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Aus dem Inhalt: I. Architekten der Savae Savanne – die große, schöne Unbekannte Georg Zizka, Karen Hahn, Marco Schmidt Die Savanne als Lebensraum für Großtiere Bruno Streit Termiten – kleine Baumeister mit großer Wirkung Arne Erpenbach Die Savanne heute – eine Kulturlandschaft Marco Schmidt, Karen Hahn Die Erforschung der westafrikanischen Savannen und ihrer Flora Stefan Dressler, Marco Schmidt . Leben von und mit der Savae Afrikanische Savannen: Wiege der Menschheit Friedemann Schrenk, Karen Hahn Genutzte Vielfalt – Savannen als Supermarkt der Natur Julia Krohmer Das Gold der Frauen: der Sheabaum Karen Hahn Affenbrotbäume – die vielseitigen Riesen Katharina Schumann Der Schatz der Savannen: vom ökonomischen Wert der Wildpflanzen Katja Heubach Von Erderbsen und Perlhirse – Kulturpflanzen der Savannen Marco Schmidt, Stefan Dressler Gesundheit aus der Natur – traditionelle afrikanische Medizin Julia Krohmer I. Savae, quo vadis? Savanne, quo vadis? Ein Blick in die Zukunft Julia Krohmer, Karen Hahn, Katja Heubach 12 13 ARCHITEKTEN der Savae Was sind Savaen? Das Wort „Savanne“ wird auf einen Begriff aus einer karibischen Sprache zurückgeführt, aus dem sich die (alt)spanischen Wörter „zavanna“ bzw. „sabana“ ableiten. Sie bezeichnen eine baumlose Fläche. Wir verbinden üblicherweise mit Savanne Bilder afrikanischer Landschaften mit Großtierher- den und einzelnen malerischen Bäumen. Damit sind wir auf dem richtigen Weg: Savanne steht allge- mein für einen tropischen Lebensraum mit einer geschlossenen Grasschicht und darin eingestreuten, einzeln oder in Gruppen stehenden Bäumen und Sträuchern. Doch genau genommen verbirgt sich dahinter eine Vielzahl tropischer und subtropischer Lebensräume, die sich in der Dichte und Höhe der Baumschicht unterscheiden und einerseits von Grasland ohne Gehölze und andererseits vom Wald mit geschlossener Baumschicht begrenzt werden. Gemäß der Vielzahl der verschiedenen Savannentypen gibt es zahlreiche Begriffe, die auf Gestalt, Struktur oder besondere Umweltfaktoren Bezug nehmen (z. B. Gras-, Strauch-, Baum-, Park-, Termiten-, Trocken-, Feuchtsavanne), häufig aber nicht genau definiert sind. Ausschlaggebend für die Zuordnung zum Oberbegriff Savanne ist die Vegetation, obwohl die Lebensräume natürlich auch eine reiche und spezifische Tierwelt besitzen. Bemerkenswert ist, dass in den Savannen eine bestimmte Gruppe von Gräsern besonders häufig vorkommt, die sogenannten C 4 -Gräser, die aufgrund ihres speziellen Stoffwechsels gut an trocken-heiße Lebensräume mit hoher Sonneneinstrahlung angepasst sind (siehe Kasten, S. 21). Neben den vorherrschenden C 4 -Gräsern kommen Einjährige, Zwiebelpflanzen und Sukkulenten in der Krautschicht vor. Aufsitzerpflanzen und Lianen sind dagegen in der Savanne seltener oder fehlen ganz. Bei den Gehölzen finden wir oft eine dicke Borke als Feuerschutz (Schmidt, Schnitzler 2010) und Dornen als Fraßschutz. Wie entstehen Savaen? Die entscheidenden großräumigen Faktoren für die Ausbildung von Savannen sind Niederschläge, Feuer, Beweidung, Boden und der Mensch. Die Temperatur spielt natürlich ebenfalls eine Rolle: Savannen sind auf die Tropen, die Gebiete zwi- schen den Wendekreisen, beschränkt, die sich durch im Jahresverlauf gering schwankende, hohe Temperaturen auszeichnen (Abb. 4). Faktor Wasser. Ganz entscheidend für die Ausbildung von Sa- vannen sind die jährlichen Niederschläge, die meist nur in den Sommermonaten auftreten und Eine Landschaftsform der Tropen Savannen kommen nur in den Tropen vor. Abbildung 2 zeigt ihre Verbreitung auf der Erde. „Der“ Savannen- kontinent schlechthin ist Afrika, wo sich Savannen über mehr als die Hälfte der Fläche erstrecken. Aus- gedehnte Savannenflächen finden wir auch in Südamerika und Australien, im Vergleich zur gesamten Landfläche weniger in Asien. Savannen sind durch ihren besonderen Pflanzenwuchs charakterisiert, dem wir im Folgenden daher besondere Aufmerksamkeit schenken. Auch wenn die Klimate ähnlich sind und die Savannenvegetation einen ähnlichen strukturellen Aufbau hat, bestehen doch tiefgreifende Unter- schiede zwischen den Kontinenten. Hinzu kommen lokale Unterschiede und Einflussfaktoren. Völlig verschieden sind z. B. die Pflanzenarten, die wir in den Savannen Afrikas, Südamerikas und Australiens antreffen, aber auch die Bedeutung verschiedener Pflanzenfresser oder die Anpassung an Feuer. Obwohl das „Savannenklima“ in allen Savannenregionen durch den Wechsel von Regen- und Trockenzeit geprägt ist, werfen die meisten Baumarten der afrikanischen Savanne ihr Laub in der Trockenzeit ab, während die der australischen und der südamerikanischen Savanne meist immer- grün sind. Bemerkenswert ist auch, dass viele Arten der afrikanischen Savanne große Verbreitungs- gebiete besitzen, während die südamerikanischen Savannen (ein großer Teil davon liegt in Brasilien und wird als „Cerrado“ bezeichnet) durch viele Arten mit kleinen Verbreitungsgebieten (Endemiten) charakterisiert sind. Der Cerrado ist – obwohl von der Fläche kleiner – beispielsweise wesentlich artenreicher als die westafrikanische Savanne. In Afrika erstrecken sich die Savannengebiete hufeisenförmig von West- über Ostafrika bis ins südliche Afrika (Abb. 2). Begrenzt werden sie im Norden von der Sahara, im südlichen Westafrika und in Zentralafrika von Regenwaldgebieten (heute vielfach abgeholzt) und im Süden und Südwesten des Kontinents von den zum Teil sukkulentenreichen Wüsten Karroo, Kalahari und Namib. Savanne – die große, schöne Unbekannte Savanne – die große, schöne Unbekannte Abb. 2: Verbreitung der Savannen auf der Erde. Abb. 3: Ein typisches C -Gras der Savannen in Westafrika ist Andropogon gayanus. Savannen / Grasland der Tropen Grasland der gemäßigten Breiten ARCHITEKTEN der Savae ARCHITEKTEN der Savae TERMITEN – kleine Baumeister mit großer Wirkung ARNE ERPENBACH Termitenhügel sind mit das Erste, was Reisenden in afrikanischen Savannen auffällt. Manche Land- schaften sind durchsetzt mit Hunderten riesiger Hügel, die Höhen von über 4 m erreichen können. In anderen Gebieten ragen bis zu 60 cm hohe, steinharte Hügel aus dem Boden, als hätten große Maul- würfe in Beton gebaut. Und an wieder anderen Stellen staunt man über unzählige kleine, sehr fragile Türmchen mit Dächern, übergroßen Pilzen gleich. Die verschiedenen Bauweisen deuten einerseits auf verschiedene Erbauer hin – es gibt über 3.900 Termitenarten weltweit (Krishna et al. 2013) –, andererseits passen einige Arten ihren Baustil den Umweltbedingungen an. Davon abgesehen bau- en viele Termiten gar keine oberirdischen Hügel: Die weitaus größte Zahl der Arten lebt völlig im Verborgenen, aber ihr Einfluss ist keinesfalls zu unterschätzen. Schon die ersten Naturforscher erkannten, dass Termiten eine wichtige Rolle spielen (König 1779, Smeathman 1781). Als tropisches Gegenstück zu den Regenwürmern tragen sie Pflanzenabfälle und Dung in die Tiefe, bringen tonhaltigen Boden an die Oberfläche und pflügen die Savanne regelrecht um, Körnchen für Körnchen (Drummond 1886). Sie überziehen totes Holz, Laub und Pflanzenreste mit einer Schicht Lehm, um im Schutz dieses Überzugs das ganze Pflanzenmaterial zu zernagen und fort- zuschaffen. Termiten haben somit eine wichtige Funktion für die Bodenumwälzung. Sie sind wichtig für Struktur, Belüftung und Drainage, Mineralzusammensetzung, Nährstoffhaushalt und Fruchtbarkeit tropischer Böden (Adamson 1943). Die Effekte unterscheiden sich allerdings stark zwischen den Termi- tenarten, je nach ihren Nahrungsgewohnheiten, ihrer Lebensweise, der Art ihres Baumaterials und den Umweltbedingungen: Je nachdem können Termiten die Bodenfruchtbarkeit erhöhen oder verringern. Abb. 1: Termitenhügel können in den afrikanischen Savannen beeindruckende Höhen von über 4 m erreichen. Die Baumeister sind winzige Termiten (Macrotermes spp.), die Pilze kultivieren. 32 73 72 Bläer sind mein Gemüse Obwohl Bäume die in der Ernährung am vielfältigsten genutzte Gruppe sind, spielen auch krautige Pflanzen eine wichtige Rolle. Ebenso wie die Blätter vieler Baumarten ist ihr frisches Grün häufiger Bestandteil der Saucen, die man vor allem in den Regionen, in denen aus kulturellen oder klima- tischen Gründen kein Gemüse angebaut wird, zu den üblichen Breigerichten serviert und die die Vitaminversorgung gewährleisten. Häufig verwendet werden hierfür z. B. die Langkapselige Jute (Corchorus olitorius), Fuchsschwanzgewächse (Amaranthussp.), Cassia toraund weitere sogenannte Ruderalarten, die spontan (also nicht gepflanzt) an stark durch den Menschen geprägten Standorten, wie Weg- und Feldrändern, in Gehöften, Dörfern und Siedlungen wachsen. Allen aus diesen Arten zubereiteten Saucen gemein ist ihr hoher Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen. Trotz dieser wich- tigen Eigenschaften wird die Bedeutung solcher Arten systematisch unterschätzt – viele gehören zu den sogenannten „neglected and underutilized species“ (NUS), den „vernachlässigten und wenig genutzten Pflanzenarten“. Denn obwohl weltweit schätzungsweise 7.500 Pflanzenarten essbar sind, werden 95 % des globalen Nahrungsbedarfs mit nur 30 Arten gedeckt. Zur Gruppe der NUS zählen all jene Pflanzen, die aufgrund ihres Nähr- oder Energiewertes in einem größeren Umfang der Nah- rungsproduktion dienen könnten oder solche, die in der Vergangenheit sogar stärker genutzt wurden, aktuell aber höchstens regional angebaut werden. Eine umfassende Studie (Becker 1984) über die Nahrungspflanzen des gesamten Sahel von West- bis Ostafrika ergab, dass dort insgesamt fast 800 Arten für die menschliche Ernährung genutzt werden, wobei die Anzahl der in einer Region tatsächlich verwendeten Nahrungspflanzen stark variierten. Überall gab es ein großes, bislang ungenutztes Potenzial von Arten, die in anderen Regionen gegessen werden. Diese Untersuchung bestätigt die Bedeutung von Wildpflanzen für die menschliche Ernährung – vor allem in Regionen, in denen der Anbau vitaminreicher Gemüse- arten aus klimatischen Gründen schwierig ist – und Wildpflanzennutzung dem Vitaminmangel vorbeugen kann. früher breit genutzt, wie eine Enzyklopädie der essbaren europäischen Wildpflanzen (Fleischhauer et al. 2013) belegt: Sie führt über 2.000 mitteleuropäische Pflanzenar- ten auf, die irgendwann zu Ernährungszwecken gesammelt wurden. Viele dieser Ar- ten gerieten zwischenzeitlich in Vergessenheit, erleben in den letzten Jahren jedoch eine beachtliche Renaissance, wie z. B. der heute wieder überaus populäre Bärlauch. Multifunktionale Bäume Neben dem Baobab (siehe „Affenbrotbäume – die vielseitigen Riesen“) gibt es noch einige andere bedeutende Nutzbaumarten, deren Bestandteile zu verschie- densten Zwecken verwendet werden. Einer der wichtigsten in der gesamten afri- kanischen Savannenzone ist der zur Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae) gehö- rende Néré-Baum (Parkia biglobosa, englisch „African locust bean“, Abb. 4). Der stattliche, bis zu 20 m hohe Baum verliert seine Blätter in der Trockenheit nicht, zusammen mit seiner markanten Krone und den leuchtend roten Blütenkugeln macht ihn das schon von weitem unverwechselbar. Zum Ende der Trockenzeit ist er reich behangen mit langen, schwarz-braunen Hülsenfrüchten. Diese finden viel- fältige Verwendung. Die in den Früchten enthaltenen Samen sind die Grundlage eines protein- und mineralreichen Würzmittels („soumbala“ in Burkina Faso, „afitin“ in Südbenin) für Suppen und Soßen. Es wird auch als „lokales Maggi“ bezeichnet und auf allen Märkten gehan- delt. Das Fruchtfleisch, eine gelbe, mehlige und stark zuckerhaltige Substanz, wird zu Fruchtsäften verarbeitet oder als Süßigkeit verzehrt. Die anderen Teile des Baumes, Blätter, Rinde und Wurzeln, werden alle in der traditionellen Medizin verwendet, das Holz dient als Brennmaterial. Die Nachfrage nach diesem gesunden, traditionellen Würzmittel ist trotz „moderner“ Alternativen wie Brühwürfel ungebrochen, es wird nach wie vor auch in den Städten konsumiert. Die Produktion, traditionell den Frauen vorbehalten, ist ein lohnender Neben- oder Haupterwerb und trägt meist beträchtlich zum Familieneinkommen bei. Genutzte Vielfalt – Savannen als Supermarkt der Natur Genutzte Vielfalt – Savannen als Supermarkt der Natur Abb. 5: Reife Néré-Früchte (Parkia biglobosa). Abb. 6: Das Herauslösen des mehli- gen Fruchtfleischs von Parkia biglobo- saaus der Schale ist zeitaufwändige Handarbeit. In das Fruchtfleisch sind die kostbaren Samen eingebettet. Abb. 7: Alle Bestandteile der Früchte von Parkia biglobosaim Überblick: oben das Fruchtfleisch, unten links Samen, unten rechts das Würzmittel Soumbala. Abb. 8: Aus den geschälten Samen von Parkia biglobosawird in einem drei bis fünf Tage dauernden mehr- stufigen Fermentierungsprozess das Würzmittel Soumbala hergestellt und in verschiedenen Formen – hier als Bällchen mit noch sichtbaren Samen – verkauft oder für den Eigenbedarf verwendet. Es ist es mehrere Monate haltbar. Abb. 9: Auch in der Stadt (hier Burki- na Fasos Hauptstadt Ouagadougou) wird Corchorusgesammelt und als Soßenzutat verwendet. LEBEN von und mit der Savae KLEINE SENCKENBERG-REIHE 57 PALMENGARTEN-SONDERHEFT 48

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Aus dem Inhalt:

I. Architekten der Sava�e Savanne – die große, schöne Unbekannte Georg Zizka, Karen Hahn, Marco Schmidt

Die Savanne als Lebensraum für Großtiere Bruno Streit

Termiten – kleine Baumeister mit großer Wirkung Arne Erpenbach

Die Savanne heute – eine Kulturlandschaft Marco Schmidt, Karen Hahn

Die Erforschung der westafrikanischen Savannen und ihrer Flora Stefan Dressler, Marco Schmidt

�. Leben von und mit der Sava�e Afrikanische Savannen: Wiege der Menschheit Friedemann Schrenk, Karen Hahn

Genutzte Vielfalt – Savannen als Supermarkt der Natur Julia Krohmer

Das Gold der Frauen: der Sheabaum Karen Hahn

Affenbrotbäume – die vielseitigen Riesen Katharina Schumann

Der Schatz der Savannen: vom ökonomischen Wert der Wildp�anzen Katja Heubach

Von Erderbsen und Perlhirse – Kulturp�anzen der Savannen

Marco Schmidt, Stefan Dressler

Gesundheit aus der Natur – traditionelle afrikanische Medizin Julia Krohmer

�I. Sava�e, quo vadis? Savanne, quo vadis? Ein Blick in die Zukunft Julia Krohmer, Karen Hahn, Katja Heubach

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ARCHITEKTEN der Sava� e

Was sind Sava� en?

Das Wort „Savanne“ wird auf einen Begriff aus einer karibischen Sprache zurückgeführt, aus dem sich die (alt)spanischen Wörter „zavanna“ bzw. „sabana“ ableiten. Sie bezeichnen eine baumlose Fläche. Wir verbinden üblicherweise mit Savanne Bilder afrikanischer Landschaften mit Großtierher-den und einzelnen malerischen Bäumen. Damit sind wir auf dem richtigen Weg: Savanne steht allge-mein für einen tropischen Lebensraum mit einer geschlossenen Grasschicht und darin eingestreuten, einzeln oder in Gruppen stehenden Bäumen und Sträuchern. Doch genau genommen verbirgt sich dahinter eine Vielzahl tropischer und subtropischer Lebensräume, die sich in der Dichte und Höhe der Baumschicht unterscheiden und einerseits von Grasland ohne Gehölze und andererseits vom Wald mit geschlossener Baumschicht begrenzt werden. Gemäß der Vielzahl der verschiedenen Savannentypen gibt es zahlreiche Begriffe, die auf Gestalt, Struktur oder besondere Umweltfaktoren Bezug nehmen (z. B. Gras-, Strauch-, Baum-, Park-, Termiten-, Trocken-, Feucht savanne), häu� g aber nicht genau de� niert sind. Ausschlaggebend für die Zuordnung zum Oberbegriff Savanne ist die Vegetation, obwohl die Lebensräume natürlich auch eine reiche und spezi� sche Tierwelt besitzen.

Bemerkenswert ist, dass in den Savannen eine bestimmte Gruppe von Gräsern besonders häu� g vorkommt, die sogenannten C4-Gräser, die aufgrund ihres speziellen Stoffwechsels gut an trocken-heiße Lebensräume mit hoher Sonneneinstrahlung angepasst sind (siehe Kasten, S. 21). Neben den vorherrschenden C4-Gräsern kommen Einjährige, Zwiebelp� anzen und Sukkulenten in der Krautschicht vor. Aufsitzerp� anzen und Lianen sind dagegen in der Savanne seltener oder fehlen

ganz. Bei den Gehölzen � nden wir oft eine dicke Borke als Feuerschutz (Schmidt, Schnitzler 2010) und Dornen als Fraßschutz.

Wie entstehen Sava� en?

Die entscheidenden großräumigen Faktoren für die Ausbildung von Savannen sind Niederschläge, Feuer, Beweidung, Boden und der Mensch. Die Temperatur spielt natürlich ebenfalls eine Rolle: Savannen sind auf die Tropen, die Gebiete zwi-schen den Wendekreisen, beschränkt, die sich durch im Jahresverlauf gering schwankende, hohe Temperaturen auszeichnen (Abb. 4).

Faktor Wasser. Ganz entscheidend für die Ausbildung von Sa-vannen sind die jährlichen Niederschläge, die meist nur in den Sommermonaten auftreten und

Eine Landschaftsform der Tropen

Savannen kommen nur in den Tropen vor. Abbildung 2 zeigt ihre Verbreitung auf der Erde. „Der“ Savannen-kontinent schlechthin ist Afrika, wo sich Savannen über mehr als die Hälfte der Fläche er strecken. Aus-gedehnte Savannen� ächen � nden wir auch in Südamerika und Australien, im Vergleich zur gesamten Land� äche weniger in Asien. Savannen sind durch ihren besonderen P� anzenwuchs charakterisiert, dem wir im Folgenden daher besondere Aufmerksamkeit schenken. Auch wenn die Klimate ähnlich sind und die Savannenvegetation einen ähnlichen strukturellen Aufbau hat, bestehen doch tiefgreifende Unter-schiede zwischen den Kontinenten. Hinzu kommen lokale Unterschiede und Ein� ussfaktoren.

Völlig verschieden sind z. B. die P� anzenarten, die wir in den Savannen Afrikas, Südamerikas und Australiens antreffen, aber auch die Bedeutung verschiedener P� anzenfresser oder die Anpassung an Feuer. Obwohl das „Savannenklima“ in allen Savannenregionen durch den Wechsel von Regen- und Trockenzeit geprägt ist, werfen die meisten Baumarten der afrikanischen Savanne ihr Laub in der Trockenzeit ab, während die der australischen und der südamerikanischen Savanne meist immer-grün sind. Bemerkenswert ist auch, dass viele Arten der afrikanischen Savanne große Verbreitungs-gebiete besitzen, während die südamerikanischen Savannen (ein großer Teil davon liegt in Brasilien und wird als „Cerrado“ bezeichnet) durch viele Arten mit kleinen Verbreitungsgebieten (Endemiten) charakterisiert sind. Der Cerrado ist – obwohl von der Fläche kleiner – beispielsweise wesentlich artenreicher als die westafrikanische Savanne.

In Afrika erstrecken sich die Savannengebiete hufeisenförmig von West- über Ostafrika bis ins süd liche Afrika (Abb. 2). Begrenzt werden sie im Norden von der Sahara, im südlichen Westafrika und in Zentralafrika von Regenwaldgebieten (heute vielfach abgeholzt) und im Süden und Südwesten des Kontinents von den zum Teil sukkulentenreichen Wüsten Karroo, Kalahari und Namib.

Savanne – die große, schöne Unbekannte

Savanne – die große, schöne Unbekannte

Abb. 2: Verbreitung der Savannen auf der Erde.

Abb. 3: Ein typisches C4-Gras der Savannen in Westafrika ist Andropogon gayanus.

Savannen / Grasland der TropenGrasland der gemäßigten Breiten

Abb. 2: Verbreitung der Savannen auf der Erde.

ARCHITEKTEN der Sava�e

ARCHITEKTEN der Sava�e

TERMITEN – kleine Baumeister mit großer Wirkung

ARNE ERPENBACH

Termitenhügel sind mit das Erste, was Reisenden in afrikanischen Savannen auffällt. Manche Land-schaften sind durchsetzt mit Hunderten riesiger Hügel, die Höhen von über 4 m erreichen können. In anderen Gebieten ragen bis zu 60 cm hohe, steinharte Hügel aus dem Boden, als hätten große Maul-würfe in Beton gebaut. Und an wieder anderen Stellen staunt man über unzählige kleine, sehr fragile Türmchen mit Dächern, übergroßen Pilzen gleich. Die verschiedenen Bauweisen deuten einerseits auf verschiedene Erbauer hin – es gibt über 3.900 Termitenarten weltweit (Krishna et al. 2013) –, andererseits passen einige Arten ihren Baustil den Umweltbedingungen an. Davon abgesehen bau-en viele Termiten gar keine oberirdischen Hügel: Die weitaus größte Zahl der Arten lebt völlig im Verborgenen, aber ihr Ein�uss ist keinesfalls zu unterschätzen.

Schon die ersten Naturforscher erkannten, dass Termiten eine wichtige Rolle spielen (König 1779, Smeathman 1781). Als tropisches Gegenstück zu den Regenwürmern tragen sie P�anzenabfälle und Dung in die Tiefe, bringen tonhaltigen Boden an die Ober�äche und p�ügen die Savanne regelrecht um, Körnchen für Körnchen (Drummond 1886). Sie überziehen totes Holz, Laub und P�anzenreste mit einer Schicht Lehm, um im Schutz dieses Überzugs das ganze P�anzenmaterial zu zernagen und fort-zuschaffen. Termiten haben somit eine wichtige Funktion für die Bodenumwälzung. Sie sind wichtig für Struktur, Belüftung und Drainage, Mineralzusammensetzung, Nährstoffhaushalt und Fruchtbarkeit tropischer Böden (Adamson 1943). Die Effekte unterscheiden sich allerdings stark zwischen den Termi-tenarten, je nach ihren Nahrungsgewohnheiten, ihrer Lebensweise, der Art ihres Baumaterials und den Umwelt bedingungen: Je nachdem können Termiten die Bodenfruchtbarkeit erhöhen oder verringern.

Abb. 1: Termitenhügel können in den afrikanischen Savannen beeindruckende Höhen von über 4 m erreichen. Die Baumeister sind winzige Termiten (Macrotermes spp.), die Pilze kultivieren.

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Blä�er sind mein Gemüse

Obwohl Bäume die in der Ernährung am vielfältigsten genutzte Gruppe sind, spielen auch krautige

P�anzen eine wichtige Rolle. Ebenso wie die Blätter vieler Baumarten ist ihr frisches Grün häu�ger

Bestandteil der Saucen, die man vor allem in den Regionen, in denen aus kulturellen oder klima-

tischen Gründen kein Gemüse angebaut wird, zu den üblichen Breigerichten serviert und die die

Vitaminversorgung gewährleisten. Häu�g verwendet werden hierfür z. B. die Langkapselige Jute

(Corchorus olitorius), Fuchsschwanzgewächse (Amaranthus sp.), Cassia tora und weitere sogenannte

Ruderalarten, die spontan (also nicht gep�anzt) an stark durch den Menschen geprägten Standorten,

wie Weg- und Feldrändern, in Gehöften, Dörfern und Siedlungen wachsen. Allen aus diesen Arten

zubereiteten Saucen gemein ist ihr hoher Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen. Trotz dieser wich-

tigen Eigenschaften wird die Bedeutung solcher Arten systematisch unterschätzt – viele gehören

zu den sogenannten „neglected and underutilized species“ (NUS), den „vernachlässigten und wenig

genutzten P�anzenarten“. Denn obwohl weltweit schätzungsweise 7.500 P�anzenarten essbar sind,

werden 95 % des globalen Nahrungsbedarfs mit nur 30 Arten gedeckt. Zur Gruppe der NUS zählen

all jene P�anzen, die aufgrund ihres Nähr- oder Energiewertes in einem größeren Umfang der Nah-

rungsproduktion dienen könnten oder solche, die in der Vergangenheit sogar stärker genutzt wurden,

aktuell aber höchstens regional angebaut werden.

Eine umfassende Studie (Becker 1984) über die Nahrungsp�anzen des gesamten Sahel von West-

bis Ostafrika ergab, dass dort insgesamt fast 800 Arten für die menschliche Ernährung genutzt

werden, wobei die Anzahl der in einer Region tatsächlich verwendeten Nahrungsp�anzen stark

variierten. Überall gab es ein großes, bislang ungenutztes Potenzial von Arten, die in anderen

Regionen gegessen werden. Diese Untersuchung bestätigt die Bedeutung von Wildp�anzen für

die menschliche Ernährung – vor allem in Regionen, in denen der Anbau vitaminreicher Gemüse-

arten aus klimatischen Gründen schwierig ist – und Wildp�anzennutzung dem Vitaminmangel

vorbeugen kann.

früher breit genutzt, wie eine Enzyklopädie der essbaren europäischen Wildp�anzen

(Fleischhauer et al. 2013) belegt: Sie führt über 2.000 mitteleuropäische P�anzenar-

ten auf, die irgendwann zu Ernährungszwecken gesammelt wurden. Viele dieser Ar-

ten gerieten zwischenzeitlich in Vergessenheit, erleben in den letzten Jahren jedoch

eine beachtliche Renaissance, wie z. B. der heute wieder überaus populäre Bärlauch.

Multifunktionale Bäume

Neben dem Baobab (siehe „Affenbrotbäume – die vielseitigen Riesen“) gibt es

noch einige andere bedeutende Nutzbaumarten, deren Bestandteile zu verschie-

densten Zwecken verwendet werden. Einer der wichtigsten in der gesamten afri-

kanischen Savannenzone ist der zur Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae) gehö-

rende Néré-Baum (Parkia biglobosa, englisch „African locust bean“, Abb. 4). Der

stattliche, bis zu 20 m hohe Baum verliert seine Blätter in der Trockenheit nicht,

zusammen mit seiner markanten Krone und den leuchtend roten Blüten kugeln

macht ihn das schon von weitem unverwechselbar. Zum Ende der Trockenzeit ist

er reich behangen mit langen, schwarz-braunen Hülsenfrüchten. Diese �nden viel-

fältige Verwendung. Die in den Früchten enthaltenen Samen sind die Grundlage

eines protein- und mineralreichen Würzmittels („soumbala“ in Burkina Faso, „a�tin“ in Südbenin)

für Suppen und Soßen. Es wird auch als „lokales Maggi“ bezeichnet und auf allen Märkten gehan-

delt. Das Frucht�eisch, eine gelbe, mehlige und stark zucker haltige Substanz, wird zu Fruchtsäften

verarbeitet oder als Süßigkeit verzehrt. Die anderen Teile des Baumes, Blätter, Rinde und Wurzeln,

werden alle in der traditionellen Medizin verwendet, das Holz dient als Brennmaterial.

Die Nachfrage nach diesem gesunden, traditionellen Würzmittel ist trotz „moderner“ Alternativen

wie Brühwürfel ungebrochen, es wird nach wie vor auch in den Städten konsumiert. Die Produktion,

traditionell den Frauen vorbehalten, ist ein lohnender Neben- oder Haupterwerb und trägt meist

beträchtlich zum Familieneinkommen bei.

Genutzte Vielfalt – Savannen als Supermarkt der Natur

Genutzte Vielfalt – Savannen als Supermarkt der Natur

Abb. 5: Reife Néré-Früchte

(Parkia biglobosa).

Abb. 6: Das Herauslösen des mehli-

gen Frucht�eischs von Parkia biglobo-

sa aus der Schale ist zeitaufwändige

Handarbeit. In das Frucht�eisch sind

die kostbaren Samen eingebettet.

Abb. 7: Alle Bestandteile der Früchte

von Parkia biglobosa im Überblick:

oben das Frucht�eisch, unten links

Samen, unten rechts das Würzmittel

Soumbala.

Abb. 8: Aus den geschälten Samen

von Parkia biglobosa wird in einem

drei bis fünf Tage dauernden mehr-

stu�gen Fermentierungsprozess das

Würzmittel Soumbala hergestellt

und in verschiedenen Formen – hier

als Bällchen mit noch sichtbaren

Samen – verkauft oder für den

Eigenbedarf verwendet. Es ist es

mehrere Monate haltbar.

Abb. 9: Auch in der Stadt (hier Burki-

na Fasos Hauptstadt Ouagadougou)

wird Corchorus gesammelt und als

Soßenzutat verwendet.

LEBEN von und mit der Sava�e

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Lernen Sie die wichtigsten P� anzen kennen, die nicht nur für die Men-schen vor Ort als Nahrung, Medizin und Baumaterial von unschätz-barem Wert sind. Das Buch „Savanne – Lebensraum für P� anzen, Tiere und Menschen“ liefert viele Antworten und noch mehr Wissen.

Staunen Sie über das Kastensystem der Termiten, begleiten Sie ein Fulbemädchen bei seinen „kostenlosen Einkäufen“ im Sahel und schauen Sie den Menschen vor Ort bei der Herstellung traditioneller Medizin über die Schulter – und erfahren Sie, warum Giraffen wirk-lich so lange Hälse haben.

Das reich bebilderte Buch stellt diesen faszinierenden Lebensraum und seine Erforschung anschaulich vor, insbesondere auch die we-niger bekannten westafrikanischen Savannen, in denen Forschende der Goethe-Universität Frankfurt und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit Jahrzehnten gemeinsam mit ihren afrikani-schen Kolleginnen und Kollegen arbeiten. In dem Kapitel „Savanne, quo vadis?“ werden verschiedene zukünftige Entwicklungen dieses Lebensraums im Kontext von Klima- und Landnutzungswandel er-läutert und mögliche Handlungsansätze zur langfristigen Erhaltung der Savanne und ihrer Schätze aufgezeigt.

Tauchen Sie ein in den Lebensraum Sava� e und la� en Sie sich mitnehmen auf eine b� indruckende Forschungsreise.

Sie ist der prägende Landschaftstyp Afrikas: die Savanne. Weite Grasebenen mit Schirmakazien, Dornbüschen, Löwen, Zebras und Gnus – das sind die Bilder, die das Wort „Savanne“ vor unserem geistigen Auge entstehen lässt. Savannen sind jedoch viel mehr. Sie sind Apotheke und Speisekammer für Millionen Menschen, vor allem auch für die ärmere Bevölkerung Afrikas, die in besonders starkem Maße von den natürlichen Ressourcen dieses Ökosystems abhängt.

Wie sind Savannen entstanden, und wer sind ihre „Architekten“, die sie so vielfältig machen? Welche Rolle spielen die kleinen Bau-meister Termiten und Großtiere wie Elefanten & Co.? Und wie beein-� usst der Mensch das Ökosystem Savanne?

Palmengarten-Sonderheft 48Karen Hahn, Julia Krohmer (Hrsg.)

2016, 136 Seiten, 138 Abbildungendurchgehend farbig, 20 x 22,5 cmISBN 978-3-510-61406-6, broschiert, 10,90 Eurowww.schweizerbart.de/9783510614066

Kleine Senckenberg-Reihe 57

Über diesen Titel und andere Senckenberg-Publikationen erhalten Sie weitere Informationen in Ihrer Buchhandlung oder bei:

E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung(Nägele u. Obermiller), Johannesstraße 3 A, 70176 Stuttgart, Deutschland

Telefon +49 711 351456-0Fax +49 711 351456-99E-Mail [email protected]/9783510614066

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