf 2003 gestiegenen indirekten Steuernund administrierten Preise bis zu einem gewis-sen Grad auf die Teuerungsrate aus. Die mittel-fristigen Annahmen waren davon ausgegangen,dass sich der Inflationsdruck 2003 im Einklangmit Preisstabilität entwickeln würde.

Die günstigen Aussichten für die Preisstabilitätwurden durch das anhaltend starke Geldmen-genwachstum im Jahr 2003 nicht getrübt. Es re-sultierte teilweise aus der im ersten Halbjahrvorherrschenden hohen Unsicherheit in derWirtschaft und an den Finanzmärkten, die zuPortfolioumschichtungen zugunsten von in M3enthaltenen sichereren kurzfristigen liquidenAnlageformen führte. Der Aufbau von Über-schussliquidität wurde daher nicht als bedenk-lich angesehen. Sollte die hohe Liquidität je-doch auch bei einem kräftigen Konjunkturauf-schwung fortbestehen, ist Vorsicht geboten.

Aufgrund des nachlassenden Inflationsdrucksim ersten Halbjahr 2003 wurden die Leitzinsender EZB im März um 25 Basispunkte und imJuni um weitere 50 Basispunkte gesenkt, wo-durch der Mindestbietungssatz bei den Haupt-refinanzierungsgeschäften den historischenTiefstand von 2,0 % erreichte. Dies stimmte mitdem Ziel überein, die Teuerungsrate mittelfris-tig unter, aber nahe 2 % zu halten. Die sehrniedrigen Zinssätze stellten auch ein gewissesGegengewicht zu verschiedenen wachstums-hemmenden Faktoren dar. In der zweiten Jah-reshälfte 2003 wurden die Leitzinsen der EZBunverändert belassen, da der geldpolitischeKurs als angemessen eingeschätzt wurde, umauf mittlere Sicht Preisstabilität zu gewährleis-ten.

Im Hinblick auf die Fiskalpolitik ist festzustel-len, dass es der Mehrheit der Mitgliedstaatennicht gelang, die Ziele zu erreichen, die in denEnde 2002 bzw. Anfang 2003 vorgelegten Sta-bilitätsprogrammen festgesetzt worden waren.Das durchschnittliche Haushaltsdefizit im Eu-roraum erhöhte sich von 2,3 % des BIP im Jahr

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12EZBJahresbericht2003

2002 auf 2,7 % des BIP im Berichtsjahr.Darüber hinaus blieb die Haushaltslage in denLändern, die bereits 2002 beträchtliche Defiziteaufgewiesen hatten, ein Grund zur Sorge. Am25. November 2003 kam der ECOFIN-Rat über-ein, nicht auf der Grundlage der Empfehlungender Europäischen Kommission zu handeln undstattdessen das Verfahren bei einem übermäßi-gen Defizit gegen Deutschland und Frankreichauszusetzen. Diese beiden Länder verpflichte-ten sich ihrerseits, ihr übermäßiges Defizit soschnell wie möglich und spätestens bis 2005 zukorrigieren; der ECOFIN-Rat machte deutlich,dass er bereit sei, eine Entscheidung gemäß Ar-tikel 104 Absatz 9 des Vertrags zur Gründungder Europäischen Gemeinschaft zu treffen unddas Verfahren bei einem übermäßigen Defizitwieder aufzunehmen, falls Deutschland undFrankreich ihren Verpflichtungen nicht nach-kämen. Andere Länder, bei denen nach wievor Haushaltsungleichgewichte bestehen, sindebenfalls gehalten, sich dem mittelfristigen Zieleines nahezu ausgeglichenen oder einen Über-schuss aufweisenden Haushalts anzunähern.

Es ist von größter Bedeutung, dass das Vertrau-en sowohl in die Solidität der öffentlichen Fi-nanzen als auch der wirtschaftlichen und insti-tutionellen Grundlagen der WWU aufrechter-halten wird. Der EZB-Rat ist daher der Ansicht,dass alle Beteiligten ihrer Verantwortung undihren Verpflichtungen gerecht werden müssen.Für die Zukunft ist es wichtig, dass die Haus-haltskonsolidierung und die Strukturreformennachhaltig greifen. Dies sollte auch auf kurzeSicht positive Auswirkungen haben, da dadurchdas Vertrauen der Öffentlichkeit in die Glaub-würdigkeit der Regeln und in die langfristigeTragfähigkeit der öffentlichen Finanzen ge-stärkt wird. Darüber hinaus würden Ausgaben-und Steuerreformen sowie eine Neuordnung derPrioritäten zugunsten produktiver Ausgabendas Potenzialwachstum fördern.

***

Am 1. Mai 2004 treten zehn weitere Länder derEuropäischen Union bei, und zehn Zentralban-ken werden als neue Mitglieder in das ESZB

eingegliedert. Dieses bedeutende politische undwirtschaftliche Ereignis nur 14 Jahre nach demFall der Berliner Mauer und zwölf Jahre nachder Unterzeichnung des Vertrags vonMaastricht zeigt, wie rasch die Geschichte vo-ranschreitet. Die EZB und die NZBen haben inihren Zuständigkeitsbereichen gemeinsam mitden Zentralbanken der beitretenden Staatenenorme Anstrengungen unternommen und dieVorarbeit dafür geleistet, dass die Zentralban-ken der beitretenden Länder reibungslos in dasESZB eingegliedert werden können. Um dieserHerausforderung gerecht zu werden, hat dieEZB neues Personal eingestellt und rekrutiertauch weiterhin neue Mitarbeiter, und zwarhauptsächlich Experten aus den beitretendenLändern, die durch ihr Fachwissen und ihrenHintergrund zur Effizienz und Dynamik derEZB beitragen. Des Weiteren nehmen die Präsi-denten der Zentralbanken der beitretenden Staa-ten seit Juni 2003 als Beobachter an den Sitzun-gen des Erweiterten Rats teil, während Fach-leute dieser Zentralbanken seit April 2003ebenfalls als Beobachter in den Ausschüssendes ESZB vertreten sind.

Die Erweiterung der EU um zehn neue Länderist aus historischer und institutioneller Sicht einMeilenstein und war damit Anlass, einen neuenVerfassungsrahmen für Europa auszuarbeiten.Zu diesem Zweck wurde der Konvent zur Zu-kunft Europas ins Leben gerufen. Die EZB ver-folgte sowohl die Arbeit des Konvents als auchdie Regierungskonferenz mit großer Aufmerk-samkeit und nahm zu Themen Stellung, die fürdie Aufgaben und das Mandat der EZB und desESZB relevant sind. Generell begrüßt der EZB-Rat den Entwurf eines Vertrags über eine Ver-fassung für Europa (Verfassungsentwurf),allerdings unter der Voraussetzung, dass Auf-gaben, Mandat, Status und rechtlicher Rahmender EZB und des ESZB unverändert bleiben.Die EZB legte vor allem Wert darauf, dass inArtikel I-3 Absatz 3 über die Ziele der UnionBezug auf „nichtinflationäres Wachstum“ oder„Preisstabilität“ genommen wird, da ein derarti-ger expliziter Hinweis im Verfassungsentwurffehlte. Des Weiteren regte die EZB an, in Arti-kel I-29 die Unabhängigkeit der NZBen anzuer-

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13EZB

Jahresbericht2003

kennen, den weitgehend anerkannten Begriff„Eurosystem“ in den Verfassungsentwurf auf-zunehmen sowie in Artikel III-90 explizit einenHinweis auf die Verantwortlichkeit des ESZBdafür aufzunehmen, wie die Stellung des Euroim internationalen Währungssystem zu gewähr-leisten ist.

***

Im Hinblick auf die Organisation und Funk-tionsweise der EZB stellte das Jahr 2003 einegroße Herausforderung dar. Ende 2003 wies dieBilanz der EZB einen Nettoverlust von 477 Mio €aus. Dieser Verlust, der im Wesentlichen aufBerichtigungen des Euro-Gegenwerts der US-Dollarbestände der EZB zurückzuführen ist, er-gab sich nach Berücksichtigung aller Erträgeder EZB (einschließlich der Einkünfte aus demEuro-Banknotenumlauf) und nach Auflösungder Rückstellungen in Höhe von 2,6 Mrd €, diein den Vorjahren für Wechselkurs- und Zinsri-siken gebildet worden waren. Die Abwertungdes US-Dollar im Lauf des Berichtsjahrs brach-te erhebliche buchmäßige Verluste mit sich, diegemäß dem Vorsichtsprinzip als realisierte Ver-luste behandelt und in der Gewinn- und Ver-lustrechnung erfasst wurden, während nichtrealisierte Gewinne auf Neubewertungskontender Bilanz zu verbuchen sind. Überdies habendie historisch niedrigen Zinssätze im Jahr 2003und die Zinsentwicklung sowohl beim Euro alsauch bei den wichtigsten Reservewährungender EZB die Zinserträge (auch bei den Gegen-posten des Banknotenumlaufs) geschmälert.

Ende 2003 beschäftigte die EZB 1 217 Mitarbei-ter gegenüber 1 109 im Jahr zuvor. Seit dem1. Januar 2003 sind alle neu zu besetzendenStellen auch Bewerbern aus beitretenden Län-dern zugänglich. Mit gezielten Einstellungs-kampagnen gelang es der EZB, Mitarbeiter ausden beitretenden Mitgliedstaaten als Überset-zer, Juristes-Linguistes oder Legal Counsels zugewinnen. Derzeit beschäftigt die EZB 39 Mit-arbeiter aus den beitretenden Ländern mit Ar-beitsverträgen mit mehr als einjähriger Laufzeit.

Die Zahl der Beschäftigten der EZB ist seit1998 permanent gestiegen, wodurch eine fort-laufende Verbesserung der Funktionsfähigkeitder internen Organisation erforderlich wurde.In diesem Zusammenhang führte das Direktori-um der EZB eine Reihe von Mitarbeiterbefra-gungen zu den Unternehmensgrundsätzen, zurinternen Kommunikation sowie zur organisato-rischen Leistungsfähigkeit durch. Auf der Basisder Umfrageergebnisse entschloss sich das Di-rektorium, unter dem Motto „ECB in Motion“Reformen in der Verwaltung einzuleiten. Unterder Leitung eines Projektbüros und des Direk-toriums wurden vier Projektgruppen ins Lebengerufen. Im Oktober 2003 verabschiedete dasDirektorium eine Reihe von Maßnahmen, vondenen die meisten wohl ab Juli 2004 umgesetztwerden können. Ziel ist es, die Funktionsfähig-keit und Effizienz der EZB zu steigern, dasPersonalmanagement zu optimieren und dasBewusstsein der Mitarbeiter für zentralbankre-levante Werte wie Effizienz, Unparteilichkeit,Diskretion und hohe ethische Standards zuschärfen. Der grundlegende Gedanke des Re-formprozesses besteht darin, den teamorientier-ten Ansatz umfassender und effizienter in allenBereichen der EZB zu verwirklichen, sei esdurch eine vermehrte Übertragung von Verant-wortung an Mitarbeiter, eine deutlicher leis-tungsbezogene Vergütung oder die weitereStärkung eines offenen und von Teamgeist ge-prägten Umfelds.

Frankfurt am Main, im März 2004

Jean-Claude Trichet

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KünstlerHans VandekerckhoveTitelLandschappeling, 2000MaterialÖl auf LeinwandFormat200 × 160 cm

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KAPITEL 1

WIRTSCHAFTSENTWICKLUNGUND GELDPOLITIK

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16EZBJahresbericht2003

1 G E LDPO L I T I K I M E URORAUM

1 Siehe EZB, Ergebnis der von der EZB durchgeführten Überprü-fung ihrer geldpolitischen Strategie, Monatsbericht Juni 2003.

1.1 ÜBERPRÜFUNG DER GELDPOLITISCHENSTRATEGIE DER EZB

Nachdem der EZB-Rat nun seit über vier Jahrendie Geldpolitik des Euro-Währungsgebiets be-stimmt, nahm er im ersten Halbjahr 2003 einegründliche Überprüfung der geldpolitischenStrategie der EZB vor, um Bilanz über die bis-herigen Erfahrungen zu ziehen. Dabei berück-sichtigte der EZB-Rat die öffentliche Diskussi-on über eine angemessene Gestaltung der Geld-politik und die Erkenntnisse aus einer Reihetechnischer Studien, die Experten des Eurosys-tems als Hintergrundmaterial für diese Beurtei-lung erstellten (siehe Kasten 1). Die Ergebnisseder Überprüfung, die sich sowohl auf die Quan-tifizierung des Preisstabilitätsziels der EZB alsauch auf das Konzept zur Analyse der Preissta-bilitätsrisiken bezog, wurden am 8. Mai 2003vom EZB-Rat präsentiert.1

DAS ZIEL DER PREISSTABILITÄTIm Oktober 1998 veröffentlichte der EZB-Rateine quantitative Zielvorgabe für Preisstabilität,die als „Anstieg des Harmonisierten Verbrau-cherpreisindex (HVPI) für das Euro-Wäh-rungsgebiet von unter 2 % gegenüber dem Vor-jahr“ definiert wurde. Durch den Verweis aufeinen Anstieg des HVPI von unter 2 % wirdklargestellt, dass weder Inflation noch Deflati-on mit Preisstabilität vereinbar ist. Von derNennung einer konkreten Untergrenze fürPreissteigerungsraten wurde abgesehen, weildas Ausmaß eventueller Messfehler beim HVPIund seiner möglichen Schwankungen im Zeit-verlauf schwer abzuschätzen ist. Um in die De-finition von Preisstabilität eine Absicherunggegen Deflationsrisiken einzubauen, wurde dieObergrenze auf einem Niveau von deutlich übernull festgelegt, wobei 2 % als niedrig genug an-gesehen wurden, um die Vorteile von Preissta-bilität ausschöpfen zu können.

Der EZB-Rat stellte außerdem klar, dass Preis-stabilität mittelfristig gewährleistet werdenmüsse. Mit diesem Zusatz wird zum Ausdruckgebracht, dass die Geldpolitik nicht dazu geeig-net ist, auf kurze Sicht die Preisentwicklung zu

beeinflussen oder wirtschaftliche Entwicklun-gen feinzusteuern.

Am 8. Mai 2003 bestätigte der EZB-Rat seineDefinition von Preisstabilität, wobei er klar-stellte, dass er im Rahmen dieser Definition dasZiel verfolge, mittelfristig die Preissteigerungs-rate unter, aber nahe 2 % zu halten.

Bei seiner Quantifizierung der Preisstabilitätberücksichtigte der EZB-Rat erneut explizit so-wohl die Kosten einer inflationären Entwick-lung als auch mögliche Argumente, Inflation inmoderatem Ausmaß zu tolerieren.

Die mit Inflation einhergehenden Kosten sindhinreichend bekannt. Neueste Studien weisendarauf hin, dass diese selbst bei geringen Infla-tionsraten höher sein könnten als bislang ver-mutet. So verzerrt Inflation die Signalfunktionrelativer Preisänderungen und führt dazu, dassRessourcen nicht produktiv, sondern zur Absi-cherung der Anleger gegen Inflation eingesetztwerden. Überdies verstärkt Inflation die verzer-renden Effekte der Besteuerung und kann dieUnsicherheit und damit die Risikoprämien erhö-hen, wodurch die Kapitalakkumulation in derVolkswirtschaft erschwert wird. Unter dem Ge-sichtspunkt der Umverteilung vergrößert Infla-tion die Ungleichheit, weil sie gerade dieschwächsten Gruppen der Gesellschaft benach-teiligt, die sich am wenigsten gegen die Kosteneiner Preissteigerung absichern können. Abge-sehen von weiteren Überlegungen scheint vordiesem Hintergrund viel für Preisstabilität imeigentlichen Sinn zu sprechen.

Allerdings gibt es trotz der beträchtlichen Infla-tionskosten auch einige Argumente dafür, dassgeringfügig positive Inflationsraten durchauswünschenswert sein können. Das erste Argu-ment besteht darin, dass die Untergrenze dernominalen Zinssätze bei null liegt und ein De-flationsrisiko besteht. Dieses Problem ist dar-auf zurückzuführen, dass eine Zentralbank die

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17EZB

Jahresbericht2003

nominalen Zinssätze nicht auf einem Niveauvon unter null festsetzen kann. Jeder Versuch indiese Richtung wäre wohl zum Scheitern verur-teilt, da die Öffentlichkeit eher Bargeld, das kei-ne Rendite bringt, halten würde, als zu einernegativen Rendite Geld zu verleihen oder Einla-gen zu halten. In einer durch wiederholte nega-tive gesamtwirtschaftliche Nachfrageschocksausgelösten Deflationsphase ist eine Zentral-bank somit nur bedingt in der Lage, die realenZinssätze zu senken, um die Nachfrage zu stär-ken und damit einem deflationären Druck entge-genzuwirken. Zwar bleibt selbst bei einem Zins-satz von null ein gewisser Handlungsspielraumbestehen, es dürfte jedoch ratsam sein, eine Si-cherheitsmarge beizubehalten und eher eineniedrige, aber noch positive Inflationsrate alseine Nullinflation anzustreben.

Der zweite Grund für die Beibehaltung einergeringfügig positiven Inflationsrate hängt mitmöglichen Messfehlern beim Preisindex zusam-men, die z. B. daher rühren, dass die Preismess-größen unter Umständen nicht ausreichend umqualitative Veränderungen bereinigt wurden.Dies würde bedeuten, dass das gesteckte Zieleiner gemessenen Inflation von null sogar zuPreisrückgängen führen könnte. Das Ausmaßdes Messfehlers beim HVPI des Euroraums istzwar nicht eindeutig feststellbar, dürfte aberden vorliegenden Studien zufolge begrenzt sein.

Der dritte Grund dafür, niedrige positive Infla-tionsraten anzustreben, ergibt sich daraus, dassbei nominalen Rigiditäten nach unten eine posi-tive Änderungsrate des Preisniveaus die realeAnpassung der Wirtschaft an diverse Schockserleichtern könnte. Diese Rigiditäten könnendaher rühren, dass Beschäftigte und Produzen-ten nominale Lohn- und Preissenkungen nichtakzeptieren. Wenngleich die tatsächliche Be-deutung nominaler Rigiditäten nach untenschwer einzuschätzen ist und sich empirischbesonders für das Eurogebiet nicht eindeutignachweisen lässt, ist es von vorrangiger Bedeu-tung, dass Strukturreformen für eine größereFlexibilität der Güter- und Arbeitsmärkte sor-gen.

Eine weitere Überlegung, die dafür sprechenkönnte, auf mittlere Sicht eine niedrige positiveInflationsrate beizubehalten, hängt mit demProzess der realen Konvergenz zwischen hete-rogenen Regionen in einer Währungsunion zu-sammen. Ist die Konvergenz zwischen einzel-nen Regionen in Bezug auf Einkommen undProduktivität unvollständig, können sich struk-turelle regionale Inflationsunterschiede heraus-bilden, über die es zu einer Annäherung derPreis- (und Einkommens-)Niveaus der wenigerentwickelten Gebiete an jene der weiter entwi-ckelten Volkswirtschaften in der Währungsuni-on kommen kann. Vor diesem Hintergrund wur-de argumentiert, dass die Geldpolitik darauf ab-zielen sollte, die Inflation innerhalb dergesamten Währungsunion hoch genug zu hal-ten, damit nicht Regionen mit niedrigeren Infla-tionsraten die beträchtlichen Kosten für nomi-nale abwärtsgerichtete Rigiditäten tragen bzw.unter längeren Deflationsphasen leiden müssen.Diesen theoretisch durchaus fundierten Überle-gungen kann man in der Praxis mit einer Strate-gie Rechnung tragen, die darauf abzielt, die mit-telfristige Preissteigerungsrate nahe, aber unter2 % zu halten, wie dies vom EZB-Rat am 8. Maidargelegt wurde. Schließlich ist der derzeitigeGrad an Konvergenz im Euroraum relativ hochund stellt im Moment kein größeres Problemdar. Auch hinsichtlich des Beitrittsprozessesdürfte die Gesamtbedeutung dieses Effekts auf-grund des geringen Gewichts der Volkswirt-schaften der beitretenden Länder in einem er-weiterten Euro-Währungsgebiet künftig be-schränkt bleiben. Darüber hinaus müssen diebeitretenden Staaten zunächst die Konvergenz-kriterien erfüllen, um den Euro einführen zukönnen, d. h., sie müssen nachweisen, dass siein ausreichendem Maß und nachhaltig konver-giert haben und die für eine dauerhaft niedrigeInflationsrate erforderlichen Bedingungen er-füllen.

Außerdem bekräftigte der EZB-Rat die Zweck-mäßigkeit des HVPI-Gesamtindex als Maßstabfür die Preisstabilität. Dieser Index ist inner-halb der Euro-Länder harmonisiert und bildetdie Preisänderungen im Zeitverlauf anhand ei-nes repräsentativen Korbs von Konsumgütern

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18EZBJahresbericht2003

sehr genau ab. Er liefert damit eine glaubwür-dige und verlässliche Statistik, mit der die EZBihr Engagement für eine umfassende und effek-tive Absicherung gegen Kaufkraftverluste an-schaulich vermitteln kann.

Gelegentlich wird argumentiert, dass die Zen-tralbanken die Definition ihres vorrangigenZiels auf Messgrößen der so genannten Kernin-flation abstellen sollten. Diese bieten nützlicheAnalyseinstrumente, da sie die volatilerenKomponenten bzw. temporären Faktoren ausder Gesamtinflation herausfiltern und so grund-legende Trends der Preisentwicklung aufzeigenkönnen. Allerdings hätte die Verwendung derKerninflation zur Bestimmung von Preisstabili-tät aus geldpolitischer Sicht erhebliche Nach-teile, nicht zuletzt deshalb, weil darunter dieTransparenz leiden würde. Darüber hinaus wäredies ein relativ willkürlicher Parameter, da eskeine eindeutige, allgemein anerkannte Methodezur Bestimmung derartiger Messgrößen gibt.Jedenfalls ist mit der Ausrichtung der Definiti-on des Preisstabilitätsziels auf die Gesamtinfla-tion sowie mit der Ausrichtung der geldpoliti-schen Strategie auf die mittelfristige Ent-

wicklung sichergestellt, dass kurzfristige Preis-schwankungen nicht übermäßig stark in diegeldpolitische Beschlussfassung der EZB ein-bezogen werden. Die mittelfristige Ausrichtungder geldpolitischen Strategie der EZB gewähr-leistet, dass kurzfristige Preisvolatilitäten beider Entscheidungsfindung des EZB-Rats nichtausschlaggebend sind.

Insgesamt spiegelt der Beschluss des EZB-Ratsvom 8. Mai 2003 die positiven Erfahrungen mitder Quantifizierung des Preisstabilitätsziels derEZB wider und steht voll und ganz mit dem bis-herigen geldpolitischen Kurs in Einklang. Wieaus Abbildung 1 ersichtlich wird, sind die län-gerfristigen Inflationserwartungen seit Januar1999 fest auf einem Niveau verankert, das derDefinition von Preisstabilität entspricht; sie be-wegten sich dabei innerhalb einer Bandbreitevon 1,7 % bis 1,9 %. Dies ist bemerkenswert,wenn man die beträchtlichen negativen Preis-schocks, die das Eurogebiet bewältigen musste,berücksichtigt. Der festen Verankerung der In-flationserwartungen ist es zu verdanken, dasssich die Auswirkungen negativer Preisschocksauf die mittelfristige Preissteigerung in Gren-

Abbildung 1 Längerfr ist ige Inf lationserwartungen

(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Consensus Economics Forecasts, Survey of Professional Forecasters und EZB-Berechnungen.1) Bei den längerfristigen Inflationserwartungen handelt es sich um die Inflationserwartungen des Marktes über einen Zeithorizont vonsechs bis zehn Jahren. Bis Dezember 2002 wurden sie als gewichteter Durchschnitt der fünf größten Euro-Länder berechnet, derenAnteil am BIP des Euroraums über 80 % betrug.

HVPI-InflationLängerfristige Inflationserwartungen (Consensus Economics Forecasts)1)

Erwartete HVPI-Inflation in fünf Jahren (Survey of Professional Forecasters)Obergrenze der Definition von Preisstabilität

0,5

1,0

1,5

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Dritte Stufe der WWU

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004

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19EZB

Jahresbericht2003

zen halten; dadurch können auch mögliche mas-sive geldpolitische Reaktionen auf derartigeSchocks bzw. daraus resultierende uner-wünschte Produktionsschwankungen vermie-den werden.

DIE ANALYSE DER RISIKEN FÜR DIEPREISSTABILITÄTIm Oktober 1998 kündigte der EZB-Rat an,dass er sich bei der Aufbereitung, Bewertungund Gegenprüfung der Informationen, die fürdie Beurteilung der Risiken für die Preisstabili-tät relevant sind, auf zwei analytische Sichtwei-sen stützen werde, die in der Folge als die „zweiSäulen“ der geldpolitischen Strategie der EZBbekannt wurden. Dieser Ansatz soll gewähr-leisten, dass alle relevanten Informationen indie umfassende Beurteilung der Aussichten fürdie Preisstabilität einfließen. Im Rahmen einerder beiden Säulen, die der Geldmenge eine her-ausragende Rolle zuweist, wurde ein Referenz-wert für die Wachstumsrate eines weit gefasstenGeldmengenaggregats festgelegt, das mit derDefinition von Preisstabilität der EZB vereinbarist.

Am 8. Mai 2003 gab der EZB-Rat bekannt, dassseine geldpolitischen Entscheidungen auchweiterhin auf einer eingehenden Analyse derRisiken für die Preisstabilität auf der Grundlageder beiden Säulen beruhen werden, wobei diesenunmehr als „wirtschaftliche Analyse“ und„monetäre Analyse“ bezeichnet werden. DerEZB-Rat stellte fest, dass diese beiden Analy-seformen im Lauf der Zeit mit der zunehmendenVerfügbarkeit statistischer Daten zum Euro-raum und den fortlaufenden Verbesserungender technischen Hilfsmittel weiterentwickeltund vertieft worden seien und weiter ausgebautwürden.

Der EZB-Rat veranschaulichte außerdem, wiedie Erkenntnisse aus diesen komplementärenAnalyseansätzen in die Gesamtbeurteilung derRisiken für die Preisstabilität einfließen.Insbesondere wies er darauf hin, dass die mone-täre Analyse in erster Linie dazu diene, die sichaus der wirtschaftlichen Analyse ergebenden

kurz- bis mittelfristigen Hinweise aus mittel-bis langfristiger Sicht zu überprüfen.

Die wirtschaftliche Analyse konzentriert sichhauptsächlich auf die Beurteilung der aktuellenwirtschaftlichen und finanziellen Entwicklun-gen und der impliziten kurz- bis mittelfristigenRisiken für die Preisstabilität im Hinblick aufdas Zusammenspiel zwischen Angebot undNachfrage an den Güter-, Dienstleistungs- undFaktormärkten über diese Zeithorizonte. In die-sem Zusammenhang wird der NotwendigkeitRechnung getragen, die Art der konjunkturellenSchocks, ihren Einfluss auf die Kostenentwick-lung und die Preisgestaltung sowie die kurz- bismittelfristigen Aussichten für die Auswirkun-gen solcher Schocks in der Volkswirtschaftfestzustellen.

Allerdings ist die wirtschaftliche Analyse fürsich allein genommen weder in der Lage, dieWirkungsweise monetärer Faktoren über länge-re Zeithorizonte abzubilden noch die längerfris-tigen Trends bei den zugrunde liegenden Preis-entwicklungen aufzuzeigen. Umso wichtigerist, dass in die geldpolitische Beschlussfassungausdrücklich auch die aus dem mittelfristigenTrend des Geldmengenwachstums ablesbarenInformationen einfließen, da empirisch belegtist, dass diese eng mit der längerfristigen Preis-entwicklung zusammenhängen.

Der unbestrittene Zusammenhang zwischendem Geldmengenwachstum und der Inflationauf mittlere bis lange Sicht liefert der Geldpoli-tik einen festen und verlässlichen nominalenAnker, der über den Zeitraum, für dennormalerweise Inflationsprognosen auf Basisder üblichen makroökonomischen Modelle er-stellt werden, hinausgeht. In diesem Sinn stelltder Ansatz der EZB eine Verpflichtung dar, beider Reaktion auf die Wirtschaftsentwicklungden Bestimmungsfaktor für die längerfristigePreisentwicklung – also das Geldmengen-wachstum – nie außer Acht zu lassen.

Die EZB betrachtet das für die Beurteilung derPreisaussichten relevante Informationsspek-

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20EZBJahresbericht2003

Kasten 1

HINTERGRUNDSTUDIEN FÜR DIE ÜBERPRÜFUNG DER GELDPOLITISCHEN STRATEGIE DER EZB

Im Zusammenhang mit der Überprüfung der geldpolitischen Strategie der EZB durch den EZB-Rat im Winter und Frühjahr 2003 erstellten Experten des Eurosystems teilweise in Zusammen-arbeit mit externen Co-Autoren zehn Hintergrundstudien. Gegenstand der Untersuchungen wa-ren relevante technische Fragen, wie zum Beispiel auf welchem Preisindex die Strategie basie-ren soll, wie Preisstabilität definiert werden soll, die Indikatoreigenschaften derGeldmengenaggregate sowie die Stabilität der Geldnachfrage im Euroraum. Nach Bekanntgabedes Ergebnisses der Überprüfung der geldpolitischen Strategie am 8. Mai 2003 wurden dieseStudien zunächst auf der Website der EZB und im November 2003 in Buchform veröffentlicht.1

Was die Preisindex-Frage betrifft, so wurde in einer dieser Studien die Zweckmäßigkeit desHVPI als Messgröße für die Preisentwicklung im Eurogebiet grundsätzlich bestätigt. Gleichzei-tig wurde aber aufgezeigt, dass bei der Erstellung der HVPI-Statistiken noch Verbesserungenmöglich sind. Es ist insbesondere wichtig, dass die nationalen Indizes regelmäßig auf ein neuesBasisjahr umgestellt werden, um einerseits die Genauigkeit und Vergleichbarkeit des HVPI zugewährleisten und andererseits Verzerrungen durch Substitutionseffekte zu verringern. SolcheVerzerrungen entstehen, wenn in der Konstruktion des Preisindex nicht berücksichtigt wird,dass Konsumenten bei einem Preisanstieg bestimmter Güter unter Umständen auf billigere Wa-ren ausweichen, ohne dass sich ihr Nutzenniveau dadurch verändert.

Bei der Frage, wie die Preisstabilität definiert werden soll, geht es um die Art der Zielvorgabe– d. h. darum, ob eine rein qualitative Zielvorgabe oder eine quantitative Zielvorgabe und dabeiwiederum ein genauer Zielwert oder eine Bandbreite gewählt wird. Eine diesbezügliche Analysevon Umfragedaten zu den langfristigen Inflationserwartungen in 15 Industrieländern ergab,dass diese in den meisten Ländern fest verankert sind, dass sich aber aus der Art des Inflations-ziels offensichtlich keine Rückschlüsse auf die Stabilität der Inflationserwartungen ziehen las-sen.

In zwei weiteren Studien ging es um die Risiken einer anhaltenden Deflation bzw. einer Defla-tionsspirale und um die untere Grenze für nominale Zinssätze bei null Prozent. Wenngleicheinige mit Inflation einhergehende Kosten auch bei Deflation eintreten, gibt es spezifische undschwerwiegende Deflationseffekte, die dafür sprechen, aus Sicherheitsüberlegungen eine ge-ringfügig positive Inflation anzustreben. Auf der Basis von etwas voneinander abweichendentheoretischen Modellen kamen beide Studien zu dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit,dass nominale Zinssätze die Untergrenze von null erreichen, gering ist, wenn ein Inflationszielvon 1 % oder darüber angestrebt wird.

Die Entscheidung, der Geldmenge eine herausragende Rolle zuzuweisen, traf der EZB-Rat 1998aus der Überlegung heraus, dass Inflation ein mittel- bis langfristiges monetäres Phänomen ist.In diesem Zusammenhang wurden in einer der Hintergrundstudien verschiedenste theoretischeund empirische Untersuchungen analysiert. Das Resümee daraus ist, dass sich mit einer syste-matischen Überwachung der monetären Entwicklungen mögliche destabilisierende Schocks vieleher identifizieren lassen als mit einem Modell, das die Realwirtschaft nachbildet. Im Mittel-

1 Siehe EZB, Background Studies for the ECB’s Evaluation of its Monetary Policy Strategy, 2003.

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21EZB

Jahresbericht2003

punkt einer weiteren Studie standen Möglichkeiten, mithilfe der eng gefassten Geldmenge diePrognosegüte für das reale BIP zu verbessern. Dabei zeigte sich, dass sich im Euroraum –anders als in den Vereinigten Staaten – von der Geldmenge M1 bessere und zuverlässigerePrognosen ableiten lassen als von den Renditedifferenzen. Im Zuge einer weiteren Studie wur-den formale Tests zur kurz- und langfristigen Stabilität der Nachfrage nach der weit gefasstenGeldmenge im Eurogebiet durchgeführt. Demnach sind sowohl die langfristigen als auch diekurzfristigen Parameter der Geldnachfrage stabil. Schließlich wurde geprüft, warum im Euro-raum insgesamt die Nachfrage nach der weit gefassten Geldmenge stabiler ist als in den einzel-nen Ländern innerhalb und außerhalb des Euro-Währungsgebiets. Eine diesbezügliche Studiekam u. a. zu dem Ergebnis, dass sich die Aggregation der Geldnachfrage der einzelnen Euro-Länder positiv auf die Stabilität ausgewirkt hat.

trum in seiner vollen Bandbreite und weist dem-entsprechend die Indikatoren weder strikt derwirtschaftlichen noch der monetären Analysezu. Sie macht sich im Gegenteil konsequent dieKomplementarität der relevanten Informations-variablen zunutze.

Um die Rolle der monetären Analyse als Instru-ment zur Gegenprüfung der Öffentlichkeit ent-sprechend zu vermitteln, beschloss der EZB-Ratauch, die „Einleitenden Bemerkungen“ des Prä-sidenten bei den monatlichen Pressekonferen-zen der EZB zum Zweck der Klarstellung ihrergeldpolitischen Strategie neu zu strukturieren.

Um den längerfristigen Charakter des Referenz-werts für das Geldmengenwachstum als Richt-schnur für die Bewertung der monetären Ent-wicklung zu unterstreichen, hat der EZB-Rataußerdem entschieden, keine jährliche formaleÜberprüfung des Referenzwerts mehr vorzu-nehmen. Er beschloss allerdings auch, dass erdie Bedingungen und Annahmen, auf denen derReferenzwert basiert, weiterhin beurteilen undnotwendige Änderungen der zugrunde liegen-den Annahmen gegebenenfalls bekannt gebenwird.

SCHLUSSBEMERKUNGENMit den Ausführungen vom 8. Mai 2003 hat derEZB-Rat die geldpolitische Strategie der EZBklargestellt und bestätigt. Die Erklärung desEZB-Rats, eine Inflation von unter, aber nahe2 % anzustreben, entspricht voll und ganz derim Oktober 1998 bekannt gegebenen Definition

von Preisstabilität und stellt eine konsequenteFortsetzung des bisherigen geldpolitischenKurses dar. Gleichzeitig sollte durch die neustrukturierte Darstellung der geldpolitischenAnalyse bzw. ihrer beiden Säulen, nunmehr als„wirtschaftliche Analyse“ und „monetäre Ana-lyse“ bezeichnet, die Geldpolitik für die Öffent-lichkeit leichter nachvollziehbar sein.

1.2 LEITZINSEN DER EZB IM JAHR 2003 AUFHISTORISCH NIEDRIGEM NIVEAU

Das wirtschaftliche Umfeld, in dem die Geldpo-litik im Euroraum im ersten Halbjahr 2003durchgeführt wurde, war von beträchtlicherUnsicherheit geprägt. Grund hierfür waren diestarken geopolitischen Spannungen im NahenOsten und die damit verbundenen Ölpreis-schwankungen und Finanzmarktturbulenzen.Während das Wachstum des realen Bruttoin-landsprodukts (BIP) in der ersten Jahreshälftestagnierte, hellten sich die Konjunkturaussich-ten in den Sommermonaten nach Ende der mili-tärischen Auseinandersetzungen im Irak und ei-ner Normalisierung der Lage an den Finanz-märkten langsam wieder auf. Insgesamt erhöhtesich das reale BIP im Euro-Währungsgebiet imJahr 2003 um lediglich 0,4 %, ein enttäuschen-des Ergebnis, wenn man bedenkt, dass das BIPmit Jahreswachstumsraten von 1,6 % bzw.0,9 % bereits 2001 und 2002 hinter dem Poten-zialwachstum zurückgeblieben war.

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22EZBJahresbericht2003

Trotz des schwachen Wirtschaftswachstumsverlangsamte sich die Teuerungsrate nach demHarmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI)nur geringfügig von durchschnittlich 2,3 % inden Jahren 2001 und 2002 auf 2,1 % im Jahr2003 und blieb damit knapp über der Obergren-ze der von der EZB festgelegten Definition vonPreisstabilität. Allerdings dürften die weiterhinverhaltene Konjunkturentwicklung und diemerkliche Aufwertung des Euro im Jahr 2003den Inflationsdruck mittelfristig verringern.

In Übereinstimmung mit der geldpolitischenStrategie der EZB überprüfte der EZB-Rat diesich aus der wirtschaftlichen Analyse ergeben-den Hinweise auf Preisstabilitätsrisiken anhandder entsprechenden Indikatoren aus der monetä-ren Analyse. Angesichts der vergleichsweiseschwachen Konjunktur und des gemäßigtenKreditwachstums wurden dabei die Inflationsri-siken als gering eingestuft, wenngleich dasGeldmengenwachstum – teilweise aufgrund vonPortfolioumschichtungen – 2003 weiterhinhoch war und sich seit Mitte 2001 eine erheb-liche Überschussliquidität aufgebaut hat.

Der EZB-Rat senkte die Leitzinsen im März undJuni 2003 um 25 bzw. 50 Basispunkte. DieseBeschlüsse, denen im Dezember 2002 eine Her-absetzung der Leitzinsen um 50 Basispunktevorausgegangen war, spiegelten die im erstenHalbjahr vorherrschende Gesamteinschätzungwider, dass sich der Inflationsdruck mittelfris-tig abschwächen würde. Der Mindestbietungs-satz bei den Hauptrefinanzierungsgeschäftenerreichte damit den historischen Tiefstand von2,0 %, und die Zinssätze für die Spitzenrefinan-zierungsfazilität und die Einlagefaziliät lagenbei 3,0 % bzw. 1,0 % (siehe Abbildung 2). Imzweiten Halbjahr 2003 blieben diese Zinssätzeunverändert, da sie nach Ansicht des EZB-Ratsmit der Gewährleistung von Preisstabilität ver-einbar waren.

Betrachtet man die geldpolitischen Beschlüsseim Jahr 2003 näher, so stützten die Konjunk-turdaten in den ersten Monaten zunehmenddie Auffassung, dass sich das Wirtschafts-wachstum weiterhin verhalten entwickeln undschwächer ausfallen würde, als noch Ende 2002erwartet worden war. Die gestiegenen geopoli-

Abbildung 2 EZB-Zinssätze und Tagesgeldsatz

(in % p.a., Tageswerte)

Quelle: EZB.Anmerkung: Der Hauptrefinanzierungssatz ist der Satz, der bis zum 28. Juni 2000 für Mengentender angewandt wurde. Seither entsprichtdieser Zinssatz dem bei Zinstendern angewandten Mindestbietungssatz.

SpitzenrefinanzierungssatzEinlagesatzHauptrefinanzierungs-/MindestbietungssatzTagesgeldsatz (EONIA)Marginaler Zuteilungssatz bei den Hauptrefinanzierungsgeschäften

1999 2000 2001 2002 20030,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

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23EZB

Jahresbericht2003

tischen Spannungen im Nahen Osten nährtendie Unsicherheit hinsichtlich der Konjunktur-aussichten, führten zu einer spürbaren Erhö-hung der Ölpreise und trugen zu einer stärkerenVolatilität an den Finanzmärkten bei. Wenn-gleich das wahrscheinlichste Szenario von einerallmählichen Erholung des realen BIP-Wachs-tums ab dem zweiten Halbjahr 2003 ausging,erwartete man vor diesem Hintergrund in zu-nehmendem Maß, dass die Risiken nach untengerichtet sein würden. Die in wichtigen Wirt-schaftsräumen außerhalb des Eurogebiets ent-standenen gesamtwirtschaftlichen Ungleichge-wichte trugen zur Unsicherheit bezüglich derweltweiten Erholung bei.

Die Teuerungsrate nach dem HVPI verharrteAnfang 2003 über 2 %, da steigende Ölpreisesowie höhere indirekte Steuern und adminis-trierte Preise einen gewissen Aufwärtsdruckausübten. Anlass zur Sorge im Hinblick auf diemittelfristigen Aussichten für die Preisstabilitätgab die Tatsache, dass die Jahreswachstumsra-ten der weniger volatilen Komponenten desHVPI trotz des gedämpften Wirtschaftswachs-tums nach wie vor relativ hoch waren und dieNominallohnsteigerungen trotz gestiegener Ar-beitslosigkeit und niedrigem Produktivitäts-wachstum auch weiter auf einem verhältnismä-ßig hohen Niveau verharrten.

Insgesamt deutete die wirtschaftliche AnalyseAnfang 2003 allerdings darauf hin, dass einRückgang der Inflation und schließlich eineStabilisierung auf einem Niveau von mittelfris-tig unter 2 % am wahrscheinlichsten waren. Dasanhaltend schwache Wirtschaftswachstum wur-de verstärkt als ein Faktor gesehen, derletztendlich die möglichen Aufwärtsrisiken fürdie Preisstabilität durch seine Auswirkungenauf die Lohn- und Preisbildung begrenzen wür-de. Überdies wurde davon ausgegangen, dassdie Aufwertung des Euro seit Frühjahr 2002nach und nach die Verbraucherpreisinflationdämpfen würde.

Anfang 2003 war das Geldmengenwachstumnach wie vor hoch. Verantwortlich hierfür waru. a. die große Unsicherheit über die Konjunk-

tur- und Finanzmarktentwicklung, die weiterhindazu führte, dass Portfolioumschichtungen zu-gunsten von in M3 enthaltenen liquiden Anla-geformen vorgenommen wurden und aus Vor-sichtsgründen vermehrt gespart wurde. Daherwurden die Inflationsrisiken im Zusammenhangmit der monetären Entwicklung als gering ein-geschätzt. Gestützt wurde diese Ansicht durchdie anhaltend niedrige Wachstumsrate der Kre-ditvergabe an den privaten Sektor, insbesonderean nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften.

Insgesamt ging der EZB-Rat davon aus, dassdie Faktoren, die sich dämpfend auf die mittel-fristige Inflation auswirken, fortbestehen wür-den. Er beschloss daher am 6. März 2003, dieLeitzinsen der EZB um 25 Basispunkte zu sen-ken, wodurch der Mindestbietungssatz bei denHauptrefinanzierungsgeschäften auf 2,5 % fiel.

Im zweiten Quartal 2003 wurde immer deutli-cher, dass das reale Wirtschaftswachstumschwach und das Szenario einer Erholungweiterhin mit Abwärtsrisiken behaftet war. Diemöglichen Auswirkungen der Kriegshand-lungen im Irak waren anfangs schwer einzu-schätzen. Trotz der im Verlauf des Frühjahrsnachlassenden geopolitischen Spannungenwurde allmählich klar, dass in naher Zukunftnicht mit einer spürbaren Belebung des Ver-trauens und der Konjunktur zu rechnen war.Bedenken bezüglich der Auswirkungen derSARS-Epidemie trübten zudem die Aussichtenfür das Wirtschaftswachstum in Ostasien.Darüber hinaus bestanden weitere Abwärtsrisi-ken hinsichtlich der Ungleichgewichte, die sichin der Vergangenheit außerhalb des Eurogebietsgebildet hatten; die gleiche Wirkung hatte dieUnsicherheit über das Ausmaß weiterer Anpas-sungen, die nach einem längeren verhaltenenWirtschaftswachstum und dem Aktienkursver-fall für eine Produktivitäts- und Rentabilitäts-steigerung im Unternehmenssektor des Euro-raums erforderlich waren.

Die Ölpreise gingen zurück, nachdem die Unsi-cherheit bezüglich des Ausgangs der militä-rischen Auseinandersetzungen im Irak nachge-lassen hatte. Mit Blick auf die Wirtschaftslage

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24EZBJahresbericht2003

und die anhaltende Aufwertung des Euro gab esim Juni 2003 die begründete Hoffnung, dass diejährliche HVPI-Inflation mittelfristig deutlichunter 2 % sinken würde. Diese Gesamtaussich-ten für die Inflation finden sich auch in den vonExperten des Eurosystems erstellten gesamtwirt-schaftlichen Projektionen vom Juni 2003 und inden im zweiten Quartal 2003 erstellten Progno-sen anderer internationaler Institutionen wieder.

Die Gegenprüfung der wirtschaftlichen Analy-se anhand der monetären Analyse ergab, dassdas kräftige Wachstum von M3 offensichtlichverstärkt mit den niedrigen Zinsen zusammen-hing; darauf deutete das spürbare Wachstum derliquidesten Komponenten von M3 hin. Daallerdings der Aufbau der Überschussliquiditätnicht zuletzt auf Portfolioumschichtungen undVorsichtsmotive zurückzuführen war, wurdedie monetäre Situation insgesamt – zumindest inZeiten eines schwachen Wirtschaftswachstums– als weniger bedenklich für die mittelfristigePreisentwicklung angesehen.

Vor diesem Hintergrund beschloss der EZB-Ratam 5. Juni 2003, die Leitzinsen um 50 Basis-punkte zu senken. Dies entsprach dem Ziel, dieInflationsraten mittelfristig unter, aber nahe bei2 % zu halten, und stellte ein gewisses Gegen-gewicht zu den verschiedenen wachstumshem-menden Faktoren dar.

Im zweiten Halbjahr 2003 festigte sich derKonjunkturoptimismus im Euroraum zuerst undverstärkte sich dann nach und nach vor demHintergrund von Anzeichen einer globalenKonjunkturerholung. Die Unsicherheit an denAktienmärkten ging deutlich zurück und trug zueinem Anstieg der Aktienkurse, der im zweitenQuartal eingesetzt hatte, bei. In diesem Zusam-menhang wurde ein allmählicher Konjunktur-aufschwung im zweiten Halbjahr 2003, der imJahr 2004 an Fahrt gewinnt, wahrscheinlicher.

Die Erholung der weltweiten Nachfrage war dieHauptursache für das starke Exportwachstumim Euroraum; sie glich den Verlust an internati-onaler preislicher Wettbewerbsfähigkeit infolgeder merklichen Aufwertung des Euro seit An-

fang 2002 aus. So stiegen die Exporte des Euro-gebiets im zweiten Halbjahr 2003 erheblich an,nachdem sie im ersten Halbjahr 2003 rückläufiggewesen waren. Die Inlandsnachfrage blieb imzweiten Halbjahr 2003 moderat. Allerdingsging man davon aus, dass sich die niedrigenZinssätze und die allgemein günstigen Finanzie-rungsbedingungen sowie positive Terms-of-Trade-Effekte aus der Aufwertung des Eurogünstig auf die private Nachfrage auswirkten.Außerdem stützten die anhaltenden Umstruktu-rierungen im Unternehmenssektor mit dem Zieleiner Produktivitäts- und Rentabilitätssteige-rung die Erwartung, dass die Unternehmen nachund nach wieder stärker investieren würden.Insgesamt deuteten alle verfügbaren Prognosenund Projektionen, die in der zweiten Jahreshälf-te 2003 erstellt wurden, darunter die im Dezem-ber veröffentlichten gesamtwirtschaftlichen Pro-jektionen von Experten des Eurosystems, aufeine fortlaufende Verbesserung des realen BIP-Wachstums in den Jahren 2004 und 2005 hin.

Die kurzfristigen Abwärtsrisiken für diesesSzenario einer allmählichen Konjunkturerho-lung nahmen im zweiten Halbjahr 2003 ab,sodass der EZB-Rat sie Ende 2003 als aus-gewogen beurteilte. Längerfristig betrachtetbestand jedoch nach wie vor Unsicherheit imZusammenhang mit den in einigen Regionen derWelt fortbestehenden außenwirtschaftlichenUngleichgewichten und ihren potenziellen Aus-wirkungen auf die Nachhaltigkeit des globalenWachstums.

Was die Preisentwicklung betrifft, so fiel diejährliche Teuerungsrate nach dem HVPI imzweiten Halbjahr 2003 nicht so schnell unddeutlich wie ursprünglich erwartet. Grundhierfür waren ungünstige Entwicklungen beiden Nahrungsmittelpreisen sowie die Ölpreise,die nach dem Irak-Krieg spürbar höher warenals angenommen; allerdings wurden die Aus-wirkungen der gestiegenen Ölpreise durch dieAufwertung des Euro gedämpft. Überdies wirk-ten Erhöhungen der indirekten Steuern und ad-ministrierten Preise Ende 2003 und Anfang2004 preistreibend. Im Januar 2004 lag die In-flationsrate nach dem HVPI bei 1,9 %.

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25EZB

Jahresbericht2003

Dennoch beurteilte der EZB-Rat die Aussichtenfür die Preisstabilität im zweiten Halbjahr 2003und Anfang 2004 auch über die kurze Sicht hin-aus als günstig. Da erwartet wurde, dass sichdie Konjunktur nur allmählich erholen würde,ging man davon aus, dass eine gemäßigte Lohn-entwicklung in Verbindung mit einem konjunk-turbedingten Produktivitätsanstieg das Wachs-tum der Lohnstückkosten in Grenzen haltenwürde. Darüber hinaus nahm man an, dass dieerneute und deutliche Aufwertung des Euroweiterhin zu moderaten Importpreisen beitragenwürde, was sich sowohl direkt als auch indirektin einer niedrigeren Verbraucherpreisinflationniederschlagen würde. Der Euro wertete im Jahr2003 de facto nominal effektiv um rund 11 %auf. Gleichzeitig räumte der EZB-Rat ein, dassdie Aussichten für die Preisstabilität Ende 2003und Anfang 2004, von denen er in seiner Ein-schätzung ausging, von einer Reihe von Annah-men, nicht zuletzt vom Wachstum der Welt-wirtschaft, von den Ölpreisen, den Wechselkur-sen, der Lohnentwicklung und fiskalischenMaßnahmen abhingen. Darüber hinaus war derEZB-Rat der Ansicht, dass die Anzeichen stei-gender langfristiger Inflationserwartungen anden Anleihemärkten genau verfolgt werdenmüssen. Bei den monetären Entwicklungen warim zweiten Halbjahr 2003 nur eine allmählicheVerlangsamung des M3-Wachstums zu ver-zeichnen. Dies wies auf verhältnismäßig lang-same Portfolioumschichtungen von monetärenAktiva zu längerfristigen, nicht in M3 enthalte-nen Finanzanlagen hin. Ferner trug das niedrigeZinsniveau zum anhaltend starken Wachstumder sehr liquiden Anlagen bei. Gleichzeitigstieg die Jahreswachstumsrate der Kreditverga-be an den privaten Sektor im zweiten Halbjahr2003 an.

Anfang 2004 war im Euroraum immer nochdeutlich mehr Liquidität vorhanden, als zur Fi-nanzierung eines inflationsfreien Wirtschafts-wachstums erforderlich war. Der EZB-Ratbetonte, dass die Frage, ob die aufgebauteÜberschussliquidität auf mittlere Sicht zu infla-tionären Spannungen führen wird, sehr starkdavon abhinge, inwieweit Portfolioumschich-tungen wieder rückgängig gemacht werden und

wie kräftig das Wirtschaftswachstum künftigausfallen werde. Sollte der Liquiditätsüber-schuss tatsächlich bestehen bleiben, könnte diesauf mittlere Sicht inflationstreibend wirken. Indiesem Zusammenhang wies der EZB-Rat dar-auf hin, dass die Geldmengenentwicklung ge-nau beobachtet werden müsse.

Insgesamt beurteilte der EZB-Rat in der zweitenJahreshälfte 2003 und Anfang 2004 den geld-politischen Kurs als für die Wahrung von Preis-stabilität auf mittlere Sicht angemessen. Daherwurden die Leitzinsen der EZB in diesem Zeit-raum nicht geändert. Gleichzeitig stellte derEZB-Rat fest, dass er auch weiterhin alle Ent-wicklungen, die seine Beurteilung der Risikenfür die mittelfristige Preisstabilität beeinflussenkönnten, genau beobachten werde.

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26EZBJahresbericht2003

2 MONE T ÄR E , F I N AN Z I E L L E UND W I RT S CHA F T-L I CH E EN TW I CK LUNGEN

2 Die nominale Geldlücke entspricht der Differenz zwischen dertatsächlichen Geldmenge M3 und einem Geldbestand M3, der sichaus einem M3-Wachstum gemäß dem Referenzwert (4½ %) seitDezember 1998 (Basisperiode) ergeben hätte. Die reale Geldlü-cke gibt die Differenz zwischen der mit dem HVPI deflationiertentatsächlichen Geldmenge M3 und dem deflationierten Geldbe-stand M3 wieder, der sich bei einem konstanten nominalen M3-Wachstum gemäß dem Referenzwert (4½ %) und einer mit der Preis-stabilitätsdefinition der EZB konformen Teuerung nach dem HVPIergeben hätte – gleichfalls mit Dezember 1998 als Basismonat.

3 Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Basisperiode relativwillkürlich gewählt ist. Bei der Interpretation der Höhe dieserMessgrößen ist daher Vorsicht geboten.

Abbildung 3 M3-Wachstum und der Refe-renzwert

(Veränderung gegen Vorjahr in %; bereinigt um Saison- undKalendereffekte)

Quelle: EZB.

2.1 MONETÄRE UND FINANZIELLE ENTWICK-LUNGEN

M3-WACHSTUM WEITERHIN HOCHDas seit Mitte 2001 tendenziell hohe Geldmen-genwachstum im Euroraum setzte sich im Jahr2003 fort. Die durchschnittliche Jahreswachs-tumsrate des weit gefassten Geldmengenaggre-gats M3 erhöhte sich sogar noch weiter auf8,0 %, nachdem sie 2001 bei 5,4 % und 2002bei 7,2 % gelegen hatte. Allerdings war im ers-ten und zweiten Halbjahr eine gegenläufige Ent-wicklung festzustellen. In den ersten beidenQuartalen beschleunigte sich das Jahreswachs-tum von M3 weiter und erreichte im zweitenVierteljahr mit 8,5 % einen Höchststand. Da-nach verlangsamte es sich etwas und beliefsich im vierten Quartal auf 7,6 % (siehe Abbil-dung 3).

Die kontinuierliche Zunahme des M3-Wachs-tums in der ersten Jahreshälfte 2003 ist zumGroßteil auf eine ausgeprägte Liquiditätspräfe-renz der Anleger im Eurogebiet zurückzufüh-ren. Ursächlich hierfür waren die hohe Unsi-cherheit an den Finanzmärkten, die geopoliti-schen Spannungen, die zu dieser Zeit nochrelativ unsicheren Konjunktur- und Beschäfti-gungsaussichten sowie eine verhältnismäßigflache Zinsstrukturkurve. Darüber hinaus wur-de das monetäre Wachstum von den niedrigenZinssätzen begünstigt.

Im zweiten Halbjahr 2003 schwächte sich dasGeldmengenwachstum nur leicht ab. Trotz derverbesserten Finanzmarktbedingungen undWirtschaftssaussichten begannen die Wirt-schaftsteilnehmer nur langsam, Kapital wiederlängerfristig anzulegen und Ersparnisse („Vor-sichtskasse“) abzubauen. Überdies trug dasniedrige Zinsniveau nach wie vor zum Geld-mengenwachstum bei.

Durch das kräftige M3-Wachstum seit Mitte2001 wurde im Euro-Währungsgebiet erheblichmehr Liquidität aufgebaut, als zur Finanzierungeines inflationsfreien Wirtschaftswachstums er-forderlich gewesen wäre. Dies zeigt sich imdeutlichen Anstieg der Messgrößen der Geldlü-

cke (siehe Abbildung 4), welche die kumulativeAbweichung des M3-Wachstums vom Refe-renzwert seit Anfang 1999 darstellen.2 Sowohldie nominale als auch die reale Geldlücke nah-men im Jahr 2003 weiter stark zu und erreichtenim vierten Quartal den höchsten Stand seit Be-ginn der dritten Stufe der WWU.3

Die liquidesten, d. h. die im eng gefassten Geld-mengenaggregat M1 enthaltenen Komponenten,trugen am meisten zum anhaltend hohen Geld-mengenwachstum im Berichtsjahr bei (siehe Ta-belle 1). Im Einzelnen war der kontinuierlichhohe Anstieg des Bargeldumlaufs gegenüberdem Vorjahr darauf zurückzuführen, dass An-sässige innerhalb und außerhalb des Euroraumsihre Geldbestände 2003 weiter aufbauten. Da-

M3 (zentrierter gleitender Dreimonatsdurchschnitt der Jahreswachstumsrate)M3 (Jahreswachstumsrate)Referenzwert (41/2 %)

1999 2000 2001 2002 2003 2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0

10,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0

10,0

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27EZB

Jahresbericht2003

Abbildung 4 Schätzung der nominalen undrealen Geldlücke

(in % des M3-Bestands; zentrierter gleitender Dreimonats-durchschnitt)

Quelle: EZB.Anmerkung: Einzelheiten finden sich in Fußnote 2 im Haupttext.

2002 2003 2002 2003 2003 2003 2003 2004Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Jan.

M1 7,6 11,0 8,8 10,1 11,3 11,5 11,2 11,2Bargeldumlauf -11,8 32,2 12,9 39,1 35,7 29,6 26,2 25,0Täglich fällige Einlagen 10,9 8,2 8,2 6,6 8,1 8,9 9,1 9,1

M2–M1 (= sonstige kurzfristige Einlagen) 5,7 5,0 4,8 4,3 5,5 5,7 4,7 3,7Einlagen mit vereinbarter Laufzeitvon bis zu 2 Jahren 2,3 -1,0 1,5 0,4 0,0 -1,5 -3,2 -3,7Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfristvon bis zu 3 Monaten 8,5 9,9 7,6 7,5 9,9 11,4 10,9 9,4

M2 6,6 8,0 6,7 7,1 8,3 8,5 7,9 7,4M3–M2 (= marktfähige Finanzinstrumente) 11,3 8,4 8,5 10,5 9,8 7,4 6,0 1,1M3 7,2 8,0 7,0 7,6 8,5 8,3 7,6 6,4

Kredite an Nicht-MFIs im Euroraum 4,5 5,1 4,1 4,2 4,8 5,4 5,9 5,9Kredite an öffentliche Haushalte 1,6 4,3 2,0 2,1 3,5 4,9 6,6 6,2

Buchkredite an öffentliche Haushalte -1,0 0,2 -1,2 -1,2 -0,4 1,0 1,5 1,4Kredite an den privaten Sektor 5,3 5,3 4,7 4,8 5,1 5,5 5,7 5,8

Buchkredite an den privaten Sektor 5,3 5,0 4,8 5,0 4,6 4,9 5,3 5,5Längerfristige finanzielle Verbindlichkeiten(ohne Kapital und Rücklagen) 4,4 5,6 5,2 5,1 5,2 5,6 6,4 7,1

Tabel le 1 Tabel larische Übersicht über monetäre Variablen

(Veränderung gegen Vorjahr in %; die Jahres- und Quartalszahlen sind Durchschnittswerte; um Saison- und Kalendereffekte bereinigt)

Quelle: EZB.

mit erreichte der Bargeldumlauf schließlich imzweiten Halbjahr ein Niveau, das dem langfris-tigen Trend vor der Bargeldumstellung ent-sprach. Das Wachstum der täglich fälligen Ein-lagen war 2003 ebenfalls hoch; darin spiegeltensich die niedrigen Opportunitätskosten für die

Haltung derartiger Einlagen und – zu Beginndes Jahres – ein Klima hoher Unsicherheit wi-der.

Die Jahreswachstumsrate der kurzfristigen Ein-lagen insgesamt (ohne täglich fällige Einlagen)blieb im Jahr 2003 mit durchschnittlich 5,0 %weitgehend unverändert. Zwar ging die Haltungkurzfristiger Termineinlagen (d. h. Einlagen miteiner vereinbarten Laufzeit von bis zu zwei Jah-ren) zurück, doch wurde der Bestand an kurz-fristigen Spareinlagen (d. h. Einlagen mit einervereinbarten Kündigungsfrist von bis zu dreiMonaten) im Gegenzug erheblich ausgeweitet,nachdem sich der normalerweise positive Ab-stand zwischen den Zinssätzen der MFIs fürderartige Einlagen im ersten Halbjahr allmäh-lich verringerte.

Die jährliche Zuwachsrate der marktfähigen Fi-nanzinstrumente sank 2003 auf 8,4 %, nach11,3 % im Vorjahr. Dieser Rückgang, der sichvor allem im zweiten Halbjahr 2003 vollzog,lässt darauf schließen, dass sichere, in M3 er-fasste kurzfristige Anlagen angesichts der ab-nehmenden Unsicherheit an den Finanzmärktenund der steiler werdenden Zinsstrukturkurveallmählich wieder an Attraktivität verloren.

Reale GeldlückeNominale Geldlücke

1999 2000 2001 2002 2003 -2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

-2,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

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28EZBJahresbericht2003

Abbildung 5 Entwicklung der Geldmenge M3und ihrer Gegenposten

(Veränderung gegen Vorjahr; Stand am Ende des Berichts-zeitraums; Mrd €; um Saison- und Kalendereffekte bereinigt)

Quelle: EZB.M3 = (1)+(2)+(3)-(4)+(5)

Im Januar 2004 ging das jährliche M3-Wachs-tum weiter auf 6,4 % zurück. Dies ist ein weite-res Indiz dafür, dass die Anleger des Euroraumsihre Portfolios allmählich zugunsten längerfris-tiger und risikoreicherer Anlageformen um-schichteten, die nicht in M3 enthalten sind.Gleichzeitig führte das niedrige Zinsniveauweiterhin zu einer gestiegenen Nachfrage nachmonetären Anlagen.

WACHSTUM DER MFI-KREDITE AN DEN PRIVATENSEKTOR GESTIEGENAbbildung 5 gibt einen Überblick über die jähr-liche Veränderung der Geldmenge M3 und ihrerGegenposten in der konsolidierten Bilanz desMFI-Sektors. Die Beschleunigung des M3-Wachstums im ersten Halbjahr 2003 war haupt-sächlich auf den jährlichen Anstieg der Netto-forderungen des MFI-Sektors im Euroraum ge-genüber Ansässigen außerhalb des Eurogebietsund das höhere Wachstum der Gesamtkreditver-gabe der MFIs an Gebietsansässige zurückzu-führen, während der Zuwachs der längerfristi-gen finanziellen Verbindlichkeiten der MFIs(ohne Kapital und Rücklagen) in diesem Zeit-raum weitgehend unverändert blieb. Die Ab-schwächung des M3-Wachstums im zweitenHalbjahr 2003 ging mit einem stärkeren Wachs-tum der längerfristigen finanziellen Verbind-lichkeiten der MFIs (ohne Kapital und Rückla-gen) und einem rückläufigen Wachstum derNettoforderungen des MFI-Sektors gegenüberGebietsfremden einher. Angesichts des steile-ren Verlaufs der Zinsstrukturkurve und dernachlassenden finanziellen Unsicherheit began-nen Anleger offensichtlich, wieder verstärkt inlängerfristige inländische und ausländische An-lagen zu investieren. Allerdings stieg dasWachstum der Gesamtkreditvergabe der MFIsan Gebietsansässige weiter an.

Bei näherer Betrachtung der Kreditentwicklungzeigt sich, dass die Jahreswachstumsrate derMFI-Kredite an Ansässige im Euroraum von4,1 % im vierten Quartal 2002 auf 5,9 % imSchlussquartal 2003 stieg. Dieser Anstieg isteinem erhöhten Finanzierungsbedarf sowohldes privaten als auch des öffentlichen Sektorszuzuschreiben.

Die zwischen Mitte 2000 und Ende 2002 rück-läufige Jahreswachstumsrate der Buchkrediteder MFIs an den privaten Sektor (die 87 % derKreditvergabe an den privaten Sektor ausmach-ten) war im ersten Halbjahr 2003 relativ stabilund stieg in der zweiten Jahreshälfte an. Be-sonders im ersten Halbjahr dürfte die schwacheKonjunktur die Auswirkungen der niedrigenBankzinsen im Eurogebiet ausgeglichen haben.Als sich in der Folge die Wirtschaftsaussichtenverbesserten, nahm die Kreditnachfrage etwas zu.

Langfristig lag die durchschnittliche Jahres-wachstumsrate der Buchkreditvergabe an denprivaten Sektor im Jahr 2003 real rund 1¼ Pro-zentpunkte unter dem langjährigen Durchschnittseit 1980. Verglichen mit der Entwicklung infrüheren konjunkturschwachen Phasen fiel dasKreditwachstum im Berichtsjahr allerdings re-lativ kräftig aus, was sich durch die strukturellniedrigeren Zinssätze seit der Einführung desEuro erklären lässt.

Im Jahr 2003 führte die EZB eine vierteljährli-che Umfrage zum Kreditgeschäft im Euro-Wäh-

M3 Kredite an den privaten

Sektor (1)

Kredite an öffentliche Haushalte

(2)

Netto- forderungen gegenüber Ansässigen

außerhalb des Euroraums

(3)

Länger- fristige

finanzielle Verbindlich- keiten (ohne Kapital und Rücklagen)

(4)

Sonstige Gegenposten

(einschließlich Kapital und Rücklagen)

(5)

HJ2 2003HJ1 2003HJ2 2002HJ1 2002HJ2 2001

-200

-100

0

100

200

300

400

500

-200

-100

0

100

200

300

400

500

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29EZB

Jahresbericht2003

rungsgebiet ein. Die Umfrage liefert Daten zuden Angebots- und Nachfragebedingungen anden Kreditmärkten im Eurogebiet und soll ande-re Statistiken über Zinssätze und Kredite derMFIs ergänzen.4 Anfang 2003 meldete fast dieHälfte der teilnehmenden Banken eine Ver-schärfung ihrer Finanzierungsbedingungen beiUnternehmenskrediten. Im Jahresverlauf wurdediese Gruppe allerdings immer kleiner, was aufeine gewisse Stabilisierung der Kreditkonditi-onen im Eurogebiet hindeutet. Bei den Kreditenan private Haushalte meldeten im Verlauf desJahres hingegen nach wie vor nur wenige Ban-ken eine Verschärfung der Kreditrichtlinien,was zu der relativ kräftigen Ausweitung desKreditvolumens (insbesondere der Wohnungs-baukredite) im Jahr 2003 beigetragen habendürfte.

Die Kreditvergabe an die öffentlichen Haushal-te weitete sich 2003 deutlich aus, was auf den –überwiegend konjunkturbedingten – Anstiegder Haushaltsdefizite zurückzuführen war.

WEITERHIN REICHLICHE LIQUIDITÄTS-AUSSTATTUNGInsgesamt war das jährliche Wachstum von M3trotz des leichten Rückgangs im zweiten Halb-jahr 2003 weiterhin hoch. Dies hatte zur Folge,dass im Eurogebiet mehr Liquidität verfügbarwar, als zur Finanzierung eines inflationsfreienWirtschaftswachstums erforderlich. Damit ver-bundene Inflationsrisiken wurden allerdings alsgering angesehen, da der Liquiditätsüberschusshauptsächlich von früheren Portfolioumschich-tungen herrührte und die Konjunktur weiterhinschwach war. Diese Einschätzung wurde durchdie im Berichtsjahr relativ moderate Zuwachsra-te der Kreditvergabe der MFIs an den privatenSektor zusätzlich gestützt.

Werden frühere Portfolioumschichtungen künf-tig nicht verstärkt rückgängig gemacht, bestehtbei einem deutlichen Konjunkturaufschwungdas Risiko, dass die Überschussliquidität mit-telfristig zu höheren Ausgaben und damit zu In-flationsdruck führt. Aus diesem Grund hat derEZB-Rat wiederholt betont, dass die monetäreEntwicklung genau beobachtet werden müsse.

STEIGENDE EMISSION VON SCHULD-VERSCHREIBUNGENIm Jahr 2003 verzeichnete der Markt für vonAnsässigen im Euroraum begebene Schuldver-schreibungen ein etwas stärkeres Wachstum alsim Vorjahr. Die Vorjahrsrate des Umlaufs anSchuldverschreibungen erhöhte sich auf 7,3 %Ende 2003, gegenüber 6,3 % Ende 2002. DieseDynamik wurde hauptsächlich von der Ent-wicklung am Markt für langfristige Schuldver-schreibungen getragen, auf den am Ende desBerichtsjahrs 90,5 % des Gesamtumlaufs anSchuldverschreibungen von Ansässigen im Eu-rogebiet entfielen. Der Bruttoabsatz von Euro-Schuldverschreibungen durch Gebietsansässigebelief sich 2003 auf 94 % der Emissionen inallen Währungen zusammengenommen. Auchfür internationale Emittenten war der Euroweiterhin eine attraktive Währung; der Umlaufvon auf Euro lautenden Schuldverschreibungenvon Gebietsfremden erhöhte sich 2003 um17,4 %, verglichen mit 12,9 % im Jahr 2002.

Im Hinblick auf die gebietsansässigen Emitten-ten zeigt sich, dass die Jahreswachstumsrate dervon den öffentlichen Haushalten begebenenSchuldverschreibungen von 5,0 % Ende 2002auf 5,5 % Ende 2003 anstieg (siehe Abbil-dung 6). Dies hing in erster Linie mit der Zu-nahme der Emissionstätigkeit der Zentralstaatenvon 4,1 % Ende 2002 auf 4,7 % Ende 2003 zu-sammen. Hingegen sank die jährliche Zuwachs-rate der Emission von Schuldverschreibungendurch die sonstigen öffentlichen Haushalte, zudenen hauptsächlich Länder und Gemeindenzählen, auf 21,9 % Ende 2003 (nach 28,0 %Ende 2002). Die verhältnismäßig rege Emissi-onstätigkeit in beiden staatlichen Teilsektorenspiegelt die ungünstigere Haushaltsentwicklungim Allgemeinen und den anhaltend hohen Fi-nanzierungsbedarf außerhalb des Bereichs derZentralstaaten im Besonderen wider.

Die jährliche Zuwachsrate der von MFIs bege-benen Schuldverschreibungen erhöhte sich von5,4 % Ende 2002 auf 6,2 % Ende 2003. Die

4 Siehe EZB, Umfrage zum Kreditgeschäft im Euro-Währungsge-biet, Monatsbericht April 2003.

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30EZBJahresbericht2003

Abbildung 6 Aufgliederung der Emission vonSchuldverschreibungen durch Ansässige imEuroraum nach Emittentengruppen(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quelle: EZB.Anmerkung: Die Wachstumsraten basieren auf Finanztrans-aktionen und sind um Umgruppierungen, Neubewertungen,Wechselkursänderungen und andere nicht transaktionsbedingteVeränderungen bereinigt.

InsgesamtMonetäre FinanzinstituteNichtmonetäre finanzielle KapitalgesellschaftenNichtfinanzielle KapitalgesellschaftenÖffentliche Haushalte

2000 2001 2002 20030

5

10

15

20

25

30

35

40

0

5

10

15

20

25

30

35

40

Jahreswachstumsrate der von nichtfinanziellenKapitalgesellschaften begebenen Schuldver-schreibungen beschleunigte sich im Vergleichdazu erheblich auf 9,8 % Ende 2003 gegenüber3,5 % Ende 2002. Die jährliche Zuwachsrate dervon nichtmonetären finanziellen Kapitalgesell-schaften begebenen Schuldverschreibungen lagEnde 2003 bei 23,3 %, verglichen mit 25,4 %Ende 2002. Zur insgesamt hohen Emissionstä-tigkeit der privaten Nicht-MFIs trug eine weite-re Verbesserung der Finanzierungsbedingun-gen und des Unternehmensvertrauens im Jah-resverlauf 2003 bei (siehe Kasten 2). Der 2003zu beobachtende deutliche Anstieg der Wachs-tumsrate der Schuldverschreibungen nicht-finanzieller Kapitalgesellschaften ist vor demHintergrund der verhaltenen Emissionstätigkeitim zweiten Halbjahr 2002 zu sehen, als vieleUnternehmen ihre kurzfristigen Verbindlichkei-ten verringern wollten, um sich vor Finanz-

marktturbulenzen zu schützen. Dem starkenAnstieg der Emissionen im Jahr 2003 lag einkräftiges Jahreswachstum sowohl der kurzfris-tigen als auch der langfristigen Schuldver-schreibungen zugrunde.

Infolgedessen erhöhte sich der Anteil derSchuldverschreibungen von nichtmonetären fi-nanziellen und nichtfinanziellen Kapitalgesell-schaften am Gesamtumlauf der von Gebietsan-sässigen begebenen Schuldverschreibungenweiter auf 14,5 % Ende 2003, nach 13,4 % Ende2002. Dies entsprach dem seit einigen Jahrentendenziell steigenden Anteil des Unterneh-menssektors ohne MFIs an der Gesamtemissionvon Schuldverschreibungen (siehe Tabelle 2).Hingegen ging der Anteil des MFI-Sektors auf38,0 % Ende 2003 zurück, während sich derAnteil des Sektors der öffentlichen Haushalteam Bestand der Schuldverschreibungen auf47,5 % verringerte.

VERBESSERTE GESAMTFINANZIERUNG DESNICHTFINANZIELLEN SEKTORS IM EURORAUMDie Jahreswachstumsrate der Finanzierung desnichtfinanziellen Sektors5 im Eurogebiet zog2003 leicht an (siehe Tabelle 3). Dabei erhöhtesich Schätzungen zufolge vor allem die jährli-che Zuwachsrate der Fremdfinanzierung imvierten Quartal des Berichtsjahrs auf 5¾ %,während die Finanzierung über börsennotierteAktien Schätzungen zufolge weiter auf einemniedrigen Stand verharrte. Diese Entwicklunglässt sich auf die sehr günstigen Fremdfinanzie-rungs- und die relativ hohen Eigenfinanzie-rungskosten zurückführen.

Die Nachfrage der privaten Haushalte nachFremdkapital weitete sich im Lauf des Jahres2003 trotz der schwachen Konjunktur merklichaus (siehe Abbildung 7). Dies hing mit der an-haltend hohen Nachfrage nach Wohnungsbau-krediten zusammen, zu der ein weiterer Anstiegder Preise für Wohneigentum in einigen Län-dern und die niedrigen Hypothekenzinsen bei-

5 Der nichtfinanzielle Sektor umfasst private Haushalte (ein-schließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck), nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften und öffentliche Haushalte(Staat).

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31EZB

Jahresbericht2003

Abbildung 7 Fremdfinanzierung des nicht-f inanziel len Sektors

(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quelle: EZB.Anmerkung: Weitere Einzelheiten f inden sich in Tabelle 3.

Private HaushalteNichtfinanzielle KapitalgesellschaftenÖffentliche Haushalte

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

1999 2000 2001 2002 20030,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

Tabelle 2 Sektorale Aufschlüsselung des Umlaufs an von Ansässigen im Euroraum begebenenSchuldverschreibungen(in %; Stand am Ende des Berichtszeitraums)

Quelle: EZB.

1998 1999 2000 2001 2002 2003

MFIs 37,2 38,6 39,0 38,6 38,4 38,0Privater Nicht-MFI-Sektor 8,1 9,5 11,2 12,9 13,4 14,5

Nichtmonetäre finanzielle Kapitalgesellschaften 3,1 4,2 5,1 6,1 6,9 7,8Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften 4,9 5,3 6,1 6,8 6,6 6,7

Öffentliche Haushalte 54,7 51,9 49,8 48,5 48,1 47,5Zentralstaaten 53,1 50,3 48,1 46,7 45,9 45,0Sonstige öffentliche Haushalte 1,7 1,6 1,6 1,8 2,2 2,5

trugen. Dagegen war die Jahreswachstumsrateder kurzfristigen Fremdfinanzierung rückläufigund wurde im zweiten Quartal 2003 negativ.

Die Vorjahrsrate der Fremdfinanzierung nicht-finanzieller Kapitalgesellschaften zog im erstenHalbjahr 2003 etwas an, was vor allem durchdas Wachstum der kurzfristigen Fremdfinanzie-rung bedingt war. In der zweiten Jahreshälfteblieb sie dagegen weitgehend unverändert.Insgesamt bewirkte die Entwicklung derFremdfinanzierung der nichtfinanziellen Kapi-talgesellschaften in den vergangenen Jahren,dass die Schuldenquote dieses Sektors weitge-hend stabil blieb (siehe Kasten 3 Abbildung A).

Gegenüber dem verhältnismäßig kräftigenWachstum der Fremdfinanzierung blieb die Jah-reswachstumsrate der von nichtfinanziellen Ka-pitalgesellschaften begebenen börsennotiertenAktien 2003 verhalten, wobei sich die Dynamikim Jahresverlauf infolge steigender Aktienkur-se, die die Kosten der Eigenfinanzierung tenden-ziell verringern, allerdings leicht beschleunigte.

Bei den öffentlichen Haushalten war über weiteStrecken des Berichtsjahrs eine Zunahme derFremdfinanzierung gegenüber dem Vorjahr zubeobachten; ursächlich hierfür war vor allemdas gedämpfte Wirtschaftswachstum, das dieStaatsfinanzen belastete.

NICHTFINANZIELLER SEKTOR INVESTIERTEWEITERHIN NUR ZÖGERLICH IN AKTIENDie jährliche Zuwachsrate der Geldvermögens-bildung des nichtfinanziellen Sektors erholtesich in den ersten drei Quartalen des Jahres2003 geringfügig. In den ersten beiden Quarta-len war dafür vor allem der Zuwachs bei derkurzfristigen Geldvermögensbildung verant-wortlich, der wiederum auf die anhaltende Prä-ferenz der Wirtschaftsakteure für sichere undliquide Anlageformen zurückzuführen war. Imdritten Vierteljahr war die Jahreswachstumsrateder kurzfristigen Geldvermögensbildung dannallerdings aufgrund des steileren Verlaufs derZinsstrukturkurve und der schwindenden Unsi-cherheit an den Finanzmärkten wieder leichtrückläufig.

Das Wachstum der langfristigen Geldvermö-gensbildung blieb im ersten Halbjahr 2003weitgehend stabil und stieg im dritten Viertel-

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32EZBJahresbericht2003

Kasten 2

DER MARKT FÜR UNTERNEHMENSANLEIHEN IN DEN EURO-LÄNDERN

Ein breiter und tiefer Markt für Unternehmensanleihen eröffnet neue Wege für die Unternehmensfi-nanzierung; dies könnte weit reichende Folgen für die Wirtschaftsentwicklung haben. Maßgeblichfür die Entscheidung eines Unternehmens, Wertpapiere zu begeben, ist vor allem sein Finanzie-rungsbedarf, wobei eine Reihe von Überlegungen – z. B. hinsichtlich steuerlicher Aspekte, Insol-venzkosten und sonstiger Kosten – die Wahl des geeigneten Instruments beeinflussen.

In der hier dargestellten Analyse werden nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und nichtmonetärefinanzielle Kapitalgesellschaften zum Unternehmenssektor gerechnet, MFIs hingegen nicht. Zu dennichtmonetären finanziellen Kapitalgesellschaften gehören Versicherungsgesellschaften und sonsti-ge Finanzinstitute. Der Großteil der Schuldverschreibungen in diesem Sektor wird jedoch überFinanzierungsgesellschaften begeben, die eigens gegründet werden, um im Namen von Dritten(etwa Kreditinstituten, nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, Investmentfonds oder öffentlichenHaushalten) Mittel aufzunehmen und die damit zusammenhängenden Finanzgeschäfte abzuwickeln.Diese Finanzierungsgesellschaften können sich im rechtlichen Eigentum des Unternehmens befin-den, für das sie Mittel aufbringen. Bestehen keine Kapitalverflechtungen und wurde die Finanzie-rungsgesellschaft speziell zur Durchführung einer bestimmten Finanztransaktion gegründet, dannspricht man von einer Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle – SPV). SPVs dienen einzig undallein dazu, Mittel von Anlegern an Kreditnehmer weiterzuleiten; zu Tätigkeiten, die über den ei-gentlichen Transaktionszweck hinausgehen, sind sie nicht befugt. Darüber hinaus zielt ihre Mittler-rolle darauf ab, Anleger gegenüber dem potenziellen Konkursrisiko des ursprünglichen Forde-rungsinhabers zu schützen.1

Eine Analyse der auf Euro lautenden Schuldverschreibungen zeigt, dass die durchschnittliche Jah-reswachstumsrate im Unternehmenssektor seit Beginn der dritten Stufe der WWU den Gesamt-durchschnitt aller Sektoren bei weitem übersteigt. Mit einem jährlichen Zuwachs von durchschnitt-lich 14 % nahm das Umlaufvolumen von Euro-Schuldverschreibungen der nichtfinanziellen Kapi-talgesellschaften seit Januar 1999 deutlich stärker zu als in der zweiten Stufe der WWU (2 %).Gleiches gilt auch für auf Euro lautende Schuldverschreibungen nichtmonetärer finanzieller Kapital-gesellschaften, bei denen sich die jährliche Zuwachsrate seit Januar 1999 auf durchschnittlich37 % belief, verglichen mit 11 % in der zweiten Stufe der WWU. Zugleich ist der Markt fürUnternehmensanleihen im Eurogebiet breiter geworden und umfasst nun eine größere Auswahl anEmittenten aus verschiedenen Wirtschaftssektoren mit individuellen Finanzierungsbedürfnissenund unterschiedlicher Bonität. Während er sich früher auf Kreditnehmer mit einem AA-Rating oderhöherer Bonität beschränkte, reicht das Bonitätsspektrum heute viel weiter. Gleichzeitig hat sich dasSpektrum der involvierten Wirtschaftssektoren verbreitert. Während in den Jahren 2000 und 2001vor allem Schuldverschreibungen nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften aus dem Telekommunika-tions-, Medien- und Technologiesektor begeben wurden, ging deren Anteil im Jahr 2003 wieder aufdas Niveau von vor der Euro-Bargeldumstellung zurück.

Wenngleich das Wachstum am Markt für Unternehmensanleihen in den vergangenen drei Jahrenauf Ebene des Euroraums sehr hoch war (siehe Abbildung 6 im Haupttext), ist der Trend in

1 Nähere Informationen zum Thema Verbriefung finden sich im Kasten des Aufsatzes „Jüngste Entwicklung der Finanzierungsstruktu-ren im Euro-Währungsgebiet“ im Monatsbericht vom Oktober 2003, S. 54–56.

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33EZB

Jahresbericht2003

Richtung eines zunehmend direkten Zugangszu diesem Markt in den verschiedenen Euro-Ländern alles andere als einheitlich.2 Wie dieAbbildung zeigt, ist der Markt für Schuldver-schreibungen von nichtfinanziellen Kapitalge-sellschaften in Frankreich (auf das Ende 2003mehr als die Hälfte des entsprechenden Um-laufvolumens entfiel) relativ gut ausgebildet.Auch in Portugal, Finnland, den Niederlandenund Belgien ist der Markt für Unternehmens-anleihen recht gut entwickelt. Die Unter-schiede zwischen den einzelnen Euro-Ländernlassen sich jedoch u. a. dadurch erklären, dasseinige dieser Wertpapieremissionen über Fi-nanztöchter abgewickelt wurden.

Im Euroraum hing die rasche Zunahme derEmission von Unternehmensanleihen seit1999 allgemein eng mit der Fusions- undÜbernahmewelle zusammen; dies dürfte auchteilweise erklären, warum die Beanspruchungdes Anleihemarkts in den einzelnen Euro-Ländern so sehr voneinander abweicht. Ein weitererGrund für die unterschiedlich starke Emissionstätigkeit von Unternehmen im Euro-Währungs-gebiet ist die Tatsache, dass institutionelle und steuerliche Regelungen sowie sonstige histo-risch gewachsene Merkmale der Finanzstruktur von Land zu Land stark divergieren.

Bei den von nichtmonetären finanziellen Kapitalgesellschaften begebenen Schuldverschreibun-gen sind die Unterschiede zwischen den Euro-Ländern sogar noch ausgeprägter (siehe Abbil-dung). Statistiken der EZB zufolge ist der Markt für solche Schuldverschreibungen gemessenam BIP in den Niederlanden am größten; Italien und Spanien folgen mit etwas Abstand. Ende2003 entfielen rund 60 % des Umlaufs an Euro-Schuldverschreibungen nichtmonetärer finanzi-eller Kapitalgesellschaften auf die Niederlande, was nicht zuletzt auf steuerliche Gründe zu-rückzuführen ist. Die eigentlichen Nutznießer sind in vielen Fällen in anderen Euro-Ländernansässig und machen sich nur die Vorteile niederländischer Finanzierungsgesellschaftenzunutze. Das Inlandsgeschäft in den Niederlanden wird durch die Verbriefung von Hypothe-kenkrediten dominiert, die von MFIs gewährt wurden.3 Derartige hypothekarisch gesicherteWertpapiere, bei denen der Kreditnehmer oder Forderungsinhaber (z. B. das MFI) die Kreditean eine Zweckgesellschaft verkauft, sind nicht mit besicherten Schuldverschreibungen(Covered Bonds) zu verwechseln. Die Kredite, mit denen Letztere besichert sind, verbleibennämlich in der Bilanz des Kreditnehmers oder Emittenten (z. B. des MFI); ein typisches Beispieldafür sind Pfandbriefe und ähnliche Instrumente. Analog zu den von nichtfinanziellen Kapital-gesellschaften begebenen Schuldverschreibungen lassen sich auch die Unterschiede in der Be-deutung der von nichtmonetären finanziellen Kapitalgesellschaften emittierten Wertpapieregrößtenteils durch institutionelle, steuerliche und historische Faktoren in den verschiedenenVolkswirtschaften des Euroraums erklären.

2 Siehe EZB, Report on financial structures, 2002.3 Siehe De Nederlandsche Bank, Growing importance of securitisation and special purpose vehicles (SPVs), Statistical Bulletin, Dezem-

ber 2003, S. 31–35.

Umlauf an auf Euro lautenden Schuld-verschreibungen von Kapitalgesel lschaften(ohne MFIs)(in % des BIP der einzelnen Länder; Stand: Ende Dezember 2003)

Quellen: EZB und Eurostat.Anmerkung: Die verfügbaren Statistiken der EZB über Wertpa-pieremissionen sind derzeit auf der Ebene des Euroraums nichtharmonisiert; dies führt zu Unterschieden in den Angaben dereinzelnen Länder. Für den Umlauf an Schuldverschreibungenvon in Irland und Luxemburg ansässigen Kapitalgesellschaften(ohne MFIs) liegen keine EZB-Statistiken über Wertpapieremis-sionen vor. Die Angaben zum BIP beziehen sich auf das Jahr2002.

Nichtfinanzielle KapitalgesellschaftenNichtmonetäre finanzielle Kapitalgesellschaften

1 Belgien2 Deutschland3 Griechenland4 Spanien

5 Frankreich6 Italien7 Niederlande8 Österreich

9 Portugal10 Finnland11 Euroraum

0

20

40

60

80

100

0

20

40

60

80

100

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

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34EZBJahresbericht2003

Anteil des Bestandsan der (Sektor-) Jahreswachstumsraten (Stand am Ende des Berichtszeitraums) 2)

Finanzierung/Geldvermögens- 2000 2001 2002 2003 2003 2003 2003bildung in % 1) Q1 Q2 Q3 Q4 2)

FinanzierungNichtfinanzieller Sektor 100 6,2 4,5 3,9 4,3 4,7 5,0 5

Fremdfinanzierung 3) 84,7 7,3 5,6 4,7 5,3 5,6 5,8 5 ¾Darunter: Kurzfristige Fremdfinanzierung 15,0 11,5 5,4 2,1 5,2 7,1 6,5 5Darunter: Langfristige Fremdfinanzierung 69,7 6,4 5,6 5,3 5,3 5,2 5,6 5 ¾

Private Haushalte 3), 4) 23,2 7,4 5,7 6,6 6,6 6,3 7,0 7 ¼Darunter: Kurzfristige Fremdfinanzierung 7,3 6,3 -0,7 1,9 1,0 -1,0 -1,3 -1 ½Darunter: Langfristige Fremdfinanzierung 92,7 7,5 6,3 7,0 7,1 7,0 7,7 8

Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften 43,4 8,4 5,1 2,5 2,9 3,3 3,5 3 ¼Fremdfinanzierung 3) 64,8 14,6 8,8 3,9 4,9 5,1 4,9 4 ¾

Darunter: Kurzfristige Fremdfinanzierung 19,3 20,6 4,7 -2,5 0,4 3,9 3,0 3Darunter: Langfristige Fremdfinanzierung 45,5 11,8 10,9 7,0 7,0 5,6 5,7 5 ½

Börsennotierte Aktien 35,2 3,4 1,5 0,7 0,4 0,8 1,0 ¾

Öffentliche Haushalte 3) 33,4 1,9 2,8 4,1 4,8 5,5 5,7 5 ¼Darunter: Kurzfristige Fremdfinanzierung 14,8 -1,9 9,5 11,6 16,5 16,2 15,7 11 ¼Darunter: Langfristige Fremdfinanzierung 85,2 2,5 1,8 2,9 3,0 3,7 4,0 4 ¼

Geldvermögensbildung 100 6,0 4,6 4,4 4,5 5,0 5,1 .Darunter: Kurzfristige Geldvermögens-

bildung 5) 43,1 3,8 5,8 5,3 5,3 5,9 5,4 .Darunter: Langfristige Geldvermögens-

bildung 6) 55,7 7,2 4,3 4,0 4,0 4,1 4,5 .Bargeld und Einlagen 37,9 3,4 4,6 4,9 5,9 6,5 6,7 .Wertpapiere ohne Anteilsrechte 13,3 9,2 7,7 4,2 0,7 -0,7 -1,8 .Investmentzertifikate 12,2 6,2 5,6 4,3 5,3 6,8 6,7 .

Darunter: Investmentzertifikate ohneGeldmarktfondsanteile 9,6 7,0 3,7 3,1 4,2 5,6 6,3 .

Darunter: Geldmarktfondsanteile 2,7 0,1 21,1 11,3 11,2 12,9 8,7 .Börsennotierte Aktien 12,2 6,1 -0,4 1,0 1,6 2,4 3,3 .Versicherungstechnische Rückstellungen 24,4 8,5 7,2 6,5 6,4 6,5 6,5 .

Tabelle 3 Finanzierung und Geldvermögensbildung des nichtf inanziel len Sektors im Euroraum

Quelle: EZB.1) Stand am Ende des dritten Quartals 2003. Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen.2) Die Angaben für das jüngste Quartal wurden auf der Grundlage der in den Geld- und Bankenstatistiken sowie in den Statistiken überWertpapieremissionen ausgewiesenen Transaktionen geschätzt.3) Die Fremdfinanzierung umfasst Kredite, begebene Schuldverschreibungen, Pensionsrückstellungen nichtfinanzieller Kapitalgesell-schaften und Verbindlichkeiten von Zentralstaaten aus Einlagen. Die kurzfristige Fremdfinanzierung (mit einer Ursprungslaufzeit vonbis zu einem Jahr) umfasst kurzfristige Kredite, begebene kurzfristige Schuldverschreibungen und Verbindlichkeiten von Zentralstaatenaus Einlagen. Die langfristige Fremdfinanzierung (mit einer Ursprungslaufzeit von mehr als einem Jahr) umfasst langfristige Kredite,begebene langfristige Schuldverschreibungen und Pensionsrückstellungen nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften.4) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.5) Die kurzfristige Vermögensbildung umfasst Bargeld und Einlagen (ohne Einlagen von Zentralstaaten), kurzfristige Schuldverschrei-bungen und Geldmarktfondsanteile. Da die Einlagen von Zentralstaaten nicht berücksichtigt werden, ergeben die kurzfristige und dielangfristige Geldvermögensbildung nicht 100 %. Bei der Interpretation dieser Angaben ist zu berücksichtigen, dass in der kurzfristigenGeldvermögensbildung sowohl kurzfristige als auch langfristige Einlagen enthalten sind.6) Die langfristige Geldvermögensbildung umfasst langfristige Schuldverschreibungen, Investmentzertifikate ohne Geld-marktfondsanteile, börsennotierte Aktien sowie Versicherungs- und Pensionsprodukte.

jahr an. Gleichzeitig ging die Jahreswachstums-rate der Investitionen in langfristige Schuldver-schreibungen im ersten Halbjahr zurück undverharrte danach auf einem niedrigen Stand.Der Rückgang hing wahrscheinlich mit demniedrigen Zinsniveau, Phasen relativ hoher Vo-

latilität an den Anleihemärkten und der im zwei-ten Quartal einsetzenden Erholung der Aktien-kurse zusammen, die Aktienanlagen im Ver-gleich zu Anlagen in Schuldverschreibungen at-traktiver machten. Die jährliche Wachstumsrateder Investitionen in Investmentzertifikate (ohne

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35EZB

Jahresbericht2003

Kasten 3

ENTWICKLUNG DER FINANZLAGE DER PRIVATEN HAUSHALTE UND DER NICHTFINANZIELLENKAPITALGESELLSCHAFTEN IM EURORAUM

Zwischen Mitte der Neunzigerjahre und dem Jahr 2000 nahm die Verschuldung des privatennichtfinanziellen Sektors deutlich zu, wobei insbesondere die Schuldenquoten der nichtfinanzi-ellen Kapitalgesellschaften verhältnismäßig stark anstiegen (siehe Abbildung A).

Wie aus Abbildung B ersichtlich ist, hatten nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften in der zweitenHälfte der Neunzigerjahre einen erhöhten Fremdfinanzierungsbedarf, da ihr negativer Finanzie-rungssaldo bzw. ihre Finanzierungslücke (d. h. die Lücke zwischen den Erträgen eines Unter-nehmens – also der Bruttoersparnis zuzüglich Vermögensübertragungen – und den Bruttoinves-titionen) größer wurde. Der hohe Nettoerwerb von Finanzaktiva infolge der regen Fusions- undÜbernahmeaktivitäten in diesem Zeitraum verstärkte den Finanzierungsbedarf der nichtfinanzi-ellen Kapitalgesellschaften zusätzlich. Angesichts der ungünstigeren Wirtschaftslage und sicheintrübenden Wirtschafts- und Finanzmarktbedingungen gab die daraus resultierende Ver-schlechterung der Finanzlage Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Anfälligkeit des nichtfinan-ziellen Unternehmenssektors. Allerdings müssen bei der Beurteilung der Tragfähigkeit der der-zeitigen Schuldenstände auch die Zinsbelastungen berücksichtigt werden. Tatsächlich sind seit1996 die Zinszahlungen der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften im Verhältnis zum BIP auf-grund des anhaltenden deutlichen Rückgangs der Fremdfinanzierungskosten im Lauf der Neun-zigerjahre weitgehend gleich geblieben.

Abbildung A Verschuldung des privatennichtf inanziel len Sektors

(in % des BIP)

Quelle: EZB.Anmerkung: Bei den nichtfinanziellen Kapitalgesellschaftensetzt sich die Verschuldung aus Buchkrediten, Schuldverschrei-bungen und Pensionsrückstellungen zusammen. Die Angabenfür das letzte Quartal 2003 wurden auf der Grundlage von inGeld- und Bankenstatistiken sowie Statistiken über Wertpapier-emissionen ausgewiesenen Transaktionen geschätzt.Die vierteljährliche Schuldenquote fällt gegenüber den jährli-chen Angaben etwas niedriger aus; dies hängt vor allem damitzusammen, dass Kredite des nichtfinanziellen Sektors und vonBanken außerhalb des Euro-Währungsgebiets nicht erfasst wer-den. Ein Vergleich mit den Jahresangaben f indet sich in Abbil-dung 4 im Aufsatz „Entwicklung der Bilanzen im privaten Sektordes Euro-Währungsgebiets und der Vereinigten Staaten“ im Mo-natsbericht vom Februar 2004.

Abbildung B Finanzierungsüberschuss/Finanzierungsdefizit des privatennichtf inanziel len Sektors(in % des BIP)

Quelle: EZB.Anmerkung: Jahreswerte. Der Finanzierungsüberschuss/dasFinanzierungsdefizit wird definiert als Bruttoersparnis zuzüg-lich Vermögensübertragungen abzüglich Bruttoinvestitionen.Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung lagen noch keine Angabenfür 2003 vor.

Private HaushalteNichtfinanzielle Kapitalgesellschaften

40,0

45,0

50,0

55,0

60,0

65,0

70,0

1998 1999 2000 2001 2002 200340,0

45,0

50,0

55,0

60,0

65,0

70,0

Private HaushalteNichtfinanzielle Kapitalgesellschaften

-4,0-3,0

-2,0-1,00,01,0

2,03,04,0

5,06,0

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002-4,0-3,0

-2,0-1,00,01,0

2,03,04,0

5,06,0

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36EZBJahresbericht2003

Seit 2001 haben die nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften ihre Bilanzen angepasst, um ihrefinanziellen Ungleichgewichte nach und nach zu verringern. Umstrukturierungs- und Kosten-senkungsmaßnahmen sowie eine niedrigere Sach- und Geldvermögensbildung führten zu einemrückläufigen Finanzierungswachstum und einer allmählichen Stärkung der Innenfinanzierung.Folglich verkleinerte sich die Finanzierungslücke der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften imEuro-Währungsgebiet schrittweise von 3,5 % des BIP im Jahr 2000 auf 0,8 % im Jahr 2002;2003 ist sie Schätzungen zufolge weitgehend unverändert geblieben. Gleichzeitig stieg dieSchuldenquote seit 2001 langsamer an und stabilisierte sich in jüngster Zeit. Unter entsprechen-der Berücksichtigung der unterschiedlichen Finanzierungspraktiken waren die nichtfinanziellenKapitalgesellschaften im Euroraum 2003 in etwa gleich stark verschuldet wie in den VereinigtenStaaten und weniger als im Vereinigten Königreich und in Japan.1

Insgesamt ist bei den nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften im Euroraum seit 2001 eine Ver-besserung der Finanzlage festzustellen. Dies zeigt sich auch in der positiveren Einschätzung desRisikopotenzials in diesem Sektor seit Ende 2002, wovon der spürbare Rückgang der Rendite-abstände bei Unternehmensanleihen zeugt. Allerdings könnten in einigen Unternehmenssekto-ren noch weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Ertragslage und der Bilanzpositionenerforderlich sein.

Bei der Verschuldung der privaten Haushalte ist seit der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre einesteigende Tendenz zu verzeichnen, was vor allem auf das hohe Wachstum der Wohnungsbauin-vestitionen zurückzuführen ist. Günstige Finanzierungsbedingungen aufgrund merklich gefal-lener Hypothekenzinsen fachten die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten an und führten ineinigen Ländern des Eurogebiets zu spürbar gestiegenen Preisen für Wohnimmobilien. Gleich-zeitig förderte die Entwicklung der Wohnimmobilienpreise die Nachfrage nach höheren Kredi-ten für die Wohnraumbeschaffung, hatte aber auch Wertsteigerungen und höhere Besicherungs-werte zur Folge. Ungeachtet der tendenziell steigenden Schuldenquote der privaten Haushaltelag deren Zinsbelastung in Prozent des BIP wegen der merklich geringeren Fremdfinanzie-rungskosten unter dem Anfang der Neunzigerjahre vorherrschenden Niveau. Außerdem sind dieprivaten Haushalte im Euroraum deutlich geringer verschuldet als in den Vereinigten Staaten,im Vereinigten Königreich und in Japan.1

Aufgrund der seit 2001 wieder steigenden Sparquote der privaten Haushalte im Zusammenhangmit der vorherrschenden großen wirtschaftlichen Unsicherheit (besonders im Hinblick auf dieBeschäftigung) weitete sich der positive Finanzierungssaldo der privaten Haushalte im Euroge-biet aus und erreichte im Jahr 2002 einen Wert, der leicht unter dem Niveau von Mitte derNeunzigerjahre lag (siehe Abbildung B); 2003 dürfte er sich Schätzungen zufolge stabilisierthaben. Folglich ist die Finanzlage der privaten Haushalte im Euroraum offenbar relativ solide,wenngleich in einigen Euro-Ländern gewisse Risiken aufgrund rapide steigender Preise fürWohnimmobilien bestehen könnten.

1 Siehe EZB, Entwicklung der Bilanzen im privaten Sektor des Euro-Währungsgebiets und der Vereinigten Staaten, MonatsberichtFebruar 2004.

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37EZB

Jahresbericht2003

Geldmarktfondsanteile) erhöhte sich in den ers-ten drei Quartalen 2003 spürbar. Der nichtfi-nanzielle Sektor investierte auch wieder ver-stärkt in börsennotierte Aktien, wenngleich dieJahreswachstumsrate gegenüber den spätenNeunzigerjahren weiterhin moderat war. Diesdeutet darauf hin, dass die Wirtschaftsakteurenach den Verlusten bei den Aktienanlagen seitAnfang 2000 dieser Anlageform nach wie vormit einer gewissen, wenn auch nunmehr gerin-geren Vorsicht gegenüberstehen.

MARKTZINSSÄTZE AUF SEHR NIEDRIGEM STANDDie seit Mitte Mai 2002 rückläufigen Geld-marktsätze gingen analog zur Leitzinssenkungdurch den EZB-Rat im März und Juni im erstenHalbjahr 2003 weiter zurück. Dieser Abwärts-trend kam nach der Leitzinssenkung im Junizum Stillstand, wobei die Geldmarktzinsen beiden längeren Laufzeiten angesichts der sich auf-hellenden Konjunkturaussichten danach wiederanzogen.

Die Märkte hatten die Senkung der Leitzinsender EZB im ersten Halbjahr 2003 weitgehenderwartet. Anfang des Jahres fielen die länger-fristigen Geldmarktzinsen vor dem Hintergrunddes gedämpften Wirtschaftswachstums und desKursanstiegs des Euro, was zu rückläufigen Er-wartungen bezüglich des Inflationsdrucks führ-te. Die Steigung der Zinsstrukturkurve, gemes-sen als Differenz zwischen dem Zwölfmonats-und dem Einmonats-EURIBOR, blieb in derersten Jahreshälfte 2003 fast ununterbrochennegativ, weil die Geldmarktsätze über das ge-samte Laufzeitenspektrum hinweg gleich starkzurückgingen (siehe Abbildung 8).

Mitte 2003 kehrte sich der Abwärtstrend derGeldmarktsätze langsam um. Ursächlich hierfürwaren ein Abklingen des Pessimismus und ge-änderte Erwartungen am Markt, die allmählichvon einer wirtschaftlichen Erholung im Euro-raum ausgingen; diese Entwicklungen sind vordem Hintergrund einer deutlich höheren Liqui-ditätsausstattung, als für ein inflationsfreiesWachstum erforderlich, zu sehen. Der Anstiegder Geldmarktsätze kehrte sich gegen Jahres-ende teilweise wieder um, da die Aufwertung

des Euro Erwartungen eines künftigen Anstiegsder Kurzfristzinsen dämpfte. Der Einmonats-und der Zwölfmonats-EURIBOR beliefen sichEnde 2003 auf 2,10 % bzw. 2,31 %, womit siedeutlich unter ihrem Stand von Ende 2002, abergeringfügig über dem Niveau von Mitte 2003lagen.

In den ersten beiden Monaten des Jahres 2004waren die EURIBOR-Sätze im längeren Lauf-zeitenbereich leicht rückläufig, da die Markt-teilnehmer davon ausgingen, dass die kurzfris-tigen Zinssätze im Jahresverlauf 2004 auf einemniedrigeren Stand als erwartet verharren wür-den. Am 27. Februar 2004 beliefen sich der Ein-monats- und der Zwölfmonats-EURIBOR auf2,05 % bzw. 2,09 %.

Angesichts der gegen Ende des ersten Halbjahrs2003 allmählich nachlassenden wirtschaftli-chen, finanziellen und geopolitischen Unsicher-heit kam es zu einem merklichen Rückgang deraus Optionen auf Terminkontrakte auf den Drei-monats-EURIBOR abgeleiteten impliziten Vo-

Abbildung 8 Kurzfristzinsen im Euroraum

(in % p.a.; in Prozentpunkten; Tageswerte)

Quelle: Reuters.

Einmonats-EURIBOR (linke Skala)Zwölfmonats-EURIBOR (linke Skala)Differenz zwischen dem Zwölfmonats- und dem Einmonats-EURIBOR (rechte Skala)

Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q12002 2003

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

-0,6

-0,3

0,0

0,3

0,6

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38EZBJahresbericht2003

latilität. Die niedrige implizite Volatilität Mitte2003 deutete darauf hin, dass die Marktteilneh-mer zu diesem Zeitpunkt eine sehr klare Vor-stellung von der weiteren Entwicklung derKurzfristzinsen hatten (siehe Abbildung 9).Nachdem die implizite Volatilität über mehrereMonate hinweg relativ stabil auf einem niedri-gen Stand geblieben war, stieg sie gegen Jah-resende 2003 wieder geringfügig an, blieb aberdeutlich unter ihrem Vorjahrsniveau.

Am ganz kurzen Ende der Zinsstrukturkurve amGeldmarkt bewegte sich der Zinssatz für täglichfällige Einlagen gemessen am EONIA im Jahr2003 weitgehend auf einem Niveau, das leichtüber dem Mindestbietungssatz der Hauptrefi-nanzierungsgeschäfte des Eurosystems lag. DerAbstand zwischen dem EONIA und dem Min-destbietungssatz vergrößerte sich in den Som-mermonaten etwas, normalisierte sich aber im

September und Oktober angesichts einer ent-spannten Liquiditätslage am Geldmarkt wieder(siehe Kapitel 2 Abschnitt 1.1).

ERHEBLICHE SCHWANKUNGEN AN DEN ANLEIHE-MÄRKTEN IM GESAMTEN JAHRESVERLAUF 2003Die Anleihemärkte standen 2003 weltweit imZeichen erheblicher Renditeschwankungen, wo-bei sich die Anleiherenditen in den großenVolkswirtschaften relativ ähnlich entwickelten,je nachdem, wie die Marktteilnehmer die Aus-sichten für das Wirtschaftswachstum, die Infla-tion und den damit verbundenen geldpolitischenKurs gerade einschätzten. Vor allem im erstenQuartal des Berichtsjahrs spielten Unsicherhei-ten in Bezug auf die geopolitischen Spannungeneine wichtige Rolle, da die hohe Risikoscheu zuPortfolioumschichtungen von den Aktien- zuden Anleihemärkten führte. Als die Unsicherheitnachließ und deutliche Anzeichen für eine Erho-

Abbildung 9 Zinssätze für Dreimonats-EURIBOR-Terminkontrakte und impliziteVolat i l i tät(in % p.a.; in Basispunkten; Tageswerte)

Quellen: Bloomberg, Reuters und EZB-Berechnungen.Anmerkung: Die implizite Volatilität mit einer konstanten Rest-laufzeit von sechs Monaten wird ermittelt, indem die Laufzeit-struktur der impliziten Volatilität, die aus Optionen auf Termin-kontrakte auf den Dreimonats-EURIBOR abgeleitet wird, inter-poliert wird (siehe den Kasten „Messgrößen der implizitenVolatilität aus Optionen auf Terminkontrakte auf kurzfristigeZinssätze“ im Monatsbericht vom Mai 2002).

Abbildung 10 Renditen langfristiger Staats-anleihen

(in % p.a.; Tageswerte)

Quelle: Reuters.Anmerkung: Die Renditen langfristiger Staatsanleihen beziehensich auf den Zehnjahresbereich bzw. die nächstliegende Lauf-zeit. Seit dem 1. Januar 2001 einschließlich Angaben zuGriechenland.

1998 1999 2000 2001 2002 20030,0

1,0

2,0

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5,0

6,0

7,0

0,0

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3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

EuroraumVereinigte StaatenJapan

Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q12002 2003

1,5

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2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

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40,0

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Dreimonats-EURIBOR-Terminkontrakte mit Fälligkeit im Dezember 2003 (linke Skala)Dreimonats-EURIBOR-Terminkontrakte mit Fälligkeit im März 2004 (linke Skala)Implizite Volatilität bei einer konstanten Restlaufzeit von sechs Monaten (rechte Skala)

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39EZB

Jahresbericht2003

lung in den wichtigen Volkswirtschaften auftra-ten, kam es im weiteren Jahresverlauf zu einerteilweisen Umkehr dieser Ströme. Insgesamtstiegen die Renditen zehnjähriger Staatsanleihenim Euroraum und in den Vereinigten Staatenzwischen Ende 2002 und Ende 2003 um 10 bzw.50 Basispunkte auf jeweils rund 4,3 % (sieheAbbildung 10). Die Differenz zwischen denlangfristigen Anleiherenditen in den VereinigtenStaaten und im Eurogebiet bewegte sich in denletzten Wochen des Jahres um null, nachdem siebis dahin meist negativ gewesen war.

Als Reaktion auf eine pessimistischere Ein-schätzung der kurz- bis mittelfristigen Kon-junkturaussichten vor dem Hintergrund vonSpannungen aufgrund der geopolitischen Unsi-cherheit und der enttäuschenden gesamtwirt-schaftlichen Daten sanken in den VereinigtenStaaten die seit 2002 rückläufigen Staatsan-leiherenditen im ersten Halbjahr 2003 weiter.Ferner wurden die Anleiherenditen durch diewachsende Besorgnis der Anleger bezüglichdes Risikos deflationärer Tendenzen in derUS-Wirtschaft gedrückt. Daher sanken die Ren-diten zehnjähriger Staatsanleihen Mitte Juni aufeinen historischen Tiefstand von 3,1 %. Dassdie Anleiherenditen anschließend wieder anzo-gen, war hauptsächlich auf nach oben korrigier-te Erwartungen der Marktteilnehmer im Hin-blick auf die Konjunktur- und Inflationsent-wicklung zurückzuführen, könnte jedoch auchmit den wachsenden Zweifeln an der Tragfähig-keit des hohen Haushalts- und Leistungsbilanz-defizits in den Vereinigten Staaten zusammen-hängen. Hedging-Strategien von US-Wohnungs-baugesellschaften könnten sowohl zumRenditerückgang bei den US-Anleihen als auchzu deren spürbarer Erholung im Sommer bei-getragen haben. Trotz dieser Erholung lagen dielangfristigen Anleiherenditen in den Vereinig-ten Staaten am Jahresende auf einem relativniedrigen Stand, was teilweise mit der Markt-einschätzung zu erklären war, dass die US-Notenbank die Kurzfristzinsen noch länger aufihrem sehr niedrigen Niveau halten würde.

Jedenfalls blieb die Stimmung am Markt hin-sichtlich der weiteren Entwicklung der Anleihe-

renditen in den Vereinigten Staaten währenddes gesamten Jahres von relativ hoher Unsi-cherheit geprägt. Darauf deutet die von Termin-kontrakten auf zehnjährige US-Staatsanleihenabgeleitete implizite Volatilität hin, dieinsbesondere in den Sommermonaten historischgesehen relativ hohe Werte erreichte. Die vor-herrschende Unsicherheit dürfte bis zu einemgewissen Grad auch eine Folge der anhaltendenDiskussion über die Nachhaltigkeit der sehrniedrigen langfristigen Anleiherenditen in denVereinigten Staaten gewesen sein.

In Japan wiesen die langfristigen Anleiherendi-ten weitgehend das gleiche Verlaufsmuster wiein den Vereinigten Staaten und im Euroraumauf, allerdings verharrten sie auf einem deutlichniedrigeren Stand. Im ersten Halbjahr 2003 er-reichten die zehnjährigen japanischen Anleihe-renditen historische Tiefstände (rund 0,4 %Mitte Juni), nachdem die Anleger die Aussich-ten für die japanische Wirtschaft zunehmendpessimistisch einschätzten. Dieser Pessimismusliegt in der für die japanische Exportwirtschaftals negativ empfundenen starken Aufwertungdes japanischen Yen zum US-Dollar sowie inden Auswirkungen der SARS-Epidemie be-gründet. Die zehnjährigen Anleiherenditen stie-gen im dritten Quartal wieder sprunghaft an undstabilisierten sich gegen Ende des Jahres; am31. Dezember lagen sie bei 1,4 % und damit an-nähernd auf einem Stand wie zuletzt Anfang2002. Erwartungen einer rascheren wirtschaftli-chen Erholung sowie Portfolioumschichtungenvon Anleihen zu Aktien trugen zu diesem An-stieg der langfristigen Anleiherenditen im zwei-ten Halbjahr bei.

Im Euroraum entwickelten sich die Anleihe-märkte 2003 weitgehend parallel zu jenen in denVereinigten Staaten, wenngleich die Anleihe-renditen im Eurogebiet etwas weniger starkschwankten. Im ersten Halbjahr 2003 ließ derKonjunkturoptimismus der Marktteilnehmerallmählich nach, was die langfristigen Zinssätzedrückte. Die hohe Unsicherheit über die geopo-litische Lage machte die Marktteilnehmer risi-koscheuer und führte somit zu Umschichtungenaus Vorsichtsgründen von den Aktien- zu den

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40EZBJahresbericht2003

Abbi ldung 11 Reale Rendite langfr ist igerAnleihen und Breakeven-Inflationsrateim Euroraum(in %; Tageswerte)

Quellen: Reuters, französisches Finanzministerium und Interna-tional Securities Markets Association (ISMA).Anmerkung: Die realen Anleiherenditen im Euroraum werdenvon den Börsenkursen französischer, an den HVPI des Euro-raums (ohne Tabakpreise) gebundener Staatsanleihen mit Fällig-keit 2012 abgeleitet. Das Verfahren für die Berechnung derBreakeven-Inflationsrate wurde im Monatsbericht vom Februar2002 auf Seite 18 ff. erläutert.

Anleihemärkten. Ab Mitte Juni zogen die Anlei-herenditen im Euroraum an, allerdings nicht sostark wie in den Vereinigten Staaten. Diese Ent-wicklung stand im Zeichen der nach oben korri-gierten Erwartungen der Marktteilnehmer imHinblick auf das Wirtschaftswachstum und warbis zu einem gewissen Grad auch Ausdruck dernach oben revidierten Inflationsaussichten. Tat-sächlich stieg die aus dem Renditeabstand zwi-schen zehnjährigen nominalen und indexgebun-denen Anleihen abgeleitete Breakeven-Inflati-onsrate ab Mitte Juni geringfügig an, wasallerdings teilweise auch auf technische Fakto-ren zurückzuführen war (siehe Abbildung 11).Betrachtet man die Entwicklung der implizitenVolatilität am Anleihemarkt, so änderte sich dieUnsicherheit im Eurogebiet im Gesamtjahr2003 kaum. Im Gegensatz zur Lage in den Ver-einigten Staaten war die implizite Volatilität anden Anleihemärkten im Euroraum 2003 außer-dem im Allgemeinen nicht besonders hoch.

Die Finanzierungsbedingungen an den Märktenfür Unternehmensanleihen im Euro-Währungs-gebiet verbesserten sich in der ersten Jahres-hälfte spürbar und waren bis Ende 2003 sehrgünstig. So gingen die relativen Finanzierungs-kosten für Unternehmen mit BBB-Rating, ge-messen an der Renditedifferenz zwischen An-leihen dieser Unternehmen und vergleichbarenStaatsanleihen im Euroraum, 2003 merklich umrund 150 Basispunkte auf 80 Basispunkte amEnde des Berichtsjahrs zurück, was im histori-schen Vergleich sehr niedrig war. Ausschlag-gebend für diese Entwicklung der Finanzie-rungsbedingungen waren eine aus Anlegersichthöhere Kreditwürdigkeit der Unternehmen so-wie eine gestiegene Präferenz für höher ver-zinste Anlagen angesichts der historisch niedri-gen Zinssätze für risikolose Anlageformen.

Anfang 2004 gingen die langfristigen Renditenan allen wichtigen Anleihemärkten leicht zu-rück. Zwischen Ende Dezember 2003 und dem27. Februar 2004 fielen die Renditen zehnjähri-ger Staatsanleihen im Euro-Währungsgebietund in den Vereinigten Staaten um rund 20 bzw.25 Basispunkte. Der Renditeabstand zwischenAnleihen von Unternehmen mit BBB-Ratingund vergleichbaren Staatsanleihen des Euro-raums blieben in diesem Zeitraum weitgehendunverändert.

ZINSEN DER MFIS STARK AN MARKTSÄTZENORIENTIERTDie kurzfristigen Zinssätze der MFIs6 waren imersten Halbjahr 2003 rückläufig und stabilisier-ten sich anschließend (siehe Abbildung 12). Zwi-schen Januar und Dezember gingen die Zinssätzefür kurzfristige Spareinlagen von privaten Haus-halten (d. h. Einlagen mit einer vereinbarten Kün-digungsfrist von bis zu drei Monaten) und fürtäglich fällige Einlagen von nichtfinanziellen Ka-pitalgesellschaften jeweils um rund 30 Basis-

Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q12002 2003

0,0

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Breakeven-InflationsrateReale Anleiherendite

6 Im Dezember 2003 veröffentlichte die EZB erstmals die MFI-Zinsstatistik für das Euro-Währungsgebiet, die den Zeitraum vonJanuar bis Dezember 2003 abdeckt. Sie ersetzt die zuvor veröf-fentlichte Statistik über die Zinssätze im Kundengeschäft derBanken im Euroraum, die auf der Grundlage bereits vor 1999existierender nationaler Zinsstatistiken erstellt wurde. Die neueMFI-Zinsstatistik ist harmonisiert und daher in der Regel länder-übergreifend vergleichbar.

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41EZB

Jahresbericht2003

Abbildung 12 Kurzfristzinsen der MFIs undvergleichbarer Geldmarktsatz

(in % p.a.; Zinssätze für das Neugeschäft)

Quelle: EZB.1) Umfassen Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaftenvon mehr als 1 Mio € mit variabler Verzinsung oder mit anfäng-licher Zinsbindung von bis zu einem Jahr.2) Umfassen Einlagen von privaten Haushalten mit vereinbarterKündigungsfrist von bis zu drei Monaten.3) Umfassen Einlagen von privaten Haushalten mit vereinbarterLaufzeit von bis zu einem Jahr.

Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.2003

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1,0

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3,0

4,0 8,0

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Geldmarktsatz für Dreimonatsgeld (linke Skala)Kurzfristige Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften (linke Skala) 1)

Überziehungskredite an private Haushalte (rechte Skala)Täglich fällige Einlagen von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften (linke Skala)Kurzfristige Spareinlagen von privaten Haushalten (linke Skala) 2)

Kurzfristige Termineinlagen von privaten Haushalten (linke Skala) 3)

Abbildung 13 Langfristzinsen der MFIs undvergleichbarer Kapitalmarktsatz

(in % p.a.; Zinssätze für das Neugeschäft)

Quelle: EZB.1) Umfassen Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaftenvon mehr als 1 Mio € mit anfänglicher Zinsbindung von über fünfJahren.2) Umfassen Kredie an private Haushalte mit anfänglicher Zins-bindung von über fünf Jahren und bis zu zehn Jahren.3) Umfassen Einlagen von privaten Haushalten mit vereinbarterLaufzeit von über zwei Jahren.

punkte auf 2,0 % bzw. 0,9 % zurück. Kurzfristi-ge Kreditzinsen sanken ebenfalls, allerdings jenach Schuldnertyp unterschiedlich stark. SeitAnfang 2003 fielen die kurzfristigen Zinsen fürKredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften(d. h. Kredite von über 1 Mio € mit einer variab-len Verzinsung oder mit anfänglicher Zinsbin-dung von bis zu einem Jahr) um rund 60 Basis-punkte auf 3,1 % im Dezember, während dieZinssätze für Überziehungskredite an privateHaushalte nur geringfügig um rund 20 Basis-punkte auf 9,7 % nachgaben. Diese Entwicklungder kurzfristigen Zinssätze der MFIs ist vor demHintergrund eines Rückgangs des Satzes fürDreimonatsgeld von rund 70 Basispunkten imJahr 2003 zu sehen. Die Auswirkung des erhebli-chen Rückgangs der Geldmarktsätze auf die

kurzfristigen Bankzinsen entsprach weitgehenddem historischen Trend, insbesondere der Tatsa-che, dass die Zinsen für täglich fällige Einlagenund für typische kurzfristige Spareinlagen sichtendenziell nur sehr langsam an Veränderungender Marktzinssätze anpassen.

Die langfristigen Zinssätze der MFIs für dasNeugeschäft gingen im ersten Halbjahr 2003zurück, stiegen aber ab August wieder an; diesentspricht weitgehend der Dynamik bei ver-gleichbaren Staatsanleiherenditen (siehe Abbil-dung 13). Während des gesamten Berichtsjahrsfielen die Zinsen für Wohnungsbaukredite anprivate Haushalte (mit einer anfänglichen Zins-bindung von mehr als fünf und bis zu zehn Jah-ren) sowie für langfristige Kredite an nichtfi-

Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.2003

2,0

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Rendite fünfjähriger StaatsanleihenLangfristige Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften 1)

Langfristige Wohnungsbaukredite 2)

Langfristige Termineinlagen von privaten Haushalten 3)

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42EZBJahresbericht2003

Abbildung 14 (a) Aktienkursindizes

(Index: 1. Januar 1998 = 100; Tageswerte)

Quelle: Reuters.Anmerkung: Dow-Jones-Euro-STOXX-Gesamtindex für denEuroraum, Standard & Poor’s 500 für die Vereinigten Staaten undNikkei 225 für Japan. Seit dem 1. Januar 2001 einschließlichAngaben zu Griechenland.

1998 1999 2000 2001 2002 200340

60

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60

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EuroraumVereinigte StaatenJapan

1998 1999 2000 2001 2002 200310

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10

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EuroraumVereinigte StaatenJapan

Abbildung 14 (b) Implizite Aktienkurs-volat i l i tät

(in % p.a.; gleitender Zehntagesdurchschnitt der Tageswerte)

Quelle: Bloomberg.Anmerkung: Die impliziten Volatilitätsreihen stellen die erwar-tete Standardabweichung der prozentualen Veränderungen derAktienkurse in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten dar, wiesie in den Optionspreisen von Aktienkursindizes impliziert wird.Die impliziten Volatilitäten beziehen sich auf die folgendenAktienindizes: Dow Jones Euro STOXX 50 für den Euroraum,Standard & Poor’s 500 für die Vereinigten Staaten und Nikkei225 für Japan.

nanzielle Kapitalgesellschaften (Kredite vonüber 1 Mio € mit mehr als fünf Jahren anfängli-cher Zinsbindung) um rund 35 bzw. 30 Basis-punkte auf 5,0 % bzw. 4,3 %. Die allgemeineEntwicklung der Langfristzinsen der MFIs waralso ein weiteres Anzeichen für die sehr günsti-gen Finanzierungsbedingungen im Jahr 2003.Bei den langfristigen Einlagenzinsen der MFIsgingen die Zinsen für langfristige Einlagen pri-vater Haushalte (also Einlagen mit einer verein-barten Laufzeit von mehr als zwei Jahren) zwi-schen Januar und Dezember 2003 um rund 80Basispunkte auf etwa 2,4 % zurück.

AKTIENKURSE 2003 WELTWEIT IM AUFWINDDie Aktienkurse an den wichtigsten Märktenzogen im Jahr 2003 spürbar an und lagenerstmals seit 1999 am Jahresende über demKurs vom Jahresanfang (siehe Abbildung 14a);damit endete die seit März 2000 zu beobachten-

de Abwärtskorrektur an den Aktienmärkten.Der Kursanstieg ging mit einem deutlichenRückgang der impliziten Aktienkursvolatilität,die eine Messgröße für den Grad der Unsicher-heit der Marktteilnehmer darstellt, einher (sieheAbbildung 14b).

Im Allgemeinen wiesen die marktbreiten Ak-tienkursindizes in den Vereinigten Staaten, inJapan und im Euroraum 2003 ein ähnliches Ver-laufsmuster auf. Bis Mitte März gingen die Ak-tienkurse an diesen Märkten aufgrund der pes-simistischeren Aussichten für die Weltwirt-schaft, der gestiegenen Unsicherheit und derRisikoaversion der Anleger zurück. Alle dieseFaktoren hingen offenbar eng mit den verstärk-ten geopolitischen Spannungen und einem mög-lichen Krieg im Irak zusammen. Die offensicht-liche weltweite Flucht aus den Aktienmärktenwurde auch durch vermehrte Zweifel an der

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43EZB

Jahresbericht2003

Qualität der Unternehmensgewinne nach meh-reren Bilanzskandalen verstärkt. Bis zum Jah-resende wiesen die Aktienkurse an den wich-tigsten Märkten einen stabilen Aufwärtstrendauf. Die Erholung an den Aktienmärkten wurdevon der Normalisierung der Marktbedingungeneingeleitet, die aus der schwindenden Unsicher-heit zu Beginn der Kriegshandlungen im Irakresultierte. Im zweiten Halbjahr wurden die Ak-tienkurse von den sich kontinuierlich verbes-sernden Unternehmensgewinnen, der nachlas-senden Unsicherheit an den Aktienmärkten undgünstigeren Aussichten für die Weltwirtschaftweiter gestützt.

Insgesamt stiegen zwischen Ende 2002 undEnde 2003 die Aktienkurse in den VereinigtenStaaten gemessen am Standard-&-Poor’s-500-Index um 26 %. In Japan erhöhten sich die Ak-tienkurse gemessen am Nikkei 225 um 24 %,während der Dow-Jones-Euro-STOXX-Indexin diesem Zeitraum um 18 % zulegte.

In den Vereinigten Staaten dürfte auch ein EndeMai vom Kongress verabschiedetes Konjunk-turprogramm, das u. a. eine Senkung der Divi-denden- und Vermögenszuwachssteuern bein-haltete, zu den hohen Aktienkursgewinnen imBerichtsjahr beigetragen haben. Die verbesser-ten Unternehmensaussichten wurden von Er-tragsmeldungen der Unternehmen untermauert,die über weite Strecken des Jahres besser alserwartet ausfielen. Während die verbesserte Er-tragslage im ersten Halbjahr 2003 hauptsächlichauf erfolgreiche Kosteneinsparungen zurückzu-führen war, wirkte sich im zweiten Halbjahr diegünstigere allgemeine Geschäftsentwicklungzusätzlich positiv aus.

In Japan sanken die Aktienkurse in den erstenvier Monaten des Berichtsjahrs, da die amMarkt vorherrschende Unsicherheit bezüglichder notleidenden Kredite des japanischen Ban-kensektors die Aktienkurse weiterhin negativbeeinflusste. Überdies wirkte sich die Aufwer-tung des japanischen Yen gegenüber dem US-Dollar nachteilig auf die Aktienkurse exportori-entierter Unternehmen aus. Zwischen April undMitte September 2003 kam es am japanischen

Aktienmarkt zu einer kräftigen Erholung; ur-sächlich hierfür waren günstigere Konjunktur-daten, Meldungen über solidere Unternehmens-gewinne und möglicherweise auch von den US-Aktienmärkten ausgehende Dominoeffekte. AbMitte September stabilisierten sich die Aktien-kurse weitgehend.

Im Eurogebiet entwickelten sich die Aktienkur-se im Wesentlichen parallel zu den Kursbe-wegungen an den US-Märkten. Wie in den Ver-einigten Staaten resultierte der Anstieg derAktienkurse im Euroraum insgesamt aus dernachlassenden Unsicherheit an den Aktien-märkten sowie einer optimistischeren Einschät-zung der Aussichten für die Wirtschaft und dieUnternehmen. Die sektorale Analyse ergibt,dass für den allgemeinen Anstieg an den Ak-tienmärkten des Euroraums hauptsächlich derTechnologie- und Finanzsektor sowie der kon-junkturabhängige Konsumgütersektor verant-wortlich waren, die im Jahr 2002 verhältnismä-ßig größere Verluste verzeichnet hatten. Im Fi-nanzsektor dürften sich darüber hinaus dieVerbesserung der Finanzmarktkonditionen abApril 2003 sowie Bemühungen zur Kostensen-kung und niedrigere Wertberichtigungen positivauf die Ertragslage der Banken ausgewirkt ha-ben.

Zwischen Ende 2003 und dem 27. Februar 2004stiegen der Dow Jones Euro STOXX, der Stan-dard & Poor’s 500 und der Nikkei 225 weiter,und zwar um 5 %, 3 % bzw. 3 %; dies dürfte einweiterer Hinweis auf die verbesserte Ertragsla-ge der Unternehmen, niedrigere Langfristzinsenund einen erneuten Rückgang der Unsicherheitan den Aktienmärkten sein.

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44EZBJahresbericht2003

2001 2002 2003 2002 2003 2003 2003 2003 2003 2004Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Dez. Jan.

HVPI und seine KomponentenGesamtindex 2,3 2,3 2,1 2,3 2,3 1,9 2,0 2,0 2,0 1,9

Energie 2,2 -0,6 3,0 2,9 7,0 1,5 2,1 1,6 1,8 -0,4Verarbeitete Nahrungsmittel 2,9 3,1 3,3 2,6 3,1 3,3 3,1 3,8 3,8 3,3Unverarbeitete Nahrungsmittel 7,0 3,1 2,1 1,6 0,1 1,5 3,4 3,6 3,2 2,9Industrieerzeugnisse(ohne Energie) 0,9 1,5 0,8 1,2 0,7 0,9 0,7 0,8 0,7 0,6Dienstleistungen 2,5 3,1 2,5 3,1 2,7 2,6 2,4 2,4 2,3 2,5

Weitere Preis- und KostenindikatorenIndustrielle Erzeugerpreise 1) 2,1 -0,1 1,6 1,2 2,4 1,5 1,2 1,1 1,0 0,3Ölpreise (€ je Barrel) 2) 27,8 26,5 25,1 26,5 28,4 22,7 25,1 24,5 24,0 24,2Rohstoffpreise 3) -8,1 -0,9 -4,5 5,6 -3,2 -7,9 -5,8 -1,2 -0,2 5,1

Quellen: Eurostat, Thomson Financial Datastream und Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA).1) Ohne Baugewerbe.2) Brent Blend (für Terminlieferung in einem Monat).3) Ohne Energie. Angaben in Euro.

Tabel le 4 Preisentwicklung

(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

2.2 PREISENTWICKLUNG

Im Jahr 2003 betrug die Inflation nach demHVPI für den Euroraum insgesamt trotz derschleppenden Konjunktur und der Aufwertungdes Euro durchschnittlich 2,1 % und war damitlediglich 0,2 Prozentpunkte niedriger als inden beiden vorangegangenen Jahren (siehe Ta-belle 4). Ausschlaggebend für den Rückganggegenüber 2002 waren vor allem die im Vor-jahrsvergleich gesunkenen durchschnittlichenWachstumsraten der Preise für Industrieerzeug-nisse ohne Energie und für Dienstleistungen,die auch zu einer Abnahme der durchschnitt-lichen Wachstumsrate des HVPI ohne unverar-beitete Nahrungsmittel und Energie auf 2,0 %führten (nach 2,5 % im Jahr 2002). In dieserHinsicht bildete der Verlauf des HVPI ins-gesamt im Berichtsjahr die Entwicklung der vo-latileren Teilkomponenten ab, d. h. der Preisefür Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel.Der Kostendruck blieb 2003 moderat, da die Er-zeugerpreise gemäßigte Zuwachsraten aufwie-sen und das Wachstum der nominalen Arbeits-kosten nachließ. Das sich angesichts einerschwachen Konjunktur verlangsamende Wachs-tum der Arbeitsproduktivität führte jedoch imersten Halbjahr 2003 zu einem Anstieg der Zu-wachsrate bei den Lohnstückkosten.

Im Januar 2004 sank die Inflation nach dem HVPIinsgesamt auf 1,9 %, was einer Abnahme von0,1 Prozentpunkten gegenüber Dezember 2003entspricht. Dies war im Wesentlichen auf kräftigeBasiseffekte im Bereich der Energie- und Tabak-preise zurückzuführen, die teilweise durch denvon administrierten Preisen und Änderungen indi-rekter Steuern ausgehenden Aufwärtsdruck kom-pensiert wurden. Die Jahresänderungsrate desHVPI ohne Energie und unverarbeitete Nahrungs-mittel blieb unverändert bei 1,9 %.

HEADLINE-INFLATION SPIEGELTE DIE ENTWICK-LUNG DER VOLATILEREN KOMPONENTEN WIDERDie HVPI-Gesamtinflation folgte den ganzenBeobachtungszeitraum hindurch einem recht er-ratischen Verlaufsmuster (siehe Abbildung 15).So stieg die Teuerungsrate Anfang 2003zunächst an, da die geopolitischen Unsicherhei-ten im Zusammenhang mit dem Krieg im Irakdie Energiepreise in die Höhe trieben. Sobaldsich diese Unsicherheiten verringert hatten undwährend der Euro gegenüber dem US-Dollarweiter aufwertete, sank der Beitrag der Energie-preise, und die Headline-Inflation setzte ihreabwärts gerichtete Tendenz fort; im Mai ver-zeichnete sie mit 1,8 % den niedrigsten Anstiegseit drei Jahren. Im zweiten Halbjahr 2003schwankte die Inflation jedoch um die 2 %-Marke, was im Wesentlichen zwei gegenläufi-

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45EZB

Jahresbericht2003

gen Einflüssen zuzuschreiben war: Einerseitsnahm der Beitrag der Nahrungsmittelpreise zu(die Preise für unverarbeitete Nahrungsmittelstiegen infolge der Hitzewelle in Europa, undauch die Preise für verarbeitete Nahrungsmittelzogen aufgrund einer höheren Besteuerung vonTabakwaren an) und andererseits sank der Bei-trag der Energiepreise gegenüber dem erstenHalbjahr aufgrund der Euro-Aufwertung, dieden Einfluss der gestiegenen, in US-Dollar de-nominierten Ölpreise abschwächte (siehe Ab-bildung 16).

Die Headline-Inflation zeigte sich 2003 vor al-lem gegenüber der schwachen Konjunktur und

– trotz einiger indirekter Einflüsse über dieEnergiepreise – gegenüber dem Kursanstieg desEuro stabil. Dies galt auch für den HVPI ohneEnergie und unverarbeitete Nahrungsmittel.

Die Preise für verarbeitete Nahrungsmittel wur-den im Jahr 2003 vor allem durch die steigendenTabakpreise bestimmt. Diese waren die Folgeeiner Erhöhung der indirekten Steuern in eini-gen Ländern, sowohl in den ersten Monaten desJahres als auch insbesondere im späteren Jah-resverlauf. So verzeichnete diese wichtige Teil-komponente einen Beitrag von etwa 0,4 Pro-zentpunkten zur Gesamtinflation.

Abbildung 15 HVPI-Inflationsrate undwichtige Teilkomponenten

(Veränderung gegen Vorjahr in %; Monatswerte)

Quelle: Eurostat.

HVPI insgesamt (linke Skala)Unverarbeitete Nahrungsmittel (rechte Skala)Energie (rechte Skala)

HVPI insgesamt (ohne Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel)Verarbeitete NahrungsmittelIndustrieerzeugnisse (ohne Energie)Dienstleistungen

1999 2000 2001 2002 2003-2

0

2

4

6

-6

-3

0

3

6

9

12

15

18

1999 2000 2001 2002 2003-2

0

2

4

6

-2

0

2

4

6

Abbildung 16 Beitrag der HVPI-Teilkompo-nenten zur Inf lationsrate

(jährlicher Beitrag in Prozentpunkten; Monatswerte)

Quelle: Eurostat.

GesamtindexDienstleistungenIndustrieerzeugnisse (ohne Energie)Verarbeitete NahrungsmittelUnverarbeitete NahrungsmittelEnergie

Q1 Q2 Q3 Q42002 2003

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

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46EZBJahresbericht2003

Kasten 4

INFLATIONSUNTERSCHIEDE IM EURORAUM: MÖGLICHE URSACHEN UND WIRTSCHAFTSPOLITISCHEIMPLIKATIONEN

Die Unterschiede in der Inflationsentwicklung der Euro-Länder, die sich an mehreren Indikato-ren zur Inflationsstreuung ablesen lassen, haben sich in den Neunzigerjahren deutlich verrin-gert. Seit Beginn der dritten Stufe der WWU im Jahr 1999 nahmen die Inflationsunterschiedeweiter ab und erreichten in der zweiten Jahreshälfte 1999 einen Tiefstand. Bis Anfang 2001vergrößerte sich die Streuung dann aber wieder etwas. Danach blieben die Inflationsunterschie-de im Eurogebiet weitgehend unverändert, bevor sie im Berichtsjahr erneut rückläufig warenund annähernd auf das Niveau der zweiten Hälfte des Jahres 1999 sanken. Insgesamt unter-scheidet sich das derzeitige Ausmaß der Inflationsstreuung im Euroraum nicht wesentlich vonjenem in den Vereinigten Staaten.

1 Auf Basis der durchschnittlichen jährlichen Inflationsraten von 1999 bis 2003.

Inflationsstreuung im Euroraum

(Standardabweichung in Prozentpunkten)

Quelle: Eurostat.

Ungeachtet der im historischen Kontext derzeit geringen Inflationsstreuung im Euroraum kames in den vergangenen vier Jahren zu relativ dauerhaften Unterschieden in den Teuerungsraten.Mit Ausnahme Belgiens, Frankreichs, Luxemburgs und Finnlands wurde in allen Euro-Ländernein entweder dauerhaft niedrigeres oder ein anhaltend höheres Inflationsniveau als im Durch-schnitt des Euro-Währungsgebiets seit 1999 verzeichnet.1 Vor allem Griechenland, Spanien,Irland, die Niederlande und Portugal wiesen verhältnismäßig hohe und anhaltend positive Infla-tionsgefälle gegenüber dem Eurogebiet auf, die sich jedoch seit 2002 (Portugal) bzw. im Jahres-verlauf 2003 (Spanien, Griechenland und Irland) zu verringern begannen. In den Niederlandenwurde das Inflationsgefälle gegenüber dem Euroraum sogar kürzlich negativ. In Deutschlandund Österreich wurden indes dauerhaft unterdurchschnittliche Inflationsraten registriert. In die-

Gewichtete StandardabweichungUngewichtete Standardabweichung

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

2. Stufe der WWU 3. Stufe der WWU1. Stufe der WWU

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

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47EZB

Jahresbericht2003

sem Kasten werden die potenziellen Ursachen und die wirtschaftspolitischen Auswirkungen derInflationsstreuung im Euroraum kurz umrissen.2

Mögliche Ursachen

Im Hinblick auf die Inflationsdifferenziale im Euro-Währungsgebiet ist zu betonen, dass dieEinführung der einheitlichen Geldpolitik eine Systemänderung darstellte, die sich mehrere Jahreauf den Preisbildungsprozess auswirken dürfte. So führte insbesondere der Übergang zur drit-ten Stufe der WWU zu einem starken Rückgang der Zinssätze in Irland, Portugal und Spaniensowie später auch in Griechenland, also jenen Ländern, in denen die Inflationsraten systema-tisch über dem Durchschnitt des Eurogebiets vor Mitte der Neunzigerjahre lagen. In den meistenanderen Euro-Ländern waren diese nominalen Konvergenzeffekte wesentlich schwächer ausge-prägt. Allerdings dürften Grad und Dauer der Inflationsstreuung, die aus der Anpassung an dasneue geldpolitische Regime resultiert, durch den von Inflationsunterschieden ausgehenden aus-gleichenden Effekt der veränderten nationalen Wettbewerbsfähigkeit gering gehalten werden.So sollten Länder mit unterdurchschnittlichen Inflationsraten von einer Steigerung der Wettbe-werbsfähigkeit und kurzfristig auch von dem vergleichsweise geringeren negativen Einfluss derInflation auf das real verfügbare Einkommen und den realen Wohlstand profitieren. Indes dürf-ten Länder mit überdurchschnittlichen Inflationsraten ceteris paribus von einem Verlust derWettbewerbsfähigkeit und stärkeren negativen Auswirkungen der Inflation auf das reale Ein-kommen und den Wohlstand betroffen sein.

Neben den Sondereffekten im Zusammenhang mit der dritten Stufe der WWU dürften die beob-achteten Inflationsunterschiede durch das Zusammenwirken von Faktoren mit vorübergehenderund solchen mit dauerhafterer Wirkung auf die Inflationsentwicklung verursacht worden sein.Bei den temporären Faktoren wichen wirtschaftspolitische Einmalmaßnahmen, wie etwa Ände-rungen der administrierten Preise oder der indirekten Steuern, in den einzelnen Ländernvoneinander ab und trugen damit zur divergierenden Inflationsentwicklung bei. Diese Maßnah-men scheinen die seit Beginn der dritten Stufe der WWU festgestellten Inflationsdifferenzialejedoch nur in geringem Ausmaß zu erklären und dürften auch in Zukunft nicht weiter ins Ge-wicht fallen, sofern die nationalen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Euro-Länder künftignicht stärker voneinander abweichen. Ferner kann sich das im Euroraum uneinheitliche Tempobei der Umsetzung von Strukturreformen vorübergehend in größeren Inflationsdifferenzialenniederschlagen. Auch das (aufgrund von nationalen Unterschieden im Öffnungsgrad gegenüberdem Handel mit Drittländern und im Grad der Erdölabhängigkeit) unterschiedliche Ausmaß,in dem die einzelnen Länder externen Schocks ausgesetzt sind, scheint – wenn auch zeitlichbegrenzt – zu den Inflationsdifferenzialen beizutragen.

Darüber hinaus besteht ein Zusammenhang zwischen Konjunkturlage und Inflationsraten: InEuro-Ländern mit überdurchschnittlichen Inflationsraten wurden die im Schnitt kräftigsten Zu-wachsraten bei der Inlandsnachfrage und relativ große positive Produktionslücken verzeichnet.Das Gegenteil trifft auf Staaten des Euroraums mit unterdurchschnittlichen Inflationsraten zu.Länderübergreifende Unterschiede in der finanzpolitischen Ausrichtung – insbesondere inStaaten wie Griechenland und Irland, wo die Fiskalpolitik in den vergangenen Jahren einen

2 Eine eingehendere Analyse und Erörterung der Inflationsstreuung im Euro-Währungsgebiet wurde am 30. September 2003 unter demTitel „Inflation differentials in the euro area: potential causes and policy implications“ auf der Website der EZB veröffentlicht.

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48EZBJahresbericht2003

verhältnismäßig expansiven Kurs verfolgte – können ebenfalls zur Erklärung der Inflationsdif-ferenziale herangezogen werden.

Was schließlich die Faktoren mit anhaltenderer Wirkung auf die Teuerung betrifft, könnenInflationsunterschiede in Griechenland, Irland, Portugal und – in geringerem Umfang – in Spa-nien u. a. auch auf eine Preisniveau- und Einkommenskonvergenz bzw. auf den so genanntenBalassa-Samuelson-Effekt3 zurückzuführen sein. Umgekehrt können die geringen Unterschiedeim Produktivitätswachstum des Sektors der handelbaren und des Sektors der nicht handelbarenGüter dazu beigetragen haben, dass in Deutschland die Inflation unter dem Durchschnitt lag.Nach vorliegenden Schätzungen waren die Inflationsunterschiede zwischen einigen Länderndes Euroraums jedoch wesentlich größer als vom Balassa-Samuelson-Modell ableitbar wäre.Sonstige strukturelle Faktoren, wie Lohn- und Preisrigiditäten oder ein unterschiedlicher Wett-bewerbsgrad an wichtigen nationalen Märkten, mögen die beobachteten Inflationsunterschiedeund deren Dauerhaftigkeit ebenfalls beeinflusst haben. Hier zeigen empirische Studien, dass dierelative Stärke des Wettbewerbs offenbar einen wichtigen Parameter darstellt, um das Ausmaßund die Volatilität von relativen Preisänderungen als Reaktion auf Schocks in den Ländern desEurogebiets zu erklären. Aufgrund der auf lange Sicht zu erwartenden Preisniveau- und Ein-kommensangleichung dürfte die Fortsetzung des Konvergenzprozesses in den Euro-Ländernauf jeden Fall eine geringere Inflationsstreuung nach sich ziehen. Angesichts der derzeitigenHeterogenität der nationalen Wirtschaftsstrukturen und der unterschiedlichen Intensität, mit derdie einzelnen Staaten von idiosynkratischen Schocks betroffen sind, ist jedoch davon auszuge-hen, dass es auch künftig gewisse Inflationsunterschiede geben wird.

Wirtschaftspolitische Implikationen

Seit Beginn der dritten Stufe der WWU ist es nicht mehr möglich, regionalen wirtschaftlichenUngleichgewichten und (asymmetrischen) Schocks in den Ländern des Euroraums mit demInstrument der Geldpolitik zu begegnen. Die einheitliche Geldpolitik der EZB kann vielmehrnur darauf ausgerichtet sein, das Ziel der Preisstabilität für das Eurogebiet als Ganzes zu errei-chen. Wie in jeder Währungsunion spiegeln Inflationsunterschiede zwischen den Euro-Ländernunterschiedliche regionale Preisdynamiken und Anpassungen der relativen Preise wider undkönnen als solches nicht durch die einheitliche Geldpolitik beseitigt werden. Gleichzeitig räumtdie EZB im Rahmen ihrer geldpolitischen Strategie bei der Festlegung des Sicherheitsspiel-raums für die zulässige Inflation im Eurogebiet unvermeidbaren Inflationsunterschieden einegewisse, wenn auch untergeordnete Rolle ein, da deren Vorhandensein Auswirkungen auf dieRegionen mit niedrigeren Inflationsraten haben könnte. Angesichts der Tatsache, dass die Geld-politik häufig mit Blick auf die nationalen Inflationsraten und ihre Bedeutung für die Wirt-schaftspolitik der einzelnen Länder diskutiert wird, wird die Erläuterung von Inflationsunter-schieden auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit der EZB spielen.

3 Der Balassa-Samuelson-Effekt liefert die Erklärung dafür, dass die Preise nicht handelbarer Güter normalerweise schneller steigenals die Preise handelbarer Güter, da das Produktivitätswachstum im Sektor der nicht handelbaren Güter im Allgemeinen geringer ist.Wenn die Löhne im Sektor der handelbaren Güter durch den Produktivitätszuwachs in die Höhe getrieben werden, steigen die Löhneim Sektor der nicht handelbaren Güter tendenziell ebenfalls. Weil den Lohnerhöhungen im Sektor der nicht handelbaren Güter keineentsprechenden Produktivitätsgewinne gegenüberstehen, steigen die Arbeitskosten und Preise in diesem Sektor rascher. Angesichtsder Tatsache, dass die Preise im Sektor der handelbaren Güter international festgesetzt werden, ist in Ländern mit großen Unterschie-den im Produktivitätszuwachs der einzelnen Sektoren tendenziell ein höherer Anstieg des Gesamtpreisindex zu verzeichnen.

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49EZB

Jahresbericht2003

Große und anhaltende Inflationsunterschiede mögen die auf nationaler Ebene in einigen Länderndurchgeführten Maßnahmen zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Verschlechterung derWettbewerbsfähigkeit rechtfertigen. Die nationalen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, etwaim Bereich der Finanz- oder Strukturpolitik, sollten jedoch so abgestimmt werden, dass anhal-tenden und potenziell schädlichen Inflationsunterschieden entgegengewirkt wird. Struktur-reformen, insbesondere Maßnahmen, die auf einen Abbau der nominalen Lohn- und Preisrigidi-täten ausgerichtet sind und zu einem diversifizierteren Lohnbildungsprozess in den einzelnenEuro-Ländern beitragen, können die zur Bekämpfung von Schocks (einschließlich einer zeitlichbesser abgestimmten Reaktion der nationalen Preise auf Schocks) erforderlichen Lohn- undPreisanpassungen beschleunigen. Solche Maßnahmen würden ihrerseits die Wahrscheinlichkeitdauerhafter Inflationsunterschiede im Euro-Währungsgebiet verringern. Aufgrund der großenzeitlichen Verzögerung, mit der finanzpolitische Impulse greifen, scheint die Fiskalpolitik zurkurzfristigen Feinabstimmung von Inflationsentwicklungen schlecht geeignet. Sie kann jedochdurchaus herangezogen werden, um Inflationsdifferenziale auf längere Sicht zu beseitigen, undzwar besonders dann, wenn in einem Land dauerhaft positive Inflationsunterschiede verzeichnetwerden.

Ausgehend von dem verhältnismäßig hohen Ni-veau des Jahres 2002 kam es im Berichtsjahr beiden Dienstleistungspreisen zu einem allmäh-lichen Wachstumsrückgang. Im Vorjahrsver-gleich bewegte sich das Wachstum der Dienst-leistungspreise über das Jahr hinweg tenden-ziell nach unten und erreichte im Dezember mit2,3 % einen Stand, der rund 0,7 Prozentpunkteniedriger war als im Dezember 2002. Infolge-dessen sank der Beitrag der Dienstleistungs-preise zur Gesamtinflation auf etwa 1,0 Pro-zentpunkte, was aber dennoch über weite Stre-cken des Jahres 2003 fast der Hälfte derHVPI-Inflationsrate entsprach. Die jährlicheInflationsrate der Erzeugerpreise (ohne Ener-gie) blieb dagegen im gesamten Jahr mehr oderweniger konstant bei ungefähr 0,8 % und wardamit rund halb so hoch wie der Anstieg derTeuerungsrate 2002. Dies schlug sich in einemBeitrag dieser Teilkomponente zur Gesamtin-flation von etwa 0,2 Prozentpunkten nieder.

Nachdem die Inflationsstreuung im Euro-Wäh-rungsgebiet in den beiden vorangegangenenJahren weitgehend unverändert geblieben war,verringerte sie sich im Verlauf des Jahres 2003.In Kasten 4 werden mögliche Ursachen der be-stehenden Inflationsunterschiede im Euroraumdargestellt und analysiert.

Die Inflationswahrnehmung in der Öffentlich-keit, die anhand des qualitativen Indikators derEuropäischen Kommission – der „gefühlten In-flation“ in den letzten zwölf Monaten – gemes-sen wird, wies in der ersten Jahreshälfte 2003einen allmählichen Rückgang auf. Diese Ent-wicklung wurde allerdings in den Sommermo-naten unterbrochen, als die Preise für unverar-beitete Nahrungsmittel infolge der Hitzewelle inEuropa anzogen. Dies bestätigt in gewisserWeise die Einschätzung, dass die Inflations-wahrnehmung der Verbraucher weitgehend vonder Preisentwicklung bei den häufig erworbe-nen Waren beeinflusst wird, die überwiegendder Ausgabenkategorie „Barausgaben“ (Out-of-Pocket-Käufe) angehören. Außerdem lässt sichdadurch auch die stärkere Volatilität der Infla-tionswahrnehmung erklären. Im zweiten Halb-jahr 2003 schien sich die gefühlte Inflation derVerbraucher auf einem historisch vergleichs-weise hohen Niveau gefestigt zu haben. DieInflationserwartungen für die folgenden zwölfMonate blieben dagegen im gesamten Berichts-jahr auf einem historisch sehr niedrigen Stand.

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50EZBJahresbericht2003

Abbildung 17 Industriel le Erzeugerpreise

(Veränderung gegen Vorjahr in %; Monatswerte)

Quelle: Eurostat.

Industrie ohne Baugewerbe (rechte Skala) Vorleistungsgüter (rechte Skala)Investitionsgüter (rechte Skala)Konsumgüter (rechte Skala)Energie (linke Skala)

1999 2000 2001 2002 2003-12

-8

-4

0

4

8

12

16

20

24

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

MODERATER PREISDRUCK AUF DER ERZEUGER-STUFEDie jährliche Steigerungsrate der gesamten in-dustriellen Erzeugerpreise (ohne Baugewerbe)ging im Jahresverlauf 2003 zurück und spiegel-te die Auswirkungen der Euro-Aufwertung wi-der, die den Einfluss der gestiegenen Öl- undsonstigen Rohstoffpreise kompensierten (sieheAbbildung 17). Dies führte zu einem durch-schnittlichen jährlichen Anstieg der Erzeuger-preise von 1,6 % im Berichtsjahr. Das schwachekonjunkturelle Umfeld könnte ebenfalls dazubeigetragen haben, dass die Unternehmen dieErzeugerpreise fast im gesamten Jahr nicht er-höhten.

Der Verlauf der jährlichen Steigerungsrate derErzeugerpreise insgesamt war im Jahr 2003 imWesentlichen durch die Entwicklung der Preisefür Energie und Vorleistungsgüter geprägt. Un-ter dem Einfluss der Ölpreisentwicklung stiegdie Jahresänderungsrate der Energiepreise fürdie Industrie in den ersten Monaten des Jahresan, ließ aber anschließend aufgrund der sinken-den Ölpreise und der Aufwertung des Eurowieder nach. Die jährliche Steigerungsrate derPreise für Vorleistungsgüter, die sich im Ge-samtjahr 2003 auf durchschnittlich 0,8 % belief,fiel in der ersten Jahreshälfte höher aus undging dann im zweiten Halbjahr zurück, als dieAuswirkungen des Wechselkursanstiegs durch-schlugen. Wie üblich wiesen die anderen beidenHauptkomponenten der Erzeugerpreise insge-samt, die Investitions- und Konsumgüterpreise,wesentlich stabilere Steigerungsraten gegenü-ber dem Vorjahr auf. Dies lässt den Schluss zu,dass die schwache Nachfrage die Unternehmendavon abgehalten haben dürfte, die Anfang2003 verzeichnete Erhöhung der Preise fürEnergie und Vorleistungsgüter auf spätere Pro-duktionsstufen zu verlagern. Die durchschnitt-liche Jahreswachstumsrate der Preise für Kon-sumgüter belief sich auf 1,1 %, die für Investi-tionsgüter auf 0,4 %.

WACHSTUM DER NOMINALEN ARBEITSKOSTENFLACHTE 2003 ABDer seit 1999 beobachtete allmähliche Auf-wärtstrend bei den Zuwachsraten der Arbeits-

und Lohnkostenindikatoren im Euroraumschwächte sich zu Beginn des Jahres 2003 ab(siehe Tabelle 5). Das Wachstum des Arbeit-nehmerentgelts je Arbeitnehmer verlangsamtesich im zweiten Halbjahr 2002 und blieb in denersten drei Quartalen 2003 weitgehend unver-ändert.

Die vorliegenden Angaben zum Arbeitnehmer-entgelt je Arbeitnehmer deuten für die erstendrei Quartale 2003 auf einige bemerkenswerteUnterschiede auf der sektoralen Ebene hin. Sostieg die Zuwachsrate im Baugewerbe im erstenHalbjahr 2003 an und ging dann etwas zurück,während in der Industrie ohne Baugewerbe of-fensichtlich im gesamten Jahr ein allmählicherRückgang zu verzeichnen war. Im Dienstleis-tungssektor insgesamt scheint sich das Wachs-tum des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer2003 stabilisiert zu haben. In einigen Teilsekto-ren waren jedoch gegenläufige Bewegungen zubeobachten. So ließ die in den ersten beidenQuartalen verzeichnete Wachstumsbeschleuni-

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51EZB

Jahresbericht2003

Abbildung 18 Arbeitsentgelt je Arbeitneh-mer nach Sektoren

(Veränderung gegen Vorjahr in %; Quartalswerte)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.

Industrie ohne BaugewerbeBaugewerbeDienstleistungen

1999 2000 2001 2002 20030,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

2001 2002 2003 2002 2003 2003 2003 2003Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

Tarifverdienste 2,6 2,7 2,4 2,7 2,7 2,4 2,5 2,2Gesamtarbeitskosten pro Stunde 3,3 3,5 . 3,5 3,1 3,2 2,9 .Monatliche Bruttoverdienste 2,9 3,0 . 3,1 2,9 2,8 2,6 .Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 2,8 2,6 . 2,5 2,6 2,7 2,6 .Arbeitsproduktivität 0,2 0,4 . 0,9 0,6 0,0 0,2 .Lohnstückkosten 2,6 2,2 . 1,6 2,0 2,7 2,4 .

Quellen: Eurostat, nationale Angaben und EZB-Berechnungen.

Tabelle 5 Arbeitskostenindikatoren

(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

gung im Bereich der marktbestimmten Dienst-leistungen (darunter Handel, Gastgewerbe,Finanz- sowie Unternehmensdienstleistungen)im dritten Vierteljahr nach, während die Zu-wachsrate bei den nicht marktbestimmtenDienstleistungen im dritten Quartal anzog. Die-se Entwicklungen lassen vermuten, dass sichhinter dem in den ersten drei Quartalen ver-zeichneten Rückgang des Arbeitskostenan-stiegs in der Industrie die niedrigeren Zuwachs-raten in der Industrieproduktion verbergenkönnten. Die Entwicklung der Arbeitskostenim Dienstleistungsbereich kann angesichts deshöheren Arbeitskostenanteils in diesem Sektorunter anderem ebenfalls herangezogen werden,um die Robustheit der Dienstleistungspreise imGesamtjahr zu erklären.

Die Zuwachsrate der Tarifverdienste ging 2003im Vorjahrsvergleich zurück, und auch die mo-natlichen Bruttoverdienste scheinen einem ähn-lichen Trend gefolgt zu sein. Eine beträchtlicheVerringerung des Arbeitskostenwachstums warauch gemessen an den Arbeitsstunden festzu-stellen, da die Zuwachsrate der Arbeitskostenpro Stunde in den ersten drei Quartalen 2003niedriger war als im Durchschnitt der Jahre2001 und 2002.

Da die Zunahme des Arbeitnehmerentgelts jeArbeitnehmer in den ersten drei Quartalen desBerichtsjahrs nahezu unverändert blieb, führtedas geringere Produktivitätswachstum im zwei-ten und dritten Vierteljahr 2003 zu einem An-stieg der Lohnstückkosten gegenüber dem Vor-jahr von 2,0 % im ersten, 2,7 % im zweiten und

2,4 % im dritten Quartal. Die Entwicklung derGewinnzuschläge, gemessen an der Lücke zwi-schen der jährlichen Wachstumsrate des BIP-Deflators und der Lohnstückkosten, deutet dar-auf hin, dass der verzögerte Konjunkturauf-schwung im Euroraum weiter Druck auf dieGewinne ausübte. Im zweiten Halbjahr trug einmoderates Anziehen des Produktivitätswachs-tums allerdings dazu bei, den Anstieg der Lohn-stückkosten zu bremsen.

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52EZBJahresbericht2003

Veränderung gegen Vorjahr 1) Veränderung gegen Vorquartal 2)

2001 2002 2003 2002 2003 2003 2003 2003 2002 2003 2003 2003 2003Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

Reales Bruttoinlandsprodukt 1,6 0,9 0,4 1,1 0,7 0,1 0,3 0,6 0,0 0,0 -0,1 0,4 0,3Darunter:Inländische Verwendung 1,0 0,3 1,0 0,9 1,3 1,0 0,5 1,3 0,3 0,4 0,1 -0,2 1,0

Private Konsumausgaben 1,7 0,1 1,0 0,6 1,3 1,0 0,9 0,7 0,3 0,4 0,0 0,2 0,1Konsumausgaben des Staates 2,5 2,9 1,9 2,2 1,9 1,7 1,8 2,3 0,1 0,5 0,6 0,6 0,6Bruttoanlageinvestitionen -0,3 -2,8 -1,2 -1,6 -1,9 -0,8 -1,2 -0,8 0,3 -0,9 -0,4 -0,2 0,6Vorratsveränderungen 3), 4) -0,5 0,2 0,3 0,5 0,5 0,2 -0,1 0,5 0,0 0,2 0,1 -0,4 0,7

Außenbeitrag 3) 0,7 0,6 -0,6 0,2 -0,5 -0,8 -0,2 -0,6 -0,2 -0,4 -0,2 0,6 -0,7Exporte 5) 3,4 1,5 0,0 3,6 1,9 -1,5 -0,5 0,1 -0,4 -1,5 -0,9 2,3 0,2Importe 5) 1,7 -0,1 1,5 3,3 3,6 0,8 0,0 1,8 0,3 -0,6 -0,4 0,8 2,1

Reale BruttowertschöpfungDarunter:

Industrie (ohne Baugewerbe) 0,5 0,2 -0,1 1,4 0,7 -1,0 -0,6 0,7 -0,6 0,3 -0,8 0,5 0,7Baugewerbe -0,6 -1,1 -0,8 -1,5 -2,0 -0,4 -0,4 -0,4 0,0 -0,6 0,1 0,0 0,1Rein marktbestimmteDienstleistungen 6) 3,1 1,1 0,7 1,1 0,9 0,4 0,9 0,6 0,2 -0,1 0,1 0,7 -0,1

Tabelle 6 Zusammensetzung des realen BIP-Wachstums

(soweit nicht anders angegeben, Veränderung in %; saisonbereinigt)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.1) Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahrszeitraum in %.2) Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %.3) Als Beitrag zum realen BIP-Wachstum; in Prozentpunkten.4) Einschließlich Nettozugang an Wertsachen.5) Exporte und Importe umfassen Waren und Dienstleistungen sowie den grenzüberschreitenden Handel innerhalb des Euroraums. DieAngaben zu den Importen und Exporten in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sind nicht um den Handel innerhalb des Euro-raums bereinigt. Diese Angaben sind daher nicht vollständig mit den Zahlungsbilanzdaten vergleichbar.6) Umfasst Handel, Verkehr, Reparaturen, Gastgewerbe, Nachrichtenübermittlung, Finanzdienstleistungen, Dienstleistungen für Unter-nehmen sowie Dienstleistungen des Grundstücks- und Wohnungswesens.

2.3 PRODUKTIONS-, NACHFRAGE- UND ARBEITS-MARKTENTWICKLUNG

KONJUNKTURERHOLUNG IM JAHR 2003In der zweiten Jahreshälfte 2003 gewann dieKonjunktur im Euro-Währungsgebiet an Fahrt,nachdem sie seit dem vierten Quartal desVorjahres weitgehend stagniert hatte (siehe Ta-belle 6). Frühere Wachstumserwartungen für dasJahr 2003 insgesamt mussten allerdings zurück-geschraubt werden. Das Wachstum des realenBIP betrug 0,4 % und verlangsamte sich gegenü-ber 0,9 % im Jahr 2002 weiter; damit blieb es dasdritte Jahr in Folge hinter dem Potenzialwachs-tum zurück. Des Weiteren zeigte sich die Ent-wicklung am Arbeitsmarkt das ganze Jahr übergedämpft. Durch diese Eintrübung erhöhte sichdie Notwendigkeit, die strukturelle Flexibilitätdes Euroraums zu verbessern und die Anfällig-keit gegenüber Schocks zu verringern. In Kasten5 werden die Fortschritte bei der Umsetzung derEU-Reformagenda näher dargestellt.

Zur schwachen Konjunkturlage am Jahres-beginn 2003 trugen mehrere Faktoren bei,darunter der anhaltende weltweite Konjunktur-abschwung. Darüber hinaus führte das hoheMaß an Unsicherheit im Vorfeld des Irak-Kriegs zu einem weiteren Schwinden des Ver-braucher- und Unternehmervertrauens. GegenMitte des Jahres ließ die geopolitische Unge-wissheit allmählich nach und schuf Raum fürwachsendes Vertrauen und einen von der Aus-landsnachfrage getragenen konjunkturellenAufschwung.

EXPORTE STÜTZTEN ERHOLUNG AUF DERAUSGABENSEITEFür das Anziehen der Konjunktur im zweitenHalbjahr 2003 waren die positiven Auswirkun-gen der steigenden Auslandsnachfrage auf dieExporte des Euroraums verantwortlich. DieserEinfluss wurde allerdings durch die Aufwer-tung des Euro gedämpft. Der Wachstumsbeitragdes Außenhandels, der sich im dritten Quartal

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53EZB

Jahresbericht2003

Kasten 5

FORTSCHRITTE BEI DEN STRUKTURREFORMEN AN DEN ARBEITS- UND GÜTERMÄRKTEN IMEURORAUM

Strukturreformen an den Arbeits- und Gütermärkten sind von zentraler Bedeutung, wenn esdarum geht, das Potenzialwachstum des Euroraums zu erhöhen und Anpassungen an den wirt-schaftlichen Wandel zu erleichtern. Angesichts des dämpfenden Einflusses, den die Bevölke-rungsalterung auf das Arbeitskräfteangebot ausüben dürfte, rücken Maßnahmen zur Steigerungdes Potenzialwachstums immer stärker in den Vordergrund. Der Europäische Rat von Lissabonim März 2000 widmete sich der Notwendigkeit, den rechtlichen Rahmen der EU zu modernisie-ren, und verabschiedete eine Reformagenda mit dem ehrgeizigen Ziel, die EU bis 2010 zumwettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu ma-chen. In diesem Kasten werden die in den letzten Jahren und insbesondere im Jahr 2003 bei derUmsetzung der EU-Reformagenda erzielten Fortschritte im Überblick dargestellt.

Im Zuge des Cardiff-Prozesses überwacht und beurteilt die EU die Funktionsweise der Güter-märkte, während die Evaluierung der Arbeitsmarktreformen dem Luxemburg-Prozess unter-liegt. Im Rahmen dieser beiden Verfahren werden die Reformschritte in jedem einzelnen Landuntersucht und die hierbei gewonnenen Erkenntnisse in die Grundzüge der Wirtschaftspolitikeingearbeitet, in denen die übergeordneten Prioritäten für die verschiedenen wirtschaftspoliti-schen Bereiche festgelegt sind. Diese Prioritäten wiederum bilden die Grundlage für die wirt-schaftspolitischen Empfehlungen, die für jeden EU-Mitgliedstaat formuliert werden.1

Im Hinblick auf die Arbeitsmärkte unterstreichen die für den Zeitraum von 2003 bis 2005beschlossenen Grundzüge der Wirtschaftspolitik die Notwendigkeit, a) die kombinierten An-reizeffekte der Steuer- und Sozialleistungssysteme so zu verbessern, dass Arbeit sich lohnt,b) die Effizienz der aktiven Arbeitsmarktpolitik, die auf die am stärksten benachteiligten Grup-pen zugeschnitten ist, zu gewährleisten, c) eine flexiblere Arbeitsorganisation zu fördern unddas Arbeitsvertragsrecht zu überarbeiten, d) die geographische und berufliche Mobilität zuerleichtern und e) sicherzustellen, dass die Tarifverhandlungssysteme so gestaltet werden, dassdie Löhne die Produktivitätsentwicklung besser widerspiegeln.

Mehrere Länder haben ihre Steuer- und Sozialleistungssysteme mit dem Ziel reformiert, dieLohnnebenkosten zu senken und das Arbeitskräfteangebot zu erhöhen. Dabei wurden die Steu-ersätze in der unteren und mittleren Einkommensverteilung verringert und die Sozialversiche-rungsbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern insbesondere bei den Geringverdienernreduziert. Ein weiterer Fortschritt bestand darin, dass die Erwerbsbeteiligung von Personen, dieam Rand des Arbeitsmarkts stehen, angehoben werden konnte. Einige Mitgliedstaaten haben diePosition von Zeitarbeitsfirmen gestärkt und verschiedene Hindernisse in Bezug auf Teilzeitar-beit aus dem Weg geräumt.

Im Großen und Ganzen haben die meisten EU-Länder im Jahr 2003 Arbeitsmarktreformendurchgeführt. Berücksicht man allerdings auch das noch immer hohe Niveau der strukturellenArbeitslosigkeit, dann scheinen die Reformen hinter dem zurückzubleiben, was die Regierun-

1 Empfehlung des Rates vom 26. Juni 2003 zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft. DieGrundzüge der Wirtschaftspolitik 2003 wurden für den Zeitraum von 2003 bis 2005 verabschiedet.

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54EZBJahresbericht2003

gen in Aussicht gestellt haben. So wurden nur mäßige Fortschritte dabei erzielt, mehr Menschenin den Arbeitsmarkt zu integrieren, stärker in die Bildung von Humankapital zu investieren unddie Anpassungsfähigkeit von Arbeitnehmern und Unternehmen an sich wandelnde gesamtwirt-schaftliche Bedingungen zu erhöhen. In diesem Zusammenhang sind Umschulungsmaßnahmenzur Verringerung der Langzeitarbeitslosigkeit sowie eine Verbesserung der Vermittelbarkeitvon weniger qualifizierten und älteren Arbeitnehmern als vorrangig reformbedürftige Bereicheeinzustufen. Weitere Reformen sind zudem geboten, um die Mobilität der Arbeitskräfte zu erhö-hen; dies ließe sich z. B. durch eine bessere Übertragbarkeit von Rentenansprüchen und Ge-sundheitsleistungen sowie eine größere Flexibilität der Löhne in Abhängigkeit von lokalen,regionalen und sektoralen Produktivitätsunterschieden erreichen.

Die Reformagenda zur Umstrukturierung der Gütermärkte deckt ein weites Spektrum ab. In denGrundzügen der Wirtschaftspolitik werden die Mitgliedstaaten u. a. aufgefordert, den Wettbe-werb an den Güter- und Dienstleistungsmärkten zu verstärken, indem sie a) Binnenmarktricht-linien schneller in nationales Recht umsetzen, b) den Markt für das öffentliche Beschaffungs-wesen weiter öffnen, c) die zuständigen Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden mit aus-reichenden Kompetenzen und Ressourcen ausstatten und deren Unabhängigkeit sichern,d) staatliche Beihilfen kürzen und e) den Marktzugang sowie den effektiven Wettbewerb in dennetzgebundenen Sektoren verbessern.

Nach vielen Jahren des stetigen Fortschritts begann das so genannte „Umsetzungsdefizit“, alsoder Anteil der EU-Binnenmarktvorschriften, die von den Mitgliedstaaten noch nicht in nationa-les Recht umgesetzt wurden, im Jahr 2002 zu steigen; diese Entwicklung setzte sich auch 2003fort. Trotz mehrerer Initiativen der Europäischen Kommission zur Verbesserung der Funktions-weise des Binnenmarkts gibt es hier nach wie vor einige gravierende Hindernisse, dieinsbesondere die Funktionsfähigkeit der Dienstleistungsmärkte beeinträchtigen. Diese Hinder-nisse gehen offenbar in vielen Fällen auf nationale Bestimmungen, wie Verwaltungsvorschrif-ten für die Gründung von Tochterunternehmen in anderen Euro-Ländern, zurück. Was die Stär-kung des Wettbewerbs betrifft, so gibt es Anzeichen dafür, dass viele Länder des EuroraumsMaßnahmen getroffen haben, die darauf abzielen, die Effizienz und Transparenz der Verfahrendes öffentlichen Beschaffungswesens zu verbessern. Außerdem haben einige Staaten die Kom-petenzen ihrer Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden erweitert. Auch der Trend der vergan-genen Jahre, staatliche Beihilfen zu senken bzw. umzulenken, scheint sich fortgesetzt zu haben,wenngleich den Subventionen in einigen Sektoren (z. B. im Transportwesen) weiterhin großeBedeutung zukommt. Die Länder des Euroraums haben die Deregulierung ihrer netzgebundenenMärkte, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, fortgeführt. Der effektive Wettbewerb indiesen ehemals geschützten Sektoren könnte aber dessen ungeachtet weiter gesteigert werden.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Reformtempo im Berichtsjahr weiterhin verhält-nismäßig langsam war. Dies schürt die Sorge, dass die EU die in Lissabon vereinbarten Zieleverfehlen könnte, wenn die Mitgliedstaaten ihre Bemühungen nicht deutlich verstärken. Nebenlangfristigen Wachstumsvorteilen würden neue Impulse im Strukturreformprozess das Ver-trauen von Verbrauchern und Anlegern stärken und damit auch für einige kurzfristigere Wachs-tumsimpulse sorgen.

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55EZB

Jahresbericht2003

Abbildung 19 Wachstumsbeiträge zumrealen BIP (Quartalsvergle ich)

(Beiträge in Prozentpunkten auf Quartalsbasis; saisonbereinigt)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.1) Veränderung gegen Vorquartal in %.

Reales BIP 1)

Inländische VerwendungAußenbeitrag

2000 2001 2002 2003-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

ins Positive gewendet hatte, wurde dann aberangesichts eines kräftigen Importwachstums imvierten Quartal verglichen mit dem Vorquartalabermals negativ (siehe Abbildung 19). ImBerichtsjahr insgesamt ging vom Außenhandelein negativer Wachstumsbeitrag in Höhe von0,6 Prozentpunkten aus.

Die Änderungen im Wachstumsbeitrag derBinnennachfrage während des Berichtsjahrssind weitgehend auf die Entwicklung der Vor-ratsveränderungen zurückzuführen. Die Auf-stockung der Lagerbestände im ersten Halbjahr,dem eine zwei Jahre dauernde Phase des Lager-abbaus vorangegangen war, wurde möglicher-weise durch die Unsicherheiten bezüglich derVersorgung mit importierten Vorleistungs-gütern und einen unerwarteten Nachfragerück-gang im Zusammenhang mit dem Irak-Konfliktausgelöst. Der Lageraufbau schwächte sichzwar im dritten Quartal des Jahres teilweise ab,doch wurde er im folgenden Quartal wiederstärker. Der Beitrag der Vorratsveränderungenzum Wachstum des realen BIP war 2003 mit0,3 Prozentpunkten etwas höher als im Jahr davor.

Die inländische Endnachfrage, d. h. die In-landsnachfrage ohne Vorratsveränderungen,blieb über weite Strecken des Jahres 2003 ver-halten und legte erst im zweiten Halbjahr wiederetwas zu. Ihr Gesamtbeitrag zum Wachstum desrealen BIP im Berichtsjahr betrug 0,7 Prozent-punkte. Bei den Anlageinvestitionen und denprivaten Konsumausgaben waren über das Jahrgesehen gegenläufige Trends zu beobachten. Sonahmen die Anlageinvestitionen in den erstendrei Quartalen zwar ab, doch verlangsamte sichdieser Rückgang allmählich, bis im viertenQuartal wieder positive Zuwachsraten verzeich-net wurden. Dagegen zogen die privaten Kon-sumausgaben Anfang 2003 gegenüber demVorquartal um 0,4 % an, stagnierten dann imrestlichen Jahresverlauf aber nahezu.

Ein Faktor, der im ersten Halbjahr 2003 sowohldie Anlageinvestitionen als auch die privatenKonsumausgaben negativ beeinflusste, war dieUngewissheit im Zusammenhang mit dem Kriegim Irak und den konjunkturellen Aussichten inder Zeit danach. Dies äußerte sich darin, dassdie privaten Haushalte vor größeren Ausgabenzurückschreckten und Unternehmen zögerten,ihre Produktionskapazitäten auszubauen. DieUnsicherheit täuschte ferner darüber hinweg,dass die Rahmenbedingungen für Konsum undInvestitionen eigentlich verhältnismäßig gutwaren. So trug vor allem das niedrige Zins-niveau zur Verringerung der Schuldenlast vonUnternehmen und Privathaushalten bei. Da-rüber hinaus führten die mit dem Kursanstiegdes Euro verbundenen positiven Terms-of-Trade-Effekte zu einer Erhöhung der realen Ein-kommen im Euroraum.

Die anhaltenden Bemühungen der Unterneh-men, ihre Bilanzen zu konsolidieren, gingen mitder Unsicherheit über die allgemeinen Kon-junkturaussichten einher. Vor diesem Hinter-grund dürften die Unternehmen eine Verbesse-rung ihrer Ertragslage eher für einen weiterenSchuldenabbau als für Investitionen genutzt ha-ben. Die anhaltende Ungewissheit hinsichtlichder Arbeitsmarktaussichten und der Arbeits-platzsicherheit könnte die privaten Haushaltedazu bewegt haben, verstärkt aus Vorsichts-

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56EZBJahresbericht2003

Abbildung 20 Vertrauensindikatoren

(Salden in %)

Quelle: Branchen- und Verbraucherumfragen der EuropäischenKommission.Anmerkung: Alle Angaben sind saisonbereinigt. Die ausgewie-senen Daten stellen die Abweichungen vom Durchschnitt fürden Zeitraum seit Januar 1985 (Vertrauensindikator für dieVerbraucher und die Industrie) und seit April 1995 (Ver-trauensindikator für den Dienstleistungssektor) dar.

Abbildung 21 Warenexporte und Industrie-produktion

(Volumen; saisonbereinigt)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.Anmerkung: Die ausgewiesenen Daten wurden als prozentualeVeränderung gegenüber dem vorhergehenden Dreimonatszeit-raum berechnet.

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Exporte in Länder außerhalb des EuroraumsExporte innerhalb des EuroraumsIndustrieproduktion ohne Baugewerbe

-6

-4

-2

0

2

4

6

-6

-4

-2

0

2

4

6

gründen zu sparen, statt ihre Konsumaus-gaben zu erhöhen. In mehreren Ländern habendie Diskussionen über eine Reformierung derSozialversicherungs- und Gesundheitssystememöglicherweise zusätzlich zur Unsicherheit derprivaten Haushalte und zum Vorsichtssparenbeigetragen. Mit den sich klarer abzeichnendenSignalen eines Konjunkturaufschwungs imzweiten Halbjahr 2003 nahm die Investitionszu-rückhaltung der Unternehmen ab, während dieKonsumausgaben der Privathaushalte dagegenmoderat blieben.

INDUSTRIE ALS MOTOR FÜR DIE ERHOLUNG DERPRODUKTIONSowohl die Industrie als auch die marktbe-stimmten Dienstleistungen trugen im Berichts-jahr zur Erholung der Produktion bei, wobei je-doch der Beitrag der Industrie größer war. DieProduktion im Bereich der rein marktbestimm-ten Dienstleistungen, die an der realen Wert-schöpfung gemessen wird, zog etwas früher an

als in der Industrie (ohne Baugewerbe). Diesentsprach weitgehend der Beobachtung, dasssich das Vertrauen im Dienstleistungssektorbereits im zweiten Quartal 2003 zu verbessernbegann, während die Zuversicht in der Industrieerst im dritten Vierteljahr zunahm (siehe Abbil-dung 20). Im Schlussquartal des Jahres, als dieProduktion in der Industrie weiter zulegte undbei den marktbestimmten Dienstleistungen et-was nachließ, liefen die Entwicklungen aller-dings auseinander.

Vergleicht man die durchschnittliche Produkti-onszuwachsrate im Jahr 2003 mit den Raten derVorjahre und über den Konjunkturzyklus hin-weg, so war das Ergebnis des Dienstleistungs-sektors verhältnismäßig schwach. Die Steige-rung der realen Wertschöpfung im Bereich dermarktbestimmten Dienstleistungen belief sichauf 0,7 % und nahm damit gegenüber den bei-den vorangegangenen Jahren weiter ab, sodassein niedrigeres Niveau als in der Rezession von

Vertrauen der VerbraucherVertrauen der IndustrieVertrauen des Dienstleistungssektors

1998 1999 2000 2001 2002 2003-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

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57EZB

Jahresbericht2003

Tabelle 7 Entwicklungen am Arbeitsmarkt

(Veränderung gegen Vorjahr in % bzw. Stand in %)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.1) Umfasst auch Fischerei, Jagd und Forstwirtschaft.2) Umfasst verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe, Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden sowie Energie- und Wasserversorgung.3) Ohne exterritoriale Körperschaften und Organisationen.4) In % der Erwerbspersonen.

2001 2002 2003 2001 2001 2002 2002 2002 2002 2003 2003 2003 2003Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

Erwerbspersonen 0,9 0,9 . 0,8 0,8 0,9 0,9 0,9 0,7 0,6 0,6 0,5 .

Beschäftigung 1,4 0,4 . 1,2 0,8 0,7 0,5 0,4 0,2 0,1 0,1 0,2 .Landwirtschaft 1) -0,8 -2,1 . -1,1 -1,5 -2,4 -2,1 -2,0 -2,0 -2,2 -1,9 -1,5 .Industrie 2) 0,4 -1,3 . 0,1 -0,4 -1,0 -1,2 -1,4 -1,6 -1,5 -1,4 -1,5 .– ohne Baugewerbe 0,3 -1,4 . 0,0 -0,5 -1,1 -1,3 -1,4 -1,8 -1,8 -1,9 -1,9 .– Baugewerbe 0,4 -0,9 . 0,4 -0,1 -0,7 -0,8 -1,2 -1,0 -0,8 0,1 -0,2 .Dienstleistungen 3) 1,9 1,3 . 1,7 1,5 1,6 1,4 1,2 1,1 0,8 0,8 0,9 .

Arbeitslosenquoten 4)

Insgesamt 8,0 8,4 8,8 8,0 8,1 8,2 8,3 8,5 8,6 8,7 8,8 8,8 8,8Unter 25 Jahren 15,7 16,2 16,8 15,7 15,8 16,0 16,2 16,3 16,4 16,8 16,8 16,7 16,725 Jahre und älter 7,0 7,4 7,7 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,6 7,7 7,8 7,8 7,8

1993 erreicht wurde. Dagegen betrug dasWachstum in der Industrie (ohne Baugewerbe)-0,1 % und war damit geringfügig niedriger alsin den vergangenen beiden Jahren; es entsprachjedoch den Zuwachsraten, die in Zeiten kon-junktureller Abschwünge normalerweise zu be-obachten sind.

Die Zunahme der Industrieproduktion im zwei-ten Halbjahr 2003 spiegelt überwiegend die Er-holung im Bereich der Warenausfuhren wider,die ihrerseits mit der ausgeprägten Konjunk-turanfälligkeit der Produktion in den Euro-Ländern gegenüber externen Entwicklungen imEinklang steht. Für den Anstieg der Industrie-produktion (ohne Baugewerbe) in der zweitenJahreshälfte 2003 scheinen sowohl die Ausfuh-ren in Länder innerhalb als auch in solcheaußerhalb des Euroraums Impulse gegeben zuhaben (siehe Abbildung 21).

GERINGERE UNTERSCHIEDE IM PRODUKTIONS-WACHSTUM DER EURO-LÄNDERVerschiedene Messgrößen deuten darauf hin,dass die Wachstumsraten des realen BIP in denLändern des Euroraums im Berichtsjahr weni-ger stark voneinander abwichen. Verglichen mitdem Vorjahr ging das durchschnittliche Jahres-wachstum des realen BIP 2003 in den meistenEuro-Ländern u. a. aufgrund der weltweiten

Konjunkturflaute zurück; dies gilt jedoch nichtfür Belgien, Spanien und Griechenland, wo einmoderates Wachstum erzielt wurde, und Italien,wo das Wachstum praktisch unverändert blieb.

BESCHÄFTIGUNG 2003 WEITGEHEND STABILIn gewissem Gegensatz zur Gesamtproduk-tion blieb das Beschäftigungsniveau im Euro-raum während des gesamten Beobachtungszeit-raums – wie schon über weite Strecken desJahres 2002 – offenbar überwiegend stabil (sie-he Tabelle 7). Die für das vierte Quartal 2003vorliegenden nationalen Zahlen lassen daraufschließen, dass sich die durchschnittliche jähr-liche Zunahme der Gesamtbeschäftigung 2003auf etwa 0,1 % bis 0,2 % belief. Damit war dieBeschäftigungslage robuster, als angesichts deranhaltenden Konjunkturschwäche erwartet wer-den konnte. Während das Beschäftigungsniveaualso im Großen und Ganzen konstant blieb, las-sen die aus Arbeitskräfteerhebungen gewonne-nen Daten allerdings die Annahme zu, dass dieZahl der geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbs-tätigen in den vergangenen Jahren relativ starkgesunken ist und daher großteils für die Anpas-sung des Arbeitsmarkts, die für gewöhnlich miteiner konjunkturellen Verlangsamung einher-geht, ausschlaggebend war. Dies stünde bis zueinem gewissen Grad im Gegensatz zu bei frü-heren Konjunkturflauten beobachteten Ent-

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58EZBJahresbericht2003

wicklungen, als sich nicht die Anzahl der ge-leisteten Arbeitsstunden, sondern vielmehr dieBeschäftigung am stärksten veränderte.

Die Veränderungen bei den geleisteten Arbeits-stunden je Erwerbstätigen könnten zum Teildurch die gestiegene Arbeitsmarktflexibilitätbegründet sein, die sich beispielsweise darinäußerte, dass die Arbeitszeit anstatt auf Wochenoder Monate auf das gesamte Jahr gesehen be-rechnet und disponiert werden konnte oder dasseine zunehmende Inanspruchnahme von Teil-zeittätigkeit festzustellen war. Die stabile Be-schäftigungslage im Jahr 2003 impliziert, dasseine Verbesserung der aggregierten Arbeits-produktivität je Erwerbstätigen erst im zweitenHalbjahr zum Tragen kam, als sich eine Kon-junkturbelebung abzeichnete. Gemessen an dengeleisteten Arbeitsstunden könnte der Anstiegder Arbeitsproduktivität schneller nachlassen,da sich die frühere Verringerung der durch-schnittlichen Arbeitsstunden umkehren dürfte,wenn die Konjunktur an Dynamik gewinnt.

Hinter dem großteils unveränderten Niveau derGesamtbeschäftigung im Jahr 2003 verbergensich gegenläufige Entwicklungen in der Indus-trie und im Dienstleistungssektor. Die Beschäf-tigung in der Industrie sank in den ersten dreiQuartalen 2003, doch dies wurde durch denNettozuwachs an Arbeitsplätzen im Dienstleis-tungsgewerbe ausgeglichen. Das durchschnitt-liche Beschäftigungswachstum dürfte jedoch inbeiden Sektoren im Berichtsjahr geringer gewe-sen sein als im Jahr davor. Darüber hinaus wei-sen die Ergebnisse aus Arbeitskräfteerhebun-gen darauf hin, dass sich die Anpassung desArbeitseinsatzes über die geleisteten Arbeits-stunden je Erwerbstätigen sowohl in der Indus-trie als auch im Dienstleistungssektor vollzog.

ANSTIEG DER ARBEITSLOSIGKEIT 2003GESTOPPTIm Frühjahr 2003 kam der seit Anfang 2001beobachtete Anstieg der Arbeitslosenquote bei8,8 % zum Stillstand; daran änderte sich auchbis zum Ende des Jahres nichts. Im Schnitt lagdie Arbeitslosenquote 2003 um 0,4 Prozent-punkte höher als im Jahr davor. Diese Zunahme

verteilte sich relativ gleichmäßig auf alle Al-tersgruppen und auf Frauen wie Männer, ob-gleich sich der Abstand der Arbeitslosenquoteder unter 25-Jährigen zu der der über 25-Jähri-gen etwas vergrößerte, während sich der Unter-schied zwischen der Quote der arbeitslosenFrauen und der arbeitslosen Männer weiter ver-ringerte.

Die meisten Euro-Länder verzeichneten in denJahren 2002 und 2003 einen Anstieg der Ar-beitslosenquote. Eine Ausnahme bildeten Grie-chenland und Italien, wo die Arbeitslosigkeitzurückging, sowie Finnland und Spanien, wosich diesbezüglich keine nennenswerten Ver-änderungen ergaben. Unter dem Strich verrin-gerte sich im vergangenen Jahr das Gefälle zwi-schen den Arbeitslosenquoten der einzelnenEuro-Länder. In einigen Ländern sind die für2003 gemeldeten Arbeitslosenzahlen jedochzum Teil durch Abgänge aus den offiziellen Sta-tistiken bedingt, für die Änderungen bei der Er-

Abbildung 22 Arbeitslosigkeit

(Monatswerte; saisonbereinigt)

Quelle: Eurostat.Anmerkung: Die Angaben (auch für die Zeit vor 2001) beziehensich auf die zwölf Euro-Länder.1) Nicht saisonbereinigt.

Veränderung gegen Vorjahr in Millionen (linke Skala) 1)

In % der Erwerbspersonen (rechte Skala)

1994 1996 1998 2000 2002-1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

7,5

8,0

8,5

9,0

9,5

10,0

10,5

11,0

11,5

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Jahresbericht2003

fassung beschäftigungsloser Personen bzw.Arbeitsmarktreformen maßgebend waren.

Während die Arbeitslosenquote für den Euro-raum als Ganzes über das Jahr 2003 gesehen imAllgemeinen stabil blieb, stieg die Zahl der Ar-beitslosen fast das ganze Jahr über geringfügigweiter. Im Dezember belief sich die Arbeits-losenzahl auf insgesamt 12,3 Millionen, was ei-ner Zunahme von etwa 270 000 Personengegenüber dem Vorjahr entspricht (siehe Abbil-dung 22). Die steigende Zahl der Arbeitslosenbei weitgehend konstantem Beschäftigungsni-veau ist dem anhaltend wachsenden Kreis derErwerbspersonen zuzuschreiben. Im Vorjahrs-vergleich fiel der zahlenmäßige Anstieg der Er-werbspersonen 2003 jedoch etwas geringer aus.Die höhere Arbeitslosenquote in Verbindungmit einem weiteren Rückgang der Vakanzquotedürfte für eine geringere Erwerbsbeteiligung,etwa durch einen verzögerten Zugang zum Ar-beitsmarkt, gesorgt haben.

2.4 ENTWICKLUNG DER ÖFFENTLICHENFINANZEN

HAUSHALTSSALDEN VERSCHLECHTERTEN SICH2003 WEITERDer Haushaltssaldo des Euro-Währungsgebietsverschlechterte sich 2003 das dritte Jahr in Fol-ge. Die jüngsten verfügbaren Daten von Euro-stat weisen für das Jahr 2003 ein durchschnittli-ches Haushaltsdefizit in Höhe von 2,7 % desBIP aus, nach 2,3 % im Jahr zuvor (siehe Tabel-le 8). Ausschlaggebend für diese deutliche Aus-weitung war hauptsächlich das Wirken der auto-matischen Stabilisatoren in einem gesamtwirt-schaftlichen Umfeld, das deutlich hinter denErwartungen zurückblieb. Der Mehrheit derMitgliedstaaten gelang es nicht, die in den Ende2002 bzw. Anfang 2003 vorgelegten Stabilitäts-programmen festgesetzten Ziele zu erreichen.Die Haushaltsziele wurden im Schnitt um knapp1,0 % des BIP verfehlt.

In Ländern, die bereits 2002 beträchtliche Defi-zite aufwiesen, gab die Entwicklung der öffent-

lichen Finanzen weiterhin Anlass zur Sorge. InDeutschland und Frankreich lagen die Fehlbe-träge 2003 nahe 4 % des BIP bzw. darüber,während Portugal – trotz umfangreicher befris-teter Maßnahmen – ein Defizit von annähernd3 % des BIP verzeichnete. In den Niederlandenlag das gesamtstaatliche Defizit im Berichtsjahrbei 3 % des BIP.

Der Anteil der Staatsausgaben am BIP des Eu-roraums stieg im Jahr 2003 verglichen mit demVorjahr an; dabei wurde die anhaltende Zunah-me der laufenden Aufwendungen vor allemdurch höhere Ausgaben für die Arbeitslosenun-terstützung und entsprechende Sozialleistungenverursacht. Die Zinsaufwendungen waren imJahr 2003 leicht rückläufig. Auf der Einnah-menseite ist das langsame Wachstum desSteueraufkommens im Beobachtungszeitraumhauptsächlich durch die Konjunkturschwächeund sonstige unerwartete Steuerausfälle zu er-klären.

Die ungünstige Haushaltsentwicklung wirktesich auch negativ auf die durchschnittliche öf-fentliche Schuldenquote aus. Nach einem meh-rere Jahre dauernden, wenn auch mäßigenRückgang legte die am BIP gemessene Schul-denquote des Euroraums im Berichtsjahr auf70,4 % zu. Diese Verschlechterung spiegeltedie anhaltende Verringerung des Primärüber-schusses und das moderate Wachstum des no-minalen BIP wider. In Frankreich überstieg dieSchuldenquote 2003 den Stand von 60 % desBIP, während sie in Deutschland und Öster-reich über diesem Referenzwert verharrte und inBelgien, Griechenland sowie Italien über 100 %des BIP lag.

Der finanzpolitische Kurs im Eurogebiet, ge-messen an der Veränderung des zyklisch berei-nigten Primärsaldos (auf Basis von Schätzun-gen der Europäischen Kommission), war 2003überwiegend neutral. Darin zeigt sich die Be-schränkung der konjunkturbereinigten Primär-ausgaben sowie der Anstieg der indirektenSteuern und Sozialversicherungsbeiträge in ei-nigen Ländern, der die in mehreren Mitglied-

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60EZBJahresbericht2003

Tabelle 8 Öffentl iche Finanzen im Euroraum

(in % des BIP)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.Anmerkung: Die Daten basieren auf der Def inition gemäß dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit. Die Haushaltssalden sind umdie Erlöse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen bereinigt.

Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates

2000 2001 2002 2003

Euroraum -0,9 -1,7 -2,3 -2,7Belgien 0,2 0,4 0,1 0,2Deutschland -1,2 -2,8 -3,5 -3,9Griechenland -2,0 -2,0 -1,4 -1,7Spanien -1,0 -0,4 0,0 0,3Frankreich -1,4 -1,6 -3,3 -4,1Irland 4,4 1,1 -0,4 0,2Italien -1,8 -2,6 -2,3 -2,4Luxemburg 6,3 6,3 2,7 -0,1Niederlande 1,5 0,0 -1,9 -3,0Österreich -1,9 0,2 -0,2 -1,1Portugal -3,2 -4,4 -2,7 -2,8Finnland 7,1 5,2 4,3 2,3

Bruttoverschuldung des Staates

2000 2001 2002 2003

Euroraum 70,4 69,4 69,2 70,4Belgien 109,1 108,1 105,8 100,5Deutschland 60,2 59,4 60,8 64,2Griechenland 106,2 106,9 104,7 102,4Spanien 61,2 57,5 54,6 50,8Frankreich 57,2 56,8 58,6 63,0Irland 38,4 36,1 32,3 32,0Italien 111,2 110,6 108,0 106,2Luxemburg 5,5 5,5 5,7 4,9Niederlande 55,9 52,9 52,6 54,8Österreich 67,0 67,1 66,6 65,0Portugal 53,3 55,6 58,1 59,4Finnland 44,6 43,9 42,6 45,3

staaten durchgeführten zusätzlichen Einkom-mensteuersenkungen zum großen Teil kompen-sierte.

FINANZPOLITISCHER RAHMEN DER EUGEFÄHRDETAm 25. November 2003 kam der ECOFIN-Ratüberein, nicht auf der Grundlage der Empfeh-lungen der Europäischen Kommission zu han-deln und das Verfahren bei einem übermäßigenDefizit gegen Deutschland und Frankreich aus-zusetzen. In seinen Schlussfolgerungen sprachsich der ECOFIN-Rat dafür aus, dass Frank-reich sein konjunkturbereinigtes Defizit im Jahr2004 um 0,8 % und 2005 um mindestens 0,6 %des BIP zurückführen solle, um so den Fehlbe-trag bis spätestens 2005 unter die Grenze von

3 % des BIP zu drücken. Gleichzeitig empfahlder ECOFIN-Rat, dass Deutschland sein kon-junkturbereinigtes Defizit im Jahr 2004 um0,6 % und 2005 um mindestens 0,5 % des BIPsenken solle, um das Haushaltsdefizit bisspätestens 2005 auf unter 3 % des BIP zu redu-zieren (siehe Kapitel 4). Der Beschluss desECOFIN-Rats hat zu Unsicherheit bezüglichder künftigen Umsetzung der finanzpolitischenRegeln in den Euro-Ländern geführt. Zudemgibt er ein negatives Beispiel für eine lockereHandhabung des Verfahrens bei einem über-mäßigen Defizit, das in Zukunft die Bereit-schaft zur Haushaltskonsolidierung aufweichenkönnte.

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Jahresbericht2003

Das Vertrauen in die Beständigkeit der institu-tionellen Grundlagen der WWU muss jedochunbedingt gewahrt bleiben. Deutschland undFrankreich müssen nun ihrer Verantwortunggerecht werden und ihre Zusage, das übermäßi-ge Defizit schnellstmöglich, spätestens jedochbis 2005 zu beseitigen, erfüllen. Länder mitnach wie vor unausgeglichenen Haushalten sindebenfalls angehalten, Fortschritte auf dem Wegzu mittelfristig annähernd ausgeglichenen odereinen Überschuss aufweisenden Haushalts-positionen zu erzielen, indem sie ihr zyklischbereinigtes Defizit um jährlich mindestens0,5 % des BIP senken.

Eine solide Finanzpolitik liegt im Interesse allerLänder. Haushaltssalden, die annähernd ausge-glichen sind oder einen Überschuss aufweisen,schaffen Raum für das freie Spiel der automati-schen Stabilisatoren, was zur Glättung der Kon-junkturzyklen beiträgt. Durch die mit solidenöffentlichen Finanzen einhergehende Verringe-rung der staatlichen Schuldenquoten können dieeinzelnen Länder überdies den Budgeteffektender Bevölkerungsalterung vorbeugen. Eine un-zureichende Haushaltsdisziplin erhöht dagegendie Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigenTragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und be-hindert daher die langfristigen Entscheidungender Wirtschaftsakteure. Zudem könnte sie zuExternalitäten führen, die unter Umständen an-dere Mitgliedstaaten in Mitleidenschaft ziehen.

Gemäß den Ende 2003 bzw. Anfang 2004 vor-gelegten Stabilitätsprogrammen dürfte das De-fizit im Euroraum im Jahr 2004 um 0,3 Prozent-punkte auf 2,4 % des BIP zurückgehen. DieAuswirkungen der Konsolidierung durch Aus-gabenzurückhaltung, der Rückgang der Zins-ausgaben sowie die allmähliche Konjunkturer-holung dürften die expansiven Effekte aufgrundvon Steuersenkungen in einer Reihe von Län-dern ausgleichen. Prognosen zufolge wird sichder konjunkturbereinigte Haushaltssaldo imEuroraum 2004 verbessern. Es wird erwartet,dass die Defizite in Deutschland und Frankreichim Jahr 2004 sinken, jedoch über dem Wert von3 % des BIP bleiben. Laut den Stellungnahmendes ECOFIN-Rats erscheint der im Stabilitäts-

programm Frankreichs festgelegte Anpas-sungspfad als nicht ausreichend, um das über-mäßige Defizit bis zum Jahr 2005 abzubauen,und auch in Deutschland ist nicht sicher, dassder Anpassungspfad eine Korrektur des über-mäßigen Defizits bis zu diesem Jahr zulässt.Des Weiteren ist nach Kommissionsberechnun-gen, die den Stellungnahmen des ECOFIN-Ratszugrunde lagen, zweifelhaft, ob Griechenland,Italien und Portugal in der Lage sein werden,ihre um Konjunktureinflüsse bereinigten Defi-zite 2004 um mindestens 0,5 % des BIP zu redu-zieren.

STRUKTURREFORMEN DER ÖFFENTLICHENFINANZEN WEITER DRINGEND GEBOTENDie in einigen Ländern vorgesehenen oderbereits durchgeführten Reformen der Alters-sicherungssysteme werden die langfristigeTragfähigkeit der öffentlichen Finanzen stär-ken. Allerdings erfordert die merkliche Alte-rung der Bevölkerung Europas weitere Anpas-sungen (siehe Kasten 6). Die Konsolidierungder Haushalte sollte Bestandteil eines glaub-würdigen, mittelfristig angelegten Reform-pakets sein. Durch die Kombination von Kon-solidierungsmaßnahmen und Strukturreformenkönnen die negativen kurzfristigen Nachfrage-effekte, die Haushaltskürzungen mit sichbringen, gemindert werden. Dies hängt damitzusammen, dass die Glaubwürdigkeit derRegierungen im Euroraum zunimmt und die Be-völkerung stärker darauf vertraut, dass die poli-tischen Entscheidungsträger in der Lage sind,die vereinbarten Regeln einzuhalten und dielangfristige Tragfähigkeit der Staatsfinanzen zugewährleisten.

Strukturreformen sind insbesondere auf derAusgabenseite geboten. Um die Qualität der öf-fentlichen Finanzen zu verbessern, sollten diePrioritäten auf produktive, das Potenzial-wachstum fördernde Ausgaben verlagert wer-den. Die Verringerung von Gesamtausgaben-verpflichtungen schafft Raum für eine Senkungder Steuerlast und trägt damit zum Wirtschafts-wachstum bei.

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Kasten 6

DIE BEDEUTUNG UMFASSENDER REFORMEN FÜR DIE TRAGFÄHIGKEIT DER ÖFFENTLICHENFINANZEN

Die Länder des Euroraums stehen vor der Aufgabe, tiefgreifende finanzpolitische und andereReformen durchführen zu müssen, um die langfristige Tragfähigkeit ihrer öffentlichen Finanzenzu sichern.

Bevölkerungsalterung und Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen

Eines der größten Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in den Volkswirt-schaften des Euroraums geht von der demographischen Entwicklung aus. Eurostat-Schätzungenzufolge wird der Altenquotient, d. h. das Verhältnis der über 65-Jährigen zu den 15- bis 64-Jährigen, von rund 25 % im Jahr 2000 auf mehr als 50 % im Jahr 2050 steigen. Durch diesedemographische Verschiebung werden die Staatsfinanzen unter Druck geraten, da die Kostenfür die Altersversorgung, vor allem im Bereich der gesetzlichen Renten sowie im Gesundheits-und Pflegewesen, hochschnellen werden. Die gesetzlichen Rentenversicherungssysteme in Eu-ropa basieren mehrheitlich auf dem Umlageverfahren. Da die Ausgaben jeweils durch die lau-fenden Beiträge finanziert werden, stellt die steigende Zahl von Rentenempfängern eine Belas-tung für diese Systeme dar. Die Ausgaben im Gesundheitswesen werden wachsen, da die Nach-frage nach entsprechenden Dienstleistungen im Alter tendenziell zunimmt. Die Erfahrungvergangener Jahre zeigt, dass technische Neuerungen ebenfalls zum Anstieg der Ausgaben imGesundheitswesen beitragen können.

In einer im Auftrag des ECOFIN-Rats von der Arbeitsgruppe „Alterung“ des Ausschusses fürWirtschaftspolitik kürzlich durchgeführten Untersuchung1 wird geschätzt, dass die alterungs-bedingten Ausgaben der gesetzlichen Rentensysteme in den meisten Euro-Ländern bis zum Jahr2050 um 3 bis 6 Prozentpunkte des BIP steigen werden. Durch die steigenden Ausgaben imGesundheits- und Pflegewesen könnten noch weitere 2 bis 4 Prozentpunkte des BIP hinzukom-men.

EU-Strategie zur Bewältigung der Alterungsproblematik

Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit umfassender Reformen hat die EU im Jahr 2001 einedreigleisige Strategie zur Lösung des Alterungsproblems beschlossen. Diese Strategie wurdeerstmals in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik 2001 dargelegt und sieht Folgendes vor:a) Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbstätigenquoten, b) eine rasche Rückführung des Schul-denstands und c) weitere Reformen der Renten- und Gesundheitssysteme mit einem stärkerenGewicht auf kapitalgedeckten Systemen. Der finanzpolitische Handlungsrahmen der EU, der imVertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und im Stabilitäts- und Wachstumspaktverankert ist, geht auch auf die fiskalischen Herausforderungen ein, die eine alternde Bevölke-rung mit sich bringt, indem er mittelfristig annäherend ausgeglichene oder einen Überschussaufweisende Haushaltssalden fordert und Obergrenzen für das Defizit und die Schuldenständevorgibt.

1 Die entsprechende Studie ist auf der Website der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Kommission abrufbar(www.europa.eu.int/comm/economy_finance/epc_en.htm).

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Jahresbericht2003

Derzeitige Finanzpolitik

Die derzeitige Finanzpolitik der Euro-Länder liefert im Hinblick auf die Maßnahmen, die zurSteigerung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen getroffen wurden, ein uneinheitlichesBild. Wenngleich die Ansätze zur Reform der Vorsorge- und Gesundheitssysteme einerseits indie richtige Richtung zeigen, reichen die geplanten Maßnahmen im Allgemeinen nicht aus, umdie Nachhaltigkeit dieser Systeme zu gewährleisten, sodass weitere Änderungen geboten sind.Das vordringliche Ziel der meisten Rentenreformen besteht darin, das effektive Renteneintritts-alter anzuheben, etwa durch Anreize, länger am Erwerbsleben teilzunehmen, und durch längereBeitragszeiten für den Erwerb der vollen Versorgungsansprüche. Die Reformbestrebungen imGesundheitssektor konzentrieren sich häufig darauf, das Wachstum der kurzfristigen Ausgabeneinzudämmen, beispielsweise indem man das Bewusstsein für die Kosten der medizinischenBehandlung durch erhöhte Zuzahlungen der Patienten schärft. Andererseits sind die momentanhohen Haushaltsdefizite weitgehend strukturell bedingt. Dies bedeutet, dass die betreffendenLänder nicht nur die fiskalischen Aufgaben, die aus der prognostizierten demographischenEntwicklung resultieren, bewältigen müssen, sondern darüber hinaus auch gefordert sind, ehr-geizige strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen durchzuführen, wollen sie zu solidenHaushaltspositionen gelangen.

2.5 INTERNATIONALES GESAMTWIRTSCHAFT-LICHES UMFELD, WECHSELKURSE UNDZAHLUNGSBILANZ

WELTWIRTSCHAFTLICHE ERHOLUNG GEWANN2003 AN FAHRTNach einer Phase der Unsicherheit im erstenHalbjahr 2003, für die insbesondere geopoliti-sche Spannungen, Terrordrohungen, die SARS-Epidemie sowie Deflationsbefürchtungen ver-antwortlich waren, beschleunigte sich die Erho-lung der Weltkonjunktur in der zweitenJahreshälfte. Bis zum Ende des Jahres hatte derAufschwung, gestützt vor allem durch dieWachstumsdynamik in den Vereinigten Staatenund Asien, an Breite und Stärke gewonnen.Während die privaten Konsumausgaben undeine expansive Wirtschaftspolitik die allmähli-che Belebung der Weltkonjunktur förderten,blieben insbesondere die Unternehmensinvesti-tionen aufgrund von Überkapazitäten und demVerschuldungsgrad der Unternehmen in einigenIndustrieländern relativ verhalten. Der Infla-tionsdruck war angesichts des besonders in denVereinigten Staaten kräftigen Produktions-wachstums und wegen der anhaltend großenÜberkapazitäten weiterhin verhältnismäßigniedrig. Die Ungleichgewichte blieben das gan-

ze Jahr hindurch bestehen, wobei vor allem dasUS-Leistungsbilanzdefizit ungeachtet der be-trächtlichen Abwertung des US-Dollar weiteranstieg.

In den Vereinigten Staaten weitete sich die Er-holung im Berichtszeitraum mit einem BIP-Wachstum von 3,1 % gegenüber 2,2 % im Vor-jahr aus. Zu Jahresbeginn schwächte die hohegeopolitische Unsicherheit im Vorfeld des Irak-Kriegs das Vertrauen der Anleger und Verbrau-cher, wodurch sich die Belebung der US-Kon-junktur verzögerte. Im zweiten Quartal, als diegeopolitische Ungewissheit nachließ, zog dasWirtschaftswachstum jedoch wieder an undführte zu einer merklichen Wachstumsbeschleu-nigung im zweiten Jahresabschnitt. Die Ausga-ben der privaten Haushalte blieben stabil undtrugen wesentlich zum BIP-Wachstum bei. Dierealen Konsumausgaben der Privathaushalte er-höhten sich im Berichtsjahr um 3,1 %, wobei sieinsbesondere in den Sommermonaten kräftigzulegten. Ausschlaggebend hierfür waren vorallem die Auswirkungen der Steuersenkungen,die dazu beitrugen, das Wachstum des verfüg-baren Einkommens zu stützen (4,3 % im Jahr2003 gegenüber 5,2 % im Jahr zuvor). Für zu-sätzlichen Rückenwind sorgte im ersten Halb-

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jahr die Entwicklung im Bereich der Hypothe-kenrefinanzierung. All diese Faktoren zusam-mengenommen wogen den negativen Einflussauf, den das geringe Vertrauen und die ungüns-tige Beschäftigungslage bis zum dritten Quartalauf die Ausgaben der privaten Haushalte ausüb-ten. Vor dem Hintergrund eines dynamischenWohnungsmarkts und historisch niedriger Hy-pothekenzinsen legten die realen Wohnungs-bauinvestitionen 2003 kräftig auf 5,2 % zu.

Ein entscheidender Schwachpunkt über weiteStrecken des Jahres 2003 waren die sich ver-schlechternden Bedingungen am Arbeitsmarkt,obgleich sich im dritten Quartal eine gewisseVerbesserung der Arbeitsmarktlage abzuzeich-nen begann. In der ersten Jahreshälfte 2003ging die Zahl der unselbstständig Beschäftigtenim privaten Sektor spürbar zurück, stieg dannaber wieder leicht an. Nachdem die Arbeitslo-senquote mit 6,4 % im Juni einen Höchststanderreicht hatte, begann sie im Sommer zu fallen,und lag im Januar 2004 bei 5,6 %. Zum Teil wardiese Verbesserung einem Rückgang der Zahlder Erwerbspersonen zu verdanken.

Nachdem die Unternehmensinvestitionen zweiJahre lang geschrumpft waren, nahmen sie imBerichtsjahr um 4,3 % zu. Nach dem anfängli-chen Wiederanstieg im zweiten Quartal be-schleunigte sich ihr Wachstum im weiteren Jah-resverlauf zunehmend und wurde schließlichauf Jahresrate hochgerechnet zweistellig. DieErholung der Investitionen basierte auf günsti-gen Finanzierungsbedingungen, steigenden Ge-winnen und guten Nachfrageaussichten. DieserEntwicklung fehlte es allerdings noch an Breite,da sie sich im Wesentlichen auf Investitionen inHard- und Softwareprodukte beschränkte. Wasden Handel betrifft, so übertraf das Wachstumdes Importvolumens im Jahr 2003 die Zunahmedes Exportvolumens; darin spiegelt sich das imVergleich zu den wichtigsten Handelspartnernstärkere Wachstum der Inlandsnachfrage inden Vereinigten Staaten wider. Dementspre-chend weitete sich das Leistungsbilanzdefizitim Jahr 2003 auf über 5 % des BIP aus, wasgrößtenteils auf Ungleichgewichte im öffentli-chen Sektor zurückzuführen war.

Die Teuerung der Verbraucher- und Erzeuger-preise nahm in den Vereinigten Staaten 2003 zu.Der Einfluss der Energiepreise wurde jedochdadurch korrigiert, dass der Inflationsdruckaufgrund der niedrigen Kapazitätsauslastungund kräftiger Produktivitätszuwächse über dasJahr gesehen generell moderat blieb. Die Infla-tion, gemessen an den Verbraucher- und denErzeugerpreisindizes, stieg im Beobachtungs-zeitraum auf 2,3 % bzw. 3,2 %, verglichen mit1,6 % bzw. -1,3 % im Jahr davor. Ohne Nah-rungsmittel und Energie belief sich der Anstiegder Verbraucherpreise 2003 auf 1,4 % (nach2,4 % im Vorjahr), während die Teuerung derErzeugerpreise (ohne Nahrungsmittel und Ener-gie) verhalten blieb.

Die Zinssätze verharrten im Jahr 2003 auf ei-nem historisch niedrigen Niveau. Im Juni senk-te der Offenmarktausschuss der US-Notenbankden Zielzinssatz für Tagesgeld um 25 Basis-punkte auf 1 %. Die nach den Sitzungen desOffenmarktausschusses abgegebenen Erklärun-gen hatten bis Dezember den Tenor, dass dieakkommodierende Geldpolitik angesichts desRisikos eines unerwünschten Inflationsrück-gangs für eine „beträchtliche Zeit“ fortgesetztwerde. Auf der Sitzung im Januar 2004 wurdediese Erklärung jedoch dahingehend modifi-ziert, dass die US-Notenbank die Anpassungihrer Geldpolitik „geduldig abwarten“ werde.Die Finanzpolitik war im Berichtsjahr nochdeutlich expansiv orientiert, wobei sich dasDefizit des Bundeshaushalts auf 3,5 % des BIPausweitete, nachdem es im Haushaltsjahr 2002noch 1,5 % des BIP betragen hatte. Grundhierfür waren vor allem diskretionäre haus-haltspolitische Maßnahmen und in geringeremUmfang die automatische Reaktion des Budgetsauf die konjunkturelle Entwicklung.

In Japan zog die reale Wirtschaftstätigkeit, ge-tragen von den Ausfuhren und den privaten In-vestitionen, im gesamten Beobachtungszeit-raum an. Nach einer anfänglichen Schwächungder Exportdynamik beschleunigte sich dasWachstum der Ausfuhren im zweiten Halbjahr.Die Exporte nach Asien (ohne Japan) wiesenein besonders kräftiges Wachstum auf, wobei

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Jahresbericht2003

auf China über die Hälfte des Gesamtanstiegsder im Jahr 2003 verzeichneten Ausfuhren ent-fiel. Vor dem Hintergrund historisch niedrigerVorratsbestände führte das Exportwachstum inder zweiten Jahreshälfte zu einer Belebung derIndustrieproduktion; besonders ausgeprägt wa-ren dabei die Zuwachsraten in den exportorien-tierten Sektoren Elektromaschinenbau undallgemeiner Maschinenbau. Die privaten Inves-titionsausgaben (ohne Wohnungsbau) stiegendank einer Erholung der Unternehmensgewinneund einiger struktureller Verbesserungen in denUnternehmensbilanzen kräftig an. Die privatenKonsumausgaben entwickelten sich angesichtsder anhaltenden Schwäche am Arbeitsmarkt undder Einkommenssituation relativ verhalten. ImRahmen der fortgesetzten Bemühungen, denHaushalt mittelfristig zu konsolidieren, wurdendie Staatsausgaben mittels einer deutlichen Ver-ringerung der öffentlichen Investitionsausga-ben zurückgeschraubt.

Die deflationären Tendenzen ließen im Jahr2003 etwas nach. So sank der VPI um durch-schnittlich 0,3 %, verglichen mit einem Rück-gang von 0,9 % im Jahr 2002. Die Bank vonJapan hob den Zielkorridor für die bei ihr unter-haltenen Girokontoguthaben der Banken von 15bis 20 Billionen JPY zu Beginn des Berichts-jahrs auf 30 bis 35 Billionen JPY im Januar2004 an. Des Weiteren fasste die japanischeZentralbank den Beschluss, vorübergehendAsset-Backed Securities anzukaufen, um klei-nen und mittleren Unternehmen eine reibungs-lose Finanzierung zu ermöglichen.

In Asien (ohne Japan) kam es 2003 dank einerrobusten Konjunkturentwicklung zu einer Kon-solidierung der Erholung des Jahres 2002. DieWirtschaft in dieser Region erwies sich gegen-über einigen negativen Schocks, wie etwa dengeopolitischen Unsicherheiten im Zusammen-hang mit dem Krieg im Irak und den Spannun-gen in Nordkorea sowie der SARS-Epidemie,als relativ beständig. Das kräftige Produktions-wachstum ergab sich aus dem Zusammenwirkenverschiedener Faktoren: Erstens profitierte dieAuslandsnachfrage von einer Aufhellung derWeltkonjunktur und der Abwertung der effekti-

ven Wechselkurse, was sich an der rasantenExportentwicklung in vielen Ländern dieser Re-gion ablesen ließ. Zweitens weitete sich die in-ländische Nachfrage, die im zweiten Quartal alsFolge von SARS merklich nachgelassen hatte,später stärker als ursprünglich erwartet aus. ImLändervergleich blieb China mit einem BIP-Wachstum von 9,1 % die mit Abstand amschnellsten wachsende Volkswirtschaft im Be-obachtungszeitraum.

In den der EU beitretenden Staaten blieb dasProduktionswachstum 2003 trotz des schwa-chen außenwirtschaftlichen Umfelds stabil. DerAnstieg des realen BIP beruhte im Wesentlichenauf den privaten Konsumausgaben und demAußenbeitrag, doch auch von den Investitionengingen in einigen Ländern positive Signale aus.In mehreren Staaten verschlechterten sich dieHaushaltspositionen weiter und stellten somiteine große Herausforderung für die Tragfähig-keit der öffentlichen Finanzen dar. Die durch-schnittliche Teuerung nach dem HVPI blieb inden beitretenden Staaten insgesamt nahe 2 %,wenn auch im Ländervergleich erhebliche Un-terschiede festzustellen waren (siehe Kapitel 7).

In Lateinamerika gab es im Berichtsjahr Anzei-chen einer allgemeinen konjunkturellen Auf-hellung, da sich Argentinien von der Krise imVorjahr merklich erholte. Was die beiden größ-ten Länder der Region anbelangt, so schrumpftedas BIP in Brasilien, während Mexiko einvergleichsweise mäßiges Produktionswachstumerzielte. In den letzten drei Quartalen 2003verzeichnete die brasilianische Wirtschaft imVorjahrsvergleich ein negatives Wachstum,wofür in erster Linie ein Nachlassen derInlandsnachfrage trotz leicht rückläufigerFinanzierungskosten ausschlaggebend war. Diegrößte Bremswirkung innerhalb der mexikani-schen Wirtschaft ging vom verarbeitenden Ge-werbe aus, dessen Exporte hinter der Erholungin den Vereinigten Staaten zurückblieben.

Der Preis für Rohöl der Sorte Brent belief sich2003 im Schnitt auf 28,9 USD je Barrel und wardamit 15,4 % höher als im Jahr zuvor. DieserAnstieg ging auf Versorgungsengpässe, eine

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66EZBJahresbericht2003

aufgestaute Nachfrage, niedrige Vorratsbestän-de und geopolitische Spannungen zurück. DiePreise für sonstige Rohstoffe (ohne Öl) zogenim Berichtsjahr aufgrund der Belebung derWeltkonjunktur ebenfalls deutlich an. Vor allemdie Nachfrage Chinas nach Rohstoffen schlugsich spürbar an den Rohstoffmärkten nieder.

KRÄFTIGE AUFWERTUNG DES EURO IMJAHR 2003Der Euro verbuchte 2003 weitere Kursgewinnegegenüber den wichtigen Währungen. Beson-ders ausgeprägt war diese Aufwertung gegen-über dem US-Dollar und – aufgrund ihrer offi-ziellen oder inoffiziellen Anbindung an denUS-Dollar – einigen asiatischen Währungen. InRelation zum japanischen Yen, dem Pfund Ster-ling und dem Schweizer Franken legte der Euroebenfalls zu, allerdings in geringerem Umfang,während er gegenüber dem australischen Dollaran Boden verlor.

Im ersten Halbjahr fanden diese Entwicklungenim Zeichen einer relativ großen wirtschaftlichenund geopolitischen Unsicherheit statt. Der Auf-wertungsdruck auf den Euro wurde im Sommerangesichts nach oben korrigierter Markterwar-tungen bezüglich des Konjunkturaufschwungsin wichtigen Partnerländern zeitweise unterbro-chen. Gegen Ende des Berichtsjahrs verbuchteder Euro abermals Kursgewinne, da die Markt-analysten sich zunehmend besorgt über dieweltweiten außenwirtschaftlichen Ungleichge-wichte zeigten. Insgesamt lag der nominaleeffektive Wechselkurs des Euro Ende 2003 fast11 % über dem Stand zu Jahresbeginn undnahezu 17 % über seinem Durchschnittsniveauim Jahr 2002.

In den ersten beiden Monaten des Jahres 2004wertete der effektive Wechselkurs des Euronicht weiter auf. In dieser Phase dürfte die Ent-wicklung der Euro-Kurse durch das Zusammen-spiel mehrerer gegenläufiger Faktoren beein-flusst worden sein, darunter auch die Reaktiondes Marktes auf das Anfang Februar veröffent-lichte Kommuniqué der G-7-Staaten überWechselkursbewegungen. Am 27. Februar2004, dem Redaktionsschluss dieses Berichts,

hatte der nominale effektive Wechselkurs desEuro gegenüber dem Durchschnitt des Jahres2003 um 3,8 % aufgewertet.

Der reale effektive Wechselkurs des Euro, derdie Entwicklung des Preis- und Lohnstückkos-tengefälles zwischen dem Euroraum und seinenwichtigsten Handelspartnern abbildet, folgtedem nominalen Index ziemlich genau und lagim vierten Quartal 2003 geringfügig über denWerten des ersten Quartals 1999 (siehe Abbil-dung 23).

Besonders stark wertete der Euro im Berichts-zeitraum gegenüber dem US-Dollar auf, der ei-nem breit angelegten Abwertungsdruck unter-lag. In den ersten Monaten des Jahres dürfte dieUnsicherheit, hervorgerufen durch die zuneh-menden geopolitischen Spannungen und derenwahrscheinliche Auswirkungen auf die welt-wirtschaftlichen Perspektiven, die US-Wäh-rung belastet haben. Darüber hinaus wurdenFaktoren wie die Veröffentlichung einer Reihevon schwächer als erwartet ausgefallenen US-Konjunkturdaten, die Ausweitung des Leis-tungsbilanzdefizits und die Verschlechterung

Abbildung 23 Nominale und reale effektiveWechselkurse des Euro1)

(Monats-/Quartalswerte; Index: 1999 Q1=100)

Quelle: EZB.1) Ein Anstieg des Index bedeutet eine Aufwertung des Euro. Fürden auf den Lohnstückkosten im verarbeitenden Gewerbe(LSK/VG) beruhenden realen effektiven Wechselkurs beziehensich die letzten Angaben auf das dritte Quartal 2003 und sindteilweise geschätzt.

1994 1996 1998 2000 200280

85

90

95

100

105

110

115

80

85

90

95

100

105

110

115

NominalReal, VPIReal, EPIReal, LSK/VG

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67EZB

Jahresbericht2003

der Haushaltslage in den Vereinigten Staatenvon den Marktteilnehmern im ersten Halbjahr2003 als zusätzliche Belastung für den US-Dol-lar wahrgenommen. Mit den steigenden Erwar-tungen des Marktes hinsichtlich einer Besse-rung der Wachstumsaussichten in den USAstabilisierte sich die US-Währung in den Som-mermonaten. Gegen Jahresende dürften diesepositiven Faktoren allerdings von der Sorge derMarktteilnehmer über die Finanzierung desLeistungsbilanzdefizits überschattet wordensein, sodass ein erneuter Abwertungsdruck aufdie US-Währung entstand. Am 30. Dezember2003 stand der Euro bei 1,25 USD und notiertedamit rund 19 ½ % höher als zu Jahresbeginnund mehr als 32 % über dem Durchschnitt desJahres 2002. Am 27. Februar 2004 wurde derEuro bei 1,24 USD, d. h. 9,8 % fester als imJahresdurchschnitt 2003, gehandelt.

Im Verhältnis zum japanischen Yen wies derEuro einen ähnlichen Verlauf auf wie bis Sep-tember 2003 gegenüber dem US-Dollar. DieEntwicklung der japanischen Währung scheintim Wesentlichen von den Anzeichen einer Kon-junkturaufhellung in Japan und den Devisen-marktinterventionen der japanischen Zentral-bank in dem Bestreben, den Yen gegenüber demUS-Dollar zu stabilisieren, geprägt gewesen zusein. Im Anschluss an den G-7-Gipfel in Dubai,bei dem eine größere Flexibilität der Wechsel-kurse postuliert wurde, um so reibungslose undumfassende Anpassungen des Finanzsystemsauf Basis von Marktmechanismen zu erleich-tern, geriet der Yen vorübergehend unter einenstarken und breit angelegten Aufwertungs-druck. Ende 2003 notierte der Kurs des Euro bei133,7 JPY und war damit 7,5 % höher als nochzu Jahresbeginn bzw. mehr als 13 % fester alsim Durchschnitt des Vorjahrs. Am 27. Februar2004 kostete der Euro 135,6 JPY, d. h. 3,6 %mehr als im Durchschnitt des Berichtsjahrs.

Was die anderen europäischen Währungen an-geht, so wertete der Euro gegenüber dem PfundSterling, dem Schweizer Franken und – etwaskräftiger – gegenüber der norwegischen Kroneauf, während er im Verhältnis zur schwedischenund dänischen Krone weitgehend unverändert

blieb. Die dänische Währung bewegte sich wei-ter in einem sehr engen Band in der Nähe ihresLeitkurses im Wechselkursmechanismus II(WKM II).

LEISTUNGSBILANZÜBERSCHUSS IM JAHR 2003RÜCKLÄUFIGDer Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Wäh-rungsgebiets verringerte sich im Berichtsjahrauf 28,1 Mrd € (0,4 % des BIP), nach 67,1 Mrd €(0,9 % des BIP) im Jahr davor. Dieser Rück-gang rührte in erster Linie von einer Abnahmedes Überschusses in der Handelsbilanz um20,6 Mrd € sowie einem Anstieg des Defizitsbei den Erwerbs- und Vermögenseinkommen inHöhe von 16,0 Mrd €, während sich das Defizitbei den laufenden Übertragungen ebenfalls er-höhte. Diese Entwicklungen wurden durch einegeringfügige Zunahme des Überschusses beiden Dienstleistungen nur teilweise kompensiert(siehe Abbildung 24). Da die Wareneinfuhren2003 gegenüber dem Vorjahr weitgehend un-verändert blieben, resultierte der Rückgang desWarenhandelsüberschusses aus einer wertmäßi-gen Verringerung der Warenausfuhren aus demEurogebiet (um 2,2 %) im gleichen Zeitraum.7

Die Zunahme des Defizits bei den Erwerbs- undVermögenseinkommen war zu großen Teilenden geringeren Einnahmen bei diesem Postenzuzuschreiben. Grund für diese Entwicklungwar im Wesentlichen der Kursanstieg des Euroim Berichtsjahr, da der Wert der in Fremdwäh-rung erhaltenen Einnahmen in Euro ausgedrücktniedriger ist.

Eine wertmäßige Aufschlüsselung der Exporteaus dem Euroraum nach Volumen und Preisen(auf Basis der Angaben in der Außenhandels-statistik bis zum dritten Quartal 2003) ermög-licht ein besseres Verständnis der Exportent-wicklung. Demnach war der wertmäßige Rück-gang der Ausfuhren in den ersten drei Quartalen2003 – in Relation zu den Durchschnittswertenim Jahr 2002 – auf eine Verringerung der Ex-

7 Ausfuhren und Einfuhren beziehen sich hier stets auf den Handelmit Ländern außerhalb des Euroraums.

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68EZBJahresbericht2003

Abbildung 25 Ausfuhren in Länder außerhalbdes Euroraums, Auslandsnachfrage undnominaler ef fektiver Wechselkurs(Index: 2000 = 100)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen auf Basis vonEurostat-Daten.Anmerkung: Die jüngsten Daten beziehen sich auf das dritteQuartal 2003.

portpreise zurückzuführen.8 Die Exporteure imEurogebiet senkten ihre Preise in Euro, um soden wechselkursbedingten Verlust an preisli-cher Wettbewerbsfähigkeit auszugleichen (sie-he Abbildung 25). Im ersten Halbjahr 2003 wa-ren die Exportvolumina unterdessen rückläufig,um dann im dritten Quartal wieder anzusteigen.Zur anfänglichen Abnahme der Exportvoluminades Euroraums trugen die verhaltene Auslands-nachfrage und die Auswirkungen der Euro-Aufwertung bei, während das kräftige Anzie-hen der Auslandsnachfrage im dritten Quartaldes Berichtsjahrs offenbar der entscheidendeGrund für die Erholung in diesem Bereich war.Insgesamt waren die Ausfuhrvolumina in denersten drei Quartalen 2003 etwas höher als imDurchschnitt des Jahres 2002; sie legten jedochnicht so stark zu wie die Auslandsnachfrage,was auf einen Verlust von Exportmarktanteilendes Euroraums hindeutet.

NETTOKAPITALABFLÜSSE BEI DEN DIREKT-INVESTITIONEN UND WERTPAPIERANLAGENZUSAMMENGENOMMEN IM JAHR 2003In der Kapitalbilanz 2003 verzeichneten die Di-rektinvestitionen und Wertpapieranlagen zu-sammengenommen per saldo Kapitalabflüsse inHöhe von 9,3 Mrd €; demgegenüber standenNettokapitalzuflüsse von 61,9 Mrd € im Jahrdavor (siehe Abbildung 26). Diese Verschie-bung spiegelte vor allem niedrigere Nettokapi-talzuflüsse bei den Wertpapieranlagen (um91,6 Mrd €) wider, die durch geringere Netto-kapitalabflüsse bei den Direktinvestitionen (um20,3 Mrd €) im gleichen Zeitraum nur teilweiseausgeglichen wurden.

Abbildung 24 Saldo der Leistungsbilanz undihre Komponenten

(Mrd €; über 12 Monate kumuliert und saisonbereinigt)

Quelle: EZB.

Leistungs-bilanz

Dienst-leistungen

Laufende Über-

tragungen

Waren-handel

Erwerbs-und

Vermögens-einkommen

-100

-50

0

50

100

150

-100

-50

0

50

100

150

200320022001

8 Die Aufgliederung der Handelsströme in Volumina und Preisebasiert auf der Außenhandelsstatistik, wobei die Preise anhandvon Durchschnittswertindizes näherungsweise dargestellt wer-den. Aufgrund von Unterschieden in der Definition, dem Erfas-sungsgrad und dem Zeitpunkt der Erfassung ist die (von Eurostaterstellte) Handelsstatistik nicht vollständig mit der Position Wa-renhandel in der Zahlungsbilanzstatistik der EZB vergleichbar.

Volumen der Ausfuhren in Länder außerhalb des EuroraumsDurchschnittswertindex der Ausfuhren in Länder außerhalb des Euroraums Nominaler effektiver Wechselkurs Auslandsnachfrage im Euroraum

2001 2002 200390

95

100

105

110

115

120

90

95

100

105

110

115

120

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69EZB

Jahresbericht2003

Die Nettokapitalströme im Bereich der Wertpa-pieranlagen wurde zum großen Teil von Trans-aktionen mit Schuldverschreibungen dominiert.Nachdem im Jahr 2002 Nettokapitalzuflüsse inHöhe von 52,8 Mrd € verbucht worden waren,kehrten sich die Investitionen in Schuldver-schreibungen 2003 per saldo ins Negative undwiesen Nettokapitalabflüsse von 27,4 Mrd € auf(siehe Abbildung 26). Zurückzuführen war diesvor allem darauf, dass bei den Geldmarktpapie-ren statt Nettokapitalzuflüssen beträchtlicheNettokapitalabflüsse verzeichnet wurden, da dieausländischen Investoren offenbar insbeson-dere in der zweiten Jahreshälfte 2003 begannen,ihre internationalen Portefeuilles zugunsten ris-kanterer Vermögenswerte umzuschichten. Aus-schlaggebend hierfür dürfte in erster Linie dieVerbesserung der weltwirtschaftlichen Aus-sichten in dieser Zeit gewesen sein, die sichauch in einer soliden Entwicklung an den inter-nationalen Aktienmärkten niederschlug. Vergli-chen mit dem Vorjahr nahmen im Berichtsjahrgleichzeitig auch die Nettokapitalzuflüsse beiden Anleihen geringfügig ab. Dieser Rückgangist jedoch vorwiegend auf die Liquidation vonAnleihen des Eurogebiets durch gebietsfremde

Abbildung 26 Kapitalbilanz

(Mrd €)

Quelle: EZB.

Anleger im Juli und August 2003 zurückzufüh-ren, die vor dem Hintergrund erwarteter Kapi-talverluste aufgrund eines Anstiegs der Rendi-ten langfristiger Anleihen erfolgte.

Sowohl die Direktinvestitionen des Euroraumsals auch die Anlagen in Dividendenwerten be-wegten sich im Jahresverlauf 2003 insgesamtauf ausgeglichene Positionen zu. Dies war imWesentlichen durch die wirtschaftliche undgeopolitische Ungewissheit in Verbindung mitdem Irak-Krieg und der SARS-Epidemie be-dingt, die die Investitionsentscheidungen imersten Halbjahr negativ beeinflusste (siehe Ab-bildung 26). Als die Unsicherheit nachließ unddie Aktienkurse erneut anzogen, stabilisiertensich die grenzüberschreitenden Investitionen inDividendenwerten zunächst und begannen dannschrittweise zu steigen. In ähnlicher Weise kames angesichts einer Besserung der weltweitenwie auch der binnenwirtschaftlichen Konjunk-turaussichten in der zweiten Jahreshälfte 2003zu einer allmählichen Erholung der Direktin-vestitionen in Länder außerhalb des Euroge-biets, während die Direktinvestitionen des Aus-lands im Euroraum gedämpft blieben.

Netto-Direkt-investitionen

Netto-Wert-papieranlagenin Schuldver-schreibungen

Netto-Wert-papieranlagenin Dividenden-

werten

Netto-Direkt-investitionenund -Wert-

papieranlagenzusammen-genommen

-150

-100

-50

0

50

100

150

-150

-100

-50

0

50

100

150

200320022001

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70EZBJahresbericht2003

3 W I R T S CHA F T L I C H E UND MONE T ÄR EEN TW I CK LUNGEN I N D EN ÜBR I G EN S TAAT ENDER EUROPÄ I S CH EN UN I ON

Tabelle 9 Makroökonomische Indikatoren für Dänemark

(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.1) Prozentpunkte.2) Quartalsdaten weder saisonbereinigt noch arbeitstäglich bereinigt.3) Entspricht der Definition gemäß Maastricht-Kriterien.4) Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates.5) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume.

1999 2000 2001 2002 2003 2003 2003 2003 2003Q1 Q2 Q3 Q4

Reales BIP 2,6 2,8 1,6 1,0 0,0 1,4 -1,2 -0,4 0,3Wachstumsbeitrag zum realen BIP: 1)

Reale inländische Verwendung einschließlichVorratsveränderungen 0,1 2,4 1,0 1,8 0,1 1,3 -1,5 -0,7 1,4Außenbeitrag 2,6 0,5 0,6 -0,8 -0,1 0,1 0,3 0,3 -1,1

HVPI 2,1 2,7 2,3 2,4 2,0 2,8 2,2 1,6 1,3Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 3,6 3,5 4,7 3,4 3,6 3,2 3,6 3,7 3,9Lohnstückkosten (Gesamtwirtschaft) 2,4 1,4 3,7 2,0 2,2 0,5 3,0 2,7 2,7Einfuhrpreisdeflator (Waren und Dienstleistungen) -2,4 6,8 0,5 -3,2 -1,9 -2,9 -2,4 -1,2 -1,1

Leistungsbilanz einschließlichVermögensübertragungen (in % des BIP) 2) 1,8 1,5 3,1 2,6 2,8 2,3 2,8 4,5 1,7

Beschäftigung 1,2 0,5 0,4 -0,6 -1,4 -1,5 -1,8 -1,4 -0,8Arbeitslosenquote (in % der Erwerbspersonen) 4,8 4,4 4,3 4,6 5,6 5,2 5,6 5,8 6,0

Haushaltssaldo (in % des BIP) 3), 4) 3,3 2,6 3,1 1,7 1,5 . . . .Bruttoverschuldung (in % des BIP) 3) 55,8 50,1 47,8 47,2 45,0 . . . .

Dreimonatszinssatz (in % p. a.) 5) 3,3 4,9 4,6 3,5 2,4 2,8 2,4 2,1 2,2Rendite zehnjähriger Staatsanleihen (in % p. a.) 5) 4,9 5,6 5,1 5,1 4,3 4,3 4,1 4,3 4,5Wechselkurs gegenüber dem Euro 5) 7,44 7,45 7,45 7,43 7,43 7,43 7,42 7,43 7,44

Im Rahmen der Sitzungen des Erweiterten Ratsder EZB arbeitet das Eurosystem eng mit denNZBen der nicht teilnehmenden EU-Staaten zu-sammen. Die regelmäßige Analyse der gesamt-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowieder Geld- und Wechselkurspolitik stellt einenintegralen Bestandteil der Koordination zwi-schen dem Eurosystem und den drei derzeitnicht dem Euroraum angehörenden NZBen dar.Obwohl diese NZBen ihre Geldpolitik jeweilsinnerhalb eines eigenen institutionellen undoperativen Rahmens durchführen, verfolgenauch sie als oberstes geldpolitisches Ziel dieGewährleistung von Preisstabilität.

DÄNEMARK

Das Wirtschaftswachstum in Dänemarkschwächte sich im Jahr 2003 ab. Nach 1,0 % imJahr 2002 sank die Wachstumsrate des realenBIP im Berichtsjahr auf 0,0 % (siehe Tabelle 9).In der ersten Jahreshälfte blieben die Inlands-

nachfrage und insbesondere die Investitionenverhalten. Im Einklang mit dem steigenden Ver-trauen der Verbraucher und der Industrie erhol-te sich die Binnennachfrage im weiteren Jahres-verlauf jedoch wieder. Der Anstieg der privatenKonsumausgaben wurde durch niedrige Zins-sätze, die Einführung von gesamtfälligen Hypo-thekendarlehen, ein höheres verfügbares Real-einkommen und Wertzuwächse bei den Wohn-immobilien gestärkt. Infolge der schleppendenAuslandsnachfrage ging das Exportwachstumverglichen mit dem Vorjahr zurück. Dement-sprechend zogen die Einfuhren 2003 etwas stär-ker an als die Ausfuhren. Die Arbeitslosenquo-te erhöhte sich im Beobachtungszeitraumauf 5,6 %.

Die jährliche Teuerungsrate sank im Jahr 2003auf 2,0 % (siehe Abbildung 27), was überwie-gend auf eine Senkung der indirekten Steuern(der Verbrauchssteuern auf Alkohol, Tabakwa-ren und Softdrinks) sowie auf niedrige Energie-preise aufgrund der Schwäche des US-Dollar

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71EZB

Jahresbericht2003

Abbildung 27 Wirtschafts- und Finanzmarktindikatoren für die EU-Länder außerhalb desEuroraums und den Euroraum

Quellen: EZB und Eurostat.1) Für die EU-Länder außerhalb des Euroraums: Dreimonats-Interbankensätze; für den Euroraum: Dreimonats-EURIBOR.2) Die Renditen langfristiger Staatsanleihen beziehen sich auf den Zehnjahresbereich bzw. die nächstliegende Laufzeit.

EuroraumDänemarkSchwedenVereinigtes Königreich

2000 2001 2002 2003-1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

5,5

-1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

5,5

EuroraumDänemarkSchwedenVereinigtes Königreich

2000 2001 2002 2003-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

DänemarkSchwedenVereinigtes Königreich

2000 2001 2002 2003-120

-80

-40

0

40

80

120

160

200

240

280

-120

-80

-40

0

40

80

120

160

200

240

280

DänemarkSchwedenVereinigtes Königreich

2000 2001 2002 2003-40

-20

0

20

40

60

80

-40

-20

0

20

40

60

80

Wachstum des realen BIP(Veränderung gegen Vorjahr in %)

HVPI-Inflation(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Abstand zu den kurzfristigenZinssätzen des Euroraums 1)

(in Basispunkten)

Abstand zu den langfristigenZinssätzen des Euroraums 2)

(in Basispunkten)

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72EZBJahresbericht2003

zurückzuführen war. Preissenkungen im Versi-cherungs- und Kommunikationssektor trugenebenfalls zum Rückgang der Inflation bei. DieLohnstückkosten stiegen im Berichtsjahr ge-ringfügig an, da die Einkommenszuwächse miteinem etwas geringeren Produktivitätswachs-tum einhergingen.

Der gesamtstaatliche Haushaltsüberschuss sankvon 1,7 % des BIP im Jahr 2002 auf 1,5 % desBIP im Jahr darauf. Grund hierfür waren unteranderem die niedrigeren Steuereinnahmen unddie infolge des Konjunkturabschwungs gestie-genen Aufwendungen für Arbeitslosengeld andie privaten Haushalte. Die Staatsverschuldungging von 47,2 % des BIP auf 45,0 % zurück.Dem aktualisierten Konvergenzprogramm zu-folge ist davon auszugehen, dass die öffentli-chen Finanzen Dänemarks solide bleiben wer-den, wobei sich der gesamtstaatliche Budget-überschuss in den Jahren 2004 und 2005 auf1,3 % bzw. 1,8 % des BIP belaufen dürfte. DerRückgang der erwarteten Haushaltsüberschüssegegenüber der vorherigen Aktualisierung desKonvergenzprogramms lässt sich im Wesentli-chen durch das Wirksamwerden von Einkom-mensteuersenkungen infolge der Steuerreform2003 erklären. Ferner wird davon ausgegangen,dass die Bruttoschuldenquote im Jahr 2004 auf41,2 % und im Folgejahr auf 38,7 % des BIPsinken wird.

Dänemark ist derzeit der einzige Mitgliedstaat,der am WKM II teilnimmt. Es verfolgt weiterhineine Politik der festen Wechselkursanbindungan den Euro, wobei der Wechselkurs der däni-schen Krone gegenüber dem Euro innerhalbeiner engen Bandbreite von ±2,25 % um denLeitkurs im WKM II von 7,46038 DKK/EURschwankt. Die Entwicklung der Leitzinsen undder kurzfristigen Geldmarktzinsen ist vornehm-lich vor dem Hintergrund der Zinsentscheidun-gen der EZB und der Entwicklung des Wechsel-kurses der Krone zum Euro zu betrachten. Diedänische Krone blieb im Berichtsjahr sehr naheam WKM-II-Leitkurs, und zwar auf einem Ni-veau, das marginal über der zentralen Paritätlag. Die Devisenreserven erreichten im Juni2003 ihren höchsten Stand, bevor sie gegen

Ende des Jahres wieder sanken. Die Stärke derKrone war weitgehend der verhältnismäßig ge-ringen Inflation und einem beträchtlichen Über-schuss in der Zahlungsbilanz zuzuschreiben.

Die Danmarks Nationalbank senkte ihren Leit-zins im Berichtsjahr dreimal auf zuletzt 2,15 %.Im Jahresverlauf verringerte sich die Differenzzum Mindestbietungssatz für die Hauptrefinan-zierungsgeschäfte des Eurosystems auf 15 Ba-sispunkte, während sich der Abstand zwischenden Geldmarktsätzen Dänemarks und denen desEuroraums auf rund 5 Basispunkte verkleinerte(siehe Abbildung 27). Die Renditen langfristi-ger dänischer Anleihen legten zu und schwank-ten im Durchschnitt um einen Wert von 4,3 %.

SCHWEDEN

In Schweden verlangsamte sich das Wachstumdes realen BIP im Berichtsjahr geringfügig auf1,6 % gegenüber 2,1 % im Jahr 2002 (siehe Ta-belle 10 und Abbildung 27). Da die Auswirkun-gen früherer Steuersenkungen allmählich nach-ließen und die Unsicherheit aufgrund der geo-politischen Lage unverändert hoch war, bliebdas Wachstum der privaten Konsumausgabenund der Investitionen im ersten Halbjahr 2003moderat. Des Weiteren wirkte sich ein Streik imöffentlichen Sektor negativ auf das Wachstumdes realen BIP im zweiten Quartal des Jahresaus. Die privaten Konsumausgaben legten imzweiten Halbjahr 2003 analog zum steigendenVerbrauchervertrauen wieder zu, während dieInvestitionen und die Industrieproduktion ver-halten blieben. Im gesamten Jahr wurden relativhohe Ausfuhren verzeichnet, sodass der Au-ßenhandel einen Beitrag zum realen BIP-Wachstum leistete, der aber nicht ganz so hochausfiel wie im Jahr davor. Die Beschäftigungging 2003 leicht zurück, während die Gesamt-zahl der geleisteten Arbeitsstunden wie schonim Jahr 2002 stärker sank. Dies führte zu einerrelativ kräftigen Zunahme der Arbeitsprodukti-vität (besonders im Verhältnis zu den geleiste-ten Arbeitsstunden) und in Verbindung mit ei-nem moderaten Lohnwachstum zu einer ge-dämpften Entwicklung der Lohnstückkosten.

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73EZB

Jahresbericht2003

Tabelle 10 Makroökonomische Indikatoren für Schweden

(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.1) Prozentpunkte.2) Quartalsdaten weder saisonbereinigt noch arbeitstäglich bereinigt.3) Entspricht der Definition gemäß Maastricht-Kriterien.4) Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates.5) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume.

1999 2000 2001 2002 2003 2003 2003 2003 2003Q1 Q2 Q3 Q4

Reales BIP 4,6 4,3 0,9 2,1 1,6 1,8 0,6 1,7 2,3Wachstumsbeitrag zum realen BIP: 1)

Reale inländische Verwendung einschließlichVorratsveränderungen 3,0 3,3 -0,2 0,7 0,7 2,1 0,3 -0,1 0,6Außenbeitrag 1,5 1,1 1,1 1,4 0,9 -0,3 0,3 1,8 1,7

HVPI 0,6 1,3 2,7 2,0 2,3 2,9 2,1 2,3 1,9Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 1,3 7,4 4,5 2,2 . 1,8 1,7 2,8 .Lohnstückkosten (Gesamtwirtschaft) -1,0 5,4 5,6 0,2 . -0,4 1,2 0,9 .Einfuhrpreisdeflator (Waren und Dienstleistungen) 1,1 4,9 4,1 0,0 -2,0 0,0 -2,5 -3,2 -2,5

Leistungsbilanz einschließlichVermögensübertragungen (in % des BIP) 2) 2,6 3,8 3,8 4,3 5,4 5,4 4,6 6,2 5,5

Beschäftigung 2,2 2,2 2,0 0,1 -0,2 -0,3 0,1 -0,3 -0,6Arbeitslosenquote (in % der Erwerbspersonen) 6,7 5,6 4,9 4,9 5,6 5,3 5,5 5,6 6,0

Haushaltssaldo (in % des BIP) 3), 4) 2,5 5,1 2,8 0,0 0,7 . . . .Bruttoverschuldung (in % des BIP) 3) 62,7 52,8 54,4 52,6 51,8 . . . .

Dreimonatszinssatz (in % p. a.) 5) 3,3 4,1 4,1 4,3 3,2 3,8 3,4 2,9 2,9Rendite zehnjähriger Staatsanleihen (in % p. a.) 5) 5,0 5,4 5,1 5,3 4,6 4,6 4,4 4,6 4,9Wechselkurs gegenüber dem Euro 5) 8,81 8,45 9,25 9,16 9,12 9,18 9,14 9,17 9,01

Die Arbeitslosenquote stieg im zweiten Halb-jahr auf etwa 6 % der Erwerbspersonen.

Die Teuerungsraten, gemessen am HVPI, VPIund UND1X9, nahmen Anfang 2003 auf über3 % zu (siehe Abbildung 27), wofür ein Anstiegder Energiepreise aufgrund geringer Wasserres-sourcen bei der Energieerzeugung aus Wasser-kraft sowie die gestiegenen Ölpreise verant-wortlich waren. Da diese Preiserhöhungen vor-übergehender Natur waren, verlangsamte sichdie Inflation Mitte 2003 rasch auf rund 2 %.Während der VPI danach weiter sank, bliebender HVPI und der UND1X nahe 2 %. Dies warvor allem durch die fallenden Zinsausgaben be-dingt, die zwar im VPI enthalten sind, nicht je-doch im HVPI und im UND1X. Die Jahresin-flation belief sich im Berichtsjahr auf durch-schnittlich 2,3 %, nach 2,0 % im Jahr zuvor,während sich der Anstieg des VPI im gleichenZeitraum von 2,4 % auf 2,1 % verlangsamte.

Der gesamtstaatliche Haushaltsüberschuss ver-besserte sich von 0,0 % des BIP im Jahr 2002auf 0,7 % des BIP im Berichtsjahr. Die am BIPgemessene Schuldenquote sank geringfügigvon 52,6 % im Jahr 2002 auf 51,8 % im Jahr2003. Laut aktualisiertem Konvergenzpro-gramm ist davon auszugehen, dass die öffentli-chen Finanzen Schwedens solide bleiben, wo-bei der gesamtstaatliche Budgetüberschuss inden Jahren 2004 und 2005 den Prognosen zu-folge 0,4 % bzw. 1,2 % des BIP betragen dürfte.Diese Entwicklung steht nicht vollständig imEinklang mit der haushaltspolitischen Regel desLandes, dass über den Konjunkturzyklus hin-weg ein Haushaltsüberschuss von rund 2 % er-

9 Der UND1X entspricht dem VPI abzüglich der Zinsaufwendun-gen und der direkten Auswirkungen geänderter indirekter Steuernund Subventionen. In Schweden ist der allgemeine VPI die Ziel-variable für geldpolitische Entscheidungen. Da allerdings in denvergangenen Jahren temporäre Faktoren Auswirkungen auf dieInflationsprognose hatten, wurden geldpolitische Entscheidungenin der Praxis mittels einer Beurteilung des UND1X bzw., wie imBerichtsjahr, anhand des UND1X ohne Energie getroffen.

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74EZBJahresbericht2003

zielt werden muss. Die Bruttoschuldenquotedürfte im Jahr 2004 auf 51,5 % und im Jahrdarauf auf 50,0 % sinken.

Die Sveriges Riksbank verfolgt eine flexibleWechselkurspolitik und richtet ihre Geldpolitikauf ein explizites Inflationsziel aus, das alsjährlicher Anstieg der VPI-Teuerungsrate von2 % mit einer Toleranz von ±1 Prozentpunkt de-finiert ist. Die schwedische Notenbank senkteden Reposatz im Berichtsjahr um insgesamt1 Prozentpunkt auf 2,75 %. Damit reagierte sieauf das Risiko einer Unterschreitung des Infla-tionsziels von 2 %, nachdem sich die Aussich-ten in Bezug auf die Auslandsnachfrage und dieAusnutzung der heimischen Ressourcen ver-schlechtert hatten. Am 5. Februar 2004 senktedie Sveriges Riksbank den Reposatz vor demHintergrund der Erwartung eines geringerennationalen wie auch internationalen Kosten-drucks um weitere 0,25 Prozentpunkte. Der Ab-stand zwischen den Geldmarktzinsen in Schwe-den und denen im Eurogebiet lag in der erstenJahreshälfte 2003 weitgehend konstant bei 100Basispunkten, wenngleich er im zweiten Halb-jahr auf rund 70 Basispunkte fiel (siehe Abbil-dung 27). Die langfristigen Zinssätze spiegeltendie Entwicklung an den internationalen Renten-märkten wider. Die Differenz zum Euroraumweitete sich leicht aus, sodass sie am Ende desBerichtsjahrs bei etwa 50 Basispunkten lag. BisSeptember schwankte die schwedische Kroneum einen Wert von 9,2 SEK/EUR, bevor siegeringfügig auf rund 9 SEK/EUR aufwertete.Diese Entwicklungen waren wohl auf die ab-klingende Unsicherheit nach dem negativenAusgang des Referendums über die Einführungdes Euro am 14. September sowie auf dieweiterhin verhältnismäßig günstigen Wachs-tumsaussichten zurückzuführen.

VEREINIGTES KÖNIGREICH

Das durchschnittliche Wachstum des realen BIPbeschleunigte sich von 1,7 % im Jahr 2002 auf2,3 % im Berichtsjahr (siehe Tabelle 11). An-fang 2003 wurde die Konjunktur durch vertrau-enshemmende Faktoren wie die Ungewissheit

im Zusammenhang mit dem Konflikt im NahenOsten, die hohen Ölpreise und die Volatilität anden Finanzmärkten beeinträchtigt. Diese Unsi-cherheitsfaktoren schwanden im späteren Jah-resverlauf, und an den Finanzmärkten setzteeine Erholung ein, die die konjunkturelle Bele-bung unterstützte. Wie schon in früheren Jahrenwurde das Wachstum in erster Linie von der In-landsnachfrage getragen, während der Außen-handel einen negativen Beitrag zum BIP-Wachstum leistete.

Das Wachstum der realen Konsumausgaben derprivaten Haushalte sank im Berichtsjahr auf2,9 %; Grund hierfür war ein geringerer An-stieg des real verfügbaren Einkommens, ein mo-derateres Wachstum der Preise für Wohnimmo-bilien sowie ein langsamer steigender Wohl-stand der Privathaushalte. Gleichzeitig wurdeein kräftiges Wachstum der Kreditvergabe ver-zeichnet, und der Wohnungsmarkt zeigte sichrobuster, als allgemein angenommen wordenwar. Die Zunahme der öffentlichen Ausgabenbeschleunigte sich auf 3,6 %, nachdem sie 2002noch 3,3 % betragen hatte. Die Bruttoanlagein-vestitionen legten mit 2,6 % etwas stärker zu alsim Jahr 2002. Die Unternehmensinvestitionenwurden durch finanzielle Umstrukturierungenim Unternehmenssektor und aufgrund kaumvorhandener Anzeichen für eine Verknappungder Produktionskapazitäten gebremst. Unge-achtet der verbesserten preislichen Wettbe-werbsfähigkeit setzte sich der bereits im Jahr2002 begonnene Rückgang der Ausfuhren imBerichtsjahr fort. Er belief sich auf 0,5 % undhing mit der schleppenden Auslandsnachfragezusammen. Trotz einer Verlangsamung des Im-portanstiegs im Jahr 2003 ging somit vom Au-ßenhandel das achte Jahr in Folge ein negativerWachstumsbeitrag aus. Mit einer Arbeitslosen-quote, die relativ unverändert bei 5,0 % verharr-te, erwies sich der Arbeitsmarkt als recht stabil.Die Gesamtbeschäftigung nahm ähnlich raschwie schon 2002 zu; dabei spielte die Schaffungzahlreicher Arbeitsplätze im öffentlichen Sektoreine wesentliche Rolle.

Der Inflationsdruck blieb im Beobachtungszeit-raum moderat. Die Teuerungsrate nach dem

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75EZB

Jahresbericht2003

1999 2000 2001 2002 2003 2003 2003 2003 2003Q1 Q2 Q3 Q4

Reales BIP 2,8 3,8 2,1 1,7 2,3 2,0 2,3 2,3 2,8Wachstumsbeitrag zum realen BIP: 1)

Reale inländische Verwendung einschließlichVorratsveränderungen 4,2 4,1 3,0 3,4 2,8 2,8 2,8 3,1 2,6Außenbeitrag -1,4 -0,3 -0,9 -1,7 -0,5 -0,8 -0,5 -0,8 0,2

HVPI 1,3 0,8 1,2 1,3 1,4 1,5 1,3 1,4 1,3Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 4,6 5,8 5,0 3,3 . 3,3 4,3 4,7 .Lohnstückkosten (Gesamtwirtschaft) 3,1 3,1 3,6 2,4 . 2,4 2,9 3,4 .Einfuhrpreisdeflator (Waren und Dienstleistungen) -1,2 3,1 0,1 -2,1 . -1,2 -0,1 1,3 .

Leistungsbilanz einschließlichVermögensübertragungen (in % des BIP) 2) -2,6 -2,4 -2,2 -1,6 . -0,2 -3,5 -2,6 .

Beschäftigung 1,3 1,1 0,8 0,7 . 1,1 0,9 1,1 .Arbeitslosenquote (in % der Erwerbspersonen) 5,9 5,4 5,0 5,1 . 5,0 5,0 4,9 .

Haushaltssaldo (in % des BIP) 3), 4) 1,1 3,8 0,7 -1,6 -3,2 . . . .Bruttoverschuldung (in % des BIP) 3) 45,0 42,1 38,9 38,5 39,8 . . . .

Dreimonatszinssatz (in % p. a.) 5) 5,4 6,1 5,0 4,0 3,7 3,7 3,6 3,5 3,9Rendite zehnjähriger Staatsanleihen (in % p. a.) 6) 5,0 5,3 5,0 4,9 4,6 4,3 4,4 4,6 5,0Wechselkurs gegenüber dem Euro 7) 0,66 0,61 0,62 0,63 0,69 0,67 0,70 0,70 0,70

Tabelle 11 Makroökonomische Indikatoren für das Vereinigte Königreich

(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.1) Prozentpunkte.2) Quartalsdaten weder saisonbereinigt noch arbeitstäglich bereinigt.3) Auf das Kalenderjahr bezogene Schätzungen. Entspricht der Definition gemäß Maastricht-Kriterien.4) Auf das Kalenderjahr bezogene Schätzungen. Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates.5) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume. Dreimonatige Interbankeinlagen in Pfund Sterling.6) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume. Quelle: BIZ.7) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume.

HVPI, die sich im Jahr 2003 auf durchschnitt-lich 1,4 % belief, war gegenüber dem Vorjahrweitgehend stabil. Gleichzeitig war die Inflati-on nach dem RPIX10 mit durchschnittlich 2,8 %wesentlich höher als der HVPI. Dies ist zumTeil darauf zurückzuführen, dass im HVPI diekräftig steigende Komponente der Wohnungs-kosten nicht enthalten ist. Sowohl der binnen-wirtschaftliche als auch der außenwirtschaftli-che Kostendruck blieb im Berichtsjahr moderat.Der jährliche Anstieg der Lohnstückkosten inder Gesamtwirtschaft war geringfügig höher alsim Jahr 2002, blieb aber gemäßigt. Ungeachtetder Abwertung des Pfund Sterling im erstenHalbjahr 2003 stiegen die Importpreise nurgeringfügig.

Nachdem im Jahr 2002 ein Defizit in Höhe von1,6 % des BIP verzeichnet worden war, ver-schlechterte sich der gesamtstaatliche Haus-haltssaldo weiter und erreichte 2003 einen

Wert von 3,2 % des BIP. Diese Ausweitung desDefizits ging vor allem auf die expansive Fi-nanzpolitik infolge hoher öffentlicher Primär-ausgaben sowie auf Einkommensausfälle imZusammenhang mit einer Änderung der BIP-Zusammensetzung zurück. Dementsprechendnahm die Schuldenquote gemessen am BIP von38,5 % im Jahr 2002 auf 39,8 % im Jahr daraufzu. Das aktualisierte Konvergenzprogrammsieht für die Jahre 2003/04 und 2004/05 einHaushaltsdefizit von 3,3 % bzw. 2,6 % des BIPvor. Es wird erwartet, dass die Bruttoschulden-quote von 39,3 % des BIP in den Jahren2003/04 auf 40,2 % im Zeitraum 2004/05 steigt.

Die Bank of England verfolgt eine flexibleWechselkurspolitik und richtet ihre Geldpolitikauf ein explizites und symmetrisches Inflations-

10 Der RPIX beruht auf dem Einzelhandelspreisindex ohne Hypo-thekenzinszahlungen.

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76EZBJahresbericht2003

ziel aus. Im Juni 2003 verkündete die britischeRegierung ihre Entscheidung, das Referendumüber die Einführung des Euro zu verschieben.Nach Auswertung der vom Schatzamt durchge-führten fünf ökonomischen Tests war man zudem Ergebnis gelangt, dass die Konvergenz unddie Flexibilität, potenzielle Probleme im Rah-men der Währungsunion bewältigen zu können,noch nicht ausreichend seien. Um sicherzustel-len, dass die Inflationserwartungen weiter imEinklang mit denen des Euroraums stehen, gabdie Regierung im Dezember 2003 ein neues In-flationsziel bekannt, das nicht mehr an denzuvor verwendeten nationalen RPIX, sondernan den HVPI (im Vereinigten Königreich VPIgenannt) gebunden ist. Das neue Inflationszielwird als jährlicher Anstieg des HVPI von 2 %definiert.

Die Bank of England änderte ihren offiziellenReposatz im Berichtsjahr dreimal. Am 6. Februarund 10. Juli senkte sie den Reposatz umjeweils 0,25 Prozentpunkte auf 3,5 %, und am6. November hob sie ihn um 0,25 Prozentpunk-te auf 3,75 % an. Am 5. Februar 2004 wurde derReposatz um weitere 0,25 Prozentpunkte auf4 % erhöht. Die Entscheidungen zur Anhebungder Zinsen wurden vor dem Hintergrund sichaufhellender Konjunkturaussichten, eines kräf-tigen Kreditwachstums und eines robustenWohnungsmarkts getroffen. Die Bank of Eng-land ging davon aus, dass diese Entwicklungenzu einem allmählichen Aufwärtsdruck auf dieInflationsrate führen würden. Im Verlauf desBerichtsjahrs weitete sich der Abstand sowohlder kurzfristigen als auch der langfristigenZinssätze zu jenen des Euroraums aus, worineine relativ rasche Besserung der Konjunktur-aussichten und steigende Inflationserwartungenzum Ausdruck kamen (siehe Abbildung 27).Nach einer Abwertung im ersten Halbjahr 2003schwankte der Wechselkurs der britischen Wäh-rung gegenüber dem Euro bis zum Jahresendeum einen Wert von 0,70 GBP.

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KünstlerJosé María SiciliaTitelLa luz que se apaga, 1997MaterialWachs, Öl und Papier auf HolzFormat185 × 157 cm

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KAPITEL 2

ZENTRALBANK-GESCHÄFTE UND

-AKTIVITÄTEN

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80EZBJahresbericht2003

1.1 GELDPOLITISCHE GESCHÄFTE

Eine der Kernaufgaben des Eurosystems ist dieDurchführung der Geldpolitik des Euroraumsmithilfe der dafür konzipierten geldpolitischenInstrumente und Verfahren.1

Ausgehend von der Beurteilung der Marktliqui-dität und des Liquiditätsbedarfs des Bankensek-tors steuert die EZB die Liquiditätsversorgungim Euroraum über ihre Hauptrefinanzierungsge-schäfte (HRGs) und längerfristigen Refinanzie-rungsgeschäfte (LRGs) sowie im Bedarfsfallüber Feinsteuerungsoperationen. Die Ge-schäftspartner können ihrerseits auf die ständi-gen Fazilitäten des Eurosystems (die Spitzenre-finanzierungsfazilität und die Einlagefazilität)zurückgreifen, um jeweils bis zum nächstenGeschäftstag bei den NZBen Mittel zu beschaf-fen bzw. anzulegen. Darüber hinaus sind dieKreditinstitute zur Haltung von Mindestreser-ven auf NZB-Konten verpflichtet, und alle Kre-ditgeschäfte mit dem Eurosystem müssen vonden Geschäftspartnern ausreichend besichertwerden. Generell verfolgt das Eurosystem dieEntwicklungen am Geldmarkt sehr genau, dadiese für die Durchführung der Geldpolitik sehrwichtig sind.2

Das geldpolitische Instrumentarium des Euro-systems erwies sich im Jahr 2003 weiterhin alseffizient und sorgte damit für stabile Geld-marktbedingungen mit geringen Schwankungenbei den kurzfristigen Zinsen sowie für klareSignale hinsichtlich des geldpolitischen Kurses.

BEURTEILUNG DER LIQUIDITÄTSVERSORGUNGBasis für das Liquiditätsmanagement der EZBist die tägliche Beurteilung der Liquiditätsver-sorgung des Bankensektors im Euroraum. Aus-gehend davon wird der Liquiditätsbedarf desBankensektors ermittelt und auf dieser Grund-lage wiederum das Zuteilungsvolumen für diewöchentlichen HRGs bestimmt (bzw. das Volu-men, das über andere Offenmarktgeschäfte wieFeinsteuerungsoperationen und strukturelleOperationen zugeteilt werden soll). Der Liqui-ditätsbedarf ergibt sich aus dem Mindestreserve-Soll der Banken, den Guthaben, die sie darüber

1 GE LDPOL I T I S CH E G E S CHÄ F T E , D E V I S EN -G E S CHÄ F T E UND I N V E S T I T I ON S T Ä T I GK E I T

hinaus auf NZB-Konten halten (Überschuss-reserven), und autonomen Faktoren wie demBanknotenumlauf, den Einlagen der öffent-lichen Haushalte und der Netto-Fremdwäh-rungsposition (d. h. Positionen in der Bilanzdes Eurosystems, die den Liquiditätsbedarfder Banken beeinflussen, aber nicht direkt überdas EZB-Liquiditätsmanagement gesteuert wer-den).

Der tägliche Liquiditätsbedarf des Bankensek-tors im Euroraum lag im Jahr 2003 im Schnittbei 241,5 Mrd €, was einem Anstieg von 24 %gegenüber dem Vorjahr entspricht. Sowohldas Mindestreserve-Soll (durchschnittlich130,9 Mrd €) als auch die Überschussreserven(0,7 Mrd €) blieben in etwa auf Vorjahrsniveau.Hingegen banden die autonomen Faktoren mit109,9 Mrd € nahezu doppelt so viel Liquiditätwie im Jahr 2002 (siehe Abbildung 28 obereGrafik). Dies lag an einem sprunghaften An-stieg des Banknotenumlaufs, der im Wesentli-chen als Normalisierungsprozess nach dem vo-rübergehenden Einbruch rund um die Bargeld-umstellung zu sehen ist.

Um den Banken eine Orientierungshilfe bei derGebotserstellung zu geben, veröffentlichte dieEZB auch im Jahr 2003 im Zuge der Ausschrei-bung des wöchentlichen HRG eine Prognose überdie Durchschnittshöhe der autonomen Faktoren.Die Prognose bezog sich jeweils auf den Zeitraumbis zum Tag vor der Abwicklung des nächstenHRG. Dabei lag die Abweichung der Prognosenvon den tatsächlichen Werten im Schnitt bei1,4 Mrd € gegenüber 1,8 Mrd € im Jahr 2002 und1,9 Mrd € im Jahr 2001, was für eine laufendeVerbesserung der Prognosegüte spricht.3

1 Eine umfassende Darstellung des geldpolitischen Instrumentari-ums findet sich in: EZB, Durchführung der Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet – Allgemeine Regelungen für die geldpoliti-schen Instrumente und Verfahren des Eurosystems, Februar2004.

2 EZB, Money Market Study 2002, November 2003 und MoneyMarket Study 2002, Januar 2004.

3 Am volatilsten unter den autonomen Faktoren waren im Jahr2003 die Guthaben der öffentlichen Haushalte bei den NZBen.Gemessen an der Standardabweichung der täglichen Verände-rungen schwankten diese Guthaben im Ausmaß von 4,2 Mrd €(gegenüber 3,9 Mrd € im Jahr 2002). Beim Banknotenumlaufbelief sich die Schwankungsbandbreite auf 1,3 Mrd € (vergli-chen mit 6,7 Mrd € im Jahr 2002).

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81EZB

Jahresbericht2003

Abbildung 28 Liquiditätsfaktoren und Inanspruchnahme der ständigen Fazil itäten imEuroraum im Jahr 2003(in Mrd €)

Quelle: EZB.

Liquiditätsfaktoren

Ständige Fazilitäten

SpitzenrefinanzierungsfazilitätEinlagefazilität

Dez.Nov.Okt.Sept.Aug.JuliJuniMaiAprilMärzFebr.Jan.

Dez.Nov.Okt.Sept.Aug.JuliJuniMaiAprilMärzFebr.Jan.

60

80

100

120

140

160

180

200

60

80

100

120

140

160

180

200

-10

-5

0

5

10

-10

-5

0

5

10

Guthaben auf GirokontenMindestreserve-SollAutonome Faktoren

23. Dezember: 11,6

2003

2003

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82EZBJahresbericht2003

HAUPTREFINANZIERUNGSGESCHÄFTEHRGs sind die wichtigsten Offenmarktgeschäf-te des Eurosystems. Dabei handelt es sich umeinmal pro Woche durchgeführte liquiditätszu-führende Geschäfte, die in der Regel auf zweiWochen befristet sind (seit dem 9. März 2004sind sie auf eine Woche befristet; siehe den Ab-schnitt über die Evaluierung des geldpolitischenInstrumentariums). Den HRGs kommt bei derSteuerung der Zinssätze und der Liquidität amMarkt eine Schlüsselrolle zu; darüber hinaushat die Höhe des HRG-Mindestbietungssatzeseine Signalwirkung im Hinblick auf den geld-politischen Kurs. Auch die Refinanzierung desBankensektors läuft hauptsächlich über diesenKanal.

Das Zuteilungsvolumen bei den HRGs lag imJahr 2003 zwischen 38,0 Mrd € und 150,0 Mrd €

bzw. durchschnittlich bei 95,9 Mrd €. Die überHRGs laufende Refinanzierung machte imSchnitt 194,4 Mrd € aus und entsprach damit81 % des Liquiditätsvolumens, welches das Eu-rosystem netto über Offenmarktgeschäfte be-reitstellte. Die HRGs wurden wie im Jahr 2002als Zinstender mit einem Mindestbietungssatzausgeschrieben und nach dem amerikanischenZuteilungsverfahren abgewickelt; d. h., die Ge-bote wurden beginnend mit dem höchsten Bie-tungssatz berücksichtigt, bis das Zuteilungsvo-lumen erschöpft war. Der niedrigste Satz, zudem noch eine Zuteilung erfolgt – wenn auchnur anteilmäßig – ist der marginale Zuteilungs-satz.4

Der marginale Zuteilungssatz und der gewichte-te Durchschnittssatz liegen in der Regel überdem Mindestbietungssatz. Der durchschnitt-liche Abstand zwischen dem marginalen Zutei-lungssatz und dem Mindestbietungssatz bliebmit 4,7 Basispunkten fast unverändert (2002:4,8 Basispunkte). Der gewichtete Durch-schnittssatz und der marginale Zuteilungssatzlagen im Schnitt 1,5 Basispunkte auseinander(2002: 1,4 Basispunkte). Diese geringen Span-nen zeigen, wie gut die Kreditinstitute die Zu-teilungsbeträge und Zuteilungssätze abschätzenkönnen und wie homogen sie dabei agieren. DieZuteilungsquote schwankte zwischen 36 % und

100 % der abgegebenen Gebote und lag imSchnitt bei 74 %, verglichen mit einem Durch-schnittswert von 60 % innerhalb einer Band-breite von 19 % bis 100 % im Jahr 2002.

Die Abwicklung der geldpolitischen Geschäftedes Eurosystems verlief bis auf einige wenigeAusnahmen reibungslos. So kam es dreimal zuUnterbietungen, d. h., dreimal boten die Kredit-institute zu wenig, um ihre Mindestreservever-pflichtungen problemlos erfüllen zu können.Am 3. März und 3. Juni 2003 waren die Gebotein Erwartung einer Leitzinssenkung im Vorfeldvon EZB-Ratssitzungen insgesamt zu niedrig.Infolge der daraus resultierenden Liquidi-tätsverknappung stiegen die kurzfristigen Zin-sen vorübergehend an. Die Unterbietung vom25. November stand hingegen nicht im Zeicheneiner erwarteten Zinssenkung, sondern kam fürdie Bieter selbst recht überraschend. Dies istdaran abzulesen, dass der gewichtete Durch-schnittssatz bei 2,02 % und somit 2 Basispunk-te über dem – mit dem Mindestbietungssatzidentischen – marginalen Zuteilungssatz lag.Hätten die Marktteilnehmer generell mit Unter-bietungen gerechnet, wäre es zu einer Häufungder Gebote beim Mindestbietungssatz gekom-men, womit sich ein gewichteter Durchschnitts-satz von 2,00 % ergeben hätte.

Festzuhalten ist ferner, dass der TagesgeldsatzEONIA (Euro Overnight Index Average) undder EZB-Mindestbietungssatz im Sommer rela-tiv weit auseinander lagen. Die EZB reagiertedarauf, indem sie dem Bankensektor eine Zeitlang etwas mehr Liquidität als nötig zur Verfü-gung stellte, was dazu beitrug, dass sich dieSpanne im Herbst wieder auf einem Niveau ein-pendelte, das eher dem Normalzustand ent-sprach.

4 Dabei wird zunächst die Zuteilungsquote ermittelt, indem dergesamte zum marginalen Zinssatz zur Verteilung stehende Be-trag durch die Summe der zum marginalen Satz abgegebenenGebote dividiert wird. Die einzelnen Gebote zum marginalenSatz multipliziert mit diesem Prozentsatz ergeben dann die je-weiligen Zuteilungsbeträge.

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83EZB

Jahresbericht2003

LÄNGERFRISTIGE REFINANZIERUNGSGESCHÄFTELängerfristig können sich die Geschäftspartnerüber LRGs refinanzieren, die monatlich durch-geführt werden und in der Regel auf drei Mona-te befristet sind. Anders als die HRGs sind dieLRGs nicht dafür konzipiert, die Liquiditätsver-sorgung zu steuern oder den geldpolitischenKurs zu signalisieren. Da die LRGs unter An-kündigung des Zuteilungsvolumens als reineZinstender ausgeschrieben werden, agiert dasEurosystem hier als Preisnehmer. Das Eurosys-tem führte im Vorjahr zwölf LRGs mit einemZuteilungsvolumen von je 15 Mrd € durch (seitJanuar 2004 liegt dieser Betrag bei 25 Mrd €).Mit LRGs wurden im Jahr 2003 im Schnitt 19 %der Netto-Liquiditätsversorgung des Banken-sektors mittels Offenmarktgeschäften abgewi-ckelt. Wie in den Vorjahren waren die Gebotebei den LRGs etwas breiter gestreut als bei denHRGs, wobei der gewichtete Durchschnittssatzim Jahresmittel 1,7 Basispunkte (2002: 1,9 Ba-sispunkte) über dem marginalen Zuteilungssatzlag. Die Zuteilungsquote schwankte zwischen42 % und 60 % der abgegeben Gebote und be-lief sich im Schnitt auf 51 %, verglichen mit ei-nem Durchschnittswert von 50 % innerhalb ei-nes Rahmens von 36 % bis 72 % im Jahr 2002.

SONSTIGE GESCHÄFTEAm 23. Mai 2003 führte das Eurosystem eineausgleichende liquiditätsabschöpfende Fein-steuerungsoperation durch, weil die Liquidi-tätsversorgung an dem Tag – zugleich dem letz-ten Tag der Mindestreserveerfüllungsperiode –nach einem starken Rückgriff auf die Spitzenre-finanzierungsfazilität am 21. und 22. Mai starkzugenommen hatte und der Tagesgeldsatz zu-rückgegangen war. Die Abwicklung erfolgtedurch die Hereinnahme von Termineinlagen aufTagesgeldbasis zu einem festen Zinssatz von2,50 % (dem damaligen HRG-Mindestbietungs-satz). Laut Ausschreibung beabsichtigte dieEZB, 5 Mrd € zuzuteilen. Von den über 100zugelassenen Geschäftspartnern gaben zwölfGebote in Höhe von insgesamt 3,9 Mrd €

ab, die auch zur Gänze berücksichtigt wurden.Die Mindestreserve-Erfüllungsperiode endeteausgeglichen mit einer geringfügigen Inan-

spruchnahme der Einlagefazilität in Höhe von0,6 Mrd € netto.

STÄNDIGE FAZILITÄTENDie zwei vom Eurosystem angebotenen ständi-gen Fazilitäten, die Spitzenrefinanzierungsfazi-lität und die Einlagefazilität, sind für die Bereit-stellung bzw. Abschöpfung von Liquidität biszum nächsten Geschäftstag konzipiert. Sie sig-nalisieren den geldpolitischen Kurs, und ihreZinssätze bilden die Ober- bzw. Untergrenzefür den Tagesgeldsatz. Der dadurch abgesteckteZinskorridor blieb im Jahr 2003 unverändert bei200 Basispunkten symmetrisch um den HRG-Mindestbietungssatz verteilt.

Die ständigen Fazilitäten werden von den Ban-ken im Allgemeinen aus zwei Gründen genutzt.

– Einerseits ist ein generelles Liquiditätsun-gleichgewicht, also eine generelle Unter-oder Überversorgung des gesamten Banken-sektors im Verhältnis zum gesamten Min-destreserve-Soll, ein Grund für die Inan-spruchnahme der ständigen Fazilitäten.Wenn der Bankensektor diese Differenzenausgleichen muss, was in der Regel nur ge-gen Ende einer Erfüllungsperiode vorkommt,müssen die Banken in großer Zahl auf dieständigen Fazilitäten zurückgreifen. Die grö-ßeren Ausreißer in der unteren Grafik vonAbbildung 28 sind im Wesentlichen auf denAusgleich derartiger genereller Ungleichge-wichte – also eine geballte Anspruchnahmeder ständigen Fazilitäten im Jahr 2003 – zu-rückzuführen.

– Andererseits kann es vorkommen, dass ein-zelne Institute die ständigen Fazilitäten nut-zen müssen, weil sie aufgrund unerwarteterZahlungsströme gegen Geschäftsschluss –also wenn der Geldmarkt nicht mehr liquideist – nicht anders disponieren können. Der-artige Fälle sind in der Regel recht gleichmä-ßig über die Erfüllungsperiode verteilt. BeiStörungen der Zahlungssysteme können siemitunter durchaus stark ins Gewicht fallen;am 3. Juli 2003 z. B. wurde die Spitzenrefi-

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84EZBJahresbericht2003

nanzierungsfazilität im Rahmen von 7,7 Mrd €beansprucht.

Die Spitzenrefinanzierungsfazilität wurde 2003im Jahresdurchschnitt pro Tag in Höhe von269 Mio € und die Einlagefazilität in Höhe von242 Mio € genutzt. Unter der Annahme, dassdie ständigen Fazilitäten am letzten Tag derMindestreserve-Erfüllungsperiode von zahlrei-chen Banken genutzt werden, im restlichen Zeit-raum aber nur von der einen oder anderen Bank,ergibt sich folgende Verteilung: 49 Mio € gene-relle und 221 Mio € individuelle Inanspruch-nahme der Spitzenrefinanzierungsfazilität so-wie 107 Mio € generelle und 135 Mio € indivi-duelle Inanspruchnahme der Einlagefazilität.

Insgesamt wurden die ständigen Fazilitäten wieschon 2002 in recht geringem Ausmaß bean-sprucht, was für die Treffsicherheit der Progno-sen über die Höhe der autonomen Faktoren undfür die Effizienz des Interbankenmarkts spricht.

TEILNAHME DER GESCHÄFTSPARTNER DESEUROSYSTEMS AN GELDPOLITISCHENGESCHÄFTENDas geldpolitische Instrumentarium ermöglich-te auch im Jahr 2003 einem großen Kreis vonKreditinstituten die Teilnahme an den geldpoli-tischen Geschäften des Eurosystems. Von den6 593 Kreditinstituten des Euroraums, die Ende2003 der Mindestreservepflicht unterlagen (einRückgang von 5 % gegenüber dem Vorjahr),waren 2 149 (-7 %) zu den Offenmarktgeschäf-ten zugelassen. Die Einlagefazilität stand 3 083Kreditinstituten (-5 %) zur Verfügung, die Spit-zenrefinanzierungsfazilitiät 2 629 (-8 %).

Die durchschnittliche Beteiligung an den HRGsund LRGs ist seit Mitte 2000 rückläufig undnahm auch im Jahr 2003 weiter ab. Bei denHRGs gaben im Schnitt 267 GeschäftspartnerGebote ab gegenüber 307 im Jahr 2002. Bei denLRGs ging die durchschnittliche Anzahl derBieter von 186 Geschäftspartnern auf 133 zu-rück. Diese rückläufige Tendenz dürfte auf dasZusammenspiel mehrerer Faktoren zurückzu-führen sein, wie die Wettbewerbssituation amInterbankenmarkt, den Konsolidierungspro-

zess im Bankensektor und die Konzentrationdes Treasury-Managements innerhalb der ein-zelnen Bankenkonzerne. Es gibt zudem keineAnzeichen dafür, dass die rückläufige Beteili-gung an den HRGs und LRGs in den Euro-Län-dern zu Problemen bei der Versorgung des Ban-kensektors mit Zentralbankgeld geführt hätte.An den Offenmarktgeschäften des Eurosystemsbeteiligten sich im Berichtsjahr nach wie vormehr Geschäftspartner als an den Geschäftenjeder anderen Zentralbank.

MINDESTRESERVESYSTEMMit dem Mindestreservesystem, dem Kreditins-titute im Euroraum unterliegen, bezweckt dasEurosystem in erster Linie die Stabilisierungder Geldmarktzinsen und die Schaffung bzw.Verstärkung einer strukturellen Liquiditäts-knappheit. Das Mindestreserve-Soll richtet sichnach der Höhe bestimmter Bilanzpositionen derKreditinstitute. Der stabilisierende Effekt er-gibt sich dadurch, dass das Mindestreserve-Solllediglich im Durchschnitt der einmonatigen Er-füllungsperioden5 erreicht werden muss(„Durchschnittserfüllung“); so wird verhindert,dass kurzfristige Liquiditätsschocks voll aufdie kurzfristigen Zinsen durchschlagen.

Im Jahr 2003 ergaben sich 54 % des gesamtenLiquiditätsbedarfs des Bankensektors im Euro-raum aus dem Mindestreserve-Soll, das im Jah-resdurchschnitt bei 130,9 Mrd € lag, was einergeringfügigen Zunahme um ca. 1 Mrd € gegen-über dem Vorjahr entspricht. Das Mindestre-serve-Soll bewegte sich dabei zwischen 128,9 Mrd €(in der am 23. März 2003 abgelaufenen Erfül-lungsperiode) und 132,1 Mrd € (in der Erfül-lungsperiode, die am 23. August 2003 endete).

Die Mindestreserveguthaben der Bankenschwankten während des Jahres 2003 zwischen89,1 Mrd € und 181,2 Mrd €, was darauf hin-deutet, dass stets ein großer Puffer für unerwar-tete Liquiditätsabflüsse vorhanden war (sieheAbbildung 28 obere Grafik). Hauptsächlichdank des Durchschnittserfüllungs-Systems

5 Seit dem 10. März 2004 ist die Erfüllungsperiode nicht mehr miteinem Monat festgelegt, sondern variabel.

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Jahresbericht2003

blieb die Volatilität des EONIA auch im Jahr2003 im internationalen Vergleich niedrig, vorallem wenn man bedenkt, wie selten Offen-marktgeschäfte durchgeführt werden. Die Stan-dardabweichung der täglichen Änderungen desEONIA betrug 14 Basispunkte, 2 Basispunktemehr als im Vorjahr.

Im Berichtsjahr wurden pro Erfüllungsperiodeim Schnitt 19 Verstöße gegen die Mindestreser-vebestimmungen gezählt gegenüber 28 im Jahr2002. Der tägliche Fehlbetrag lag dabei beidurchschnittlich 6,7 Mio €, im Vergleich zu10,5 Mio € im Jahr 2002. In 58 % der Fälle ginges um relativ kleine Beträge, mit Strafzinsenvon unter 500 €. Grobe Verstöße gab es jedochauch; in sieben Fällen wurden Strafzinsen vonüber 10 000 € verhängt.

EVALUIERUNG DES GELDPOLITISCHENINSTRUMENTARIUMSAls Reaktion auf gelegentliche Verzerrungen inden vergangenen Jahren beschloss der EZB-Ratim Januar 2003, einige Elemente des geldpoliti-schen Handlungsrahmens des Eurosystems mitWirkung vom März 2004 anzupassen:

– Die Mindestreserve-Erfüllungsperiode be-ginnt nun generell an dem Tag, an dem daserste HRG nach der ersten EZB-Ratssitzungim Monat (d. h. nach der Sitzung, bei derturnusmäßig der geldpolitische Kurs erörtertwird) abgewickelt wird. Darüber hinaus gel-ten neue Zinssätze für die ständigen Fazilitä-ten grundsätzlich ab Beginn einer neuenMindestreserve-Erfüllungsperiode.

– Die Laufzeit der HRGs wurde von zwei Wo-chen auf eine Woche verkürzt.

Als Folge dieser beiden Maßnahmen fallenZinserwartungen im Lauf der Erfüllungsperiodenicht mehr ins Gewicht, weil Leitzinsände-rungen generell erst mit der kommenden Erfül-lungsperiode wirksam werden und die Liquidi-tätslage in einer Erfüllungsperiode nicht mehrauf die nächste durchschlägt. Infolgedessensollte der Tagesgeldsatz innerhalb der einzelnenMindestreserveperioden künftig von Zinsände-

rungserwartungen unberührt bleiben. Ange-sichts der generell neutralen Liquiditätsmanage-mentpolitik der EZB sollte der Tagesgeldsatzdamit nahe beim Mindestbietungssatz bleiben.Das dürfte letztlich verhindern, dass spekula-tive Überlegungen das Bietungsverhalten derKreditinstitute bei den HRGs beeinflussen, unddamit zu einer Stabilisierung der Konditionenführen, unter denen die Gebote abgegeben wer-den.

Mit Rücksicht auf technische und gesetzlicheVorlaufzeiten wurde beschlossen, dass die Än-derungen erst am 10. März 2004 in Kraft tretensollen.6 Damit sich die Kreditinstitute problem-los auf die Änderungen des geldpolitischenInstrumentariums einstellen konnten, wurdeausnahmsweise die Mindestreserve-Erfüllungs-periode verlängert; in der Übergangsphase dau-erte sie vom 24. Januar bis zum 9. März 2004.

REFINANZIERUNGSFÄHIGE SICHERHEITENSämtliche Kreditgeschäfte des Eurosystemsmüssen laut ESZB-Satzung ausreichend besi-chert sein. Das Besicherungsmodell des Euro-systems ist darauf ausgelegt, das Eurosystemvor Verlusten aus seinen geldpolitischen Ge-schäften und Zahlungsverkehrstransaktionen zuschützen (siehe Kasten 7). Es gewährleistet dieGleichbehandlung der Geschäftspartner undeine effiziente operative Abwicklung.

Angesichts der unterschiedlichen Struktur derFinanzmärkte ist in den Euro-Ländern zur Besi-cherung von Refinanzierungsgeschäften einebreite Palette von Instrumenten zugelassen,wobei zwischen Kategorie-1-Sicherheiten undKategorie-2-Sicherheiten unterschieden wird.Diese Abgrenzung stellt keine Abstufung derSicherheiten im Hinblick auf ihre Eignungzur Besicherung der verschiedenen Geschäfts-arten dar, außer dass der Einsatz von Kategorie-

6 Am 12. September 2003 wurde eine neue Verordnung (EZB/2003/9) über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht ver-abschiedet (ABl. L 250 vom 2.10.2003, S. 10–16). Außerdemwurde die Publikation „Die einheitliche Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet – Allgemeine Regelungen für die geldpoliti-schen Instrumente und Verfahren des Eurosystems“ überarbei-tet und neu aufgelegt (siehe Fußnote 1), wobei die neuen Bestim-mungen ab dem 8. März 2004 gelten.

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86EZBJahresbericht2003

Abbildung 29 Zur Besicherung von Eurosystem-Kreditgeschäften zugelasseneKategorie-1-Sicherheiten 1)

(Monatsendstände; in Mrd €)

Quelle: EZB.1) Ausgenommen Wertpapiere internationaler und supranationaler Institutionen.2) Von Banken emittierte Pfandbriefe und ähnliche Instrumente sowie unbesicherte Bankschuldverschreibungen eingeschlossen.

0

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März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez.0

1 000

2 000

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4 000

5 000

6 000

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StaatspapiereBankwerte 2)

Unternehmensanleihen

1999 20012000 2002 2003

2-Sicherheiten bei endgültigen Käufen und Ver-käufen (die derzeit nicht durchführt werden) ei-gentlich nicht vorgesehen ist. Zur Kategorie 1zählen marktfähige Schuldtitel, die einheitliche,von der EZB festgelegte Zulassungskriterienerfüllen. In die Kategorie 2 fallen Sicherheiten,die für die nationalen Finanzmärkte und Ban-kensektoren von besonderer Bedeutung sind;die Zulassungskriterien dafür werden von denNZBen auf Basis von Mindeststandards derEZB ausgearbeitet. Kategorie-2-Sicherheitenkönnen marktfähige oder nicht marktfähigeSchuldtitel sowie Aktien sein.

Zu den Kategorie-1-Sicherheiten zählen in ers-ter Linie Staatsanleihen bzw. von Ländern undGemeinden begebene Schuldtitel und von Ban-ken emittierte Pfandbriefe oder ähnliche Instru-mente, die entweder durch Wohnungsbauhypo-theken oder Schulden der öffentlichen Hand ge-deckt sind. Auf diese zwei Wertpapierklassenentfielen im Berichtsjahr 57 % bzw. 31 % aller

Kategorie-1-Sicherheiten. Zur Kategorie 1 zäh-len ferner unbesicherte Bankschuldverschrei-bungen, Unternehmensanleihen und Asset-Backed Securities (mit Ausnahme von Pfand-briefen) – also Emissionen des privaten Sektors– sowie Wertpapiere, die von internationalenund supranationalen Institutionen begeben wur-den (deren Anteil lag Ende 2003 bei knapp2 %). Besonders der Anteil der Unternehmen-sanleihen nahm im Jahr 2003 kontinuierlich zu.

Als Kategorie-2-Sicherheiten haben mancheNZBen neben marktfähigen Finanzinstrumentenauch nicht marktfähige Schuldtitel wie Bank-kredite, Handelswechsel und hypothekarischgesicherte Solawechsel zugelassen.

Insgesamt waren Ende 2003 zur Besicherungvon Kreditgeschäften des Eurosystems Katego-rie-1-Sicherheiten im Wert von 7 Billionen €zugelassen (Ende 2002: 6,6 Billionen €, sieheAbbildung 29); sie machten das Gros der refi-

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Jahresbericht2003

nanzierungsfähigen Sicherheiten aus (96 % amJahresende 2003). Der Gesamtbestand marktfä-higer Kategorie-2-Sicherheiten blieb mit261 Mrd € Ende 2003 gegenüber 265 Mrd €Ende 2002 stabil. (Angaben über den Gesamt-wert der marktfähigen Kategorie2-Sicherheitensind nicht verfügbar.)

Alle Kreditgeschäfte des Eurosystems werdenvon den Geschäftspartnern mit Sicherheiten un-terlegt, entweder durch Übertragung der Eigen-tumsrechte an den Sicherheiten (Kennzeich-nungsverfahren) oder durch Verpfändung(Pfandpoolverfahren).

Insgesamt hatten die Geschäftspartner Ende2003 marktfähige Wertpapiere im Wert vonrund 750 Mrd € zur Besicherung ihrer Refinan-zierungsgeschäfte beim Eurosystem hinterlegt,verglichen mit gut 700 Mrd € Ende 2002 (sieheAbbildung 30).7

Der Anteil der Bankwerte an den hinterlegtenmarktfähigen Sicherheiten blieb mit 51 %insgesamt stabil (zum Vergleich: 2002 waren es52 %). Der Anteil der Staatspapiere blieb mitrund 38 % ebenfalls annähernd konstant. Hin-gegen ist bei den Unternehmensanleihen einesteigende Tendenz zu beobachten; ihr Anteil er-höhte sich von 4 % Ende 2002 auf 6 % Ende2003. Der auf nicht marktfähige Bankforderun-gen entfallende Anteil liegt seit fünf Jahren re-lativ unverändert bei rund 4 %.

Die Geschäftspartner des Eurosystems könnenzur Refinanzierung bei ihrer Zentralbank auf

7 Im Rahmen des Pfandpoolverfahrens hatten die Geschäftspart-ner Ende 2003 rund 650 Mrd € hinterlegt gegenüber rund600 Mrd € Ende 2002. Im Rahmen des Kennzeichnungsverfah-rens, bei dem jede Transaktion einer bestimmten Sicherheitzugeordnet werden kann, hatten die Geschäftspartner für Kre-ditgeschäfte des Eurosystems (geldpolitische Geschäfte undGeschäfte zur Beschaffung von Innertagesliquidität) Sicher-heiten im Wert von 107 Mrd € hinterlegt, im Vergleich zu115 Mrd € Ende 2002.

Abbildung 30 Art der Besicherung von Eurosystem-Kreditgeschäften

(Monatsendstände; in Mrd €)

Quelle: EZB.

März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez.1999 20012000 2002 2003

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StaatspapiereBankwerteUnternehmensanleihenSonstiges

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88EZBJahresbericht2003

Kasten 7

RISIKOMANAGEMENT BEI GELDPOLITISCHEN GESCHÄFTEN UND KREDITGESCHÄFTEN IM RAHMENDES ZAHLUNGSVERKEHRS

Bei der Durchführung von geldpolitischen Geschäften und Kreditgeschäften im Rahmen desZahlungsverkehrs geht das Eurosystem das Risiko ein, dass ein Geschäftspartner seinen Zah-lungsverpflichtungen nicht nachkommen kann. Das Eurosystem begegnet diesem Kreditrisiko,indem es seine Geschäftspartner verpflichtet, die in Anspruch genommenen Kredite mit ange-messenen Sicherheiten zu unterlegen.

Das System zur Risikosteuerung im Zusammenhang mit den geldpolitischen Geschäften desEurosystems setzt sich aus drei Hauptkomponenten zusammen: den Risikokontrollmaßnahmenfür Sicherheiten, den Bewertungsgrundsätzen und der Bonitätsbeurteilung von Sicherheiten.

Im Hinblick auf die Risikokontrolle wurde im Jahr 2003 ein neues Konzept von Bewertungsab-schlägen ausgearbeitet, das eine bessere Differenzierung zwischen den einzelnen Arten vonSicherheiten je nach ihren Liquiditätsrisikomerkmalen ermöglichen soll. Die Sicherheiten wer-den Liquiditätskategorien zugeordnet, und zwar auf Basis verschiedener Liquiditätsparameterwie Unterschieden im Verlauf der Zinsstrukturkurve bei Anleiheemittenten vergleichbarer Bo-nität, dem vorhandenen Material, dem durchschnittlichen Emissionsvolumen und der Geld-/Brief-Spanne. Je nach Liquiditätskategorie kommen unterschiedliche Risikokontrollmaßnah-men bzw. Bewertungsabschläge zum Tragen.

Die neuen Risikokontrollmaßnahmen für Kategorie-1-Sicherheiten gelten seit März 2004. Diewesentlichen Änderungen sind nachstehend kurz zusammengefasst:

– Kategorie-1-Sicherheiten werden in vier Liquiditätskategorien eingeteilt, wobei für jede Ka-tegorie ein eigenes System von Bewertungsabschlägen gilt.

Kategorie I Kategorie II Kategorie III Kategorie IV

Schuldtitel von Schuldtitel von Traditionelle Pfandbriefe Asset-Backed SecuritiesZentralstaaten Gemeinden und ähnliche Instrumente

und Ländern

Schuldtitel von Jumbo-Pfandbriefe und Schuldtitel vonZentralbanken ähnliche Instrumente Kreditinstituten

Schuldtitel von Institutionen Schuldtitel vonmit öffentlichem Unternehmen undFörderauftrag sonstigen Emittenten

Schuldtitel vonsupranationalen Institutionen

– Die Bewertungsabschläge wurden abhängig von der Restlaufzeit im Hinblick auf eine gleich-mäßige Verteilung des Umlaufvolumens gestaffelt für sechs verschiedene Laufzeitkategorienfestgelegt, nämlich bis zu 1 Jahr, 1–3 Jahre, 3–5 Jahre, 5–7 Jahre, 7–10 Jahre und über 10Jahre. Zudem sind keine Sicherheitenmargen mehr anzuwenden, und die Schwellenwerte füreinen Margenausgleich wurden von 1,0 % auf 0,5 % herabgesetzt. Nach der Neufestlegungder Bewertungsabschläge für refinanzierungsfähige Kategorie-1-Sicherheiten wurden aus

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89EZB

Jahresbericht2003

Kohärenzgründen auch für Kategorie-2-Sicherheiten die Sicherheitsmargen gestrichen unddie neuen Laufzeitkategorien eingeführt.

– Die Bewertungsabschläge, die für Kategorie-2-Sicherheiten gelten, sind speziell auf dasRisikoprofil dieser Vermögenswerte abgestimmt und mindestens ebenso streng wie die Ab-schläge für Kategorie-1-Sicherheiten. Die Staffelung der Bewertungsabschläge für Sicher-heiten der Kategorie 2 nach Liquiditätskategorien und verschiedenen Instrumentenparame-tern in vier Gruppen – Aktien, marktfähige Schuldtitel mit begrenzter Liquidität, Schuldtitelmit eingeschränkter Liquidität und besonderen Merkmalen sowie nicht marktfähige Schuldti-tel – wurde beibehalten.

Sicherheiten zurückgreifen, die sie in einem an-deren Land des Eurogebiets hinterlegt haben.Bis Ende 2003 stieg der Anteil der grenzüber-schreitend nutzbaren Sicherheiten an deninsgesamt für Kreditgeschäfte des Euroraumsvon den Geschäftspartnern hinterlegten Sicher-heiten auf 40 % gegenüber 33 % Ende 2002. DieTendenz war in allen Kategorien steigend,besonders jedoch bei Bankwerten und Unter-nehmensanleihen (siehe Abschnitt 2.3 diesesKapitels).

Die EZB führt eine zentrale Datenbank übersämtliche für Kreditgeschäfte des Eurosystemszugelassenen Sicherheiten, wie von den NZBenhinsichtlich der Emissionen an ihren nationalenMärkten gemeldet, und macht diese Informati-onen in Form eines Gesamtverzeichnisses aufihrer Website zugänglich. Sobald Sicherheitenin diesem – täglich aktualisierten – Verzeichniserfasst sind, gelten sie im Rahmen von Kredit-geschäften des Eurosystems als refinanzie-rungsfähig. Im Jahr 2003 verbesserte das Euro-system die Qualität, Effizienz und Zuverlässig-keit dieser Serviceleistung für die Geschäfts-partner des Eurosystems. Außerdem wurde dasVerzeichnis um eine Emittenten- und Wertpa-pierklassifizierung im Sinne der seit März 2004geltenden neuen Rahmenbedingungen für Risi-kokontrolle erweitert (siehe Kasten 7).

EIN EINHEITLICHES VERZEICHNIS VONSICHERHEITENIn den ersten fünf Jahren der dritten Stufe derWWU konnten die Geschäftspartner zur Besi-cherung der geldpolitischen Geschäfte des Eu-

rosystems und zur Beschaffung von Innertages-liquidität ein breite Palette an Sicherheiten nut-zen. Allerdings könnten die Wettbewerbs-gleichheit und die Transparenz unter der Hete-rogenität der Sicherheiten leiden, die in den Ka-tegorie-2-Verzeichnissen der einzelnen Euro-Länder erfasst sind. Das Eurosystem prüft des-wegen, ob und wie sich diese Heterogenität ver-ringern ließe und unter welchen Bedingungeneine Zusammenführung der beiden Sicherhei-tenkategorien in ein einheitliches Verzeichnismöglich wäre.

Im Juni 2003 leitete das Eurosystem ein öffent-liches Konsultationsverfahren über den Sicher-heitenrahmen des Eurosystems ein, bei dem dieMarktteilnehmer Verbesserungen anregenkonnten. Im Wesentlichen schlug das Eurosys-tem die schrittweise Umstellung auf ein einheit-liches Verzeichnis refinanzierungsfähigerSicherheiten vor, wobei die bereits als refinan-zierungsfähig anerkannten Kategorie-1-Sicher-heiten zur Gänze übernommen werden sollten.Zur Diskussion gestellt wurde, ob die wichtigs-ten Kategorie-2-Sicherheiten ebenfalls einbezo-gen werden sollten und ob darüber hinaus imEWR begebene Euro-Schuldtitel von Emittentenmit Sitz in einem G-10-Land außerhalb desEWR als refinanzierungsfähig anerkannt wer-den sollten.

Es wurden zahlreiche Stellungnahmen abgege-ben, unter anderem von einzelnen Banken,Marktorganisationen und einigen nationalenbzw. supranationalen Bankenverbänden. DerVorschlag, auf ein einheitliches Verzeichnis der

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90EZBJahresbericht2003

refinanzierungsfähigen Sicherheiten umzustel-len, wurde fast durchweg begrüßt, vor allem,weil sich die Geschäftspartner von einem har-monisierten Sicherheitenrahmen gleiche Wett-bewerbsbedingungen versprechen. Die Markt-teilnehmer führten an, dass angesichts der ver-stärkten Nutzung von Sicherheiten am Markt(z. B. bei besicherten Kredit- und Repogeschäf-ten und für das Continuous Linked Settlement(CLS, siehe Kapitel 3 Abschnitt 4) grundsätz-lich mehr Sicherheiten zur Refinanzierung zu-gelassen werden sollten. Einige Marktteilneh-mer betonten, dass es wichtig wäre, alle Artenvon Sicherheiten, die derzeit von einzelnenNZBen in der Kategorie 2 zugelassen sind, eu-roraumweit zu akzeptieren. Andere regten dieErweiterung um zusätzliche Sicherheitenkate-gorien an (z. B. wurde vorgeschlagen, dassmehr „ausländische“ Sicherheiten wie Schuldti-tel in Fremdwährungen als refinanzierungsfähiggelten sollten).

Das Eurosystem ist sich dessen bewusst, dasseine etwaige Änderung des Besicherungsmo-dells nach erfolgter entsprechender Beschluss-fassung nur schrittweise und im Lauf einesmehrjährigen Prozesses umgesetzt werdenkann. Schließlich zieht dies sowohl bei denZentralbanken des Eurosystems als auch bei denGeschäftspartnern eine Änderung der operati-ven Systeme und Verfahren nach sich; in eini-gen Ländern werden auch rechtliche Anpassun-gen vonnöten sein.

KONTAKTGRUPPENAls Forum zum Meinungsaustausch überMarktentwicklungen, Marktstrukturfragen,Handelspraktiken sowie verfahrenstechnischeFragen bei der Abwicklung von Geld- und De-visenmarktgeschäften nutzte die EZB auch imBerichtsjahr verschiedene Kontaktgruppen, wiedie Money Market Contact Group (MMCG)und die Foreign Exchange Contact Group(FXCG), die beide 1999 gegründet wurden, so-wie die im Jahr 2002 eingesetzte OperationsManagers Group (OMG). Im Mittelpunkt derDiskussionen der MMCG mit Marktteilneh-mern standen die im Jahr 2002 durchgeführteAnalyse des Euro-Geldmarkts, der europäische

Repomarkt, die ACI-Initiative im Zusammen-hang mit kurzfristigen Wertpapieren (Short-Term European Paper – STEP; siehe Kapitel 3Abschnitt 3) und das Konsultationsverfahrender EZB zum Sicherheitenrahmen des Eurosys-tems. Auf FXCG-Ebene wurden u. a. Fort-schritte beim neu aufgebauten CLS-System undEntwicklungen im elektronischen Handel dis-kutiert sowie eine Überprüfung der Marktprak-tiken angedacht.

1.2 DEVISENGESCHÄFTE

Im Jahr 2003 führte die EZB keine Interventi-onen am Devisenmarkt durch.

Im Rahmen der Vereinbarung zwischen derEZB und dem Internationalen Währungsfonds(IWF), wonach der IWF für die EZB Sonderzie-hungsrechte (SZR) von anderen SZR-Inhabernkaufen bzw. an sie verkaufen kann, wurde imJahr 2003 eine Transaktion abgewickelt.

1.3 INVESTITIONSTÄTIGKEIT

VERWALTUNG DER WÄHRUNGSRESERVENDurch die Verwaltung der Währungsreservender EZB soll sichergestellt werden, dass dieEZB stets über genügend liquide Mittel verfügt,um gegebenenfalls auf Beschluss des EZB-RatsDevisenmarktinterventionen durchführen zukönnen. Daher sind Liquidität und Sicherheitdie wichtigsten Anlagekriterien. Unter Beach-tung dieser Vorgaben sind die Währungsreser-ven so ertragreich wie möglich anzulegen. InForm verschiedener Regeln und Verfahren ein-gebaute Informationsschranken (Chinese Wall)sollen die Weitergabe von Insiderinformationenverhindern, etwa durch die Unterbindung desInformationsflusses zwischen Stellen, die fürdie Durchführung der Geldpolitik zuständigsind, und Stellen, die mit der Verwaltung derWährungsreserven und Eigenmittel der EZB be-traut sind.

Ende 2003 verfügte die EZB per saldo überWährungsreserven in Höhe von 38,3 Mrd € ge-

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8 Verordnung (EG) Nr. 1010/2000 des Rates vom 8. Mai 2000 überdie Einforderung weiterer Währungsreserven durch die Euro-päische Zentralbank (ABl. L 115 vom 16.5.2000, S. 2–3).

genüber 43,2 Mrd € Ende 2002. Die Differenzergibt sich aus Zinserträgen und Änderungen imMarktwert des Portfolios aufgrund der Abwer-tung des US-Dollar. Im Bedarfsfall kann dieEZB nach Maßgabe der gemeinschaftlichen Se-kundärgesetzgebung von den NZBen die Über-tragung weiterer Währungsreserven einfor-dern.8

Die Währungsreserven der EZB sind in ersterLinie in US-Dollar, aber auch in japanischenYen, Gold und SZR angelegt. Die vom EZB-Ratfestgelegte Gewichtung beruht auf Analysenzur optimalen Währungsstreuung und den vor-aussichtlichen operativen Anforderungen. Än-derungen sind möglich, wenn dies dem EZB-Rat zweckmäßig erscheint. Die Goldbeständeder EZB werden gemäß dem Goldabkommender Zentralbanken vom 26. September 1999,das am 8. März 2004 erneuert wurde, nicht aktivbewirtschaftet.

EIGENMITTELVERWALTUNGDas Eigenmittelportfolio der EZB besteht ausdem gezeichneten Kapital und den Mitteln derAllgemeinen Reserve; es dient als Rücklage zurAbdeckung etwaiger Verluste der EZB. AlsAnlageziel wird langfristig eine Verzinsungüber dem durchschnittlichen Hauptrefinanzie-rungssatz der EZB angestrebt.

Ende 2003 verfügte die EZB über Eigenmittel inHöhe von netto 5,9 Mrd € gegenüber 5,6 Mrd €Ende 2002. Die Differenz ergibt sich aus Zins-erträgen und Marktwertänderungen des Kapi-talstocks. Im Jahr 2003 wurden weitere Diver-sifikationsmöglichkeiten zur Ertragssteigerunggeprüft.

RISIKOMANAGEMENTDas Risikosteuerungssystem der EZB dient derMessung, Überwachung und Meldung sämt-licher Risiken, die sich aus der Durchführung derFinanzgeschäfte für die EZB selbst bzw. für diezwölf NZBen des Eurosystems ergeben, wennsie im Namen der EZB tätig sind. Zur Risiko-steuerung bei den Devisengeschäften der EZBund ihrer Eigenmittelverwaltung stützt sich dieEZB auf ein integriertes Dreisäulenmodell be-

stehend aus a) Risikokennzahlen und -vor-schriften, b) Anlageperformance-Analysen undein darauf aufbauendes Berichtswesen undc) Analyserichtlinien zur Portfoliostrukturie-rung.

Bei der EZB werden täglich die aktuellenMarkt-, Kredit- und Liquiditätsrisikowerte er-mittelt und mit den vorgegeben Risikoparame-tern abgeglichen. Dabei wurden im Jahr 2003keine nennenswerten Probleme festgestellt. DerSchwerpunkt der Überwachung verlagerte sichzunehmend darauf, das passende Liquiditäts-profil der Investitionen sicherzustellen. Für dieWährungsreserven der EZB wurden formal Li-quiditätslimite eingeführt, damit gewährleistetist, dass in ausreichender Höhe Barmittel odersehr liquide Wertpapiere gehalten werden. Einklar strukturiertes Berichtswesen sorgt dafür,dass bei Verstößen gegen diese oder andere Li-mite entsprechende Gegenmaßnahmen getroffenwerden. Im Jahr 2003 wurden die Abläufe zurÜberprüfung der Richtigkeit der täglichenMarktpreisbewertung verbessert (Wertpapier-kurse werden für Bewertungszwecke täglich er-hoben).

Im Zuge der Risikosteuerung wird vor allem dieWertentwicklung der jeweiligen Anlageportfo-lios gemessen und analysiert. Derzeit ist alleindie Verwaltung der Währungsreserven auf 24verschiedene Portfolios aufgeteilt, da jede NZBim Euroraum zwei Devisenportfolios für dieEZB verwaltet. Die Methoden zur Performance-Analyse – d. h. zur Analyse der Ertragsentwick-lung in Relation zu den Benchmarks der Anla-gepolitik der EZB – wurden im Jahr 2003 weiterausgebaut, um den Portfoliomanagern entspre-chende Rückmeldungen geben zu können. Umdetailliertere Aussagen treffen zu können, wer-den die Daten über einen längeren Zeitraum hin-weg aggregiert. Die allgemeine Ertragsbeurtei-lung sowie die Messung der relativen Perfor-mance der Portfolios im Vergleich mit den je-weiligen Benchmarks ist eine wertvolle Ent-

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92EZBJahresbericht2003

scheidungshilfe im Hinblick auf Anpassungender allgemeinen Anlagepolitik.

Die Portfoliostrukturierung schließlich beziehtsich auf den Planungsprozess zur Aufteilungder anzulegenden Mittel auf verschiedene Anla-geformen, um unter Berücksichtigung des An-lageziels die Ertrags-/Risiko-Relation zu opti-mieren. Mit der Festlegung der strategischenBenchmarks der EZB wird der Grundstein fürden Anlageertrag gelegt. Die Benchmarks wer-den unter dem Aspekt der langfristigen Risiko-/Ertrags-Präferenzen der EZB gewählt. Als Ent-scheidungshilfe für die Festsetzung der Bench-marks entwickelte die EZB im Jahr 2003 einökonometrisches Modell, mit dem sich die zuerwartenden Erträge ableiten lassen. Darüberhinaus wurden alternative Optimierungsmetho-den eingesetzt, um die Analysegüte zu verbes-sern.

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93EZB

Jahresbericht2003

Das Eurosystem stellt eine Zahlungs- und Wert-papierabwicklungsinfrastruktur bereit mitdem Ziel, das reibungslose Funktionieren vonZahlungsverkehrssystemen zu fördern. So ent-wickelte es gemäß seinem gesetzlichen AuftragTARGET,9 ein Echtzeit-Bruttosystem für dieAbwicklung von Euro-Großbetragszahlungen.Über TARGET verarbeitete Zahlungen werdenauf Zentralbankkonten verbucht und in Zentral-bankgeld abgewickelt, wodurch das Risiko vonfolgenschweren Störungen für das gesamte Fi-nanzsystem sehr gering gehalten wird. In denletzten Jahren wurde TARGET erweitert undverbessert, und es ist geplant, mit TARGET2eine nächste Systemgeneration zu entwickeln.

Im Wertpapierabwicklungsbereich bieten dasEurosystem und der Markt verschiedene Mög-lichkeiten für die grenzüberschreitende Nut-zung von Sicherheiten. Die Inanspruchnahmedieser Mechanismen steigt mit der zunehmen-den Integration der EU-Märkte.

2.1 DAS TARGET-SYSTEM

Das TARGET-System setzt sich aus den 15 na-tionalen Zahlungssystemen der EU-Mitglied-staaten sowie dem Zahlungsverkehrsmechanis-mus der EZB und einer Interlinking-Kompo-nente zur Verarbeitung grenzüberschreitenderZahlungen zusammen. TARGET leistete auchim Jahr 2003 seinen Beitrag zur Integrationdes Euro-Geldmarkts. Da das EurosystemTARGET zur Abwicklung seiner Kreditge-schäfte verwendet, spielte das System weiter-hin eine wichtige Rolle für die reibungsloseDurchführung der einheitlichen Geldpolitik.TARGET ermöglicht eine flächendeckendeEchtzeitabwicklung in Zentralbankgeld und bie-tet sich damit auch für eine Vielzahl andererZahlungen an.

Der TARGET-Betrieb verlief im Berichtsjahrreibungslos und erfolgreich. Im Einklang mitder Zielsetzung des Eurosystems, die Zahlungs-abwicklung in Zentralbankgeld zu forcieren,setzte sich der Trend zur verstärkten Abwick-lung von Euro-Großbetragszahlungen über

2 Z AH LUNG S V E RK EHR S - UND WERT PA P I E R -A BW I C K LUNG S S Y S T EME

TARGET fort. So wurden im Jahr 2003 wert-mäßig 87 % aller Euro-Großbetragszahlungenüber TARGET abgewickelt. Das System stehtfür sämtliche Interbanküberweisungen in Euroinnerhalb einzelner EU-Mitgliedstaaten undzwischen EU-Mitgliedstaaten – auch jenen, dieden Euro noch nicht eingeführt haben – zur Ver-fügung. Im Berichtsjahr zählte TARGET 3 351Teilnehmer; die Anzahl der adressierbaren Ban-ken und Zweigstellen belief sich weltweit auf43 450.

DER TARGET-BETRIEBIm Jahr 2003 wurden im Tagesdurchschnitt261 208 Zahlungen im Gesamtwert von1 650 Mrd € über TARGET abgewickelt. DasTransaktionsvolumen stieg somit gegenüberdem Vorjahr um 3 %, während sich der Trans-aktionswert um 6 % erhöhte.

Im Berichtsjahr machten Zahlungen zwischenMitgliedstaaten wertmäßig 33 % (2002: 31 %)und stückzahlmäßig 23 % (2002: 21 %) allerTARGET-Transaktionen aus. Der Anteil der In-terbankzahlungen belief sich dabei wertmäßigauf 95 % und stückzahlmäßig auf 52 %; die üb-rigen Zahlungen zwischen Mitgliedstaaten wa-ren Kundenzahlungen. Interbank- bzw. Kun-denzahlungen zwischen Mitgliedstaaten hatteneinen durchschnittlichen Wert von 17 Mio €bzw. 0,8 Mio €. Weitere Informationen dazusind Tabelle 12 zu entnehmen.

Im Jahr 2003 lag die Verfügbarkeit von TAR-GET, d. h. die Möglichkeit einer störungsfreienNutzung des Systems innerhalb der Öffnungs-zeiten, bei insgesamt 99,79 %. Mithilfe des2003 verbesserten TARGET-Informationssys-tems, kurz TIS, können sich TARGET-Anwen-der ausführlich und rechtzeitig über etwaigeStörungen informieren.

9 Trans-European Automated Real-time Gross settlement ExpressTransfer (Transeuropäisches Automatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Überweisungssystem).

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KRITERIEN FÜR SYSTEMRELEVANTE ZAHLUNGENIN TARGETAngesichts der besonderen Bedeutung vonTARGET für den Markt und seiner großenReichweite setzt das reibungslose Funktionie-ren des Systems angemessene Schutzmaßnah-men gegen eine breite Palette von Gefahrenvoraus. Sicherheitsfragen müssen daher imTARGET-Verbund entsprechend behandeltwerden. Schon seit der TARGET-Entwick-lungsphase stehen Methoden zur Risiko-einschätzung zur Verfügung. Das bestehendeRisikomanagement-Verfahren wurde im Be-richtsjahr grundlegend überarbeitet; dem neuenTARGET-Risikosteuerungssystem (TARGETRisk Management Framework) liegen interna-tionale Standards zugrunde.

Bei einer Störung des Normalbetriebs ist es vongrößter Wichtigkeit, dass die unverzüglicheDurchführung systemrelevanter Zahlungen ge-währleistet ist, um der Gefahr eines Systemrisi-kos entgegenzuwirken. Die TARGET-Notfall-maßnahmen wurden im Hinblick auf diese An-forderung weiter optimiert. Im Zuge mehrererTests zwischen den Zentralbanken (mitunterwaren auch Geschäftsbanken eingebunden)wurden im Berichtsjahr die Operabilität und In-teroperabilität aller Notfallmaßnahmen über diegesamte TARGET-Prozesskette hinweg über-prüft.

Das Eurosystem ist demzufolge heute besser inder Lage, das reibungslose Funktionieren derZahlungssysteme und Finanzmärkte im Krisen-fall sicherzustellen.

SONSTIGE ÄNDERUNGENÄnderungen im SWIFT-Kommunikationsnetz,z. B. die Migration auf SWIFTNet FIN, sind fürsämtliche Anwender verpflichtend. Bei denTARGET-Komponenten müssen die Verände-rungen bis Ende 2004 umgesetzt werden; inner-halb dieser Frist ist der Zeitpunkt allerdings freiwählbar.

NACHTVERARBEITUNGIm Jahr 2003 reagierte das Eurosystem auf denTrend im Wertpapierabwicklungsbereich, dieVerarbeitung von Wertpapierüberträgen in dieNachtstunden zu verlagern. Bei der Nachtverar-beitung werden von den Betreibern von Wertpa-pierabwicklungssystemen einige Aktivitätenvorgezogen, die normalerweise erst am folgen-den Geschäftstag durchgeführt würden. Dernächstfolgende Geschäftstag bleibt allerdingsals Valutierungstag für solche Transaktionenbestehen. Die Nachtverarbeitung hat den Vor-teil, dass die Teilnehmer von Wertpapierab-wicklungssystemen morgens bei Geschäftsbe-ginn über ihre tatsächlichen Kassa- und Wert-papierbestände informiert sind.

Einer speziellen Marktanforderung folgend be-willigte der EZB-Rat ein Modell, das die grenz-überschreitende Übertragung von Zentralbank-geld im Rahmen der Nachtverarbeitung für sol-

VeränderungStückzahl 2002 2003 in %

TARGET-ZahlungeninsgesamtGesamtzahl 64 519 000 66 608 00 3Tagesdurchschnitt 253 016 261 208 3TARGET-Zahlungeninnerhalb einzelnerMitgliedstaatenGesamtzahl 50 785 315 51 354 924 1Tagesdurchschnitt 199 158 201 392 1TARGET-ZahlungenzwischenMitgliedstaatenGesamtzahl 13 733 685 15 253 076 11Tagesdurchschnitt 53 858 59 816 11

Wert Veränderung(Mrd €) 2002 2003 in %

TARGET-ZahlungeninsgesamtGesamtzahl 395 635 420 749 6Tagesdurchschnitt 1 552 1 650 6TARGET-Zahlungeninnerhalb einzelnerMitgliedstaatenGesamtzahl 271 914 283 871 4Tagesdurchschnitt 1 066 1 113 4TARGET-ZahlungenzwischenMitgliedstaatenGesamtzahl 123 721 136 878 11Tagesdurchschnitt 485 537 11

Tabel le 12 TARGET-Zahlungen 1)

Quelle: EZB.1) Anzahl der Geschäftstage 2002 und 2003: 255 Tage.

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Jahresbericht2003

che Teilnehmer unterstützt, die ihren Sitz nichtim selben Land haben wie das System, an demsie teilnehmen. Dieses vom Eurosystem entwi-ckelte Modell, dessen Umsetzung interessiertenNZBen freistehen soll, beruht auf bilateralenGarantien zwischen den Zentralbanken desEuroraums. Die Garantien werden jeweils zwi-schen den beiden NZBen abgegeben, in derenLand das Abwicklungssystem und der ausländi-sche Teilnehmer ihren Sitz haben. Dadurch kön-nen Teilnehmer die bei ihrer jeweiligen Heimat-zentralbank gehaltenen Guthaben für die Nacht-verarbeitung in einem Wertpapierabwicklungs-system außerhalb ihres Heimatlands nutzen.

DIALOG MIT TARGET-ANWENDERN UNDBETREIBERN VON RTGS-SYSTEMEN IN ANDERENWÄHRUNGSRÄUMENDas ESZB pflegt enge Kontakte zu TARGET-Anwendern um sicherzustellen, dass deren An-liegen entsprechend berücksichtigt werden. Wieschon in den Vorjahren kam es auch 2003 zuregelmäßigen Zusammenkünften von Vertreternder Zentralbanken in der EU und nationalerTARGET-Anwendergruppen. Daneben wurdenin gemeinsamen Sitzungen der TARGET Ma-nagement Working Group (TMWG) des ESZBund der TARGET Working Group (TWG)des europäischen Bankensektors Fragen zumTARGET-Betrieb erörtert. Mit strategischenThemen befasste sich die Kontaktgruppe fürstrategische Fragen im Euro-Zahlungsverkehr(Contact Group on Euro Payments Strategy –COGEPS), der hochrangige Führungskräftevon Geschäfts- und Zentralbanken angehören.

Als Betreiber eines der weltweit größten RTGS-Systeme unterhält das Eurosystem engeKontakte zu den RTGS-Systembetreibern inanderen Währungsräumen. Angesichts derwachsenden Verflechtungen, z. B. infolge vonContinuous Linked Settlement (CLS)-Geschäf-ten, wird es als sinnvoll erachtet, operationaleFragen gemeinsam zu diskutieren.

2.2 TARGET2

Die derzeitige TARGET-Architektur wurde1994 festgelegt; im Vordergrund stand dabeidie Überlegung, vorhandene Infrastrukturen mitgeringstmöglichem Harmonisierungsaufwandzu einem Verbund zusammenzuschließen. Aufdiese Weise konnte am besten gewährleistetwerden, dass das System rechtzeitig zum Be-ginn der WWU betriebsbereit war. Angesichtsder zunehmenden Finanzintegration im Euro-Währungsgebiet und der immer ähnlicherwerdenden funktionalen Anforderungen derTARGET-Nutzer muss das System jedoch aus-gebaut und verbessert werden.

Am 24. Oktober 2002 beschloss der EZB-RatGrundsätze, die seither für die Vorbereitungenauf das TARGET2-System richtungweisendsind. Das neue TARGET-System muss a) einweitgehend harmonisiertes Leistungsspektrumaufweisen, b) eine systemweit einheitlichePreisstruktur für diese harmonisierten Leistun-gen bieten und c) Kosteneffizienz gewährleis-ten. Gleichzeitig bleiben die NZBen in den je-weiligen Mitgliedstaaten sowohl für die Ge-schäftsbeziehungen mit den Kreditinstituten alsauch für die Führung ihrer Zentralbankkontenzuständig. Die technische Infrastruktur vonTARGET2 stellt den Zentralbanken die Nut-zung einer Gemeinschaftsplattform in Aussicht,die die von ihnen gebotenen RTGS-Dienste fürBanken unterstützt.

Das TARGET2-Projekt gliedert sich in dreiHauptabschnitte: die Projektvorbereitungspha-se, die Projektphase an sich und die Test- undProbebetriebsphase. Das Berichtsjahr stand imZeichen der Projektvorbereitungsphase, in derdrei große Themenkomplexe erarbeitet werdenmussten, bevor 2004 mit der technischen Ent-wicklungsarbeit begonnen werden konnte.Erstens galt es, die Kernleistungen und -funk-tionen von TARGET2 festzulegen (z. B. Zah-lungs- und Abwicklungsdienste, Schnittstellen,Liquiditätssteuerung, Informationsdienste, Auf-rechterhaltung des Systembetriebs und Sicher-heit). Zweitens ging es bei Fragen der Kosten-und Preisstruktur hauptsächlich darum, eine

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einheitliche Kostenmethodik für TARGET2auszuarbeiten. Drittens waren insbesondereFragen zur Gemeinschaftsplattform zu klären.

Hinsichtlich der Definition der Kernleistungenund -funktionen von TARGET2 leitete das Eu-rosystem im Dezember 2002 in einem erstenSchritt ein öffentliches Konsultationsverfahrenein, um sämtliche TARGET-Anwender zurgrundsätzlichen Konzipierung des Systems undzu dessen Leistungsspektrum zu befragen.10

Eine Zusammenfassung der Stellungnahmenund die einzelnen Beiträge wurden am 14. Juli2003 auf der Website der EZB veröffentlicht.11

Alle Konsultationsteilnehmer begrüßten dieInitiative des Eurosystems, die Funktionalitätund Leistungsfähigkeit von TARGET zu ver-bessern. Darüber hinaus betonte der Banken-sektor die Bedeutung der Einbindung vonAnwendern in das TARGET2-Projekt.

Das ESZB wird den Bankensektor auch im wei-teren Projektverlauf zu relevanten TARGET2-Fragen konsultieren. Auf Basis der im Zuge deröffentlichen Konsultation eingegangenen Stel-lungnahmen wurden Merkmale und Funktiona-lität von TARGET2 definiert. Die gegenwär-tigen Vorbereitungen zielen zudem darauf absicherzustellen, dass das künftige TARGET2-System die Grundprinzipien für wichtige Zah-lungsverkehrssysteme

12

zur Gänze erfüllt; die-

se waren vom EZB-Rat als Mindeststandardsverabschiedet worden.

Im Rahmen des zweiten Moduls der Projektvor-bereitung galt es, eine für alle Zentralbankenverbindliche gemeinsame Kostenmethodik fürTARGET2 auszuarbeiten. Diese soll als Grund-lage für die Bestimmung der TARGET2-weitenPreisstruktur dienen sowie zur Beurteilung derFrage, ob dem Grundsatz der KostendeckungRechnung getragen wird.

Im Zuge des dritten Moduls, das hauptsächlichFragen zur Gemeinschaftsplattform betrifft, ko-ordiniert die EZB die Gespräche zwischen denan einer Teilnahme an dieser Plattform interes-sierten Zentralbanken. Das Eurosystem hatbegonnen, sich mit Fragen zur Führungs- und

Verwaltungsstruktur sowie zur Finanzierungder Gemeinschaftsplattform zu befassen. DieBanca d’Italia, die Banque de France und dieDeutsche Bundesbank haben eine gemeinsameInitiative zur Entwicklung dieser Plattform ge-startet.

Im Jahr 2004 soll zusätzlich zu diesen drei Mo-dulen eine entsprechende Projektorganisationeingerichtet werden, um einerseits eine effizien-te Durchführung der Entwicklungsarbeit in derProjektphase und andererseits eine angemes-sene Einbeziehung der an der Teilnahme an derGemeinschaftsplattform interessierten Zentral-banken (einschließlich gewisser Steuerungsme-chanismen) sicherzustellen. Ziel der Vorberei-tungen des ESZB ist es, dass TARGET2 am2. Januar 2007 seinen Betrieb aufnimmt. Dadiese Frist sehr knapp bemessen ist, soll zueinem späteren Zeitpunkt während der Projekt-vorbereitungsphase eine weitere Machbarkeits-studie durchgeführt werden.

2.3 DIE GRENZÜBERSCHREITENDE NUTZUNGREFINANZIERUNGSFÄHIGER SICHERHEITEN

Refinanzierungsfähige Sicherheiten könnenüber das Korrespondenzzentralbank-Modell(CCBM) oder über zugelassene Verbindungenzwischen Wertpapierabwicklungssystemen inder EU grenzüberschreitend zur Besicherungaller Arten von Kreditgeschäften des Eurosys-tems genutzt werden. Während das Korrespon-denzzentralbank-Modell vom Eurosystem be-trieben wird, handelt es sich bei den zugelasse-nen Verbindungen um vom Markt initiierte Lö-sungen.

Der Wert der vom Eurosystem gehaltenengrenzüberschreitenden Sicherheiten erhöhtesich von 234 Mrd € im Dezember 2002 auf

10 Siehe EZB, TARGET2: Grundsätze und Struktur, Dezember2002.

11 Siehe EZB, Zusammenfassung der Stellungnahmen zuTARGET2: Grundsätze und Struktur, Juli 2003.

12 Siehe BIZ, Bericht des Ausschusses für Zahlungsverkehrs- undAbrechnungssysteme, Grundprinzipien für Zahlungsverkehrs-systeme, die für die Stabilität des Finanzsystems bedeutsam sind,Januar 2001.

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Jahresbericht2003

305 Mrd € im Dezember 2003, sodass sich derAnteil der grenzüberschreitenden Sicherheitenan den vom Eurosystem insgesamt hereinge-nommenen Sicherheiten am Ende des Berichts-jahrs auf 40 % belief. Dieser Wert spiegelt die

voranschreitende Integration der Finanzmärkteim Euroraum wider. Folglich halten Geschäfts-partner in ihren Portfolios vermehrt Sicherhei-ten, die in anderen Euro-Ländern aufbewahrtwerden.

Kasten 8

VON DER BANKENVEREINIGUNG DER EUROPÄISCHEN UNION, DER EUROPÄISCHEN SPARKASSEN-VEREINIGUNG UND DER EUROPÄISCHEN VEREINIGUNG DER GENOSSENSCHAFTSBANKENBESCHLOSSENE OPTIMALE VERFAHREN (BEST PRACTICES) FÜR MARKTTEILNEHMER, DIE AN CCBM-GESCHÄFTEN BETEILIGT SIND

1) Depotbanken tragen dafür Sorge, dass ihre Kunden über die Regelungen und Verfahren fürZahlungsanweisungen im Rahmen des Korrespondenzzentralbank-Modells informiert wer-den. Diese Regelungen und Verfahren beruhen so weit wie möglich auf den offiziellen loka-len Marktgepflogenheiten. Kunden müssen diese Regelungen und Verfahren befolgen, umeine zügige und effiziente Abwicklung ihrer Instruktionen zu gewährleisten.

2) Die Abwicklung von CCBM-Instruktionen sollte, sofern möglich, automatisiert erfolgen. Indiesem Zusammenhang werden weitestgehend elektronische Kommunikationswege zwischenDepotbanken und ihren Kunden genutzt und alle Instruktionen entsprechen dem ISO-Stan-dard 15022.

3) Unter normalen Umständen leiten die Depotbanken nach bestem Bemühen die CCBM-In-struktionen ihrer Kunden innerhalb von 30 Minuten nach Erhalt an das lokale Wertpapierab-wicklungssystem weiter, vorausgesetzt die Instruktionen sind vollständig und korrekt undder Kunde verfügt über die zu liefernden Wertpapiere.

4) Annahmeschluss der Depotbanken ist bei gleichtägiger Abwicklung der CCBM-Instrukti-onen ihrer Kunden 30 Minuten vor Schließung des entsprechenden lokalen Wertpapier-abwicklungssystems (siehe hierzu die regelmäßig aktualisierten Ländertabellen auf der Web-site der EZB). Allerdings wird den Kunden empfohlen, ihre Anweisungen am besten frühzei-tig vor Annahmeschluss der Depotbank einzureichen, um Verzögerungen bei der Bearbei-tung der Instruktionen zu vermeiden und der Depotbank ausreichend Zeit zu geben, aufFehler und unvorhergesehene Probleme zu reagieren.

5) Marktteilnehmer stellen sicher, dass ihre Kunden problemlos auf Informationen zugreifenkönnen, die es ihnen ermöglichen, den Status ihrer CCBM-Instruktionen zu überwachen.

6) Depotbanken verständigen sich mit ihren Kunden auf Lösungen zur Erkennung und(gegebenenfalls) vorrangigen Ausführung von CCBM-Instruktionen. Soweit möglich solltendiese Lösungen dem ISO-Standard 15022 entsprechen.

7) Unter der Voraussetzung, dass es für Depotbanken möglich ist, CCBM-Instruktionen alssolche zu erkennen, informieren sie ihre Kunden nach bestem Bemühen innerhalb von15 Minuten nach Feststellung über Abwicklungsprobleme.

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98EZBJahresbericht2003

13 Siehe EZB, Durchführung der Geldpolitik im Euro-Währungs-gebiet: Allgemeine Regelungen für die geldpolitischen Instru-mente und Verfahren des Eurosystems, Abschnitt 6.6.1, Februar2004.

14 Siehe EZB, Durchführung der Geldpolitik im Euro-Währungs-gebiet: Allgemeine Regelungen für die geldpolitischen Instru-mente und Verfahren des Eurosystems, Abschnitt 6.6.2, Februar2004.

DAS KORRESPONDENZZENTRALBANK-MODELLDas Korrespondenzzentralbank-Modell wurdeweiter optimiert und stellt nach wie vor denwichtigsten Kanal für die grenzüberschreitendeNutzung von Sicherheiten dar. Die Geschäfts-partner des Eurosystems können refinanzie-rungsfähige Sicherheiten über Landesgrenzenhinweg nutzen, d. h., sie können zur Refinan-zierung bei ihrer nationalen Zentralbank auf Si-cherheiten zurückgreifen, die sie in einem ande-ren Land des Eurogebiets hinterlegt haben.13

Über das CCBM wurden 34 % der insgesamtan das Eurosystem gelieferten Sicherheitenübertragen. Der Wert der im Rahmen desCCBM hinterlegten Sicherheiten erhöhte sichvon 195 Mrd € am Jahresende 2002 auf259 Mrd € Ende 2003.

Im Hinblick auf ein verbessertes Leistungsni-veau des CCBM beschloss der EZB-Rat Ende2002, dass die NZBen interne CCBM-Verfah-ren ab Januar 2004 innerhalb einer Stundedurchführen, vorausgesetzt die Geschäftspart-ner (und deren Depotbanken) reichen ihreInstruktionen korrekt ein. Abweichungen vondieser Ein-Stunden-Frist sind allerdings inbestimmten Fällen, z. B. bei hohem Geschäfts-aufkommen, zulässig.

Da Depotbanken in der Prozesskette des Kor-respondenzzentralbank-Modells in vielen Fäl-len eine bedeutende Rolle spielen (sie lieferndie Sicherheiten im Auftrag des Geschäftspart-ners), haben die wichtigsten europäischen Ver-bände der Kreditwirtschaft (die Bankenvereini-gung der Europäischen Union, die EuropäischeSparkassenvereinigung und die EuropäischeVereinigung der Genossenschaftsbanken) opti-male Verfahren (Best Practices) für Depotban-ken festgelegt, die an CCBM-Transaktionen be-teiligt sind. Die seit Januar 2004 geltendenRichtlinien zur Optimierung der Effizienz desKorrespondenzzentralbank-Modells werden inKasten 8 näher erläutert.

ZULÄSSIGE DIREKTVERBINDUNGENZWISCHEN NATIONALEN WERTPAPIER-ABWICKLUNGSSYSTEMENVerbindungen zwischen nationalen Wertpapier-abwicklungssystemen zur grenzüberschreiten-den Übertragung von Sicherheiten werdendurch vertragliche bzw. operationale Vereinba-rungen geregelt.14 Die über eine solche Verbin-dung auf ein anderes Wertpapierabwicklungs-system übertragenen Sicherheiten sind in loka-len Verfahren wie nationale Sicherheiten ein-setzbar. Von den 66 Verbindungen, die den Ge-schäftspartnern zurzeit zur Verfügung stehen,wird lediglich eine geringe Anzahl tatsächlichgenutzt. Darüber hinaus decken diese Verbin-dungen nicht den gesamten Euroraum ab; imBerichtsjahr wurden keine zusätzlichen Verbin-dungen zur Beurteilung angemeldet. Der Wertder im Rahmen dieser Verbindungen gehaltenenSicherheiten vergrößerte sich von 38 Mrd € imDezember 2002 auf 46 Mrd € im Dezember2003, machte jedoch nur 6 % der vom Eurosys-tem insgesamt gehaltenen grenzüberschreiten-den und nationalen Sicherheiten aus.

Abbildung 31 Grenzüberschreitende Sicher-heiten in % der insgesamt vom Eurosystemhereingenommenen Sicherheiten

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1999 2000 2001 2002 2003

DirektverbindungenCCBM

Quelle: EZB.

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99EZB

Jahresbericht2003

3.1 EURO-BARGELDUMLAUF UNDBARGELDBEARBEITUNG

NACHFRAGE NACH EURO-BANKNOTENUND -MÜNZENDas ausgeprägte Wachstum des Euro-Bankno-tenumlaufs, das im Anschluss an die Euro-Bar-geldumstellung während des gesamten Jahres2002 feststellbar war, setzte sich auch im Be-richtsjahr fort: Von Januar bis Dezember 2003erhöhte sich der Euro-Banknotenumlauf wert-mäßig um 21,7 % von 358,5 Mrd € auf436,2 Mrd €. Lediglich im Januar 2003 nahmder Wert der umlaufenden Euro-Banknotendeutlich ab – um 5,3 % gegenüber Dezember2002 – was mit dem saisonal bedingten geringe-ren Bargeldbedarf der Wirtschaftsakteure nachdem Jahreswechsel zusammenhängt. Im Febru-ar 2003 zog der Euro-Banknotenumlauf wert-mäßig erneut an und nahm bis Ende des Jahresmonatlich konstant um durchschnittlich rund2,1 % zu. Die gestiegene Nachfrage nach Euro-Banknoten ist auf eine verstärkte Verwendungdes Euro als Wertaufbewahrungsmittel sowieals Parallelwährung in Ländern außerhalb desEuroraums zurückzuführen. Statistischen Aus-wertungen zufolge wurden am Jahresende 2003wertmäßig etwa 9 % des Euro-Banknotenum-laufs außerhalb des Euroraums gehalten.

Auch stückzahlmäßig legte der Euro-Bankno-tenumlauf im Jahr 2003 erheblich zu, nämlich

3 BANKNOTEN UND MÜNZENum 10,1 %. Nach einer Verringerung um 8,6 %von 8,2 Milliarden auf 7,5 Milliarden Stück imJanuar 2003 wurde im restlichen Jahresverlaufein moderates Wachstum beobachtet. SaisonaleSpitzenwerte wurden im Sommer und gegenJahresende verzeichnet, als der Euro-Bankno-tenumlauf 9,0 Milliarden Stück erreichte. Ab-bildung 32 verdeutlicht die wertmäßige Ent-wicklung des Bargeldumlaufs (nationale undEuro-Banknoten) von Anfang 2000 bis Ende2003, während Abbildung 33 die stückzahlmä-ßige Entwicklung von Anfang 2002 bis Ende2003 zeigt.

Zwischen den einzelnen Banknotenstückelun-gen wurden im Berichtsjahr keine bedeutendenVerschiebungen verzeichnet, wie aus Abbil-dung 34 ersichtlich ist. Die Jahreswachstumsra-ten der einzelnen Stückelungen lassen bei ge-nauerer Betrachtung einen erheblichen stück-zahlmäßigen Anstieg bei den größeren Bankno-tenstückelungen erkennen. Die deutlichste Er-höhung wurde für die 500 €-Banknoten beob-achtet, deren Umlauf im Jahr 2003 mit einerJahreswachstumsrate von 42,5 % von 167 Mil-lionen auf 238 Millionen Stück zunahm. Auchdie Stückelungen 50 €, 100 € und 200 € erziel-ten mit Jahresraten von 19,0 %, 20,3 % bzw.12,1 % eine beträchtliche Umlaufsteigerung.Bei den kleineren Stückelungen fiel der Zu-wachs hingegen mit 2,3 % (5 €), 2,5 % (10 €)und 4,0 % (20 €) schwächer aus.

Abbildung 32 Banknotenumlauf von Anfang2000 bis Ende 2003

(Wert in Mrd €)

Quelle: EZB.

Nationale BanknotenEuro-Banknoten

450400350300250200150100

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450400350300250200150100500

Jan. Juni Nov. April März Aug. Jan. Juli Dez.Okt.2000 2001 2002 2003

Abbildung 33 Euro-Banknotenumlauf vonAnfang 2002 bis Ende 2003

(Milliarden Stück)

Quelle: EZB.

Jan. Mai Aug. Dez. April Aug. Dez.2002 2003

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100EZBJahresbericht2003

Ab Januar 2003 wurde in allen Euro-Ländernein beständiger Anstieg der Nachfrage nachEuro-Münzen beobachtet, was sich bis Jahres-ende in einer wertmäßigen Erhöhung des Münz-umlaufs um 13,7 % von 12,4 Mrd € auf14,1 Mrd € niederschlug. Stückzahlmäßig nahmder Münzumlauf im Berichtsjahr um 9,1 Milli-arden von 39,9 Milliarden auf 49,0 Milliardenzu. Für diesen beachtlichen Zuwachs war haupt-sächlich die erhöhte Nachfrage nach kleine-ren Stückelungen (1 Cent, 2 Cent, 5 Cent) ver-antwortlich, auf die über zwei Drittel desAnstiegs entfielen. Der Grund hierfür ist, dassdiese Stückelungen einerseits gehortet werdenund andererseits relativ hohe Schwundratenaufweisen.

BANKNOTENBEARBEITUNG IM EUROSYSTEMDie NZBen prüfen die Echtheit und Qualität zu-rückgegebener Banknoten mithilfe technischausgereifter Geldbearbeitungsgeräte und stellenso die Umlauffähigkeit fest. Von Anfang bisEnde 2003 wurden von den NZBen 57,8 Milli-arden Euro-Banknoten im Gesamtwert von1 744 Mrd € bearbeitet, wobei von Kreditinsti-tuten und sonstigen Kunden 28,5 MilliardenBanknoten zurückgegeben und 29,3 MilliardenBanknoten abgeholt wurden. Rund 2,7 Milliar-den Banknoten mussten vernichtet werden, weil

Abbildung 34 Euro-Banknotenumlauf von Anfang 2002 bis Ende 2003

(Millionen Stück)

Quelle: EZB.

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50 €20 €10 € 5 €

2002 2003

Jan. März Mai Juli Sept. Nov. Jan. April Juni Aug. Okt. Dez.

2002 2003

sie nicht mehr umlauffähig waren. Das ent-spricht in etwa den Erfahrungswerten derNZBen mit den Vorläuferwährungen nacheinem ähnlichen Zeitraum ab der Ausgabe.

3.2 EURO-BANKNOTENFÄLSCHUNGEN UNDFÄLSCHUNGSPRÄVENTION

EURO-BANKNOTENFÄLSCHUNGENIm Jahr 2002, als die Euro-Banknoten einge-führt wurden, gab es außergewöhnlich wenigeFälschungen. Dies war zum Teil auf die hoch-wertigen Sicherheitsmerkmale der Euro-Bank-noten zurückzuführen, hatte aber auch damit zutun, dass Fälscher nur wenig Zeit hatten, sichauf die neuen Banknoten einzustellen. Im zwei-ten Jahr nach der Euro-Bargeldeinführung wur-den zwangsläufig mehr gefälschte Banknotenentdeckt als im Jahr davor. Den nationalen Ana-lysezentren15 wurden im Berichtsjahr insgesamt551 287 Fälschungen vorgelegt. Der Euro wirdzwar eine sehr sichere Währung bleiben, aberFälschern stehen immer bessere und preis-wertere Vervielfältigungstechniken zur Ver-fügung. Dazu kommt, dass der Euro als interna-

15 In allen EU-Mitgliedstaaten eingerichtete Zentren für die Erst-analyse gefälschter Euro-Banknoten auf nationaler Ebene.

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101EZB

Jahresbericht2003

tionale Währung weite Verbreitung findet, wo-durch sich seine Fälschungsanfälligkeit erhöht.Insgesamt zeigte die Fälschungshäufigkeit imBerichtsjahr keinen steten Anstieg, sondernnahm parallel zum Banknotenumlauf punktuellzu Zeiten erhöhten Bedarfs – zu Weihnachtenund während der Sommerferien – zu.

Die Fälschungen verteilten sich auf die einzel-nen Stückelungen wie folgt:

Auch wenn nach wie vor die 50 €-Banknote amhäufigsten gefälscht wird, so kam es doch imVergleich zum Jahr 2002 zu einer deutlichenVerschiebung in Richtung der 20 €-Banknote.

In den Medien wird zwar auf die hohe Qualitäteinzelner Fälschungen hingewiesen, die Anzahlqualitativ hochwertiger Fälschungen ist aberausnehmend gering. Mittels des einfachen Tests„Sehen-Kippen-Fühlen“ können also nach wievor nahezu alle gefälschten Banknoten erkanntwerden.

FÄLSCHUNGSPRÄVENTIONZusätzlich zu dem Kooperationsabkommen mitEuropol aus dem Jahr 2002 schloss die EZB2003 ähnliche Abkommen mit Interpol undmehreren Zentralbanken der beitretenden Län-der. Darüber hinaus bilden die EZB und dieNZBen Kassenpersonal innerhalb und außer-halb der EU in der Erkennung und Bearbeitungvon Banknotenfälschungen aus.

Das Falschgeld-Analysezentrum der EZB unddie nationalen Analysezentren arbeiten auf demGebiet der Falschgeldbekämpfung mit der Poli-zei zusammen; technische Spezialisten der nati-onalen Analysezentren stehen bei BedarfRechtsbehörden als Sachverständige zur Verfü-gung oder erstellen Gutachten.

5€ 10€ 20€ 50€

Anzahl 2 733 5 476 152 061 321 623Prozent 0,5 1,0 27,6 58,3

100€ 200€ 500€ Insgesamt

Anzahl 53 668 14 776 950 551 286Prozent 9,7 2,7 0,2 100,0

Außerdem leistet das Eurosystem unter der Ägi-de der Zentralbankpräsidenten der G 10 ver-stärkt Unterstützung auf dem Gebiet der inter-nationalen Fälschungsprävention. Die EZB hatein internationales Forschungszentrum für Fäl-schungsprävention (International CounterfeitDeterrence Centre – ICDC) eingerichtet, dasvor dem Hintergrund neuer Vervielfältigungs-techniken und Systeme zur Fälschungspräven-tion laufend das Fälschungsrisiko beurteilt.

GEWÄHRLEISTUNG DER LANGFRISTIGENFÄLSCHUNGSSICHERHEIT DER EURO-BANKNOTENBereits unmittelbar nach der Ausgabe vonBanknoten beginnen die Sicherheitsmerkmalezu veralten. Je besser Fälscher ein Sicherheits-merkmal kennen, umso höher ist das Risiko,dass dieses Merkmal reproduziert wird. Wieandere Weltwährungen war auch der Euro nachseiner Einführung und in zunehmendem Maßewährend des Berichtsjahrs von diesem Phäno-men betroffen. Das Risiko erhöht sich zudemdadurch, dass andere für Banknotengestaltungund -ausstattung zuständige Stellen den techni-schen Standard des Euro einführen und ähnlicheSicherheitsmerkmale verwenden. Zur Gewähr-leistung der langfristigen Fälschungssicherheitder Euro-Banknoten tragen daher Forschungund Entwicklung im Bereich der Sicherheits-merkmale entscheidend bei. Auf der Suche nachinnovativen Sicherheitsmerkmalen, die auf lan-ge Sicht einen Paradigmenwechsel bedeuten,hat das Eurosystem eine Methodik zur Bewer-tung und Finanzierung von Forschungs- undEntwicklungsvorhaben – unter Berücksichti-gung möglichst vieler Gesichtspunkte – erar-beitet. Die Erforschung neuer Sicherheitsmerk-male wird durch Entwicklungsprogramme er-gänzt, die eine Brücke zwischen Forschung undProduktion schlagen.

3.3 BANKNOTENAUSGABE UND -PRODUKTION

DIE ROLLE DES EUROSYSTEMS IMBARGELDKREISLAUFDer EZB-Rat hat mehrfach die Bedeutung vongleichen Wettbewerbsbedingungen bei derBereitstellung von Bargelddienstleistungen be-

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102EZBJahresbericht2003

tont. Im Hinblick darauf wurden bereits ver-schiedene Maßnahmen ergriffen. Im Jahr 2002setzte das Eurosystem eine gemeinsame Gebüh-renordnung für Bargeldgeschäfte von Ge-schäftskunden der NZBen um; ferner legte eseine gemeinsame Strategie für Schalteröff-nungszeiten und Wertstellungsregeln fest. Au-ßerdem wurde eine Rahmenvereinbarung fürden Betrieb von kombinierten Ein- und Auszah-lungsautomaten16 im Euro-Währungsgebiet ver-öffentlicht. Im Berichtsjahr einigte man sich aufein einheitliches Testverfahren für diese Auto-maten; bei einer NZB des Eurosystems nachdiesem Verfahren durchgeführte Tests haben imgesamten Euroraum Gültigkeit. Das Testver-fahren setzt einen hohen Maßstab hinsichtlichdes Einzugs gefälschter bzw. fälschungsver-dächtiger Banknoten und der Aussortierungnicht umlauffähiger Banknoten; auf diese Weisesollen die Automaten zur Einhaltung der hohenQualitätsansprüche an umlaufende Banknotenbeitragen. Die Realisierbarkeit und die techni-schen Möglichkeiten solcher Automaten fandenebenfalls angemessene Beachtung. MehrereAutomatenhersteller haben diese Tests bereitserfolgreich durchgeführt und tragen somit zumhohen Standard von Banknotenbearbeitung und-recycling bei. Zusätzlich zu den bereits getrof-fenen Maßnahmen setzt sich das Eurosystemlaufend mit weiteren Themen des Bargeldkreis-laufs auseinander, um eine reibungslose und ef-fiziente Bargeldversorgung und die Wahrungder Fälschungssicherheit der Euro-Banknotenzu gewährleisten.

Die EZB organisiert gemeinsam mit der Europä-ischen Kommission halbjährliche Treffen, dieder Diskussion von Fragen zur Bargeldverwen-dung gewidmet sind. Zu den Teilnehmern dieserTreffen zählen Vertreter des Bankensektors, derVerbraucher- und Einzelhandelsorganisationensowie der Automaten- und Werttransportwirt-schaft. Die EZB ist auch als Beobachter in derCash Working Group des European PaymentsCouncil vertreten, der von den europäischenBankenverbänden und Großbanken ins Lebengerufen wurde.

BESTEHENDE PRODUKTIONSVEREINBARUNGENUND AUSBLICK IN DIE ZUKUNFTGemäß dem Beschluss des EZB-Rats vom April2001 sollen Euro-Banknoten in den kommendenJahren dezentral nach dem Poolingprinzip her-gestellt werden. Konkret wird die gesamteEuro-Banknotenproduktion nach einem Quo-tensystem unter den NZBen des Eurosystemsaufgeteilt, wobei jede NZB jeweils nur für dieBeschaffung der ihr zugeteilten Banknotenkate-gorien zuständig ist. Tabelle 13 bietet einenÜberblick über die Produktionsquoten derNZBen im Rahmen dieses Modells.

Für das Jahr 2003 wurde ein Produktionsbedarfvon insgesamt 3,1 Milliarden Banknoten (2002:4,8 Milliarden) ermittelt.

16 Frei stehende, kundenbediente Automaten, die die Einzahlung,Bearbeitung und Ausgabe von Banknoten unterstützen.

Stückelung Anzahl (Millionen Produziert im AuftragBanknoten) der NZB von

5 € 110,0 FR10 € 999,1 DE, GR, IE, AT20 € 1 071,1 FR, ES, NL, PT, DE50 € 657,0 IT, BE, ES, NL

100 € 122,0 IT, FI200 € 133,0 DE, LU500 € 0,0 1)

Insgesamt 3 092,2

Quelle: EZB.1) Die vom Erstdruck aufgebauten logistischen Reservebe-stände an 500 €-Banknoten wurden zur Deckung des Jahres-bedarfs 2003 als ausreichend erachtet.

Tabelle 13 Produktionsquoten bei der Her-stellung von Euro-Banknoten im Jahr 2003

Zur Ausgestaltung der künftigen Banknotenbe-schaffung wurden beträchtliche Anstrengungenunternommen. So analysierte der EZB-Rat ein-gehend, ob die Beschaffung von Rohstoffenund die Herstellung der Euro-Banknoten mittel-fristig über Ausschreibungen erfolgen sollen,und fasste den Beschluss, dass bis spätestens2012 ein gemeinsames Ausschreibungsverfah-ren für das Eurosystem vollständig umgesetztsein soll. NZBen mit einer eigenen bzw. staatli-chen Druckerei steht die Möglichkeit offen,sich nicht an diesem gemeinsamen Verfahren zubeteiligen.

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103EZB

Jahresbericht2003

UNTERSTÜTZUNG BEI DER PRODUKTION DEREURO-MÜNZENDie Prägung der Euro-Münzen liegt im Verant-wortungsbereich der Mitgliedstaaten. Die EZB,die nach wie vor als unabhängiger Prüfer dieMünzqualität bewertet, unterstützt weiterhinden Einsatz und die Erhaltung eines gemeinsa-men Qualitätsmanagementsystems in den an derEuro-Münzproduktion beteiligten Prägeanstal-ten. Im Berichtsjahr belief sich die Anzahl dergeprägten Münzen auf 4,8 Milliarden Stück(2002: 6,2 Milliarden).

ZWEITE EURO-BANKNOTENSERIEBei der Verbesserung des Banknotendesignsgeht es in erster Linie darum, mit der techni-schen Entwicklung Schritt zu halten, um diehohe Fälschungssicherheit der Banknoten dau-erhaft zu garantieren und gleichzeitig zu ge-währleisten, dass die Sicherheitsmerkmale be-nutzergerecht sind. Aus diesem Grund passendie für die Banknotenausgabe zuständigen Stel-len die Banknoten in der Regel nach einigenJahren im Umlauf schrittweise an technischeNeuerungen an. Zu diesem Zweck hat die EZBmit der Planung einer zweiten Euro-Banknoten-serie begonnen, deren Produktion und Ausgabesich über mehrere Jahre erstrecken werden.

Es steht zwar noch kein Datum für die Ausgabeder zweiten Euro-Banknotenserie fest, dochwird dies voraussichtlich gegen Ende diesesJahrzehnts geschehen. Dabei werden die einzel-nen Stückelungen Zug um Zug und mit einemgewissen Zeitabstand ausgegeben, sodass sicherst nach mehreren Jahren sämtliche Stückelun-gen der neuen Serie im Umlauf befinden. DasDesign der zweiten Serie wird im Sinne derKontinuität dem Thema „Zeitalter und Stile“ derjetzigen Banknotenserie treu bleiben.

ZUSÄTZLICHE BANKNOTEN MIT NIEDRIGEREMNENNWERTNach der Euro-Bargeldumstellung wurden Rufenach zusätzlichen Banknotenstückelungen mitniedrigem Wert, d. h. 1 €- bzw. 2 €-Banknoten,laut. Als Argument dafür wurde angeführt, dassin einigen Ländern die Bevölkerung gewohntwar, in der ehemaligen Landeswährung Bank-

noten mit sehr niedrigem Nennwert zu benut-zen, und ihr daher die Umstellung auf die 5 €-Banknote als niedrigste Banknotenstückelungschwer fiel. Des Weiteren wurde im Hinblickauf die 2 €-Münze als höchste Münzstückelungdarauf hingewiesen, dass Verbraucher Münzenin der Regel mit einem niedrigen Nennwert as-soziieren.

Der EZB-Rat erklärte sich bereit, im Herbst2004, wenn mehr Erfahrungswerte über denEinsatz von Euro-Banknoten und -Münzen in-nerhalb und außerhalb des Euroraums vorlie-gen, die Möglichkeit der Ausgabe niedrigererBanknotenstückelungen zu untersuchen.

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104EZBJahresbericht2003

Mit Unterstützung der NZBen erhebt die EZBumfassende statistische Daten, die es demESZB ermöglichen, seine Aufgaben zu erfüllen.Wie schon in den vergangenen Jahren verliefdie Bereitstellung statistischer Daten auch imBerichtsjahr reibungslos. Dennoch erachten dieEZB und die NZBen weitere Verbesserungenauf diesem Gebiet für notwendig.

Im Jahr 2003 wurden Verfügbarkeit und Quali-tät der statistischen Daten zum Euroraum invielfacher Hinsicht verbessert, während gleich-zeitig darauf geachtet wurde, den Meldeauf-wand der Berichtspflichtigen zu minimieren.Ferner wurden Fortschritte bei jenen Statistikenerzielt, die von der Europäischen Kommission(Eurostat) und den nationalen statistischen Äm-tern erhoben und erstellt und von der EZBbesonders intensiv genutzt werden.

4.1 NEUE STATISTIKEN

Im Dezember 2003 veröffentlichte die EZB eineneue harmonisierte Statistik zu den Zinssätzender Monetären Finanzinstitute (MFIs). Sie um-fasst 45 Indikatoren für die von MFIs im Euro-raum angewandten Zinssätze für Einlagen undKredite gegenüber privaten Haushalten undnichtfinanziellen Kapitalgesellschaften (sieheKapitel 1 Abschnitt 2.1). Die monatliche Zins-statistik deckt sowohl Bestände als auch dasNeugeschäft ab und liefert so ein umfassendes,harmonisiertes Bild des aktuellen Niveaus dervon MFIs angewandten Zinssätze, von derenVeränderungen im Zeitverlauf sowie des ent-sprechenden Geschäftsvolumens. Die Anforde-rungen an die MFI-Zinsstatistik sind in derVerordnung EZB/2001/18 festgelegt. Sämtlicherelevanten Informationen, einschließlich desHandbuchs zur MFI-Zinsstatistik und Erläute-rungen zur Methodik, finden sich auf der Web-site der EZB.

Seit September 2003 veröffentlicht die EZB zu-sätzliche statistische Daten über die Geldmen-genaggregate und deren Gegenposten. Die sai-sonbereinigten Schätzungen umfassen nun diegesamte konsolidierte Bilanz des MFI-Sektors.

4 NEU E UND V E RB E S S E RT E S TAT I S T I K ENAußerdem werden nach Sektoren aufgeschlüs-selte Daten zu Einlagen, Krediten und Wertpa-pierbeständen nun nicht mehr vierteljährlich,sondern monatlich ausgewiesen. Die Neube-wertung ausgewählter Bilanzpositionen derMFIs, etwa durch Abschreibungen/Wertberich-tigungen von Krediten, die bei der Berechnungder kreditbezogenen Gegenposten der Geld-mengenaggregate zur Anwendung kommt, stehtnunmehr auch separat in harmonisierter Formzur Verfügung.

Gemäß der im Jahr 2002 verabschiedeten LeitlinieEZB/2002/7 über die statistischen Berichtsanfor-derungen der EZB im Bereich der vierteljährli-chen Finanzierungsrechnungen stehen der EZBseit Februar 2003 ergänzende Daten zu Transak-tionen und Bilanzen von Versicherungsgesell-schaften und Pensionskassen zur Verfügung.

In den statistischen Angaben zu Nicht-MFIsaußer Versicherungsgesellschaften und Pen-sionskassen wurden im Januar 2003 erstmalsDaten zu den Bilanzen von Investmentfonds,einschließlich einer genauen Aufgliederungnach Anlageschwerpunkten, veröffentlicht.Diese vierteljährlichen Statistiken werden aufder Basis von derzeit auf nationaler Ebene vor-liegenden Daten erstellt, d. h., eine vollständigeeuroraumweite Harmonisierung ist noch nichterreicht. Ferner stehen seit Januar 2003 monat-liche Statistiken über börsennotierte Aktien vonEmittenten mit Sitz im Euro-Währungsgebiet,aufgegliedert nach Emittentengruppen, zur Ver-fügung. Außerdem wird ebenfalls seit Januar2003 eine verbesserte Methode zur Berechnungder Wachstumsraten von Schuldverschreibun-gen angewendet.

Im Bereich der von Eurostat erstellten Statisti-ken zum Euroraum zählte die erstmalige Veröf-fentlichung von – auf den ersten Schätzungeneines kleinen Länderkreises basierenden – BIP-Vorausschätzungen sowie von Statistiken überdie Auftragseingänge der Industrie zu denwichtigsten Neuerungen.

Im Zuge der weiteren Harmonisierung der sta-tistischen Daten veröffentlichte die EZB im Juni

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105EZB

Jahresbericht2003

2003 erstmals eine monetäre Darstellung derZahlungsbilanz, die einen wesentlichen Zusam-menhang zwischen den Veränderungen desAuslandsgegenpostens von M3 und den Aus-landstransaktionen des Nicht-MFI-Sektors inder Zahlungsbilanz herstellt. Da die Verände-rungen der Nettoforderungen des MFI-Sektorsgegenüber Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets großteils das Auslandsge-schäft von Nicht-MFIs mit Sitz im Eurogebietwiderspiegeln, erhöht die neue Darstellungs-form die Konsistenz zwischen der monetärenund der Zahlungsbilanzstatistik. In diesem Zu-sammenhang soll es durch die Erhebung separa-ter statistischer Daten zu Finanzkrediten undBankeinlagen in der Teilbilanz „Übrige Anla-gen“ ebenfalls einfacher werden, die Entwick-lungen der vom Nicht-MFI-Sektor im Auslandgehaltenen liquiden Mittel zu verfolgen.

4.2 DIE MITTELFRISTIGE STRATEGIE FÜR DENBEREICH STATISTIK

Im Jahr 2003 verfolgte die EZB bei ihrer statis-tischen Arbeit die mittelfristige Strategie, ihreStatistiken zu erweitern und die Integration undVeröffentlichung statistischer Daten zu verbes-sern. Diese Strategie umfasst folgende Kern-punkte:

– Aufbereitung und Integration der statisti-schen Daten zu den beitretenden Ländern(zunächst als EU-Mitgliedstaaten und späterals Länder des Euroraums),

– Schaffung eines integrierten Systems vier-teljährlicher finanzieller und nichtfinanziel-ler Konten für den Euroraum und verbesserteÜbereinstimmung statistischer Konzepte undWerte für die volkswirtschaftliche und mo-netäre Analyse (die Erstellung der viertel-jährlichen Konten wird sowohl für dasgesamte Euro-Währungsgebiet als auch fürdie einzelnen institutionellen Sektoren er-folgen),

– Erweiterung der EZB-Statistiken, ein-schließlich des Aufbaus einer zentralen

Wertpapierdatenbank (Centralised SecuritiesDatabase – CSDB) und einer Finanzmarkt-datenbank (Financial Markets Database) fürden Euroraum zur Optimierung konsistenterund exakter Statistiken im Bereich der Wert-papier- und Finanzmärkte (mit Hilfe derCSDB sollen außerdem genauere Angabenzu den Wertpapieranlagen in der Zahlungs-bilanzstatistik und im Auslandsvermögens-status ermöglicht werden),

– Erweiterung des statistischen Rahmens fürdie Überwachung und Analyse der Finanz-marktstabilität,

– Beobachtung von Innovationen und anderenEntwicklungen im Finanzbereich mit poten-ziell weit reichenden Auswirkungen auf denBereich Statistik, wie etwa die neuen interna-tionalen Rechnungslegungsgrundsätze unddie Basler Eigenkapitalvereinbarung, sowieEntwicklung von Strategien zum Umgangmit solchen Innovationen,

– Verbesserte Bereitstellung statistischer Da-ten,

– Förderung der Erstellung zeitnaher und qua-litativ hochwertiger volkswirtschaftlicherStatistiken für den Euroraum, wie sie vonEurostat auf der Grundlage der Beiträge dernationalen statistischen Ämter geliefert wer-den, (z. B. durch Anwendung des Prinzips„First for Europe“, im Rahmen dessen die na-tionalen statistischen Ämter dazu angehaltensind, ihren Beiträgen zu den euroraumweitenStatistiken – insbesondere den WichtigenEuropäischen Wirtschaftsindikatoren – Vor-rang einzuräumen) sowie Verbesserung derKoordination (z. B. von Veröffentlichungs-zeitplänen und der Revisionspolitik) und

– aktive Teilnahme an internationalen, mit derFestlegung von Standards befassten Gremi-en, um eine höhere Konsistenz der Basisda-ten in den verschiedenen von Unternehmengelieferten statistischen Angaben zu errei-chen.

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106EZBJahresbericht2003

Als Beitrag zur besseren Bereitstellung statisti-scher Daten veröffentlicht die EZB seit August2003 auf monatlicher Basis das „StatisticsPocket Book“, in dem in überschaubarer Formdie wichtigsten und aktuellsten statistischenDaten des Euroraums zusammengefasst sind.

4.3 VERBESSERUNGEN DES INSTITUTIONELLENUND RECHTLICHEN RAHMENS FÜR DENBEREICH STATISTIK

Gemeinsam mit den NZBen und anderen euro-päischen und internationalen Institutionen setztsich die EZB dafür ein, den rechtlichen und in-stitutionellen Rahmen für die Erhebung, Erstel-lung und Veröffentlichung statistischer Datenzu stärken.

Diesbezüglich hat die EZB die Leitlinie überbestimmte statistische Berichtsanforderungender Europäischen Zentralbank und die von dennationalen Zentralbanken anzuwendenden Ver-fahren zur Meldung statistischer Daten im Be-reich der Geld- und Bankenstatistik aktualisiert(Leitlinie EZB/2003/2). Ferner hat die EZB dieVerordnung über die konsolidierte Bilanz desSektors der monetären Finanzinstitute (LeitlinieEZB/2001/13) dahingehend geändert, dass da-rin auch die Positionen in Bezug auf die beitre-tenden Staaten und die auf deren Währungenlautenden Positionen ab ihrem Beitritt zur Euro-päischen Union am 1. Mai 2004 ausgewiesenwerden. Außerdem wurde im Mai 2003 eine ak-tualisierte Fassung der Leitlinie über die statis-tischen Berichtsanforderungen im Bereich derZahlungsbilanz und des Auslandsvermögens-status als Leitlinie EZB/2003/7 veröffentlicht,mit der u. a. durch eine detailliertere geographi-sche und sektorale Aufgliederung der Strom-größen in der Zahlungsbilanz sowie im Aus-landsvermögensstatus eine weitere Verbesse-rung der Statistiken des Euro-Währungsgebietserzielt werden soll.

Im Hinblick auf den institutionellen Rahmenunterzeichneten die EZB und die EuropäischeKommission (Eurostat) im März 2003 ein aktu-alisiertes Memorandum of Understanding zur

Wirtschafts- und Finanzstatistik. Darin werdenunbeschadet der in Artikel 285 EG-Vertrag undArtikel 5 ESZB-Satzung enthaltenen gesetzli-chen Vorschriften die Verantwortungsbereicheder beiden Institutionen sowie ihre Zusammen-arbeit festgelegt. Die EZB behält demzufolgedie Hauptverantwortung für monetäre undBankenstatistiken, einschließlich Finanzmarkt-statistiken, während die Europäische Kommis-sion in erster Linie für allgemeine Wirtschafts-statistiken verantwortlich bleibt. Außerdem sinddie beiden Institutionen weiterhin gemeinsamfür die Zahlungsbilanzstatistik zuständig. DieEZB trägt darüber hinaus die Hauptverantwor-tung für Statistiken zu Währungsreserven, no-minalen und realen effektiven Euro-Wechsel-kursen und für die vierteljährlichen Finanzie-rungsrechnungen für den Euroraum. Die jährli-chen Finanzierungsrechnungen nach institutio-nellen Sektoren für die Mitgliedstaaten obliegenweiterhin vorwiegend der Europäischen Kom-mission, während beide Institutionen gemein-sam für die Erstellung der vierteljährlichennichtfinanziellen Sektorkonten sowie für diestatistische Infrastruktur (wie saisonale Berei-nigungen und Datenübermittlungsstandards)verantwortlich zeichnen.

Darüber hinaus ermittelte im Jahr 2003 eine ge-meinsame Arbeitsgruppe der EZB und der Eu-ropäischen Kommission (Eurostat) die Elemen-te, die für die Qualität der Zahlungsbilanzstatis-tik ausschlaggebend sind, und entwickeltequantitative Indikatoren zur Qualitätskontrolle.Diese quantitativen Indikatoren für den Euro-raum sollen in eine Gesamtbeurteilung derstatistischen Qualität einbezogen und in jährli-chen Qualitätsberichten veröffentlicht werden.Schließlich arbeiteten die EZB und die Europäi-sche Kommission (Eurostat) bei der Erstellungeiner Liste monatlicher und vierteljährlicherWichtiger Europäischer Wirtschaftsindikatoreneng zusammen. Diese sollen durch zeitnähereBeiträge aus den Mitgliedstaaten für den Euro-raum künftig viel früher zur Verfügung stehenals bisher.

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107EZB

Jahresbericht2003

Die volkswirtschaftliche Forschung der EZBsoll eine tragfähige konzeptionelle und empiri-sche Basis für geldpolitische Entscheidungenschaffen und dazu beitragen, Märkte und Öf-fentlichkeit besser über diese Entscheidungenzu informieren. Um den neuen Herausforderun-gen gewachsen zu sein, die mit der Durchfüh-rung einer gemeinsamen Geldpolitik für eineGruppe souveräner Staaten einhergehen, ist fürdie EZB qualitativ hochwertige Forschung un-abdingbar. Die Hauptaufgabe der volkswirt-schaftlichen Forschung im Eurosystem bestehtdarin, das Wissen über die Funktionsweise derWirtschaft im Euro-Währungsgebiet zu vertie-fen sowie insbesondere Modelle, Instrumenteund Analysen zu liefern, die für die Durchfüh-rung der Geldpolitik und die Erfüllung der übri-gen Aufgaben des Eurosystems relevant sind.Die strategiepolitische Bedeutung der For-schungsarbeit zeigt sich unter anderem an derTatsache, dass der EZB-Rat bei der Überprü-fung seiner geldpolitischen Strategie eine Reihevolkswirtschaftlicher Hintergrundstudien be-rücksichtigte (siehe Kasten 1).

5.1 FORSCHUNGSTHEMEN

Im Jahr 2003 konzentrierte sich die volkswirt-schaftliche Forschung der EZB auf die folgen-den sechs Bereiche: a) geldpolitische Strategie,Regeln und Indikatoren, b) geldpolitischeTransmission, c) Finanzmärkte und -institute,d) Außenwirtschaft und Finanzwesen, e) makro-ökonomische Modellierung des Euroraums so-wie f) allgemeine wirtschaftliche und struktu-relle Themen. Die meisten Forschungsergebnis-se werden vor einer Veröffentlichung in Fach-zeitschriften oder -büchern zunächst in derWorking Paper-Reihe der EZB und – zu einemgeringeren Teil – in den Occasional Papers derEZB veröffentlicht bzw. auf Konferenzen undin Workshops präsentiert.17

Abbildung 35 zeigt den Anstieg des For-schungsvolumens seit 1999 sowie die großeAnzahl an Studien, die in Fachzeitschriften oder-büchern veröffentlicht wurden bzw. demnächsterscheinen.18 Der Schwerpunkt der For-

5 FOR S CHUNG IM VO LK SW I R T S CHA F T L I C H ENBERE I CH

schungsarbeit liegt, wie die thematische Zuord-nung der EZB-Working Papers nach dem Klas-sifikationsschema des Journal of Economic Li-terature (JEL) in Abbildung 36 zeigt, auf geld-politisch relevanten Themen. Ein Großteil derArbeiten fällt dabei in den Themenbereich„Makroökonomik, Geld- und Währungstheo-rie“, gefolgt von den Bereichen „Mathematischeund quantitative Methoden“ sowie „Außenwirt-schaft“ und „Finanzmärkte“.

5.2 FORSCHUNGSNETZWERKE

In vielen Fällen erfolgt die Forschungsarbeitder EZB im Rahmen organisierter Netzwerke, indenen verschiedene Gruppen von Forschern –etwa Volkswirte der EZB, der NZBen des Euro-raums, anderer Notenbanken bzw. politischerInstitutionen oder auch Vertreter der Wissen-schaft – gemeinsam an umfassenden, multi-

17 Eine deskriptive Statistik zum Umfang der bei der EZB durchge-führten Forschungsarbeit f indet sich in V. Gaspar und J. L. Vega,Research at a policy making institution: launching research atthe ECB, in: Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft undStatistik, Bd. 138, Nr. 4, 2002, S. 359–376.

18 In der Working Paper-Reihe der EZB werden die Forschungser-gebnisse von EZB-Mitarbeitern und Gastforschern veröffent-licht. Die Veröffentlichung von Beiträgen EZB-fremder For-scher in dieser Reihe ist dann möglich, wenn diese Beiträge imZusammenhang mit Forschungsinitiativen unter Federführungder EZB entstanden sind bzw. bei von der EZB organisiertenFachkonferenzen oder -Workshops präsentiert wurden.

Abbildung 35 Veröffentlichung von WorkingPapers der EZB

Quelle: EZB.

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1999 2000 2001 2002 2003

Bisher unveröffentlichtGeplante/realisierte Veröffentlichung in FachzeitschriftenGeplante/realisierte Veröffentlichung in Fachbüchern

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108EZBJahresbericht2003

Abbildung 36 Working Papers der EZB: Forschungsgebiete laut JEL-Klassi f ikation(Journal of Economic Literature)(in %)

20031999–2003

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1 Mathematische und quantitative Methoden2 Mikroökonomik3 Makroökonomik, Geld- und Währungstheorie4 Außenwirtschaft5 Finanzmärkte

6 Finanzwissenschaft 7 Arbeitsökonomik, Bevölkerungswissenschaft 8 Industrieökonomik 9 Entwicklung, Technischer Fortschritt, Wirtschaftswachstum10 Sonstiges

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Quelle: EZB.

funktionalen Projekten arbeiten. Allein oder ge-meinsam mit anderen Institutionen organisiertbzw. koordiniert die EZB solche Projekte odersie nimmt daran teil. Im Berichtsjahr waren For-schungsnetzwerke dieser Art besonders aktiv.So forschte die EZB etwa gemeinsam mit demCenter for Financial Studies der Johann Wolf-gang Goethe-Universität Frankfurt am Main zuden Themen Kapitalmärkte und Finanzmarktin-tegration in Europa (siehe Kasten 10).

Außerdem wurde im Jahr 2003 mit dem Euro-system Monetary Transmission Network einwichtiges Projekt zum Abschluss gebracht. ImRahmen des 1999 von der EZB und den NZBendes Euroraums initiierten Projekts wurden dieAuswirkungen der gemeinsamen Geldpolitikauf die Wirtschaft des Euro-Währungsgebietsuntersucht und so umfassende Erkenntnissezum Transmissionsmechanismus gewonnen.Auf der Grundlage makro- und mikroökonome-trischer Daten führten die Projektteilnehmereingehende Analysen durch, vor allem im Hin-blick auf das Investitionsverhalten von Unter-nehmen sowie die Rolle der Banken im Trans-missionsprozess. Das Projekt umfasste auch ei-

nen Vergleich des Transmissionsmechanismusim Euroraum und in den Vereinigten Staaten. ImZuge dieses Forschungsvorhabens erschieneneinige Artikel in Fachzeitschriften und WorkingPapers; die vollständigen Projektergebnissewurden im November 2003 in Buchform veröf-fentlicht.19 Während die Forschungsarbeit die-ses Netzwerks großteils auf Daten aus der Zeitvor der Euro-Einführung basierte, wurden dieErgebnisse im Jahr 2003 zum Teil um neuereDaten erweitert und decken nunmehr auch denZeitraum nach 1999 ab.

Um einen besseren Einblick in die Inflations-dynamik im Euroraum und in den einzelnenTeilnehmerländern zu erhalten, wurde im Be-richtsjahr außerdem das Eurosystem InflationPersistence Network unter Teilnahme der EZBund sämtlicher NZBen des Euroraums ins Le-ben gerufen. Anhand umfangreicher Statistiken,die u. a. Individual- und Branchendaten zu Ver-braucher- und Erzeugerpreisen, makroökonomi-sche Inflationsraten und Umfrageergebnisse

19 I. Angeloni, A. Kashyap und B. Mojon (Hrsg.), Monetary policytransmission in the euro area, Cambridge University Press, 2003.

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umfassen, soll dieses Phänomen näher erforschtwerden. Ergebnisse werden für 2004 und 2005erwartet.

Das in Zusammenarbeit mit dem Centre for Eco-nomic Policy Research organisierte Euro AreaBusiness Cycle Network bietet Vertretern derWissenschaft, der Zentralbanken und politi-scher Institutionen eine gemeinsame Plattformzur Erforschung des Konjunkturzyklus im Eu-roraum. Im Berichtsjahr wurden im Rahmendieses Netzwerks zwei Workshops abgehalten;außerdem fand im Dezember 2003 bei der EZBdie erste Konferenz im Zuge dieses Netzwerksstatt, die sich mit den Hauptursachen exogenerSchocks in den G-7-Volkswirtschaften und imEuro-Währungsgebiet befasste.20

Das International Wage Flexibility Project, dasvon der EZB gemeinsam mit dem Forschungsin-stitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn fi-nanziert und von der Federal Reserve Bank ofNew York und der Brookings Institution orga-nisiert wird, bietet Forschern aus 13 Ländernein Diskussionsforum für die Untersuchungdes Phänomens der Lohnrigiditäten auf Basisvon Individualdaten. Besonderes Augenmerkwird hierbei auf die Vergleichbarkeit derMethoden und Ergebnisse gelegt. Im Rahmendes Projekts wurde 2003 bei der Tagung derAmerican Economic Association eine Podiums-diskussion abgehalten. Die Abschlusskonfe-renz dieses Projekts wird im Juni 2004 bei derEZB stattfinden.

5.3 MAKROÖKONOMETRISCHE MODELLIERUNGDES EURORAUMS

Im geldpolitischen Entscheidungsprozess kom-men ökonometrische Modelle auf direkte undindirekte Weise zur Anwendung, etwa bei derErstellung der gesamtwirtschaftlichen Projekti-onen, deren wichtigste Ergebnisse zweimaljährlich im Monatsbericht veröffentlicht wer-den.21 Ferner legt die Modellierung den Grund-stein zur Erarbeitung neuer Statistiken. Einwichtiges Beispiel in diesem Bereich ist diemakroökonomische Datenbank zum euroraum-

weiten Modell (Area-Wide Model) auf derEZB-Website, die zahlreiche Zugriffe aus derinternationalen Forschungsgemeinde verzeich-nen kann.

Im Jahr 2003 waren sowohl die EZB als auchdie NZBen auf dem Gebiet der ökonometrischenModellierung sehr aktiv. Zur Modellierung desEuroraums dienten dabei z. B. herkömmlichemakroökonometrische und Zeitreihenmodellesowie dem neuesten Stand der Forschung ent-sprechende dynamische Faktormodelle, struk-turelle vektorautoregressive Modelle und sto-chastische allgemeine Gleichgewichtsmodelle.In dieses Tätigkeitsfeld und die damit verbun-dene Zusammenarbeit sollen nun auch die Zen-tralbanken der beitretenden Staaten eingebun-den werden.

5.4 KONFERENZEN UNDGASTFORSCHERPROGRAMME

Im Rahmen ihrer allgemeinen Verpflichtung zurFörderung eines kontinuierlichen und aktivenAustauschs mit der Welt der Wissenschaft trittdie EZB als Organisator bzw. Mitorganisatoreiner Reihe von Konferenzen und Workshopszu zentralbankspezifischen Themen auf. Mitt-lerweile haben sich in diesem Bereich zwei Ver-anstaltungen etabliert. Eine davon ist die allezwei Jahre stattfindende Zentralbankkonferenzder EZB, die sich jeweils mit einem für die EZBbesonders relevanten Thema befasst. DieseVeranstaltung richtet sich an hochrangige Ver-treter von Zentralbanken, internationalen undeuropäischen Institutionen, an die Wissenschaftund die Finanzpresse. Zu dieser Konferenz wirdein Tagungsband veröffentlicht. Bei der zweitenregelmäßig stattfindenden Veranstaltungsreihehandelt es sich um die Konferenzen des Interna-tional Research Forum on Monetary Policy.Diese Initiative wird gemeinsam mit dem Boardof Governors der US-Notenbank, dem Center

20 Weitere Informationen zu diesem Netzwerk f inden sich unterwww.eabcn.org.

21 Weitere Informationen zu diesen Projektionen f inden sich inEZB, A guide to Eurosystem staff macroeconomic projectionexercises, Juni 2001.

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22 Weitere Informationen über Konferenzen und Workshops derEZB f inden sich auf der EZB-Website.

23 Weitere Informationen zu den Gastforscherprogrammen derEZB f inden sich auf der EZB-Website.

for Financial Studies der Johann WolfgangGoethe-Universität Frankfurt am Main und demCenter for German and European Studies derGeorgetown University in Washington organi-siert und konzentriert sich auf geldpolitischeFragestellungen von globaler Tragweite. Diezweite Konferenz in dieser Reihe fand im No-vember 2003 beim Board of Governors der US-Notenbank statt.22

Über den Kontakt mit Gastforschern kann dasForschungsteam der EZB wichtige Kanäle fürdie externe Kommunikation und Zusammenar-beit erschließen. Zur Förderung des wissen-schaftlichen Austauschs zwischen EZB-Mitar-beitern und der internationalen Forschungsge-meinde unterhält die EZB ein Programm für re-nommierte Gastforscher. Im Rahmen diesesProgramms können anerkannte Forscher, dieEZB-relevante Themen untersuchen, unter derSchirmherrschaft der Generaldirektion For-schung einen befristeten Forschungsaufenthaltbei der EZB absolvieren. Darüber hinaus prä-sentierten im Jahr 2003 Vertreter der Zentral-banken der beitretenden Staaten ihre Analyse-und Forschungsergebnisse bei der EZB. ImHinblick auf den wissenschaftlichen Nach-wuchs bietet die EZB weiterhin hochqualifizier-ten Postgraduate-Studenten führender internati-onaler Universitäten die Möglichkeit, einen Teilihrer Forschungsarbeit bei der EZB durchzu-führen (siehe Kapitel 8 Abschnitt 2). Außerdemwerden zu ausgewählten Themen externe Bera-ter herangezogen, während externe Referentenzum umfangreichen Seminarprogramm der EZBbeitragen.23

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6 SON S T I G E A U FG AB EN UND AK T I V I T Ä T EN6.1 EINHALTUNG DES VERBOTS DER

MONETÄREN FINANZIERUNG UND DESBEVORRECHTIGTEN ZUGANGS

Gemäß Artikel 237 Buchstabe d) EG-Vertragist es Aufgabe der EZB, die Einhaltung der Be-stimmungen von Artikel 101 und 102 EG-Ver-trag sowie der diesbezüglichen Ratsverordnun-gen (EG) Nr. 3603/93 und 3604/93 durch dienationalen Zentralbanken der 15 EU-Staaten zuüberwachen. Wahrgenommen wird diese Auf-gabe vom Erweiterten Rat der EZB. Nach Arti-kel 101 ist es der EZB und den NZBen unter-sagt, Regierungsstellen und Organen oder Ein-richtungen der Gemeinschaft Überziehungs-oder andere Kreditfazilitäten einzuräumen oderSchuldtitel unmittelbar von solchen Stellen zuerwerben. Ebenso sind nach Artikel 102 nichtaus aufsichtsrechtlichen Gründen getroffeneMaßnahmen unzulässig, die Zentralregierungenund Organen oder Einrichtungen der Gemein-schaft einen bevorrechtigten Zugang zu Finanz-instituten bieten. Die Einhaltung der Verpflich-tungen, die den Mitgliedstaaten aus den genann-ten Bestimmungen erwachsen, überwacht nebendem Erweiterten Rat auch die EuropäischeKommission.

Der Erweiterte Rat überwacht ferner den Kaufvon Schuldtiteln der öffentlichen Hand durchdie Zentralbanken der EU-Mitgliedstaaten amSekundärmarkt, und zwar sowohl den Erwerbinländischer Staatspapiere als auch jenen vonstaatlichen Schuldtiteln anderer Mitgliedstaa-ten. Gemäß den Erwägungsgründen der Verord-nung (EG) Nr. 3603/93 des Rates darf der Er-werb von Schuldtiteln am Sekundärmarkt nichtzur Umgehung der Ziele von Artikel 101 EG-Vertrag genutzt werden. Solche Käufe dürfenalso nicht zu einer indirekten monetären Finan-zierung der öffentlichen Hand führen.

Im Jahr 2003 stellte der Erweiterte Rat in zweiFällen Verstöße gegen die angeführten Bestim-mungen des EG-Vertrags bzw. der einschlägi-gen Ratsverordnungen durch NZBen der Mit-gliedstaaten fest. In beiden Fällen überstiegender Münzbestand der NZB und ihre diesbezüg-liche Gutschrift an die öffentliche Hand die laut

24 Gemäß dem Protokoll über einige Bestimmungen betreffend dasVereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, das demEG-Vertrag beigefügt ist, gelten Artikel 105 Absatz 4 EG-Vertrag und Artikel 4 ESZB-Satzung nicht für das VereinigteKönigreich. Daher erstreckt sich die Verpflichtung zur Anhö-rung der EZB nicht auf die nationalen Behörden des VereinigtenKönigreichs.

25 In Artikel 2 dieser Entscheidung sind die Bereiche, zu denen dieEZB angehört werden muss, im Einzelnen angeführt.

26 Im Rahmen der vom EZB-Rat im Jahr 2002 beschlossenen Politikder Transparenz werden nunmehr sämtliche von der EZB aufErsuchen einer nationalen Behörde abgegebenen Stellungnah-men in der Regel sechs Monate nach erfolgter Billigung in denSprachen, in denen sie verabschiedet wurden (d. h. in Englischund in der Sprache der jeweiligen nationalen Behörde), auf derWebsite der EZB veröffentlicht. Stellungnahmen von politischerRelevanz werden unmittelbar nach ihrer Verabschiedung veröf-fentlicht.

Artikel 6 der Ratsverordnung (EG) Nr. 3603/93zulässige Obergrenze von 10 % des Münzum-laufs. Finnland und Frankreich hatten das Limitseit Oktober 2001 bzw. Januar 2002 überschrit-ten, jeweils im Zusammenhang mit dem starkenMünzrückfluss zu den NZBen im Vorfeld derEuro-Bargeldeinführung am 1. Januar 2002. ImFall Frankreichs blieb das Problem bis April2003 bestehen, während es in Finnland erst imDezember 2003 behoben werden konnte. Somitwurden mit Ende des Berichtsjahrs in beidenLändern die einschlägigen Bestimmungenwieder vollständig erfüllt.

6.2 BERATENDE FUNKTIONEN

Artikel 105 Absatz 4 EG-Vertrag und Artikel 4ESZB-Satzung sehen vor, dass die EZB von denentsprechenden Organen der Gemeinschaftbzw. den verantwortlichen nationalen Behör-den24 je nach Zweckmäßigkeit zu allen in ihrenZuständigkeitsbereich fallenden Vorschlägenfür Rechtsakte der Gemeinschaft oder der Mit-gliedstaaten gehört wird. Die Grenzen und Be-dingungen für die Anhörung der EZB zu Ge-setzgebungsvorhaben durch die Behörden derMitgliedstaaten sind in der Entscheidung desRates 98/415/EG vom 29. Juni 1998 darge-legt.25 Sämtliche Stellungnahmen der EZB sindauf deren Website abrufbar.26

Insgesamt wurden im Berichtsjahr 32 Konsulta-tionsverfahren eingeleitet, 21 davon auf Initiati-ve nationaler Behörden und 11 auf Anregung

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des Rats der Europäischen Union. Von deninsgesamt 32 Konsultationsverfahren beschäf-tigten sich zwei mit Zahlungsmitteln, vier mitstatistischen Daten und elf mit Bestimmungen,die Auswirkungen auf die Stabilität von Finanz-instituten und Finanzmärkten haben könnten.Im Besonderen seien hier drei Stellungnah-men erwähnt, die gemäß Artikel 105 Absatz 4EG-Vertrag abgegeben wurden: eine Stellung-nahme zum Vorschlag für eine EU-Richtlinieüber Wertpapierdienstleistungen und geregelteMärkte (siehe Kapitel 3 Abschnitt 2) sowiezwei Stellungnahmen zu den Vorschlägen derfinnischen Regierung zur Änderung des Ge-setzes über die Suomen Pankki.

Der ursprüngliche Vorschlag zur Änderung desGesetzes über die Suomen Pankki, zu der dieEZB ihre erste Stellungnahme27 abgab, hatteeine Beschränkung der Möglichkeiten der finni-schen Notenbank zur Rücklagenbildung sowiedie Abführung ihres gesamten Jahresgewinnsan den Staat – sofern vom parlamentarischenAufsichtsrat nicht anders beschlossen – vorge-sehen. Des Weiteren sollte die finnische Zen-tralbank zusätzlich rund 740 Mrd € ihres Eigen-kapitals an den Staat übertragen, was nur überden Verkauf von Währungsreserven möglichgewesen wäre. Insbesondere angesichts des Ge-samteffekts der vorgeschlagenen Änderungenauf die Finanzlage der finnischen Notenbanksowie aufgrund fehlender Sicherheitsklauseln,die die Erfüllung der ESZB-relevanten Aufga-ben gewährleistet hätten, sprach sich die EZBgegen diesen Vorschlag aus. Sie wurdedaraufhin im Dezember 2003 zu einem revidier-ten Vorschlag der finnischen Regierung zurÄnderung des Gesetzes über die Suomen Pankkigehört. In ihrer zweiten Stellungnahme begrüßtedie EZB die Tatsache, dass der ihr vorgelegteendgültige Gesetzesvorschlag keine Verringe-rung des Eigenkapitals der finnischen Noten-bank mehr vorsah. Sie wies jedoch darauf hin,dass die Voraussetzungen für finanzielle Unab-hängigkeit nicht zur Gänze erfüllt würden undder Vorschlag somit nach wie vor mit dem EG-Vertrag und dessen Zielen unvereinbar sei. Auf-grund dieser zweiten Stellungnahme wurde derGesetzesvorschlag schließlich zurückgezogen.

Neben den Stellungnahmen gemäß Artikel 105Absatz 4 EG-Vertrag gab die EZB auch eineStellungnahme gemäß Artikel 48 des Vertragsüber die Europäische Union zum Entwurf einesVertrags über eine Verfassung für Europa ab(siehe Kapitel 4 Abschnitt 1.1).

Des Weiteren legte die EZB zwei Stellungnah-men gemäß Artikel 112 Absatz 2 Buchstabe b)EG-Vertrag und Artikel 11.2 ESZB-Satzungvor. Diese Stellungnahmen befassten sich mitEmpfehlungen des EU-Rats zur Ernennung desneuen Präsidenten der EZB und eines neuenMitglieds des EZB-Direktoriums.

Eine Aufstellung der im Jahr 2003 und Anfang2004 abgegebenen Stellungnahmen findet sichim Anhang.

6.3 VERWALTUNG DER ANLEIHE- UNDDARLEHENSGESCHÄFTE DER EUROPÄISCHENGEMEINSCHAFT

Gemäß Artikel 123 Absatz 2 EG-Vertrag undArtikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 332/2002des Rates vom 18. Juni 2002 ist die EZB für dieVerwaltung der von der Gemeinschaft im Rah-men des Systems des mittelfristigen finanziel-len Beistands abgeschlossenen Anleihe- undDarlehensgeschäfte zuständig. Im Jahr 2003hatte die EZB allerdings diesbezüglich keinenVerwaltungsaufwand, weil es zum Jahresende2002 keine Außenstände gab und im Berichts-jahr keine neuen Geschäfte abgeschlossen wur-den.

6.4 DIENSTLEISTUNGEN IM BEREICH DERWÄHRUNGSRESERVENVERWALTUNG

Im Jahr 2003 begann das Eurosystem mit derAusarbeitung von Rahmenbedingungen fürBankdienstleistungen, die seine Mitglieder denZentralbanken und Währungsbehörden außer-halb der EU sowie Drittländern und internatio-nalen Institutionen im Zuge der Verwaltung von

27 Siehe Stellungnahme CON/2003/22 auf der Website der EZB.

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Währungsreserven anbieten. Den Kern diesesneuen Regelwerks bildet eine Reihe von Bench-mark-Dienstleistungen, mit deren Hilfe Kundenihre auf Euro lautenden Währungsreserven überjede beliebige Zentralbank des Euroraums ver-walten lassen können, sofern die betreffendeZentralbank diese Dienstleistungen anbietet.Damit soll in diesem Bereich ein Angebot euro-systemweit harmonisierter Dienstleistungen ge-schaffen werden. Im ersten Halbjahr 2004 wirddas neue Konzept in allen Einzelheiten ausgear-beitet werden. Die Umsetzung ist für die zweiteJahreshälfte geplant.

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KünstlerGerhard BalderTitelRoter Nautilus, 1995MaterialÖl auf LeinwandFormat70 × 54 cm

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KAPITEL 3

F INANZMARKT-STABILITÄT

UND FINANZMARKT-INTEGRATION

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Die Stabilität der Finanzmärkte nahm währenddes gesamten Jahres 2003 in der Arbeit interna-tionaler und europäischer Institutionen undForen breiten Raum ein. Auf internationaler Ebenetrug das Forum für Finanzmarktstabilität (Fi-nancial Stability Forum – FSF) weiterhin we-sentlich zur Identifizierung von Schwachstellenim Finanzsystem aus globaler Sicht bei. AufEU-Ebene begann der Wirtschafts- und Finanz-ausschuss, einem Beschluss des ECOFIN-Ratsvom Dezember 2002 folgend, regelmäßig EU-relevante Fragen der Finanzmarktstabilität zuerörtern. Ebenso diskutiert innerhalb des Euro-systems der EZB-Rat seit dem Jahr 2003 regel-mäßig über die Lage an den Finanzmärkten imEuroraum bzw. in der EU. Er stützt sich dabeiauf die von der EZB gemeinsam mit dem Aus-schuss für Bankenaufsicht des ESZB gewonne-nen Erkenntnisse. Diese sollen auch in denDiskurs zum Thema Finanzmarktstabilität aufinternationaler und europäischer Ebene einflie-ßen.

1.1 ÜBERWACHUNG DERFINANZMARKTSTABILITÄT

Die EZB beobachtet in Zusammenarbeit mit demAusschuss für Bankenaufsicht Entwicklungenim Hinblick auf die Finanzmarktstabilität, umpotenzielle Schwachstellen des Finanzsystemsim Euroraum bzw. in der EU aufzuzeigen undseine Widerstandsfähigkeit gegenüber mögli-chen Schocks beurteilen zu können. Dabei wirdzwar das Finanzsystem als Ganzes (Banken,Finanzinstitute außerhalb des Bankensektors,Finanzmärkte und Finanzmarktinfrastruktur)betrachtet, der Schwerpunkt liegt allerdings aufdem Bankensektor, stellt dieser doch nach wievor den wichtigsten Bereich des Finanzsystemsim Euro-Währungsgebiet bzw. in der EU dar.Um eine sorgfältige Beurteilung zu gewährleis-ten, müssen sowohl konjunkturelle als auchstrukturelle Entwicklungen berücksichtigt wer-den.

KONJUNKTURELLE ENTWICKLUNGENDie Rückbildung der finanziellen Ungleichge-wichte, die sich im Lauf der Neunzigerjahre in

1 F I N A N Z M A R K T S TA B I L I T Ä Tder EU aufgebaut hatten, blieb auch im Jahr2003 nicht ohne Auswirkungen auf das Finanz-system, das sich jedoch weiterhin gegenüberdiesen Ungleichgewichten als widerstandsfähigerwies. Nicht zuletzt spiegelte es die kontinu-ierliche Verbesserung des gesamtwirtschaftli-chen und finanziellen Umfelds im Berichtsjahr(siehe Kapitel 1) wider.

Die meisten Risiken für die Stabilität des euro-päischen Finanzsystems waren auf nach wie vorbestehende finanzielle Ungleichgewichte in denMitgliedstaaten, vorwiegend im Unternehmens-sektor, zurückzuführen (siehe Kasten 2). Vorallem in jenen Sektoren, in denen schon zuvorein relativ hoher Verschuldungsgrad Anlass zuBesorgnis gegeben hatte, waren die Unterneh-men in Europa bestrebt, ihre Bilanzen anzupas-sen. Zu diesem Zweck wurden Maßnahmen zurKostensenkung ergriffen, die Investitionstätig-keit wurde eingeschränkt und in einigen Sekto-ren, wie etwa der Telekommunikationsbranche,wurden Umschuldungen vorgenommen. DieseSchritte führten zwar allgemein zu einer Stär-kung der Ertragskraft, erwiesen sich aber füreine Verringerung der Schuldenquote des ge-samten Unternehmenssektors als unzureichend.Allerdings verlief die Entwicklung in den ein-zelnen Branchen unterschiedlich; im Telekom-munikationssektor etwa kam es zu einer deutli-chen Verbesserung der Finanzierungsbedin-gungen.

Das Verhältnis der Verschuldung zum Einkom-men der privaten Haushalte in Europa stieg imBerichtsjahr weiter an, was in erster Linie aufeine vermehrte Aufnahme von Hypothekenkre-diten in einem Umfeld historisch niedriger Zin-sen und relativ stabiler Arbeitsmarktbedingun-gen zurückzuführen ist. Die vergleichsweisehohe Hypothekennachfrage der privaten Haus-halte stellte für die Banken unter diesenansonsten schwierigen Bedingungen eine we-sentliche Stütze ihres Zinsertrags dar. In eini-gen Ländern kam es dadurch allerdings zueinem relativ raschen Anstieg der Preise fürWohneigentum, woraus den Kreditinstituten indiesen Ländern im Falle eines plötzlichen Ver-falls der Immobilienpreise ein gewisses Risiko

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erwachsen könnte. Alles in allem erschien die-ses Risiko jedoch eher gering.

Die Stabilität der Finanzmärkte verbesserte sichim Jahr 2003. Nachdem die Aktienkurse dreiJahre lang einem fast ungebrochenen Abwärts-trend und außergewöhnlich hoher Volatilitätausgesetzt gewesen waren, erholten sich dieAktienmärkte ab Mitte März 2003, und mit demRückgang der geopolitischen Risiken sowiedem wachsenden Vertrauen in einen bevorste-henden Konjunkturaufschwung ließ auch dieIntensität der Kursschwankungen nach. DieUnternehmen waren somit in der Lage, neueAktien und/oder Schuldverschreibungen zu be-geben; es kam zu einer deutlichen Verringerungder Renditeabstände bei Anleihen und zu einerBelebung des Anleihegeschäfts. Diese Ent-wicklungen könnten bis zu einem gewissenGrad auch auf eine verstärkte Ertragsorientie-rung der Investoren in einem von historischniedrigen Langfristzinsen gekennzeichnetenUmfeld zurückzuführen sein. Für einige Fi-nanzinstitute, vor allem Versicherungsunter-nehmen und Pensionskassen, bedeuteten dieniedrigen Zinssätze in den ersten Monaten desJahres 2003 insofern eine Belastung, als siesich auf ihre Verbindlichkeiten niederschlugen.Durch das Anziehen der Langfristzinsen in derzweiten Jahreshälfte wurde dieses Problem ent-schärft.

Die Versicherungsunternehmen in der EU ka-men bezüglich ihrer Zahlungsfähigkeit Anfang2003 unter erheblichen Druck. Verantwortlichdafür war neben einem drei Jahre anhaltendenErtragsrückgang durch den seit dem Jahr 2000voranschreitenden Aktienkursverfall auch derin jüngerer Vergangenheit aufgetretene Ab-wärtsdruck auf die langfristigen Zinsen. Diedarauf folgende Gegenentwicklung vermindertejedoch tendenziell die bilanzielle Belastung;Mitte 2003 zeichnete sich bereits eine gewisseErholung ab. Dessen ungeachtet blieb ein ge-wisser Solvenz- und Einkommensdruck beste-hen, ebenso wie sich weiterhin Unsicherheitenim Hinblick auf das Ausmaß des Kreditrisikoshielten, das die Versicherungsunternehmen

durch die Übernahme von Kreditrisiken einge-gangen waren.

Obwohl der Bankensektor bereits das dritteJahr in Folge durch unterdurchschnittlicheWachstumsraten geschwächt war, erwies ersich im Berichtsjahr insgesamt erneut als wider-standsfähig und konnte die negativen Effekteeines hinter den Erwartungen zurückbleibendenUmfelds absorbieren. Mit Kostensenkungen,der Umstrukturierung von Geschäftsfeldernund einer Verbesserung des Risikomanage-ments setzten die Banken unter diesen schwieri-gen Bedingungen die richtigen Schritte. Groß-banken konnten in der ersten Hälfte 2003erfolgreich das Niveau der Erträge und Eigen-mittel halten bzw. sogar steigern. Vergleichs-weise geringe Wertberichtigungen, Einsparun-gen und ein Anstieg des Einkommens aus Fi-nanzmarktgeschäften trugen im Jahr 2003 zu ei-ner Verbesserung der Ertragslage bei. Dieweiterhin günstigen aufsichtsrechtlichen Solva-bilitätskoeffizienten der Banken in der EU spie-gelten diese Entwicklungen wider. Allerdingswurden die Eigenkapitalquoten einiger Bankennicht durch die Begebung neuer Aktien oder dieRückstellung von Gewinnen, sondern vielmehrdurch den Verkauf von Vermögenswerten undden Abbau risikogewichteter Aktiva positiv be-einflusst.

Im Februar 2003 veröffentlichte die EZBerstmals einen Bericht über die Stabilität desBankensektors in der EU („EU banking sectorstability“), dem im November desselben Jahresein zweiter folgte. Die beiden Publikationenbieten eine Zusammenfassung der wichtigstenErkenntnisse des Ausschusses für Bankenauf-sicht aus seiner regelmäßigen Beobachtungs-tätigkeit im Hinblick auf die Stabilität desEU-Bankensektors.

STRUKTURELLE ENTWICKLUNGENAngesichts der schwierigen Bedingungen in derGesamtwirtschaft im Allgemeinen und an denFinanzmärkten im Besonderen waren die Ban-ken in den letzten Jahren gezwungen, ihre Effi-zienz u. a. durch Kosteneinsparungen und die

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Aufgabe von Nichtkerngeschäften zu steigern.Dadurch verlangsamten sich einige der in denvergangenen Jahren zu beobachtenden langfris-tigen Trends – vor allem die Internationalisie-rung, Konsolidierung und Disintermediation –oder kamen sogar gänzlich zum Erliegen. Allesin allem konnten die Banken dadurch den Belas-tungen standhalten und somit auch mittel- undlängerfristig zu einer Verbesserung der Stabili-tät des Bankensektors beitragen.

Vielerorts wurden Internationalisierungsstrate-gien – vor allem in den Bereichen Investment-banking und Wertpapierhandel – zurückgenom-men; dessen ungeachtet kam es zu einer weite-ren Intensivierung der Geschäftsbeziehungenzu bestimmten Regionen, wie etwa Mittel- undOsteuropa. Die Banken richteten ihre Aktivitä-ten, insbesondere das Privatkundengeschäft,verstärkt auf ihre jeweiligen Heimatmärkte aus.Gleichzeitig wurde allerdings auch das Angebotregionaler grenzüberschreitender Bankdienst-leistungen – gleichsam als natürliche Auswei-tung der Geschäftstätigkeit am Heimatmarkt –weiter ausgebaut. Der Wettbewerbsdruck amheimischen Markt war offenbar in hohem Maßefür die jüngsten Internationalisierungsaktivitä-ten verantwortlich, die in erster Linie auf eineVerbesserung der Ertragslage durch den Ein-stieg in Märkte mit höheren Margen und einemeindeutigen komparativen Vorteil abzielten.

Der Konsolidierungsprozess im Bankensektorsetzte sich – wenn auch etwas langsamer alszuletzt – fort; dennoch blieb der Wettbewerbs-druck trotz der steigenden Konzentration allge-mein hoch. Die Banken setzten weiterhin aufeine Vertriebsstrategie, die eine gleichzeitigeNutzung von Filialen und Fernvertriebskanälenvorsieht. Dies kann auch als Teil ihres Bemü-hens um einen verbesserten Dienst am Kundengesehen werden. Das Zweigstellennetz blieb je-doch das Herzstück der Vertriebsstrategie derBanken. Der Trend ging hierbei weg von derreinen Abwicklung von Transaktionen hin zuberatungsintensiven, komplexeren Mehrwert-dienstleistungen.

Bei der Intermediation, d. h. der Vermittlungs-tätigkeit der Banken bei der Weiterleitung vonFinanzmitteln von Einlegern zu Kreditnehmern,war eine geringere Nachfrage des Unterneh-menssektors nach Finanzmitteln und Kapital-marktemissionen zu verzeichnen. Das Privat-kundengeschäft erwies sich jedoch als beständi-ge Einkommensquelle. Insbesondere schichte-ten Privatkunden ihre Portfolios angesichts dervolatilen Marktbedingungen tendenziell zu Las-ten von Aktien und zugunsten verhältnismäßigsicherer und liquider Einlagen um. Gleichzeitigblieb die Kreditvergabe an private Haushalteverhältnismäßig dynamisch.

Die Banken in der EU weiteten ihre Produkt-und Dienstleistungspalette vor allem für Pri-vatkunden aus. Angeboten wurde etwa eine größe-re Anzahl neuer Sparformen, darunter auch Pro-dukte, deren Erträge an einen Index gebundensind und die bestimmte Optionen – wie etwaeine Obergrenze für Verluste – bieten. In eini-gen Ländern wurde Privatkunden die Möglich-keit eröffnet, über Banken in risikoreiche Alter-nativen, z. B. Hedgefonds, zu investieren. DieKunden sehen sich also mit einem immer kom-plexer werdenden Produktangebot konfrontiert.Für die Banken war dies ein Grund, ihre Bemü-hungen um eine Stärkung des Anlegervertrau-ens in Wertpapierprodukte durch organisatori-sche Veränderungen und eine Verbesserungihrer Governance-Strukturen zu intensivieren.

Nicht zuletzt als Reaktion auf die bevorstehen-den Änderungen bei den Eigenkapitalanforde-rungen (durch die Neue Basler Eigenkapitalver-einbarung – Basel II; siehe Abschnitt 2 diesesKapitels) verbesserten die Banken auch ihr Ri-sikomanagement im Hinblick auf eine wir-kungsvollere Steuerung erhöhter Kreditrisiken.Zu diesem Zweck forcierten die Banken u. a. ihrEngagement am Markt für die Übertragung vonKreditrisiken. Mit Instrumenten zur Übertra-gung von Kreditrisiken können Banken ihr Ge-samtkreditrisiko besser gestalten und leichter inTeilrisiken zerlegen. Die Banken nutzten dieseInstrumente in der Regel zur Verringerung desKreditrisikos; in einigen Fällen konnten sieallerdings durch das Eingehen weiterer Kredit-

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risiken eine bessere Portfoliodiversifikation er-zielen. Zur Festigung der Widerstandskraft ge-genüber operationellen Risiken wurdenebenfalls verstärkt Maßnahmen ergriffen.

Eine detailliertere Analyse der wichtigstenstrukturellen Entwicklungen im EU-Banken-sektor findet sich in dem von der EZB imNovember 2003 veröffentlichten Bericht„Structural analysis of the EU banking sector“des Ausschusses für Bankenaufsicht.

1.2 ZUSAMMENARBEIT IN KRISENSITUATIONEN

Anfang 2003 schlossen die Zentralbanken undAufsichtsbehörden in der EU ein Memorandumof Understanding über die Zusammenarbeit inKrisensituationen ab. Anzuwenden ist dieseVereinbarung in Krisensituationen, die einzelneKreditinstitute und Bankengruppen betreffenoder mit Störungen an den Finanzmärkten bzw.der Marktinfrastruktur einhergehen und kollek-tive Auswirkungen auf Mitgliedstaaten habenkönnten. Gegenstand der in der Vereinbarungenthaltenen Grundsätze und Verfahren sindinsbesondere die Bestimmung der für das Kri-senmanagement zuständigen nationalen Behör-den, der notwendige Informationsfluss zwi-schen sämtlichen involvierten Stellen und diepraktischen Voraussetzungen für den grenz-überschreitenden Informationsaustausch. Zumbesseren Verständnis darüber, wie die Bestim-mungen des Memorandum of Understanding beider Gestaltung der Zusammenarbeit und des In-formationsaustauschs zwischen den Behördenin der Praxis zum Tragen kommen, wurde imBerichtsjahr eine Krisensituation simuliert.Durch die Übung wurden äußerst wertvolle Er-kenntnisse über die verschiedenen Aspekte dergrenzüberschreitenden Kooperation zwischenBankenaufsichtsbehörden und nationalen Zen-tralbanken im Fall einer Finanzkrise gewonnen.

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120EZBJahresbericht2003

2.1 DAS LAMFALUSSY-KONZEPT

Den Ergebnissen des öffentlichen Konsultati-onsverfahrens zum Bericht des Wirtschafts-und Finanzausschusses über Regulierungstätig-keit, Aufsicht und Stabilität im Finanzsektor(„EU arrangements for financial regulation, su-pervision and stability“) folgend empfahl derECOFIN-Rat im Dezember 2002 eine Ausdeh-nung des neuen Lamfalussy-Regelwerks,1 dasim Wertpapierbereich bereits zur Anwendungkommt, auf alle anderen Finanzsektoren. Dasneue Modell sieht eine Unterscheidung zwi-schen Primär- und Sekundärrecht vor. Primär-recht (so genannte Rechtsvorschriften der Ebe-ne 1) wird vom ECOFIN-Rat und vom Europäi-schen Parlament anhand des Mitentscheidungs-verfahrens verabschiedet, Sekundärrecht bestehtaus Durchführungsmaßnahmen, die rascher undflexibler erlassen werden können. Dank dieserUnterscheidung wird es möglich, technologi-schen Veränderungen und Marktentwicklungenschneller und wirkungsvoller im Regulierungs-prozess Rechnung zu tragen. Des Weiteren solldieses neue Konzept die Voraussetzungen füreine effektive Zusammenarbeit und Konvergenzim Bereich der Finanzmarktaufsicht schaffenund damit zu einer einheitlicheren Umsetzungvon EU-Regeln in den Mitgliedstaaten beitragen.

Das Lamfalussy-Konzept baut insbesondere aufdem Einsatz von Regelungsausschüssen in denverschiedenen Finanzsektoren auf. Diese so ge-nannten Ausschüsse der Stufe 2 werden mit vonden zuständigen Ministern nominierten Vertre-tern der Mitgliedstaaten besetzt. Zusätzlich er-hielten Aufsichtsausschüsse (Ausschüsse derStufe 3) den Auftrag, die Konvergenz der Auf-sichtspraktiken zu fördern, die Zusammenarbeitim Bereich der Aufsicht, einschließlich des In-formationsaustauschs über beaufsichtigte Insti-tute, zu verbessern sowie der Kommission beimEntwurf von Durchführungsmaßnahmen bera-tend zur Seite zu stehen.

Im November 2003 verabschiedete die Kom-mission eine Reihe von Maßnahmen zur Umset-zung der Empfehlung des Rates. Im Bankensek-tor wurde der bereits existierende Beratende

2 F I N AN ZMARK TR EGU L I E RUNG UND F I N AN Z -MARK TAU F S I C H T

Bankenausschuss (Banking Advisory Commit-tee – BAC) in den mit Regelungsbefugnissenausgestatteten Europäischen Bankenausschuss(Euro-pean Banking Committee – EBC) umge-wandelt und ein neuer Ausschuss der europäi-schen Bankaufsichtsbehörden (Committee ofEuropean Banking Supervisors – CEBS) einge-richtet. Zur Vermeidung von Überschneidungenwird eine enge Zusammenarbeit zwischen demAusschuss für Bankenaufsicht (Banking Super-vision Committee – BSC) des ESZB und demCEBS angestrebt. Im Versicherungssektor wur-de der bestehende Versicherungsausschuss (In-surance Committee) durch den mit Regelungs-befugnissen ausgestatteten Europäischen Aus-schuss für das Versicherungswesen und die be-triebliche Altersversorgung (European Insur-ance and Occupational Pensions Committee –EIOPC) ersetzt. Zudem wurde der Ausschussder europäischen Aufsichtsbehörden für dasVersicherungswesen und die betrieblicheAltersversorgung (Committee of European In-surance and Occupational Pension Supervisors– CEIOPS) eingerichtet. Für den Bereich derFinanzkonglomerate wurde 2003 der ebenfallsüber Regelungsbefugnisse verfügende Finanz-konglomerateausschuss (Financial Conglome-rates Committee – FCC) gegründet; die Einset-zung eines Aufsichtsausschusses ist hier nichtvorgesehen. Die EZB nimmt an den Sitzungender Regelungs- und Aufsichtsausschüsse (au-ßer jenen des Versicherungssektors) als Beob-achter oder Mitglied ohne Stimmrecht teil undhat so die Möglichkeit, im Einklang mit ihreninstitutionellen Aufgaben einen Beitrag zurWeiterentwicklung der Finanzmarktregulierungund -aufsicht in der EU zu leisten.

2.2 BANKENSEKTOR

Im Bereich der bankaufsichtsrechtlichen Re-gelungen wurden 2003 die Überarbeitung derMindestkapitalanforderungen und die Erstel-lung der Neuen Basler Eigenkapitalvereinba-

1 „Schlussbericht des Ausschusses der Weisen über die Regulie-rung der europäischen Wertpapiermärkte“, 15. Februar 2001.Der Bericht ist auf der Website der Europäischen Kommissionabrufbar.

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rung (Basel II) fortgesetzt. Als Teilnehmer mitBeobachterstatus leisteten Vertreter der EZB inden zuständigen Ausschüssen weiterhin ihrenBeitrag zur Ausgestaltung des neuen Regel-werks.

Auf internationaler Ebene erzielte der BaslerAusschuss für Bankenaufsicht auf mehrerenGebieten bedeutende Fortschritte. Erstens wur-den im Mai 2003 die Ergebnisse der dritten Stu-die über die quantitativen Auswirkungen desneuen Regelwerks auf die Mindestkapitalanfor-derungen für Banken (Third Quantitative Im-pact Study – QIS 3) finalisiert und veröffent-licht. An der Studie hatten Banken aus 43 Län-dern teilgenommen, d. h., die Untersuchung er-streckte sich weit über den Kreis der im BaslerAusschuss vertretenen Staaten hinaus. DieHauptergebnisse der QIS 3 waren positiv,stehen sie doch mit dem Ziel des Ausschussesim Einklang, die Eigenkapitalanforderungenstärker an den tatsächlichen Risiken auszurich-ten, ohne dabei die derzeit erforderliche Kapi-talhöhe wesentlich zu verändern. Zweitensführte der Basler Ausschuss zwei öffentlicheKonsultationsverfahren durch. Das dritte Kon-sultationspapier wurde im April 2003 veröf-fentlicht, die dazu eingebrachten Kommentarefolgten im August. Grundtenor des öffentlichenKonsultationsverfahrens war eine breite Unter-stützung für die neue Eigenkapitalvereinbarungund ein Konsens über die Notwendigkeit einesstärker risikoorientierten Regelwerks. Zu denÄnderungsvorschlägen für die Behandlung vonerwarteten und unerwarteten Verlusten unterAnwendung des auf internen Risikoeinstufun-gen basierenden Ansatzes (internal ratings-based approach – IRB approach) im Rahmenvon Basel II wurde im Oktober ein weiteres öf-fentliches Konsultationsverfahren eingeleitet.Darüber hinaus stellte der Basler Ausschussfest, dass weitere Verbesserungen im Bereichder Verbriefung von Forderungen, bei Kredit-kartenverbindlichkeiten und bestimmten kredit-risikomindernden Verfahren wünschenswertseien; mit diesen Themen wird man sich weiterauseinandersetzen. Drittens verzeichnete derAusschuss große Fortschritte bei der Analysevon Umsetzungsfragen zu Basel II, die auch in

den nationalen Rechtsbestimmungen ihren Nie-derschlag finden wird. Im Rahmen des BaslerAusschusses widmete sich die für Umsetzungs-fragen zuständige Accord ImplementationGroup verstärkt diesem Themenkreis. Des Wei-teren veröffentlichte der Basler Ausschuss ei-nen Beitrag zur Erläuterung von Leitsätzen fürdie grenzüberschreitende Umsetzung der neuenEigenkapitalerfordernisse.

Die EZB bekräftigte in ihrer im September 2003auf ihrer Website veröffentlichten Stellungnah-me zum dritten Konsultationspapier ihre prinzi-pielle Unterstützung für die Überarbeitung derBasler Eigenkapitalvereinbarung und brachteauch ihre Anerkennung für die erzielten Fort-schritte zum Ausdruck. Zusätzlich zu ihremBeitrag zu einigen spezifischen Fragen widmetesich die EZB in erster Linie jenen Bereichen, diesowohl für die Finalisierung als auch für dieUmsetzung des überarbeiteten Regelwerksbesonders relevant sind, sowie vorrangigen Zu-kunftsthemen. Die EZB begrüßte die Vorschlä-ge zur Bewältigung potenzieller prozyklischerEffekte und wies darauf hin, dass durch eineVerstärkung der Anreize für Banken, ausgefeil-tere Risikomanagement-Methoden anzuwenden,weitere Verbesserungen erzielt werden könn-ten. Zudem drängte sie auf die strikte Einhal-tung des Zeitplans für den Abschluss und dieUmsetzung der neuen Eigenkapitalvereinba-rung. Im Hinblick auf künftige Herausforderun-gen verwies die EZB ausdrücklich auf die Not-wendigkeit zu beobachten, wie sich das neueRegelwerk in der Praxis bewährt, um alle mög-lichen damit verbundenen Implikationen verste-hen zu können. Darüber hinaus erachtet es dieEZB als unerlässlich, die Harmonisierung inden Bereichen Bilanzierung und Risikovorsor-ge zu forcieren und die Definition der Eigenmit-tel sowie die Konvergenz der Aufsichtsprakti-ken voranzutreiben.

Annähernd zeitgleich zum Basler Reformpro-zess und unter Berücksichtigung besonderereuropäischer Bedürfnisse wurde auf EU-Ebenedie Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriftenim Rahmen des Aktionsplans für Finanzdienst-leistungen (Financial Services Action Plan –

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FSAP, siehe Abschnitt 3 dieses Kapitels) fort-gesetzt. Im Juli 2003 veröffentlichte die Euro-päische Kommission zusammen mit der Analy-se der Ergebnisse der QIS 3 für die EU ein drit-tes Arbeitspapier zu Konsultationszwecken.Der Anwendungsbereich der neuen Regeln, derAufbau und Inhalt des EU-Rahmenwerks, dieBehandlung kleiner und mittelständischer Un-ternehmen sowie die Angemessenheit des Re-gelwerks für kleine Banken und Banken mitweniger komplexen Strukturen gehören zu denim EU-Kontext besonders relevanten Themen.Wie auch der Basler Ausschuss brachte die Eu-ropäische Kommission in ihrer Analyse derQIS 3 ihre Unterstützung für die zentralen An-liegen der Reform zum Ausdruck. Die Kommis-sion veröffentlichte außerdem im April 2003zwei weitere Dokumente zu Konsultations-zwecken, darunter eines über Immobilienfinan-zierung und eines über die Behandlung vonbesicherten Schuldverschreibungen (CoveredBonds); die dazu eingebrachten Kommentarewurden im Anschluss ebenfalls publiziert.

In ihrem Kommentar zu den Vorschlägen derEuropäischen Kommission für die Revision derEigenkapitalvorschriften für Banken und Wert-papierfirmen hielt die EZB ihre Unterstützungfür die auf EU-Ebene geleistete Arbeit fest undunterstrich die Notwendigkeit, die Konsistenzzwischen der Neuen Basler Eigenkapitalverein-barung und dem überarbeiteten EU-Rahmen-werk sowie deren zeitgleiche Finalisierung undUmsetzung zu gewährleisten.

2.3 WERTPAPIERE

Bei mehreren Initiativen zur Vervollständigungder europäischen Wertpapiermarktvorschriftenund Aktualisierung bestehender Regeln wurdenim Berichtsjahr bedeutende Fortschritte erzielt.Die EZB leistete ihren Beitrag zur Gestaltungder betreffenden Regelungen sowohl bei denvorbereitenden Diskussionen in den jeweiligenEU-Ausschüssen als auch im Zuge der formel-len Konsultationen.

Im Rahmen des FSAP wurden zwei Richtlinienverabschiedet; der Abschluss zweier weitererRichtlinien wurde vorangetrieben. Im Januar2003 kam es zur Verabschiedung der Richtlinieüber Marktmissbrauch, die harmonisierte Rege-lungen zur Verhinderung von Insiderhandelund Marktmanipulation enthält. Im Juli wurdemit der Prospektrichtlinie der Europäische Passfür Wertpapieremittenten eingeführt. Im März2003 legte die Europäische Kommission einenEntwurf für eine Transparenzrichtlinie mit Re-gelungen für die Verpflichtung zur Offenlegungvon Informationen durch an geregelten Märktennotierte europäische Emittenten vor. DerECOFIN-Rat verabschiedete im Dezember ei-nen gemeinsamen Standpunkt im Hinblick aufden Vorschlag für eine neue Richtlinie überMärkte für Finanzinstrumente, welche die be-stehende Wertpapierdienstleistungsrichtlinieaus dem Jahr 1993 ersetzen wird.

Die EZB begrüßte in ihrer Stellungnahme zudiesem Vorschlag für eine neue Richtlinie diedem überarbeiteten Regelwerk zugrunde liegen-den Prinzipien. Eine effektive Umsetzung die-ses Richtlinienentwurfs könnte die Integrationder europäischen Wertpapiermärkte zweifels-ohne fördern. Die EZB befürwortete insbeson-dere im Zusammenhang mit dem neuen recht-lichen Rahmen für die Auftragsausführung dieangestrebte Aufwertung der Transparenzvor-schriften, da dies einer Marktfragmentierungentgegenwirke und Anlegern die Wahl des effi-zientesten Handelsplatzes gestatte. Gleichzeitigbetonte die EZB allerdings, dass neue Transpa-renzvorschriften sowohl für Schuldverschrei-bungen als auch für Aktien gelten sollten unddie Möglichkeit eines vollständigen Vergleichsaller Marktpreise bestehen solle.

2.4 SONSTIGES

Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung allerbörsennotierten europäischen Gesellschaften,einschließlich Banken, ab dem Jahr 2005 ihrekonsolidierten Abschlüsse gemäß den interna-tionalen Rechnungslegungsgrundsätzen (Inter-national Accounting Standards – IAS) zu erstel-

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len, ist der Rechnungslegungsrahmen der EUseit längerem ein viel diskutiertes Thema. InAnbetracht der tief greifenden Auswirkungender Rechnungslegungsreform auf den Banken-und Finanzsektor ist diese Debatte auch für dieEZB von höchstem Interesse ist. Darüber hin-aus werden harmonisierte hohe Standards einenbedeutenden Beitrag zur Integration und Effizi-enz der Finanzmärkte im Euroraum leisten.

Das Interesse der EZB entspringt auch Befürch-tungen, dass die verstärkte Bewertung von Fi-nanzinstrumenten nach dem Zeitwert – wie inden IAS-Vorschlägen geplant – erhebliche Aus-wirkungen auf die Finanzmarktstabilität habenkönnte. Nicht zuletzt aufgrund von seit 2001 er-stellten Analysen auf diesem Gebiet äußertesich der EZB-Rat in seinem Schreiben an dasInternational Accounting Standards Board(IASB) und die Europäische Kommission er-neut besorgt über die potenziellen, die Finanz-marktstabilität betreffenden Auswirkungen derAnwendung der Zeitwertbilanzierung für alleFinanzinstrumente, insbesondere im Zusam-menhang mit der Fertigstellung von IAS 39 fürdie Erfassung und Bewertung von Finanzinstru-menten.

Um der steigenden Anzahl von Reformen natio-naler Aufsichtsstrukturen Rechnung zu tragen,hat die EZB im Juni 2003 den Bericht „Develop-ments in national supervisory structures“ überdie wichtigsten Veränderungen in diesem Be-reich und das daraus resultierende institutionel-le Umfeld in der EU und in den beitretendenLändern veröffentlicht.

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124EZBJahresbericht2003

Das ESZB ist dem Ziel der Integration der euro-päischen Finanzmärkte und Marktinfrastruktu-ren verpflichtet, da diese eine zentrale Rolle fürdie Transmission der Geldpolitik sowie für dieFinanzmarktstabilität spielt. Zudem soll die Fi-nanzmarktintegration dazu beitragen, für alleAkteure, ungeachtet ihres Standorts in der EU,gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.Darüber hinaus unterstützt das ESZB nachMaßgabe des Artikels 105 EG-Vertrag die all-gemeine Wirtschaftspolitik in der Gemein-schaft, soweit dies ohne Beeinträchtigung desZiels der Preisstabilität möglich ist; dabeikommt der Finanzmarktintegration ein hoherStellenwert zu. Diese Unterstützung wird durchkonkrete Maßnahmen, die Katalyse des kollek-tiven Handelns und Beiträge zur Bewusstseins-bildung für die Notwendigkeit der Integrationund die Mittel zu ihrer Erreichung geleistet.

Im Jahr 2003 verstärkte die EZB ihre Aktivitä-ten im Hinblick auf die Integration des europäi-schen Finanzsystems auf breiter Basis; dabeisetzte sie sowohl auf eigene Initiativen als auchauf die Unterstützung der Tätigkeit anderer eu-ropäischer Gremien im Rahmen verschiedenerAusschüsse und Foren.

DER BEITRAG DER EZB ZUREU-FINANZDIENSTLEISTUNGSSTRATEGIEDer aktuelle Rahmen für die Schaffung einesstärker integrierten und effizienteren Finanz-systems in der EU basiert auf dem Aktionsplanfür Finanzdienstleistungen (Financial ServicesAction Plan – FSAP) aus dem Jahr 1999 unddem 2001 erstellten Lamfalussy-Bericht. ImSommer 2004 soll eine erste allgemeine Bewer-tung dieses Konzepts erfolgen.

Der Vereinbarung der Staats- und Regierungs-chefs beim Europäischen Rat in Brüssel imMärz 2003 entsprechend werden die meistenursprünglich im Rahmen des FSAP erörtertenlegislativen Maßnahmen bis April 2004 verab-schiedet. Im Anschluss daran unterbricht dasEuropäische Parlament seine Tätigkeit, wo-durch auch der Gesetzgebungsprozess vorüber-gehend ausgesetzt wird. Zurzeit wird noch anmehreren wichtigen Initiativen gearbeitet. Das

3 F I N AN ZMARK T I N T EGR AT I ONLamfalussy-Modell wird nun auch auf andereFinanzsektoren ausgedehnt (siehe Abschnitt2.1 dieses Kapitels). Die vollständige und er-folgreiche Umsetzung des Lamfalussy-Verfah-rens sollte das europäische Finanzsystem miteiner rascher funktionierenden und effiziente-ren Regulierungsstruktur ausstatten.

Obwohl in den letzten Jahren maßgebliche Fort-schritte erzielt wurden, besteht zur weiteren Inte-gration des europäischen Finanzsystems nach wievor beträchtlicher Handlungsbedarf. Im Bemühenum die Festlegung einer FSAP-Folgestrategie,die eine enge Zusammenarbeit erfordern wird,wurden zuletzt neue EU-Initiativen ergriffen.

Die EZB ist in diese Aktivitäten intensiv einge-bunden und bringt ihre Ansichten in Form vonStellungnahmen, wie etwa zum Vorschlag füreine neue Richtlinie über Märkte für Finanzin-strumente (siehe auch Abschnitt 2.3 diesesKapitels), bzw. in den einschlägigen Foren ein.Insbesondere erachtet sie die Maßnahmen desFSAP als Kernstück des Gesetzesrahmens fürden einheitlichen Finanzdienstleistungsmarkt.Für Behörden und Marktteilnehmer stellt dasPotenzial für die weitere Finanzmarktintegra-tion innerhalb dieses Rahmens eine Chance,zugleich aber auch eine Herausforderung dar.

Die EZB vertritt die Ansicht, dass eine kohä-rente Umsetzung der FSAP-Maßnahmen durchdie zuständigen Stellen in den Mitgliedstaatenvon grundlegender Bedeutung ist. Die Auswei-tung des Lamfalussy-Konzepts wird die Erstel-lung und Anwendung einheitlicherer Rege-lungen ermöglichen. Dies sollte letztlich zurSchaffung eines gemeinsamen aufsichtsrecht-lichen Rahmens für die Marktakteure beitragen,der bei Bedarf auch rasch angepasst werdenkann. Darüber hinaus werden sich mit demVoranschreiten der Integration die Übertra-gungskanäle für Systemrisiken aller Wahr-scheinlichkeit nach ändern, wodurch eine enge-re Zusammenarbeit und ein intensiverer Infor-mationsaustausch zwischen Aufsichtsbehördenund Zentralbanken zur Stärkung eines tragfähi-gen Rahmens für die Finanzmarktaufsicht und-stabilität angezeigt sind.

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Jahresbericht2003

Als Ergänzung zu den Initiativen des öffentli-chen Sektors ist es notwendig, dass auch dieMarktteilnehmer durch kollektives Handeln inzwei wichtigen Bereichen ihren Beitrag zurEU-weiten Finanzmarktintegration leisten: Zumeinen sollten sie aktiv am politischen Entschei-dungsprozess im Zusammenhang mit erwei-terten Konsultationsverfahren auf EU-Ebenemitwirken, zum anderen ist im Hinblick aufMarktgepflogenheiten und Produktstandardi-sierung das gemeinsame Handeln der Markt-akteure, eventuell mit Unterstützung der Behör-den, erforderlich.

DIE ROLLE DER EZB BEI DER FÖRDERUNG DERKOORDINATION ZWISCHEN DENMARKTTEILNEHMERNNeben ihrer Zusammenarbeit mit anderen öffent-lichen Stellen agiert die EZB als Partner für denprivaten Sektor, um so das kollektive Handelnzu fördern. Die Initiative zur Harmonisierungder europäischen Märkte für kurzfristige Wert-papiere, die unter dem Kürzel STEP (Short-TermEuropean Paper) bekannt wurde, und die Arbeitder European Financial Markets Lawyers Group(EFMLG) sind zwei Beispiele für die Beteili-gung der EZB an Projekten des privaten Sektors.

Die EZB begrüßt und unterstützt die STEP-Ini-tiative, die derzeit von einer Gruppe von Markt-teilnehmern unter der Ägide der Finanzmarkt-organisation ACI durchgeführt wird und eineIntegration der fragmentierten europäischenMärkte für kurzfristige Schuldverschreibungensowie deren Weiterentwicklung anstrebt.

Die EZB wurde gebeten, in der STEP-Initiativeeine Vermittlerrolle zu übernehmen, in etwaanalog zu ihrer Rolle bei der Einführung desEONIA. In diesem Zusammenhang führte dieEZB auf Anfrage und im Namen von Marktteil-nehmern aus dem privaten Sektor bereits ein öf-fentliches Konsultationsverfahren über dieMöglichkeiten zu einer weiteren Integrationdieses speziellen Marktsegments durch.

Die STEP-Initiative zielt durch die Konvergenzder existierenden europäischen Märkte auf dieSchaffung eines de facto integrierten Großkun-

denmarkts für kurzfristige Schuldtitel ab. ImRahmen der bestehenden europäischen und na-tionalen Rechtssysteme sollen sich die Markt-praktiken mithilfe gemeinsamer Marktkonven-tionen einander annähern. STEP baut auf diefreiwillige Teilnahme von Emittenten, die bereitsind, bestimmte, den Marktkonventionen ent-sprechende Konditionen zu erfüllen, um so fürihre Emissionsprogramme ein STEP-Siegel zuerhalten. Die oben erwähnten Bedingungen wür-den bestehende nationale Bestimmungen wederersetzen noch abändern, sondern lediglichergänzen. Die Möglichkeit, das STEP-Siegelfür Emissionsprogramme zu beantragen, stehtKreditinstituten, sonstigen Finanzinstituten(einschließlich Emittenten von Asset-BackedSecurities), Unternehmen und öffentlichen Stel-len zur Verfügung.

Die EFMLG wurde 1999 ins Leben gerufen unddient der Diskussion und Förderung von Initia-tiven für eine stärkere Harmonisierung der Fi-nanzmarktaktivitäten in Europa (Gesetze undMarktpraktiken) nach der Einführung des Euro.Die Mitglieder dieser Gruppe werden aufgrundihrer persönlichen Kompetenz unter hochrangi-gen, bei Kreditinstituten mit Sitz in der EU täti-gen Juristen ausgewählt. Zuletzt unterstützteund beriet die EFMLG die Finanzmarktorgani-sation ACI in Rechtsfragen im Zusammenhangmit der STEP-Initiative. Zu den weiteren Priori-täten der Gruppe zählen der Abbau rechtlicherSchranken für die grenzüberschreitende Nut-zung von Sicherheiten, die rechtlichen Aspektevon Nettingvereinbarungen in der EU, die Har-monisierung der Rechtsvorschriften für Sam-melurkunden und die Dematerialisierung vonWertpapieren, d. h. die Begebung eines Wertpa-piers in elektronischer Form statt der Ausgabeherkömmlicher Zertifikate.2

EINHEITLICHER EURO-ZAHLUNGSVERKEHRSRAUMIm Jahr 2002 verständigte sich das Eurosystemmit dem European Payments Council (EPC),d. h. der Führungs- und Verwaltungsstrukturfür den europäischen Bankensektor zur Schaf-fung eines einheitlichen Euro-Zahlungsver-2 Siehe www.efmlg.org.

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kehrsraums (Single Euro Payments Area –SEPA) auf ein Kooperationsmodell. Im Rahmendes SEPA sollen die Unterschiede im Leis-tungsniveau nationaler und grenzüberschreiten-der Massenzahlungssysteme bis 2010 beseitigtwerden.

Die EZB nahm am EPC-Plenum, dem Beschluss-organ des EPC, sowie an den Sitzungen derEPC-Arbeitsgruppen für Bargeld, Karten, voll-automatische Abwicklung (straight-through pro-cessing – STP) und Infrastruktur als Beobachterteil. In seinem im Juni 2003 veröffentlichten Be-richt „Auf dem Weg zu einem einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum“ nahm das Eurosystemeine formelle Bewertung der Fortschritte desBankensektors beim Aufbau des SEPA vor. Esbrachte dabei seine volle Unterstützung für dievom EPC getroffenen Entscheidungen und seineallgemeinen Zielsetzungen zum Ausdruck. EinMeilenstein im Berichtsjahr war die Inbetrieb-nahme von STEP2 im April 2003 durch die EuroBanking Association, einer gemeinsamen Initia-tive von EU-Geschäftsbanken und EU-Filialenvon nicht in der EU ansässigen Banken. STEP2ist ein neues System für die Abwicklungvon grenzüberschreitenden Massenzahlungen(derzeit nur Überweisungen). Es ist das ersteeuropaweite automatisierte Clearinghaus (pan-European automated clearing house – PE-ACH).Die Möglichkeit, Zahlungen über PE-ACH zuempfangen, wurde schrittweise auf alle Bankenin der EU ausgeweitet, wodurch sich der Markt-anteil von STEP2 an allen innerhalb der EU getä-tigten Überweisungen erhöhte.

In dem Fortschrittsbericht wies das Eurosystemallerdings auch ausdrücklich darauf hin, dass eszusätzlich zu seiner Rolle als Katalysator regu-latorische Maßnahmen ergreifen werde, solltendie Banken ihre Leistungen zur Schaffungdes SEPA nicht wie zugesagt erbringen.Insbesondere wurde die Umsetzung gemeinsa-mer europäischer STP-Standards als Voraus-setzung für die Realisierung des SEPA für alleZahlungsinstrumente als unerlässlich erachtet.

Das Eurosystem führte in dem Fortschrittsbe-richt konkrete Indikatoren (so genannte SEPA-

Indikatoren) zur Messung der Fortschritte beider Schaffung des SEPA an den vom EPC selbstgesetzten Zielen und Eckpunkten an. Im zweitenHalbjahr 2003 vereinbarten das Eurosystem unddas EPC einen Berichtsrahmen für diese SEPA-Indikatoren, der auch vierteljährliche Berichtedes EPC an das Eurosystem vorsieht. Im erstenEnde 2003 vorgelegten Bericht wurden Fort-schritte in verschiedenen Bereichen erwähnt,etwa bei der Verwendung internationaler Konto-nummern für Banken (International BankAccount Numbers – IBAN) und der Einführungeines Dienstes für Standardüberweisungen(Credeuro) mit einer garantierten Abwicklungs-zeit von maximal drei Tagen.

In Zusammenarbeit mit dem EPC veranstaltetedie EZB im Oktober 2003 einen SEPA-Work-shop, wobei der Schwerpunkt auf der Einbin-dung der beitretenden Länder in den SEPA-Pro-zess lag. Darüber hinaus fanden im Lauf desJahres im Rahmen der Kontaktgruppe für strate-gische Fragen im Euro-Zahlungsverkehr(Contact Group for Euro Payments Strategy –COGEPS) Treffen mit EU-Marktteilnehmernstatt, bei denen Fragen im Zusammenhang mitGroßbetragszahlungen und Massenzahlungenbehandelt wurden. Außerdem setzte das Euro-system im Berichtsjahr seine enge Kooperationmit der Europäischen Kommission im Hinblickauf ihre sich ergänzenden Rollen bei der Förde-rung des SEPA-Prozesses fort. Beispielsweisenahm die EZB zu dem Konsultationspapier derKommission über einen neuen Rechtsrahmen fürden Zahlungsverkehr im Binnenmarkt Stellung.

KONSOLIDIERUNG DER EUROPÄISCHENWERTPAPIERINFRASTRUKTURDas Eurosystem hat ein ausgeprägtes Interessean der Integration der Wertpapierinfrastrukturauf EU-Ebene, um über nationale Grenzen hin-weg gleiche Wettbewerbsbedingungen zu ge-währleisten. Der Konsolidierungsprozess in derEU-Wertpapierverrechnungs- und -abwick-lungsindustrie setzte sich 2003 mit der Fusionder beiden großen zentralen KontrahentenClearnet und London Clearing House fort.Bereits der im Jahr 2002 erfolgte Zusammen-schluss der Wertpapierabwickler Euroclear und

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127EZB

Jahresbericht2003

Kasten 9

INDIKATOREN FÜR DIE FINANZMARKTINTEGRATION IM EURORAUM

Zur Messung der Finanzmarktintegration im Euro-Währungsgebiet kann eine Reihe quantitati-ver Indikatoren herangezogen werden. Dieser Kasten bietet einen kurzen Überblick über einigedieser Indikatoren und eine Beurteilung des Integrationsgrads an verschiedenen Finanzmärktenim Euroraum.1

Indikatoren für die Finanzmarktintegration geben Aufschluss darüber, inwieweit geographischeGegebenheiten den Preis von Finanzinstrumenten und das Verhalten von Marktteilnehmernbeeinflussen. Einige dieser Indikatoren basieren auf dem Gesetz des einheitlichen Preises. Mitihrer Hilfe kann untersucht werden, ob Vermögenswerte, die in allen Euro-Ländern erhältlichund vergleichbar sind, im gesamten Euroraum zum selben Preis gehandelt werden. Mit anderenIndikatoren wird die relative Bedeutung jener Faktoren geschätzt, die im Unterschied zu idio-synkratischen Faktoren (vor allem länderspezifischen Faktoren) im gesamten Eurogebiet bei derPreisgestaltung von Vermögenswerten zum Tragen kommen. Schließlich gibt es Indikatoren,die zur Quantifizierung der Effekte von Hindernissen für grenzüberschreitende Investitionenherangezogen werden.

Insgesamt deuten die meisten Indikatoren darauf hin, dass der Grad der Integration an denverschiedenen Finanzmärkten nach wie vor sehr unterschiedlich ist. Während in vielen Segmen-ten des Geldmarkts die Integration schon relativ weit fortgeschritten ist, hinkt sie bei den Anlei-he- und Aktienmärkten noch hinterher.

Bei Staatsanleiherenditen, die ähnliche oder teilweise identische Werte in Bezug auf das Kredit-risiko, die Laufzeit und Emissionsmerkmale aufweisen, ist noch keine vollkommene Konver-genz erreicht. Dies könnte zum Teil auf Unterschiede in den Liquiditätsbedingungen am Primär-und Sekundärmarkt oder im Entwicklungsgrad von Derivatmärkten, die mit den verschiedenenAnleihemärkten zusammenhängen, zurückzuführen sein.

An den Aktienmärkten ist der Grad der Integration nicht besonders hoch, obwohl die Aktiener-träge offenbar zunehmend von Faktoren, die dem ganzen Euroraum gemein sind, bestimmt wer-den. Die überproportional hohe Präferenz der Anleger für heimische Aktien hat in den letztenJahren deutlich abgenommen. Dem weiteren Zusammenwachsen der Aktienmärkte steht jedochnoch eine Reihe erheblicher Hindernisse im Weg. Dazu gehören etwa Unterschiede zwischenden nationalen Regulierungsrahmen und die äußerst zersplitterte Clearing- und Abwicklungs-infrastruktur im Euroraum.

Auch der Kreditmarkt ist nach wie vor stark fragmentiert. Bei der Kreditvergabe und -aufnahmean bzw. durch nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und private Haushalte hält sich eine hart-näckige Präferenz für das Heimatland. Diese ergibt sich zum Teil aus dem Vorteil der geogra-phischen Nähe und aus Informationsasymmetrien, resultiert aber andererseits auch oftmals ausregulatorischen Hemmnissen, wie etwa der Steuer- oder Konkursgesetzgebung.

1 Siehe EZB, Die Integration der europäischen Finanzmärkte, Monatsbericht Oktober 2003.

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128EZBJahresbericht2003

CrestCo, die Geschäfte für jene Aktienbörsenabwickeln, die ihren Handel über Clearnet undLondon Clearing House laufen lassen, war einbedeutender Schritt hin zu stärker integriertenWertpapierinfrastrukturen in der EU.

STATISTIKEN ÜBER DEN GRAD DERFINANZMARKTINTEGRATION IM EURORAUMZur Bewertung des Ausmaßes der Finanzmarkt-integration im Euro-Währungsgebiet wurden im

Berichtsjahr weitere statistische Daten erhoben.In Kasten 9 werden einige der für die Messungder Finanzmarktintegration im Euroraum ver-wendeten Indikatoren beschrieben. Das Euro-system fördert zudem in Zusammenarbeit mitWissenschaftlern die politisch relevante For-schung über den Grad der Integration des Fi-nanzsystems im Euroraum (siehe Kasten 10).

1 Im Oktober 2002 veranstaltete die EZB auch ihre zweite Zentralbankkonferenz. Der Tagungsband ist auf der EZB-Website abrufbar;siehe V. Gaspar, P. Hartmann, O. Sleijpen (Hrsg.), The transformation of the European f inancial system, Juni 2003.

Kasten 10

FORSCHUNGSNETZWERK FÜR KAPITALMÄRKTE UND FINANZMARKTINTEGRATION IN EUROPA

Im April 2002 riefen die EZB und das Center for Financial Studies (CFS) ein Forschungsnetzwerkfür die Themenbereiche Kapitalmärkte und Finanzmarktintegration in Europa ins Leben. Ziel desNetzwerks ist es, politiknahe Forschung durch Experten aus der Wissenschaft und von politischenInstitutionen zu fördern und zu koordinieren und somit einen wesentlichen Beitrag zum Verständnisder EZB über die aktuelle und künftige Struktur und Integration des europäischen Finanzsystemssowie über seine Verbindungen zu den Finanzsystemen der Vereinigten Staaten und Japans zuleisten. Weitere Informationen über diese Initiative können unter www.eu-financial-system.orgabgerufen werden. Im Rahmen des ersten Workshops des Forschungsnetzwerks im April 2002 beider EZB wurden die folgenden fünf Themenschwerpunkte festgelegt: a) Wettbewerb im Banken-sektor und geographische Aspekte des Bankgeschäfts, b) internationale Portfolioauswahl und Ver-bindungen zwischen den Anlagemärkten Europas, der Vereinigten Staaten und Japans, c) europäi-sche Anleihemärkte, d) europäische Wertpapierabwicklungssysteme und e) die Entwicklung vonStart-up-Finanzierung und neuen Märkten in Europa. Bei dem von der Suomen Pankki – FinlandsBank in Helsinki veranstalteten zweiten Workshop im März 2003 standen die ersten beiden Themenauf der Tagesordnung. Der dritte, vierte und fünfte Themenbereich wurde beim dritten Workshopim November 2003 bei der Bank von Griechenland in Athen behandelt.1 Im Rahmen des For-schungsnetzwerks initiierte die EZB auch das nach dem ersten Präsidenten des Europäischen Wäh-rungsinstituts (EWI) benannte Lamfalussy Fellowship Programme zur Förderung junger Forscher,die auf den genannten Gebieten tätig sind. Die wichtigsten Ergebnisse des Netzwerks nach zweijäh-riger Forschungsarbeit werden im Mai 2004 im Rahmen eines Symposiums bei der EZB in Frank-furt präsentiert. Einige dieser Erkenntnisse deuten darauf hin, dass erstens bestimmte Charakteris-tika des traditionellen Kredit- und Einlagegeschäfts die grenzüberschreitende Ausweitung derGeschäftsbanktätigkeit – sogar in einem gemeinsamen Währungsraum – behindern. Zweitens dürf-ten Aufsichtsstrukturen theoretischen Forschungsergebnissen zufolge keine neutrale Rolle bei derweiteren Integration des europäischen Bankensektors spielen. Drittens häufen sich die Hinweisedarauf, dass die Einführung des Euro zu einer Verringerung der Kapitalkosten im Euroraum geführthat. Viertens kann eine zu starke vertikale Integration zwischen Handels- und Wertpapierabwick-lungsplattformen die effiziente Konsolidierung von Wertpapierabwicklungssystemen behindern.Und zuletzt bedingt u. a. die zunehmende Globalisierung von Unternehmensaktivitäten die weltweitwachsende Korrelation von Aktienerträgen.

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129EZB

Jahresbericht2003

Im Hinblick auf das Bankensystem des Euro-raums entwickelt die EZB eine Gruppe von In-dikatoren für die Messung des Integrationsni-veaus. Diese Indikatoren bauen auf der Basisvierteljährlicher Bestandsdaten auf, die vonMFIs zur Verfügung gestellt werden, und erlau-ben eine direkte Beurteilung des grenzüber-schreitenden Bankgeschäfts innerhalb des Eu-roraums. Neben der Messung klassischer Fak-toren, wie des Anteils der grenzüberschreiten-den Aktivitäten, geben diese Indikatoren auchAuskunft über die Zusammensetzung des Ge-schäfts, die Rolle nationaler Bankensysteme alsDrehscheibe der Geschäftstätigkeit und die un-terschiedlichen Zugangsbedingungen in den na-tionalen Bankensystemen. Aus den Indikatorenlässt sich ablesen, dass der Anteil der grenz-überschreitenden Aktivitäten im Privatkunden-geschäft der Banken gering ausfällt (siehe Kas-ten 9), während er am Interbankenmarkt fürEinlagen beträchtlich ist und noch weiter zu-nimmt. Allerdings sollte nicht unerwähnt blei-ben, dass die Banken im Rahmen dieser grenz-überschreitenden Tätigkeit dem Standort derGeschäftspartner innerhalb des Euroraums – seies im Privat- oder Großkundengeschäft – zu-nehmend neutral gegenüberstehen.

Die im Dezember 2003 erstmals veröffentlichteharmonisierte MFI-Zinsstatistik ermöglicht ei-nen Vergleich von Zinssätzen für Einlagen undKredite im Kundengeschäft der Banken auf har-monisierter Basis (siehe Kapitel 2 Abschnitt 4).Diese neue monatliche Statistik gibt Aufschlussüber den Grad der Konvergenz des Finanz-markts für Einlagen und Kredite und erhöht dieTransparenz des Bankgeschäfts im Euro-Wäh-rungsgebiet. Die von der EU erstellten Finanz-marktstatistiken enthalten auch Preis- und Vo-lumenindikatoren für die Geld-, Anleihe- undAktienmärkte sowie Volatilitäts- und Konver-genzindikatoren für alle Marktsegmente desEuroraums.

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130EZBJahresbericht2003

Die Überwachung der Zahlungs- und Clearing-systeme zählt zu den gesetzlichen Aufgaben desEurosystems und soll eine effiziente und siche-re Abwicklung der Zahlungsströme in derVolkswirtschaft gewährleisten. Insbesonderesollen Systemrisiken, die entweder von Störun-gen in den Zahlungs- und Clearingsystemenoder von Ansteckungseffekten nach dem Aus-fall eines Systemteilnehmers herrühren, mini-miert werden.

Darüber hinaus hat das Eurosystem ein grund-sätzliches Interesse an anderen Infrastrukturen,die zur Wertpapierübertragung eingesetzt wer-den, wie z. B. Wertpapierverrechnungs- und-abwicklungssystemen, da Probleme beimTransfer von Sicherheiten die Durchführungder Geldpolitik und das reibungslose Funktio-nieren der Zahlungssysteme gefährden können.Über Lieferung-gegen-Zahlung-Mechanismenzur Übertragung von Wertpapieren und Geldbe-trägen können Störungen in Wertpapierverrech-nungs- und -abwicklungssystemen auf Zah-lungssysteme übergreifen. Ebenso kann derAusfall der Clearingfunktion zentraler Kontra-henten dazu führen, dass Wertpapiertransaktio-nen nicht mehr reibungslos abgewickelt werdenkönnen. Vertreter der EZB trafen im Berichts-jahr mit der europäischen Vereinigung der zen-tralen Wertpapierverwahrstellen (EuropeanCentral Securities Depositories Association –ECSDA) zusammen, um aktuelle, für Abwick-lungsdienstleister relevante Entwicklungen zuerörtern. Darüber hinaus setzte sich das Euro-system mit seinem Sicherheitenrahmenauseinander, der im Berichtsjahr Gegenstandeines öffentlichen Konsultationsverfahrenswar, und diskutierte die Entwicklungen im Be-reich kurzfristiger Wertpapiere, indirekter Re-lay-Verbindungen3 und Wertpapiertransaktio-nen mit Marktteilnehmern in der Kontaktgruppefür Euro-Wertpapierinfrastrukturen (ContactGroup on Euro Securities Infrastructures). Nä-here Informationen zur Marktinfrastruktur sindder EZB-Publikation „Payment and securitiessettlement systems in the European Union (BlueBook)“ zu entnehmen.4

4 ÜB ERWACHUNG D E R MARK T I N F R A S T RUK TURDas Eurosystem überwacht Großzahlungssys-teme, die Netzwerkanbieter solcher Systeme,Massenzahlungssysteme und andere Aktivitä-ten, die das reibungslose Funktionieren desZahlungsverkehrs im Euroraum beeinträchtigenkönnten.

4.1 ÜBERWACHUNG DER EURO-GROSSZAHLUNGSSYSTEME UND-INFRASTRUKTUR

DAS TARGET-SYSTEMDas Überwachungsmandat des Eurosystems er-streckt sich auf sämtliche Euro-Zahlungssyste-me einschließlich jener, die das Eurosystemselbst betreibt, wie z. B. TARGET. Die für dieSysteme des Eurosystems angewendeten Min-destaufsichtsstandards sind ebenso streng wiejene, die für vom Privatsektor betriebene Zah-lungssysteme gelten.

Gemäß der vom EZB-Rat Anfang 2003 be-schlossenen Rahmenregelung ist die Überwa-chung des TARGET-Systems im Wesentlichenauf zwei operationale Zielsetzungen ausgerich-tet. Erstens müssen die für TARGET verant-wortlichen Aufsichtsgremien (d. h. die NZBenfür die nationalen Komponenten, die EZB fürden EZB-Zahlungsmechanismus) verschiedeneAspekte des TARGET-Systems überprüfen undbeurteilen, ob es die „Grundprinzipien für Zah-lungsverkehrssysteme, die für die Stabilität desFinanzsystems bedeutsam sind“5, erfüllt. Diese

3 Zwischengeschaltete Systeme, über die Wertpapierabwick-lungssysteme Zugriff auf zahlreiche andere Wertpapierabwick-lungssysteme erhalten; Direktverbindungen zu sämtlichen ande-ren Systemen sind dadurch nicht mehr erforderlich.

4 Im September 2003 veröffentlichte die EZB ein Addendum zumBlue Book mit Daten zu allen 15 EU-Mitgliedstaaten für denZeitraum von 1997 bis 2001. Diese Publikation wurde in Zusam-menarbeit mit den NZBen erstellt. Ebenfalls im September 2003veranstaltete die EZB ein zweitägiges Seminar für Mitarbeitervon Zentralbanken zum Thema Zahlungs- und Wertpapierab-wicklungssysteme.

5 Bericht des Ausschusses für Zahlungsverkehrs- und Abrech-nungssysteme der BIZ vom Januar 2001. Dieser Bericht enthältauch eine Übersicht der diesbezüglichen Verantwortlichkeitender Zentralbanken. Gemäß Verantwortlichkeit B sollten die Zen-tralbanken sicherstellen, dass jegliche von ihnen selbst betrie-benen systemrelevanten Zahlungssysteme den Grundprinzipienentsprechen.

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131EZB

Jahresbericht2003

Grundprinzipien hatte der EZB-Rat im Jahr2001 als Basis für die Überwachung system-relevanter Zahlungssysteme verabschiedet.Zweitens müssen die Aufsichtsinstanzen dieVerantwortlichen bei den NZBen sowie denEZB-Rat von den Ergebnissen dieser Beurtei-lung in Kenntnis setzen, sodass gegebenenfallsMaßnahmen im Hinblick auf eine lückenloseErfüllung der Grundprinzipien in Betracht ge-zogen und umgesetzt werden können.

Im Berichtsjahr wurden von den TARGET-Auf-sichtsgremien sämtliche Systemkomponentenhinsichtlich der Einhaltung der Grundprinzipiengeprüft.6 Insgesamt fiel die Bewertung positivaus, obwohl auch Verbesserungspotenzial fest-gestellt wurde. Die Ergebnisse der Beurteilungsollen veröffentlicht werden.

EURO1Die Euro Banking Association (EBA) ist einegemeinsame Initiative von EU-Geschäftsban-ken und EU-Filialen nicht in der EU ansässigerBanken. Von dieser Organisation wurdeEURO1, ein multilaterales Großbetragszah-lungssystem für Euro-Überweisungen inner-halb der EU, entwickelt. Im April 2003 führtedie EBA außerdem ein neues grenzüberschrei-tendes Massenzahlungssystem mit dem NamenSTEP2 ein (siehe Abschnitt 3 in diesem Kapi-tel). Da die Abwicklung von STEP2-Zahlungenüber EURO1 erfolgt, mussten an Letzterem ei-nige technische Anpassungen vorgenommenwerden. Im November 2003 führte die EBA ei-nen flexiblen Abwicklungsmechanismus ein,der es den Banken gestattet, ihre STEP2-Positi-onen über EURO1 abzuwickeln, auch wenn siekeine Direktteilnehmer oder Anteilseigner vonEURO1 sind.

Als für die Überwachung von EURO1 zuständi-ge Instanz prüfte die EZB die technische Anpas-sung des Systems hinsichtlich der Erfüllung derGrundprinzipien. Dabei ergaben sich nur ge-ringfügige Beanstandungen ohne nennenswerteAuswirkungen auf die Sicherheit und Effizienzvon EURO1. Die EZB wird diese Erkenntnissemit der EBA zu gegebener Zeit erörtern.

CONTINUOUS LINKED SETTLEMENTContinuous Linked Settlement (CLS) ist einSystem für die zeitgleiche, endgültige und un-widerrufliche Abwicklung von Devisenge-schäften. Vor der Einführung von CLS musstenfür jede der zwei Seiten eines Geschäfts geson-dert Zahlungen getätigt werden. Das Systemri-siko bei Ausfall eines Geschäftspartners warbeträchtlich, da beide Seiten des Geschäfts imNormalfall zeitversetzt abgerechnet wurden.Mit CLS reagierte der Markt auf die Forderungder Zentralbanken, das Erfüllungsrisiko im De-visenhandel, das so genannte Herstatt-Risiko,zu reduzieren.7 Die EZB ist einerseits in dieÜberwachung des CLS-Systems eingebundenund erbringt andererseits auch selbst Abwick-lungsdienstleistungen für CLS. Die Überwa-chung von CLS erfolgt in enger Zusammenar-beit mit den G-10-Zentralbanken und der haupt-verantwortlichen Aufsichtsinstanz, dem FederalReserve System.

Im September 2002 nahm CLS den Betrieb zurZug-um-Zug-Abwicklung von Devisentransak-tionen in sieben wichtigen Währungen auf.8

Genau ein Jahr später wurde das System umvier Währungen erweitert.9 Nach der Aufnahmedes Echtbetriebs von CLS kam es – sowohlwert- als auch stückzahlmäßig – zu einem ra-schen Anstieg der von den Banken über dasSystem abgewickelten Transaktionen. ImDezember 2003 wurden über CLS im Tages-durchschnitt 37 000 Geschäfte im Wert von550 Mrd USD abgewickelt. Nach dem US-Dol-lar ist der Euro die am häufigsten verwendeteWährung im CLS-System, wobei rund ein Vier-

6 In diesem Zusammenhang wurde von den Aufsichtsbehördenauch die Erfüllung der Grundprinzipien durch die anderen Euro-Großbetragszahlungssysteme beurteilt: Paris Net Settlement(PNS) in Frankreich, Pankkien On-line Pikasiirrot ja Sekit-jär-jestelmä (POPS) in Finnland und Servicio de Pagos Interbanca-rios (SPI) in Spanien.

7 Die EZB arbeitet in Aufsichtsfragen, insbesondere hinsichtlichder Infrastrukturen, die für die Stabilität des Finanzsystems be-deutsam sind und deren reibungsloses Funktionieren auch außer-halb des Euroraums von höchster Relevanz ist, mit den G-10-Zentralbanken zusammen.

8 US-Dollar, Euro, japanischer Yen, Pfund Sterling, SchweizerFranken, kanadischer und australischer Dollar.

9 Dänische, schwedische und norwegische Krone und Singapur-Dollar.

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tel aller darüber abgewickelten Bruttozahlungenauf Euro lautet.

Dank der Zug-um-Zug-Abwicklung wird dasErfüllungsrisiko bei CLS-Transaktionen starkreduziert, was vom Eurosystem begrüßt wird.Gleichzeitig entsteht durch das CLS-Systemallerdings ein gewisses Liquiditätsrisiko, da dieteilnehmenden Banken zu bestimmten Tageszei-ten (zwischen 7.00 Uhr und 12.00 Uhr MEZ)beträchtliche Einzahlungen in das System leis-ten müssen und sie im Fall des beeinträchtigtenSystembetriebs die im Gegenzug vereinbartenWährungen eventuell nicht wie erwartet erhal-ten. Die Banken kamen mit diesen Liquiditäts-anforderungen bisher jedoch gut zurecht. Dankihres effizienten Liquiditätsmanagements übtder durch die CLS-Einzahlungen verursachteLiquiditätsbedarf keinen negativen Einfluss aufden Gesamtmarkt aus.10

SWIFTDie Society for Worldwide Interbank FinancialTelecommunication (SWIFT), eine von Bankengegründete und getragene Genossenschaft, be-treibt ein weltweites Netzwerk für die Abwick-lung von Zahlungs- und anderen Finanznach-richten zwischen Finanzinstituten. Die EZB istin Zusammenarbeit mit den G-10-Zentralbankenund der hauptverantwortlichen Aufsichtsin-stanz, der Nationale Bank van België/BanqueNationale de Belgique, an der Überwachungvon SWIFT beteiligt.

Neben der Widerstandsfähigkeit von SWIFTgegenüber Krisen beschäftigte sich die Aufsichtunter anderem auch intensiv mit der Umstellungauf eine neue Netzwerkgeneration (SWIFTNet-Migration), die Ende 2004 abgeschlossen wer-den soll. SWIFT informierte die Aufsichtsbe-hörden regelmäßig über den Status der Netz-werkumstellung, etwaige Zwischenfälle odervorgesehene Änderungen des Migrationsplans.

KORRESPONDENZBANKBEZIEHUNGENBanken erbringen häufig – insbesondere imgrenzüberschreitenden Geschäftsverkehr – Zah-lungs- und sonstige Dienstleistungen für andereKreditinstitute. Derartige gegenseitige Dienst-

leistungen fallen in den Bereich der Korrespon-denzbankbeziehungen. Innerhalb der EU kon-zentrieren sich Euro-Korrespondenzbankbezie-hungen nur auf einige wenige Marktteilnehmer.Aus einer vor kurzem von der EZB unter einerAuswahl von EU-Banken durchgeführten Um-frage ging hervor, dass annähernd 80 % desWerts (und 34 % des Volumens) der über Kor-respondenzbankbeziehungen getätigten Euro-Zahlungen auf die wichtigsten 10 % der an derUmfrage beteiligten Banken entfielen. Es gibtsogar Anzeichen für eine weitere Konzentrationdes Korrespondenzbankgeschäfts.

Da der Anteil des Korrespondenzbankgeschäftslediglich einen Bruchteil der Euro-Zahlungs-ströme insgesamt ausmacht, sieht das Eurosys-tem in dieser hohen Konzentration gegenwärtigkein unmittelbares Systemrisiko. Die überwie-gende Mehrheit der Zahlungsströme läuft überInterbanken-Überweisungssysteme, wie z. B.TARGET. Angesichts seines Interesses an derStabilität des Finanzsystems als Ganzes wirddas Eurosystem die Entwicklungen in diesemBereich jedoch weiter verfolgen.

4.2 MASSENZAHLUNGSVERKEHR

ÜBERWACHUNG VON MASSENZAHLUNGSSYSTEMENIn Erfüllung seiner in der Satzung festgelegtenAufgabe, das reibungslose Funktionieren derZahlungssysteme zu fördern, hat das Eurosys-tem seine Politik zu Fragen des Massenzah-lungsverkehrs genauer definiert.

Im Anschluss an ein im Jahr 2002 initiiertes öf-fentliches Konsultationsverfahren verabschie-dete der EZB-Rat am 26. Juni 2003 „Standardsfür die Überwachung von Euro-Massenzah-lungssystemen“, die ebenso wie die dazugehö-rige Pressemitteilung auf der Website der EZBverfügbar sind. Diese Standards basieren aufden „Grundprinzipien für Zahlungsverkehrs-

10 Der Einzahlungsbedarf bewegt sich im Durchschnitt um einigehundert Millionen Euro. Die höchsten Einzahlungen machendurchschnittlich 1 Mrd € aus; die größte bisher von einer Bankgeleistete Einzahlung belief sich auf 5,9 Mrd €. Keine dieserEinzahlungen wirkte sich nachteilig auf die Euro-Geldmärkteaus.

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Jahresbericht2003

systeme, die für die Stabilität des Finanzsys-tems bedeutsam sind“. Die Verabschiedung vonStandards für Massenzahlungssysteme zielt aufeine Förderung der Sicherheit und Effizienz indiesem Bereich sowie auf die Gewährleistungharmonisierter Vorgaben für die Überwachungvon Massenzahlungssystemen im Euroraum ab.

Die Standards enthalten Indikatoren für die Ka-tegorisierung von Massenzahlungssystemen alsZahlungsverkehrssysteme, die für die Stabilitätdes Finanzsystems bedeutsam sind (d. h. sys-temrelevante Systeme), Zahlungsverkehrssys-teme von besonderer Bedeutung und andereMassenzahlungssysteme. Auf systemrelevanteMassenzahlungssysteme sind sämtliche Grund-prinzipien anzuwenden. Für Systeme von be-sonderer Bedeutung gilt hingegen nur eine Aus-wahl von sechs Grundprinzipien. Andere Mas-senzahlungssysteme müssen andere anwendba-re Standards erfüllen (beispielsweise Standardsdes Eurosystems für E-Geld-Systeme11 oder na-tionale Standards).

E-GELD-SYSTEMEDer gemeinsame Ansatz des Eurosystems imHinblick auf E-Geld wurde in dem Bericht„Electronic money system security objectivesaccording to the common criteria methodology“vom Mai 2003 näher erläutert. Die darin aufge-führten Sicherheitsziele für E-Geld-Systemesollen die Zuverlässigkeit und technische Si-cherheit der Systeme insgesamt gewährleistenund das öffentliche Vertrauen in sie stärken.Aus aufsichtsrechtlicher Sicht sollen dieseZielvorgaben auch zur Erreichung von Wett-bewerbsgleichheit für die unterschiedlichenSysteme beitragen. Im Lauf des Jahres 2004werden die NZBen alle entsprechenden E-Geld-Systeme anhand dieser Standards bewerten.

ELEKTRONISCHE ZAHLUNGENIn den letzten Jahren haben der verstärkte Ein-satz neuer Kommunikationstechnologien unddie Notwendigkeit, spezifische Zahlungsmecha-nismen für den elektronischen Handel bereitzu-stellen, Möglichkeiten für neue Intermediäregeschaffen, die Versendung und Verarbeitungvon Zahlungsaufträgen zu vereinfachen.

Gleichzeitig haben die Banken auch neue Me-thoden entwickelt, mit deren Hilfe Kunden aufihre Konten zugreifen und Zahlungen veranlas-sen können.12 Die EZB möchte ein Forum fürdie Zusammenarbeit von Interessengruppen bie-ten und Analysen und Statistiken liefern, um dieMarktbestrebungen zur Entwicklung effiziente-rer und sicherer Zahlungsmechanismen zu un-terstützen. Die Überwachungstätigkeit der EZBim Bereich der über das Internet und über Mo-bilfunknetze angebotenen Zahlungsdienste wirdsich anfänglich auf die Sicherheit der entspre-chenden Instrumente und Systeme konzentrie-ren. Im Hinblick auf die Erfüllung dieser Zielereaktivierte die EZB im Mai 2003 die Beobach-tungsstelle für elektronische Zahlungssysteme(electronic Payment Systems Observatory –ePSO). Das ePSO-Projekt war ursprünglich imJahr 2000 unter der Ägide der EuropäischenKommission gestartet worden. Es umfasst eineWebsite (www.e-pso.info), die dem Informati-onsaustausch über innovative elektronischeZahlungssysteme und -instrumente dient, undbietet ein elektronisches Diskussionsforum,eine detaillierte Aufstellung von E-Geld-Syste-men und Artikel zu aktuellen Themen aus die-sem Bereich.

4.3 WERTPAPIERVERRECHNUNGS- UND-ABWICKLUNGSSYSTEME

Das Eurosystem erfüllt bisher im Wertpapier-verrechnungs- und -abwicklungsbereich zweiFunktionen. Zum einen beurteilt der EZB-Rat,ob Wertpapierverrechnungs- und -abwick-lungssysteme in der EU festgelegten Anwen-derstandards entsprechen.13 Diese Standardswurden im Januar 1998 festgesetzt, um die Risi-

11 Siehe EZB, Bericht über elektronisches Geld, August 1998 undEMSSO-Bericht, Electronic money system security objectivesaccording to the common criteria methodology, Mai 2003.

12 Siehe EZB, Elektronisierung des Zahlungsverkehrs in Europa,Monatsbericht, Mai 2003.

13 Da es innerhalb der EU keine harmonisierten Überwachungs-standards gibt, dienen die Anwenderstandards als gemeinsameKriterien für EU-Wertpapierabwicklungssysteme und werdendaher in diesem Abschnitt behandelt. Sie sind allerdings nicht alsumfassende Sammlung der für Wertpapierabwicklungssystemegeltenden Überwachungs- und Aufsichtsstandards zu betrach-ten.

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14 Der zweite Bericht der Giovannini-Gruppe über „EU Clearingand Settlement Arrangements“, Brüssel, April 2003, ist auf derWebsite der Europäischen Kommission unter www.europa.eu.intabrufbar.

15 Siehe BIZ, Report on the role of central bank money in paymentsystems, August 2003.

ken des Eurosystems bei der Ausführung seinergeldpolitischen Geschäfte zu mindern. Zum an-deren arbeitet das Eurosystem mit Stellen zu-sammen, die auf EU-Ebene für die Regulierungund Überwachung von Wertpapierverrech-nungs- und -abwicklungssystemen zuständigsind. Es wurden Beiträge zur Arbeit der Gio-vannini-Gruppe geleistet, die in den zweitenGiovannini-Bericht einflossen.14 Bei dieserGruppe handelt es sich um ein Finanzexperten-Forum, das die Europäische Kommission zuThemen des Finanzsektors berät. Auf interna-tionaler Ebene war die EZB an Projekten zurEntwicklung von Empfehlungen für zentraleKontrahenten beteiligt, die vom Ausschuss fürZahlungsverkehrs- und Abrechnungssysteme(Committee on Payment and SettlementSystems – CPSS) und der Internationalen Or-ganisation der Wertpapieraufsichtsbehörden(International Organisation of Securities Com-missions – IOSCO) initiiert wurden. Außerdemwar die EZB in die Erstellung des Berichts desCPSS über die Rolle von Zentralbankgeld inZahlungssystemen15 eingebunden.

BEURTEILUNG VON WERTPAPIER-ABWICKLUNGSSYSTEMENDas Eurosystem bewertet alljährlich die für dieDurchführung seiner Kreditgeschäfte zugelas-senen EU-Wertpapierabwicklungssysteme, umdas eigene Risiko während des Abwicklungs-prozesses zu begrenzen. Die auf neun Standardsberuhenden Bewertungskriterien werden in demim November 1997 vom EWI verabschiedetenBericht „Standards for the use of EU securitiessettlement systems in ESCB credit operations“dargelegt.

Im Jahr 2003 wurden 22 Wertpapierabwick-lungssysteme – darunter auch vier Systeme inden drei EU-Mitgliedstaaten, die den Euro nochnicht eingeführt haben – beurteilt. Diese Syste-me entsprachen im Großen und Ganzen denoben genannten Standards. Zur lückenlosen Er-füllung sämtlicher Vorgaben sind jedoch in ei-nigen Fällen noch Anpassungen erforderlich.Das Eurosystem würdigt und verfolgt die dies-bezüglichen Anstrengungen der Systembetrei-ber. So wurde beispielsweise an der Erhöhung

der Zuverlässigkeit des Systembetriebs,insbesondere im Hinblick auf dessen Aufrecht-erhaltung im Katastrophenfall, gearbeitet. Füreinige Systeme wurden zusätzliche Ausfallein-richtungen und optimierte Ausfallmaßnahmenumgesetzt. Des Weiteren wurden in einigenLändern die rechtlichen Rahmenbedingungenverändert, um die Systeme auf eine solidererechtliche Basis zu stellen. Weitere Bestrebun-gen zielten auf die Minderung des Rückabwick-lungsrisikos ab, welches bei der Verrechnungvon Transaktionen auf Nettobasis auftretenkann.

KOOPERATION MIT DEM AUSSCHUSS DEREUROPÄISCHEN WERTPAPIER-REGULIERUNGSBEHÖRDENIm Jahr 2001 genehmigte der EZB-Rat einenRahmen für die Zusammenarbeit im Bereich derWertpapierverrechnungs- und -abwicklungs-systeme zwischen dem ESZB und dem Aus-schuss der europäischen Wertpapierregulie-rungsbehörden (Committee of European Securi-ties Regulators – CESR). Im Einzelnen wurdeeine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der alleESZB-Zentralbanken und CESR-Wertpapierre-gulierungsbehörden durch jeweils eine Personvertreten sind.

Der Arbeitsschwerpunkt dieser Gruppe lag aufder Erstellung europäischer Standards für Ver-rechnungs- und Abwicklungssysteme in Anleh-nung an die Empfehlungen des Ausschusses fürZahlungsverkehrs- und Wertpapierabrech-nungssysteme und der Internationalen Organi-sation der Wertpapieraufsichtsbehörden (kurzCPSS-IOSCO). Bei der Gestaltung dieser Stan-dards wurde auch der im oben erwähnten Be-richt der Giovannini-Gruppe enthaltenen Auf-forderung zur Beseitigung der Hindernisse füreffiziente grenzüberschreitende Abrechnungs-und Abwicklungsprozesse in der EU Rechnunggetragen.

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Jahresbericht2003

Im Jahr 2003 stellte die Arbeitsgruppe einenKonsultationsbericht fertig, der 19 Standardszur Erhöhung der Sicherheit, Stabilität und Ef-fizienz von Wertpapierverrechnungs- und -ab-wicklungssystemen in der EU umfasst. DasESZB und der CESR erbaten im Rahmen einergemeinsamen öffentlichen Konsultation Stel-lungnahmen zu diesen Standards.

Dem Bericht legte die Arbeitsgruppe einenfunktionellen Ansatz zugrunde, d. h., die Stan-dards wurden auf alle relevanten Funktionen imWertpapierverrechnungs- und -abwicklungsge-schäft ohne Berücksichtigung des rechtlichenStatus der diese Funktionen ausführenden Insti-tutionen angewendet. Die künftigen ESZB-CESR-Standards werden also für die Infra-strukturen von Wertpapiermärkten gelten, undhier insbesondere für zentrale Kontrahenten so-wie nationale und internationale Zentralverwah-rer. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass einigeStandards auch bei wichtigen Depotbanken, dieintensiv am Clearing- und Abwicklungsge-schäft beteiligt sind, angewendet werden. Dabei der Festlegung systemrelevanter EinheitenVerzerrungen vermieden werden sollen, wurdeim Zuge der öffentlichen Konsultation auch an-hand eines gesonderten Fragebogens ermittelt,ob Depotstellen berücksichtigt und wie diewichtigsten Depotstellen definiert werden soll-ten. Die Ergebnisse des Konsultationsverfah-rens wurden auf den Websites der EZB und desCESR veröffentlicht. Der Bericht über dieESZB-CESR-Standards soll Mitte 2004 abge-schlossen werden.

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KünstlerJens FängeTitelJugend, 2003MaterialÖl auf LeinwandFormat132 × 122 cm

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KAP ITEL 4

EUROPÄISCHE UNDINTERNATIONALE

THEMEN

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Die EZB setzte im Jahr 2003 ihre regelmäßigeZusammenarbeit mit den Institutionen und Or-ganen der Europäischen Gemeinschaft fort. Sienahm an Sitzungen des ECOFIN-Rats teil, beidenen Fragen im Zusammenhang mit den Zielenund Aufgaben des ESZB erörtert wurden.Ebenso machten der Vorsitzende des ECOFIN-Rats und das zuständige Mitglied der Europäi-schen Kommission von ihrem Recht Gebrauch,EZB-Ratssitzungen beizuwohnen, wenn es ih-nen angebracht erschien. Der Präsident der EZBund die Präsidenten der NZBen waren im Aprilbzw. September bei den informellen Treffen desECOFIN-Rats in Athen (Griechenland) undStresa (Italien) zugegen. Darüber hinaus nahmder Präsident der EZB regelmäßig an den Sit-zungen der Eurogruppe teil, die sich auch imBerichtsjahr als besonders wichtiges Forum füreinen offenen und informellen politischen Dia-log zwischen der EZB, den Finanzministern derEuro-Länder und der Europäischen Kommissi-on bewährte. Die zweimal jährlich stattfinden-den Treffen zum Makroökonomischen Dialog –einem Forum, in dem die Mitgliedstaaten, dieEuropäische Kommission, die EZB, die Zentral-banken der Mitgliedstaaten außerhalb des Euro-raums und die auf EU-Ebene tätigen Sozialpart-ner vertreten sind – wurden auch im Berichts-jahr unter Teilnahme der EZB abgehalten.

Zusätzlich zu diesen Kontakten auf politischerEbene war die EZB auch im Jahr 2003 bei Tref-fen verschiedener europäischer Gremien aufhochrangiger Experten- und Arbeitsebene ver-treten, wie etwa den Sitzungen des Wirtschafts-und Finanzausschusses (WFA), des Ausschus-ses für Wirtschaftspolitik und des neu gegrün-deten Ausschusses für Finanzdienstleistungen.Die EZB verfolgte aufmerksam alle für die Er-füllung ihrer Aufgaben relevanten Diskussio-nen auf europäischer Ebene und beteiligte sichinsbesondere an der Debatte über den Entwurfeines Vertrags über eine Verfassung für Europa(Verfassungsentwurf), die Grundzüge derWirtschaftspolitik und den Stabilitäts- undWachstumspakt.

1 EUROPÄ I S CH E TH EMEN1.1 POLITISCHE THEMEN

EINE VERFASSUNG FÜR EUROPADer Konvent zur Zukunft Europas (Europäi-scher Konvent) stellte im Juli 2003 den Verfas-sungsentwurf fertig und legte diesen dem Euro-päischen Rat vor. Gemäß Artikel 48 des Ver-trags über die Europäische Union berief die ita-lienische Ratspräsidentschaft eine Regierungs-konferenz zur Erörterung und formellen Verab-schiedung von Änderungen der bestehendenVerträge ein, die im Oktober ihre Arbeit auf-nahm. Beim Europäischen Rat vom 12. und13. Dezember 2003 erzielten die Staats- und Re-gierungschefs keine grundsätzliche Einigungüber den Verfassungsentwurf. Der EuropäischeRat ersuchte daher den irischen Ratsvorsitz, dieAussichten für Fortschritte in der Diskussionum die Verfassung zu sondieren und dem Euro-päischen Rat im März 2004 Bericht zu erstatten.

Die EZB verfolgte sowohl den Arbeitsfort-schritt des Konvents als auch jenen der Regie-rungskonferenz mit großer Aufmerksamkeitund nahm zu Themen, die für die Aufgaben unddas Mandat der EZB und des ESZB von Rele-vanz sind, Stellung. So richtete etwa der Präsi-dent der EZB im Mai und Juni 2003 jeweils einSchreiben mit Vorschlägen des EZB-Rats zurVerbesserung des vorläufigen Verfassungsent-wurfs an den Vorsitzenden des Konvents. Bei-de Briefe wurden auf der Website der EZB ver-öffentlicht.

Im Sommer 2003 übermittelte die italienischeRatspräsidentschaft dem Rat den Verfassungs-entwurf des Konvents als formellen Vorschlagfür die Änderung der Verträge und ersuchte dieEZB um eine Stellungnahme. Die Zuständigkeitder EZB für die Abgabe einer Stellungnahmeberuht auf Artikel 48 des Vertrags über die Eu-ropäische Union, der die Anhörung der EZB beiinstitutionellen Änderungen im Währungsbe-reich vorschreibt. Am 19. September 2003 legtedie EZB dem Ratsvorsitz ihre Stellungnahmevor.1 Darin begrüßte sie den Entwurf einer Ver-

1 CON 2003/20, ABl. C 229 vom 25. 9. 2003, S. 7.

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Jahresbericht2003

fassung, der den rechtlichen und institutionel-len Rahmen der Europäischen Union verein-facht, strafft und klarstellt. Die EZB unterstrichzudem ihr Verständnis des Entwurfs, wonachdie notwendige Übernahme der Bestimmungenüber die EZB und das ESZB aus dem EG-Ver-trag in die Verfassung nicht mit inhaltlichenÄnderungen verbunden sein werde und Aufga-ben, Mandat, Status sowie rechtlicher Rahmender EZB und des ESZB in ihrer Substanz unver-ändert bleiben würden. Zwar legt die EZB gro-ßen Wert auf die institutionelle und operationel-le Stabilität im Währungsbereich, doch ist siesich auch der Tatsache bewusst, dass eine neueVerfassung zwangsläufig Auswirkungen aufden institutionellen Rahmen hat. Nach Auffas-sung der EZB wird diese Stabilität durch die imRahmen der Verfassungsgebung vorgesehenenAnpassungen und Aktualisierungen nicht be-einträchtigt.

Trotz dieser prinzipiell positiven Bewertungführte die EZB in ihrer Stellungnahme auch ei-nige Artikel des Verfassungsentwurfs an, diefür die Ausübung der Funktionen und Aufga-ben der EZB und des ESZB relevant sind undihrer Ansicht nach einer Klarstellung bzw. wei-terer Anpassungen bedürfen.

So schlug die EZB vor, in Artikel I-3 Absatz 3über die Ziele der Union auf „nichtinflationäresWachstum“ oder „Preisstabilität“ Bezug zu neh-men und den Status der EZB im institutionellenRahmen zu verankern. Des Weiteren regte dieEZB an, das ESZB und das Eurosystem in derÜberschrift von Artikel I-29 über die EZB, dasEurosystem und das ESZB anzuführen, einenHinweis auf die Unabhängigkeit der NZBen indiesen Artikel einzufügen, den weitgehend an-erkannten Begriff „Eurosystem“ in den Verfas-sungsentwurf aufzunehmen und die Zuständig-keitsbereiche des ESZB in Artikel III-90 überdie Außenvertretung des Euro ausdrücklich zunennen.

Bei den Verhandlungen der Regierungskonfe-renz kam es in einem Fall zu einer formellenIntervention der EZB. Die Ratspräsidentschafthatte vorgeschlagen, das derzeit gültige verein-

fachte Verfahren für Änderungen zu Artikel10.2 ESZB-Satzung deutlich auszuweiten (aufDetails des Verfahrens in seiner jetzigen Formwird in Kapitel 8 eingegangen). Das neue Ver-fahren wäre bei jeder Änderung der grundlegen-den Bestimmungen über die Beschlussorganeder EZB zur Anwendung gekommen und hätteÄnderungen ohne Ratifizierung durch die Mit-gliedstaaten ermöglicht. In seinem Schreiben anden Vorsitzenden des EU-Rats vom 26. November2003 brachte der Präsident der EZB die schwer-wiegenden Bedenken des EZB-Rats zu diesemVorschlag, der einen massiven Eingriff in die ge-genwärtige Satzung des ESZB darstellen würde,zum Ausdruck. Die Ratspräsidentschaft ließ da-raufhin den Vorschlag fallen.

GRUNDZÜGE DER WIRTSCHAFTSPOLITIK 2003Die vom ECOFIN-Rat im Berichtsjahr verab-schiedeten Grundzüge der Wirtschaftspolitikenthalten nicht nur die Forderung nach dauer-haft soliden öffentlichen Finanzen, sondernauch einen ausdrücklichen Hinweis auf die Be-deutung von Strukturreformen. Die Mitglied-staaten wurden aufgefordert, im Einklang mitder Lissabonner Strategie Maßnahmen zur Inte-gration der Kapitalmärkte und zur Steigerungdes Wettbewerbs an den Waren- und Dienstleis-tungsmärkten zu ergreifen. Neben der Empfeh-lung, mit umsichtigen Tarifverhandlungen so-wie wirkungsvollen Steuer- und Leistungssys-temen die Funktionsfähigkeit der Arbeitsmärktezu verbessern, wird in den Grundzügen derWirtschaftspolitik besonders auf die langfristi-ge Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen imHinblick auf die Bevölkerungsalterung in derEU eingegangen. Aus verfahrenstechnischerSicht sind die Grundzüge der Wirtschaftspolitik2003 die ersten, die für einen Zeitraum von dreiJahren (2003 bis 2005) verabschiedet wurden(wie auch die beschäftigungspolitischen Leitli-nien). Diese neue Vorgehensweise trägt demWunsch Rechnung, ein verstärktes Augenmerkauf die Umsetzung von Maßnahmen zu legen,anstatt in kurzen Abständen neue Leitlinien zuerlassen.

Durch die Teilnahme an den Sitzungen desWirtschafts- und Finanzausschusses und des

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Ausschusses für Wirtschaftspolitik war dieEZB in die Diskussion über die Grundzüge derWirtschaftspolitik eingebunden. Sie begrüßtedabei deren Ausrichtung auf eine stabilitäts-orientierte makroökonomische Politik undStrukturreformen sowie den ausdrücklich for-mulierten Umsetzungsauftrag. In ihren öffentli-chen Stellungnahmen und Publikationen wiesdie EZB wiederholt auf die Dringlichkeit be-schleunigter Strukturreformen zur Erhöhungdes Wachstumspotenzials des Euroraums hin.Sie war insbesondere bestrebt, das Bewusstseinfür die Notwendigkeit von Arbeitsmarktrefor-men und Maßnahmen zur Finanzmarktintegra-tion zu stärken (siehe Kasten 5).

BERICHT DES ECOFIN-RATS ÜBER DIEVERSTÄRKUNG DER HAUSHALTSPOLITISCHENKOORDINIERUNGNachdem die Europäische Kommission im No-vember 2002 auf Ersuchen des EuropäischenRats Vorschläge für eine verbesserte Koordi-nierung der haushaltspolitischen Maßnahmenvorgelegt hatte, unterzog der ECOFIN-Rat die-se einer Analyse und verabschiedete im März2003 einen eigenen Bericht über die Verstär-kung der haushaltspolitischen Koordinierung.Darin stimmte er mit der Kommission dahin ge-hend überein, dass es weder einer Änderung desEG-Vertrags und des Stabilitäts- und Wachs-tumspakts bedürfe, noch der Formulierung neu-er haushaltspolitischer Ziele oder Vorschriften.Er teilte zudem die Ansicht der Kommission,dass es im Hinblick auf die Umsetzung in eini-gen Bereichen noch Verbesserungsmöglichkei-ten gebe. Die Überwachung der nominalenHaushaltssalden sei zwar nach wie vor uner-lässlich, hieß es in dem Bericht weiter, jedochsollte die Einhaltung des im Stabilitäts- undWachstumspakt genannten Ziels eines nahezuausgeglichenen oder einen Überschuss aufwei-senden Haushalts anhand konjunkturbereinigterSalden beurteilt werden. Darüber hinaus solltenbei der Beurteilung der Haushaltspolitik derMitgliedstaaten länderspezifische Bedingungenberücksichtigt werden, wie etwa Qualität undlangfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Fi-nanzen sowie der nötige Sicherheitsspielraumzur Vermeidung eines übermäßigen Defizits,

das bei über 3 % des BIP liegt. Der ECOFIN-Rat betonte außerdem, dass Länder, die das Zieleines annähernd ausgeglichenen oder einenÜberschuss aufweisenden Haushalts verfehlen,ihre konjunkturbereinigten Haushaltssaldenverbessern müssten. In diesem Zusammenhangverwies der ECOFIN-Rat auf die Vereinbarungder Eurogruppe vom 7. Oktober 2002, dass die-se Länder ihr zyklisch bereinigtes Defizit umjährlich mindestens 0,5 % des BIP senken soll-ten.

Die EZB hat im Verlauf der Diskussion stetsbetont, dass die Regeln und Verfahren des Sta-bilitäts- und Wachstumspakts einen angemesse-nen Rahmen für die Fiskalpolitik in der WWUdarstellen und unterstützte damit voll und ganzdie Ansicht des ECOFIN-Rats, dass Änderun-gen dieses finanzpolitischen Regelwerks nichtangezeigt seien.

UMSETZUNG DES STABILITÄTS- UNDWACHSTUMSPAKTSDie Umsetzung des Stabilitäts- und Wachs-tumspakts geriet 2003 in eine kritische Phase.In einem hinter den Erwartungen zurückblei-benden wirtschaftlichen Umfeld wurde es fürjene Mitgliedstaaten, die während des letztenKonjunkturhochs ihren Haushalt nicht nachhal-tig konsolidiert hatten, zusehends schwieriger,ihr Defizit unter dem Referenzwert von 3 % desBIP zu halten; in einigen Fällen wurde derGrenzwert bereits überschritten. Der ECOFIN-Rat hatte schon 2002 festgestellt, dass Portugalein übermäßiges Defizit aufwies, und die Emp-fehlung an die portugiesische Regierung ge-richtet, dieses bis spätestens 2003 zu korrigie-ren. Das Verfahren bei einem übermäßigen De-fizit gegen Portugal wurde bis zur Korrekturder Situation ausgesetzt (ein Überblick über dasVerfahren bei einem übermäßigen Defizit findetsich in Kasten 11).

Im Januar 2003 stellte der ECOFIN-Rat dasBestehen eines übermäßigen Defizits inDeutschland fest und verabschiedete eine Emp-fehlung mit dem Ziel, dieses Defizit zu beseiti-gen. Darin legte der ECOFIN-Rat der deutschenRegierung nahe, die in ihrem Haushaltsplan für

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2003 vorgesehenen Korrekturmaßnahmen imUmfang von 1 % des BIP zu verabschieden unddas übermäßige Defizit so rasch wie möglich,spätestens aber bis 2004, zu beseitigen.

Die von Eurostat im März 2003 ausgewiesenenDefizit- und Verschuldungszahlen zeigten, dassauch Frankreichs Haushaltsdefizit im Jahr 2002den Referenzwert von 3 % des BIP überstiegenhatte. Folglich stellte der ECOFIN-Rat im Juni2003 das Vorliegen eines übermäßigen Defizitsin Frankreich fest und verabschiedete eine Emp-fehlung mit dem Ziel, dieses Defizit zu beseiti-gen. In der Empfehlung hieß es, die französi-sche Regierung solle das konjunkturbereinigteDefizit im Jahr 2003 wesentlich stärker verrin-gern als zu jener Zeit geplant und das übermäßi-ge Defizit so rasch wie möglich, spätestens aberbis 2004, beseitigen.

Angesichts der anhaltend negativen Entwick-lung der öffentlichen Finanzen in Frankreichund Deutschland beschloss die EuropäischeKommission im Oktober bzw. November, ge-genüber diesen beiden Ländern die nächstenSchritte im Verfahren bei einem übermäßigenDefizit einzuleiten. Die Kommission verab-schiedete zu diesem Zweck Empfehlungen fürEntscheidungen des Rates, ob wirkungsvolleMaßnahmen ergriffen wurden bzw. sich als an-gemessen erwiesen. Des Weiteren gab sie Emp-fehlungen für Ratsentscheidungen, die Frank-reich und Deutschland mit der Maßgabe in Ver-zug setzten, die für die Verringerung ihres De-fizits notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.Die Kommission stellte fest, dass Frankreichkeine wirkungsvollen Maßnahmen eingeleitethabe und die in Deutschland getroffenen Maß-nahmen unzureichend seien. Sie sprach sich füreine Verlängerung der Frist zur Korrektur derübermäßigen Haushaltsdefizite in Frankreichund Deutschland von 2004 auf 2005 aus, da diewirtschaftlichen Bedingungen in diesen Län-dern schwieriger als erwartet wären.

Bei seinem Treffen am 25. November 2003 be-schloss der ECOFIN-Rat, die von der Kommis-sion empfohlenen Entscheidungen nicht zu ver-abschieden. Als Begründung wurden sowohl

das unerwartet schlechte wirtschaftliche Um-feld als auch die haushaltspolitischen Zusagender französischen und der deutschen Regierungangeführt. Stattdessen kam der Rat in seinenSchlussfolgerungen überein, das Verfahren beieinem übermäßigen Defizit gegenüber Frank-reich und Deutschland vorerst auszusetzen, undforderte die beiden Länder auf, Maßnahmen zurKorrektur ihrer Haushaltsdefizite bis spätestens2005 zu ergreifen.

Der EZB-Rat brachte in einer unmittelbar nachder ECOFIN-Ratssitzung vom 25. Novemberveröffentlichten Stellungnahme sein tiefes Be-dauern über die Entscheidung zum Ausdruck.Die Nichteinhaltung der im Stabilitäts- undWachstumspakt vorgesehenen Regeln und Ver-fahren durch den ECOFIN-Rat drohe dieGlaubwürdigkeit des institutionellen Rahmensund das Vertrauen in solide öffentliche Finan-zen der Länder des Euroraums zu beeinträchti-gen, warnte der EZB-Rat. Im Hinblick auf diehaushaltspolitischen Zusagen Frankreichs undDeutschlands forderte der EZB-Rat die betref-fenden Regierungen auf, ihrer Verantwortunggerecht zu werden; es sei nun unbedingt erfor-derlich, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, umnegative Auswirkungen auf das Vertrauen zubegrenzen. Zudem versicherte der EZB-Rat derÖffentlichkeit, er werde unbeirrt an seiner Ver-pflichtung zur Gewährleistung der Preisstabili-tät festhalten.

Die Kommission brachte am 28. Januar 2004beim Europäischen Gerichtshof eine Klageim Hinblick auf die Schlussfolgerungen desECOFIN-Rats vom 25. November 2003 ein, umRechtsklarheit über die Anwendung der ent-sprechenden Bestimmungen des Stabilitäts- undWachstumspakts zu schaffen. Die EZB teilt dieBedenken der Kommission bezüglich derSchlussfolgerungen des ECOFIN-Rats und re-spektiert ihren Beschluss, in dieser Angelegen-heit Rechtsklarheit anzustreben.

Am selben Tag kündigte die Kommission Vor-schläge für eine Stärkung der Economic Gover-nance im Euroraum an, die u. a. auf eine verbes-serte Umsetzung des Stabilitäts- und Wachs-

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Kasten 11

VERFAHREN BEI EINEM ÜBERMÄßIGEN DEFIZIT

Das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit regelt die notwendigen Schritte, um das Besteheneines übermäßigen Defizits festzustellen und seine rechtzeitige Korrektur zu gewährleisten. Dierechtliche Basis dafür bilden Artikel 104 EG-Vertrag und Verordnung (EG) Nr. 1467/97 desRates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem über-mäßigen Defizit, die Teil des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist.

Übersteigt das geplante oder tatsächliche öffentliche Defizit im Verhältnis zum BIP den Refe-renzwert von 3 % – und zwar nicht nur geringfügig oder vorübergehend – bzw. übersteigt deröffentliche Schuldenstand im Verhältnis zum BIP den Referenzwert von 60 % und wird nichtrasch genug abgebaut, so erstellt die Kommission einen Bericht. Zu diesem Bericht gibt derWirtschafts- und Finanzausschuss eine Stellungnahme ab. Gelangt die Kommission zu der An-sicht, dass ein übermäßiges Defizit vorliegt, richtet sie eine Stellungnahme an den ECOFIN-Rat. Der ECOFIN-Rat verabschiedet auf Basis der Empfehlung der Kommission eine Entschei-dung darüber, ob ein übermäßiges Defizit besteht. Kommt er zu dem Schluss, dass ein übermä-ßiges Defizit vorliegt, empfiehlt der ECOFIN-Rat dem jeweiligen Mitgliedstaat, dieses zu kor-rigieren, und gewährt ihm eine Frist von maximal vier Monaten, um Korrekturmaßnahmen ein-zuleiten. Der ECOFIN-Rat legt auch eine Frist für die Beseitigung des übermäßigen Defizitsfest, die in der Regel – und sofern keine besonderen Umstände vorliegen – in dem Jahr nach derFeststellung eines übermäßigen Defizits erfolgen sollte. Sobald der betreffende Mitgliedstaatdie empfohlenen Maßnahmen verabschiedet hat, wird das Verfahren ausgesetzt, und die Kom-mission sowie der ECOFIN-Rat überwachen die Umsetzung der Maßnahmen. Verabschiedetder Mitgliedstaat die Maßnahmen jedoch nicht, trifft der ECOFIN-Rat eine entsprechende Ent-scheidung und setzt den Mitgliedstaat innerhalb eines Monats mit der Maßgabe in Verzug,Maßnahmen zum Defizitabbau zu ergreifen. Der Inhalt dieser Maßgabe kann sich abhängig vonden zwischenzeitlichen Entwicklungen von jenem früherer Empfehlungen unterscheiden. Ak-zeptiert der Mitgliedstaat diese Maßnahmen, wird das Verfahren erneut ausgesetzt, und dieKommission sowie der ECOFIN-Rat beobachten ihre Umsetzung. Versäumt es die betreffendeRegierung, die notwendigen Maßnahmen innerhalb von höchstens zwei Monaten gemäß derVorgabe des ECOFIN-Rats zu treffen, verabschiedet dieser einen Beschluss zur Verhängungvon Sanktionen. In diesem Fall wird in der Regel eine unverzinsliche Einlage verlangt, die denBestimmungen entsprechend in eine Geldbuße umgewandelt wird, wenn nach zwei Jahren nochimmer ein übermäßiges Defizit vorliegt.

Das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit besteht also im Wesentlichen aus drei Schritten:erstens der Entscheidung über das Bestehen eines übermäßigen Defizits und der Verabschie-dung von Empfehlungen durch den ECOFIN-Rat an den betreffenden Mitgliedstaat, zweitensder Inverzugsetzung des Mitgliedstaats mit der Maßgabe, Maßnahmen zum Defizitabbau zuergreifen, und drittens der Verhängung von Sanktionen. Stellt sich heraus, dass die von demMitgliedstaat verabschiedeten Maßnahmen nicht umgesetzt werden oder nicht wirkungsvollsind, leitet der ECOFIN-Rat die nächste Phase des Verfahrens ein. Die mögliche Verhängungvon Sanktionen stellt für die Mitgliedstaaten einen ultimativen Anreiz dar, ein übermäßigesDefizit rechtzeitig zu korrigieren.

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tumspakts abzielen. In diesem Zusammenhangsieht die EZB keine Notwendigkeit, den EG-Vertrag zu ändern, und vertritt die Ansicht,dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt in sei-ner gegenwärtigen Form angemessen ist.Gleichzeitig herrscht zwischen der EZB und derKommission Einigkeit darüber, dass – ins-besondere im Hinblick auf die Analyse derstrukturellen Budgetsalden und auf verstärkteAnreize für eine solide Haushaltspolitik in wirt-schaftlich guten Zeiten – die Umsetzung desStabilitäts- und Wachstumspakts noch verbes-sert werden könnte. Ebenso sollte in Bezug aufdie haushaltspolitischen Regeln mehr Klarheitund eine bessere Umsetzbarkeit angestrebt wer-den.

1.2 INSTITUTIONELLE VERÄNDERUNGEN BEIWICHTIGEN EUROPÄISCHEN GREMIEN

Mit der Unterzeichnung des Beitrittsvertragsam 16. April 2003 wurde der Weg für die Auf-nahme zehn neuer Mitgliedstaaten in die EU am1. Mai 2004 geebnet. Den Gepflogenheitennach der Unterzeichnung eines Beitrittsvertragsentsprechend wurde den Vertretern der beitre-tenden Länder in jenen Gemeinschaftsorganenund -gremien, in denen die Mitgliedstaaten ver-treten sind, Beobachterstatus gewährt. Mit demEU-Beitritt werden sie vollwertige Mitgliederdieser Organe und Gremien.

Damit ihre Funktionsfähigkeit auch nach derErweiterung gewährleistet ist, führten sowohlder Wirtschafts- und Finanzausschuss als auchder Ausschuss für Wirtschaftspolitik im erstenHalbjahr 2003 eine Überprüfung ihrer Zusam-mensetzung und Arbeitsmethoden durch. DerECOFIN-Rat änderte daraufhin am 18. Juni2003 die Satzungen dieser beiden Ausschüsse.Im Fall des Ausschusses für Wirtschaftspolitikwurde entschieden, die Zahl der Mitglieder, diejede Delegation in den Ausschuss entsendet, zuverringern. Während bislang die Mitgliedstaa-ten, die Kommission und die EZB jeweils bis zuvier Mitglieder nominieren konnten, wurde de-ren Anzahl mit der neuen Satzung auf zwei ge-senkt. Im Fall des Wirtschafts- und Finanzaus-

schusses hingegen entschied man sich für dieBeibehaltung der bestehenden Regelungen, d. h.die Mitgliedstaaten, die Kommission und dieEZB werden auch weiterhin je zwei Mitgliederernennen. Dabei wird es sich auch künftig um jeeinen hochrangigen Experten aus der Regierungund einen aus der Zentralbank handeln.Allerdings wurde vereinbart, dass der Teilneh-merkreis der Ausschusssitzungen je nach The-ma variieren sollte. Stehen Themen im Zusam-menhang mit den Aufgaben und Kompetenzender NZBen auf der Tagesordnung, tritt der Aus-schuss vollzählig zusammen. Andernfalls kanner auch in eingeschränkter Form, d. h. mit Ver-tretern der Regierungen, der Kommission undder EZB, tagen. Der Ausschuss erachtet es alswichtig, dass die Expertise und analytischen Er-kenntnisse der NZBen auch weiterhin in seineArbeit einfließen und die NZBen bei Themenaus ihrem Verantwortungsbereich eingebundenbleiben.

Die Neugestaltung der Arbeitsweise des Wirt-schafts- und Finanzausschusses sollte nicht nurder Erweiterung Rechnung tragen, sondernauch den neuen EU-weiten Regelungen in Be-zug auf Finanzmarktstabilität, -regulierung und-aufsicht (siehe Kapitel 3 Abschnitt 2). Vor die-sem Hintergrund richtete der ECOFIN-Rat beiseinem Treffen am 3. Dezember 2002 das Ersu-chen an den Wirtschafts- und Finanzausschuss,ihm zu Fragen der Finanzmarktstabilität Berichtzu erstatten. Ausgestattet mit diesem Mandatbeurteilt der Wirtschafts- und Finanzausschussnun regelmäßig die Stabilität der Finanzmärkte.An den Sitzungen zu diesem Thema nehmenauch zuständige Nichtmitglieder, wie etwa derVorsitzende des Ausschusses für Bankenauf-sicht des ESZB, teil. Im Februar 2003 rief derECOFIN-Rat den Ausschuss für Finanzdienst-leistungen ins Leben, welcher die FinancialServices Policy Group ersetzte. Dieser berichtetdem WFA und steht dem ECOFIN-Rat und derKommission bei einer breiten Palette von Fi-nanzmarktthemen beratend zur Seite. Die EZBhat im Ausschuss für FinanzdienstleistungenBeobachterstatus.

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Gemeinsam mit den NZBen setzte die EZB ihreTeilnahme an der währungs-, finanz- und wirt-schaftspolitischen Zusammenarbeit auf interna-tionaler Ebene fort. Die Vereinbarungen überdie internationale Vertretung der EZB bliebenunverändert. Innerhalb der EU fand die Koordi-nierung internationaler makroökonomischerund finanzpolitischer Fragen weiterhin im Rah-men des Wirtschafts- und Finanzausschussessowie im Zuge der Zusammenarbeit mit denExekutivdirektoren des IWF, die die EU-Mit-gliedstaaten vertreten, und mit dem EZB-Beobachter statt.

Am 29. Mai 2003 erließ der Präsident der Ver-einigten Staaten eine Verordnung, die der EZBdie Vorrechte, Freistellungen und Immunitätengewährt, die öffentlichen internationalen Orga-nisationen gemäß dem Gesetz der VereinigtenStaaten von Amerika über die Immunität inter-nationaler Organisationen (International Orga-nizations Immunities Act) von 1945 zustehen.Im Vorfeld dazu hatte der US-Kongress im No-vember 2002 ein Gesetz verabschiedet, das dieAnwendbarkeit des Immunitätsgesetzes auf dieEZB ermöglichte. Diese neuen rechtlichen Rah-menbedingungen dienen nicht nur dem besserenSchutz der in den Vereinigten Staaten gehalte-nen Vermögenswerte der EZB, sondern auchder Vertiefung der bilateralen Beziehungenzwischen der EZB und den entsprechendenUS-Institutionen.

2.1 DAS INTERNATIONALE WÄHRUNGS- UNDFINANZSYSTEM

MULTILATERALE UND BILATERALE ÜBER-WACHUNG DER MAKROÖKONOMISCHEN POLITIKAuch im Berichtsjahr beteiligte sich die EZB aneinem regelmäßigen Informations- und Mei-nungsaustausch zu wirtschaftlichen Entwick-lungen und wirtschaftspolitischen Fragen mitEntscheidungsträgern außerhalb des Euroraumsund mit internationalen Institutionen. So nahmder Präsident der EZB gemeinsam mit dem Vor-sitzenden der Eurogruppe an den Gesprächender G-7-Finanzminister und -Zentralbankpräsi-

2 I N T E R N AT I O N A L E T H E M E Ndenten zu Fragen der globalen Überwachungund der Wechselkurse teil. Der EZB-Präsidentwohnte ferner einer Reihe von Diskussionenüber die Weltwirtschaftslage im Rahmen ande-rer Foren bei, wie etwa den Treffen der Zentral-bankpräsidenten der G 10, deren Vorsitz erderzeit innehat, sowie den Treffen der Ministerund Zentralbankpräsidenten der G 10 und derG 20. Beim IWF nahm der EZB-Beobachter anden Beratungen des Exekutivdirektoriums überdie weltwirtschaftlichen Aussichten und an des-sen regelmäßiger Überprüfung globaler Wirt-schafts- und Marktentwicklungen teil. Schließ-lich war die EZB auch im Wirtschaftspoliti-schen Ausschuss der OECD vertreten, dessenHauptinteresse den globalen Wirtschaftsent-wicklungen, Konjunkturaussichten und wirt-schaftspolitischen Erfordernissen galt.

Der IWF und die OECD führten ihre regelmäßi-gen geld-, finanz- und wirtschaftspolitischenÜberprüfungen des Euroraums durch. Zurstrafferen Gestaltung der Überwachung desEuroraums in diesen Bereichen beschloss derIWF, ab 2003 die entsprechenden Artikel-IV-Konsultationen in vollem Umfang nur nocheinmal statt wie bisher zweimal pro Jahr durch-zuführen. Es soll zwar weiterhin zweimaljährlich eine IWF-Delegation zu den Behördendes Euroraums, einschließlich der EZB, ent-sandt werden, doch wird das IWF-Exekutivdirek-torium die Ergebnisse der zweiten Überprüfungnur noch informell erörtern. Seinen komplettenArtikel-IV-Bericht zur Politik des Euroraumsveröffentlichte der IWF im September 2003.

Die OECD brachte im Juli 2003 ihren Konjunk-turbericht zum Euroraum („Economic Survey ofthe Euro Area“) heraus. Neben einer Analyseder aktuellen Entwicklungen und kurzfristigenAussichten sowie der fiskal-, geld- und struk-turpolitischen Gegebenheiten enthielt der Be-richt auch eine Studie zur Wettbewerbspolitikan den Gütermärkten. Der Bericht wurde vonOECD-Mitarbeitern u. a. auf Basis eines Ar-beitsbesuchs bei der EZB erstellt und vomOECD-Prüfungsausschuss für Wirtschafts-und Entwicklungsfragen, in dem die EU durch

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Jahresbericht2003

den Vorsitzenden der Eurogruppe, die Europäi-sche Kommission und die EZB vertreten ist,abgeschlossen.

BEOBACHTUNG DER ENTWICKLUNGEN AN DENINTERNATIONALEN FINANZMÄRKTENEine Reihe internationaler Organisationen undForen verfolgt die Entwicklungen an den inter-nationalen Finanzmärkten. Die EZB und dieNZBen beteiligten sich mit eigenen Analysenund Einschätzungen insbesondere im Rahmendes Forums für Finanzmarktstabilität (FinancialStability Forum – FSF), des bei der BIZ an-gesiedelten Ausschusses für das weltweite Fi-nanzsystem (Committee on the Global FinancialSystem – CGFS) und des Ausschusses für Fi-nanzmärkte der OECD an diesen Aktivitäten.

Der EZB-Beobachter nahm an den Gesprächendes IWF-Exekutivdirektoriums zu den GlobalFinancial Stability Reports des IWF teil. DesWeiteren beteiligte sich die EZB als Mitgliedoder Beobachter an den Aktivitäten verschiede-ner internationaler Institutionen und Foren zuspezifischen Aspekten der Funktionsweise derinternationalen Finanzmärkte. Das FSF unter-suchte Fragen im Zusammenhang mit demRückversicherungswesen, der Übertragung vonKreditrisiken, Revisionsverfahren, Rechnungs-legungsgrundsätzen, Unternehmenssteuerungund -kontrolle sowie Offshore-Finanzzentren,während der Basler Ausschuss für Bankenauf-sicht seine Arbeit an der neuen Eigenkapitalver-einbarung fortsetzte (siehe Kapitel 3 Abschnitt2). Der CGFS veröffentlichte Berichte über dieÜbertragung von Kreditrisiken („Credit risktransfer“) sowie über Anreizstrukturen in derinstitutionellen Vermögensverwaltung („Incen-tive structures in institutional asset managementand their implications for financial markets“)und veranlasste die eingehende Untersuchungder Rolle von Rating-Agenturen im Bereich derstrukturierten Finanzierung und der ausländi-schen Direktinvestitionen in den Finanzsekto-ren von Schwellenländern. Außerdem war dieEZB in die Tätigkeiten des Ausschusses fürZahlungsverkehrs- und Abrechnungssysteme(Committee on Payment and SettlementSystems – CPSS) eingebunden, dessen Vorsitz

ein Mitglied des EZB-Direktoriums führt (sieheKapitel 3 Abschnitt 4).

INTERNATIONALE FINANZARCHITEKTURIm Rahmen des IWF und anderer internationalerForen leistete das ESZB mittels eigener Ein-schätzungen und Analysen sowohl durch diedirekte Teilnahme als auch durch die Beteili-gung an der EU-weiten Koordination seinenBeitrag zu den laufenden Gesprächen über dieArchitektur des internationalen Finanzsystems.

In diesen Bereich fallen auch die Bemühungenzur Förderung der Stabilität von Wirtschaft undFinanzmärkten, etwa durch die Anwendungverbesserter Bewertungsmethoden für die Trag-fähigkeit der Auslandsverschuldung und die er-höhte Aufmerksamkeit gegenüber potenziellenBilanzschwächen in den Schwellenländern.

Die internationale Gemeinschaft befasste sichaußerdem mit der Frage, inwiefern der Aufbauvon Institutionen zur wirtschaftlichen Entwick-lung beiträgt. In diesem Zusammenhang disku-tierten die G 20 die Frage, welche Rolle demAufbau von Institutionen im Finanzsektor zu-kommt; als Grundlage dienten dabei Fallstu-dien, die von einigen G-20-Ländern erstelltworden waren, sowie ein Beitrag der EZB überdie Erfahrungen mit der Finanzmarktintegrationinnerhalb der EU.2

Im Hinblick auf die geordnete Bewältigung vonFinanzkrisen in Schwellenländern schloss derIWF die Überprüfung der Regelungen für denZugang zu IWF-Mitteln ab; diese Rahmenbe-dingungen bestimmen den Grad an finanziellerUnterstützung, die einem Mitgliedsland mitZahlungsbilanzproblemen zuerkannt wird. DasIWF-Exekutivdirektorium einigte sich auf eineReihe verfahrenstechnischer Erfordernisse undgrundlegender Kriterien für die über den nor-malen Rahmen hinausgehende Vergabe vonIWF-Mitteln in Abhängigkeit von der Quote,die auf jedes IWF-Mitglied entfällt.

2 Siehe EZB, Globalisation: The role of institution building in thefinancial sector – The EU experience, November 2003.

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In diesem Zusammenhang wurde auch die De-batte über mögliche Verfahren zur Erleichte-rung einer geordneten Umstrukturierung vonStaatsschulden fortgesetzt. Nach Ansicht desESZB wären weitere Fortschritte im Hinblickauf die drei vorgeschlagenen weit gefassten In-strumentenkategorien wünschenswert.3 Einesdieser Instrumente sah die Erweiterung des ver-traglichen Rahmens durch die Aufnahme vonUmschuldungsklauseln (Collective ActionClauses – CACs) vor, um so die Koordinierungunter den Gläubigern zu erleichtern. DieserVorschlag wird bereits umgesetzt. Im Lauf desBerichtsjahrs konnten bedeutende Fortschrittein Richtung einer stärkeren Verwendung vonUmschuldungsklauseln bei nach fremdem Rechtemittierten Staatsanleihen erzielt werden. Ummit gutem Beispiel voranzugehen, verpflichte-ten sich die EU-Mitgliedstaaten, künftig ihrenach fremdem Recht emittierten Staatsanleihenmit CACs zu versehen. Der zweite Vorschlagbestand darin, mit einem Verfahren zur Um-strukturierung von Staatsschulden (SovereignDebt Restructuring Mechanism – SDRM) eineArt internationales Konkursverfahren einzu-richten, das in einen völkerrechtlichen Rahmeneingebettet wäre. Auf der Frühjahrstagung desInternationalen Währungs- und Finanzaus-schusses im April 2003 wurde jedoch deutlich,dass sich selbst für die Schaffung einer abge-schwächten Version eines solchen Mechanis-mus keine ausreichende politische Mehrheit fin-den würde. Dennoch bleibt zu klären, inwiefernbestimmte Merkmale des SDRM – z. B. eineverbesserte Transparenz und Offenlegung, dieAggregation verschiedener Anleiheemissionenund die Schaffung eines Streitbeilegungsfo-rums – außerhalb des internationalen rechtli-chen Rahmens repliziert werden könnten. Derdritte Vorschlag sah die Erstellung eines frei-willig umzusetzenden Verhaltenskodex mit vor-bildlichen Verfahren (Best Practices) undRichtlinien für Schuldner, Gläubiger und dieinternationale Gemeinschaft vor. Derzeit wirdan einem Entwurf für einen solchen Verhaltens-kodex gearbeitet.

DIE INTERNATIONALE ROLLE DES EUROAuch im Berichtsjahr befasste sich die EZB mitder Analyse der internationalen Rolle desEuro.4 Dabei versuchte sie, den statistischenBerichtsrahmen und ihr analytisches Verständ-nis der Verwendung des Euro durch Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungsgebiets zu ver-bessern. Neu zur Verfügung stehen nunmehrinsbesondere Daten über die Aufgliederung derAußenhandelsstatistiken ausgewählter Euro-Länder nach Währungen, Angaben zu täglichüber das Continuous Linked Settlement (CLS)-System abgewickelten Devisengeschäften so-wie zur Rolle des Euro am internationalen Kre-ditmarkt.

Im Jahr 2003 veranlasste die EZB außerdemeine mikroökonomische Analyse jener Märkte,an denen der Euro von Gebietsfremden über-wiegend genutzt wird. Besonderes Augenmerkgalt dabei der Frage, inwiefern der FinanzplatzLondon die Rolle des Euro an den Finanzmärk-ten außerhalb des Euroraums beeinflusst.Insgesamt bestätigten die Ergebnisse dieserUntersuchung, dass die internationale Bedeu-tung des Euro weiterhin kontinuierlich zu-nimmt, dass sie eine starke regionale Kompo-nente aufweist und in einem gewissen Maß Im-pulsen aus dem Euroraum selbst unterliegt.

Die Analyseergebnisse lieferten auch nähereAngaben über die geographische Verteilung derVerwendung des Euro und seine globale Reich-weite. In Ländern, die von Europa weit entferntsind, wurde der Euro bisher in erster Linie zurAufnahme von Kapital (Begebung von Schuld-titeln) und für Devisengeschäfte genutzt. SeitBeginn der dritten Stufe der WWU emittiereninsbesondere große US-Unternehmen in be-trächtlichem Umfang auf Euro lautende Anlei-hen, vor allem mit dem Ziel, ihre Anlegerbasiszu diversifizieren. Auf Finanzzentren in denVereinigten Staaten und Asien zusammenge-nommen entfiel ein nicht unwesentlicher Anteil

3 Siehe EZB, Krisenbewältigung in Schwellenländern – Heraus-forderungen für die internationale Gemeinschaft, Monats-bericht November 2003.

4 Siehe EZB, Review of the international role of the euro, Dezem-ber 2003.

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Jahresbericht2003

am Devisenhandel in Euro. Es gibt Anzeichendafür, dass Finanzmarktteilnehmer einiger die-ser Länder tendenziell den Finanzplatz Londonals Zugang für Euro-Transaktionen nutzen.Außerdem stieg im Berichtsjahr laut Marktquel-len die Nachfrage asiatischer Investoren nachvon Ansässigen außerhalb des Euroraums bege-benen Euro-Anleihen, was darauf hindeutet,dass der Euro als internationale Anlagewährungan Bedeutung gewinnt. Dennoch wird er als in-ternationale Währung weiterhin am häufigstenin den Nachbarländern des Euro-Währungsge-biets genutzt. Bei den Finanzmärkten außerhalbdes Euroraums spielt der Finanzplatz London,auf den im Allgemeinen ein bis zwei Drittel dervon Gebietsfremden in Euro abgewickeltenFinanzgeschäfte entfallen, eine herausragendeRolle. Aktuelle Erkenntnisse aus dem Berichts-jahr schließlich weisen darauf hin, dass der Eu-roraum selbst, als große Volkswirtschaft mit ei-nem offenen Finanzmarkt, ein wichtiger Im-pulsgeber für die internationale Rolle seinerWährung ist. Seit Beginn der dritten Stufe derWWU sind von Ansässigen außerhalb desEurogebiets emittierte, auf Euro lautende Anleihengroßteils für Investoren im Eurogebiet bestimmtund werden auch von diesen erworben. Darüberhinaus zeigten Untersuchungen im Jahr 2003,dass im Besitz von Ansässigen im Euroraumbefindliche Banken zu den wichtigsten Akteu-ren der Euro-Märkte am Finanzplatz Londonzählen und somit wesentlich zur Stärkung derRolle des Euro an den Finanzmärkten außerhalbdes Euroraums beitragen.

2.2 ZUSAMMENARBEIT MIT LÄNDERNAUSSERHALB DER EU

Im Rahmen ihrer internationalen Aktivitätenwar die EZB auch im Berichtsjahr bemüht, weitgestreute bilaterale Beziehungen sowie multila-terale Kontakte zu Ländern in verschiedenenanderen Regionen der Welt aufzubauen. Dieumfassende nachbarschaftliche Zusammenar-beit der EU wurde mit Russland, der Türkei,dem Mittelmeerraum, dem Nahen Osten undAfrika intensiviert. Darüber hinaus wurden dieBeziehungen zu den wichtigsten Schwellenlän-

dern im asiatischen und pazifischen Raum so-wie in Lateinamerika weiter vertieft.

Im November 2003 begann das Eurosystem mitder Umsetzung eines Zweijahresprojekts zurtechnischen Unterstützung der Bank von Russ-land, das von der EU im Rahmen des TACIS-Programms (Technical Assistance for the Com-monwealth of Independent States) finanziertwird. Das Projekt deckt die Bereiche Banken-aufsicht und -regulierung, Bankenprüfungenund Zulassung zum Bankgeschäft sowie dieBankensanierung ab und stützt sich auf die weitreichende Erfahrung der NZBen und der EU-Aufsichtsbehörden in der Bankenaufsicht.Neun NZBen5 und drei EU-Aufsichtsorganenohne Zentralbankhintergrund6 obliegt es, Ex-perten zu bestimmen, die über einen Zeitraumvon 24 Monaten die Ausbildung von rund 400Mitarbeitern und Führungskräften der russi-schen Zentralbank übernehmen sollen. DasAusbildungsprogramm umfasst Kurse und Se-minare, die zum Großteil bei der Bank vonRussland in Moskau stattfinden werden, aberauch Studienbesuche von Experten der russi-schen Zentralbank in EU-Ländern. Dieses Pro-jekt wird von der EZB koordiniert; das Euro-system verfolgt damit die Absicht, zur Stärkungder bankenaufsichtlichen Funktion der Bankvon Russland beizutragen und somit ein stabile-res finanzielles Umfeld zu schaffen.

Die EZB setzte den politischen Dialog mit dertürkischen Zentralbank, der Türkiye Cumhu-riyet Merkez Bankas¹, auf höchster Ebene fort.Die Türkei gilt derzeit als beitrittswilligesLand.7 Bei den Gesprächen mit der türkischenNotenbank standen der gesamtwirtschaftlicheStabilisierungsprozess in der Türkei, die ge-

5 Deutsche Bundesbank, Banco de España, Banque de France,Central Bank and Financial Services Authority of Ireland, Bancad’Italia, De Nederlandsche Bank, Oesterreichische National-bank, Banco de Portugal und Suomen Pankki – Finlands Bank.

6 Rahoitustarkastus (Finnland), Finansinspektionen (Schweden)und Financial Services Authority (Vereinigtes Königreich).

7 Der Europäische Rat von Helsinki hatte die Türkei 1999 als bei-trittswilliges Land anerkannt. Der Europäische Rat von Kopen-hagen im Jahr 2002 verkündete, dass die EU unverzüglich Bei-trittsverhandlungen mit der Türkei aufnehmen würde, sollte derEuropäische Rat im Dezember 2004 befinden, dass die Türkeidie Kopenhagener Kriterien erfüllt.

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8 Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Malta, Marokko,Palästinensische Autonomiebehörde, Syrien, Tunesien, Türkeiund Zypern.

9 Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und VereinigteArabische Emirate.

10 Benin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Guinea-Bissau, Mali, Niger,Senegal und Togo.

11 Gambia, Ghana, Guinea, Nigeria und Sierra Leone.

plante Einführung der formalen Strategie einesdirekten Inflationsziels durch die türkische Zen-tralbank sowie die konjunkturelle Lage des Eu-roraums im Vordergrund. Zusätzlich zum politi-schen Dialog wurde auch die technische Zusam-menarbeit zwischen verschiedenen Geschäfts-bereichen der EZB und der Türkiye CumhuriyetMerkez Bankas¹ im Jahr 2003 weitergeführt.

In den letzten Jahren hat die EZB bilaterale Be-ziehungen mit Zentralbanken im Mittelmeer-raum aufgebaut. Im Oktober 2003 veranstaltetesie gemeinsam mit der Banca d’Italia einen Ex-pertenworkshop für Vertreter der Zentralban-ken aus den Ländern der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft.8 Der Workshop diente der Vor-bereitung eines hochrangigen Seminars desEurosystems im Januar 2004 in Neapel, an demauch Zentralbankpräsidenten aus dem Mittel-meerraum teilnahmen. Das Seminar befasstesich mit den wirtschaftlichen und finanziellenBeziehungen zwischen dem Euroraum und denMittelmeerländern, mit Wechselkursvereinba-rungen und von den Teilnehmern besondershervorgehobenen Reformen im Finanzsektor.

Im Nahen Osten baute die EZB im Hinblick aufdie beabsichtigte Einführung einer gemeinsa-men Währung durch die sechs Mitgliedstaatendes Golfkooperationsrats (GKR)9 bis zum Jahr2010 ihre Beziehungen zum GKR weiter aus. Indiesem Zusammenhang nahm die EZB im Juniin Katar an der Tagung des mit der Vorberei-tung der Währungsunion betrauten technischenAusschusses des GKR teil.

Die bilateralen Beziehungen zu afrikanischenZentralbanken konzentrierten sich im Berichts-jahr weiterhin auf währungsunionsbezogeneThemen. Dabei hatte die EZB bei einer Reihevon Veranstaltungen die Gelegenheit, ihre Er-fahrungen mit der WWU in die Diskussionender betreffenden Regionen einzubringen. Sowurde sie zur Teilnahme an den Treffen desAusschusses zur institutionellen Reform derWestafrikanischen Währungsunion10 (Commit-tee for the Institutional Reform of the WestAfrican Monetary Union) bei der Zentralbankder westafrikanischen Staaten (Banque Centrale

des États de l’Afrique de l’Ouest – BCEAO) inDakar (Senegal) eingeladen. Dieser Ausschuss,dem Experten der BCEAO und anderer Zentral-banken sowie Regierungsvertreter und Wissen-schaftler angehören, ist beauftragt, unbeschadetder bestehenden Wechselkursvereinbarung dieSatzung der BCEAO sowie den institutionellenRahmen des Währungsraums zu überprüfen.Ferner konnte die EZB durch ihre Teilnahme amForum der Finanzminister der West AfricanMonetary Zone (WAMZ)11 in Accra (Ghana)die Fortschritte auf dem Weg zur monetären In-tegration der anglophonen Länder dieser Regionmitverfolgen. Darüber hinaus nahm die EZB amjährlichen Governors’ Forum des Macroecono-mic and Financial Management Institute ofEastern and Southern Africa teil, bei dem dieZentralbankpräsidenten von zwölf afrikani-schen Ländern in Basel zusammentrafen. DenThemenschwerpunkt dieses Forums bildetendie derzeitigen regionalen Projekte für Wäh-rungsunionen in Afrika sowie die Erfahrungender WWU mit der monetären Integration.

Im Lauf des Berichtsjahrs wurden – nichtzuletzt aufgrund des Besuchs eines EZB-Direk-toriumsmitglieds in Korea, Japan und Indone-sien – die bilateralen Beziehungen mit Ost-asien weiter ausgebaut. Im Juli 2003 nahm dieEZB außerdem an der Finanzministertagung imRahmen des fünften Asien-Europa-Treffens(ASEM) in Bali (Indonesien) teil. Der Beitragder EZB konzentrierte sich in erster Linie aufThemen der wirtschaftlichen Integration in derRegion Ostasien, auf die Rolle der Zentralban-ken im Krisenmanagement und die ErfahrungenEuropas auf dem Gebiet der Regulierung undZusammenarbeit mit dem Ziel der Finanzmarkt-stabilität.

Nachdem die EZB seit 1999 immer häufiger anKonferenzen und Tagungen des Centre for La-

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149EZB

Jahresbericht2003

tin American Monetary Studies (CEMLA) teil-genommen hatte, erhielt sie im Jahr 2003 denStatus eines „Collaborating Member“ zugespro-chen. Die wichtigsten Ziele dieses Zentrums be-stehen in der Förderung eines besseren Ver-ständnisses der Geldpolitik und des Bankwe-sens in Lateinamerika und in der Karibik sowiein der Information über Entwicklungen in derregionalen und internationalen Geld- undFinanzpolitik. Darüber hinaus initiierte dasCEMLA unter anderem ein Projekt zur Steige-rung der Konvergenz auf der Ebene regionalerUntergruppen.

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KünstlerKyriakos MortarakosTitelOhne TitelMaterialVerschiedene Materialien auf LeinwandFormat220 × 320 cm

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KAPITEL 5

RECHENSCHAFTS-PFLICHT

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152EZBJahresbericht2003

In den Industrieländern gilt die Unabhängigkeitder Zentralbank mittlerweile als eines der wich-tigsten institutionellen Merkmale des wirt-schaftspolitischen Systems. Für die Entschei-dung, die Zentralbanken frei von politischerEinflussnahme agieren zu lassen, sprechen his-torische Erfahrungen, wirtschaftstheoretischeÜberlegungen und empirische Erkenntnisse,denen zufolge eine unabhängige Zentralbankmaßgeblich zur Gewährleistung von Preisstabi-lität und somit zum allgemeinen wirtschaftli-chen Wohlstand beiträgt.

Zugleich ist es ein Grundprinzip demokrati-scher Gesellschaften, dass sich öffentlich-rechtliche Körperschaften gegenüber der Be-völkerung, von der ihr Mandat und ihre Unab-hängigkeit letztlich ausgehen, verantwortenmüssen. Diese Rechenschaftspflicht kann manals rechtliche und institutionelle Verpflichtungeiner unabhängigen Zentralbank ansehen, ihreEntscheidungen den Bürgern und deren gewähl-ten Vertretern klar und umfassend zu erläuternund sich an den gesteckten Zielen messen zulassen.

Der EG-Vertrag, in dem die Aufgaben und Zieledes ESZB festgelegt sind, wurde von allen EU-Mitgliedstaaten gemäß ihren nationalen Verfas-sungsbestimmungen ratifiziert. Damit haben dieBürger Europas das ESZB mit dem Mandat aus-gestattet, Preisstabilität zu gewährleisten und –soweit dies ohne Beeinträchtigung dieses vor-rangigen Ziels möglich ist – die allgemeineWirtschaftspolitik in der Gemeinschaft zu un-terstützen. Zugleich sind im Vertrag bestimmteBerichtspflichten definiert, sodass die BürgerEuropas und deren gewählte Vertreter die EZBfür die Erreichung ihrer Ziele zur Verantwor-tung ziehen können. Dieses institutionelle Ge-füge wurde vom Konvent zur Zukunft Europasbestätigt und auch im Entwurf des Vertragsüber eine Verfassung für Europa berücksichtigt(siehe Kapitel 4 Abschnitt 1).

Die EZB ist sich der grundlegenden Bedeutungihrer Rechenschaftspflicht seit ihrer Gründungbewusst und sucht daher regelmäßig den Dialogmit den Bürgern Europas und deren gewählten

1 R E CHEN S CHA F T S P F L I CH T G EGENÜBER D ERÖ F F EN T L I CHK E I T

Vertretern. Ausdruck dieses Engagements sindu. a. die zahlreichen Reden, die EZB-Ratsmit-glieder im Jahr 2003 im gesamten Euroraum ge-halten haben. Solche Kontakte zu den Bürgerngeben dem Eurosystem die Gelegenheit, diegeldpolitischen Beschlüsse des EZB-Rats zu er-läutern und etwaige Fragen oder Bedenken di-rekt anzusprechen.

Zu den Berichtspflichten der EZB zählt laut EG-Vertrag auch die Erstellung eines Jahresbe-richts, der dem Europäischen Parlament, demEU-Rat, der Europäischen Kommission unddem Europäischen Rat zu unterbreiten ist.Daneben ist die EZB zur Veröffentlichung einesWochenausweises und eines Quartalsberichtsverpflichtet – eine Vorgabe, die sie mit der He-rausgabe umfangreicher Monatsberichte sogarübererfüllt. Auf institutioneller Ebene kommtdem Europäischen Parlament laut EG-Vertragim Rahmen der Rechenschaftspflicht der EZBeine zentrale Rolle zu (siehe Abschnitt 2 diesesKapitels).

Rechenschaftslegung hat viel mit Transparenzzu tun. Die Bereitstellung von Informationenallein sorgt allerdings noch nicht für Transpa-renz; wichtig ist vor allem, dass diese Informa-tionen auch allgemein verständlich aufbereitetwerden. Damit eine Zentralbank für ihre Ent-scheidungen zur Verantwortung gezogen wer-den kann, muss sie entsprechend transparentagieren. Aus diesem Grund erachtet die EZBTransparenz als eine wesentliche Komponenteihres geldpolitischen Konzepts. Transparentagieren bedeutet für eine Zentralbank, dass sieklar erläutern muss, wie sie ihr Mandat verstehtund wie sie es umsetzt. Dies erleichtert es derÖffentlichkeit, die Tätigkeit der Zentralbank zuverfolgen und zu beurteilen. Ferner muss siedarlegen, nach welchem analytischen Ansatz siebei der internen Entscheidungsfindung und beider Einschätzung der Wirtschaftslage vorgehtbzw. was die ökonomischen Beweggründe fürihre geldpolitischen Beschlüsse sind. DenGrundstein zur Transparenz kann eine Noten-bank mit der Veröffentlichung ihrer geldpoliti-schen Strategie legen, was die EZB im Jahr1998 getan hat. Inzwischen wurde diese Strate-

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Jahresbericht2003

gie nach einer eingehenden Überprüfung durchden EZB-Rat (siehe Kapitel 1 Abschnitt 1) imMai 2003 bestätigt bzw. präzisiert. Damit bietetdie EZB der Öffentlichkeit nachvollziehbareParameter zur Beurteilung ihrer Arbeit.

Transparenz erhöht die Effektivität der Geldpo-litik aus mehreren Gründen. Erstens fördert esdie Glaubwürdigkeit einer Zentralbank, wennsie klar darlegt, wie sie ihr Mandat versteht undwie sie es zu erfüllen gedenkt. Wenn eine Zen-tralbank vermitteln kann, sie sei in der Lage undgewillt, ihrem geldpolitischen Auftrag nachzu-kommen, so trägt dies zu einer Stabilisierungder Erwartungen künftiger Preisentwicklungenbei. Sind diese Erwartungen auf einem mitPreisstabilität vereinbaren Niveau verankert,haben die Wirtschaftsakteure bei der Lohn- undPreisfindung weniger Anlass, von einem insta-bilen Preisniveau auszugehen; gleichzeitig istdas Risiko geringer, dass es zu einer inflatio-nären oder deflationären Lohn-Preis-Spiralekommt.

Zweitens zwingt ein klares Bekenntnis zurTransparenz die geldpolitischen Entscheidungs-träger zu Selbstdisziplin und trägt so dazu bei,die Konsistenz ihrer geldpolitischen Beschlüsseund Erläuterungen im Zeitverlauf zu gewähr-leisten. Die Überprüfbarkeit der geldpolitischenBeschlüsse durch die Öffentlichkeit verstärktden Anreiz für die Entscheidungsträger, ihrMandat ordnungsgemäß und konsequent zu er-füllen.

Drittens bieten die Bekanntgabe der geldpoliti-schen Strategie und regelmäßige Informationenüber die Einschätzung der Wirtschaftslage denMärkten eine gewisse Orientierungshilfe undfördern somit eine effizientere und präzisere Er-wartungsbildung. Dadurch wird das Reaktions-muster der Geldpolitik auf wirtschaftliche Ent-wicklungen für die Finanzmärkte leichter nach-vollziehbar und der allgemeine geldpolitischeKurs auf mittlere Sicht abschätzbar. Letztlichsollte das auch zur Verringerung der Volatilitätan den Finanzmärkten beitragen.

Um ihrem Auftrag zur Rechenschaftslegungund ihrem Anspruch an Transparenz gerecht zuwerden, nutzt die EZB verschiedenste Kommu-nikationsmittel (siehe Kapitel 6), die weit überihre Berichtspflichten laut EG-Vertrag hinaus-gehen.1

1 Eine detailliertere Darstellung der Themen Rechenschafts-pflicht und Transparenz findet sich im Monatsbericht vom No-vember 2002.

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154EZBJahresbericht2003

2.1 ÜBERBLICK ÜBER DIE KONTAKTE MIT DEMEUROPÄISCHEN PARLAMENT IM JAHR 2003

Auch im Jahr 2003 erstattete die EZB, wie lautArtikel 113 EG-Vertrag vorgesehen, dem Euro-päischen Parlament regelmäßig Bericht überihre geldpolitischen Beschlüsse und die Erfül-lung ihrer sonstigen Aufgaben. Die vierteljähr-lichen Anhörungen des Präsidenten der EZBvor dem Ausschuss für Wirtschaft und Wäh-rung waren weiterhin das wichtigste Forum fürden regelmäßigen Dialog der EZB mit demEuropäischen Parlament. Der Präsident wurdeferner vom Parlament eingeladen, den EZB-Jahresbericht 2002 im Plenum zu präsentieren.

Der bisherigen Praxis folgend lud das Europäi-sche Parlament auch im Berichtsjahr andereDirektoriumsmitglieder zu einem Meinungsaus-tausch über verschiedene Fragen ein. Im April2003 etwa stellte der Vizepräsident vor demAusschuss für Wirtschaft und Währung denEZB-Jahresbericht 2002 vor. Im März infor-mierte sich der Ausschuss bei Otmar Issingüber seine Einschätzung des wirtschaftlichenUmfelds und seinen Standpunkt zum Entwurfder Grundzüge der Wirtschaftspolitik für denZeitraum 2003 bis 2005.

Obwohl die EZB gemäß EG-Vertrag nicht dazuverpflichtet ist, beantwortete sie wie in den Vor-jahren auf freiwilliger Basis schriftliche Anfra-gen von Mitgliedern des Europäischen Parla-ments im Hinblick auf die Erfüllung ihres Man-dats.

Zu erwähnen ist ferner die Rolle des Europäi-schen Parlaments bei der Ernennung des neuenPräsidenten und anderer Direktoriumsmitglie-der der EZB. Das Europäische Parlament ist lautArtikel 112 EG-Vertrag vor der einvernehmli-chen Ernennung der Kandidaten durch die Re-gierungen der Mitgliedstaaten auf der Ebene derStaats- und Regierungschefs anzuhören. Umeine entsprechende Stellungnahme abgeben zukönnen, lud das Europäische Parlament Jean-Claude Trichet und Gertrude Tumpel-Gugerellein, dem Ausschuss für Wirtschaft und Wäh-rung ihre Ansichten darzulegen und Fragen der

2 R E CHEN S CHA F T S P F L I CH T G EG ENÜBER D EMEUROPÄ I S CH EN P A R L AMENT

Ausschussmitglieder zu beantworten. Nach die-sen Anhörungen stimmte die Vollversammlungdes Europäischen Parlaments der Ernennung inbeiden Fällen zu.

2.2 STANDPUNKT DER EZB ZU THEMEN, DIE BEISITZUNGEN IM EUROPÄISCHEN PARLAMENTERÖRTERT WURDEN

Im Vordergrund der Anhörungen vor dem Aus-schuss für Wirtschaft und Währung zu ver-schiedensten strategiepolitischen Themen stan-den die geldpolitischen Beschlüsse der EZB unddie ihnen zugrunde liegende Einschätzung derwirtschafts- und geldpolitischen Lage. Die fol-genden Abschnitte bieten einen Überblick überweitere wichtige Punkte, die von Mitgliederndes Europäischen Parlaments angesprochenwurden, sowie den jeweils dazu geäußertenStandpunkt der EZB. Auf viele dieser Punkteging auch die Entschließung des EuropäischenParlaments vom 3. Juli 2003 aus Anlass derPräsentation des EZB-Jahresberichts 2002 ein.

ÄNDERUNG DER ABSTIMMUNGSREGELN IMEZB-RATAm 3. Februar 2003 unterbreitete die EZB ge-mäß Artikel 10.6 der ESZB-Satzung dem EU-Rat eine Empfehlung für eine Änderung derAbstimmungsmodalitäten im EZB-Rat (sieheKapitel 8 Abschnitt 1). Nachdem laut Artikel10.6 ESZB-Satzung vor einer Beschlussfas-sung durch den EU-Rat die Europäische Kom-mission und das Europäische Parlament zu kon-sultieren sind, legte der Präsident der EZB dieEmpfehlung noch im Februar 2003 dem Aus-schuss für Wirtschaft und Währung vor. In deranschließenden Debatte wurde Kritik an derEmpfehlung geäußert.

Das Europäische Parlament lehnte daraufhin dieEmpfehlung der EZB in seiner Stellungnahmevom 13. März 2003 ab und plädierte für eineBeibehaltung der bestehenden Regeln, wonachalle Zentralbankpräsidenten des Eurosystemsim EZB-Rat stimmberechtigt sind.

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155EZB

Jahresbericht2003

Im März 2003 wurden bei einem EU-Ratstref-fen auf Ebene der Staats- und Regierungschefsdie neuen Abstimmungsmodalitäten im EZB-Rat jedoch wie von der EZB empfohlen einstim-mig angenommen. Die Reform der Abstim-mungsregeln tritt nach Ratifizierung durch alleMitgliedstaaten gemäß den nationalen Verfas-sungsbestimmungen in Kraft und kommt zurAnwendung, sobald dem EZB-Rat mehr als15 Zentralbankpräsidenten angehören.

ÜBERPRÜFUNG DER GELDPOLITISCHENSTRATEGIE DER EZBDer Präsident der EZB informierte das Europäi-sche Parlament auch über das Ergebnis derÜberprüfung der geldpolitischen Strategie derEZB durch den EZB-Rat (siehe Kapitel 1 Ab-schnitt 1). Eine Reihe von Mitgliedern des Aus-schusses für Wirtschaft und Währung begrüßtendie Bestätigung der Strategie und deren Klarstel-lung – vor allem im Hinblick auf die Definitionvon Preisstabilität – als Garantie für die Konti-nuität der Politik der EZB. Andere Ausschuss-mitglieder warfen die Frage auf, ob die geldpoli-tische Strategie der EZB ausreichend symmet-risch konzipiert sei, um sowohl Inflation alsauch Deflation zu vermeiden, und ob die EZB-Definition von Preisstabilität etwaige HVPI-Messfehler ausreichend berücksichtige.

Dazu erklärte der Präsident, dass die EZB ihrenKurs auch weiterhin danach ausrichten werde,weder Inflations- noch Deflationsgefahr auf-kommen zu lassen. Die im Zuge der Überprü-fung getroffene Klarstellung, dass der EZB-Ratin seinem Streben nach Preisstabilität daraufabziele, mittelfristig die jährliche Preissteige-rungsrate (gemessen am HVPI) unter, aber nahebei 2 % zu halten, würde jedenfalls eine wichti-ge und adäquate Absicherung gegen Deflations-risiken bieten. Über das Ausmaß von Messfeh-lern lasse sich zwar noch nichts Genaues sagen,aber verfügbaren Studien zufolge dürften siegering sein. Durch den expliziten Hinweis da-rauf, dass die EZB auf mittlere Sicht Preisstabi-lität anstrebt, trage sie der Tatsache Rechnung,dass Notenbanken die kurzfristige Preisent-wicklung nicht feinsteuern können; mit anderenWorten könne die Inflationsrate vorübergehend

sehr wohl über das mit Preisstabilität vereinba-re Niveau hinausschießen.

In seiner Entschließung zum Jahresbericht 2002der EZB begrüßte das Europäische Parlamentdie Überprüfung der geldpolitischen Strategieder EZB und zeigte sich optimistisch, „dass diediesbezüglichen Erkenntnisse die Angemessen-heit der währungspolitischen Strategie für diekommenden Jahre stärken werden.“

RECHENSCHAFTSPFLICHT UND TRANSPARENZRechenschaftspflicht und Transparenz warenerneut zentrale Themen im Dialog zwischen derEZB und dem Europäischen Parlament, wobeidie Standpunkte der beiden Institutionen imWesentlichen unverändert blieben. In seinerEntschließung zum Jahresbericht 2002 der EZBplädierte das Europäische Parlament abermalsfür die Veröffentlichung von Kurzprotokollender EZB-Ratssitzungen und für die Offenle-gung des Stimmenverhältnisses bei Abstim-mungen im EZB-Rat.

Wie der Präsident ausführte, ist die EZB-Politikim Lichte der besonderen institutionellen Um-stände zu sehen, unter denen die EZB ihre Auf-gaben erfüllt; d. h., die geldpolitischen Be-schlüsse fallen zentral auf Euroraumebene,während die Wirtschaftspolitik großteils Sacheder einzelnen Mitgliedstaaten ist. Um zu ver-meiden, dass die EZB-Ratsmitglieder als Ver-treter ihres jeweiligen Landes gesehen werden,habe die EZB seinerzeit beschlossen, von Anga-ben abzusehen, die das individuelle Abstim-mungsverhalten offen legen oder zu Spekulatio-nen darüber führen können. Dies sei ein Garantdafür, dass der EZB-Rat seine Beschlüsse auchweiterhin einzig und allein im Hinblick auf denEuroraum in seiner Gesamtheit fasst. Ein weite-rer Vorteil bestehe darin, dass die Aufmerksam-keit der Öffentlichkeit nicht auf das Stimmver-halten Einzelner, sondern vielmehr auf das Er-gebnis der strategiepolitischen Überlegungengelenkt wird. Damit sei sichergestellt, dass dieAussagen der EZB eindeutig sind, waswiederum die Wirksamkeit und Abschätzbarkeitder geldpolitischen Beschlüsse stärkt. Außer-dem verwies der Präsident darauf, dass die von

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156EZBJahresbericht2003

der EZB genutzten Kommunikationskanäle –vor allem die monatlichen Pressekonferenzenim Anschluss an die EZB-Ratssitzungen –weitaus zeitnäher und somit effektiver seien alsdie nachträgliche Veröffentlichung von Proto-kollen.

Darüber hinaus betonte der Präsident, dass dieBeschlussorgane der EZB die Ansichten desEuropäischen Parlaments sorgfältig prüfen undin ihre Überlegungen einfließen lassen. So habedie EZB mit der Veröffentlichung der von Ex-perten des Eurosystems erstellten gesamtwirt-schaftlichen Projektionen eine Anregung desEuropäischen Parlaments aufgegriffen. Außer-dem gehe die EZB laufend neue Wege, um nochtransparenter zu agieren und ihrer Rechen-schaftspflicht noch besser nachzukommen, woimmer dies mit ihren strategischen Zielen ver-einbar sei.

DIE INTERNATIONALE ROLLE DES EURO UNDDIE AUSSENVERTRETUNG DES EURORAUMSAuch die Frage der Rolle des Euro im internati-onalen Kontext und der Außenvertretung desEuroraums wurden vom Europäischen Parla-ment im Jahr 2003 eingehend erörtert. EinigeMitglieder des Ausschusses für Wirtschaft undWährung plädierten für eine aktivere Politik,um die Verwendung des Euro auf internationa-ler Ebene, beispielsweise als Fakturierungs-währung für Waren- und Energieimporte in denEuroraum, zu forcieren. In seiner Entschließungüber die internationale Rolle des Euroraums undseiner ersten Bewertung der Einführung derEuro-Banknoten und -Münzen vom 3. Juli 2003sprach sich das Europäische Parlament für dieErnennung eines Vertreters des Euroraums aus,der ein „weitreichendes Mandat besitzen sollte,in allen wichtigen multilateralen Finanz- undWirtschaftsforen … im Namen der Länder desEuroraums zu sprechen und zu handeln“. NachAnsicht des Europäischen Parlaments könnteein für Wirtschafts- und Währungsfragen zu-ständiger Vizepräsident der Europäischen Kom-mission diese Aufgabe übernehmen.

Dazu erklärte der EZB-Präsident, dass die inter-nationale Rolle des Euro nach Ansicht der EZB

im Wesentlichen vom Markt bestimmt werde.Deshalb treffe die EZB auch keine Maßnahmen,um die Verwendung des Euro durch Ansässigeaußerhalb des Euroraums zu forcieren oder zubremsen. Allerdings habe der Euro internationalin den letzten Jahren laufend an Bedeutung ge-wonnen. Der Präsident stimmte dem Europäi-schen Parlament zu, dass die statistische Infra-struktur zur Erfassung der Verwendung desEuro auf internationaler Ebene stärker ausge-baut werden müsse; die EZB leiste dazu einenaktiven Beitrag und habe diesen Punkt auch inihren Rechtsgutachten angesprochen.

In Bezug auf die Außenvertretung des Euro-raums stellte der Präsident klar, dass die EZB inallen Fragen, die mit dem Euro zu tun haben,weiterhin für sich beanspruche, gemäß den Be-stimmungen des EG-Vertrags die Position desEuroraums international zu vertreten. Laut ih-rem Mandat sei im Zusammenhang mit der ge-meinsamen Geldpolitik einzig und allein derStandpunkt maßgeblich, den die EZB bzw. dieMitglieder ihrer Beschlussorgane einnehmen;diese Rolle der EZB sei auch vom Konvent zurZukunft Europas bestätigt worden.

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KünstlerGérard GarousteTitelLa duègne et le pénitent, 1998MaterialÖl auf LeinwandFormat195 × 160 cm

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KAPITEL 6

ÖFFENTLICHKEITS-ARBEIT

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160EZBJahresbericht2003

Kommunikation ist ein integraler Bestandteilder Geldpolitik der EZB und spielt auch bei derDurchführung ihrer sonstigen Aufgaben einezentrale Rolle, denn die Kommunikation mit derÖffentlichkeit, mit Medienvertretern und Fach-leuten wie etwa Finanzmarktteilnehmern dientletztlich dem Ziel, die Wirksamkeit, Effizienzund Glaubwürdigkeit der Geldpolitik zu erhö-hen und unter dem Aspekt der Rechenschafts-pflicht Einblick in die Tätigkeit der EZB zu bie-ten (siehe Kapitel 5). Zu diesem Zweck mussdie EZB offen und transparent agieren, um dasWissen der Bevölkerung über ihre Aufgabenund ihre Politik sowie das Verständnis für dieseBereiche zu vertiefen. Dabei muss sie außerdemmöglichst eng mit den NZBen im Eurosystemzusammenarbeiten.

Die Kommunikationsaktivitäten des ESZB rich-ten sich in erster Linie an ein Zielpublikum inder EU, vor allem im Euroraum. Deshalb ist eswichtig, dass das ESZB die verschiedenenregionalen und nationalen Zielgruppen in ihrerjeweiligen Sprache und in ihrem jeweiligen Um-feld ansprechen kann. Hier trägt der dezentraleAufbau des ESZB entscheidend dazu bei, dassInformationen die Bevölkerung und interessier-te Gruppen auch erreichen. Regelmäßige Tref-fen zwischen Kommunikationsexperten derEZB und der NZBen sorgen für die entspre-chende Abstimmung und Koordination.

Angesichts der bevorstehenden EU-Erweite-rung wurde die Öffentlichkeitsarbeit des ESZBim Jahr 2003 zusehends auf die beitretendenLänder ausgeweitet. Durch die enge Zusammen-arbeit der EZB mit den dortigen Zentralbankenist die Öffentlichkeitsarbeit geographisch nochbreiter angelegt als bisher.

1 KOMMUN I K AT I ON S PO L I T I K

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161EZB

Jahresbericht2003

Zur Erreichung der eingangs beschriebenen Zielenutzt die EZB verschiedenste Kommunika-tionsmittel. Am wichtigsten im Sinn einer mög-lichst zeitnahen Kommunikationspolitik sinddabei die monatlichen Pressekonferenzen desPräsidenten und des Vizepräsidenten sowie derMonatsbericht und der Jahresbericht. In den Pres-sekonferenzen und im Monatsbericht vermitteltdie EZB transparent und aktuell ihre Einschätzungder Wirtschaftslage und erläutert die geldpoliti-schen Beschlüsse. Die seit 1999 etablierte Praxis,regelmäßig zeitnah und detailliert Einblicke inihre Politik, Standpunkte und Entscheidungen zugeben, sorgt für besondere Offenheit und Trans-parenz bei der Kommunikation der Notenbankpo-litik und hat die EZB zu einer der transparentestenZentralbanken weltweit gemacht.

Die Bedeutung des Jahresberichts ergibt sichnicht zuletzt aus der satzungsmäßigen Verpflich-tung der EZB, einen Jahresbericht herauszuge-ben und dem Europäischen Parlament, demEU-Rat, der Europäischen Kommission und demEuropäischen Rat vorzulegen. Der Überblicküber die Aktivitäten des ESZB und die Geldpoli-tik im vergangenen und im laufenden Jahr stelltzugleich einen Rechenschaftsbericht der EZBdar.

Mit Aufsätzen im Monatsbericht liefert die EZBferner Informationen über längerfristige Ent-wicklungen, allgemeine notenbankrelevanteThemen und die Analyseinstrumente, die imRahmen der geldpolitischen Strategie des Euro-systems eingesetzt werden. Ein Verzeichnis derim Jahr 2003 erschienenen Aufsätze ist im An-hang abgedruckt. Im Januar 2004 wurde derMonatsbericht erstmals in einem neuen Designveröffentlicht, das richtungsweisend für dieUmstellung aller anderen Publikationen derEZB auf ein neues Corporate-Design-Konzeptsein wird.

Der Präsident der EZB stellt sich vierteljährlichAnhörungen durch den Ausschuss für Wirt-schaft und Währung des Europäischen Parla-ments und nimmt einmal im Jahr an einer Ple-narsitzung des Parlaments teil. Immer wiederlädt der Ausschuss für Wirtschaft und Währung

2 K O M M U N I K AT I O N S M I T T E Lauch andere Direktoriumsmitglieder der EZB zueinem Meinungsaustausch ein (siehe Kapitel 5Abschnitt 2).

Reden und Interviews von Mitgliedern der Be-schlussorgane der EZB spielen ebenfalls einewichtige Rolle in der Kommunikationspolitikder EZB.

Zudem informiert die EZB den Finanzsektorund die Öffentlichkeit regelmäßig mittels Pres-semitteilungen über relevante Entscheidungendes EZB-Rats, Studien der EZB zu bestimmtenFachfragen oder andere aktuelle Themen.

Außerdem sucht die EZB über öffentliche Kon-sultationsverfahren mit Finanzmarktteilneh-mern und anderen Interessenten den Dialog. ImJahr 2003 nutzte die EZB dieses Instrument, umFeedback zu Fragen auf dem Gebiet der Zah-lungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungs-systeme sowie zum Sicherheitenrahmen desEurosystems zu bekommen (siehe Kapitel 2).

Mit der Veröffentlichung von Working Papersund Occasional Papers und der Veranstaltungvon wissenschaftlichen Konferenzen, Semina-ren und Workshops trägt die EZB darüber hin-aus zur Verbreitung verschiedenster zentral-bankrelevanter Forschungsergebnisse bei. Zuden wichtigsten Veranstaltungen im Jahr 2003zählten diesbezüglich das „Seminar on Bank-note Substrates“ (bei dem Möglichkeiten zur Ver-besserung der Haltbarkeit von Banknoten dis-kutiert wurden), Konferenzen zu den Themen„Private and Public Sector Challenges in thePayment System“ (organisiert mit dem von denG-10-Zentralbanken eingesetzten Ausschussfür Zahlungsverkehrs- und Abrechnungssyste-me) und „Prices, Productivity and Growth“ (ge-meinsam mit der Banco de España), das zusam-men mit der BIZ veranstaltete „Insolvency Sym-posium“, das Treffen des Euro Area BusinessCycle Network sowie das International Re-search Forum on Monetary Policy in Washing-ton. Hinzu kommt eine Reihe weiterer Work-shops, die in Zusammenarbeit mit verschie-denen wissenschaftlichen Institutionen undNZBen der Euro-Länder organisiert wurden.

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162EZBJahresbericht2003

Sämtliche Publikationen der EZB sind auf derenWebsite verfügbar, die auch als Plattform fürAnfragen aus der Bevölkerung und zur Einlei-tung öffentlicher Konsultationsverfahren dient.In den letzten Jahren wird die Website immerstärker genutzt, wobei vor allem die Rubriken„Statistics“, „Press releases“ und „Job oppor-tunities“ eine hohe Zugriffsfrequenz aufweisen.Im Jahr 2003 nahm die EZB eine Neugestaltungihrer Website in Angriff, um die Dokumenten-suche sowie die Navigation zu vereinfachen unddie Benutzerfreundlichkeit sowohl für Expertenals auch für die breite Öffentlichkeit und Men-

schen mit Behinderungen zu erhöhen. Die neueWebsite soll im zweiten Quartal 2004 freige-schaltet werden.

Offenheit praktiziert die EZB auch im wörtli-chen Sinn, indem sie Besuche vor Ort in Frank-furt ermöglicht. Im Jahr 2003 nutzten über7 000 Besucher die Möglichkeit, bei Vorträgenund Präsentationen von EZB-Mitarbeitern In-formationen aus erster Hand zu erhalten. DieBesucher sind zum überwiegenden Teil Studie-rende der Wirtschaftswissenschaft und anderersozialwissenschaftlicher Disziplinen.

3 THEMAT I S CH E S CHWERPUNKT E IM J A HR 2 0 0 3Zu den thematischen Schwerpunkten der Öf-fentlichkeitsarbeit zählten im Jahr 2003:

– die Überprüfung der geldpolitischen Strate-gie, d. h. ihre Bestätigung bzw. Klarstellungdurch den EZB-Rat (siehe Kapitel 1 Ab-schnitt 1),

– der geldpolitische Kurs (siehe Kapitel 1 Ab-schnitt 2),

– die Entwicklung der öffentlichen Finanzenim Euroraum aus der Sicht der EZB (sieheKapitel 1 Abschnitt 2),

– die geldpolitischen Geschäfte und nach Ab-schluss eines entsprechenden öffentlichenKonsultationsverfahrens die Anpassung desgeldpolitischen Instrumentariums mit Wir-kung vom ersten Quartal 2004 (siehe Kapi-tel 2 Abschnitt 1),

– Banknotenfälschungen, über die die EZB dieBevölkerung regelmäßig auf dem Laufendenhält (siehe Kapitel 2 Abschnitt 3),

– die Stellungnahme der EZB zum Entwurf desVertrags über eine Verfassung für Europa(siehe Kapitel 4 Abschnitt 1),

– Aufsichtsfragen und Fragen der Finanz-marktstabilität, insbesondere im Rahmen desEngagements der EZB bei der Ausarbeitungder Neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung(Basel II) (siehe Kapitel 3),

– der Standpunkt des EZB-Rats zu Wechsel-kursfragen im Zusammenhang mit den bei-tretenden Ländern (siehe Kapitel 7 Ab-schnitt 1),

– Zusammenarbeit mit den NZBen der beitre-tenden Länder und Aufbau von Arbeitsbezie-hungen zu den Medien dieser Länder (sieheKapitel 7),

– Ausbau und Verbesserung der Geld- undBankenstatistik (siehe Kapitel 2),

– organisatorische Angelegenheiten der EZB,insbesondere die Vorarbeiten für die Errich-tung des neuen EZB-Gebäudes, sowie Maß-nahmen zur Stärkung der internen Strukturen(siehe Kapitel 8 Abschnitt 2 und Kasten 12).

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163EZB

Jahresbericht2003

Kasten 12

DAS LEITBILD DER EZB

Im August 2003 verabschiedete das Direktorium ein Leitbild für die EZB, das richtungsweisendfür die interne und die externe Kommunikation ist. Es ist als Teil der Maßnahmen zur Stärkungder internen Strukturen zu sehen (siehe Kapitel 8 Abschnitt 2). Das Leitbild der EZB lautet wiefolgt:

„Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken bilden zusammen das Euro-system, das Zentralbankensystem des Euro-Währungsgebiets. Das vorrangige Ziel des Euro-systems ist die Gewährleistung der Preisstabilität, d. h., den Wert des Euro zu sichern.

Wir bei der Europäischen Zentralbank haben uns verpflichtet, alle uns übertragenen Zentral-bankaufgaben effektiv zu erfüllen. Dabei streben wir höchste Integrität, Kompetenz, Effizienzund Transparenz an.“

Mit vier Sätzen werden hier Tätigkeit und Selbstverständnis der EZB auf den Punkt gebracht.Der erste Satz verdeutlicht die enge Verflechtung der EZB mit den NZBen der Euro-Länder. Derzweite hebt das oberste Ziel hervor, dem das Eurosystem laut EG-Vertrag verpflichtet ist. Mitdem dritten Satz wird auf die breite Palette weiterer Aufgaben und Aktivitäten verwiesen, fürdie die EZB in Erfüllung ihres Mandats verantwortlich ist. Der letzte Satz schließlich veran-schaulicht die Werte, die die Mitarbeiter und Führungskräfte der EZB dabei als besonderswichtig erachten. Die Auswahl und Reihenfolge der Werte je nach ihrer Bedeutung für dieArbeit der EZB konnten die Mitarbeiter im Rahmen einer Befragung beeinflussen, deren Ergeb-nisse direkt in die Formulierung des Leitbilds eingeflossen sind.

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KünstlerÁrpád SzabadosTitelOhne Titel, 1995MaterialVerschiedene Materialien auf LeinwandFormat120 × 90 cm

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KAPITEL 7

ERWEITERUNG DEREUROPÄISCHEN UNION

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166EZBJahresbericht2003

1 Der Begriff „Beitrittsländer“ bezeichnet die zehn beitretendenStaaten sowie Bulgarien und Rumänien.

2 Siehe Artikel 121 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Euro-päischen Gemeinschaft.

3 Der Begriff „beitrittswillige Länder“ bezeichnet die zwölf Bei-trittsländer und die Türkei.

Beim informellen Treffen des EuropäischenRats in Athen am 16. April 2003 unterzeichne-ten die zehn beitretenden Länder – die Tschechi-sche Republik, Estland, Zypern, Lettland, Li-tauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und dieSlowakei – und die 15 derzeitigen EU-Mitglied-staaten den Beitrittsvertrag. Zwei weitere Län-der (Bulgarien und Rumänien) haben die Bei-trittsverhandlungen zwar noch nicht abge-schlossen, doch wurde ihnen ein EU-Beitritt imJahr 2007 in Aussicht gestellt.1 Der Beitritts-vertrag legt die Rahmenbedingungen für die Er-weiterung der EU auf 25 Mitglieder fest undwurde von allen derzeitigen und neuen Mit-gliedstaaten ratifiziert. Mit Ausnahme von Zy-pern wurde in allen beitretenden Ländern imRahmen des Ratifizierungsprozesses ein Refe-rendum abgehalten; dabei stimmte die Mehrheitder Bevölkerung in allen neun Ländern für denEU-Beitritt, in acht Staaten fiel dieses Votumsogar sehr deutlich aus.

Mit dem EU-Beitritt werden die zehn Länder als„Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmerege-lung gilt“ (Länder, die den Euro noch nicht ein-geführt haben) Teil der WWU und ihre Zentral-banken Teil des ESZB. Sobald feststeht, dassdie neuen Mitglieder die Maastrichter Konver-genzkriterien nachhaltig erfüllen,2 werden sieden Euro einführen und ihre Zentralbanken wer-den ins Eurosystem eingegliedert.

Das Eurosystem war auch im Berichtsjahr in allseinen Zuständigkeitsbereichen in den Beitritts-prozess eingebunden. Durch den politischenund technischen Dialog trug es dazu bei, dieNZBen der beitretenden Länder auf die Integra-tion in das ESZB und anschließend in das Euro-system vorzubereiten. Im Rahmen des politi-schen Dialogs wurden zahlreiche bilateraleKontakte mit den NZBen der beitretenden Län-der geknüpft und zur Erörterung geld- undwechselkurspolitischer Fragen sowie andererzentralbankrelevanter Themen genutzt. Ein we-sentliches Ziel bestand darin, das Bewusstseinfür die bevorstehenden Herausforderungen aufbeiden Seiten zu schärfen. Zusätzlich nahm dieEZB weiterhin am wirtschaftspolitischen Dia-log zwischen der EU und den beitrittswilligen

Ländern3 teil. Im November 2003 legte sie demWirtschafts- und Finanzausschuss einen Be-richt über die Herausforderungen im Hinblickauf die Stabilität der Gesamtwirtschaft und derFinanzmärkte in den beitretenden Ländern vor.Im März 2004 schließlich fand in Paris einhochrangig besetztes Seminar über den Bei-trittsprozess mit Vertretern aller NZBen desESZB und der Beitrittsländer statt, in dessenMittelpunkt u. a. geld- und wechselkurspo-litische Fragen sowie die praktische Funk-tionsweise des Wechselkursmechanismus II(WKM II) standen.

Im Rahmen der technischen Kooperation ver-stärkte das Eurosystem 2003 seine Unterstüt-zung für die Zentralbanken der Beitrittsländer,um sie auf die Mitgliedschaft im ESZB und imEurosystem vorzubereiten. Dabei ging es pri-mär um Statistik, Rechtsfragen, Zahlungsver-kehrssysteme, geldpolitische und operative Fra-gen, aber auch um andere notenbankrelevanteBereiche, wie etwa Finanzmarktaufsicht und-stabilität, Banknoten, interne Revision und In-formationstechnologie.

Dieses Kapitel gibt einen Überblick über aktu-elle wirtschaftliche, finanzielle und rechtlicheEntwicklungen in den beitretenden Ländern undbeleuchtet einige der vom Eurosystem initiier-ten Vorbereitungen für die Erweiterung.

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167EZB

Jahresbericht2003

1 W I CH T I G E W I R T S CHA F T L I C H E UNDF I N AN Z I E L L E E N TW I CK LUNGEN UNDPOL I T I S CH E K E RNTHEMEN

Auch im Berichtsjahr verfolgte das Eurosystemdie wirtschaftlichen und finanziellen Entwick-lungen in den beitretenden Ländern, wobei esauf die Bereiche Inflationsentwicklung, Geld-und Wechselkurspolitik, Wirtschaftswachstumund reale Konvergenz, Zahlungsbilanzentwick-lungen sowie öffentliche Finanzen besonderesAugenmerk legte. Die Beobachtung der Finanz-märkte konzentrierte sich u. a. auf aktuelle Ent-wicklungen sowohl im Bankensektor als auchan den Anleihe- und Aktienmärkten.

1.1 WIRTSCHAFTSENTWICKLUNGEN

INFLATIONIn den letzten Jahren sind die Inflationsraten inden beitretenden Staaten bemerkenswert raschzurückgegangen. Von den zweistelligen WertenEnde der Neunzigerjahre ist die durchschnitt-liche Teuerung inzwischen in etwa auf das Ni-veau des Euroraums gesunken. Anfang 2003war die durchschnittliche Inflation sogar niedri-ger als im Euro-Währungsgebiet. Gegen Endedes Berichtsjahrs zogen die Teuerungsratenallerdings wieder etwas an und lagen knappüber jenen im Euroraum. Die Fortschritte beider Inflationsbekämpfung waren allerdings vonLand zu Land unterschiedlich. Während in eini-gen Ländern ausgesprochen niedrige Inflations-raten und mancherorts sogar ein vorübergehendsinkendes allgemeines Preisniveau verzeichnetwurden, ist der Disinflationsprozess in anderenLändern noch nicht abgeschlossen.

Der starke allgemeine Rückgang der Teue-rungsraten wurde größtenteils dank einer striktauf Inflationsbekämpfung ausgerichteten Poli-tik erreicht. Temporäre Faktoren, insbesondereder Konjunkturverlauf, die verzögerten Aus-wirkungen starker Wechselkursgewinne gegen-über dem Euro, ein leichtes Nachlassen desDrucks auf die Energiepreise sowie ein Rück-gang der Nahrungsmittelpreise, spielten jedochebenfalls eine wesentliche Rolle. Mit dem sichverringernden Inflationsdruck setzte sich 2003in den meisten beitretenden Ländern auch derRückgang der Leitzinsen fort.

Die Inflation auf einem so niedrigen Niveau zuhalten, stellt allerdings eine weitere große He-rausforderung dar. Mehrere Faktoren könnenden Inflationsdruck und somit die Anfälligkeitder betreffenden Volkswirtschaften für steigen-de Inflationserwartungen und Lohn-Preis-Spiralen erhöhen: Erstens beginnt sich in ei-nigen Ländern die konjunkturelle Lage auf-zuhellen. Zweitens lassen temporäre Effekte,wie etwa fallende Nahrungsmittelpreise, nach.Drittens kann sich auch aus beitrittsbedingtenGründen, z. B. der Preisliberalisierung, einerAnpassung der Lebensmittelpreise durch dieÜbernahme der Gemeinsamen Agrarpolitik inden neuen Mitgliedstaaten und der durch dieEU-Rechtsvorschriften notwendigen Anpas-sung indirekter Steuern, ein vorübergehenderInflationsdruck ergeben. Nicht zuletzt dürftender Balassa-Samuelson-Effekt (siehe Kasten 4)und der Lohndruck – wahrscheinlich abhängigvon der Entwicklung der nominalen Wechsel-kurse – dafür sorgen, dass der Aufholprozess inden kommenden Jahren einen gewissen Ein-fluss auf den Inflationsverlauf nimmt.

GELD- UND WECHSELKURSPOLITIKIn den beitretenden Staaten kommen aufgrundihrer Heterogenität – nominal, real und struktu-rell gesehen – die unterschiedlichsten geldpoli-tischen Strategien zur Anwendung. Während ei-nige Länder mit festen Wechselkurssystemenihre Geldpolitik auf ein Wechselkursziel aus-richten, verfolgen andere Strategien direkter In-flationsziele oder Mischstrategien. Zwei Länderentschieden sich für eine einseitige Bindung ih-rer Währung an den Euro mit einer Schwan-kungsbreite von ±15 %. Die Wechselkurssyste-me der beitretenden Länder blieben 2003 unver-ändert; in mehreren Ländern kam es jedoch zuAnpassungen des geldpolitischen Handlungs-rahmens, zumeist mit dem Ziel, die Geldpolitikauf die bevorstehende monetäre Integration aus-zurichten.

Die derzeitigen geld- und wechselkurspoliti-schen Strategien trugen wesentlich zur gesamt-wirtschaftlichen Stabilisierung in den beitreten-den Ländern bei, da sie als glaubwürdige Orien-tierungshilfe für Inflationserwartungen dienen

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168EZBJahresbericht2003

und somit auch dem hohen Öffnungsgrad dermeisten dieser Volkswirtschaften Rechnungtragen. In jüngerer Vergangenheit mussten je-doch einige Länder mit flexibleren Wechsel-kursvereinbarungen eine wachsende Volatilitätihres nominalen Wechselkurses hinnehmen.Diese Entwicklungen waren auf eine Reihe vonFaktoren zurückzuführen, darunter Verände-rungen der Anlegerstimmung infolge neuermakroökonomischer und finanzpolitischer Ent-wicklungen und – in einigen Fällen – mög-licherweise externe Schocks. Eine hohe Wech-selkursvolatilität kann das geldpolitische Agie-ren erschweren, sich negativ auf den Handelauswirken und die Einschätzung von Gleich-gewichtswechselkursen problematischer ge-stalten.

Mit dem Beitritt zur EU sind die neuen Mit-gliedstaaten verpflichtet, ihre Wechselkurspoli-tik als Angelegenheit von gemeinsamem In-teresse zu behandeln und Preisstabilität als vor-rangiges Ziel der Geldpolitik anzustreben.Darüber hinaus müssen sie zu gegebener Zeitdem WKM II beitreten. Die Länder im WKM IIkönnen zwar durchaus verschiedene Wechsel-kursstrategien verfolgen, doch sind freischwankende Wechselkurse (oder kontrolliertesFloating ohne einen gemeinsam festgelegtenLeitkurs), Crawling Pegs (gleitende Wechsel-kursanpassungen) oder Anbindungen an andereWährungen als den Euro unvereinbar mit demWKM II. Dies bedeutet, dass die Wechselkurs-politik einiger Länder noch mit den Anforde-rungen des WKM II in Einklang gebracht wer-den muss. Mit Blick auf eine künftige WKM-II-Teilnahme arbeiten mehrere beitretende Länderbereits an einer Überprüfung ihrer geld- undwechselkurspolitischen Strategien.

Am 18. Dezember 2003 veröffentlichte die EZBeine Grundsatzposition des EZB-Rats zu Wech-selkursfragen in Bezug auf die beitretendenStaaten, die den künftigen Mitgliedstaaten alsOrientierungshilfe bei der geldpolitischen Inte-gration dienen soll.

WACHSTUM UND REALE KONVERGENZIn den meisten beitretenden Staaten erwies sichdie Konjunktur 2003 in einem Umfeld langsa-men globalen Wachstums als ausgesprochen be-ständig: Das reale BIP-Wachstum belief sichPrognosen zufolge auf durchschnittlich rund3,5 %. In den baltischen Staaten war die Pro-duktionsentwicklung besonders robust, undPolen, das größte beitretende Land, verzeichne-te nach zwei Jahren verhaltenen Wachstums ei-nen kräftigen Aufschwung. In den meisten bei-tretenden Ländern stellte die starke Inlands-nachfrage, die in manchen Fällen von einerLockerung der Haushaltspolitik und beträchtli-chen Lohnerhöhungen noch gesteigert wurde,den wichtigsten Wachstumsmotor dar. Das rea-le Exportwachstum ließ in den meisten künfti-gen Mitgliedstaaten zwar nach, blieb aber ange-sichts der schwachen weltweiten Konjunktur-entwicklung und der engen Handelsverflech-tungen mit dem Euroraum vergleichsweise dy-namisch. In einigen Ländern stieg der Beitragdes Außenhandels zum realen BIP-Wachstumsogar deutlich an.

Der Abstand zwischen dem Pro-Kopf-BIP inden derzeitigen Mitgliedstaaten und jenem inden meisten beitretenden Staaten ist nach wievor groß. Zu Kaufkraftparitäten betrug das Pro-Kopf-BIP der beitretenden Staaten durch-schnittlich 49 % des EU-Durchschnitts im Jahr2002, zu nominalen Wechselkursen sogar nur26 %. Darüber hinaus vollzieht sich die realeKonvergenz des Einkommensniveaus mit derEU nur schrittweise; die Wachstumsunterschie-de zwischen den beitretenden Ländern und denderzeitigen EU-Staaten beliefen sich in den letz-ten Jahren im Allgemeinen auf rund 2 Prozent-punkte.

In den kommenden Jahren wird eine der größtenHerausforderungen für die beitretenden Länderdarin bestehen, die reale Konvergenz voranzu-treiben, ohne dabei den bereits erreichten Gradan gesamtwirtschaftlicher Stabilität zu gefähr-den. Für die meisten dieser Länder dürfte mit-telfristig ein durchschnittliches Wachstum von4 % bis 6 % ein realistisches Ziel sein, voraus-gesetzt, die Strukturreformen und die stabili-

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Jahresbericht2003

tätsorientierte Politik werden fortgeführt. Daeine Reihe wachstumsfördernder Faktoren,insbesondere der EU-Beitritt, eine größere Rol-le spielen werden, ist auch mit einem Anziehendes realen BIP-Wachstums zu rechnen. Struktu-relle Entwicklungen und hohe Investitionenwerden das Wachstum zwar fördern, könntengleichzeitig aber auch die Volatilität der Pro-duktion erhöhen, vor allem deshalb, weil Inves-titionen tendenziell konjunkturabhängiger sindals der Konsum. Dieser Aspekt wird daher fürdie politischen Entscheidungsträger auch wei-terhin ein wichtiges Thema bleiben.

ZAHLUNGSBILANZENTWICKLUNGIn den meisten beitretenden Ländern ging diereale Konvergenz mit einem beträchtlichenLeistungsbilanzdefizit einher. In den zehn Län-dern betrug es 2003 im Durchschnitt schät-zungsweise rund 3,9 % des BIP, wobei dienegativen Salden in einigen der kleineren Län-der besonders hoch waren. So wie das Anwach-sen des Leistungsbilanzdefizits Ausdruck vonSpar- und Anlageentscheidungen ist, die aufeiner inkorrekten Interpretation des wirtschaft-lichen Umfelds beruhen – etwa auf einer Über-schätzung des Potenzialwachstums oder einerUnterschätzung der Wahrscheinlichkeit nega-tiver Schocks –, kann die Tragfähigkeit derAußenhandelsposition mittel- bis längerfristigunter Druck geraten und die Anfälligkeit gegen-über außenwirtschaftlichen Entwicklungen stei-gen. Bis dato deuten die Ergebnisse empirischerUntersuchungen darauf hin, dass die meistenbeitretenden Staaten mit keinen massiven Wett-bewerbsproblemen konfrontiert sind. Trotz derweltweiten Konjunkturabschwächung verzeich-nete der Großteil dieser Länder in den vergan-genen Jahren ein stabiles Exportwachstum; vie-le konnten ihren Marktanteil in der EU sogarvergrößern.

Sollten die beitretenden Länder einem starkenDruck ausgesetzt sein, ihr Lohn- und Preisni-veau zu rasch an jenes der EU anzupassen,könnten sich in Zukunft Risiken für ihre in-ternationale Wettbewerbsfähigkeit ergeben.Darüber hinaus könnte ein unangemessenerMix aus lockerer Haushaltspolitik und straffer

Geldpolitik eine starke, wenn auch vorüberge-hende Aufwertung der Währung auslösen.Auch mögliche künftige Änderungen in der Fi-nanzierungsstruktur können potenzielle Risikenfür die Tragfähigkeit der Zahlungsbilanz mitsich bringen. Zwar wird allgemein erwartet,dass Kapitalzuflüsse die reale Konvergenzvorantreiben werden, etwa durch den Importvon Know-how in den Bereichen Technologieund Management, doch können sie bis zu einemgewissen Grad auch destabilisierend wirken.Dies wäre der Fall, wenn Art und Umfang derKapitalströme erheblich vom derzeitigen Mus-ter – der Zufluss von Nettodirektinvestitionengleicht in vielen Ländern das Leistungsbilanz-defizit praktisch aus – abweichen würden. NachAbschluss der Privatisierungen in den meistenbeitretenden Ländern könnte eine mögliche Ab-nahme der Direktinvestitionszuflüsse Problemeverursachen; andererseits könnte der EU-Bei-tritt aber zu vermehrten Neuinvestitionen füh-ren, die wiederum einen Großteil der wegfallen-den privatisierungsbedingten Direktinvestitio-nen wettmachen könnten. Mit der zunehmendenAusrichtung der gesamtwirtschaftlichen Politikauf die Vorbereitungen für den WKM II und inweiterer Folge für die Einführung des Eurokönnte die Bewältigung hochvolatiler Kapital-ströme noch schwieriger werden. Kapitalflüsse,die weit über die Absorptionskapazität einesLandes hinausgehen, könnten zudem eine Über-hitzung und eine größere Volatilität der Produk-tion zur Folge haben.

ENTWICKLUNG DER ÖFFENTLICHEN FINANZENTrotz der jüngsten Konjunkturerholung ver-harrten die Haushaltsdefizite in den zehn beitre-tenden Ländern zusammengenommen im Jahr2003 auf einem hohen Niveau von durchschnitt-lich etwa 5 % des BIP. Zugleich verlief die Ent-wicklung der öffentlichen Finanzen weiterhinvon Land zu Land unterschiedlich. In den meis-ten beitretenden Staaten sind die Haushaltsdefi-zite größtenteils struktureller Natur, währenddie Stärke der automatischen Stabilisatoren(automatische Reaktionen des Budgets auf kon-junkturelle Schwankungen) beschränkt zu seinscheint. Zur Konsolidierung ihrer Haushaltewerden die künftigen EU-Mitgliedstaaten ihre

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öffentlichen Ausgaben- und Einnahmenstruktu-ren weiteren nachhaltigen und vorausschauen-den Reformen unterziehen müssen. Wenngleichder durchschnittliche Schuldenstand der bei-tretenden Länder vergleichsweise niedrig ist,könnten anhaltend hohe Defizite in Zeiten ver-siegender Privatisierungserträge zu einer un-günstigen Entwicklung der Staatsschulden füh-ren, was sich wiederum auf Kapitalströme undWechselkursbewegungen auswirken kann.Darüber hinaus könnten mit der Bevölkerungs-alterung zusammenhängende implizite Verbind-lichkeiten der öffentlichen Hand zumindest füreinige beitretende Länder eine zusätzliche He-rausforderung darstellen.

Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalteerweist sich als umso schwieriger, als die bei-tretenden Länder in den kommenden Jahreneinem Ausgabendruck ausgesetzt sein werden.Dieser wird sich aus der Vollendung des Trans-formationsprozesses, Beiträgen zum EU-Haus-halt, der laufenden Umsetzung des gemein-schaftlichen Besitzstands und budgetären Er-fordernissen im Zusammenhang mit derNATO-Mitgliedschaft ergeben. Darüber hinauskönnen anstehende Reformen der Gesundheits-und Rentensysteme sowie öffentliche Investiti-onen während des Aufholprozesses einen we-sentlichen Einfluss auf die öffentlichen Finan-zen in den beitretenden Ländern ausüben.Gleichzeitig könnte die Umsetzung der EU-Wettbewerbsregeln zur Kürzung bestimmterSubventionen führen, wodurch die Haushalts-belastung möglicherweise etwas verringertwird.

Mit dem Beitritt zur EU unterliegen die neuenMitgliedstaaten den Bestimmungen des Stabili-täts- und Wachstumspakts, der für alle EU-Län-der gilt; dazu gehört u. a. die Vorgabe, übermä-ßige Defizite zu vermeiden und einen mittelfris-tig ausgeglichenen oder einen Überschussaufweisenden Haushalt zu erzielen. Ein glaub-würdiger Kurs zur Konsolidierung der öffentli-chen Finanzen ist zudem für die bevorstehendegeldpolitische Integration der beitretenden Län-der unerlässlich. Die Teilnahme am WKM IIsetzt zwar nicht die Erfüllung vorab festgelegter

Kriterien voraus, doch ist es für eine problem-lose Teilnahme erforderlich, bereits im Vorfeldgrößere politische Anpassungen vorzunehmenund eine glaubwürdige Strategie zur Haushalts-konsolidierung zu verfolgen.

1.2 FINANZMARKTENTWICKLUNGEN IN DENBEITRETENDEN LÄNDERN

BANKENSEKTORDie geringe Tiefe der Finanzmärkte in den meis-ten beitretenden Ländern spiegelt die Größe die-ser Volkswirtschaften sowie die niedrigen Be-stände an Krediten und Einlagen wider. Wäh-rend der Bankensektor die Finanzmärkte in denkünftigen EU-Staaten weitgehend dominiert, istdie Finanzintermediation (d. h. die Vermitt-lungstätigkeit der Banken bei der Weiterleitungfinanzieller Mittel von Einlegern zu Kreditneh-mern) nach wie vor eher schwach entwickelt.Dies gilt allerdings nicht für Zypern und Malta,da diese beiden Länder keinen Transformations-prozess von der Plan- zur Marktwirtschaftdurchlaufen mussten. In den beitretenden Staa-ten Mittel- und Osteuropas hingegen erreichtder Grad der Finanzintermediation gerade einDrittel des Durchschnitts im Euroraum und istsomit geringer als in Schwellenländern mit ver-gleichbarem Einkommensniveau. Zurückzufüh-ren ist dieser Umstand in erster Linie auf a) dievorherrschenden Bedingungen zu Beginn desReformprozesses, b) die negativen Auswirkun-gen der Bankenkrisen in dieser Region in denfrühen Neunzigerjahren, c) das relativ kurzeBestehen der heimischen Unternehmen und diedamit einhergehende wichtige Rolle der Eigen-finanzierung sowie d) beträchtliche Direktin-vestitionszuflüsse in einigen Ländern.

Dennoch weist der Bankensektor in den beitre-tenden Staaten eine insgesamt angemessene Ei-genkapitalausstattung, Ertragskraft und Quali-tät der Vermögenswerte auf und scheint somittrotz seiner verhältnismäßig geringen Größe re-lativ konsolidiert und robust zu sein. Außerdemist der Bankensektor dieser Länder großteils inausländischem Besitz: Ende 2002 belief sich derAuslandsanteil am Bankensektor in den beitre-

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tenden Ländern (ausgenommen Zypern undMalta) auf rund 70 % des eingetragenen Kapi-tals bzw. 80 % der Bilanzsumme.4 Die Um-strukturierung und Konsolidierung des Ban-kensektors über die Privatisierung und die Öff-nung des Marktes für ausländische Investorenhaben zur Robustheit des Sektors beigetragen;es kam zu einer Erhöhung des Kapitals und derFinanzierung sowie zu Verbesserungen in denBereichen Technologie, Unternehmensführungund Risikomanagement. Gleichzeitig sehen sicheinige beitretende Länder nach wie vor in erheb-lichem Umfang mit notleidenden Krediten kon-frontiert, wobei dieser Trend allerdings rück-läufig und die entsprechende Risikovorsorgeverhältnismäßig gut ist. Darüber hinaus sind dieFremdwährungsverbindlichkeiten des Unter-nehmenssektors in manchen Ländern relativhoch. Sollte in einem dieser Länder die heimi-sche Währung deutlich abwerten, könnten demBankensektor daraus Kreditrisiken erwachsen,die wiederum Auswirkungen auf die Durchfüh-rung der Geld- und Wechselkurspolitik habenkönnten.

Mit dem Voranschreiten des Aufholprozessesim Hinblick auf das Einkommensniveau werdensich die politischen Entscheidungsträger in ers-ter Linie der Herausforderung stellen müssen,unter Wahrung der Stabilität des Bankensektorsund der Gesamtwirtschaft die Vertiefung derFinanzintermediation sowie die dynamischeGeschäftsausweitung der Finanzinstitute zu be-gleiten. So ist etwa davon auszugehen, dass in-ländische Unternehmen zunehmend auf dieAußen- statt auf die Innenfinanzierung zurück-greifen werden. Ebenso kann es mit der Verbes-serung der Einkommensaussichten und der Kre-ditwürdigkeit der privaten Haushalte in diesemSektor verstärkt zu einer intertemporalen Kon-sumglättung kommen. In den meisten beitreten-den Ländern ist der Grad der Finanzintermedia-tion in den letzten Jahren – allerdings ausge-hend von einem sehr niedrigen Niveau –deutlich angestiegen. In Zypern, Ungarn, derSlowakei und den drei baltischen Staaten wardas Wachstum der Kreditvergabe an privateHaushalte und Unternehmen in den Jahren 2002und 2003 besonders stark. Vor allem die Aus-

weitung der Kreditgewährung an die privatenHaushalte legte deutlich zu und lag merklichüber dem Gesamtkreditwachstum. Aufgeglie-dert nach den der Kreditaufnahme zugrunde lie-genden Wirtschaftsaktivitäten hat sich das Seg-ment der Hypothekenkredite, ausgehend von ei-nem vernachlässigbar niedrigen Niveau, zueinem der am schnellsten wachsenden Bereicheentwickelt. Vor allem in Ungarn, Lettland undPolen stieg 2002 und Anfang 2003 die Aufnah-me von Hypothekenkrediten besonders dyna-misch an.

Obwohl der Kreditbestand in den meistenbeitretenden Staaten nach wie vor gering undüberwiegend durch Hypotheken besichert ist,können eine rasche Vertiefung der Finanzinter-mediation und die Ausweitung der Vermögens-bilanz des Finanzsektors eine höhere Volatilitätder Finanzergebnisse sowohl einzelner Finanz-institute als auch des Sektors insgesamt nachsich ziehen. Umso wichtiger ist für die beitre-tenden Länder daher ein glaubwürdiger und gutfunktionierender Aufsichts- und Regulierungs-rahmen und – im Hinblick auf die Struktur desFinanzsektors – eine engere Zusammenarbeitzwischen den heimischen und den für dieausländischen Mutterbanken zuständigen Auf-sichtsbehörden.

ANLEIHE- UND AKTIENMÄRKTEDie Größe der Anleihemärkte variiert von Landzu Land, doch fast überall ist der Staat derHauptemittent von Schuldverschreibungen. Vorallem im internationalen Vergleich sind die Ak-tienmärkte in den meisten beitretenden Ländernrelativ klein; die über diese Märkte verfügbarenInformationen bzw. Forschungsergebnisse sindzudem selektiv.

Im Vergleich zu wichtigen aufstrebendenMarktwirtschaften wie Brasilien, Russland oderder Türkei ist der Markt für Auslandsanleihenin allen beitretenden Ländern (mit AusnahmePolens) klein. Das Niveau der Auslandsver-

4 Lettland und Slowenien bilden hier eine Ausnahme; in diesen bei-den Ländern ist der in ausländischem Besitz befindliche Anteildes Bankensektors deutlich geringer als im Durchschnitt der bei-tretenden Staaten.

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schuldung ist in den einzelnen Ländern unter-schiedlich; in einigen Ländern, wie etwa Est-land und Lettland, besteht eine deutliche Diffe-renz zwischen dem Netto- und dem Brutto-schuldenstand. In manchen Ländern war aucheine Beschleunigung der Verschuldungsdyna-mik festzustellen.

Die Anleihemärkte sind das Segment, das sichin den letzten Jahren – vor allem in der Tsche-chischen Republik, Ungarn und Polen – amstärksten entwickelt hat. Die gesamtwirtschaft-liche Stabilisierung, insbesondere die Disinfla-tion und niedrigere Zinsen, sowie die bevor-stehende EU-Mitgliedschaft haben zu einerVerringerung des Länderrisikos beigetragenund das Interesse der Investoren geweckt, wo-durch die langfristigen Renditen inländischerAnleihen in den meisten beitretenden Länderndeutlich gefallen sind. In der zweiten Hälfte2003 führte allerdings die wachsende Besorgnisüber den haushaltspolitischen Kurs und die all-gemeine Konsistenz der politischen Maßnah-men einiger Staaten zu einer teilweisen Umkehrder zuvor beobachteten Verringerung des Ren-diteabstands gegenüber dem Euroraum.

Die Renditen der auf Leitwährungen lautendenStaatsanleihen der beitretenden Länder verharr-ten auf niedrigem Niveau. Der Rückgang desRenditeabstands gegenüber dem Eurogebiet wareinerseits auf die weltweite Hausse der Emer-ging-Market-Anleihen, andererseits auch aufden bevorstehenden EU-Beitritt und die Ver-besserung der Länder-Ratings zurückzuführen.Im Allgemeinen haben sich die beitretendenStaaten offenbar von den Entwicklungen in an-deren Schwellenländern abgekoppelt. Für diegesamtwirtschaftliche und strukturelle Ent-wicklung sollten in dieser Hinsicht die günsti-gen Auswirkungen der EU-Mitgliedschaftweiterhin eine Schlüsselrolle spielen. Da jedochdie Anleihemärkte in vielen beitretenden Län-dern relativ wenig liquide sind, ist bei der Ein-schätzung von Renditeentwicklungen Vorsichtgeboten.

Die Aktienmärkte der beitretenden Länder ent-wickelten sich 2003 im Durchschnitt positiv so-

wie weitgehend im Einklang mit jenen in ande-ren Schwellenländern und damit besser als dieMärkte im Euroraum. Eine besonders positiveEntwicklung war an den Aktienmärkten in Lett-land und Litauen zu beobachten, wo sich dieKurse im Lauf des Berichtsjahrs ungefähr ver-doppelten; solide Gewinne wurden aber auch inEstland und einer Reihe beitretender Länder inMitteleuropa verbucht. In einigen wenigen Län-dern verlief das Börsenjahr 2003 wenigererfolgreich: In Zypern fielen die Kurse, und inMalta waren die Kursgewinne relativ beschei-den.

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2 R E CHT L I CH E EN TW I CK LUNGENDas Eurosystem legt großen Wert darauf, dassdie beitretenden Staaten jene Bereiche des ge-meinschaftlichen Besitzstands, die in seinenZuständigkeitsbereich fallen, zeitgerecht über-nehmen und umsetzen. Dies betrifft die im EG-Vertrag und in der ESZB-Satzung enthaltenenBestimmungen über Zentralbanken – insbeson-dere deren Unabhängigkeit – sowie die EU-Ge-setzgebung im Finanzbereich. Im Jahr 2003 un-tersuchte das Eurosystem in enger Zusammen-arbeit mit den Zentralbanken der beitretendenStaaten die Fortschritte der künftigen Mitglied-staaten bei der Erfüllung dieser Anforderungen.

Im Hinblick auf die Zentralbankunabhängigkeitwurden die Satzungen der Notenbanken der bei-tretenden Staaten anhand der in den EWI- undEZB-Berichten über die rechtliche Konvergenzfestgelegten Kriterien (institutionelle, personel-le, funktionelle und finanzielle Unabhängigkeit)untersucht. Diese Analyse wurde auch vor demHintergrund der vom EWI bzw. von der EZBabgegebenen Stellungnahmen zu Entwürfen vonin ihren Zuständigkeitsbereich fallenden natio-nalen Gesetzen und insbesondere der Satzungender NZBen der EU-Mitgliedstaaten vorgenom-men. Diese Stellungnahmen waren den beitre-tenden Staaten bei der Anpassung ihrer Noten-bankgesetze an die im EG-Vertrag festgelegtenAnforderungen von Nutzen und bildeten somitdie Grundlage für die Zentralbankunabhängig-keit in diesen Ländern.

Zentralbanken und Finanzinstitute müssen in ei-nem soliden rechtlichen Umfeld agieren. Da dergemeinschaftliche Besitzstand wichtige Bestim-mungen für den Finanzsektor und die Tätigkeitder Zentralbanken enthält, ist es von entschei-dender Bedeutung, dass die neuen Mitgliedstaa-ten diese Bestimmungen zum Zeitpunkt ihresEU-Beitritts erfüllen (vorbehaltlich jener Berei-che, für die im Beitrittsvertrag Übergangsrege-lungen vorgesehen wurden). Aus diesem Grundkonzentrierte das Eurosystem seine Analyseauch auf die Gesetzgebung im Finanzbereich,insbesondere auf die Bereiche freier Kapitalver-kehr, Verbot der monetären Finanzierung unddes bevorrechtigten Zugangs, Finanzmarktre-

gulierung, Besicherung, Zahlungsverkehrssys-teme, Zahlungsunfähigkeit und Banknoten.

Der Analysebericht lieferte einen Überblicküber die bereits beschlossenen Gesetze und Ent-würfe für Rechtsvorschriften, die dem jeweili-gen nationalen Parlament bis zum 1. Oktober2003 zur Verabschiedung vorgelegt wordenwaren. Sämtliche beitretenden Staaten habenAnstrengungen zur Verankerung der Zentral-bankunabhängigkeit unternommen; in den meis-ten dieser Staaten wurde die Unabhängigkeitder Zentralbanken bereits vollständig odergroßteils umgesetzt. Einigen Ländern, in denender Wortlaut des Notenbankgesetzes noch nichtvollständig der ESZB-Satzung entsprach, wur-de in der Analyse nahe gelegt, das Gesetz ent-sprechend zu adaptieren. Die Umsetzung desgemeinschaftlichen Besitzstands in den für dasEurosystem relevanten Bereichen erfolgt vorbe-haltlich vereinbarter Übergangsregelungen bisspätestens zum Zeitpunkt des EU-Beitritts die-ser Länder.

Die Analyseergebnisse wurden den Notenban-ken der beitretenden Staaten, dem EU-Rat undder Europäischen Kommission unterbreitet. DieAnalyse selbst war jedoch nicht Teil der Beur-teilung, die die EZB im Vorfeld der Verab-schiedung der Konvergenzberichte über dieneuen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 122 Ab-satz 2 EG-Vertrag zu erstellen hat. Sie dientevielmehr dazu, Hintergrundinformationen überdie Vorbereitungen zur Umsetzung des rechtli-chen Rahmens des Eurosystems in den beitre-tenden Staaten bereitzustellen, für die als Mit-glieder der Wirtschafts- und Währungsunioneine Ausnahmeregelung gelten wird. Außerdemwar sie für die Zentralbanken der beitretendenStaaten bei der Definition ihrer Rolle im Bei-trittsprozess auf nationaler Ebene ein wertvol-les Hilfsmittel. Die Analyse war zudem für dieEuropäische Kommission von großem Nutzen,da sie die eingehende Untersuchung und Beur-teilung von Fragen im Zusammenhang mit derZentralbankunabhängigkeit weiter untermauert.

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3 BE I T R I T T S VORBERE I T UNGENIm Jahr 2003 verstärkte das Eurosystem seinemultilaterale und bilaterale Zusammenarbeit mitden beitretenden Staaten. Seit Mai 2003 nehmendie Zentralbankpräsidenten der beitretendenStaaten als Beobachter an den Sitzungen des Er-weiterten Rats teil, während Experten aus denZentralbanken der beitretenden Staaten alsBeobachter den Treffen der Ausschüsse und Ar-beitsgruppen des ESZB beiwohnen (siehe Kapi-tel 8 Abschnitt 1). Dadurch wurde die Ausarbei-tung einer Vielzahl von Themen rund um dieEU-Erweiterung für alle Beteiligten erheblich er-leichtert. Zusätzlich wurden regelmäßig tech-nische Konsultationen abgehalten sowie ein um-fassendes Besuchsprogramm für hochrangigeExperten der Zentralbanken der beitretendenStaaten organisiert.

Da die Vorbereitungen für die EU-Erweiterungim Allgemeinen planmäßig verlaufen, sollteeine reibungslose Einbindung der Zentralban-ken der beitretenden Staaten in das ESZB mög-lich sein.

Im Jahr 2003 erstellte die EZB einen Masterplanals Orientierungshilfe für die Planung, Umset-zung und Überwachung sämtlicher Vorberei-tungsarbeiten im Hinblick auf die Erweiterungdes ESZB und des Eurosystems. Dieser Plan istähnlich dem EWI-Masterplan konzipiert, in demder organisatorische und logistische Rahmenfür das ESZB zur Ausübung seiner Aufgabennach dem Beginn der dritten Stufe der WWUdefiniert wurde. Durch laufende Überwachungsoll gewährleistet werden, dass alle relevantenThemen zeitgerecht behandelt werden und dieZentralbanken der beitretenden Staaten somitproblemlos in den Rahmen des ESZB eingebun-den werden können, ohne die Betriebsabläufeder ESZB-Systeme zu beeinträchtigen. Die EZBübermittelt den regelmäßig aktualisierten Mas-terplan an die Mitglieder des ESZB und die nati-onalen Zentralbanken der beitretenden Staaten.Alle Vorbereitungsarbeiten werden gemäß die-sem Plan umgesetzt.

3.1 ZENTRALBANKGESCHÄFTE

Die Beitrittsvorbereitungen waren im Bereichder Zentralbankgeschäfte vorwiegend auf jeneZentralbankaufgaben ausgerichtet, die von derErweiterung des ESZB ab Mai 2004 beeinflusstwerden; dies betrifft insbesondere die refinan-zierungsfähigen Sicherheiten und den WKM II.

In die Liste der für die Kreditgeschäfte desEurosystems zugelassenen refinanzierungsfähi-gen Sicherheiten werden ab dem Zeitpunkt desESZB-Beitritts jene Sicherheiten, die nur in denbeitretenden Staaten angeführt werden, aufge-nommen. Aus diesem Grund werden die Zen-tralbanken der beitretenden Länder ab Mai 2004im Rahmen der Sicherheitenverwaltung mit derErmittlung und Beurteilung der refinanzie-rungsfähigen Sicherheiten sowie mit deren Mel-dung an die EZB beginnen. Als Vorbereitungdafür organisierte die EZB zu diesem Thema imNovember 2003 einen Workshop für die beitre-tenden Staaten.

Die EZB untersuchte im Jahr 2003 eingehenddie operative Funktionsfähigkeit eines erweiter-ten WKM II. Im Februar 2004 veranstaltete siefür die beitretenden Staaten einen Workshop zuThemen, die mit der Erweiterung einhergehen.Neben diesen Vorbereitungsarbeiten sollen fürdas Frühjahr 2004 anberaumte Tests das rei-bungslose Funktionieren des WKM II gewähr-leisten.

Zusätzlich zu den Bereichen, die von der Erwei-terung des ESZB betroffen sind, wurden bedeu-tende Schritte hinsichtlich operativer, für dieErweiterung des Eurosystems relevanter The-men gesetzt. So wurden Studien über die Aus-wirkungen der Erweiterung auf die Umsetzungder Geldpolitik und die Verwaltung der EZB-Währungsreserven in Angriff genommen.

3.2 ZAHLUNGSVERKEHRS- UND ABWICKLUNGS-SYSTEME

Die EZB hat im Berichtsjahr die Modalitäten fürdie Integration der beitretenden Länder in das

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TARGET-System festgelegt und so im Wesent-lichen den künftigen Mitgliedern die Teilnahmean TARGET nach dem EU-Beitritt eröffnet. Diemeisten beitretenden Staaten beabsichtigenallerdings, sich dem TARGET-System erst nachder Einführung des Euro anzuschließen. An ei-ner Alternativlösung für den Fall, dass die Ge-meinschaftsplattform von TARGET2 (sieheKapitel 2 Abschnitt 2.2) zum Zeitpunkt derEuro-Einführung durch die ersten neuen Mit-gliedstaaten nicht zur Verfügung steht, wirdebenfalls gearbeitet.

Nach der 2002 durchgeführten Beurteilung derSicherheit und Effizienz der Marktinfrastruktu-ren und der damit verbundenen Überwachungs-aufgaben berichteten die Zentralbanken der bei-tretenden Länder 2003 über ihre Fortschritte beider Umsetzung der allgemeinen und länderspe-zifischen Empfehlungen der EZB. Dem Berichtzufolge wurden bereits wesentliche Fortschritteerzielt, und die Notenbanken der beitretendenStaaten arbeiten weiter daran, noch unerledigteAufgaben – gegebenenfalls in Zusammenarbeitmit anderen beteiligten nationalen Stellen – zuerfüllen.

Die EZB veranstaltete auch eine Reihe vonWorkshops für die Zentralbanken der beitreten-den Länder mit dem Ziel, diese bei den Vor-bereitungen für den Beitritt zur EU und in wei-terer Folge zum Euroraum zu unterstützen. EinWorkshop in Warschau war etwa den vorläufi-gen Ergebnissen der Zusammenarbeit des ESZBmit dem Ausschuss der Europäischen Wert-papierregulierungsbehörden im Hinblick aufStandards für Wertpapierverrechnungs- und-abwicklungssysteme in der EU gewidmet. DieRahmenregelungen des Eurosystems fürSicherheiten standen im Mittelpunkt eines wei-teren Workshops, der in Prag stattfand. Dabeiging es um die Möglichkeiten für die beitreten-den Staaten, die Kernbestimmungen dieses Re-gelwerks so bald wie möglich zu erfüllen. Beieinem dritten Workshop in Ljubljana wurdenKosten, Nutzen und Risiken im Zusammenhangmit der Clearingfunktion zentraler Kontrahen-ten untersucht. In Rom fand zudem unter demTitel „Repo conference for central banks – the

landscape of the European market“ eine Konfe-renz über aktuelle Entwicklungen und Erforder-nisse in Bezug auf die Schaffung eines effizien-ten und integrierten Repomarkts – vor allem mitBlick auf die EU-Erweiterung – statt. Alle dieseVeranstaltungen wurden von der EZB in Zu-sammenarbeit mit der jeweiligen nationalenZentralbank organisiert.

Des Weiteren unterstützte das Eurosystem dieZentralbanken der beitretenden Länder im Laufdes Berichtsjahrs bei der Beurteilung ihrerWertpapierverrechnungs- und -abwicklungs-systeme anhand der Standards für die Nutzungvon Wertpapierabwicklungssystemen in der EUbei Kreditgeschäften des ESZB. Diese Stan-dards bilden die Grundlage für die effizienteund sichere Durchführung von Kreditgeschäf-ten der Zentralbanken (siehe Kapitel 3 Ab-schnitt 4.3). Ziel der Beurteilung war es, früh-zeitig jene Bereiche zu ermitteln, in denen zurGewährleistung eines reibungslosen Funktio-nierens der vom Eurosystem abgewickeltenKreditgeschäfte noch Handlungsbedarf besteht.Insgesamt wurden 20 Wertpapierabwicklungs-systeme sowie ein von einer Zentralbank betrie-benes System bewertet und für jedes SystemEmpfehlungen ausgearbeitet. Die Betreibermüssen diese Empfehlungen vollständig umset-zen, damit ihre Systeme zur Abwicklung vonKreditgeschäften des Eurosystems uneinge-schränkt zugelassen werden.

Im Oktober 2003 traf die EZB zum fünften Malmit der Central and Eastern European CentralSecurities Depositories and Clearing HousesAssociation zusammen. Bei dieser Gelegenheitinformierte die EZB Vertreter der Zentralban-ken, Wertpapierregulierungsbehörden, Zentral-verwahrstellen und Clearinghäuser aus den bei-tretenden Staaten über eine breite Palette erwei-terungsrelevanter Themen.

Außerdem veranstalteten die EZB und der vonden europäischen Bankenverbänden und eini-gen Großbanken ins Leben gerufene EuropeanPayments Council einen Workshop für ausge-wählte Repräsentanten von Zentralbanken undGeschäftsbanken aus den beitretenden Ländern.

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Zweck dieses Workshops, bei dem auch dieEuropäische Kommission vertreten war, warein Informationsaustausch über Möglichkeitenzur erfolgreichen Integration der beitretendenLänder in den einheitlichen Zahlungsverkehrs-raum (Single Euro Payments Area – SEPA).

3.3 BANKNOTEN

Die EZB unterstützte im Berichtsjahr die Zen-tralbanken der beitretenden Länder bei derSchaffung einer Infrastruktur für den Umgangmit gefälschten Euro-Banknoten. Zum Zeit-punkt des EU-Beitritts muss diese Infrastrukturbereitstehen. Mit Blick auf die lange Vorlauf-zeit für die Bargeldumstellung in diesen Län-dern nach der Einführung des Euro veranstaltetedie EZB für die betreffenden ZentralbankenWorkshops, die insbesondere den Vorbereitun-gen für die Ausgabe und Bearbeitung von Euro-Banknoten sowie der Beschaffung des Erstaus-stattungsbedarfs an Euro-Banknoten in den bei-tretenden Ländern gewidmet waren.

3.4 STATISTIK

Die Wirtschafts- und Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten und der beitrittswilligen Länderbaten die Europäische Kommission (Eurostat)und die EZB bei einem hochrangigen Treffen inKopenhagen im Oktober 2002, einen Aktions-plan für die Erstellung von Wirtschafts-, Wäh-rungs- und Finanzstatistiken in den beitrittswil-ligen Staaten auszuarbeiten. Ein solcher Planwurde erstellt und in weiterer Folge im Mai2003 bei einem hochrangigen Treffen mit denbeitrittswilligen Ländern verabschiedet. DieTeilnehmer dieses Treffens wiesen darauf hin,dass die Vollständigkeit und Aktualität der sta-tistischen Daten stetig verbessert worden seien.Der Aktionsplan machte allerdings auch deut-lich, dass die beitretenden Länder massive An-strengungen unternehmen müssen, um bis zumBeitritt alle Anforderungen – etwa in Bezug aufAktualität und Erfassungsgrad der Daten sowieandere Qualitätsmerkmale – zu erfüllen.

Im Aktionsplan steht insbesondere die Bereit-stellung von Strukturstatistiken und Statistikenfür die Beurteilung der Konvergenz im Vorder-grund. Der erste Teil des Aktionsplans behan-delt Statistiken, die in die Zuständigkeit der Eu-ropäischen Kommission (Eurostat) fallen: jähr-liche Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen,Staatsdefizit und -verschuldung, der HVPI,strukturelle Indikatoren und Konjunkturstatisti-ken. Die meisten Programmpunkte zielen daraufab, bis Mai 2004 die Verfügbarkeit der Statisti-ken und deren konzeptionelle Übereinstimmungsowie die Erfüllung von Statistikverordnungender EU im Allgemeinen zu verbessern. Derzweite Teil des Aktionsplans deckt die Zustän-digkeitsbereiche der EZB ab: Zahlungsbilanz,Auslandsvermögensstatus, Geld-, Banken- undFinanzmarktstatistiken sowie vierteljährlicheFinanzierungsrechnungen. Diese Statistikenwerden hauptsächlich über die Zentralbankender beitretenden Länder erhoben. Die primäreForderung des Aktionsplans in diesem Bereichist die Übereinstimmung mit den Anforderun-gen des ESZB.

Beide Teile des Aktionsplans werden einer re-gelmäßigen Überprüfung unterzogen. Mitte2004 soll ein von hochrangigen Experten derEuropäischen Kommission (Eurostat) und derEZB erstellter Fortschrittsbericht veröffentlichtwerden. Zusätzlich dazu hat das Direktoriumder EZB halbjährliche Fortschrittsüberprüfun-gen für die Indikatoren jener Bereiche einge-führt, für die die EZB haupt- bzw. mitverant-wortlich ist.

3.5 IT-INFRASTRUKTUR UND IT-ANWENDUNGEN

Im Rahmen der Vorbereitungen für die Erweite-rung des ESZB wurden im Bereich der IT-Infra-struktur und IT-Anwendungen im Jahr 2003 be-trächtliche Fortschritte erzielt. Zur Bereitstel-lung der notwendigen Netzwerk- und Kom-munikationsinfrastruktur werden vor allem dreiHauptkomponenten ausgebaut.

Das Hauptnetzwerk stellt die physische Verbin-dung zwischen den Zentralbanken des ESZB für

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die Daten- und Sprachkommunikation dar. Umin einem erweiterten ESZB alle Mitglieder zuerfassen, wird dieses Netzwerk erneuert. ImJuli 2003 wurde die technische Ausgestaltungin Angriff genommen.

Im Oktober 2003 begann die EZB mit der Um-setzung eines Projekts zur Ausweitung desESZB-weiten Telekommunikationsnetzes aufdie Zentralbanken der beitretenden Länder. Beidiesem Netz handelt es sich um eine Datenüber-tragungsplattform, über die die meisten ESZB-weiten Anwendungen laufen. Dazu gehörenu. a. jene Anwendungen, die für die Durchfüh-rung der geldpolitischen Geschäfte, die Ab-wicklung von Devisengeschäften der EZB, denAustausch statistischer und anderer Daten unddie Beobachtung von Bargeldinformationennotwendig sind.

Das Telekonferenz-System des ESZB wirdebenfalls auf die Zentralbanken der beitretendenLänder ausgeweitet. Damit künftig alle derzeiti-gen und neuen ESZB-Mitglieder über dieselbesichere Infrastruktur an Telekonferenzen teil-nehmen können, wird ein neues Telekonferenz-system installiert.

Darüber hinaus wurden die für die Erweiterungdes ESZB und in weiterer Folge des Euro-systems erforderlichen Aufrüstungen von IT-Anwendungen vorbereitet und Updates derIT-Anwendungen für den Austausch statisti-scher Daten durchgeführt. Die notwendigenÄnderungsarbeiten an der Anwendung für dieBekämpfung der Fälschung von Euro-Bankno-ten laufen noch und sollen vor der Eingliede-rung der Zentralbanken der beitretenden Länderin den Handlungsrahmen des ESZB abgeschlos-sen werden.

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KünstlerKoen VermeuleTitelOhne Titel (Detail), 2002MaterialÖl auf LeinwandFormat210 × 210 cm

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INSTITUTIONELLERRAHMEN, ORGANISATIONUND JAHRESABSCHLUSS

KAPITEL 8

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180EZBJahresbericht2003

1.1 DAS EUROSYSTEM UND DAS EUROPÄISCHE SYSTEM DER ZENTRALBANKEN

1 B E S CH LU S SORGANE UND UNT ERNEHMEN S -KONTRO L L E D E R E Z B

Das Europäische System der Zentralbanken(ESZB) setzt sich aus der Europäischen Zentral-bank (EZB) und den nationalen Zentralbanken(NZBen) aller EU-Mitgliedstaaten zusammen(derzeit 15, ab 1. Mai 2004 25 Mitgliedstaaten),d. h., auch die NZBen der Mitgliedstaaten, dieden Euro noch nicht eingeführt haben, sind da-rin vertreten. Um die Transparenz zu erhöhenund die Struktur des Zentralbankwesens imEuroraum besser zu veranschaulichen, verstän-digte sich der EZB-Rat darauf, die EZB und dieNZBen jener Mitgliedstaaten, die den Euro ein-geführt haben, als „Eurosystem“ zu bezeichnen.Diese Unterscheidung zwischen dem Eurosys-tem und dem ESZB ist notwendig, solange derEuro nicht in allen Mitgliedstaaten eingeführtist.

Die EZB besitzt Rechtspersönlichkeit im Sinnedes Völkerrechts. Als zentrale Schaltstelle des

Eurosystems und des ESZB stellt die EZBsicher, dass sämtliche Aufgaben der beidenSysteme entweder von ihr selbst oder von denNZBen erfüllt werden.

Die einzelnen nationalen Zentralbanken besit-zen eigenständige Rechtspersönlichkeit gemäßdem jeweils geltenden innerstaatlichen Recht;die NZBen der Euro-Länder sind integrale Be-standteile des Eurosystems und führen als sol-che die dem Eurosystem übertragenen Aufga-ben gemäß den von den Beschlussorganen derEZB erlassenen Vorschriften aus. Die NZBengestalten die Tätigkeit des ESZB durch ihreTeilnahme an den einzelnen ESZB-Ausschüssen(siehe Abschnitt 1.5 dieses Kapitels) aktivmit. Aufgaben, die nicht mit dem Eurosystemzusammenhängen, können von den NZBen ineigener Verantwortung weiterhin wahrgenom-men werden, es sei denn, der EZB-Rat stellt

EUROSYSTEM

EU

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Rat

Europäische Zentralbank (EZB)

Rat DirektoriumRat Direktorium

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique

Deutsche Bundesbank

Bank von Griechenland

Banco de España

Banque de France

Central Bank & FinancialServices Authority of Ireland

DanmarksNationalbank

Banca d’Italia

Banque centrale duLuxembourg

De Nederlandsche Bank

Oesterreichische Nationalbank

Banco de Portugal

Suomen Pankki – Finlands Bank

Sveriges Riksbank

Bank of England

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181EZB

Jahresbericht2003

fest, dass diese nicht mit den Zielen und Aufga-ben des Eurosystems vereinbar sind.

An der Spitze des Eurosystems und des ESZBstehen die Beschlussorgane der EZB: der EZB-Rat und das EZB-Direktorium. Die Entschei-dungsfindung innerhalb des Eurosystems unddes ESZB ist zentralisiert. Bei der Entscheidungdarüber, auf welche Art und Weise die oben ge-nannten Aufgaben umzusetzen sind, folgt dieEZB jedoch entsprechend der ESZB-Satzungdem Grundsatz der Dezentralisierung. Solangees Mitgliedstaaten gibt, die den Euro noch nichteingeführt haben, fungiert der Erweiterte Ratals drittes Beschlussorgan. Die Zuständigkeitder Beschlussorgane ist im EG-Vertrag, in derESZB-Satzung und in den einschlägigen Ge-schäftsordnungen geregelt.

1

1.2 DER EZB-RAT

Der EZB-Rat setzt sich aus allen Mitgliederndes Direktoriums der EZB und den Präsidentender NZBen derjenigen Mitgliedstaaten zusam-men, die den Euro eingeführt haben. Die Haupt-aufgaben des EZB-Rats bestehen gemäß EG-Vertrag darin,

– die Leitlinien zu erlassen und die Beschlüssezu fassen, die notwendig sind, um die Erfül-lung der dem Eurosystem übertragenen Auf-gaben zu gewährleisten, und

– die Geldpolitik des Euro-Währungsgebietsfestzulegen – gegebenenfalls durch Be-schlüsse zur Festsetzung geldpolitischerZwischenziele und der Leitzinssätze sowiezur Bereitstellung von Zentralbankguthabenim Eurosystem – und zur Umsetzung dieserBeschlüsse die notwendigen Leitlinien zu er-lassen.

Der EZB-Rat tritt in der Regel alle zwei Wochenin den Räumlichkeiten der EZB in Frankfurt amMain zusammen. Bei seiner ersten Sitzung imMonat führt der EZB-Rat unter anderem eineeingehende Analyse der monetären und wirt-schaftlichen Entwicklung durch und fasst die

damit verbundenen Beschlüsse, während beider zweiten Sitzung im Monat vorwiegend Fra-gen behandelt werden, die mit den übrigen Auf-gaben und Verantwortungsbereichen der EZBund des Eurosystems zusammenhängen. ImJahr 2003 fanden zwei Sitzungen außerhalbFrankfurts statt, und zwar bei der Banca d’Italiain Rom und bei der Banco de Portugal in Lissa-bon.

Bei der Beschlussfassung über geldpolitischeFragen und andere Aufgaben der EZB und desEurosystems agieren die Mitglieder des EZB-Rats nicht als Vertreter ihres jeweiligen Landes,sondern vollkommen unabhängig in persönli-cher Funktion. Dies zeigt sich auch an demGrundsatz, dass jedes Mitglied im EZB-Ratüber eine gleichberechtigte Stimme verfügt(„ein Mitglied – eine Stimme“).

Im Dezember 2002 entschied der EZB-Rat ein-stimmig über den Inhalt seines Vorschlags zurkünftigen Anpassung seiner Abstimmungsmo-dalitäten, die angesichts zukünftiger Erweite-rungen des Euro-Währungsgebiets innerhalbeiner größeren EU erforderlich sein wird. DerVorschlag erfolgte in Übereinstimmung mit derim Vertrag von Nizza enthaltenen Ermächti-gungsklausel für die EZB. Nach dem In-Kraft-Treten des Vertrags von Nizza am 1. Februar2003 hat die EZB die Empfehlung für eineÄnderung der Abstimmungsmodalitäten imEZB-Rat formell verabschiedet.

Die Empfehlung der EZB wurde dem Rat derEuropäischen Union im Februar 2003 vorge-legt. Auf Grundlage der Empfehlung und unterBerücksichtigung der Stellungnahmen der Eu-ropäischen Kommission und des EuropäischenParlaments fasste der EU-Rat in der Zusammen-setzung der Staats- und Regierungschefs am

1 Siehe Beschluss EZB/2004/2 vom 19. Februar 2004 zur Verab-schiedung der Geschäftsordnung der Europäischen Zentral-bank, ABl. L 80 vom 18.3.2004, S. 33; Geschäftsordnung desErweiterten Rates der Europäischen Zentralbank, ABl. L 75vom 20.3.1999, S. 36 und L 156 vom 23.6.1999, S. 52; BeschlussEZB/1999/7 über die Geschäftsordnung des Direktoriums derEuropäischen Zentralbank, ABl. L 314 vom 8.12.1999, S. 34.Alle angeführten Dokumente sind auch auf der Website der EZBabrufbar.

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182EZBJahresbericht2003

21. März 2003 einstimmig den Beschluss zurÄnderung von Artikel 10.2 der Satzung des Eu-ropäischen Systems der Zentralbanken (Ab-stimmungsregeln im EZB-Rat). Das In-Kraft-Treten dieses Beschlusses erfordert die Ratifi-zierung durch alle Mitgliedstaaten, was bislangnoch nicht der Fall ist.

Laut diesem Beschluss werden weiterhin sämt-liche Mitglieder des EZB-Rats an den Sitzungenund Beratungen teilnehmen. Die Anzahl derjeweils stimmberechtigten Zentralbankpräsi-denten darf jedoch zu keinem Zeitpunkt 15überschreiten. Die 15 Stimmrechte unterliegennach Maßgabe vorab festgelegter Regeln einerRotation unter den Zentralbankpräsidenten. Diesechs Direktoriumsmitglieder behalten jeweilsein dauerhaftes Stimmrecht. Um sicherzustel-len, dass die jeweils stimmberechtigten Zentral-bankpräsidenten aus Mitgliedstaaten kommen,die zusammen repräsentativ für die Wirtschaftdes Euroraums insgesamt sind, werden die Zen-tralbankpräsidenten ihr Stimmrecht mit unter-schiedlicher Häufigkeit ausüben. Diese Unter-scheidung zwischen den Zentralbankpräsiden-ten soll jedoch lediglich bei der ursprünglichenFestlegung, wie häufig jeder von ihnen stimm-berechtigt ist, erfolgen. Für alle jeweils stimm-berechtigten Zentralbankpräsidenten giltweiterhin der Grundsatz „ein Mitglied – eineStimme“.

Die Zentralbankpräsidenten werden nach Maß-gabe der Position, die sich – auf Basis einesIndikators sowohl für das Bruttoinlandsproduktals auch für das Gewicht des jeweiligen Finanz-markts – für ihr Land aus der Bedeutung seinerVolkswirtschaft innerhalb des Euro-Währungs-gebiets ergibt, in verschiedene Gruppen einge-teilt. Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Anzahl derEuro-Länder 15 übersteigt, wird es zwei solcheGruppen geben. Sobald dem Euroraum 22 Mit-gliedstaaten angehören, wird das Rotationssys-tem auf drei Gruppen erweitert. Innerhalb jederGruppe sind die Präsidenten der nationalenZentralbanken über gleich lange Zeiträume hin-weg stimmberechtigt. Darüber hinaus ist dasAbstimmungsverfahren darauf ausgerichtet,dass eine automatische Anpassung an eine

Erweiterung des Euroraums auf bis zu 27 Mit-gliedstaaten, d. h. die gegenwärtigen EU-Mit-gliedstaaten zuzüglich der zwölf Beitrittsländer,die in der dem Vertrag von Nizza beigefügtenErklärung über die Erweiterung der Europäi-schen Union aufgezählt sind, in jeder erdenkli-chen Reihenfolge möglich ist. Das Rotations-system soll sicherstellen, dass der EZB-Ratin einem erweiterten Euro-Währungsgebietweiterhin in der Lage ist, Entscheidungen effi-zient und zeitgerecht zu treffen, währendzugleich der Grundsatz der persönlichen Teil-nahme der Mitglieder des EZB-Rats sowie derGrundsatz „ein Mitglied – eine Stimme“ auf-recht erhalten werden.

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183EZB

Jahresbericht2003

DER EZB-RAT

Hintere Reihe(von links nach rechts):Guy Quaden, Matti Vanhala,Nicholas C. Garganas,Ernst Welteke, Jaime Caruana,Nout Wellink, Klaus Liebscher,Eugenio Domingo Solans,Tommaso Padoa-Schioppa

Vordere Reihe(von links nach rechts):Vítor Constâncio,Yves Mersch, Otmar Issing,Lucas D. Papademos,Jean-Claude Trichet,Gertrude Tumpel-Gugerell,Antonio Fazio, John Hurley,Christian Noyer

Willem F. Duisenberg (bis 31. Oktober 2003)Präsident der EZBJean-Claude Trichet (seit 1. November 2003)Präsident der EZBLucas D. PapademosVizepräsident der EZBJaime CaruanaGouverneur, Banco de EspañaVítor ConstâncioGouverneur, Banco de PortugalEugenio Domingo SolansMitglied des Direktoriums der EZBAntonio FazioGouverneur, Banca d’ItaliaNicholas C. GarganasGouverneur, Bank von GriechenlandSirkka Hämäläinen (bis 31. Mai 2003)Mitglied des Direktoriums der EZBJohn HurleyGouverneur, Central Bank and FinancialServices Authority of IrelandOtmar IssingMitglied des Direktoriums der EZB

Klaus LiebscherGouverneur, Oesterreichische NationalbankYves MerschGouverneur, Banque centrale du LuxembourgChristian Noyer (seit 1. November 2003)Gouverneur, Banque de FranceTommaso Padoa-SchioppaMitglied des Direktoriums der EZBGuy QuadenGouverneur, Nationale Bank van België/Banque Nationale de BelgiqueJean-Claude Trichet (bis 31. Oktober 2003)Gouverneur, Banque de FranceGertrude Tumpel-Gugerell (seit 1. Juni 2003)Mitglied des Direktoriums der EZBMatti VanhalaGouverneur, Suomen Pankki – Finlands BankNout WellinkPräsident, De Nederlandsche BankErnst WeltekePräsident, Deutsche Bundesbank

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184EZBJahresbericht2003

1.3 DAS DIREKTORIUM

Hintere Reihe(von links nach rechts):

Eugenio Domingo Solans,Tommaso Padoa-Schioppa,

Otmar Issing

Vordere Reihe(von links nach rechts):Lucas D. Papademos,Jean-Claude Trichet,

Gertrude Tumpel-Gugerell

Willem F. Duisenberg (bis 31. Oktober 2003)Präsident der EZBJean-Claude Trichet (seit 1. November 2003)Präsident der EZBLucas D. PapademosVizepräsident der EZBEugenio Domingo SolansMitglied des Direktoriums der EZB

Dem Direktorium gehören der Präsident, derVizepräsident und vier weitere Mitglieder an.Ihre Ernennung erfolgt einvernehmlich durchdie Regierungen der Mitgliedstaaten, die denEuro eingeführt haben, auf der Ebene derStaats- und Regierungschefs. Das Direktoriumtritt in der Regel einmal wöchentlich zusammenund ist insbesondere verantwortlich für:

– die Vorbereitung der EZB-Ratssitzungen,

– die Ausführung der Geldpolitik im Euroraumgemäß den Leitlinien und Beschlüssen desEZB-Rats sowie die Erteilung diesbezügli-cher Weisungen an die nationalen Zentral-banken des Euroraums,

– die Führung der laufenden Geschäfte derEZB sowie

– die Ausübung bestimmter, vom EZB-Ratübertragener Befugnisse, einschließlich ge-wisser Befugnisse normativer Art.

Mit Wirkung vom 1. Oktober 2003 wurde einManagement-Ausschuss eingerichtet, dem einVertreter der EZB-Führungsebene vorsitzt undder dem Direktorium unterstellt ist (siehe Ab-schnitt 2.2 dieses Kapitels). Dieser neue Aus-schuss soll der Entlastung des Direktoriumsdienen und ihm ermöglichen, sich auf strategi-sche Fragen zu konzentrieren.

Sirkka Hämäläinen (bis 31. Mai 2003)Mitglied des Direktoriums der EZBOtmar IssingMitglied des Direktoriums der EZBTommaso Padoa-SchioppaMitglied des Direktoriums der EZBGertrude Tumpel-Gugerell (seit 1. Juni 2003)Mitglied des Direktoriums der EZB

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DirektionInterne Revision

Michèle Caparello

DirektionPlanung und Controlling

Klaus Gressenbauer

GeneraldirektionVolkswirtschaft

Gert Jan HogewegStellvertreter:

Philippe Moutot,Wolfgang Schill

DirektionKommunikation

Elisabeth Ardaillon-Poirier

GeneraldirektionInternationale und

europäische Beziehungen Pierre van der Haegen

Stellvertreter:Georges Pineau

GeneraldirektionZahlungsverkehrssysteme Jean-Michel Godeffroy

Stellvertreter: Koenraad de Geest

GeneraldirektionForschung

Vítor GasparStellvertreter: Ignazio Angeloni

GeneraldirektionStatistik

Steven KeuningStellvertreter: Werner Bier

GeneraldirektionVerwaltung

Gerald Grisse

DirektionBanknoten

Antti Heinonen

GeneraldirektionSekretariat und

Sprachendienste Frank Moss

Stellvertreter:Julio Durán

Generaldirektion Finanzmarktsteuerung

Francesco PapadiaStellvertreter: Paul Mercier,

Werner Studener

GeneraldirektionRechtsdienste

Antonio Sáinz de VicuñaDirektion

Finanzstabilität undAufsichtsfragenMauro Grande

Beraterdes Direktoriums

Gilles Noblet

Ständige Vertretung der EZB in Washington, D.C.

Johannes Onno de Beaufort Wijnholds

GeneraldirektionInformationssysteme

Jim EtheringtonStellvertreter:

Hans-Gert Penzel

1 Ab 1. Mai 2004.2 Die Abteilung ist bei bestimmten Angelegenheiten unmittelbar dem Direktorium unterstellt.

Abteilungen: � Juristes-Linguistes � Sprachdienst � Sekretariat � Übersetzungen

Abteilungen: � Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen für das Euro-Währungsgebiet und Wirtschaftstatistiken � Außenwirtschaftliche Statistiken � Monetäre Statistiken und Statistiken zu Finanzinstituten und -märkten � Verwaltung statistischer Informationen und Dienstleistungen für Nutzer � Entwicklung und Koordinierung der Statistik

Abteilungen: � Banknotenausgabe � Banknotendruck

Abteilungen: � Amtliche Veröffentlichungen und Bibliothek � Presse und Information � Protokoll und Konferenzen

Abteilungen1: � Ökonometrie � Geldpolitische Forschung � Finanzmarktforschung

Abteilungen: � Budget und Projekte � Organisationsplanung

Abteilungen: � Fragen der Zahlungs- verkehrssysteme � Fragen der Wertpapier- abrechnungssysteme � TARGET

Abteilungen: � Finanzmarktrecht � Institutionelles Recht

Abteilungen: � EU-Institutionen und -Foren � EU-Nachbarregionen � Multilaterale Beziehungen, Beziehungen zum asiatisch- pazifischen Raum und zur westlichen Hemisphäre

Abteilungen: � Geschäftsabwicklung � Geldpolitische Operationen und Devisentransaktionen � Finanzanlagen � Operationsanalysen � Portfolio-Managementsysteme � Risikomanagement 2

Abteilungen: � EZB-Revision � ESZB-Revision

Abteilungen: � Finanzstabilität � Finanzaufsichtsfragen

Abteilungen: � Bürodienste � Bau � Sicherheit und FahrbereitschaftDirektion Rechnungs- und Berichtswesen: Ian IngramAbteilungen: � Rechnungswesen � Berichtswesen und GrundsatzfragenDirektion Personal: Berend van BaakAbteilungen: � Beschäftigungsbedingungen und Personalvertretungsangelegenheiten � Personalmarketing und Personalentwicklung

Direktion IT-Projekte: N.N.Abteilungen: � IT-Managementfunktionen � IT-Betrieb und -Support

Direktion Wirtschaftliche EntwicklungWolfgang SchillAbteilungen: � Gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Euro-Währungsgebiet � EU-Länder � Außenwirtschaftliche Entwicklung

Direktion GeldpolitikHans-Joachim KlöckersAbteilungen: � Kapitalmärkte und Finanzstruktur � Geldpolitische Lage � Geldpolitische Strategie

DirektoriumHintere Reihe (v.l.n.r.): Eugenio Domingo Solans, Tommaso Padoa-Schioppa, Otmar Issing

Vordere Reihe (v.l.n.r.): Lucas D. Papademos (Vizepräsident), Jean-Claude Trichet (Präsident), Gertrude Tumpel-Gugerell

Abteilung Fiskalpolitik

Direktorium

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186EZBJahresbericht2003

1.4 DER ERWEITERTE RAT

Der Erweiterte Rat besteht aus dem Präsidentenund dem Vizepräsidenten der EZB sowie denZentralbankpräsidenten aller EU-Mitgliedstaa-ten. Er nimmt jene Aufgaben wahr, mit denenursprünglich das Europäische Währungsinstitutbetraut war und die aufgrund der Tatsache, dassder Euro noch nicht von allen Mitgliedstaateneingeführt wurde, von der EZB weiterhin zu er-füllen sind. Im Jahr 2003 trat der Erweiterte Ratplangemäß viermal zusammen. Um die Zusam-

menarbeit mit den Zentralbanken der beitreten-den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Erwei-terung des ESZB zu vertiefen, hat der ErweiterteRat im September 2002 beschlossen, die Zen-tralbankpräsidenten der beitretenden Staaten abdem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Bei-trittsvertrags als Beobachter zu den Sitzungendes Erweiterten Rats einzuladen. Am 26. Juni2003 nahmen die Zentralbankpräsidenten derzehn beitretenden Staaten zum ersten Mal alsBeobachter an einer Sitzung des ErweitertenRats teil.

Willem F. Duisenberg (bis 31. Oktober 2003)Präsident der EZBJean-Claude Trichet (seit 1. November 2003)Präsident der EZBLucas D. PapademosVizepräsident der EZBBodil Nyboe AndersenGouverneurin, Danmarks NationalbankJaime CaruanaGouverneur, Banco de EspañaVítor ConstâncioGouverneur, Banco de PortugalAntonio FazioGouverneur, Banca d’ItaliaNicholas C. GarganasGouverneur, Bank von GriechenlandEdward A. J. George (bis 30. Juni 2003)Gouverneur, Bank of EnglandLars HeikenstenGouverneur, Sveriges RiksbankJohn HurleyGouverneur, Central Bank and FinancialServices Authority of Ireland

Hintere Reihe(von links nach rechts):

John Hurley, Nout Wellink,Ernst Welteke, Klaus Liebscher,

Nicholas C. Garganas,Bodil Nyboe Andersen

Mittlere Reihe(von links nach rechts):

Antonio Fazio, Matti Louekoski,Guy Quaden, Lars Heikensten,

Christian Noyer, Jaime Caruana

Vordere Reihe(von links nach rechts):

Yves Mersch,Vítor Constâncio,

Jean-Claude Trichet,Lucas D. Papademos,

Mervyn King

Mervyn King (seit 1. Juli 2003)Gouverneur, Bank of EnglandKlaus LiebscherGouverneur, Oesterreichische NationalbankYves MerschGouverneur, Banque centrale duLuxembourgChristian Noyer (seit 1. November 2003)Gouverneur, Banque de FranceGuy QuadenGouverneur, Nationale Bank van België/Banque Nationale de BelgiqueJean-Claude Trichet (bis 31. Oktober 2003)Gouverneur, Banque de FranceMatti Vanhala*

Gouverneur, Suomen Pankki – Finlands BankNout WellinkPräsident, De Nederlandsche BankErnst WeltekePräsident, Deutsche Bundesbank

* Auf obigem Foto vertreten durch Matti Louekoski, Vizegouver-neur der Suomen Pankki – Finlands Bank.

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187EZB

Jahresbericht2003

1.5 ESZB-AUSSCHÜSSE UND HAUSHALTSAUSSCHUSS

Ausschuss für Rechnungswesen und monetäre Einkünfte(AMICO)

Ian Ingram

ESZB-AUSSCHÜSSE, HAUSHALTSAUSSCHUSS UND AUSSCHUSSVORSITZENDE

Ausschuss für Bankenaufsicht (BSC)Edgar Meister

Banknotenausschuss (BANCO)Antti Heinonen

Ausschuss für Presse, Informationund Öffentlichkeitsarbeit (ECCO)

Elisabeth Ardaillon-Poirier

Ausschuss für Informationstechnologie (ITC)Jim Etherington

Ausschuss der internen Revision (IAC)Michèle Caparello

Ausschuss für internationale Beziehungen (IRC)Hervé Hannoun

Rechtsausschuss (LEGCO)Antonio Sáinz de Vicuña

Ausschuss für Marktoperationen (MOC)Francesco Papadia

Geldpolitischer Ausschuss (MPC)Gert Jan Hogeweg

Ausschuss für Zahlungs- undVerrechnungssysteme (PSSC)

Jean-Michel Godeffroy

Ausschuss für Statistik (STC)Steven Keuning

Haushaltsausschuss (BUCOM)Liam Barron

Die Ausschüsse des ESZB haben auch im Be-richtsjahr eine wichtige Rolle bei der Erfüllungder Aufgaben des Eurosystems bzw. des ESZBgespielt. Die ESZB-Ausschüsse wurden vomEZB-Rat und vom Direktorium in ihrem jeweili-gen Zuständigkeitsbereich mit der Bearbeitungbestimmter Fragen betraut und haben durch ihreExpertise zur Entscheidungsfindung beigetra-gen. Im Regelfall ist die Mitgliedschaft in denESZB-Ausschüssen auf Mitarbeiter der Zen-tralbanken des Eurosystems beschränkt. DieNZBen jener Mitgliedstaaten, die den Euro nochnicht eingeführt haben, entsenden jedoch Ver-treter in die Sitzungen der ESZB-Ausschüsse,wenn Themen aus dem Zuständigkeitsbereichdes Erweiterten Rats erörtert werden.Gegebenenfalls können auch andere zuständigeGremien – wie im Fall des Ausschusses fürBankenaufsicht etwa Vertreter der nationalenAufsichtsbehörden – zur Teilnahme eingeladenwerden. Seit der Unterzeichnung des Beitritts-

vertrags im April 2003 und analog zur Entschei-dung, die Zentralbankpräsidenten der beitreten-den Länder an den Sitzungen des ErweitertenRats teilnehmen zu lassen, werden Experten derZentralbanken der beitretenden Staaten als Beo-bachter zu den Sitzungen der ESZB-Ausschüs-se eingeladen, wenn diese sich mit Themen ausdem Zuständigkeitsbereich des Erweiterten Ratsbefassen. Derzeit gibt es zwölf ESZB-Aus-schüsse, die alle gemäß Artikel 9 der EZB-Geschäftsordnung eingerichtet wurden.

In Budgetfragen steht dem EZB-Rat der Haus-haltsausschuss beratend zur Seite, der gemäßArtikel 15 der EZB-Geschäftsordnung einge-richtet wurde.

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188EZBJahresbericht2003

1.6 UNTERNEHMENSKONTROLLE

Neben den Beschlussorganen der EZB nimmteine Reihe externer und interner Kontrollinstan-zen Aufgaben der Unternehmenskontrolle überdie EZB wahr.

EXTERNE KONTROLLINSTANZENDie ESZB-Satzung sieht zwei Instanzen vor: ei-nen unabhängigen externen Rechnungsprüfer, derden Jahresabschluss der EZB prüft (Artikel 27.1der Satzung des ESZB), und den EuropäischenRechnungshof, der die operative Effizienz derVerwaltung der EZB prüft (Artikel 27.2).

Um der Öffentlichkeit größtmögliche Gewiss-heit über die Unabhängigkeit der externenRechnungsprüfer der EZB zu geben, entschiedder EZB-Rat im August 2002, dass die Rech-nungsprüfer einem Rotationsprinzip unterliegensollen. Dieser Beschluss wurde im Rahmen desVerfahrens zur Bestellung der externen Rech-nungsprüfer der EZB (gemäß Artikel 27.1 derSatzung des ESZB) umgesetzt. Der neue externeRechnungsprüfer nahm seine Tätigkeit imSeptember 2003 auf.2

Der jährliche Bericht des Europäischen Rech-nungshofs und die entsprechende Stellungnah-me der EZB werden auf der Website der EZBund im Amtsblatt der Europäischen Union ver-öffentlicht.

INTERNE KONTROLLINSTANZENAuch im Jahr 2003 führte die interne Revisionder EZB im Auftrag des Direktoriums Prü-fungsaufträge durch. Die Aufgaben der DirektionInterne Revision sind in den Richtlinien fürdas Revisionswesen der EZB („ECB AuditCharter“) festgelegt.3 Die interne Revision be-urteilt und bewertet von Fall zu Fall die Ange-messenheit und Effizienz des Systems der EZB-internen Kontrollen sowie die Qualität derDurchführung der ihr übertragenen Aufgaben.Gemäß dem Beschluss des EZB-Direktoriumserfolgt die interne Revision nach den vom Insti-tute of Internal Auditors im Rahmen der „Inter-national Standards for the Professional Practice

of Internal Auditing“ festgelegten, internationalbranchenüblichen Standards.

Der Ausschuss der internen Revision, ein imAuftrag des EZB-Rats ins Leben gerufenerESZB-Ausschuss, setzt sich aus den Leitern derfür die interne Revision zuständigen Abteilun-gen der EZB und der NZBen zusammen. DerAusschuss ist für die Koordination der voll-ständigen Erfassung gemeinsamer Projekte undBetriebssysteme auf ESZB-Ebene im Rahmender Revision zuständig.

Die Struktur der EZB-internen Kontrolle basiertauf einem funktionellen Ansatz, demzufolgejede Organisationseinheit (Abteilung, Direktion,Generaldirektion) für die interne Kontrolleund Effizienz im eigenen Zuständigkeitsbereichselbst verantwortlich zeichnet. Im Rahmen die-ser Aufgabenstellung kommen in den jeweili-gen Zuständigkeitsbereichen verschiedene Ver-fahren zur laufenden Überwachung zum Ein-satz; so etwa eine Reihe von Regeln und Ver-fahren (die so genannte Chinese Wall), die denFluss von Insiderinformationen – etwa zwi-schen den für die Umsetzung geldpolitischerMaßnahmen und den für die Verwaltung derWährungsreserven und Eigenmittel der EZB zu-ständigen Bereichen – unterbinden sollen. Zu-sätzlich zu diesen Kontrollmaßnahmen sind dieDirektion Planung und Controlling sowie dieAbteilung Risikomanagement und die DirektionInterne Revision in beratender Funktion für diejeweiligen Geschäftsbereiche und das Direkto-rium tätig und unterbreiten diesen Vorschlägehinsichtlich bestimmter Aspekte der Unterneh-menskontrolle, die die Organisation in ihrerGesamtheit betreffen.

Die EZB-Ratsmitglieder sind an einen Verhal-tenskodex gebunden, der ihrer VerantwortungRechnung trägt, die Integrität und das Ansehen

2 Im Zuge einer öffentlichen Ausschreibung wurde die KPMGDeutsche Treuhand-Gesellschaft AG Wirtschaftsprüfungs-gesellschaft mit einem Fünfjahresmandat zum neuen externenRechnungsprüfer der EZB bestellt.

3 Um die für die EZB gültigen Rechnungsprüfungsbestimmungentransparenter zu machen, wird die „ECB Audit Charter“ auf derWebsite der EZB veröffentlicht.

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189EZB

Jahresbericht2003

4 Siehe den Verhaltenskodex für die Mitglieder des EZB-Rates,ABl. C 123 vom 24.5.2002, S. 9 und die Website der EZB.

5 Siehe den Verhaltenskodex der Europäischen Zentralbank ge-mäß Artikel 11.3 der Geschäftsordnung der Europäischen Zen-tralbank, ABl. C 76 vom 8.3.2001, S. 12 und die Website der EZB.

6 Siehe Abschnitt 1.2 der Dienstvorschriften der EZB über dieRegeln über berufliches Verhalten und Geheimhaltung,ABl. C 236 vom 22.8.2001, S. 13 und die Website der EZB.

7 Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlamentsund des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen desEuropäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF),ABl. L 136 vom 31.5.1999, S. 1. Siehe auch die identische Ver-ordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates vom 25. Mai 1999über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugs-bekämpfung (OLAF), ABl. L 136 vom 31.5.1999, S. 8.

des Eurosystems zu wahren sowie die Effektivi-tät der Operationen des Eurosystems zu ge-währleisten.4 Zudem hat der EZB-Rat einen Be-rater ernannt, der seinen Mitgliedern Orientie-rungshilfe zu gewissen Fragen des beruflichenVerhaltens bieten soll. Der Verhaltenskodex fürdie Mitglieder des EZB-Rats ist mit dem Ver-haltenskodex der Europäischen Zentralbankvergleichbar, der den Beschäftigten der EZBund den Direktoriumsmitgliedern als Richt-schnur und Maßstab für ihr berufliches Verhal-ten dient. Von den Beschäftigten und den Mit-gliedern des Direktoriums der EZB wird erwar-tet, dass sie bei der Ausübung ihrer Tätigkeiteinen hohen Standard an Berufsethik wahren.5

In der EZB sind detaillierte Regelungen in Kraft,die verhindern sollen, dass kursbeeinflussendeFinanzmarktdaten missbräuchlich verwendetwerden („Regeln der EZB über Insidergeschäf-te“). So ist es EZB-Mitarbeitern und Direktori-umsmitgliedern verboten, entweder selbst odermittelbar durch Dritte ihnen zugängliche Insi-derinformationen auszunutzen, indem sie ent-weder auf eigenes Risiko und auf eigene Rech-nung oder auf Risiko und Rechnung Dritter pri-vate Finanztransaktionen tätigen.6 Ein vom Di-rektorium ernannter Berater in ethischen Ange-legenheiten stellt die konsistente Auslegungdieser Vorschriften sicher.

MASSNAHMEN ZUR BETRUGSBEKÄMPFUNGIm Jahr 1999 nahmen das Europäische Parla-ment und der Rat der Europäischen Union dieVerordnung (EG) Nr. 1073/1999 über die Un-tersuchungen des Europäischen Amtes fürBetrugsbekämpfung7 (OLAF) an. Durch dieOLAF-Verordnung sollte ein schärferes Vorge-hen gegen Betrug, Korruption und sonstigerechtswidrige Handlungen zum Nachteil derfinanziellen Interessen der Gemeinschaften er-möglicht werden. Die Verordnung sieht u. a.interne Untersuchungen der vom EuropäischenAmt für Betrugsbekämpfung vermuteten Fällevon Betrug innerhalb der Organe, Einrichtun-gen, Ämter und Agenturen der Gemeinschaftvor.

Obwohl der EZB-Rat die Notwendigkeit umfas-sender Maßnahmen zur Betrugsprävention an-erkannte und akzeptierte, gelangte er zu demSchluss, dass durch die Unabhängigkeit und diesatzungsgemäß festgelegten Aufgaben der EZBeine Anwendung der OLAF-Verordnung aufdie EZB von vornherein auszuschließen sei.Stattdessen fasste der EZB-Rat am 7. Oktober1999 den gesonderten Beschluss EZB/1999/5über Betrugsbekämpfung, der ein umfangrei-ches Programm zur Betrugsbekämpfung unterder obersten Verantwortung eines unabhängi-gen Ausschusses für Betrugsbekämpfung vor-sieht. Durch die Einrichtung dieses unabhängi-gen Ausschusses wurden die bestehenden inter-nen Kontrollen der EZB erweitert. Dieser Aus-schuss, der im Verlauf des Jahres 2003 einmaltagte, wurde regelmäßig von der Direktion In-terne Revision über alle mit der Erfüllung seinerAufgaben zusammenhängenden Belange infor-miert.

In der Folge focht die Europäische Kommissionmit Unterstützung des Königreichs der Nieder-lande, des Europäischen Parlaments und desRats der Europäischen Union den Standpunktder EZB an (Rechtssache C-11/00). Am 10. Juli2003 verkündete der Europäische Gerichtshof(EuGH) sein Urteil in dieser Rechtssache underklärte den Beschluss EZB/1999/5 für ungül-tig.

Die Entscheidung des EuGH legt unmissver-ständlich fest, dass die EZB „in den Gemein-schaftsrahmen eingefügt“ ist. Gleichzeitig wur-de darauf hingewiesen, dass der Gemein-schaftsgesetzgeber gewährleisten wollte, dass

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190EZBJahresbericht2003

die EZB in der Lage ist, die ihr übertragenenAufgaben unabhängig zu erfüllen. Der EuGHentschied jedoch, dass aus der Unabhängigkeitder EZB nicht abzuleiten sei, dass die EZB völ-lig von der Europäischen Gemeinschaft getrenntzu sehen und von jeder Bestimmung des Ge-meinschaftsrechts ausgenommen ist. Dies ent-spricht dem von der EZB verfolgten Ansatz,dass die Anwendung der OLAF-Verordnungdie Unabhängigkeit der EZB bei der Erfüllungihrer Aufgaben nicht beeinträchtigen sollte.

Die EZB hat das Urteil des EuGH in vollemUmfang anerkannt und arbeitet derzeit einenneuen Beschluss aus.

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191EZB

Jahresbericht2003

2.1 PERSONAL

PERSONALSTANDInsgesamt waren für das Berichtsjahr 1 271,5Planstellen auf der Basis von Vollzeitbeschäfti-gung vorgesehen. Zum Jahresende 2003 be-schäftigte die EZB 1 217 Mitarbeiter (1 213,5Vollzeitäquivalente), verglichen mit 1 109(1 105,5 Vollzeitäquivalente) zum Jahresende2002. Im Durchschnitt waren bei der EZB imJahr 2003 1 160 Mitarbeiter beschäftigt, gegen-über 1 080 im Vorjahr. Im Jahr 2003 wurden151 neue Mitarbeiter eingestellt, 41 Mitarbeiterverließen die EZB. Im Personalhaushalt für2004 ist eine Obergrenze von 1 362,5 Planstel-len (in Vollzeitäquivalenten) festgesetzt, waseinem Anstieg von 7,1 % gegenüber 2003 ent-spricht.

Seit dem 1. Januar 2003 sind alle neu zu beset-zenden Stellen auch Bewerbern aus den beitre-tenden Ländern zugänglich. Mit gezielten Ein-stellungskampagnen gelang es der EZB, Bewer-ber aus den beitretenden Staaten als Übersetzer,Juristes-Linguistes oder Legal Counsels zu ge-winnen. Derzeit beschäftigt die EZB 39 Mitar-beiter aus den beitretenden Ländern mit Dienst-verträgen von mehr als einjähriger Laufzeit.

Im Jahr 2003 waren 90 Experten nationalerNotenbanken (davon 48 von Notenbanken derbeitretenden Staaten) für einen begrenzten Zeit-raum von durchschnittlich vier Monaten vor Ortfür die EZB tätig. Sowohl die EZB als auch dieNotenbanken der beitretenden Länder konntenbesonders im Hinblick auf die Vorbereitungenfür die EU-Erweiterung von diesen kurzzeitigenArbeitsbesuchen profitieren.

Für EZB-Mitarbeiter, die Mutterschutz, Eltern-zeit oder unbezahlten Urlaub in Anspruch nah-men, wurden im Berichtsjahr 113 Mitarbeitermit Kurzzeitverträgen angestellt (Vertragsver-längerungen eingerechnet), verglichen mit 60im Jahr 2002.

Im Jahr 2003 stellte die EZB 166 Studierendenund Hochschulabsolventen vorwiegend mitwirtschaftswissenschaftlichem Hintergrund

2 ORGAN I S ATOR I S CH E EN TW I CK LUNGENPraktikantenstellen für einen Zeitraum vondurchschnittlich drei bis vier Monaten zur Ver-fügung. Im Jahr 2002 hatte es 135 solcher Praktikagegeben. Im Berichtsjahr kamen 48 Praktikan-ten aus den beitretenden Ländern.

Im Rahmen des Programms für renommierteGastforscher, das auf Forschungsprojekte zuSpezialfragen im Bereich der Geldpolitik zuge-schnitten ist, waren im Berichtsjahr 24 Gastfor-scher bei der EZB tätig, verglichen mit 20 imJahr 2002 (siehe Kapitel 2 Abschnitt 5).

Ferner nahmen wie schon im Vorjahr zwölfPostgraduate-Studenten an EZB-Forschungs-projekten für Volkswirte zur Förderung hoch-begabter Wissenschaftler teil.

INTERNE MOBILITÄTIm Jahr 2003 wechselten 93 EZB-Mitarbeiterihren Tätigkeitsbereich, nachdem sie sich er-folgreich für offene Stellen innerhalb der EZBbeworben hatten. Darüber hinaus wurdenEZB-intern zeitlich befristete Einsätze in ande-ren Arbeitsgebieten gefördert. So waren zwölfMitarbeiter kurzzeitig in anderen Bereichen tä-tig, um entweder zusätzliche Berufserfahrungzu sammeln oder einem dringenden, jedoch zeit-lich begrenzten Tätigkeitsbedarf nachzukom-men. Sie alle kehrten danach wieder an ihrenursprünglichen Arbeitsplatz zurück.

EXTERNE MOBILITÄTZu Beginn des Berichtsjahrs wurde zur Förde-rung der Personalentwicklung das Entsen-dungsprogramm zur Erlangung externerBerufserfahrung ins Leben gerufen. Im Rahmendieses Programms können EZB-Mitarbeiter zunationalen Zentralbanken sowie zu einschlägi-gen europäischen oder internationalen Institu-tionen entsandt werden. Im Jahr 2003 nahmendrei Mitarbeiter der EZB für einen Zeitraum vonzwei bis fünf Monaten an diesem Programmteil.

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192EZBJahresbericht2003

DIE KINDERBETREUUNGSSTÄTTEN DER EZB UNDDIE EUROPÄISCHE SCHULEDie Kinderbetreuungsstätten der EZB wurdenum eine dritte Tagesstätte mit rund 90 zusätzli-chen Betreuungsplätzen für Kinder von EZB-Mitarbeitern erweitert. Sie bieten nunmehr Platzfür die Betreuung von insgesamt 221 Kindernim Alter ab drei Monaten aufwärts.

Der Sekundarzweig der Europäischen Schule inFrankfurt nahm im September 2003 den Schul-betrieb mit fünf Schulstufen auf. Ebenso wiedie Vorschul- und Primarstufe ist auch die Se-kundarstufe in vier Sprachabteilungen unter-teilt: Deutsch, Englisch, Französisch und Italie-nisch.

2.2 MASSNAHMEN ZUR VERBESSERUNG DERINTERNEN ORGANISATION

Die EZB konzentrierte sich seit dem Jahr 1998im Wesentlichen auf die Festlegung ihrer Funk-tionen, die Formulierung und Durchführung dergemeinsamen Geldpolitik sowie die Einführungdes Euro. Gleichzeitig jedoch haben Umfangund Aufgaben der EZB stetig zugenommen, undentsprechend erhöhte sich auch der Personal-stand erheblich. Diese Entwicklungen machteneine Verbesserung der internen Organisationerforderlich. Nach der erfolgreichen Euro-Bargeldumstellung entschied das Direktoriumder EZB daher, das organisatorische Gefüge,die Verwaltungsstrukturen und -prozesse sowiedie Strategien des Personalmanagements vorallem im Hinblick auf Personalmarketing undPersonalentwicklung zu verbessern.

„ECB IN MOTION“Im Rahmen der verstärkten Bemühungen, dieinterne Organisation der EZB zu verbessern,beschloss das Direktorium Anfang 2003, unterden Mitarbeitern Umfragen zu den Unterneh-mensgrundsätzen, zur internen Kommunikationsowie zur organisatorischen Leistungsfähigkeitdurchzuführen. Auf Basis der Umfrageergeb-nisse entschloss sich das EZB-Direktorium,unter dem Motto „ECB in Motion“ einen Reform-prozess zur Verbesserung der Funktionalität

der EZB einzuleiten. Dieser Reformprozess, inden die EZB-Mitarbeiter so weit wie möglicheingebunden wurden, konzentrierte sich auf diein den Umfragen behandelten Themen. Unterder Leitung eines Projektbüros und des Direk-toriums der EZB wurden vier Projektgruppenins Leben gerufen, die Vorschläge im Hinblickauf Verwaltungsstrukturen, fachliche Weiter-entwicklung, interne Kommunikation sowieMaßnahmen zum Bürokratieabbau ausarbeite-ten. Im Oktober 2003 nahm das EZB-Direktoriumden Großteil der von den vier Projektgrup-pen unterbreiteten Vorschläge an und richteteein Programmbüro zur Beaufsichtigung derweiteren Entwicklung und Umsetzung dieserMaßnahmen ein. Spätestens bis zum 1. Juli2004 sollten diese Maßnahmen zur Umsetzungbereit sein.

EINRICHTUNG EINES MANAGEMENT-AUSSCHUSSESDas Direktorium der EZB überprüfte auch dieeigene Arbeitsweise sowie seine Rolle in derUnternehmensleitung der EZB und einigte sichdarauf, einen Management-Ausschuss einzu-richten, der dem Direktorium in der Verwaltungder EZB, der strategischen Planung und beimjährlichen Haushaltsverfahren beratend und un-terstützend zur Seite stehen soll. Dadurch solldem Direktorium ermöglicht werden, sich ver-mehrt der Vorbereitung und Diskussion strate-gischer Themen zu widmen, die sowohl mit denAufgaben und Grundsätzen sowie den internenStrukturen und Funktionen der EZB in Zusam-menhang stehen. Der Management-Ausschussist dem EZB-Direktorium direkt unterstellt undsetzt sich aus Vertretern der EZB-Führungsebenezusammen. Den Vorsitz bekleidet ein Mitglieddes Direktoriums. Der Ausschuss nahm seineArbeit im Oktober 2003 auf.

UMSTRUKTURIERUNG DER GENERALDIREKTIONINFORMATIONSSYSTEMESeit 1994 wurden erhebliche Anstrengungenzur Bereitstellung der Kerninfrastrukturen und-anwendungen unternommen, die für die erfolg-reiche Umsetzung der dritten Stufe der WWUund die Einführung des Euro notwendig waren.In dieser Zeit haben die IT-Abteilungen desEWI und der EZB die gesetzten Fristen erfolg-

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193EZB

Jahresbericht2003

reich eingehalten. Auch die Informationssyste-me der EZB und des ESZB haben sich als stabilund tragfähig erwiesen.

Anfang 2002 fasste die EZB den Beschluss, dieBereitstellung von Informationsdiensten inner-halb der EZB zu überprüfen und dabei die der-zeitige Organisation, Struktur und Effektivitätder Leistungserbringung im IT-Bereich derEZB zu beurteilen und Anhaltspunkte für diezukünftige Ausrichtung zu geben.

Im Juli 2003 verabschiedete das Direktoriumvier vorrangige Empfehlungen, die in Zusam-menarbeit mit einem externen Berater ausgear-beitet worden waren. Diese Empfehlungen wer-den zu einer strategischen Neuausrichtung derLeistungserbringung im IT-Bereich der EZBführen und folgende Maßnahmen beinhalten:

– Verbesserung des Projektportfolio-Manage-ments mit Schwerpunkt auf der Festlegungvon Prioritäten und der Zuweisung von IT-und Finanzressourcen,

– Umstrukturierung der Generaldirektion In-formationssysteme zur Verbesserung desProjektmanagements und der IT-Leistungs-fähigkeit (dementsprechend richten die Mit-arbeiter der Generaldirektion Informations-systeme ein verstärktes Augenmerk aufEZB-interne Projektmanagement- undBereitsstellungskapazitäten, um den steigen-den Bedarf der Geschäftsbereiche der EZBund des ESZB an IT-Projekten zu bewälti-gen),

– verstärkte Konzentration auf die Erstellungeinheitlicher IT-Architekturstandards mitBlick auf eine Verringerung der Komplexitätund Wartungskosten der IT-Landschaft und

– Neubewertung der Optionen zur Bedarfsde-ckung in den Bereichen IT-Betrieb, IT-Support und IT-Infrastruktur.

Die neue Organisationsstruktur wird derzeit indrei Bereichen umgesetzt: in der DirektionIT-Projekte, der Abteilung IT-Betrieb und

-Support und der Abteilung IT-Management-funktionen. Die Umsetzung der übrigen Emp-fehlungen hat bereits begonnen und dürfte vor-aussichtlich Ende 2004 abgeschlossen sein.

UMSTRUKTURIERUNG DER GENERALDIREKTIONSTATISTIKIm Verlauf des Jahres 2003 wurde die General-direktion Statistik umstrukturiert. Seit derGründung der EZB haben sich Arbeitsleistungund Mitarbeiterzahl dieser Generaldirektionmehr als verdoppelt; die Organisationsstrukturblieb jedoch weitgehend unverändert. Die mit-telfristig ausgerichtete Strategie für denBereich Statistik, die die EZB Anfang 2003festgelegt hat (siehe Kapitel 2 Abschnitt 4),konnte nur nach einer Überprüfung der Organi-sationsstrukturen der Generaldirektion umge-setzt werden. Diese Überprüfung begann im Fe-bruar 2003 und wurde von einer Arbeitsgruppe,der auch ein NZB-Experte angehörte, durchge-führt. Das EZB-Direktorium verwendete dieVorschläge dieser Expertengruppe als Grundla-ge für ihre Entscheidung über eine neue Organi-sationsstruktur, die bereits seit 1. Februar 2004umgesetzt wird.

Bei der Umstrukturierung geht es in erster Liniedarum, die Benutzerorientierung der General-direktion Statistik, etwa durch einen zentrali-sierten Benutzerinformationsservice, zu verbes-sern. Die neue Struktur dient außerdem dazu,die Effizienz und Effektivität bei der Entwick-lung neuer Statistiken und statistischer Stan-dards zu erhöhen, indem alle mit diesen Aufga-ben beschäftigten Stellen nunmehr in einer eige-nen Abteilung zusammengeführt werden.

2.3 DAS NEUE GEBÄUDE DER EZB

Derzeit ist die EZB noch in verschiedenen Miet-objekten untergebracht, doch hat sie bereits dieErrichtung eines neuen Bürogebäudes beschlos-sen. Das neue Gebäude soll auf dem Geländeder Großmarkthalle, das die EZB von der StadtFrankfurt am Main erworben hat, errichtet wer-den. Im Rahmen der Gestaltung der neuenRäumlichkeiten wurde ein internationaler

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194EZBJahresbericht2003

Architekturwettbewerb ausgeschrieben. DieEinreichfrist für die Bewerber endete am20. Januar 2003. Die EZB erhielt Entwürfe vonmehr als 300 Architekten aus 31 Ländern undfünf Kontinenten. Im April wurde von einerJury bestehend aus fünf Vertretern der EZB undfünf Architekten in einem Vorauswahlverfah-ren 80 Bewerber ermittelt, unter ihnen 70 etab-lierte und 10 talentierte junge Architekten. Alle80 Bewerber wurden zu einer Informationsver-anstaltung, die auch den Besuch des Geländesder Großmarkthalle einschloss, nach Frankfurteingeladen. Viele Fragen der Architekten bezo-gen sich auf die technischen Details der histori-schen Großmarkthalle aus dem Jahr 1928, dieunter Denkmalschutz steht. Im Anschluss daranwurden die Architekten aufgefordert, im Rah-men der ersten Wettbewerbsphase bis zum7. Juli 2003 anonyme Entwürfe vorzulegen.

Die eingereichten Entwürfe wurden von einerzwölfköpfigen internationalen Jury unter demVorsitz des EZB-Vizepräsidenten bewertet. DieJury bestand aus drei Vertretern der EZB, dreiVertretern der nationalen Zentralbanken, denfünf externen, international renommiertenArchitekten, die schon dem Vorauswahlkomiteeangehört hatten, sowie einem Vertreter derStadt Frankfurt am Main. Am 28. und 29. Au-gust 2003 wählte die Jury zwölf Kandidatenaus, die zur zweiten Phase des Wettbewerbs zu-gelassen wurden, in deren Rahmen sie bis zum12. Dezember detailliertere Entwürfe vorlegensollten. Am 13. Februar 2004 wählte die Jurydie drei besten Entwürfe aus.8 Alle eingereich-ten Entwürfe der ersten und zweiten Wett-bewerbsphase waren danach in einer dreiwöchi-gen öffentlichen Ausstellung im DeutschenArchitektur Museum in Frankfurt am Main zusehen.

Die EZB behält sich das Recht vor, die Preisträ-ger zur Überarbeitung ihrer Entwürfe gemäßden Empfehlungen der Jury bzw. gemäß funkti-onellen und technischen Anforderungen vonSeiten der EZB aufzufordern. Nach Überprü-fung und Bewertung der endgültigen Entwürfewird die EZB den Auftrag für die Errichtungdes neuen EZB-Gebäudes dem Architektenteam

erteilen, das die Auswahlkriterien nach Ansichtder EZB am besten erfüllt. Im Anschluss sollmit der Detailplanung begonnen werden. DerBeginn der Bauarbeiten ist für 2006 vorgese-hen.

8 Eine Pressemitteilung und Bilder können auf der Website derEZB abgerufen werden.

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195EZB

Jahresbericht2003

Im Jahr 2003 fanden im Rahmen des SozialenDialogs im ESZB zwei Zusammenkünfte statt,bei denen Arbeitnehmervertreter aller Zentral-banken des ESZB und Vertreter der Europäi-schen Gewerkschaftsverbände mit der EZB jeneEntwicklungen innerhalb des ESZB diskutier-ten, die Auswirkungen auf die Situation derMitarbeiter der NZBen haben. Die Arbeitneh-mervertreter der Zentralbanken aus den zehnbeitretenden Staaten wurden als Beobachter ein-geladen.

Wie bereits in den Jahren zuvor umfassten dieHauptthemen des Sozialen Dialogs die Ent-wicklung in den Bereichen Banknoten, Zah-lungssysteme sowie Bankenaufsicht undFinanzmarktstabilität.

Im Bereich Banknoten stand die Frage im Vor-dergrund, wie Vereinbarungen zur Banknoten-produktion langfristig zu gestalten sind (sieheKapitel 2 Abschnitt 3). Die Arbeitnehmerver-treter argumentierten, dass Banknoten einöffentliches Gut seien und hoben die wesentlicheBedeutung der Qualität und Sicherheit derBanknoten für das öffentliche Vertrauenhervor. Sie waren außerdem der Ansicht, dassdie Arbeitsplatzsicherheit für Druckereimitar-beiter aus verschiedenen Gründen gewahrt wer-den müsse, vor allem in Anbetracht der großenAnstrengungen, die notwendig waren, umrechtzeitig die für die Bargeldumstellung erfor-derliche Menge an Euro-Banknoten zu drucken.Daher sollten die Zentralbanken weiterhin insämtliche Verfahrensschritte der Banknoten-produktion – insbesondere in das Drucken derBanknoten – eingebunden bleiben.

Im Bereich Zahlungssysteme lag der Schwer-punkt vor allem auf den Fortschritten bei denVorbereitungen für TARGET2 (siehe Kapitel 2Abschnitt 2). Die EZB informierte die Teilneh-mer des Sozialen Dialogs laufend über dieerzielten Fortschritte. Die Arbeitnehmervertre-ter äußerten sich zu den Lösungsvorschlägenund betonten ihre Präferenz für eine dezentraleLösung in Anlehnung an das derzeitige System.

3 SO Z I A L E R D I A LOG IM E S Z BBezüglich der Bankenaufsicht und Finanz-marktstabilität informierte die EZB die Teilneh-mer über die Reform des EU-Regelwerks zurRegulierung, Überwachung und Stabilität derFinanzmärkte, die Umsetzung des Lamfalussy-Verfahrens im Bankensektor, die Überprüfungder Eigenkapitalvereinbarung für Banken durchden Basler Ausschuss für Bankenaufsicht(Neue Basler Eigenkapitalvereinbarung) sowiedie Reformen der bankenaufsichtlichen Struk-turen auf nationaler Ebene (siehe Kapitel 3 Ab-schnitt 2). Die Arbeitnehmervertreter betontennochmals ihre Forderung, Aufgaben der Ban-kenaufsicht und Wahrung der Finanzmarktsta-bilität in den Verantwortungsbereich der einzel-nen Zentralbanken zu legen.

Die Zusammentreffen im Rahmen des SozialenDialogs des ESZB ermöglichten auch Gesprä-che zu allgemeineren Themen, wie etwa zur Ent-wicklung gemeinsamer Ausbildungsprogrammeund einer gemeinsamen Unternehmenskulturfür das ESZB, zu den Vorbereitungen der EZBfür die Erweiterung des ESZB im Jahr 2004 so-wie zur Umstrukturierung einiger NZBen seitGründung des Eurosystems. Dabei wurdenauch die Faktoren näher erläutert, die diesenUmstrukturierungen zugrunde liegen. Die Ar-beitnehmervertreter äußerten sich diesbezüglichbesorgt darüber, ob der Beschäftigungsstandder NZBen beibehalten werden könne.

Die von den Gewerkschaftsvertretern geäußer-ten Ansichten und Bedenken wurden an denEZB-Rat und den Erweiterten Rat weitergelei-tet.

Bei den Zusammenkünften im Rahmen desSozialen Dialogs des ESZB betonte die EZB, dassbei Entscheidungen des EZB-Rats der Grund-satz der Effizienz, Effektivität, Sicherheit sowiehoher Qualitätsstandards und eines hohenDienstleistungsniveaus gilt. Außerdem berück-sichtigt er bei seinen Entscheidungen derenAuswirkungen auf die Beschäftigungslage unddie sozialen Bedingungen.

Im Oktober 2003 rief die EZB im Zuge desSozialen Dialogs des ESZB einen Newsletter

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196EZBJahresbericht2003

ins Leben, um den Informationsfluss unter denTeilnehmern in der Zeit zwischen den einzelnenZusammenkünften zu verbessern und das allge-meine Verständnis für die behandelten Themenzu erhöhen. Schließlich wiesen die Teilnehmerauf die Bedeutung einer verbesserten Unterneh-menskultur innerhalb des ESZB hin. Zu diesemZweck werden gemeinsame Ausbildungspro-gramme organisiert.

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4 J AHR E S A B S CH LU S S D E R E Z B

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198EZBJahresbericht2003

B I L ANZ ZUM 3 1 . D E Z EMBER 2 0 0 3AKTIVA ERLÄUTERUNG 2003 2002

NR. € €

Gold und Goldforderungen 1 8 145 320 117 8 058 187 254

Forderungen in Fremdwährung an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 2

Forderungen an den IWF 211 651 948 164 788 323Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen,Auslandskredite und sonstige Auslandsaktiva 28 593 384 857 37 151 511 287

28 805 036 805 37 316 299 610

Forderungen in Fremdwährung anAnsässige im Euro-Währungsgebiet 2 2 799 472 504 3 047 976 497

Forderungen in Euro an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 3

Guthaben bei Banken,Wertpapieranlagen und Kredite 474 743 402 183 237 923

Sonstige Forderungen in Euro anKreditinstitute im Euro-Währungsgebiet 4 25 000 0

Intra-Eurosystem-Forderungen 5Forderungen aus der Verteilung des Euro-Banknotenumlaufs innerhalb des Eurosystems 34 899 471 205 28 681 074 010Sonstige Intra-Eurosystem-Forderungen (netto) 4 599 894 403 5 468 478 796

39 499 365 608 34 149 552 806

Sonstige Aktiva 6Sachanlagen 128 911 950 112 624 758Sonstiges Finanzanlagevermögen 5 573 756 258 5 529 030 465Aktive Rechnungsabgrenzungsposten 590 646 023 1 260 718 561Sonstiges 37 791 421 609 968 394

6 331 105 652 7 512 342 178

Bilanzverlust 476 688 785 0

Aktiva insgesamt 86 531 757 873 90 267 596 268

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199EZB

Jahresbericht2003

Banknotenumlauf 7 34 899 471 205 28 681 074 010

Verbindlichkeiten in Euro gegenübersonstigen Ansässigen im Euro-Währungsgebiet 8 1 065 000 000 1 036 000 000

Verbindlichkeiten in Euro gegenüber Ansässigenaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 9 146 867 501 227 805 777

Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüberAnsässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets 10

Einlagen, Guthaben und sonstige Verbindlichkeiten 1 452 432 822 5 192 380 656

Intra-Eurosystem-Verbindlichkeiten 11Verbindlichkeiten aus der Übertragungvon Währungsreserven 40 497 150 000 40 497 150 000

Sonstige Passiva 12Passive Rechnungsabgrenzungsposten 1 162 299 071 1 417 939 194Sonstiges 174 890 973 75 191 137

1 337 190 044 1 493 130 331

Rückstellungen 13 87 195 777 2 644 780 685

Ausgleichsposten aus Neubewertung 14 2 176 464 065 4 404 834 096

Kapital und Rücklagen 15Kapital 4 097 229 250 4 097 229 250Rücklagen 772 757 209 772 757 209

4 869 986 459 4 869 986 459

Bilanzgewinn 0 1 220 454 254

Passiva insgesamt 86 531 757 873 90 267 596 268

PASSIVA ERLÄUTERUNG 2003 2002NR. € €

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200EZBJahresbericht2003

GEW INN - UND V E R LU S T R E CHNUNG F ÜR DA SG E S CHÄ F T S J AHR 2 0 0 3

Frankfurt am Main, den 9. März 2004

EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

Jean-Claude TrichetPräsident

Zinserträge aus Währungsreserven 541 294 375 990 618 897Zinserträge aus der Verteilung des Euro-Banknotenumlaufs innerhalb des Eurosystems 698 245 187 726 917 226Sonstige Zinserträge 1 449 963 923 1 965 003 344Zinserträge 2 689 503 485 3 682 539 467Zinsaufwendungen für die NZB-Forderungenaus der Übertragung von Währungsreserven (807 683 148) (1 140 963 789)Sonstige Zinsaufwendungen (1 166 693 660) (1 547 042 623)Zinsaufwendungen (1 974 376 808) (2 688 006 412)

Nettozinsergebnis 20 715 126 677 994 533 055

Realisierte Gewinne (Verluste)aus Finanzgeschäften 21 525 260 622 735 425 388Abschreibungen auf Finanzanlagen und -positionen 22 (3 972 689 560) (276 955 036)Auflösung von (Zuführung zu) Rückstellungenfür Fremdwährungs- und Preisrisiken 2 568 708 838 154 000 000

Nettoergebnis aus Finanzgeschäften,Abschreibungen und Rückstellungen (878 720 100) 612 470 352

Nettoergebnis aus Gebühren und Provisionen 23 (63 466) (227 158)

Sonstige Erträge 24 2 911 280 3 744 153

Nettoerträge insgesamt (160 745 609) 1 610 520 402

Personalaufwendungen 25 + 26 (129 886 988) (120 003 344)

Sachaufwendungen 27 (153 549 282) (133 966 576)

Abschreibungen auf Sachanlagen 28 (30 410 140) (17 738 206)

Aufwendungen für Banknoten 29 (2 096 766) (118 358 022)

Jahresüberschuss (Jahresfehlbetrag) (476 688 785) 1 220 454 254

ERLÄUTERUNG 2003 2002NR. € €

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201EZB

Jahresbericht2003

RE CHNUNG S L EGUNG SGRUND S Ä T Z E 1

FORM UND DARSTELLUNG DESJAHRESABSCHLUSSESDer Jahresabschluss der Europäischen Zentral-bank (EZB) ist so konzipiert, dass er ein getreu-es Bild der Finanzlage der EZB und der finanzi-ellen Ergebnisse ihrer Tätigkeit vermittelt. DieBasis für die Erstellung bilden die hier ange-führten Rechnungslegungsgrundsätze,2 die derEZB-Rat als für die Tätigkeiten einer Zentral-bank angemessen erachtet.

BILANZIERUNGS- UNDBEWERTUNGSGRUNDSÄTZEDie folgenden Grundsätze kamen zur Anwen-dung: Bilanzwahrheit/Bilanzklarheit, Bilanz-vorsicht, Berücksichtigung von Ereignissennach dem Bilanzstichtag, Wesentlichkeit, Pe-riodenabgrenzung, Unternehmensfortführung,Stetigkeit und Vergleichbarkeit.

BEWERTUNGSANSATZDie Bewertung erfolgt grundsätzlich zu histori-schen Anschaffungskosten. Abweichend davonwerden marktfähige Wertpapiere, Gold und allesonstigen Fremdwährungsforderungen und-verbindlichkeiten (einschließlich außerbilanzi-ell geführter Positionen) zum Marktwert ange-setzt. Für die Erfassung von Geschäftsfällen istder Erfüllungstag maßgeblich.

GOLD, FREMDWÄHRUNGSFORDERUNGEN UND-VERBINDLICHKEITENAuf Fremdwährung lautende Forderungen undVerbindlichkeiten werden zu dem am Bilanz-stichtag geltenden Wechselkurs in Euro umge-rechnet. Für Erträge und Aufwendungen ist derzum Transaktionszeitpunkt geltende Wechsel-kurs maßgeblich. Die Bewertung der Fremd-währungsbestände (einschließlich außerbilanzi-ell geführter Positionen) erfolgt einzeln für jedeWährung, ohne Aufrechnung zwischen denWährungen.

Bei der Bewertung von Fremdwährungsforde-rungen und -verbindlichkeiten werden Preis-und Wechselkursbestandteile getrennt behan-delt.

Die Bewertung der Goldposition wird zumMarktpreis am Jahresultimo vorgenommen, wo-bei nicht zwischen Preis- und Wechselkursbe-standteilen differenziert wird. Für den Jahres-abschluss 2003 erfolgte die Bewertung zumPreis in Euro pro Feinunze Gold, der sich ausdem Umrechnungskurs des Euro zum US-Dol-lar am 31. Dezember 2003 ergab.

WERTPAPIEREDie Bewertung aller marktfähigen Schuldtitelund ähnlicher Wertpapiere erfolgt zum Mittel-kurs am Bilanzstichtag für jedes Wertpapier ge-trennt. Für das Geschäftsjahr 2003, das am31. Dezember endete, wurden die Mittelkursevom 30. Dezember herangezogen. Nicht markt-fähige Wertpapiere wurden zu Anschaffungs-kosten bewertet.

ERFOLGSERMITTLUNGAufwendungen und Erträge werden zu demZeitpunkt erfasst, zu dem sie wirtschaftlich an-fallen. Realisierte Gewinne und Verluste ausdem Verkauf von Fremdwährungsbeständen,Gold und Wertpapieren werden erfolgswirksamverbucht, wobei die durchschnittlichen An-schaffungskosten der jeweiligen Position alsBerechnungsgrundlage herangezogen werden.

Buchmäßige Gewinne werden nicht erfolgs-wirksam berücksichtigt, sondern unter demAusgleichsposten aus Neubewertung direkt inder Bilanz ausgewiesen.

Buchmäßige Verluste werden in die Gewinn-und Verlustrechnung eingestellt, wenn sie dieim betreffenden Ausgleichsposten erfassten Be-wertungsgewinne aus Vorperioden übersteigen.Buchmäßige Verluste bei einem Wertpapier, ei-ner Währung oder Gold werden nicht gegenbuchmäßige Gewinne aus anderen Wertpapie-ren, anderen Währungen oder Gold verrechnet.Ergibt die Bewertung einer Position am Jahres-

1 Die Details der Rechnungslegungsgrundsätze der EZB wurdenper EZB-Ratsbeschluss vom 5. Dezember 2002 festgelegt(EZB/2002/11), ABl. L 58 vom 3.3.2003, S. 38–59.

2 Diese Grundsätze stehen im Einklang mit den Bestimmungen desArtikels 26.4 ESZB-Satzung zur Harmonisierung der Buchfüh-rung und Finanzberichterstattung über die Geschäfte desEurosystems.

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202EZBJahresbericht2003

ende einen buchmäßigen Verlust, dann werdendie durchschnittlichen Anschaffungskosten die-ser Position mit dem Wechselkurs bzw. Markt-preis zum Jahresultimo angepasst.

Beim Kauf von Wertpapieren anfallende Agio-oder Disagiobeträge werden als Teil des Zinser-trags behandelt und über die Restlaufzeit desWertpapiers abgeschrieben.

BEFRISTETE TRANSAKTIONENIm Rahmen eines Repogeschäfts (Repos) ver-kauft die EZB Wertpapiere, wobei sie sich ver-pflichtet, diese Wertpapiere zu einem vereinbar-ten Preis zu einem bestimmten Termin wiederzurückzukaufen. Derartige Rückkaufsvereinba-rungen werden auf der Passivseite der Bilanzausgewiesen und daraus resultierende Zinsauf-wendungen in die Gewinn- und Verlustrech-nung eingestellt. Alle im Zuge von Repoge-schäften verkauften Wertpapiere verbleiben inder Bilanz der EZB.

Bei einem Reverse Repo kauft die EZB Wertpa-piere, wobei sie sich verpflichtet, diese Wertpa-piere zu einem vereinbarten Preis zu einem be-stimmten Termin rückzuübertragen. Diese Ge-schäfte werden auf der Aktivseite der Bilanzausgewiesen, erhöhen aber nicht den Wertpa-pierbestand der EZB. Zinserträge werden in derGewinn- und Verlustrechnung erfasst.

Im Rahmen eines standardisierten Wertpapier-leihprogramms abgewickelte Rückkaufsverein-barungen und Wertpapierleihgeschäfte sind nurdann bilanzwirksam, wenn die EZB dafür fürdie gesamte Laufzeit Barsicherheiten erhält.Dies war im Jahr 2003 bei keiner derartigenTransaktion der Fall.

AUSSERBILANZIELLE GESCHÄFTEDevisentermingeschäfte, die Terminseite vonDevisenswaps und andere Währungsinstrumen-te, bei denen ein Tausch zwischen zwei Wäh-rungen zu einem zukünftigen Termin vereinbartwird, werden in die Nettofremdwährungspositi-on für die Berechnung von Kursgewinnen und-verlusten einbezogen. Zinsinstrumente werdeneinzeln bewertet. Offene Zinsfuture-Positionen

werden außerbilanziell erfasst. Die täglichenNachschussleistungen werden seit dem Jahr2003 in der Gewinn- und Verlustrechnung aus-gewiesen.

EREIGNISSE NACH DEM BILANZSTICHTAGBei der Bewertung von Forderungen und Ver-bindlichkeiten werden Sachverhalte berücksich-tigt, die zwischen dem Bilanzstichtag und derFeststellung des Jahresabschlusses durch denEZB-Rat bekannt wurden, falls sie als wesent-lich für die Darstellung der Aktiva und Passivain der Bilanz erachtet werden.

INTRA-ESZB-SALDEN/INTRA-EUROSYSTEM-SALDENIntra-ESZB-Transaktionen sind grenzüber-schreitende Transaktionen zwischen denZentralbanken zweier EU-Mitgliedstaaten. Die-se Transaktionen werden vorwiegend überTARGET – das transeuropäische automatisierteEchtzeit-Brutto-Express-Überweisungssystem(siehe Kapitel 2) – abgewickelt und auf bilatera-len Konten verbucht, welche die über TARGETvernetzten Zentralbanken der EU-Mitgliedstaa-ten führen. Diese bilateralen Salden werden täg-lich in eine Gesamtposition pro NZB gegenüberder EZB aufgerechnet, die den Nettoforderun-gen bzw. Nettoverbindlichkeiten jeder einzel-nen NZB gegenüber dem Rest des ESZB ent-spricht.

Die Intra-ESZB-Salden der dem Eurosystemangehörenden Zentralbanken gegenüber derEZB (nicht eingerechnet ihre Kapitalanteile ander EZB und ihre Forderungen aus der Übertra-gung von Währungsreserven an die EZB) wer-den in der EZB-Bilanz saldiert als Intra-Euro-system-Forderungen bzw. Intra-Eurosystem-Verbindlichkeiten ausgewiesen.

Aus der Verteilung des Euro-Banknoten-umlaufs innerhalb des Eurosystems resultierendeIntra-Eurosystem-Salden werden als Gesamt-nettoforderung unter den „Forderungen aus derVerteilung des Euro-Banknotenumlaufs inner-halb des Eurosystems“ ausgewiesen (siehe„Banknotenumlauf“).

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203EZB

Jahresbericht2003

EDV-Ausstattung und entsprechendeHardware/Software sowie Kraftfahrzeuge 4 Jahre

Betriebs- und Geschäftsausstattungsowie Einbauten 10 Jahre

Gebäude- und Herstellungsaufwand 25 Jahre

Sachanlagen im Wert von unter 10 000 € Abschreibungim An-

schaffungsjahr

Intra-ESZB-Salden der nicht dem Eurosystemangehörenden NZBen (Danmarks National-bank, Sveriges Riksbank und Bank of England)gegenüber der EZB werden unter „Verbindlich-keiten in Euro gegenüber Ansässigen außerhalbdes Euro-Währungsgebiets“ ausgewiesen.

SACHANLAGENAbgesehen von Grundstücken werden Sachanla-gen zu Anschaffungskosten vermindert um Ab-schreibungen angesetzt; Grundstücke werden zuAnschaffungskosten bilanziert. Abschreibungenwerden, beginnend mit dem auf die Anschaffungfolgenden Quartal, linear über die erwartete wirt-schaftliche Nutzungsdauer vorgenommen. Dabeiwird wie folgt unterschieden:

BANKNOTENUMLAUFDer Gesamtwert des Euro-Banknotenumlaufswird jeweils am letzten Geschäftstag im Monatauf die EZB und die NZBen der zwölf Euro-Länder, die zusammen das Eurosystem bildenund durch die die Ausgabe der Euro-Banknotenerfolgt,3 auf Basis des Banknoten-Verteilungs-schlüssels verbucht.4 Der auf die EZB verbuch-te Anteil (8%) ist auf der Passivseite der Bilanzunter der Position „Banknotenumlauf“ ausge-wiesen. Der EZB-Anteil an der gesamten Euro-Banknotenausgabe ist durch entsprechendeForderungen an die NZBen gedeckt. DieseForderungen werden verzinst5 und in derUnterposition „Intra-Eurosystem-Forderungen:Forderungen aus der Verteilung des Bank-notenumlaufs innerhalb des Eurosystems“ausgewiesen (siehe „Intra-ESZB-Salden/Intra-Eurosystem-Salden“). Der Zinsertrag der EZBaus diesen Forderungen („Seigniorage“) wird inder Position „Nettozinsergebnis“ erfasst. LautBeschluss des EZB-Rats wird die Seigniorageder EZB in voller Höhe quartalsweise als Ge-winnvorauszahlung6 an die NZBen verteilt, essei denn das Nettojahresergebnis der EZB liegtunter ihrem Seigniorage-Gewinn. Der zur Vo-rauszahlung anstehende Betrag kann aber auchauf Beschluss des EZB-Rats um anteilige Kos-ten der EZB für die Banknotenausgabe und-bearbeitung gekürzt werden.

3 Beschluss der EZB vom 6. Dezember 2001 über die Ausgabe vonEuro-Banknoten (EZB/2001/15), ABl. L 337 vom 20.12.2001,S. 52–54.

4 Der Banknoten-Verteilungsschlüssel bezeichnet die Prozentsät-ze, die sich unter Berücksichtigung des Anteils der EZB an deninsgesamt ausgegebenen Euro-Banknoten und aus der Anwen-dung des Kapitalzeichnungsschlüssels auf den Anteil der NZBenan den insgesamt ausgegebenen Banknoten ergeben.

5 Beschluss der EZB vom 6. Dezember 2001 über die Verteilungder monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken derteilnehmenden Mitgliedstaaten ab dem Geschäftsjahr 2002(EZB/2001/16), ABl. L 337 vom 20.12.2001, S. 55–61.

6 Beschluss der EZB vom 21. November 2002 über die Verteilungder Einkünfte der Europäischen Zentralbank aus dem Euro-Banknotenumlauf an die nationalen Zentralbanken der teilneh-menden Mitgliedstaaten (EZB/2002/9), ABl. L 323 vom28.11.2002, S. 49–50.

Beim Gebäude- und Herstellungsaufwand fürdas derzeitige EZB-Gebäude wurde eine niedri-gere Abschreibungsdauer angesetzt, damit die-ser bis zum Jahresende 2008 – wenn die EZB anihren endgültigen Standort umgezogen seindürfte – vollständig abgeschrieben ist.

DIE PENSIONSKASSE DER EZBDie EZB hat für ihre Mitarbeiter eine Pensions-kasse auf Basis eines beitragsorientierten Vor-sorgeplans eingerichtet. Das zweckgebundenfür die Deckung der Ansprüche der Mitgliederder Pensionskasse bzw. ihrer Angehöriger an-gelegte Kapital wird unter den sonstigen Aktivader EZB erfasst; nähere Angaben dazu werdenin den Erläuterungen zur Bilanz gemacht. Be-wertungsgewinne und -verluste werden im Jahrihres Entstehens als Pensionskassenerträgeoder -aufwendungen verbucht. Die von der EZBgeleisteten Beiträge werden auf dem Grundpen-sionskonto der Mitglieder angespart, wobei fürdie damit abzudeckenden Leistungen bestimmteMindestgarantien gelten.

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204EZBJahresbericht2003

SONSTIGESNach Ansicht des EZB-Direktoriums würde an-gesichts der Zentralbankfunktion der EZB dieVeröffentlichung einer Cashflow-Rechnungden Bilanzadressaten keine zusätzlichen rele-vanten Informationen bieten.

Als externer Rechnungsprüfer wurde für dasGeschäftsjahr 2003 und vier weitere Jahre dieKPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft AGWirtschaftsprüfungsgesellschaft bestellt. DieBestellung erfolgte gemäß Artikel 27 der ESZB-Satzung auf Empfehlung des EZB-Rats mit Bil-ligung durch den Rat der Europäischen Union.

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205EZB

Jahresbericht2003

E R L ÄU T E RUNGEN Z UR B I L AN Z

Forderungen anAnsässige außerhalb des 2003 2002 VeränderungEuro-Währungsgebiets € € €

Giro-einlagen 1 365 187 080 1 249 268 747 115 918 333

Geldmarkt-einlagen 1 197 220 582 1 665 333 388 (468 112 806)

ReverseRepos 3 834 025 154 8 252 807 861 (4 418 782 707)

Wertpapier-anlagen 22 196 952 041 25 984 101 291 (3 787 149 250)

Insgesamt 28 593 384 857 37 151 511 287 (8 558 126 430)

Forderungen anAnsässige im 2003 2002 VeränderungEuro-Währungsgebiet € € €

Giro-einlagen 26 740 78 898 (52 158)

Geldmarkt-einlagen 2 799 445 764 3 047 897 599 (248 451 835)

Insgesamt 2 799 472 504 3 047 976 497 (248 503 993)

1 GOLD UND GOLDFORDERUNGEN

Die EZB hielt am 31. Dezember 2003 unverän-dert 24,7 Mio Unzen Feingold, da im Berichts-jahr keine Goldtransaktionen durchgeführt wur-den. Die Änderung in der Bilanzposition resul-tiert aus der Neubewertung zum Jahresende(siehe „Gold, Fremdwährungsforderungen und-verbindlichkeiten“ im Abschnitt Rechnungsle-gungsgrundsätze).

2 FORDERUNGEN IN FREMDWÄHRUNG ANANSÄSSIGE AUSSERHALB DES EURO-WÄHRUNGSGEBIETS SOWIE AN ANSÄSSIGEIM EURO-WÄHRUNGSGEBIET

Forderungen an den IWFIn dieser Position werden die Bestände der EZBan Sonderziehungsrechten (SZR) zum 31. De-zember 2003 ausgewiesen. Die Veränderungenim Vorjahrsvergleich ergaben sich aus Transak-tionen des Internationalen Währungsfonds(IWF). Der IWF ist entsprechend einer Verein-barung mit der EZB autorisiert, im Namen derEZB innerhalb einer vereinbarten BandbreiteSZR gegen Euro zu kaufen bzw. zu verkaufen.Ein SZR ist als ein Korb der vier weltweit be-deutendsten Währungen (Euro, japanischerYen, Pfund Sterling, US-Dollar) definiert; seinWert ergibt sich aus der Gewichtung der einzel-nen Währungen auf Basis der jeweiligen Wech-selkurse. Bilanztechnisch werden SZR-Bestän-de wie Fremdwährungen behandelt (siehe„Gold, Fremdwährungsforderungen und -ver-bindlichkeiten“ im Abschnitt Rechnungsle-gungsgrundsätze).

Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen,Auslandskredite und sonstige Auslandsaktiva;Forderungen in Fremdwährung an Ansässigeim Euro-WährungsgebietDiese Position besteht aus Guthaben bei Ban-ken, Kredite in Fremdwährung und Wertpapier-anlagen in US-Dollar and japanischen Yen undsetzt sich wie folgt zusammen:

Der Rückgang in den einzelnen Positionen imJahr 2003 ergab sich im Wesentlichen aus derNeubewertung der US-Dollarbestände der EZBzum Jahresende, deren Euro-Gegenwert aufgrundder Abwertung des US-Dollar deutlich zurück-ging (siehe „Gold, Fremdwährungsforderungenund -verbindlichkeiten“ und „Erfolgsermittlung“im Abschnitt Rechnungslegungsgrundsätze).

3 FORDERUNGEN IN EURO AN ANSÄSSIGEAUSSERHALB DES EURO-WÄHRUNGSGEBIETS

Zum 31. Dezember 2003 waren in dieser Posi-tion Bankeinlagen bei Geschäftspartnern er-fasst, die ihren Sitz nicht im Euroraum haben.

4 SONSTIGE FORDERUNGEN IN EUROAN KREDITINSTITUTEIM EURO-WÄHRUNGSGEBIET

Zum 31. Dezember 2003 umfasste diese Positi-on eine Bankeinlage bei einem Geschäftspartnermit Sitz im Euroraum.

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206EZBJahresbericht2003

2003 2002€ €

Forderungen an die NZBendes Euroraums aus demTARGET-Zahlungsverkehr 49 646 309 854 56 546 091 330

Verbindlichkeitengegenüber den NZBendes Euroraums aus demTARGET-Zahlungsverkehr (45 579 175 620) (50 471 612 534)

Netto-TARGET-Position 4 067 134 234 6 074 478 796

Forderungen an die(Verbindlichkeitengegenüber den) NZBendes Euroraums ausder Seigniorage-Gewinnvorauszahlung 532 760 169 (606 000 000)

Sonstige Intra-Eurosystem-Forderungen (netto) 4 599 894 403 5 468 478 796

Buchwert Buchwertzum zum

31. 12. 2003 31. 12. 2002 Veränderung€ € €

Grund undGebäude 54 929 962 51 496 140 3 433 822

EDV-Ausstattung 45 407 622 33 522 388 11 885 234

Betriebs-/Geschäfts-ausstattung,Einbauten undKraftfahrzeuge 2 149 813 2 575 083 (425 270)

In Bau befind-liche Anlagen 23 259 861 9 092 185 14 167 676

SonstigeSachanlagen 3 164 692 15 938 962 (12 774 270)

Insgesamt 128 911 950 112 624 758 16 287 192

2003 2002 Veränderung€ € €

Auf EurolautendeWertpapiere 5 276 052 927 5 428 324 673 (152 271 746)

ReverseRepos in Euro 167 100 400 0 167 100 400

Forderungen imZusammenhangmit der EZB-Pensionskasse 91 727 194 61 852 580 29 874 614

SonstigesFinanzanlage-vermögen 38 875 737 38 853 212 22 525

Insgesamt 5 573 756 258 5 529 030 465 44 725 793

5 INTRA-EUROSYSTEM-FORDERUNGEN

Forderungen aus der Verteilung des Euro-Banknotenumlaufs innerhalb des EurosystemsIn dieser Position werden die Forderungen derEZB gegenüber den NZBen des Euroraums er-fasst, die sich aus der Anwendung des Bank-noten-Verteilungsschlüssels ergeben (siehe„Banknotenumlauf“ im Abschnitt Rechnungs-legungsgrundsätze).

Sonstige Forderungen innerhalb desEurosystems (netto)Diese Position beinhaltet die TARGET-Ver-rechnungssalden der NZBen des Euroraums ge-genüber der EZB und Forderungen der EZB imZusammenhang mit ihren Seigniorage-Gewinn-vorauszahlungen. Der Stand dieser Forderun-gen betrug zum 31. Dezember des Berichtsjahrs533 Mio € und entsprach damit den für die ers-ten drei Quartale rückgeforderten Gewinnvo-rauszahlungen (siehe „Banknotenumlauf“ imAbschnitt Rechnungslegungsgrundsätze sowieErläuterung Nr. 20 im Abschnitt Erläuterungenzur Gewinn- und Verlustrechnung).

6 SONSTIGE AKTIVA

SachanlagenDiese Position gliedert sich wie folgt auf:

Der größte Anstieg ergab sich aus Investitionenam dritten Standort der EZB und aus weiterenEDV-Anschaffungen.

Sonstiges FinanzanlagevermögenDazu zählen folgende Hauptkomponenten:

a) Die hier erfassten auf Euro lautenden Wert-papiere und Reverse Repos dienen der Anla-ge der Eigenmittel der EZB (siehe Erläute-rung Nr. 12).

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207EZB

Jahresbericht2003

b) Die Kapitalanlagen der für EZB-Mitarbeitereingerichteten Pensionskasse wurden mit91,7 Mio € bewertet (2002: 61,9 Mio €).Dabei handelt es sich um die Finanzmittel,in denen die angesparten Arbeitgeber- undArbeitnehmerbeiträge zur Pensionskassezum 31. Dezember 2003 angelegt waren.Dieses Vermögen wird von einem externenFondsmanager verwaltet, der die laufendenBeiträge der EZB und der Pensionskassen-mitglieder monatlich investiert. Das Pensi-onskapital wird getrennt von den anderenFinanzanlagen der EZB angelegt. Der Netto-ertrag steht nicht der EZB zu; er wird the-sauriert und bleibt zweckgebunden. DerWert der Kapitalanlagen wird vom externenFondsmanager auf Basis der Marktpreisezum Jahresultimo ermittelt.

c) Die EZB hält 3 000 Aktien an der Bankfür Internationalen Zahlungsausgleich(BIZ), die zu den Anschaffungskosten von38,5 Mio € ausgewiesen sind.

Aktive RechnungsabgrenzungspostenDie im Zusammenhang mit den Forderungen derEZB aus ihrem Anteil am Euro-Banknoten-umlauf zum 31. Dezember 2002 abgegrenztenZinserträge (727 Mio €) entsprachen dem Zins-ertrag für das gesamte Jahr 2002. Seit 2003 sinddiese Zinsen jeweils nach Quartalsende fällig.Somit entspricht der zum Jahresultimo 2003ausgewiesene Betrag von 165 Mio € nur den fürdas letzte Quartal abgegrenzten Zinsen (siehe„Banknotenumlauf“ im Abschnitt Rechnungsle-gungsgrundsätze).

Der restliche Teil dieser Position setzt sich imWesentlichen aus abgegrenzten Zinserträgenaus Wertpapieranlagen und anderen Finanzanla-gen zusammen.

SonstigesIm Jahr 2002 umfasste diese Position die abge-grenzten Ansprüche der NZBen auf Seignio-rage-Gewinnvorauszahlungen der EZB in Höhevon 606 Mio €. Die Seigniorage für das Ge-schäftsjahr 2003 wurde von der EZB einbehal-ten (siehe Erläuterung Nr. 20 im Abschnitt Er-

läuterungen zur Gewinn- und Verlustrech-nung).

7 BANKNOTENUMLAUF

Der in dieser Position ausgewiesene Betrag ent-spricht dem Anteil der EZB am Gesamtwert desEuro-Banknotenumlaufs (siehe „Banknotenumlauf“im Abschnitt Rechnungslegungsgrundsätze).

8 VERBINDLICHKEITEN IN EUROGEGENÜBER SONSTIGEN ANSÄSSIGEN IMEURO-WÄHRUNGSGEBIET

In dieser Position werden Einlagen der Mitglie-der der Euro Banking Association (EBA) er-fasst, mit denen über TARGET abgewickelteEBA-Zahlungen besichert werden.

9 VERBINDLICHKEITEN IN EUROGEGENÜBER ANSÄSSIGEN AUSSERHALBDES EURO-WÄHRUNGSGEBIETS

Bei diesen Verbindlichkeiten handelt es sichhauptsächlich um Salden auf den TARGET-Konten, die die EZB für nicht am Eurosystemteilnehmende NZBen führt (siehe „Intra-ESZB-Salden/Intra-Eurosystem-Salden“ im AbschnittRechnungslegungsgrundsätze).

10 VERBINDLICHKEITEN IN FREMDWÄHRUNGGEGENÜBER ANSÄSSIGEN AUSSERHALB DESEURO-WÄHRUNGSGEBIETS

In dieser Position sind Verbindlichkeiten zu-sammengefasst, die sich aus Repogeschäftenmit außerhalb des Euroraums ansässigen Ge-schäftspartnern im Rahmen der Verwaltung derWährungsreserven der EZB ergeben:

2003 2002 Veränderung€ € €

Repo-geschäfte 1 452 432 822 5 192 380 656 (3 739 947 834)

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208EZBJahresbericht2003

% €

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique 2,8658 1 432 900 000

Deutsche Bundesbank 24,4935 12 246 750 000

Bank von Griechenland 2,0564 1 028 200 000

Banco de España 8,8935 4 446 750 000

Banque de France 16,8337 8 416 850 000

Central Bank andFinancial Services Authorityof Ireland 0,8496 424 800 000

Banca d’Italia 14,8950 7 447 500 000

Banque centrale du Luxembourg 0,1492 74 600 000

De Nederlandsche Bank 4,2780 2 139 000 000

Oesterreichische Nationalbank 2,3594 1 179 700 000

Banco de Portugal 1,9232 961 600 000

Suomen Pankki – Finlands Bank 1,3970 698 500 000

Insgesamt 80,9943 40 497 150 000

11 INTRA-EUROSYSTEM-VERBINDLICHKEITEN

In dieser Position sind die Verbindlichkeitenausgewiesen, die die EZB im Rahmen der Über-tragung der Währungsreserven durch dieNZBen eingegangen ist. Die Verbindlichkeitensind zum Einbringungswert in Euro angesetztund werden zum jeweils geltenden marginalenZinssatz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte desEurosystems – vermindert um einen Abschlagfür die unverzinsten Goldbestände – verzinst(siehe Erläuterung Nr. 20 im Abschnitt Erläute-rungen zur Gewinn- und Verlustrechnung).

tion passive Rechnungsabgrenzungsposten so-wie offene Repogeschäfte in Höhe von 64 Mio €im Zusammenhang mit der Verwaltung derEigenmittel der EZB erfasst (siehe ErläuterungNr. 6).

13 RÜCKSTELLUNGEN

Im Jahr 2000 wurde in Anbetracht der hohenFremdwährungsbestände der EZB und des da-mit verbundenen Währungs- und Zinsände-rungsrisikos eine Sonderrückstellung gebildet.Das erforderliche Ausmaß dieser Rückstellungwurde seither vor dem Hintergrund der voraus-sichtlichen Risikoentwicklung jährlich geprüft.Im Jahr 2003 wurde diese Rückstellung infolgeder signifikanten Abwertung des US-Dollar ge-genüber dem Euro komplett aufgelöst, um diebuchmäßigen Verluste zum Jahresultimo auszu-gleichen, die sich nicht zuletzt aus der Neube-wertung der auf US-Dollar lautenden EZB-Be-stände ergaben (siehe „Erfolgsermittlung“ imAbschnitt Rechnungslegungsgrundsätze undErläuterung Nr. 22 im Abschnitt Erläuterungenzur Gewinn- und Verlustrechnung).7

Daneben umfasst diese Position auch Pensions-rückstellungen und Rückstellungen für Liefe-rungen und Leistungen sowie – im Zusammen-hang mit dem Umzug zum endgültigen Standortder EZB – eine Rückstellung zur Deckung dervertraglichen Verpflichtung der EZB, den ur-sprünglichen Zustand der angemieteten Räum-lichkeiten wiederherzustellen.

12 SONSTIGE PASSIVA

In dieser Position sind im Wesentlichen Zinsan-sprüche der NZBen im Zusammenhang mit ih-ren Forderungen aus der Übertragung von Wäh-rungsreserven erfasst (siehe ErläuterungNr. 11). Daneben umfasst diese Position dieVerpflichtungen der EZB im Zusammenhangmit ihrem Pensionskassenmodell. Inklusive ei-ner Rückstellung auf Basis des versicherungs-mathematischen Gutachtens beliefen sich dieseVerpflichtungen Ende 2003 auf 100,6 Mio €(2002: 72,4 Mio €). Ferner sind in dieser Posi-

7 Beschluss der EZB vom 21. November 2002 über die Verteilungder Einkünfte der Europäischen Zentralbank aus dem Euro-Banknotenumlauf an die nationalen Zentralbanken der teil-nehmenden Mitgliedstaaten (EZB/2002/9), ABl. L 323 vom28.11.2002, S. 49–50.

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209EZB

Jahresbericht2003

14 AUSGLEICHSPOSTEN AUS NEUBEWERTUNG

Dieser Posten entspricht einer Bewertungsre-serve, die aus buchmäßigen Gewinnen aus For-derungen und Verbindlichkeiten gebildet wird.

Die NZBen jener Mitgliedstaaten, die demEuroraum nicht angehören, haben jeweils 5 %des ursprünglich gezeichneten Kapitals ein-gezahlt. Ihre Anteile machen zusammen47 514 250 € aus und stellen einen Beitrag zumoperativen Aufwand der EZB dar. Im Gegensatzzu den NZBen des Euroraums haben dieseNZBen keinen Anspruch auf ausschüttbare Ge-winne der EZB (Seigniorage-Gewinne einge-schlossen), sie müssen allerdings auch nicht fürVerluste der EZB aufkommen.

RücklagenIn dieser Position ist die gemäß Artikel 33ESZB-Satzung gebildete Allgemeine Reserveausgewiesen.

16 EREIGNISSE NACH DEM BILANZSTICHTAG

ANPASSUNG DES KAPITALSCHLÜSSELS DER EZB

HintergrundGemäß Artikel 29.3 ESZB-Satzung wird derSchlüssel, nach dem die NZBen Anteile am Ka-pital der EZB zeichnen, alle fünf Jahre ange-passt. Die erste derartige Anpassung wurde am1. Januar 2004 wirksam. Eine weitere Anpas-sung des Kapitalschlüssels erfolgt am 1. Mai2004 im Zuge des Beitritts von zehn neuen Mit-gliedstaaten. Im Sinne des Beschlusses desRates vom 15. Juli 2003 über die statistischenDaten, die bei der Anpassung des Schlüsselsfür die Zeichnung des Kapitals der Europäi-schen Zentralbank anzuwenden sind, traten am1. Januar 2004 folgende Änderungen in Kraft:

% Gezeichnetes EingezahltesKapital Kapital

€ €

Nationale Bank vanBelgië/BanqueNationale de Belgique 2,8658 143 290 000 143 290 000

Deutsche Bundesbank 24,4935 1 224 675 000 1 224 675 000

Bank von Griechenland 2,0564 102 820 000 102 820 000

Banco de España 8,8935 444 675 000 444 675 000

Banque de France 16,8337 841 685 000 841 685 000

Central Bank andFinancial ServicesAuthority of Ireland 0,8496 42 480 000 42 480 000

Banca d’Italia 14,8950 744 750 000 744 750 000

Banque centraledu Luxembourg 0,1492 7 460 000 7 460 000

De NederlandscheBank 4,2780 213 900 000 213 900 000

OesterreichischeNationalbank 2,3594 117 970 000 117 970 000

Banco de Portugal 1,9232 96 160 000 96 160 000

Suomen Pankki –Finlands Bank 1,3970 69 850 000 69 850 000

NZBen desEuroraums 80,9943 4 049 715 000 4 049 715 000

2003 2002 Veränderung€ € €

Gold 2 070 968 381 1 983 835 491 87 132 890

Devisen 1 901 1 682 723 875 (1 682 721 974)

Wertpapiere 105 493 783 738 274 730 (632 780 947)

Insgesamt 2 176 464 065 4 404 834 096 (2 228 370 031)

15 KAPITAL UND RÜCKLAGEN

KapitalDas gezeichnete Kapital der EZB beträgt5 Mrd €. Die zu 100 % eingezahlten Anteile derNZBen des Euroraums machen zusammen4 049 715 000 € aus und teilen sich wie folgtauf:

DanmarksNationalbank 1,6709 83 545 000 4 177 250

Sveriges Riksbank 2,6537 132 685 000 6 634 250

Bank of England 14,6811 734 055 000 36 702 750

NZBen der Länderaußerhalb desEuroraums 19,0057 950 285 000 47 514 250

Insgesamt 100,0000 5 000 000 000 4 097 229 250

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210EZBJahresbericht2003

Fremdwährungs- KontraktwertZinsfutures €

Käufe 1 928 169 982

Verkäufe 610 966 084

AUSWIRKUNGEN

Kapital der EZBIm Zuge der Anpassung des Kapitalschlüsselsder EZB reduzierte sich der (jeweils zu 100 %eingezahlte) Anteil aller NZBen des Euroraumsam Kapital der EZB um 1,3559 %; im Gegenzugerhöhte sich der Anteil der NZBen der Mitglied-staaten, die nicht dem Euroraum angehören unddaher nur 5 % des gezeichneten Kapitals einbe-zahlt haben. Infolgedessen verringerte sich dasKapital der EZB zum 1. Januar 2004 um 64 Mio €.

Forderungen der NZBen aus der Übertragungvon Währungsreserven an die EZBNachdem sich die Höhe der zu übertragendenWährungsreserven nach der Höhe des Anteilsrichtet, den eine NZB am Kapital der EZB ge-zeichnet hat, zog die Kapitalschlüsselanpassungauch eine Anpassung der Forderungen nachsich, die die EZB den teilnehmenden NZBen imWert der von ihnen eingebrachten Währungs-

reserven gutgeschrieben hat. Diese Forde-rungen betrugen vor der Anpassung des Ka-pitalschlüssels 40 497 Mio € und sind nun um678 Mio € geringer, die inzwischen an dieNZBen rückübertragen wurden.

Änderungen per 1. Mai 2004Mit dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zurEU sowie der Eingliederung ihrer NZBen in dasESZB kommt es automatisch zu einer Aufsto-ckung des Kapitals, das die NZBen an der EZBzeichnen. Zugleich steigt der für die Übertra-gung von NZB-Währungsreserven an die EZBfestgelegte Höchstbetrag.

AUSSERBILANZIELLE GESCHÄFTE

17 STANDARDISIERTESWERTPAPIERLEIHPROGRAMM

Im Rahmen der Eigenmittelverwaltung hat dieEZB eine Vereinbarung über die Nutzung einesstandardisierten Wertpapierleihprogramms ab-geschlossen. Dabei nimmt sie die Dienste einesMittlers in Anspruch, der autorisiert ist, in ih-rem Auftrag Wertpapierleihgeschäfte mit Ge-schäftspartnern durchzuführen, die die EZB fürsolche Geschäfte zugelassen hat. Diesbezüglichwaren am 31. Dezember 2003 Repogeschäfteund Reverse Repos in Höhe von jeweils0,4 Mrd € (2002: 1,4 Mrd €) offen (siehe„Befristete Transaktionen“ im Abschnitt Rech-nungslegungsgrundsätze).

18 ZINSFUTURES

Im Jahr 2003 wurden im Rahmen der Verwal-tung der Währungsreserven der EZB Fremd-währungs-Zinsfutures verwendet. Zum 31. De-zember 2003 waren folgende Geschäfte offen(Angaben zum Nominalwert):

1. 1. 1999 1. 1. 2004bis bis

31. 12. 2003 1. 5. 2004% %

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique 2,8658 2,8297

Deutsche Bundesbank 24,4935 23,4040

Bank von Griechenland 2,0564 2,1614

Banco de España 8,8935 8,7801

Banque de France 16,8337 16,5175

Central Bank and FinancialServices Authority of Ireland 0,8496 1,0254

Banca d’Italia 14,8950 14,5726

Banque centrale du Luxembourg 0,1492 0,1708

De Nederlandsche Bank 4,2780 4,4323

Oesterreichische Nationalbank 2,3594 2,3019

Banco de Portugal 1,9232 2,0129

Suomen Pankki – Finlands Bank 1,3970 1,4298

NZBen des Euroraums 80,9943 79,6384

Danmarks Nationalbank 1,6709 1,7216

Sveriges Riksbank 2,6537 2,6636

Bank of England 14,6811 15,9764

NZBen der Länder außerhalbdes Euroraums 19,0057 20,3616

Insgesamt 100,0000 100,0000

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211EZB

Jahresbericht2003

19 ZUKÜNFTIGE KAPITALVERPFLICHTUNGEN

Am 5. März 2002 unterzeichneten die EZB unddie Stadt Frankfurt am Main einen Kaufvertragüber das Baugrundstück für den endgültigenSitz der EZB. Bezogen auf die geplante Nutzflä-che wurde ein Mindestkaufpreis von 61,4 Mio €vereinbart. Die Kaufsumme ist in Teilbeträgenbis spätestens 31. Dezember 2004, d. h. bis zumÜbergang der Eigentumsrechte an die EZB, zuzahlen. Der erste Teilbetrag wurde im Jahr 2003an die Stadt Frankfurt überwiesen.

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212EZBJahresbericht2003

E R L ÄU T E RUNGEN Z UR G EW INN - UNDVER LU S TR E CHNUNG

2003 2002 Veränderung€ € €

Zinserträge ausGiroeinlagen 3 679 287 6 076 316 (2 397 029)

Zinserträge ausGeldmarkteinlagen 45 699 455 76 811 025 (31 111 570)

Reverse Repos 66 206 740 120 729 765 (54 523 025)

Nettoertrag ausWertpapier-anlagen 445 357 205 857 373 212 (412 016 007)

Bruttozinserträgeaus Währungs-reserven 560 942 687 1 060 990 318 (500 047 631)

Zinsaufwendungenfür Giroeinlagen (73 292) (263 018) 189 726

Repogeschäfte (19 575 020) (70 108 403) 50 533 383

Nettozinserträgeaus Währungs-reserven 541 294 375 990 618 897 (449 324 522)

2003 2002 Veränderung€ € €

RealisierteWertpapierkurs-gewinne (netto) 528 606 147 734 191 562 (205 585 415)

RealisierteWechselkurs-gewinne (netto)(RealisierteWechselkurs-verluste (netto)) (3 345 525) 1 233 826 (4 579 351)

Bei Finanz-geschäftenrealisierteGewinne 525 260 622 735 425 388 (210 164 766)

20 NETTOZINSERGEBNIS

Zinserträge aus WährungsreservenDiese Position beinhaltet die im Zusammenhangmit den Fremdwährungsforderungen und -ver-bindlichkeiten angefallenen Zinserträge abzüg-lich der Zinsaufwendungen:

b) die Gewinnvorauszahlung für das vierteQuartal im Umfang von 165 Mio € einzube-halten.

Zinsaufwendungen für die NZB-Forderungenaus der Übertragung von WährungsreservenIn dieser Position wird die Verzinsung derNZB-Forderungen gegenüber der EZB aus dengemäß Artikel 30.1 der ESZB-Satzung übertra-genen Währungsreserven erfasst.

Sonstige Zinserträge und ZinsaufwendungenDie hier erfassten Zinserträge und -aufwen-dungen ergeben sich aus den Salden auf denTARGET-Konten und anderen auf Euro lauten-den Aktiva und Passiva.

Das Nettozinsergebnis war gegenüber dem Jahr2002 rückläufig, in erster Linie aufgrund vonim Jahr 2003 weiter sinkenden US-Dollar- undEuro-Zinssätzen.

21 REALISIERTE GEWINNE (VERLUSTE) AUSFINANZGESCHÄFTEN

Zinserträge aus der Verteilung des Euro-Banknotenumlaufs innerhalb des EurosystemsIn dieser Position werden die Zinserträge derEZB (Seigniorage) aus ihrem Anteil von 8 %am Gesamtwert des Euro-Banknotenumlaufserfasst. Die Verzinsung richtet sich nachdem jeweils geltenden marginalen Zinssatzder Hauptrefinanzierungsgeschäfte des Euro-systems. Der Modus für die Verteilung desSeigniorage-Gewinns an die NZBen ist unter„Banknotenumlauf“ im Abschnitt Rechnungs-legungsgrundsätze beschrieben.

Im Hinblick auf das voraussichtliche Bilanzer-gebnis der EZB für das Geschäftsjahr 2003 be-schloss der EZB-Rat im Dezember 2003:

a) die für die ersten drei Quartale erfolgtenGewinnvorauszahlungen an die NZBen imUmfang von 533 Mio € zurückzufordernund

Der realisierte Nettogewinn ergab sich im Zugevon Wertpapierverkäufen im laufenden Port-foliomanagement. Im Jahr 2003 kam es zukeinen nennenswerten Abflüssen von Fremd-währungen.

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213EZB

Jahresbericht2003

2003 2002 Veränderung€ € €

BuchmäßigeWertpapier-kursverluste (10 349 709) 0 (10 349 709)

BuchmäßigeWechsel-kursverluste (3 962 339 851) (276 955 036) (3 685 384 815)

Insgesamt (3 972 689 560) (276 955 036) (3 695 734 524)

2003 2002 Veränderung€ € €

Erträge ausGebühren undProvisionen 700 271 634 241 66 030

Aufwendungenfür Gebührenund Provisionen (763 737) (861 399) 97 662

Nettoergebnisaus Gebührenund Provisionen (63 466) (227 158) 163 692

2003 2002

Stand zum 1. Januar 1 105 1 043

Neuaufnahmen 149 113

Austritte 41 51

Stand zum 31. Dezember 1 213 1 105

DurchschnittlicherPersonalstand 1 160 1 080

22 ABSCHREIBUNGEN AUF FINANZANLAGENUND -POSITIONEN

führungsgebühren und Spesen, die bei der Ab-wicklung von Fremdwährungs-Zinsfutures an-fallen (siehe Erläuterung Nr. 18 im AbschnittErläuterungen zur Bilanz).

24 SONSTIGE ERTRÄGE

Diese Position resultiert im Wesentlichen ausder Auflösung nicht in Anspruch genommenerRückstellungen für Sachaufwendungen.

25 PERSONALAUFWENDUNGEN

Unter dieser Position werden die Gehälter undZulagen (2003: 108,2 Mio €; 2002: 92,6 Mio €)sowie die Arbeitgeberbeiträge zur EZB-Pensions-kasse und zur Kranken- und Unfallversicherungausgewiesen. Die Bezüge der Direktoriumsmit-glieder beliefen sich wie im Jahr 2002 aufinsgesamt 2,0 Mio €. Im Berichtsjahr waren keinePensionszahlungen an frühere Direktoriumsmit-glieder oder deren Angehörige zu entrichten. Diescheidenden Direktoriumsmitglieder erhielten einÜbergangsgeld. Die Gehälter und Zulagen derEZB-Mitarbeiter einschließlich der Bezüge derGeschäftsführung orientieren sich im Wesentli-chen am Gehaltsschema der Europäischen Ge-meinschaften und sind mit diesem vergleichbar.

Ende 2003 lag der Personalstand der EZB bei1 213 Mitarbeitern, von denen 84 Führungspo-sitionen bekleideten. Die Veränderung des Mit-arbeiterstands stellt sich wie folgt dar:

Diese Aufwendungen ergaben sich in erster Li-nie aus der Abschreibung der durchschnittli-chen Anschaffungskosten der US-Dollarbe-stände der EZB durch Umrechnung auf denWechselkurs vom 31. Dezember 2003, nachdemder US-Dollar im Jahresverlauf gegenüber demEuro abgewertet hatte. Zum Teil war die Ab-schreibung durch die Auflösung der verbliebe-nen Sonderrückstellung für Währungs- undZinsänderungsrisiken gedeckt (siehe „Erfolgs-ermittlung“ im Abschnitt Rechnungslegungs-grundsätze und Erläuterung Nr. 2 bei den Erläu-terungen zur Bilanz).

23 NETTOERGEBNIS AUS GEBÜHREN UNDPROVISIONEN

Die in dieser Position erfassten Erträge ergabensich in erster Linie aus Verzugszinsen, die Kre-ditinstitute bei Nichterfüllung des Mindestre-serve-Solls entrichten müssen. Die Aufwen-dungen bestehen im Wesentlichen aus Konto-

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214EZBJahresbericht2003

26 DIE PENSIONSKASSE DER EZB

Nach den Bestimmungen des Pensionsplans derEZB muss alle drei Jahre ein umfassendes ver-sicherungsmathematisches Gutachten erstelltwerden. Das letzte Gutachten wurde zum Stich-tag 31. Dezember 2002 vorgelegt, wobei unter-stellt wurde, dass mit diesem Tag alle Mitglie-der der Pensionskasse aus der EZB ausscheidenund ihre pensionsbegründende Dienstzeit damitendet.

Der Pensionsaufwand der EZB im Rahmen desPensionsplans wird mit Unterstützung eines ge-prüften Aktuars ermittelt. Zum Bilanzstichtagbetrug der so errechnete Pensionsaufwand(inklusive einer Rückstellung für Berufsunfä-higkeitsrenten und andere Rentenleistungen)21,7 Mio € (2002: 27,4 Mio €). Darin einge-schlossen sind Rückstellungen für die Pen-sionen der Direktoriumsmitglieder in Höhe von1,9 Mio € (2002: 2,1 Mio €) und etwaige Bei-tragsanpassungen bei zusätzlichen Deckungser-fordernissen. Der erforderliche Beitragssatz derEZB liegt bei 16,5 % der pensionsfähigen Mit-arbeiterbezüge.

27 SACHAUFWENDUNGEN

In dieser Position sind alle sonstigen laufendenAufwendungen erfasst, insbesondere Mieten,Gebäudeinstandhaltung, nicht aktivierungsfähi-ge Ausgaben für Sachanlagen und Honorare.Dazu kommen die mit der Einstellung und Wei-terbildung von Mitarbeitern verbundenen Aus-gaben, einschließlich der Umzugskosten.

28 ABSCHREIBUNG AUF SACHANLAGEN

Der höhere Abschreibungsaufwand im Jahr2003 ergibt sich aus der Tatsache, dass die Ab-schreibungsdauer für den aktivierten Gebäude-und Herstellungsaufwand reduziert wurde (sie-he „Sachanlagen“ im Abschnitt Rechnungsle-gungsgrundsätze).

29 AUFWENDUNGEN FÜR DIEBANKNOTENHERSTELLUNG

Diese Aufwendungen bezogen sich im Jahr2003 auf Kosten für den Transport von Euro-Banknoten zwischen den einzelnen NZBen, umunerwartete Nachfragespitzen auszugleichen.Diese Kosten werden zentral von der EZB ge-tragen. Im Jahr 2002 enthielt diese Position dieAufwendungen für die im Jahr 2001 eingerich-tete Banknotenreserve für das Eurosystem.

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215EZB

Jahresbericht2003

E R L ÄU T E RUNG Z UR V E R LU S TABDE CKUNG

2003 2002€ €

(Jahresfehlbetrag)Jahresüberschuss (476 688 785) 1 220 454 254

Seigniorage-Verteilungan die NZBen 0 (606 000 000)

(Jahresfehlbetrag)Jahresüberschuss nachVerteilung der Seigniorage (476 688 785) 614 454 254

Entnahme aus derAllgemeinen Reserve(Zuweisung an dieAllgemeine Reserve) 476 688 785 0

Ausschüttbarer Gewinn 0 614 454 254

Ausschüttung an die NZBen 0 (614 454 254)

Insgesamt 0 0

Diese Erläuterung ist nicht Bestandteil desJahresabschlusses der EZB für das Jahr 2003.Sie wird lediglich zu Informationszwecken imJahresbericht veröffentlicht.

EINKÜNFTE DER EZB AUS DEMBANKNOTENUMLAUF (SEIGNIORAGE)

Gemäß Beschluss des EZB-Rats wurde derSeigniorage-Gewinn der EZB aus ihrem Anteilam Euro-Banknotenumlauf im Jahr 2003(698 Mio €) zur Gänze einbehalten, um zu ver-meiden, dass die Gewinnausschüttung dasNettojahresergebnis übersteigt.

ABDECKUNG VON VERLUSTEN DER EZB

Nach Artikel 33.2 der ESZB-Satzung kann einVerlust der EZB auf zwei Arten abgedeckt wer-den: aus der Allgemeinen Reserve der EZB so-wie erforderlichenfalls, nach einem entspre-chenden EZB-Ratsbeschluss, aus den monetä-ren Einkünften für das betreffende Geschäfts-jahr, und zwar im Verhältnis der gemäß Artikel32.5 an die NZBen rückverteilten Beträge undhöchstens in diesem Ausmaß.8

Zur Abdeckung des Fehlbetrags für das Ge-schäftsjahr 2003 traf der EZB-Rat in der Sit-zung vom 18. März 2004 folgenden Beschluss:

8 Gemäß Artikel 32.5 der ESZB-Satzung wird die Summe der mone-tären Einkünfte der nationalen Zentralbanken unter ihnen ent-sprechend ihren eingezahlten Anteilen am Kapital der EZB ver-teilt.

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Prüfbericht

An den Präsidenten und den Ratder Europäischen Zentralbank

Frankfurt am Main

Wir haben die Bilanz der Europäischen Zentralbank zum 31. Dezember 2003 und dieGewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2003 sowie die diesbezüglichen Erläu-terungen geprüft. Für die Erstellung dieses Jahresabschlusses ist das Direktorium derEuropäischen Zentralbank zuständig. In unserer Verantwortung liegt es, einen Prüfberichtdarüber vorzulegen.

Wir haben unsere Prüfung unter Beachtung der „International Standards on Auditing“durchgeführt. Danach hatten wir die Abschlussprüfung so zu planen und durchzuführen,dass wir mit hinreichender Sicherheit beurteilen konnten, dass der Jahresabschluss keinewesentlichen Fehlaussagen enthält. Unter anderem prüften wir stichprobenartig die Belege,auf denen die Zahlen und Angaben im Abschluss basieren. Außerdem beurteilten wir dieAnwendung der Rechnungslegungsgrundsätze und die wesentlichen Einschätzungen durchdas Management sowie die Gesamtdarstellung des Jahresabschlusses. Wir sind der Auffas-sung, dass wir auf dieser Basis eine hinreichend sichere Beurteilung vornehmen konnten.

Nach unserer Einschätzung vermittelt der Jahresabschluss gemessen an den in den Erläute-rungen beschriebenen Rechnungslegungsgrundsätzen ein den tatsächlichen Verhältnissenentsprechendes Bild der Finanzlage der Europäischen Zentralbank zum 31. Dezember 2003und der finanziellen Ergebnisse ihrer Tätigkeit im Geschäftsjahr 2003.

Frankfurt am Main, den 9. März 2004

KPMG Deutsche Treuhand-GesellschaftAktiengesellschaftWirtschaftsprüfungsgesellschaft

(Wohlmannstetter) (Dr. Lemnitzer)Wirtschaftsprüfer Wirtschaftsprüfer

Marie-Curie-Straße 30 Postfach 50 05 20 Telefon (0 69) 95 87-0D-60439 Frankfurt am Main D-60394 Frankfurt am Main Telefax (0 69) 95 87-10 50

KPMG Deutsche Treuhand-GesellschaftAktiengesellschaft WirtschaftsprüfungsgesellschaftMitglied von KPMG International

Aufsichtsratsvorsitzender:WP StB Dipl.-Kfm.Gerhard Brackert

Vorstand:WP StB Dipl.-Kfm.Axel BergerWP RA StBDr. Bernd ErleWP StB Dipl.-Kfm.Prof. Dr. Gerd GeibWP Dr. Martin Hoyos

RA StBDr. Hartwich LüßmannWP Dipl.-Kfm. Ulrich MaasWP StBProf. Dr. Rolf NonnenmacherWP StB Dipl.-Kfm.Rüdiger ReinkeCPA Kenneth D. RussellWP Dipl.-Oec.Bernd Ulrich SchmidWP Dipl.-Kfm.Prof. Dr. Wienand SchruffWP StB Dr. Peter Wesner

WP RA StBProf. Dr. Harald WiedmannSprecherWP StB CPA Dipl.-Kfm. MScGottfried WohlmannstetterWP StB Dipl.-Kfm.Hans ZehnderWP StB Dipl.-Kfm.Wolfgang Zielkestellv. Sprecher

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Sitz: Berlin undFrankfurt am Main

Handelsregister:Charlottenburg (HRB 1077)und Frankfurt am Main(HRB 14345)

Bankverbindung:Deutsche Bank AG,Frankfurt a. M., 096 386 800BLZ 500 700 10

USt.-IdNr.: DE 136 751 547

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218EZBJahresbericht2003

5 KON SO L I D I E RT E B I L AN Z D E S E URO S Y S T EM SZUM 31 . D E Z EMBER 2 003

(MIO € )

AKTIVA 31. DEZEMBER 31. DEZEMBER2003 2002

1 Gold und Goldforderungen 130 344 130 739

2 Forderungen in Fremdwährung an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 175 579 234 4862.1 Forderungen an den IWF 29 130 31 3052.2 Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen,

Auslandskredite und sonstige Auslandsaktiva 146 449 203 181

3 Forderungen in Fremdwährung an Ansässigeim Euro-Währungsgebiet 17 415 19 823

4 Forderungen in Euro an Ansässige außerhalbdes Euro-Währungsgebiets 6 049 4 1904.1 Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen und Kredite 6 049 4 1904.2 Forderungen aus der Kreditfazilität im Rahmen des WKM II 0 0

5 Forderungen in Euro aus geldpolitischen Operationenan Kreditinstitute im Euro-Währungsgebiet 298 163 227 6545.1 Hauptrefinanzierungsgeschäfte 253 001 180 0005.2 Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte 45 000 45 0005.3 Feinsteuerungsoperationen in Form von befristeten

Transaktionen 0 05.4 Strukturelle Operationen in Form von befristeten

Transaktionen 0 05.5 Spitzenrefinanzierungsfazilität 134 2 6215.6 Forderungen aus Margenausgleich 28 33

6 Sonstige Forderungen in Euro an Kreditinstituteim Euro-Währungsgebiet 729 147

7 Wertpapiere in Euro von Ansässigen imEuro-Währungsgebiet 54 466 27 828

8 Forderungen in Euro an öffentliche Haushalte 42 686 44 486

9 Sonstige Aktiva 109 365 105 808

Aktiva insgesamt 834 796 795 161

Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen.

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219EZB

Jahresbericht2003

PASSIVA 31. DEZEMBER 31. DEZEMBER2003 2002

1 Banknotenumlauf 436 128 371 866*

2 Verbindlichkeiten in Euro aus geldpolitischen Operationengegenüber Kreditinstituten im Euro-Währungsgebiet 147 328 133 5652.1 Einlagen auf Girokonten

(einschließlich Mindestreserveguthaben) 147 247 133 4952.2 Einlagefazilität 80 702.3 Termineinlagen 0 02.4 Feinsteuerungsoperationen in Form von befristeten

Transaktionen 0 02.5 Verbindlichkeiten aus Margenausgleich 1 0

3 Sonstige Verbindlichkeiten in Euro gegenüberKreditinstituten im Euro-Währungsgebiet 257 15

4 Verbindlichkeiten aus der Begebung von Schuldverschreibungen 1 054 2 029

5 Verbindlichkeiten in Euro gegenüber sonstigen Ansässigenim Euro-Währungsgebiet 39 865 46 1975.1 Einlagen von öffentlichen Haushalten 34 106 41 1235.2 Sonstige Verbindlichkeiten 5 759 5 074

6 Verbindlichkeiten in Euro gegenüber Ansässigenaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 10 279 8 813

7 Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüberAnsässigen im Euro-Währungsgebiet 499 1 125

8 Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüberAnsässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets 11 205 18 5888.1 Einlagen, Guthaben und sonstige Verbindlichkeiten 11 205 18 5888.2 Verbindlichkeiten aus der Kreditfazilität im Rahmen

des WKM II 0 0

9 Ausgleichsposten für vom IWF zugeteilte Sonderziehungsrechte 5 761 6 340

10 Sonstige Passiva 54 757 62 470

11 Ausgleichsposten aus Neubewertung 67 819 82 615

12 Kapital und Rücklagen 59 844 61 538

Passiva insgesamt 834 796 795 161

* Im Banknotenumlauf zum 31. Dezember 2002 ist der nationale Banknotenumlauf des Euro-Währungsgebiets in Höhe von13 338 Mio € enthalten. Ab 1. Januar 2003 wurde der Betrag des nationalen Banknotenumlaufs unter „Sonstige Passiva“verbucht; am 31. Dezember 2003 belief er sich auf 11 338 Mio €.

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ANHANG

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222EZBJahresbericht2003

EZB/2003/1 Empfehlung gemäß Artikel 10.6 der Satzung des EuropäischenSystems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbankfür einen Beschluss des Rates über eine Änderung des Artikels10.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbankenund der Europäischen Zentralbank

EZB/2003/2 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 6. Februar 2003über bestimmte statistische Berichtsanforderungen der Euro-päischen Zentralbank und die von den nationalen Zentralbankenanzuwendenden Verfahren zur Meldung statistischer Daten imBereich der Geld- und Bankenstatistik

EZB/2003/3 Empfehlung der Europäischen Zentralbank vom 6. März 2003an den Rat der Europäischen Union im Hinblick auf die exter-nen Rechnungsprüfer der Deutschen Bundesbank

EZB/2003/4 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 20. März 2003über die Stückelung, Merkmale und Reproduktion sowie denUmtausch und Einzug von Euro-Banknoten

EZB/2003/5 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 20. März 2003über die Anwendung von Maßnahmen gegen unerlaubte Repro-duktionen von Euro-Banknoten sowie über den Umtausch undEinzug von Euro-Banknoten

EZB/2003/6 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 4. April 2003 zurÄnderung der Leitlinie EZB/2001/3 über ein transeuropäischesautomatisches Echtzeit-Brutto-Express-Zahlungsverkehrs-system (TARGET) in der geänderten Fassung vom 27. Februar2002

EZB/2003/7 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 2. Mai 2003 überdie statistischen Berichtsanforderungen der Europäischen Zen-tralbank im Bereich der Zahlungsbilanz, des Auslandsvermö-gensstatus sowie des Offenlegungstableaus für Währungsre-serven und Fremdwährungsliquidität

EZB/2003/8 Empfehlung der Europäischen Zentralbank vom 2. Mai 2003über die statistischen Berichtsanforderungen der EuropäischenZentralbank im Bereich der Zahlungsbilanz, des Auslandsver-mögensstatus sowie des Offenlegungstableaus für Währungs-reserven und Fremdwährungsliquidität

ANHANG

RECHT S I N S T RUMENTE D ER E Z BDiese Aufstellung bietet einen Überblick überdie Rechtsinstrumente, die im Jahr 2003 undAnfang 2004 von der EZB verabschiedet und imAmtsblatt der Europäischen Union (erhältlichbeim Amt für amtliche Veröffentlichungen der

Europäischen Gemeinschaften) veröffentlichtwurden. Eine Aufstellung aller von der EZB seitJuni 1998 verabschiedeten Rechtsinstrumentefindet sich auf der EZB-Website.

Nr. Titel Fundstelleim Amtsblatt

ABl. C 29,7.2.2003,S. 6

ABl. L 241,26.9.2003,S. 1

ABl. C 75,27.3.2003,S. 11

ABl. L 78,25.3.2003,S. 16

ABl. L 78,25.3.2003,S. 20

ABl. L 113,7.5.2003,S. 10

ABl. L 131,28.5.2003,S. 20

ABl. C 126,28.5.2003,S. 7

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223EZB

Jahresbericht2003

Nr. Titel Fundstelleim Amtsblatt

EZB/2003/9 Verordnung der Europäischen Zentralbank vom 12. September2003 über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht

EZB/2003/10 Verordnung der Europäischen Zentralbank vom 18. September2003 zur Änderung der Verordnung EZB/2001/13 über diekonsolidierte Bilanz des Sektors der monetären Finanzinstitute

EZB/2003/11 Empfehlung der Europäischen Zentralbank vom 3. Oktober2003 an den Rat der Europäischen Union im Hinblick auf dieexternen Rechnungsprüfer der Banque centrale du Luxembourg

EZB/2003/12 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 23. Oktober 2003gemäß Artikel 31.3 der Satzung des Europäischen Systems derZentralbanken und der Europäischen Zentralbank für die vonden teilnehmenden Mitgliedstaaten ausgeführten Transaktionenmit ihren Arbeitsguthaben in Fremdwährungen

EZB/2003/13 Entscheidung der Europäischen Zentralbank vom 23. Oktober2003 zur Änderung der Entscheidung EZB/2002/12 vom19. Dezember 2002 über die Genehmigung des Umfangs derAusgabe von Münzen im Jahr 2003

EZB/2003/14 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 7. November2003 zur Verwaltung der im Rahmen der Fazilität des mittel-fristigen finanziellen Beistands von der Europäischen Gemein-schaft abgeschlossenen Anleihe- und Darlehensgeschäfte

EZB/2003/15 Entscheidung der Europäischen Zentralbank vom 28. Novem-ber 2003 über die Genehmigung des Umfangs der Ausgabe vonMünzen im Jahr 2004

EZB/2003/16 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 1. Dezember 2003zur Änderung der Leitlinie EZB/2000/7 über geldpolitische In-strumente und Verfahren des Eurosystems

EZB/2003/17 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 18. Dezember2003 über die prozentualen Anteile der nationalen Zentralban-ken im Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals der Europäi-schen Zentralbank

EZB/2003/18 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 18. Dezember2003 zur Bestimmung der Maßnahmen, die zur Einzahlung desKapitals der Europäischen Zentralbank durch die teilnehmen-den nationalen Zentralbanken erforderlich sind

EZB/2003/19 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 18. Dezember2003 zur Bestimmung der Maßnahmen, die zur Einzahlung desKapitals der Europäischen Zentralbank durch die nicht teilneh-menden nationalen Zentralbanken erforderlich sind

ABl. L 250,2.10.2003,S. 10

ABl. L 250,2.10.2003,S. 17

ABl. C 247,15.10.2003,S. 16

ABl. L 283,31.10.2003,S. 81

ABl. L 283,31.10.2003,S. 87

ABl. L 297,15.11.2003,S. 35

ABl. L 324,11.12.2003,S. 57

ABl. L 69,8.3.2004,S. 1

ABl. L 9,15.1.2004,S. 27

ABl. L 9,15.1.2004,S. 29

ABl. L 9,15.1.2004,S. 31

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224EZBJahresbericht2003

Nr. Titel Fundstelleim Amtsblatt

EZB/2003/20 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 18. Dezember2003 zur Festlegung der Bedingungen für die Übertragung derKapitalanteile der Europäischen Zentralbank zwischen den na-tionalen Zentralbanken und die Anpassung des eingezahltenKapitals

EZB/2003/21 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 18. Dezember2003 zur Festlegung der Maßnahmen, die für den Beitrag zuden Reserven und Rückstellungen der Europäischen Zentral-bank sowie zur Anpassung der den übertragenen Währungsre-serven entsprechenden Forderungen der nationalen Zentralban-ken erforderlich sind

EZB/2003/22 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 18. Dezember2003 zur Änderung des Artikels 1 Buchstabe f) des Beschlus-ses EZB/2001/16 über die Verteilung der monetären Einkünfteder nationalen Zentralbanken der teilnehmenden Mitgliedstaa-ten ab dem Geschäftsjahr 2002

EZB/2003/23 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 18. Dezember2003 zur Änderung des Beschlusses EZB/2001/15 vom 6. De-zember 2001 über die Ausgabe von Euro-Banknoten

EZB/2004/1 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 13. Februar 2004zur Änderung der Leitlinie EZB/2003/2 über bestimmte statisti-sche Berichtsanforderungen der Europäischen Zentralbank unddie von den nationalen Zentralbanken anzuwendenden Verfah-ren zur Meldung statistischer Daten im Bereich der Geld- undBankenstatistik

EZB/2004/2 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 19. Februar 2004zur Verabschiedung der Geschäftsordnung der EuropäischenZentralbank

ABl. L 9,15.1.2004,S. 32

ABl. L 9,15.1.2004,S. 36

ABl. L 9,15.1.2004,S. 39

ABl. L 9,15.1.2004,S. 40

ABl. L 83,20.3.2004

ABl. L 80,18.3.2004,S. 33

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225EZB

Jahresbericht2003

S T E L L UNGNAHMEN D E R E Z B

CON/2003/1 Niederlande Änderung der Regeln für die Meldung von Zahlungsbilanzda-ten

CON/2003/2 Dänemark Neufassung des Gesetzes über Finanzgeschäfte und des Geset-zes über Hypothekenkredite und Hypothekenpfandbriefe

CON/2003/3 Schweden Änderung des Gesetzes über die Sveriges Riksbank und desGesetzes über den Riksdag

CON/2003/4 Griechenland Änderung der Satzung der Bank von Griechenland

CON/2003/7 Belgien Königliches Dekret über den außerbörslichen Markt für belgi-sche Staatsanleihen, Strips und Schatzwechsel

CON/2003/8 Österreich Devisengesetz 2003 und Änderung des Überweisungsgesetzes

CON/2003/10 Schweden Reform des Bankwesen- und Finanzgesetzes

CON/2003/11 Österreich Finanzsicherheiten-Gesetz (zur Umsetzung der Richtlinie2002/47/EG)

CON/2003/14 Italien Zahlungssysteme, Zahlungsverkehrsinfrastrukturen und Zah-lungsmittel

CON/2003/15 Schweden Änderung des Gesetzes über die Sveriges Riksbank

CON/2003/17 Österreich Gesetz über die Pfandbriefstelle der Landes-Hypothekenban-ken, Änderung anderer Gesetze

CON/2003/19 Belgien Finanzmarktaufsicht und Finanzdienstleistungen

CON/2003/22 Finnland Änderung des Gesetzes über die Suomen Pankki und verwand-ter Gesetze

CON/2003/23 Niederlande Zusammenlegung von De Nederlandsche Bank und der nieder-ländischen Pensionskassen- und Versicherungsaufsicht

CON/2003/24 Irland Entwurf eines Gesetzes über die Central Bank and FinancialServic`s Authority of Ireland (Nr. 2) 2003

a) Stellungnahmen der EZB nach Konsultationen durch Mitgliedstaaten1

Nr.2 Ursprung Gegenstand

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick überdie von der EZB im Jahr 2003 und Anfang 2004gemäß Artikel 105 Absatz 4 EG-Vertrag undArtikel 4 ESZB-Satzung, Artikel 112 Absatz 2Buchstabe b) EG-Vertrag und Artikel 11.2

ESZB-Satzung sowie Artikel 48 Vertrag überdie Europäische Union verabschiedeten Stel-lungnahmen. Eine Aufstellung aller von derEZB seit Juni 1998 abgegebenen Stellungnah-men findet sich auf der EZB-Website.

1 Stellungnahmen der EZB auf Ersuchen von nationalen Behörden werden grundsätzlich sechs Monate nach ihrer Verabschiedung aufder Website der EZB veröffentlicht; EZB-Stellungnahmen von politischer Relevanz werden umgehend veröffentlicht.

2 Die Konsultationen sind in der Reihenfolge ihrer Verabschiedung durch den EZB-Rat nummeriert.

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226EZBJahresbericht2003

Nr.2 Ursprung Gegenstand

CON/2003/25 Belgien Änderung des Gesetzes über die Verhinderung der Nutzung desFinanzsystems zum Zweck der Geldwäsche und Änderung an-derer Gesetze

CON/2003/27 Österreich Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung

CON/2003/28 Spanien Änderung des Gesetzes über die Autonomie der Banco deEspaña

CON/2003/29 Portugal Änderung des Grundgesetzes über die Banco de Portugal

CON/2004/1 Finnland Änderung des Gesetzes über die Suomen Pankki und verwand-ter Gesetze

CON/2004/2 Schweden Neufassung der Verordnungen und Erläuterungen der SverigesRiksbank zur Meldung der Geld- und Bankenstatistiken durchdie MFIs

CON/2004/3 Luxemburg Erstellung eines rechtlichen Rahmens für die Verbriefung vonKreditforderungen (Securitisation)

CON/2004/5 Österreich Finanzkonglomerategesetz zur Umsetzung der Richtlinie2002/87/EG

CON/2004/6 Frankreich Genehmigung einer bestehenden staatlichen Garantie für dieBanque de France

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227EZB

Jahresbericht2003

CON/2003/5 EU-Rat Statistische Daten, die bei der Anpassung desSchlüssels für die Zeichnung des Kapitals derEZB anzuwenden sind

CON/2003/6 EU-Rat Empfehlung zur Ernennung eines neuen Mit-glieds des Direktoriums der EZB

CON/2003/9 EU-Rat Wertpapierdienstleistungen und geregelteMärkte

CON/2003/12 EU-Rat Vierteljährliche Finanzkonten des Staates

CON/2003/13 EU-Rat Empfehlung zur Ernennung des Präsidentender EZB

CON/2003/16 EU-Rat Analyse und Zusammenarbeit in Bezug aufgefälschte Euro-Münzen

CON/2003/18 EU-Rat Empfehlung betreffend Änderungen der Wäh-rungsvereinbarung zwischen der ItalienischenRepublik, im Namen der Europäischen Ge-meinschaft, und dem Staat Vatikanstadt, ver-treten durch den Heiligen Stuhl

CON/2003/20 EU-Rat Entwurf eines Vertrags über eine Verfassungfür Europa

CON/2003/21 EU-Rat Transparenzanforderungen in Bezug auf In-formationen über Emittenten, deren Wertpa-piere zum Handel auf einem geregelten Marktzugelassen sind

CON/2003/26 EU-Rat Gemeinschaftliche Statistik der Zahlungsbi-lanz, des internationalen Dienstleistungsver-kehrs und der Direktinvestitionen

CON/2004/4 EU-Rat Erstellung von vierteljährlichen nichtfinan-ziellen Sektorkonten

CON/2004/7 EU-Rat Schaffung einer neuen Ausschussstruktur imFinanzdienstleistungsbereich

b) Stellungnahmen der EZB nach Konsultationen durch eine europäische Institution3

Nr.4 Ursprung Gegenstand Fundstelleim Amtblatt

ABl. C 102,29.4.2003,S. 11

ABl. C 105,1.5.2003,S. 37

ABl. C 144,20.6.2003,S. 6

ABl. C 165,16.7.2003,S. 6

ABl. C 187,7.8.2003,S. 16

ABl. C 202,27.8.2003,S. 31

ABl. C 212,6.9.2003,S. 10

ABl. C 229,25.9.2003,S. 7

ABl. C 242,9.10.2003,S. 6

ABl. C 296,6.12.2003,S. 5

ABl. C 42,18.2.2004,S. 23

ABl. C 58,6.3.2004S. 233 Auf der EZB-Website veröffentlicht.

4 Die Konsultationen sind in der Reihenfolge ihrer Verabschiedung durch den EZB-Rat nummeriert.

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229EZB

Jahresbericht2003

PUB L I K AT I ON EN D E R E Z B S E I T J A NUAR 2 0 0 3Dieses Verzeichnis soll den Leser über ausgewählte Publikationen der Europäischen Zentralbankinformieren, die seit Januar 2003 veröffentlicht wurden. Bei den Working Papers werden lediglichdie Veröffentlichungen von Dezember 2003 bis Februar 2004 aufgeführt. Die Publikationen wer-den von der Presse- und Informationsabteilung kostenlos an Interessenten abgegeben. Anfragensind schriftlich an die im Impressum angegebene Postanschrift zu richten.

Eine vollständige Liste der Publikationen der Europäischen Zentralbank und des EuropäischenWährungsinstituts kann auf der Website der EZB abgerufen werden.

JAHRESBERICHT„Jahresbericht 2002“, April 2003.

AUFSÄTZE IN DEN MONATSBERICHTEN„Die Bargeldnachfrage im Euro-Währungsgebiet im Zeichen der Euro-Bargeldumstellung“,Januar 2003.„Ziel, Konzept and Auswirkungen des CLS-Systems“, Januar 2003.„Der Zusammenhang zwischen Geld- und Finanzpolitik im Euro-Währungsgebiet“,Februar 2003.„Wechselkurssysteme in Schwellenländern“, Februar 2003.„Die Notwendigkeit umfassender Reformen angesichts einer alternden Bevölkerung“,April 2003.„Entwicklung der allgemeinen Wirtschaftsstatistik für das Euro-Währungsgebiet“,April 2003.„Umfrage zum Kreditgeschäft im Euro-Währungsgebiet“, April 2003.„Jüngste Entwicklung der Preise für Wohneigentum im Euro-Währungsgebiet“, Mai 2003.„Elektronisierung des Zahlungsverkehrs in Europa“, Mai 2003.„Änderung der Abstimmungsregeln im EZB-Rat“, Mai 2003.„Ergebnis der von der EZB durchgeführten Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie“,Juni 2003.„Trends bei den Bruttoanlageinvestitionen im Euro-Währungsgebiet“, Juli 2003.„Erste Erfahrungen mit der Steuerung der Produktion und Ausgabe der Euro-Banknoten“,Juli 2003.„Änderungen des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems“, August 2003.„Jüngste Entwicklungen im Bankensektor des Euro-Währungsgebiets“, August 2003.„Entwicklung der internationalen Preis- und Kostenwettbewerbsfähigkeit desEuro-Währungsgebiets“, August 2003.„Jüngste Entwicklung der Finanzierungsstrukturen im Euro-Währungsgebiet“,Oktober 2003.„Die Integration der europäischen Finanzmärkte“, Oktober 2003.„Entwicklung der Fremdfinanzierung des privaten Sektors im Euro-Währungsgebiet“,November 2003.„Krisenbewältigung in Schwellenländern – Herausforderungen für die internationaleGemeinschaft“, November 2003.

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230EZBJahresbericht2003

„Die internationale Rolle des Euro: die wichtigsten Entwicklungen seit Beginn der dritten Stufe derWirtschafts- und Währungsunion“, November 2003.„Die WWU und die Durchführung der Finanzpolitik“, Januar 2004.„Umfragen zur Konjunktur-, Preis- und Arbeitsmarktentwicklung im Euro-Währungsgebiet –Merkmale und Nutzen“, Januar 2004.„Messung und Analyse der Gewinnentwicklung im Euro-Währungsgebiet“, Januar 2004.„Die Volkswirtschaften der beitretenden Staaten an der Schwelle zur Mitgliedschaft in der Europä-ischen Union“, Februar 2004.„Entwicklung der Bilanzen im privaten Sektor des Euro-Währungsgebiets und derVereinigten Staaten“, Februar 2004.„Die Auswirkungen der Zeitwertbilanzierung auf den europäischen Bankensektor imHinblick auf die Finanzmarktstabilität“, Februar 2004.

OCCASIONAL PAPERS8. „An introduction to the ECB’s survey of professional forecasters“ von J. A. Garcia,

September 2003.9. „Fiscal adjustment in 1991-2002: stylised facts and policy implications“

von M. G. Briotti, Februar 2004.10. „The acceding countries’ strategies towards ERM II and the adoption of the euro:

an analytical review“ von einem Mitarbeiterteam unter der Leitung von P. Backé undC. Thimann, mit Beiträgen von O. Arratibel, O. Calvo-Gonzalez, A. Mehl und C. Nerlich,Februar 2004.

11. „Official dollarisation/euroisation: motives, features and policy implications of current cases“von A. Winkler, F. Mazzaferro, C. Nerlich und C. Thimann, Februar 2004.

WORKING PAPERS294. „Does the yield spread predict recessions in the euro area?“ von F. Moneta, Dezember

2003.295. „Optimal allotment policy in the Eurosystem’s main refinancing operations“ von

C. Ewerhart, N. Cassola, S. Ejerskov und N. Valla, Dezember 2003.296. „Monetary policy analysis in a small open economy using Bayesian cointegrated structural

VARs“ von M. Villani und A. Warne, Dezember 2003.297. „Measurement of contagion in banks’ equity prices“ von R. Gropp und

G. Moerman, Dezember 2003.298. „The lender of last resort: a 21st century approach“ von X. Freixas, B. M. Parigi

und J.-C. Rochet, Dezember 2003.299. „Import prices and pricing-to-market effects in the euro area“ von T. Warmedinger, Januar

2004.300. „Developing statistical indicators of the integration of the euro area banking system“ von

M. Manna, Januar 2004.301. „Inflation and relative price asymmetry“ von A. Rátfai, Januar 2004.302. „Deposit insurance, moral hazard and market monitoring“ von R. Gropp und

J. Vesala, Februar 2004.303. „Fiscal policy events and interest rate swap spreads: evidence from the EU“

von A. Afonso und R. Strauch, Februar 2004.

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231EZB

Jahresbericht2003

304. „Equilibrium unemployment, job flows and inflation dynamics“ von A. Trigari, Februar2004.

305. „A structural common factor approach to core inflation estimation and forecasting“ von C.Morana, Februar 2004.

306. „A markup model of inflation for the euro area“ von C. Bowdler und E. S. Jansen, Februar2004.

307. „Budgetary forecasts in Europe – the track record of stability and convergenceprogrammes“ von R. Strauch, M. Hallerberg und J. von Hagen, Februar 2004.

308. „International risk-sharing and the transmission of productivity shocks“von G. Corsetti, L. Dedola und S. Leduc, Februar 2004.

309. „Monetary policy shocks in the euro area and global liquidity spillovers“von J. Sousa und A. Zaghini, Februar 2004.

310. „International equity flows and returns: a quantitative equilibrium approach“von R. Albuquerque, G. H. Bauer und M. Schneider, Februar 2004.

311. „Current accounts dynamics in OECD and EU acceding countries – an intertemporalapproach“ von M. Bussière, M. Fratzscher und G. J. Müller, Februar 2004.

312. „Similarities and convergence in G-7 cycles“ von F. Canova, M. Ciccarelli undE. Ortega, Februar 2004.

313. „The high-yield segment of the corporate bond market: a diffusion modelling approach forthe United States, the United Kingdom and the euro area“von G. de Bondt und D. Marqués, Februar 2004.

SONSTIGE PUBLIKATIONEN„EU banking sector stability“, Februar 2003.„List of Monetary Financial Institutions and institutions subject to minimum reserves“,Februar 2003.„Review of the foreign exchange market structure“, März 2003.„Structural factors in the EU housing markets“, März 2003.„List of Monetary Financial Institutions in the accession countries“, März 2003.„Memorandum of Understanding on the exchange of information among credit registers for thebenefit of reporting institutions“, März 2003.„Memorandum of Understanding on Economic and Financial Statistics between theDirectorate General Statistics of the European Central Bank and the Statistical Office of the Euro-pean Communities (Eurostat).Annex 1: Share of responsibilities in the field of balance of payments and international investmentposition statistics“, März 2003.„TARGET Annual Report 2002“, April 2003.„Supplementary guidance notes concerning statistics on the holders of money market fundshares/units“, April 2003.„Money, banking and financial market statistics in the accession countries.Methodological Manual. Vol. 1: The current definition and structure of money and bankingstatistics in the accession countries“, Mai 2003.„Money, banking and financial market statistics in the accession countries.Methodological Manual. Vol. 2: Statistics on other financial intermediaries, financial marketsand interest rates in the accession countries“, Mai 2003.„Accession countries: balance of payments/international investment position statisticalmethods“, Mai 2003.

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232EZBJahresbericht2003

„Electronic money system security objectives according to the common criteriamethodology“, Mai 2003.„The transformation of the European financial system, Second ECB Central BankingConference, October 2002, Frankfurt am Main“, Juni 2003.„Letter from the ECB President to the President of the Convention regarding the draftConstitutional Treaty“, Juni 2003.„Developments in national supervisory structures“, Juni 2003.„Oversight standards for euro retail payment systems“, Juni 2003.„Towards a Single Euro Payments Area – progress report“, Juni 2003.„Amendments to the risk control framework for tier one and tier two eligible assets“,Juli 2003.„ECB statistics: A brief overview“, August 2003.„Portfolio investment income: Task force report“, August 2003.„The New Basel Capital Accord“, August 2003.„Payment and securities settlement systems in the European Union: Addendumincorporating 2001 figures“, September 2003.„Letter from the ECB President to the President of the Council of the European Union regardingthe Opinion of the ECB of 19 September 2003 at the request of the Councilof the European Union on the draft Treaty establishing a Constitution for Europe(CON/2003/20)“, 22. September 2003.„Inflation differentials in the euro area: potential causes and policy implications“,September 2003.„Correspondent central banking model (CCBM): procedures for Eurosystemcounterparties“, September 2003.„Bond markets and long-term interest rates in European Union accession countries“,Oktober 2003.„Manual on MFI interest rate statistics – Regulation ECB/2001/18“, Oktober 2003.„European Union balance of payments/international investment position statisticalmethods“, November 2003.„Money market study 2002“, November 2003.„Background studies for the ECB’s evaluation of its monetary policy strategy“,November 2003.„Structural analysis of the EU banking sector, Year 2002“ November 2003.„TARGET: the Trans-European Automated Real-Time Gross settlement Express Transfer system –update 2003“, November 2003.„TARGET2: the payment system of the Eurosystem“, November 2003.„Seasonal adjustment“, November 2003.„Comments of the ECB on the third consultative document of the European Commission on regu-latory capital review“, November 2003.„EU banking sector stability“, November 2003.„Review of the international role of the euro“, Dezember 2003.„Policy position of the Governing Council of the European Central Bank on exchange rate issuesrelating to the acceeding countries“, Dezember 2003.„Assessment of accession countries’ securities settlement systems against the standards for the useof EU securities settlement systems in Eurosystem credit operations“, Januar 2004.„The monetary policy of the ECB“, Januar 2004.„The implementation of monetary policy in the euro area: General documentation onEurosystem monetary policy instruments and procedures“, Februar 2004.

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233EZB

Jahresbericht2003

„Guidance notes on the MFI balance sheet statistics relating to EU enlargement as laid down inRegulation ECB/2003/10“, Februar 2004.„Comments on the communication from the Commission to the Council and the EuropeanParliament concerning a new legal framework for payments in the internal market(consultative document)“, Februar 2004.

INFORMATIONSBROSCHÜREN„Information guide for credit institutions using TARGET“, Juli 2003.

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235EZB

Jahresbericht2003

CHRON I K D E R G E LDPO L I T I S CH ENMA S SNAHMEN D E S E URO S Y S T EM S 1

1 Die Chronik der geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystemsfür die Jahre 1999 bis 2001 ist im Jahresbericht 1999 auf Seite181 ff., im Jahresbericht 2000 auf Seite 225 ff. beziehungswei-se im Jahresbericht 2001 auf Seite 237 ff. zu finden.

9. JANUAR 2003Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so-wie die Zinssätze für die Spitzenrefinan-zierungsfazilität und die Einlagefazilität un-verändert bei 2,75 %, 3,75 % bzw. 1,75 % zubelassen.

23. JANUAR 2003Der EZB-Rat beschließt die beiden folgendenMaßnahmen zur Verbesserung des geldpoliti-schen Handlungsrahmens:

Erstens wird der Zeitplan der Mindestreserve-Erfüllungsperiode geändert. Künftig beginntdiese immer am Abwicklungstag des Hauptrefi-nanzierungsgeschäfts (HRG), das auf die Sit-zung des EZB-Rats folgt, für die die monatlicheErörterung der Geldpolitik vorgesehen ist.Darüber hinaus werden die Veränderung derZinssätze der ständigen Fazilitäten und der Be-ginn der neuen Mindestreserve-Erfüllungsperi-ode in der Regel zusammenfallen.

Zweitens wird die Laufzeit der HRGs von zweiWochen auf eine Woche verkürzt.

Diese Maßnahmen sollen im ersten Quartal2004 in Kraft treten.

Unter Bezugnahme auf die Pressemitteilungvom 10. Juli 2002 beschließt der EZB-Rat fer-ner, hinsichtlich der im Jahr 2003 durch-zuführenden längerfristigen Refinanzierungs-geschäfte den Zuteilungsbetrag von15 Mrd € pro Geschäft beizubehalten. DieserBetrag berücksichtigt den erwarteten Liquidi-tätsbedarf des Bankensystems des Euro-Wäh-rungsgebiets im Jahr 2003 und spiegelt denWunsch des Eurosystems wider, den größtenTeil der Liquidität weiterhin über die Hauptrefi-nanzierungsgeschäfte zur Verfügung zu stellen.

6. FEBRUAR 2003Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so-

wie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität und die Einlagefazilität unverän-dert bei 2,75 %, 3,75 % bzw. 1,75 % zu belas-sen.

6. MÄRZ 2003Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte –beginnend mit dem am 12. März 2003 abzuwi-ckelnden Geschäft – um 0,25 Prozentpunkte auf2,50 % zu senken. Er beschließt ferner, dieZinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazili-tät und die Einlagefazilität mit Wirkung vom7. März 2003 um jeweils 0,25 Prozentpunkteauf 3,50 % bzw. 1,50 % zu senken.

3. APRIL 2003Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so-wie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität und die Einlagefazilität un-verändert bei 2,50 %, 3,50 % bzw. 1,50 % zubelassen.

8. MAI 2003Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so-wie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität und die Einlagefazilität un-verändert bei 2,50 %, 3,50 % bzw. 1,50 % zubelassen.

Er gibt ferner die Ergebnisse seiner Bewertungder geldpolitischen Strategie der EZB bekannt.Diese Strategie, die am 13. Oktober 1998 ver-lautbart wurde, besteht aus drei Hauptelemen-ten: einer quantitativen Definition von Preissta-bilität, einer herausragenden Rolle der Geld-menge bei der Beurteilung der Risiken für diePreisstabilität und einer breit angelegten Beur-teilung der Aussichten für die Preisentwick-lung.

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236EZBJahresbericht2003

Der EZB-Rat bestätigt seine im Oktober 1998formulierte Definition von Preisstabilität, undzwar ist „Preisstabilität (...) definiert als An-stieg des Harmonisierten Verbraucherpreis-index (HVPI) für das Euro-Währungsgebietvon unter 2 % gegenüber dem Vorjahr. Preissta-bilität muss mittelfristig gewährleistet werden.“Gleichzeitig erklärt der EZB-Rat, dass er beimStreben nach Preisstabilität darauf abzielenwird, mittelfristig eine Preissteigerungsrate vonannähernd 2 % beizubehalten.

Der EZB-Rat bestätigt, dass seine geldpoliti-schen Beschlüsse weiterhin auf der Basis einerumfassenden Analyse der Risiken für die Preis-stabilität getroffen werden. Der EZB-Rat be-schließt auch, in seinen Erläuterungen deutlichzu machen, welche Rolle die wirtschaftlicheAnalyse und die monetäre Analyse bei der ein-heitlichen Beurteilung der Risiken für die Preis-stabilität durch den EZB-Rat spielen.

Um die längerfristige Natur des Referenzwertsfür das Geldmengenwachstum als Richtwert zurBewertung der monetären Entwicklung zu un-terstreichen, beschließt der EZB-Rat ebenfalls,keine jährliche Überprüfung des Referenzwertsmehr vorzunehmen. Die zugrunde liegendenBedingungen und Annahmen wird er jedochauch weiterhin beurteilen.

5. JUNI 2003Der EZB-Rat beschließt, den Mindest-bietungssatz für die Hauptrefinanzierungsge-schäfte – beginnend mit dem am 9. Juni 2003abzuwickelnden Geschäft – um 0,50 Prozent-punkte auf 2,0 % zu senken. Er beschließt fer-ner, die Zinssätze für die Spitzenrefinan-zierungsfazilität und die Einlagefazilität mitWirkung vom 6. Juni 2003 um jeweils 0,50 Pro-zentpunkte auf 3,0 % bzw. 1,0 % zu senken.

10. JULI, 31. JULI, 4. SEPTEMBER,2. OKTOBER, 6. NOVEMBER,4. DEZEMBER 2003 UND 8. JANUAR 2004Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so-wie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität und die Einlagefazilität un-

verändert bei 2,0 %, 3,0 % bzw. 1,0 % zu belas-sen.

12. JANUAR 2004Der EZB-Rat beschließt, den Zuteilungsbetragfür alle im Jahr 2004 durchzuführenden länger-fristigen Refinanzierungsgeschäfte von 15 Mrd €auf 25 Mrd € zu erhöhen. Das größere Zutei-lungsvolumen trägt dem für 2004 erwartetenhöheren Liquiditätsbedarf des Bankensystemsim Euro-Währungsgebiet Rechnung. Den Groß-teil der Liquidität wird das Eurosystemallerdings weiterhin über seine Hauptrefinan-zierungsgeschäfte bereitstellen. Der EZB-Ratentscheidet zu Beginn des Jahres 2005 über einemögliche erneute Anpassung des Zuteilungsbe-trags.

5. FEBRUAR, 4. MÄRZ 2004Der EZB-Rat beschließt, den Mindest-bietungssatz für die Hauptrefinanzierungsge-schäfte sowie die Zinssätze für dieSpitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlage-fazilität unverändert bei 2,0 %, 3,0 % bzw.1,0 % zu belassen.

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237EZB

Jahresbericht2003

G LO S S A RAktienmarkt (equity market): Markt, an dem Eigentumsanteile von Unternehmen begeben undgehandelt werden. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Aktien und Schuldtiteln besteht darin,dass Erstere vom Emittenten nicht zurückgezahlt werden müssen.

Anleihemarkt (bond market): Markt, an dem mittel- und langfristige Schuldverschreibungen,d. h. Schuldverschreibungen mit einer Ursprungslaufzeit von mehr als einem Jahr, begeben undgehandelt werden.

Auslandsvermögensstatus (international investment position – i.i.p.): Bestandsstatistik, dieWert und Zusammensetzung der finanziellen Nettoforderungen bzw. -verbindlichkeiten einerVolkswirtschaft gegenüber dem Ausland ausweist. Wird auch als Netto-Vermögensposition ge-genüber dem Ausland bezeichnet.

Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (Committee of EuropeanSecurities Regulators – CESR): Der im Juni 2001 gemäß Empfehlung des Schlussberichts desAusschusses der Weisen über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte von der Euro-päischen Kommission eingerichtete Ausschuss setzt sich aus Vertretern der nationalen Wertpa-pierregulierungsbehörden zusammen. Als ein im Rahmen von Stufe 3 des revidierten europäischenRegulierungsprozesses eingesetzter Ausschuss berät er die Europäische Kommission in wertpa-pieraufsichtsrechtlichen Fragen und trägt so zur konsequenteren Umsetzung des Gemeinschafts-rechts in nationales Recht bei. Des Weiteren fördert er die Koordination zwischen den europäi-schen Wertpapieraufsichtsbehörden.

Ausschuss für Wirtschaftspolitik (Economic Policy Committee – EPC): Beratendes Gemein-schaftsgremium, das an der Vorbereitung der Arbeit des EU-Rats mitwirkt. Der Ausschuss arbei-tet eng mit dem Wirtschafts- und Finanzausschuss zusammen, wobei seine Tätigkeit vorwie-gend auf die Strukturpolitik zur Förderung des Wachstumspotenzials und der Beschäftigung in derGemeinschaft abzielt. Der Ausschuss, dessen Errichtung in Artikel 272 EG-Vertrag vorgesehenist, wurde im Jahr 1974 mittels Ratsentscheidung gegründet. Er setzt sich aus jeweils zwei Vertre-tern aus jedem Mitgliedstaat sowie der Europäischen Kommission und der EZB zusammen.

Außenhandel (external trade in goods): Warenausfuhren und -einfuhren innerhalb des Euro-Währungsgebiets sowie im Handel mit Drittländern, angegeben als Wert, Volumen und Durch-schnittswertindizes. Der Handel innerhalb des Euro-Währungsgebiets umfasst den Warenverkehrzwischen den Euro-Ländern, jener mit Ländern außerhalb des Euro-Währungsgebiets den Außen-handel des Euroraums. Die Außenhandelsstatistiken sind nicht direkt mit den in den Volkswirt-schaftlichen Gesamtrechnungen ausgewiesenen Exporten und Importen vergleichbar, da Letzteregrenzüberschreitende Transaktionen innerhalb des Eurogebiets sowie gegenüber Drittländern ge-meinsam erfassen und darüber hinaus nicht zwischen Waren und Dienstleistungen unterscheiden.

Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel Capital Accord): Aufsichtsrechtlicher Rahmen mitVorgaben für Mindesteigenkapitalanforderungen, der eine adäquate Risikoabdeckung durch dieBanken sicherstellen soll. Dieser Aufsichtsrahmen wurde 1988 vom Basler Ausschuss fürBankenaufsicht verabschiedet, in dem die Zentralbanken und anderen Aufsichtsbehörden derG-10-Staaten, Spaniens und Luxemburgs vertreten sind. Die Eigenkapitalvereinbarung, die sichmittlerweile als international gültiger Standard etabliert hat, wird zurzeit überarbeitet, um denlaufenden Entwicklungen im Finanzsektor Rechnung zu tragen („Neue Basler Eigenkapitalverein-barung“ bzw. „Basel II“).

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238EZBJahresbericht2003

Befristete Transaktion (reverse transaction): Geschäft, bei dem die Zentralbank Vermögenswer-te im Rahmen einer Rückkaufsvereinbarung kauft oder verkauft oder gegen Überlassung vonSicherheiten Kredite gewährt.

Beitretende Staaten: Siehe Beitrittsländer.

Beitrittsländer (accession countries): Derzeit gibt es in Zentral- und Osteuropa sowie im Mittel-meerraum 13 Länder, die vom Europäischen Rat als offizielle Kandidaten für den Beitritt zurEuropäischen Union (EU) anerkannt wurden. Die folgenden zehn Länder werden der EU am1. Mai 2004 beitreten: die Tschechische Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn,Malta, Polen, Slowenien und die Slowakei. Diese zehn Länder werden als beitretende Staatenbezeichnet. Mit zwei weiteren Ländern, und zwar Bulgarien und Rumänien, wurden bereits Bei-trittsverhandlungen aufgenommen; als mögliches Beitrittsdatum wurde diesen Ländern das Jahr2007 in Aussicht gestellt. Mit der Türkei, die ebenfalls ein offizieller Kandidat für den Beitritt zurEU ist und am wirtschaftspolitischen Dialog teilnimmt, gibt es hingegen noch keine Beitrittsver-handlungen. Im vorliegenden Jahresbericht bezieht sich der Begriff „Beitrittsländer“ auf die zwölfLänder, mit denen die Beitrittsverhandlungen entweder bereits abgeschlossen wurden oder nochim Gange sind.

Benchmark-Portfolio (benchmark portfolio): Im Zusammenhang mit Investitionen versteht manunter einem Benchmark-Portfolio ein Vergleichsportfolio oder einen Index auf der Basis vonZielgrößen für Liquidität, Risiko und Anlagerendite, an dem die Wertentwicklung des jeweiligenPortfolios gemessen wird.

Bewertungsabschlag (valuation haircut): Risikokontrollmaßnahme für Sicherheiten, die bei be-fristeten Transaktionen verwendet werden, wobei die Zentralbank den Wert einer Sicherheit alsderen Marktwert abzüglich eines bestimmten Prozentsatzes (Sicherheitsabschlags) berechnet. DasEurosystem wendet Bewertungsabschläge an, die den Merkmalen der jeweiligen Sicherheitenentsprechen, wie etwa der Restlaufzeit.

Defizitquote (öffentliche Haushalte) (deficit ratio – general government): Das Defizit der öffent-lichen Haushalte wird als Finanzierungsdefizit verstanden und entspricht der Differenz zwischenöffentlichen Einnahmen und öffentlichen Ausgaben. Die Defizitquote wird definiert als Verhältniszwischen dem Defizit der öffentlichen Haushalte und dem Bruttoinlandsprodukt zu aktuellenMarktpreisen und ist Gegenstand eines der in Artikel 104 Absatz 2 EG-Vertrag festgelegten fis-kalpolitischen Kriterien zur Feststellung eines übermäßigen Defizits.

Devisenswap (foreign exchange swap): Gleichzeitige Durchführung eines Kassa- und eines Ter-mingeschäfts, bei dem ein Währungstausch für eine vereinbarte Laufzeit erfolgt. Das Eurosystemkann Offenmarktgeschäfte in Form von Devisenswapgeschäften durchführen, bei denen dieNZBen (oder die EZB) Euro gegen eine Fremdwährung per Kasse kaufen bzw. verkaufen undgleichzeitig per Termin verkaufen bzw. kaufen.

Direktinvestitionen (direct investment): Grenzüberschreitende Investitionen mit dem Ziel, einelangfristige Beteiligung an einem in einer anderen Volkswirtschaft ansässigen Unternehmen zuerwerben (in der Praxis durch den Erwerb von mindestens 10 % des Stimmrechtsanteils). Bei denDirektinvestitionen werden der Nettoerwerb ausländischer Finanzaktiva durch Ansässige imEuro-Währungsgebiet („Direktinvestitionen außerhalb des Euro-Währungsgebiets“) sowie derNettoerwerb von Finanzaktiva des Euroraums durch Gebietsfremde („Direktinvestitionen im Euro-

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239EZB

Jahresbericht2003

Währungsgebiet“) erfasst. Zu den Direktinvestitionen zählen Beteiligungskapital, reinvestierteGewinne und sonstige Anlagen im Zusammenhang mit Transaktionen zwischen verbundenen Un-ternehmen.

Dividendenwerte (equity securities): Umfassen Eigentumsrechte an Kapitalgesellschaften.Hierzu zählen Aktien, die an Börsen gehandelt werden (börsennotierte Aktien), nicht börsennotier-te Aktien und sonstige Anteilsrechte. Sie erbringen in der Regel Erträge in Form von Dividenden.

Echtzeit-Bruttosystem: Siehe RTGS-System.

ECOFIN-Rat: Siehe EU-Rat (Ministerrat).

Effektiver (nominaler/realer) Wechselkurs (effective exchange rates – EERs, nominal/real):Nominale effektive Wechselkurse des Euro sind gewichtete Durchschnittswerte der bilateralenWechselkurse des Euro gegenüber den Währungen der wichtigsten Handelspartner des Euro-Währungsgebiets. Die EZB veröffentlicht nominale effektive Wechselkursindizes für den Eurogegenüber einem eng gefassten und einem weit gefassten Kreis von Handelspartnern. Diezugrunde gelegten Gewichtungen spiegeln den Anteil der einzelnen Partnerländer am Handel desEuroraums wider. Reale effektive Wechselkurse sind nominale effektive Wechselkurse, deflatio-niert mit dem gewichteten Durchschnitt ausländischer Preise oder Kosten im Verhältnis zu denentsprechenden inländischen Preisen und Kosten. Damit sind sie Messgrößen für die preislicheund kostenmäßige Wettbewerbsfähigkeit eines Landes.

EG-Vertrag (Treaty): Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, der am 25. März1957 in Rom unterzeichnet wurde und am 1. Januar 1958 in Kraft trat. Mit diesem Vertrag, der oftals „Vertrag von Rom“ bezeichnet wird, wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG),die heutige Europäische Gemeinschaft (EG), gegründet. Der Vertrag über die Europäische Union(EU-Vertrag) wurde am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeichnet („Vertrag von Maastricht“)und trat am 1. November 1993 in Kraft. Durch den EU-Vertrag wurde der EG-Vertrag abgeändertund die Europäische Union begründet. Beide Verträge wurden durch den „Vertrag von Amster-dam“, der am 2. Oktober 1997 in Amsterdam unterzeichnet wurde und am 1. Mai 1999 in Krafttrat, und zuletzt durch den „Vertrag von Nizza“, der am 26. Februar 2001 unterzeichnet wurde undam 1. Februar 2003 in Kraft trat, abgeändert.

Einlagefazilität (deposit facility): Ständige Fazilität des Eurosystems, die den Geschäftspart-nern die Möglichkeit bietet, täglich fällige Einlagen zum dafür vorab festgesetzten Zinssatz beider NZB anzulegen (siehe Leitzinsen der EZB).

Elektronisches Geld (E-Geld) (electronic money, e-money): Geldwert, der auf einem Datenträgergespeichert ist und allgemein wie ein vorausbezahltes Inhaberinstrument für Zahlungen (außer anden Emittenten selbst) genutzt werden kann. Die Abwicklung kann, muss aber nicht über einBankkonto erfolgen.

EONIA (Euro Overnight Index Average) (euro overnight index average – EONIA): Messgrößefür den Interbank-Tagesgeldsatz des Euro auf Transaktionsbasis.

EPC: Siehe European Payments Council.

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240EZBJahresbericht2003

Erfüllungsrisiko (settlement risk): Oberbegriff für das Risiko, dass die Abwicklung in einemÜbertragungssystem nicht wie erwartet stattfindet. Dieses Risiko kann sowohl das Kredit- alsauch das Liquiditätsrisiko umfassen.

Erweiterter Rat (General Council): Eines der Beschlussorgane der EZB, das sich aus dem Präsi-denten und dem Vizepräsidenten der EZB sowie den Zentralbankpräsidenten sämtlicher EU-Mit-gliedstaaten zusammensetzt.

ESVG 95: Siehe Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen .

ESZB: Siehe Europäisches System der Zentralbanken.

EU-Rat (Ministerrat) (EU Council – Council of Ministers): Organ der Europäischen Gemein-schaft, das aus Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten besteht, und zwar normalerweiseaus den jeweils fachlich zuständigen Ministern (folglich oft als Ministerrat bezeichnet). Der in derZusammensetzung der Wirtschafts- und Finanzminister tagende EU-Rat wird häufig ECOFIN-Rat genannt. Zudem kann der EU-Rat zu besonders wichtigen Fragen in der Zusammensetzung derStaats- und Regierungschefs tagen. Der EU-Rat in dieser Zusammensetzung ist nicht mit demEuropäischen Rat zu verwechseln, in dessen Rahmen Staats- und Regierungschefs ebenfalls re-gelmäßig zusammentreffen. Der Europäische Rat jedoch gibt der Union die für ihre Entwicklungerforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen für diese Entwick-lung fest.

EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate) (euro interbank offered rate – EURIBOR): Zinssatz,zu dem ein erstklassiges Kreditinstitut bereit ist, einem anderen Kreditinstitut mit höchster Boni-tät Euro-Gelder zur Verfügung zu stellen. Der EURIBOR wird täglich für Interbankeinlagen mitLaufzeiten von bis zu zwölf Monaten berechnet.

Euro (euro): Bezeichnung der gemeinsamen europäischen Währung, die bei der Tagung des Euro-päischen Rats am 15. und 16. Dezember 1995 in Madrid festgelegt wurde.

Eurogebiet: Siehe Euro-Währungsgebiet.

Eurogruppe (Eurogroup): Informelles Gremium zur Abstimmung unter den Ministern aus demECOFIN-Rat, welche die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets vertreten. Die Eurogrup-pe tritt regelmäßig – in der Regel im Vorfeld von ECOFIN-Ratssitzungen – zusammen, um Fragenim Zusammenhang mit der gemeinsamen Zuständigkeit der Euro-Länder für die einheitliche Wäh-rung zu erörtern. Der Europäischen Kommission, und gegebenenfalls der EZB, steht die Teil-nahme an diesen Sitzungen frei.

Euro-Länder (euro area countries): Die am Euro-Währungsgebiet teilnehmenden Mitgliedstaa-ten.

Europäische Kommission (European Commission): Organ der Europäischen Gemeinschaft, dasdie Umsetzung der Bestimmungen des EG-Vertrags gewährleistet, die Politik der Gemeinschaftgestaltet, Vorschläge zum Gemeinschaftsrecht unterbreitet und mit bestimmten anderen Kompeten-zen ausgestattet ist. Auf wirtschaftspolitischem Gebiet spricht die Kommission Empfehlungen fürdie Grundzüge der Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft aus und berichtet dem EU-Rat überkonjunkturelle und wirtschaftspolitische Entwicklungen. Sie prüft im Rahmen der multilateralen

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241EZB

Jahresbericht2003

Überwachung die Einhaltung der Haushaltsdisziplin und legt dem EU-Rat Berichte vor. Der Kom-mission gehören (bis zum 1. Mai 2004) 20 Mitglieder an: je zwei Vertreter aus Deutschland,Spanien, Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich sowie je einer aus den übrigen Mit-gliedstaaten. Nach einer Übergangsfrist im Anschluss an die EU-Erweiterung wird die Kommis-sion insgesamt 25 Mitglieder (je ein Mitglied pro Mitgliedstaat) umfassen.

Europäische Zentralbank (EZB) (European Central Bank – ECB): Die EZB ist der Mittelpunktdes Europäischen Systems der Zentralbanken und des Eurosystems und besitzt gemäß Ge-meinschaftsrecht eigene Rechtspersönlichkeit. Sie stellt sicher, dass die dem Eurosystem und demESZB übertragenen Aufgaben entweder durch sie selbst oder durch die Tätigkeit der NZBen nachMaßgabe der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentral-bank erfüllt werden. Die EZB wird vom EZB-Rat und dem EZB-Direktorium geleitet. Ein drittesBeschlussorgan ist der Erweiterte Rat.

Europäischer Rat (European Council): Gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichenImpulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen für diese Entwicklung fest. DerEuropäische Rat setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie demPräsidenten der Europäischen Kommission zusammen (siehe EU-Rat).

Europäisches Parlament (European Parliament): Das Europäische Parlament besteht aus626 Vertretern der Bürger der EU-Mitgliedstaaten. Zusätzlich wurden von den nationalen Parla-menten der beitretenden Staaten 162 Beobachter entsandt. Nach Ratifizierung des Beitrittsvertragsdurch die derzeitigen und künftigen EU-Mitgliedstaaten ist vorgesehen, dass die Zahl der Abge-ordneten zum Europäischen Parlament ab der nächsten Legislaturperiode (2004–2009) 732 beträgt.Das Europäische Parlament ist, abhängig von dem Verfahren, nach dem EU-Recht erlassen wird,am Gesetzgebungsprozess in unterschiedlichem Umfang beteiligt. Im Rahmen der Wirtschafts-und Währungsunion besitzt das Parlament überwiegend beratende Befugnisse. Der EG-Vertragsieht jedoch gewisse Verfahren vor, welche die demokratische Verantwortung der EZB gegenüberdem Parlament gewährleisten sollen (Vorlage des Jahresberichts, allgemeine Debatte über dieGeldpolitik, Anhörungen durch die zuständigen Parlamentsausschüsse).

Europäisches System der Zentralbanken (ESZB) (European System of Central Banks –ESCB): Das ESZB besteht aus der EZB und den NZBen aller 15 Mitgliedstaaten, d. h., es umfasstaußer den Mitgliedern des Eurosystems auch die NZBen der Mitgliedstaaten, die den Euro nochnicht eingeführt haben. Das ESZB wird vom EZB-Rat und dem EZB-Direktorium geleitet. Eindrittes Beschlussorgan ist der Erweiterte Rat.

Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 95) (European Sys-tem of Accounts – ESA 95): System einheitlicher statistischer Definitionen und Klassifikationen,das auf eine harmonisierte quantitative Darstellung der Volkswirtschaften der EU-Mitgliedstaatenabzielt. Das ESVG 95 ist die EU-Version des internationalen System of National Accounts 1993(SNA 1993).

Europäisches Währungsinstitut (EWI) (European Monetary Institute – EMI): Das EWI wurdemit Beginn der zweiten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (am 1. Januar 1994) füreinen befristeten Zeitraum eingerichtet. Die beiden Hauptaufgaben des EWI waren die Verstär-kung der Zusammenarbeit zwischen den NZBen und der Koordinierung der Geldpolitik sowie dieDurchführung der Vorarbeiten, die für die Errichtung des Europäischen Systems der Zentral-banken, die Durchführung einer einheitlichen Geldpolitik und die Schaffung einer gemeinsamen

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242EZBJahresbericht2003

Währung in der dritten Stufe der WWU erforderlich waren. Das EWI wurde am 1. Juni 1998 nachErrichtung der EZB aufgelöst.

European Payments Council (EPC) (European Payments Council – EPC): Der EPC setzt sichaus 52 Vertretern diverser Institutionen, darunter Geschäfts- und Genossenschaftsbanken sowieSparkassen, zusammen, und ist damit betraut, die Grundlage für eine standardisierte Zahlungsver-kehrsinfrastruktur im Eurogebiet zu schaffen und das europäische Bankwesen in Zahlungsver-kehrsfragen zu vertreten.

Euroraum: Siehe Euro-Währungsgebiet.

Eurostat (Eurostat): Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften ist innerhalb derEuropäischen Kommission für die Erstellung der Statistiken der Gemeinschaft zuständig.

Eurosystem (Eurosystem): Setzt sich aus der EZB und den NZBen der Mitgliedstaaten, die denEuro in der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion eingeführt haben (siehe Euro-Währungsgebiet), zusammen. Das Eurosystem, dem derzeit zwölf NZBen angehören, wird vomEZB-Rat und vom EZB-Direktorium geleitet.

Euro-Währungsgebiet (Euroraum, Eurogebiet) (euro area): Gebiet, das jene Mitgliedstaatenumfasst, in denen der Euro gemäß EG-Vertrag als gemeinsame Währung eingeführt wurde und indenen unter der Verantwortung des EZB-Rats eine gemeinsame Geldpolitik betrieben wird. ZumEuro-Währungsgebiet gehören derzeit Belgien, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich,Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal und Finnland.

EWI: Siehe Europäisches Währungsinstitut.

EZB: Siehe Europäische Zentralbank.

EZB-Direktorium (Executive Board): Eines der Beschlussorgane der EZB, das sich aus demPräsidenten und dem Vizepräsidenten der EZB sowie vier weiteren Mitgliedern zusammensetzt,die von den Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder ernannt werden.

EZB-Rat (Governing Council): Oberstes Beschlussorgan der EZB, das sich aus den Mitgliederndes EZB-Direktoriums und den Zentralbankpräsidenten der Euro-Länder zusammensetzt.

Feinsteuerungsoperation (fine-tuning operation): Vom Eurosystem unregelmäßig durchgeführ-tes Offenmarktgeschäft, das hauptsächlich darauf abzielt, unerwartete Liquiditätsschwankungenam Markt auszugleichen.

Geldmarkt (money market): Markt, an dem unter Verwendung von Finanzinstrumenten, die in derRegel eine Ursprungslaufzeit von bis zu einem Jahr haben, kurzfristige Mittel aufgenommen,investiert und gehandelt werden.

Gemeinschaftlicher Besitzstand (acquis communautaire): Umfasst das gesamte, für alle EU-Mitgliedstaaten verbindliche Gemeinschaftsrecht. Die Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitz-stands ist Voraussetzung für den EU-Beitritt.

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243EZB

Jahresbericht2003

Geschäftspartner (counterparty): Kontrahent bei einem Finanzgeschäft (z. B. bei einer Transak-tion mit einer Zentralbank).

Grundzüge der Wirtschaftspolitik (Broad Economic Policy Guidelines – BEPGs): GemäßEG-Vertrag sind die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, ihre Wirtschaftspolitik als eine Angele-genheit von gemeinsamem Interesse zu betrachten und sie im EU-Rat zu koordinieren. Als Haupt-instrument richten dabei die Grundzüge der Wirtschaftspolitik Empfehlungen zu wirtschafts- undstrukturpolitischen Maßnahmen an wirtschaftspolitische Entscheidungsträger und bilden so einenAnhaltspunkt für nachträgliche Beurteilungen im Rahmen der vom EU-Rat durchgeführten multi-lateralen Überwachung. Der EU-Rat erstellt auf Empfehlung der Europäischen Kommissioneinen Entwurf für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik, über die er dem Europäischen RatBericht erstattet. Auf Basis der Schlussfolgerungen des Europäischen Rats verabschiedet der EU-Rat eine Empfehlung für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik.

Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI) (Harmonised Index of Consumer Prices –HICP): Messgröße der Verbraucherpreise, die von Eurostat ermittelt wird und für alle EU-Länderharmonisiert ist.

Hauptrefinanzierungsgeschäft (HRG) (main refinancing operation): Wöchentlich vom Euro-system durchgeführtes Offenmarktgeschäft. Im Jahr 2003 beschloss der EZB-Rat, die Laufzeitdieser Geschäfte ab 9. März 2004 von zwei Wochen auf eine Woche zu verkürzen. Die Geschäftewerden als Zinstender mit einem im Voraus angekündigten Mindestbietungssatz abgewickelt.

HRG: Siehe Hauptrefinanzierungsgeschäft.

HVPI: Siehe Harmonisierter Verbraucherpreisindex.

IAS: Siehe internationale Rechnungslegungsgrundsätze.

Implizite Volatilität (implied volatility): Messgröße für die erwartete Volatilität (Standardabwei-chung im Sinne der annualisierten prozentualen Veränderung) von beispielsweise Anleihe- oderAktienkursen (oder entsprechenden Terminkontrakten), die sich aus den Preisen von Optionenableiten lässt.

Interlinking-Mechanismus (interlinking mechanism): Komponente des TARGET-Systems. Be-zeichnet die Infrastrukturen und Verfahren zwischen den nationalen RTGS-Systemen, die dieAbwicklung grenzüberschreitender Zahlungen in TARGET ermöglichen.

Internationale Rechnungslegungsgrundsätze (IAS) (International Accounting Standards –IAS): Allgemein anerkannte Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung desInternational Accounting Standards Board (IASB), eines unabhängigen, privatrechtlichen Gremi-ums, das Rechnungslegungsstandards festlegt. Sie sind allgemein rechtswirksam und dienen derBereitstellung transparenter und vergleichbarer Informationen für Jahresabschlüsse. Im April2001 benannte das IASB seine bis dahin unter der Bezeichnung IAS bekannten Rechnungs-legungsstandards in International Financial Reporting Standards (IFRS) um.

Konsolidierte Bilanz des MFI-Sektors (consolidated balance sheet of the MFI sector): Wirddurch Saldierung der in der aggregierten Bilanz enthaltenen Inter-MFI-Positionen (vorwiegendvon MFIs an andere MFIs vergebene Kredite) erstellt.

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244EZBJahresbericht2003

Kreditinstitut (credit institution): Ein Institut gemäß der Definition in Artikel 1 Nummer 1der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, geändert durch die Richtlinie2000/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000. Demnach istein Kreditinstitut a) ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rück-zahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren,oder b) ein Unternehmen oder eine sonstige juristische Person, das/die kein Kreditinstitut im Sinnevon a) ist und Zahlungsmittel in Form von elektronischem Geld ausgibt.

Kreditrisiko (credit risk): Das Risiko, dass ein Geschäftspartner eine Verpflichtung weder beiFälligkeit noch zu einem späteren Zeitpunkt in voller Höhe erfüllt.

Längerfristige finanzielle Verbindlichkeiten der MFIs (MFI longer-term financial liabilities):Hierzu werden Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von mehr als zwei Jahren, Einlagen mit verein-barter Kündigungsfrist von mehr als drei Monaten, Schuldverschreibungen mit einer Ursprungs-laufzeit von mehr als zwei Jahren sowie Kapital und Rücklagen des MFI-Sektors im Euro-Währungsgebiet gerechnet.

Längerfristiges Refinanzierungsgeschäft (LRG) (longer-term refinancing operation): Monat-lich vom Eurosystem durchgeführtes Offenmarktgeschäft, das in der Regel eine Laufzeit vondrei Monaten hat. Die Geschäfte werden als Zinstender mit einem im Voraus angekündigten Zutei-lungsvolumen abgewickelt.

Leitzinsen der EZB (key ECB interest rates): Zinssätze, die vom EZB-Rat festgelegt werden undden geldpolitischen Kurs der EZB widerspiegeln. Hierbei handelt es sich um den Mindestbie-tungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte, den Zinssatz für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität und den Zinssatz für die Einlagefazilität.

Liquiditätsrisiko (liquidity risk): Das Risiko, dass ein Geschäftspartner oder ein Teilnehmer aneinem Zahlungs- oder Abwicklungssystem eine Verpflichtung bei Fälligkeit nicht in voller Höheerfüllt. Das Liquiditätsrisiko ist kein Indikator für die Insolvenz eines Geschäftspartners, da dieserin der Lage sein kann, die Verpflichtung zu einem nicht definierten späteren Zeitpunkt zu erfüllen.

LRG: Siehe längerfristiges Refinanzierungsgeschäft.

M1: Eng gefasstes Geldmengenaggregat, das den Bargeldumlauf und die täglich fälligen Einlagenbei MFIs und beim Zentralstaat (z. B. bei der Post oder dem Schatzamt) umfasst.

M2: Mittleres Geldmengenaggregat, das M1, Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist vonbis zu drei Monaten (d. h. kurzfristige Spareinlagen) und Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeitvon bis zu zwei Jahren (d. h. kurzfristige Termineinlagen) bei MFIs und beim Zentralstaat um-fasst.

M3: Weit gefasstes Geldmengenaggregat, das M2 und marktfähige Finanzinstrumente, d. h.Rückkaufsvereinbarungen, Geldmarktfondsanteile und von MFIs begebene Schuldverschrei-bungen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren umfasst.

MFI-Kredite an Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet (MFI credit to euro area residents):Hierzu zählen die Buchkredite der MFIs an Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet sowie der

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245EZB

Jahresbericht2003

MFI-Bestand an von Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet begebenen Wertpapieren. Letztereumfassen Aktien und sonstige Dividendenwerte sowie Schuldverschreibungen.

MFIs (Monetäre Finanzinstitute) (monetary financial institutions – MFIs): Alle Finanzinstitute,die zum Geldschöpfungssektor des Euro-Währungsgebiets gehören. Hierzu zählen die EZB, dieNZBen der Euro-Länder sowie im Euroraum ansässige Kreditinstitute und Geldmarktfonds.

MFI-Zinssätze (MFI interest rates): Werden von gebietsansässigen Kreditinstituten und sonsti-gen Finanzinstituten für auf Euro lautende Einlagen und Kredite gegenüber im Euro-Währungs-gebiet ansässigen privaten Haushalten und nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften angewendet.Die Anforderungen für die MFI-Zinsstatistik wurden in der am 20. Dezember 2001 verabschiede-ten Verordnung EZB/2001/18 festgelegt.

Mindestbietungssatz (minimum bid rate): Niedrigster Zinssatz, zu dem Geschäftspartner beiHauptrefinanzierungsgeschäften nach dem Zinstenderverfahren Gebote abgeben können. Diesist einer der Leitzinsen der EZB, die den geldpolitischen Kurs der EZB widerspiegeln.

Mindestreservebasis (reserve base): Summe der Bilanzposten (insbesondere Verbindlichkeiten),die die Basis für die Berechnung des Mindestreserve-Solls eines Kreditinstituts darstellen.

Mindestreserve-Erfüllungsperiode (maintenance period): Zeitraum, für den die Einhaltung derMindestreservepflicht durch die Kreditinstitute berechnet wird. Es wurde beschlossen, dass ab10. März 2004 die Erfüllungsperiode jeweils am Abwicklungstag des ersten Hauptrefinanzie-rungsgeschäfts beginnt, das auf die Sitzung des EZB-Rats folgt, für die die monatliche Erörte-rung der Geldpolitik vorgesehen ist. Die EZB veröffentlicht mindestens drei Monate vor Jahresbe-ginn einen Kalender für die Mindestreserve-Erfüllungsperioden.

Mindestreservesatz (reserve ratio): Von der Zentralbank für jede Kategorie mindestreser-vepflichtiger Bilanzposten festgelegter Satz. Die Sätze werden zur Berechnung des Mindestreser-ve-Solls verwendet.

Mindestreserve-Soll (Mindestreservepflicht) (reserve requirement): Verpflichtung einesKreditinstituts, Mindestreserven beim Eurosystem zu unterhalten. Die Erfüllung der Mindestre-servepflicht bemisst sich anhand des tagesdurchschnittlichen Mindestreserveguthabens innerhalbeiner etwa einmonatigen Mindestreserve-Erfüllungsperiode.

Ministerrat: Siehe EU-Rat.

Monetäre Analyse (monetary analysis): Eine Säule innerhalb des Rahmenwerks der EZB zurumfassenden Analyse der Risiken für die Preisstabilität, das als Grundlage für die geldpoliti-schen Beschlüsse des EZB-Rats dient. Die monetäre Analyse dient zur Beurteilung mittel- bislangfristiger Inflationstrends vor dem Hintergrund des engen Zusammenhangs, der über längereZeithorizonte hinweg zwischen Geldmenge und Preisen besteht. In der monetären Analyse wirddie Entwicklung einer Reihe monetärer Indikatoren beobachtet, einschließlich der Geldmenge M3,ihrer Komponenten und Gegenposten, insbesondere Kredite, sowie verschiedener Messgrößen derÜberschussliquidität (siehe wirtschaftliche Analyse).

Monetäre Einkünfte (monetary income): Einkünfte, die den NZBen aus der Erfüllung der wäh-rungspolitischen Aufgaben im Eurosystem zufließen. Sie ergeben sich aus Vermögenswerten, die

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246EZBJahresbericht2003

gemäß Leitlinien des EZB-Rats gesondert erfasst werden und als Gegenposten zum Banknoten-umlauf und zu den Verbindlichkeiten aus Einlagen der Kreditinstitute gehalten werden.

Monetäre Finanzinstitute: Siehe MFIs.

Nettoforderungen des MFI-Sektors im Euro-Währungsgebiet gegenüber Ansässigen außer-halb des Euro-Währungsgebiets (MFI net external assets): Umfassen die Forderungen derMFIs im Euroraum gegenüber Gebietsfremden (z. B. in Form von Gold, nicht auf Euro lautendeBanknoten, von Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets begebene Wertpapiere sowiean Gebietsfremde vergebene Kredite) abzüglich der Verbindlichkeiten des MFI-Sektors im Euro-raum gegenüber Ansässigen außerhalb des Eurogebiets (wie Einlagen von Gebietsfremden, Repo-geschäfte, Geldmarktfondsanteile und von MFIs des Euroraums begebene Schuldverschreibun-gen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren).

Offenmarktgeschäft (open market operation): Geldpolitische Operation, die auf Initiative derZentralbank am Finanzmarkt durchgeführt wird und eine der folgenden Transaktionen umfasst:a) den endgültigen Kauf bzw. Verkauf von Vermögenswerten (Kassa und Termin), b) den Kaufoder Verkauf von Vermögenswerten im Rahmen einer Rückkaufsvereinbarung, c) die Kreditge-währung oder Kreditaufnahme gegen Sicherheiten, d) die Emission von Zentralbank-Schuldver-schreibungen, e) die Hereinnahme von Einlagen mit einer festen Laufzeit oder f) Devisenswapszwischen inländischer und ausländischer Währung.

Öffentliche Haushalte (Staat) (general government): Umfassen den Zentralstaat, regionale undlokale Gebietskörperschaften sowie Sozialversicherungseinrichtungen im Sinne des ESVG 95.Einrichtungen der öffentlichen Hand mit Erwerbszweck, wie beispielsweise öffentliche Unterneh-men, zählen grundsätzlich nicht zum Sektor Staat.

Option (option): Finanzinstrument, das den Inhaber berechtigt, aber nicht verpflichtet, bestimmteBasiswerte – etwa Anleihen oder Aktien – zu einem im Voraus festgelegten Preis, dem so genann-ten Ausübungs- oder Basispreis, bis zu bzw. zu einem bestimmten künftigen Zeitpunkt, dem Aus-übungs- oder Fälligkeitstag, zu kaufen oder zu verkaufen. Eine Kaufoption (Call-Option) gibt demInhaber das Recht, die Basiswerte zum vereinbarten Ausübungspreis zu erwerben, während eineVerkaufsoption (Put-Option) den Inhaber dazu berechtigt, die Basiswerte zum vereinbarten Aus-übungspreis zu verkaufen.

Pensionsgeschäft: Siehe Rückkaufsvereinbarung.

Portfoliostrukturierung (asset allocation): Strukturierung des angelegten Vermögens nach be-stimmten Anlageklassen, z. B. mit dem Ziel der optimalen Gestaltung des Ertrags-Risiko-Profils.

Preisstabilität (price stability): Die Gewährleistung der Preisstabilität ist das vorrangige Ziel desEurosystems. Der EZB-Rat definiert Preisstabilität als Anstieg des Harmonisierten Verbrau-cherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter 2 % gegenüber dem Vorjahr.Der EZB-Rat machte außerdem deutlich, dass er beim Streben nach Preisstabilität darauf abziele,mittelfristig eine Preissteigerungsrate unter, aber nahe 2 % beizubehalten.

Primärsaldo (primary balance): Finanzierungsdefizit oder -überschuss des Staats abzüglich Zins-ausgaben auf den bestehenden Schuldenstand des Gesamtstaats.

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247EZB

Jahresbericht2003

Projektionen (projections): Ergebnisse der von Experten des Eurosystems durchgeführten Ana-lysen, die mögliche zukünftige gesamtwirtschaftliche Entwicklungen im Euro-Währungsgebietabschätzen. Die makroökonomischen Projektionen der Experten des Eurosystems werden in Ab-stimmung mit den relevanten einzelstaatlichen Projektionen erstellt. Die zweimal jährlich veröf-fentlichten Projektionen sind ein Bestandteil der zweiten Säule der geldpolitischen Strategie der EZBund stellen eine der Informationsquellen für die vom EZB-Rat vorgenommene Beurteilung derRisiken für die Preisstabilität dar.

Referenzwert für das M3-Wachstum (reference value for M3 growth): Jahreswachstumsrate derGeldmenge M3, die auf mittlere Sicht mit der Gewährleistung der Preisstabilität vereinbar ist.Derzeit beträgt der Referenzwert für das jährliche M3-Wachstum 4 ½ %.

Repogeschäft: Siehe Rückkaufsvereinbarung.

RTGS-System (Echtzeit-Bruttosystem) (real-time gross settlement system – RTGS): Abwick-lungssystem, in dem jede Transaktion in Echtzeit (kontinuierlich) verarbeitet und ausgeglichenwird (ohne Netting). Siehe TARGET-System.

Rückkaufsvereinbarung (Repogeschäft, Pensionsgeschäft) (repurchase agreement): Verein-barung über den Verkauf eines Vermögensgegenstands, die den Verkäufer berechtigt und ver-pflichtet, diesen Vermögensgegenstand zu einem bestimmten Preis zu einem späteren Zeitpunktoder auf Anforderung zurückzukaufen. Eine solche Vereinbarung gleicht wirtschaftlich einembesicherten Kredit, mit dem Unterschied, dass rechtlich kein Eigentum an den Sicherheiten über-tragen wird. Rückkaufsvereinbarungen werden auch als Repogeschäfte bezeichnet und werden amRepomarkt gehandelt.

Schuldenquote (öffentliche Haushalte) (debt ratio – general government): Die Schuldenquoteist definiert als das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schuldenstand und dem Bruttoin-landsprodukt zu Marktpreisen, wobei der öffentliche Schuldenstand als Brutto-Gesamtschulden-stand zum Nominalwert am Jahresende nach Konsolidierung innerhalb der und zwischen den ein-zelnen Bereichen des Sektors Staat definiert ist. Die Schuldenquote ist Gegenstand eines der inArtikel 104 Absatz 2 EG-Vertrag festgelegten fiskalpolitischen Kriterien zur Feststellung einesübermäßigen Defizits.

Schuldverschreibungen (debt securities): Eine Schuldverschreibung ist das Versprechen desEmittenten (d. h. des Schuldners), dem Inhaber (Gläubiger) eine oder mehrere Zahlungen zu einemoder mehreren bestimmten Terminen zu leisten. In der Regel sind Schuldverschreibungen festver-zinslich (mit einem Kupon ausgestattet) bzw. werden bei Fälligkeit mit einem Abschlag vom Nenn-wert verkauft. Schuldverschreibungen mit einer Ursprungslaufzeit von mehr als einem Jahr wer-den als langfristig eingestuft.

Sicherheiten (collateral): Vermögenswerte, die z. B. Kreditinstitute zur Besicherung von Kredi-ten der Zentralbank bei dieser als Pfand hinterlegen, sowie Vermögenswerte, die z. B. die Zentral-bank von Kreditinstituten im Rahmen von liquiditätszuführenden Pensionsgeschäften ankauft.

Spitzenrefinanzierungsfazilität (marginal lending facility): Ständige Fazilität des Euro-systems, die die Geschäftspartner nutzen können, um von einer NZB Kredit gegen refinanzie-rungsfähige Sicherheiten zu einem im Voraus festgelegten Zinssatz zu erhalten (siehe Leitzinsender EZB).

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248EZBJahresbericht2003

Staat: Siehe öffentliche Haushalte.

Stabilitäts- und Wachstumspakt (Stability and Growth Pact): Besteht aus zwei Verordnungendes EU-Rats, und zwar a) Verordnung (EG) Nr. 1466/97 vom 7. Juli 1997 über den Ausbau derhaushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspoli-tiken und b) Verordnung (EG) Nr. 1467/97 vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klä-rung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit sowie aus der beim Amsterdamer Gipfelverabschiedeten Entschließung des Europäischen Rates vom 17. Juni 1997 über den Stabilitäts-und Wachstumspakt. Ziel des Pakts ist die Gewährleistung einer gesunden öffentlichen Finanzlagein der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion zur Verbesserung der Voraussetzun-gen für Preisstabilität und ein starkes, nachhaltiges Wachstum, das der Schaffung von Arbeits-plätzen förderlich ist. Insbesondere wird als mittelfristiges Ziel für die Mitgliedstaaten die Forde-rung nach einem nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalt gestellt.

Stabilitätsprogramme (stability programmes): Mittelfristige Regierungspläne und Prognosenvon Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets über die Entwicklung von wirtschaftlichen Eck-daten im Hinblick auf die Erreichung des mittelfristigen Ziels eines nahezu ausgeglichenen odereinen Überschuss aufweisenden Haushalts gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt. DieStabilitätsprogramme werden jährlich überarbeitet und von der Europäischen Kommission unddem Wirtschafts- und Finanzausschuss überprüft. Die Ergebnisse dieser Prüfung dienen demECOFIN-Rat als Beurteilungsgrundlage.

Ständige Fazilität (standing facility): Zentralbankfazilität, die von den Geschäftspartnern aufeigene Initiative in Anspruch genommen werden kann. Das Eurosystem bietet zwei ständige Fazi-litäten an, und zwar die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität.

Systemrisiko (systemic risk): Das Risiko, dass die Unfähigkeit eines Teilnehmers eines Überwei-sungssystems oder eines anderen Abwicklungs- oder Abrechnungssystems bzw. eines Finanz-marktteilnehmers im Allgemeinen, seinen Verpflichtungen nachzukommen, dazu führt, dass auchandere Systemteilnehmer oder Finanzinstitute nicht mehr in der Lage sind, ihre Verpflichtungenbei Fälligkeit zu erfüllen (dazu gehören auch Abrechnungsverpflichtungen in einem Überwei-sungssystem). Ein solcher Ausfall kann zu erheblichen Liquiditätsproblemen oder Kreditgefähr-dungen führen und folglich eine Bedrohung für die Finanzmarktstabilität darstellen.

TARGET-System (Transeuropäisches Automatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Überwei-sungssystem) (Trans-European Automated Real-time Gross settlement Express Transfer system):Das Echtzeit-Brutto-Überweisungssystem (RTGS-System) für den Euro. Dezentrales Zahlungs-system, das sich aus den nationalen RTGS-Systemen der 15 EU-Mitgliedstaaten, dem Zahlungs-verkehrsmechanismus der EZB und dem Interlinking-Mechanismus zusammensetzt.

Unternehmenssteuerung (corporate governance): Verfahren und Prozesse zur Unternehmens-führung und -steuerung. Die Unternehmenssteuerungs- und -führungsstruktur legt die Rechte undPflichten der einzelnen Funktionsträger fest – darunter fallen Vorstand, Geschäftsleitung, Aktio-näre und andere Anteilseigner – und definiert Regeln und Verfahren für die Entscheidungsfin-dung. Dies umfasst auch jene Strukturen, innerhalb welcher die operationalen Ziele des Unterneh-mens sowie die Mittel für deren Erreichung und für die Überwachung der Unternehmensleistungfestgelegt werden.

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249EZB

Jahresbericht2003

Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (excessive deficit procedure): Das in Artikel 104EG-Vertrag festgelegte und in Protokoll Nr. 20 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defi-zit näher definierte Verfahren verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einhaltung der Haushaltsdiszi-plin, legt die Kriterien fest, anhand derer entschieden wird, ob ein übermäßiges Defizit vorliegt,und bestimmt die weitere Vorgehensweise für den Fall, dass die Kriterien hinsichtlich der Haus-haltslage bzw. der Staatsschuldenquote nicht eingehalten werden. Ergänzt werden diese Bestim-mungen durch Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigungund Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit, die Teil des Stabilitäts- und Wachs-tumspakts ist.

Verschuldung (Gesamtwirtschaftliche Finanzierungsrechnung) (debt – financialaccounts): Umfasst Kredite, begebene Schuldverschreibungen und Pensionsrückstellungen nicht-finanzieller Kapitalgesellschaften, die am Ende des Berichtszeitraums zu Marktkursen bewertetwerden. Anders als in der jährlichen Berechnung werden Kredite nichtfinanzieller Sektoren (z. B.Kredite zwischen verbundenen Unternehmen) oder von Banken außerhalb des Euro-Währungs-gebiets in der vierteljährlichen Finanzierungsrechnung nicht erfasst.

Vollautomatisierte Abwicklung (straight-through processing – STP): Die vollautomatisierteVerarbeitung von Transaktionen bzw. Überweisungen von einem Ende der Zahlungskette zumanderen einschließlich vollautomatisierter Erstellung, Bestätigung, Clearing und Abwicklung dermit einem Zahlungsauftrag verbundenen Instruktionen.

Währungsreserven des Eurosystems (Eurosystem’s international reserves): Diese Position um-fasst die Währungsreserven der EZB und der NZBen der Euro-Länder. Gemäß Definition desInternationalen Währungsfonds müssen Währungsreserven der effektiven Kontrolle der zuständi-gen Währungsbehörde, d. h. der EZB bzw. der NZB eines der Euro-Länder, unterworfen sein undsich auf hochliquide, marktfähige und kreditwürdige auf Fremdwährung (nicht auf Euro) lautendeForderungen gegenüber Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets sowie auf Gold, Son-derziehungsrechte und Reservepositionen der Zentralbanken der Euro-Länder beim InternationalenWährungsfonds beziehen.

Wechselkursmechanismus II (WKM II) (exchange rate mechanism II – ERM II): Bildet denRahmen für die wechselkurspolitische Zusammenarbeit zwischen den Euro-Ländern und denEU-Mitgliedstaaten, die nicht an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion teilneh-men.

Wertpapierabwicklungssystem (securities settlement system – SSS): System, das die Haltungund Übertragung von Wertpapieren und sonstigen finanziellen Vermögenswerten entweder gebüh-renfrei oder gegen Gebühr (Lieferung gegen Zahlung) ermöglicht.

Wertpapieranlagen (portfolio investment): Erfasst wird der Nettoerwerb an von Gebietsfremdenbegebenen Wertpapieren durch Ansässige im Euro-Währungsgebiet (Aktiva) sowie der Nettoer-werb an von Ansässigen des Euroraums begebenen Wertpapieren durch Gebietsfremde (Passiva).Darin eingeschlossen sind Dividendenwerte, Schuldverschreibungen in Form von Anleihenund Geldmarktpapiere. Transaktionen werden zu den tatsächlich gezahlten oder vereinnahmtenPreisen abzüglich Kosten und Provisionen erfasst. Bei den Wertpapieranlagen werden nur Unter-nehmensbeteiligungen, die weniger als 10 % des Stimmrechtsanteils umfassen, verbucht.

WFA: Siehe Wirtschafts- und Finanzausschuss.

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250EZBJahresbericht2003

Wirtschaftliche Analyse (economic analysis): Eine Säule innerhalb des Rahmenwerks der EZBzur umfassenden Analyse der Risiken für die Preisstabilität, das als Grundlage für die geldpoli-tischen Beschlüsse des EZB-Rats dient. Die wirtschaftliche Analyse konzentriert sich hauptsäch-lich auf die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen und derimpliziten kurz- bis mittelfristigen Risiken für die Preisstabilität aus der Perspektive des Zusam-menspiels zwischen Angebot und Nachfrage an den Güter-, Dienstleistungs- und Faktormärktenüber diese Zeithorizonte. In diesem Zusammenhang wird der Notwendigkeit Rechnung getragen,die Art der konjunkturellen Schocks, ihren Einfluss auf die Kostenentwicklung und die Preisge-staltung sowie die kurz- bis mittelfristigen Aussichten für die Auswirkungen solcher Schocks inder Volkswirtschaft festzustellen (siehe monetäre Analyse).

Wirtschafts- und Finanzausschuss (WFA) (Economic and Financial Committee – EFC): Bera-tendes Gemeinschaftsgremium, das an der Vorbereitung der Arbeit des EU-Rats mitwirkt und zuBeginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion eingerichtet wurde. Jeder Mit-gliedstaat sowie die Europäische Kommission und die EZB ernennen jeweils höchstens zweiAusschussmitglieder. In Artikel 114 Absatz 2 EG-Vertrag sind die Aufgabenbereiche des Wirt-schafts- und Finanzausschusses angeführt. Hierzu gehören u. a. die Beobachtung der Wirtschafts-und Finanzlage der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft sowie die haushaltspolitische Überwa-chung.

Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) (Economic and Monetary Union – EMU): Der EG-Vertrag beschreibt den Weg zur WWU innerhalb der Europäischen Union (EU) als dreistufigenProzess. Die erste Stufe der WWU, die in erster Linie vom Abbau sämtlicher Beschränkungen desfreien Kapitalverkehrs innerhalb der EU gekennzeichnet war, begann im Juli 1990 und endete am31. Dezember 1993. Die zweite Stufe der WWU begann am 1. Januar 1994 und sah unter anderemdie Errichtung des Europäischen Währungsinstituts, das Verbot der monetären Finanzierungder öffentlichen Hand durch die Notenbanken und das Verbot des bevorrechtigten Zugangs zuFinanzinstituten sowie die Vermeidung übermäßiger Defizite vor. Die dritte Stufe begann am1. Januar 1999 mit der Übertragung der geldpolitischen Zuständigkeit auf die EZB und der Ein-führung des Euro. Die Bargeldumstellung am 1. Januar 2002 stellte die letzte Etappe auf dem Wegzur Vollendung der WWU dar.

WKM II: Siehe Wechselkursmechanismus II.

WWU: Siehe Wirtschafts- und Währungsunion.

Zahlungsbilanz (balance of payments – b.o.p.): Die Zahlungsbilanz ist die systematische Darstel-lung der wirtschaftlichen Transaktionen einer Volkswirtschaft mit dem Rest der Welt in einergegebenen Periode. Die folgenden Transaktionen werden darin abgebildet: der Austausch vonGütern und Dienstleistungen sowie grenzüberschreitende Einkommensflüsse, das Entstehen vonForderungen und Verbindlichkeiten zwischen Wirtschaftseinheiten des Inlands und des Auslandsund als Übertragungen bzw. Transfers klassifizierte Transaktionen (etwa der Erlass von Schul-den). Die bei der Erstellung der Zahlungsbilanz des Euro-Währungsgebiets angewandten Kon-zepte und Definitionen entsprechen in der Regel der 5. Auflage des Zahlungsbilanzhandbuchs desIWF, der entsprechenden Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 2. Mai 2003 (EZB/2003/7)und den Eurostat-Regelungen.

Zeitwertbilanzierung (fair value accounting – FVA): Bewertungsprinzip, das für die Bestim-mung des Bilanzwerts von Finanzinstrumenten die Verwendung eines Marktpreises oder – falls

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251EZB

Jahresbericht2003

nicht anwendbar – die Ableitung eines aktuellen Marktpreises auf Basis des Barwerts der erwarte-ten künftigen Zahlungsströme vorschreibt.

Zentrale Wertpapierverwahrstelle (central securities depository – CSD): Einrichtung für dieVerwahrung und Verwaltung von Wertpapieren, die die stückelose Abwicklung von Wertpapier-transaktionen durch buchmäßige Übertragung ermöglicht. Dabei kann es sich um effektive, aberimmobilisierte oder um dematerialisierte (d. h. rein elektronisch erfasste) Wertpapiere handeln.Neben der Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren kann ein Zentralverwahrer auchClearing- und Abwicklungsfunktionen übernehmen.

Zentraler Kontrahent (central counterparty): Zwischengeschaltete Stelle, die bei bestimmtenFinanzkontrakten gegenüber jedem Verkäufer als Käufer und gegenüber jedem Käufer als Verkäu-fer fungiert.

Zentralstaat (central government): Zentralregierung im Sinne des ESVG 95, d. h. der Staat ohneregionale und lokale Gebietskörperschaften (siehe öffentliche Haushalte). Umfasst alle zentralenöffentlichen Körperschaften, deren Zuständigkeit sich in der Regel über das gesamte Wirtschafts-gebiet erstreckt, mit Ausnahme der Zentralverwaltung der Sozialversicherung.

Zinssatz (interest rate): Ein im Verhältnis zum Kapitalbetrag eines Kredits, einer Einlage odereiner Schuldverschreibung stehender Betrag, den ein Schuldner einem Gläubiger in einem be-stimmten Zeitraum zahlen muss, in der Regel in Prozent pro Jahr ausgedrückt.

Zinssätze im Kundengeschäft der Banken: Siehe MFI-Zinssätze.

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