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IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht (Begleitende Empfehlungen zur Umsetzung von Erstprojekten)

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IEC 61850 – Anforderungen aus

Anwendersicht

(Begleitende Empfehlungen zur Umsetzung von Erstprojekten)

© Verband der Netzbetreiber - VDN – e.V. beim VDEW

Robert-Koch-Platz 4, 10115 Berlin

Tel. 030/726 148-0, Fax: 030/726 148-200

[email protected], www.vdn-berlin.de

Ausgabe: Juli 2004

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 3/76

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung........................................................................................................ 6

2 Ziele und Inhalte der IEC 61850...................................................................... 9

3 Generelle Anforderungen aus Anwendersicht................................................ 13

3.1 Grundsätzliche Anforderungen bei der Einführung neuer Technologien.................... 13

3.2 Heutige Situation bei digitaler Stationsleittechnik, Optimierungswünsche der

Anwender ....................................................................................................... 15

3.3 Eigenschaften offener Systeme, Anforderungen an offene Schnittstellen aus

Anwendersicht................................................................................................. 17

3.4 Derzeitige Sicht der Anwender auf IEC 61850...................................................... 19

4 Funktionen und Funktionsblockung, Redundanzen........................................ 24

4.1 Funktionen und Funktionsblockung .................................................................... 24

4.2 Redundanzen .................................................................................................. 25

5 Kommunikationsinfrastruktur ....................................................................... 28

5.1 Messgrößen und Anschaltung von Betriebsmitteln ................................................ 28

5.2 Generelle Anforderungen an die Kommunikationsinfrastruktur ............................... 29

5.2.1 Busstrukturen.............................................................................................. 29

5.2.2 Bustechnologie ............................................................................................ 31

5.2.3 Zeitverhalten............................................................................................... 32

5.2.4 Anforderungen aus Sicht der Funktionalitäten.................................................. 32

6 Engineering................................................................................................... 35

6.1 Projektierung .................................................................................................. 36

6.2 Parametrierung................................................................................................ 36

6.3 Inbetriebsetzung, Test und Diagnose.................................................................. 37

6.4 Dokumentation................................................................................................ 37

6.5 Zusammenfassung / Ausblick ............................................................................ 38

7 Kostenbetrachtung zur Stationsleittechnik mit IEC 61850 ............................ 39

7.1 Wirtschaftliches Umfeld .................................................................................... 39

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7.2 Entwicklung der Stationsleittechnik .................................................................... 40

7.3 Kostenvorteile/Einsparpotentiale bei Einsatz der IEC 61850................................... 40

7.4 Zusammenfassung........................................................................................... 42

8 Quellen- und Literaturverzeichnis, Begriffsdefinition .................................... 43

8.1 Literatur ......................................................................................................... 43

8.2 Links zu Homepages......................................................................................... 44

8.3 Tagungsbände................................................................................................. 44

8.4 Begriffe und Abkürzungen................................................................................. 44

8.4.1 Begriffe... ................................................................................................... 44

8.4.2 Abkürzungen............................................................................................... 45

9 Anhang ......................................................................................................... 46

9.1 Anhang zu Kapitel 4 ......................................................................................... 46

9.1.1 Einleitung und Erläuterungen zu den Tabellen ................................................. 46

9.1.2 Tabellen zur Funktionszuordnung in verschiedenen Feldtypen............................ 48

9.1.2 Funktionsinhalte von verschiedenen Schutzfunktionen...................................... 58

9.1.3.1 Funktionsumfang UMZ - Schutz ..................................................................... 58

Hauptfunktionen: ................................................................................................... 58

Sonstige integrierte Funktionen:................................................................................ 58

9.1.3.2 Funktionsumfang - Distanzschutz................................................................... 60

Hauptfunktionen ................................................................................................... 60

Sonstige integrierte Funktionen ................................................................................. 61

9.1.3.3 Funktionsumfang Leitungs - Differential - Schutz ............................................. 64

Hauptfunktionen: ................................................................................................... 64

Sonstige integrierte Funktionen:................................................................................ 64

9.1.3.4 Funktionsumfang Transformator - Differential - Schutz ..................................... 65

Hauptfunktionen: ................................................................................................... 65

Sonstige integrierte Funktionen:................................................................................ 65

9.1.3.5 Funktionsumfang Sammelschienen - Differential - Schutz ................................. 67

Hauptfunktionen: ................................................................................................... 67

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© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 5/76

Sonstige integrierte Funktionen:................................................................................ 67

9.2 Anhang zu Kapitel 5:........................................................................................ 68

9.2.1 Detaillierte Angaben zu Umfang und Qualitätsanforderungen an Messgrößen....... 68

9.2.2 Anforderungen an Merging-Units (MU) zur Wandleranschaltung ......................... 70

9.2.3 Realisierungsbeispiele für Busstrukturen ......................................................... 72

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© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 6/76

1 Einleitung

Im Jahre 1988 gab die VDEW ihre ersten Empfehlungen unter dem Titel „Integrierte Leit-

technik in Stationen“ [1] heraus. Darin wurde die einzusetzende Hardware in festen Geräte-

strukturen mit einer festen Aufgabenzuordnung und definierten Informationswegen in einem

Zwei-Ebenen-Konzept beschrieben.

In der überarbeiteten Empfehlung von 1994 „Digitale Stationsleittechnik“ [2] wurde das

Ebenenkonzept mit Feld- und Stationsleitebene unverändert übernommen. Die ausschließ-

lich Geräte bezogene Betrachtung wurde verlassen, es wurden Funktionen und Funktions-

strukturen definiert. Die Kommunikation findet über einen „Datenaustausch“ statt wobei

keine Möglichkeit und Notwendigkeit gesehen wurde, die Protokolle des Datenaustausches

zu normieren. Zusätzlich wurden Anforderungen an Parametrierung, Dokumentation, Prü-

fung, Abnahme und Inbetriebnahme spezifiziert.

In einer ergänzenden Empfehlung zur Anwendung der digitalen Stationsleittechnik in

Verteilnetzstationen von 1998 [3] wurden im Hinblick auf den Kostendruck konkretere

und einfachere Strukturen für das Verteilungsnetz beschrieben. „Kombigeräte“ wurden defi-

niert und deren mögliche Kommunikation mit der Stationsleitebene über eine erweiterte

IEC 60870-5-103 [4] vorgeschlagen.

Die Normenreihe IEC 61850 „Communication Networks and Systems in Substations“ (zu

deutsch: „Kommunikationsnetze und –systeme in Stationen“) [5] befindet sich seit Mitte der

90er Jahre in der Erarbeitung. Der Normungsprozess ist derzeit für fast alle Normbestandtei-

le weitgehend abgeschlossen. Für 2004 sind seitens der Hersteller erste Produkte auf Basis

der Normenreihe angekündigt. Erste Pilotprojekte mit eingeschränktem Umfang der Anwen-

dung der Norminhalte begleiten die Normfertigstellung.

Die Projektgruppe „IEC 61850“ beim VDN hat sich zum Ziel gesetzt, die Erstellung der

Normpapiere in der Fertigstellungsphase zu begleiten, die Inhalte aus Anwendersicht zu

kommentieren und die Berücksichtigung der Anwenderbelange einzufordern.

Die vorliegende VDN-Empfehlung liefert die Voraussetzung dafür, die Vorteile der Norm für

den Anwender erschließen zu können. Sobald die Norm in entsprechende Produkte/Systeme

eingeflossen ist, werden diese Vorteile dann auch für den Anwender greifbar werden. Die

Entwicklung von Produkten und Systemen nach IEC 61850 befindet sich allerdings noch in

einer ersten Phase, sie ist noch nicht abgeschlossen. Deshalb kann diese Empfehlung noch

keinen Stand der Technik beschreiben, es werden überwiegend betriebliche Anforderungen

definiert. Sie enthält eine aktuelle Zusammenfassung der Beurteilung aus Anwendersicht.

Nach durchgeführten Projekten wird der Bedarf bestehen, die gesammelten Erfahrungen in

eine überarbeitete Empfehlung einzubringen.

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© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 7/76

Die Empfehlung richtet sich an die Hersteller zur Entwicklung bzw. Anpassung noch nicht

verfügbarer Funktionen oder Systemeigenschaften. Die Anwender bekommen Empfehlungen

für die Durchführung erster Projekte mit Produkten nach IEC 61850.

Die vorliegende Empfehlung wurde von der VDN-Projektgruppe „IEC 61850“ erarbeitet. Die

Projektarbeit wurde gemeinsam durch Experten der Schutztechnik und der Leittechnik ge-

staltet. Die PG sieht diese Empfehlung mit ihren funktionalen Anforderungen als konsequen-

te Fortführung der früheren Empfehlungen zur Stationsleittechnik. Die Inhalte wurden mit

Herstellern von digitaler Stationsleittechnik besprochen und abgestimmt.

Die Empfehlung gibt einen Überblick über die Ziele und Inhalte der IEC 61850. Sie bündelt

die generellen Anforderungen aus Anwendersicht. Dabei wird auf grundsätzliche Anforde-

rungen bei der Einführung neuer Technologien eingegangen. Es werden aus Anwendersicht

die heutige Situation bei digitaler Stationsleittechnik sowie Optimierungswünsche an diese

formuliert. Neben einer generellen Betrachtung zu den Eigenschaften offener Systeme wer-

den Anforderungen an offene Schnittstellen beschrieben.

Hinsichtlich IEC 61850 wird zusammengetragen,

•= wann die Norm ein Vorteil ist,

•= was die Norm leistet,

•= was die Norm nicht leistet und

•= welche Möglichkeiten der Anwender hat, mit der Norm umzugehen.

In den Kapiteln

•= Funktionen

•= Bussystem und

•= Engineering

werden aus derzeitiger Betrachtung Hinweise und Empfehlungen gegeben, was zusätzlich zu

tun ist, wenn konkrete Lösungen und Projekte umgesetzt werden sollen. In Kapitel 7 werden

qualitative und Tendenzen zu quantitativen Kostenschätzungen für den gesamten Lebens-

zyklus beschrieben.

Abschließend sind ein umfangreiches Quellenverzeichnis und Links zu interessanten Inter-

net-Homepages gegeben.

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© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 8/76

Die folgenden Herren haben an dieser Ausarbeitung mitgewirkt:

Dipl.-Ing. Thomas Bauer E.ON Netz GmbH

Dipl.-Ing. Harald Bock e.dis Aktiengesellschaft

Dipl.-Ing. Otto Dippold E.ON Netz GmbH

Dipl.-Ing. ThiloElsner EnBW Regional AG

Dipl.-Ing. Wolf Fischer Bewag Aktiengesellschaft & Co. KG

Dipl.-Ing. Klaus Hinz e.dis Aktiengesellschaft

Dr.-Ing. Heinrich Hoppe-Oehl RWE Transportnetz Strom GmbH

Dipl.-Ing. Hans-Joachim Hylla envia Mitteldeutsche Energie AG

Dipl.-Ing. Peter Kacperowski Hamburgische Electricitätswerke

Dipl.-Ing. Wolfgang Nowak EnBW Regional AG

Dipl.-Ing. Torsten Porath RWE Transportnetz Strom GmbH

Dipl.-Ing. Hartwig Roth VDN

Dipl.-Ing. Berthold Wührmann RWE Transportnetz Strom GmbH

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2 Ziele und Inhalte der IEC 61850

Die Norm IEC 61850 [5] besteht aus 10 Teilen, sie stellt einen Werkzeugkasten zur Gestal-

tung offener Systeme in der Stationsautomatisierung bereit. Die Norm beschreibt nicht die

Funktionen der Stationsautomatisierungseinrichtung, sie stellt die Kommunikationsmecha-

nismen zwischen Funktionen bereit. Die Norm enthält viele Freiheitsgrade für die Realisie-

rung der Kommunikation, so dass die Hersteller sich mit ihren Funktionen und mit ihrer Sys-

templattform auf verschiedene Märkte und Anwenderanforderungen einstellen können. Für

die Ausprägung konkreter Lösungen sind Funktionen zu spezifizieren und eine Auswahl aus

den Freiheitsgraden der Kommunikation vorzunehmen. Die Umsetzung auf konkrete Platt-

formen muss sich an ersten Projekten bewähren. Im Rahmen der Errichtung und des Be-

triebs der ersten Projekte wird sich zeigen, welche Konsequenzen sich auf die Prozesse und

auf die Lebenszykluskosten ergeben.

Die Beschreibung der Inhalte der Normteile wird hier stichwortartig vorgenommen. Diese

Zusammenfassung ist [6] entnommen. In der gleichen Veröffentlichung sind die Inhalte

noch detaillierter beschrieben.

Tabelle 2.1 Inhalte der Teile von IEC 61850

Teile Inhalt

Teil 1

„Einführung und Übersicht“

•= Hintergrund und Geschichte

•= Ziele der Normung

•= Beschreibung der Vorgehensweise

•= „Statische Szenarien“ (Stationstypen)

•= Aufbau der Normenreihe IEC 61850

Teil 2

„Glossary“

•= Sammlung von Begriffen

Teil 3

„Allgemeine Anforderungen“

•= Qualitätsanforderungen (Zuverlässigkeit, Wart-

barkeit, Portabilität, Sicherheit)

•= Umgebungsbedingungen

•= Stromversorgung

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Teil 4

„System- und Projektmanage-

ment“

•= Engineering-Anforderungen

•= Engineering-Werkzeuge (Tools)

•= Dokumentation

•= System-“Lebenszyklus” (Produktversionen, Ab-

kündigungen, Unterstützung nach Fertigungs-

einstellung)

•= Qualitätssicherung (Verantwortlichkeiten, Test-

geräte, Typentest, Systemtest, FAT, SAT)

Teil 4 orientiert sich grundsätzlich an den entsprechen-

den Forderungen und Festlegungen der VDEW-

Empfehlung für Stationsleittechnik von 1994 [2]

Teil 5

„Kommunikationsanforderungen“

•= Prinzip der logischen Knoten

•= Logische Schnittstellen

•= Funktionen und Funktionsverteilung

•= „Dynamische Szenarien“ (Informationsfluss un-

ter verschiedenen Betriebsbedingungen)

Teil 6

„Konfigurationssprache für Stati-

onsautomatisierungssysteme“

•= Übersicht über den Engineering-Prozess

•= Definition der File-Formate zum Austausch von

System- und Konfigurationsparametern auf Ba-

sis XML

o Single-Line-Diagramm

o Beschreibung der Kommunikationsbezie-

hungen

o IED-Fähigkeiten

•= Zuordnung der IEDs (logische Knoten) zur Pri-

märtechnik

Teil 7

„Basis-Kommunikationsstruktur“

Teil 7 beschreibt mit vier Unterteilen 7-1, 7-2, 7-3, 7-4

die Festlegungen zur Kommunikation zwischen Funktio-

nen (Datenmodell und Services, ACSI)

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Teil 7-1

"Prinzipien und Modelle“

•= Einführung und Übersicht über die Teile 7-1,

7-2, 7-3, 7-4

•= Kommunikationsprinzipien und -modelle

Teil 7-2

Abstract Communication Service

Interface (ACSI)

•= Beschreibung ACSI

•= Spezifikation der abstrakten Kommunikations-

dienste

•= Modell der Geräte-„Datenbank“-Struktur

Teil 7-3

Allgemeine Datenklassen

•= Allgemeine („Common“) Datenklassen und zu-

gehörige Attribute

Teil 7-4

Kompatible Logische–Knoten-

Klassen und Datenklassen

•= Spezifikation von Logische-Knoten-Klassen

•= Spezifikation von kompatiblen Datenklassen

Teil 8 und Teil 9

Spezifische Abbildung (Mapping)

von Kommunikationsdiensten

Die Teile 8 und 9 beschreiben die Abbildung der Festle-

gungen aus Teil 7 auf konkrete Plattformen (Proto-

kollstacks). Sofern zukünftig durch Weiterentwicklun-

gen z.B. im Bereich der allgemeinen Informationstech-

nik neue Plattformen (Protokollstacks) zur Anwendung

kommen sollen, so sind in den Teilen 8 und/oder 9 ent-

sprechende neue Abbildungen zu erstellen.

Teil 8-1

Spezifische Abbildung (Mapping)

von Kommunikationsdiensten

Mapping von Diensten zur Verwendung in der ge-

samten Station (Stations- und Prozessbus)

•= MMS – TCP/IP – Ethernet

•= GOOSE-Telegramme

Teil 9-1

Spezifische Abbildung (Mapping)

von Kommunikationsdiensten

Mapping von Diensten zur Übertragung von Abtast-

werten auf Ethernet, unidirectional (Punkt-zu-

Punkt-Verbindungen)

Teil 9-2

Spezifische Abbildung (Mapping)

von Kommunikationsdiensten

Mapping von Diensten zur Übertragung von Abtast-

werten auf Ethernet, Bus

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Teil 10

Konformitätstests

Zum Zeitpunkt der Erarbeitung dieser Empfehlung be-

findet sich Teil 10 noch in der Bearbeitung. Die Inhalte

von Teil 10 konzentrieren sich auf grundsätzliche Aus-

sagen und sind keinesfalls mit der Detaillierungstiefe

der Festlegungen zur Konformitätsprüfung für IEC

60870-5-103 [4] zu vergleichen.

•= Testprozeduren

•= Qualitätssicherung und Prüfungen

•= Erforderliche Dokumentation

•= Gerätebezogene Konformitätstests

•= Zertifizierung von Testinstitutionen

•= Anforderungen und Validierung von Testeinrich-

tungen

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3 Generelle Anforderungen aus Anwendersicht

3.1 Grundsätzliche Anforderungen bei der Einführung neuer Techno-

logien

Die elektrischen Energieversorgungsnetze sind durch den Einsatz leittechnischer Einrichtun-

gen in den Umspannanlagen bereits weitgehend ferngesteuert. Der Einsatz neuer Leittech-

niken ist daher im wesentlichen im Retrofit-Bereich bezogen auf die Umspannanlagen anzu-

treffen, wobei die Primärtechnik in der großen Mehrzahl dieser Projekte unverändert bleibt;

ein Mehr an Funktionen ist hier aus heutiger Sicht kaum erforderlich. Bei Neubauanlagen

bzw. Erneuerung der Primärtechnik können neue Funktionen (wie Monitoring) sinnvoll ge-

nutzt werden.

Neue leittechnische Technologien müssen als Zielfunktion die Senkung der Kosten haben.

Sie sind im Sinne einer Gesamtkostenbetrachtung (Investition inkl. Dienstleistungen, Be-

triebs- und Instandhaltungskosten) im Vergleich zu bisher eingesetzten Technologien zu

bewerten. Für Folgeprojekte ist eine deutliche Kostensenkung zu fordern, damit sich der

Einstiegsaufwand und das Einstiegsrisiko überhaupt lohnen. Bei den Betriebs- und Instand-

haltungskosten stehen für neue Lösungen Zielfunktionen wie möglichst geringer Inspekti-

ons- und Wartungsaufwand und weniger Aufwand zur Betreuung im Vordergrund.

Bei der Einführung neuer Technologien in der Stationsautomatisierung sind grundsätzlich

verschiedene Kriterien zu berücksichtigen.

Neue technologische Lösungen sollen Basistechnologien und anwendungsbezogene Stan-

dards des Marktes einsetzen.

Neue technologische Lösungen sollen einen Beitrag zur Optimierung der Prozesse beim An-

wender und Hersteller leisten. Diese Prozessoptimierung gewinnt an Gewicht, da eine Wei-

terentwicklung der Funktionalität nicht mehr im Vordergrund steht. Die Prozess-Optimierung

erfordert Beiträge der Stationsautomatisierung zur Kostenoptimierung

•= für jene Prozesse, die die Stationsautomatisierung erfordern (Fernüberwachung,

Fernsteuerung, ...) und

•= für die Prozesse, die der Einsatz der Stationsautomatisierung selbst mit sich bringt

(Engineering, Prüfung, Montage, Erweiterung und Änderung und Austausch im Be-

trieb, Betrieb und Instandhaltung der Einrichtung selbst).

•= Neue technologische Lösungen sollen die Optimierung der Lebenszykluskosten unter-

stützen. Diese umfassen beim Anwender im wesentlichen folgende Phasen:

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•= Konzept, Anforderungen erarbeiten

•= Markt beobachten, Technologie auswählen, für den Einsatz typisieren, Daten und

Dokumente seitens des Anwenders typisiert vorhalten

•= Projekte planen und bauen, Engineering, Prüfung im Werk, Prüfung auf der Anlage,

Inbetriebsetzung und Dokumentation für die Aufgaben Neubau von Anlagen, Ersatz

der Sekundärtechnik in vorhandenen Anlagen, Erweiterung vorhandener Anlagen

•= Einrichtungen betreiben und Instandhalten.

Im folgenden wird deutlich, dass neben den Aufgaben, die die sekundärtechnischen Einrich-

tungen für das Netz erfüllen, eine Reihe von Prozessen bestehen, die durch die sekundär-

technischen Einrichtungen selbst verursacht werden:

•= betriebliche Änderungen an den sekundärtechnischen Einrichtungen vornehmen (Be-

triebsparameter)

•= betriebliche Erweiterungen vornehmen

•= Bestandspflege für Parameterdaten und eingesetzte Einrichtungen (inkl. Hard- und

Software)

•= Entstörung, Wartung und Diagnose der Einrichtungen selbst

•= Erfassung von Störungs- und Inspektionsergebnissen

•= Instandsetzung defekter Einrichtungen

•= Zyklische Prüfungen an den Einrichtungen selbst

•= Softwaretausch, Versionspflege, zugehörige Prüfungen und Dokumentation

•= Bereitstellung von Hilfseinrichtungen (Engineering, Prüfung)

•= Schulung der Mitarbeiter

•= Erhalt des Betreuungs-Know-Hows (extern oder intern) sicherstellen

•= Ersatzteile und Hilfseinrichtungen vorhalten, insbesondere auch für Teilkomponenten

mit kurzen Innovationszyklen (z.B. Nahsteuer-PC)

Für die effiziente Bereitstellung der Funktionalität einer technischen Lösung hat die Kommu-

nikation zwischen Funktionen und Geräten enorme Bedeutung. Insbesondere jene Prozesse,

die durch die Nutzung der Stationsautomatisierungseinrichtung selbst erforderlich sind,

müssen durch die Kommunikation unterstützt werden und dabei Kostenoptimierungen er-

lauben.

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An in Betrieb befindlichen Einrichtungen und Systemen besteht grundsätzlich der Bedarf Er-

weiterungen/Änderungen vorzunehmen (neues Feld ergänzen, Feldart ändern, …). Weiterhin

besteht die Notwendigkeit defekte Komponenten am in Betrieb befindlichen System zu er-

setzen. Beide Anforderungen müssen während der gesamten Lebenszeit eines Systems er-

füllt werden. Bei früheren Technologien wurde gegenüber dem Systemlieferanten typischer-

weise Funktions- und Anschlusskompatibilität für Erweiterungs- und Ersatzmaterial gefor-

dert.

Bei beiden Anforderungen (Erweiterbarkeit, Ersetzbarkeit) haben die Netzbetreiber hohe Er-

wartungen an Lösungen nach IEC 61850, da bei bisherigen Systemlösungen bei beiden Vor-

gangsarten eine strenge Bindung an den Systemlieferanten gegeben ist. Bei Lösungen nach

IEC 61850 ist deshalb für die Netzbetreiber erstrebenswert und ideal, wenn durch geeignete

Maßnahmen einzelne Geräte an relevanten Schnittstellen das Kriterium Austauschbarkeit

(interchangeability) gegenüber der gesamten Systemtechnik erfüllen. Die Norm fordert als

Basis nur das Kriterium interoperability, die eine herstellerspezifische Ausprägung einer Rei-

he von Freiheitsgraden im Rahmen der Norm zulässt. Um das gewünschte Niveau der Kom-

patibilität auch bei Systemen nach IEC 61850 gewährleisten zu können, ist vom Lieferanten

der Systemtechnik die vollständige Offenlegung der Kommunikation an relevanten Schnitt-

stellen zu fordern.

Das Erreichen der Austauschbarkeit wird dann einfacher, wenn sich die Netzbetreiber mit ih-

ren Anforderungen an den durch die Norm bereitgestellten Funktionen orientieren.

3.2 Heutige Situation bei digitaler Stationsleittechnik, Optimie-

rungswünsche der Anwender

Beim Einsatz digitaler Stationsleitsysteme stellt sich für den Anwender derzeit folgende Si-

tuation dar:

•= Die digitale Stationsleittechnik bietet eine durchgängige Systemtechnik aus einer

Hand für die leittechnischen Aufgaben einer Station.

•= Innerhalb der Systemtechnik werden herstellerspezifische geschlossene Schnittstel-

len eingesetzt, z.B. zwischen Stationsleitebene und Feldleitebene

•= Innerhalb der Systemtechnik werden Geräte und Funktionen eines Herstellers ver-

wendet.

•= Die digitale Stationsleittechnik hat offene Schnittstellen (weitgehend sogar aus-

tauschbare Schnittstellen) an den Grenzen der Systemtechnik: Prozess, „103“,

„101“.

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•= Dienstleistungen für die Systemtechnik:

•= Systemintern entsteht kaum Spezifikationsaufwand für den Anwender. Feldübergrei-

fende Funktionen sind durch den Anwender zu beschreiben, aber in diesem Sinne

hier nicht als detaillierte technologische Umsetzung zu spezifizieren.

•= Für die Systemtechniken digitaler Stationsleittechniken sind weitgehend durchgängi-

ge Engineering-/ Parametrier- und Dokumentationssysteme der Hersteller verfügbar.

Die Schnittstellen zu Drittsystemen sind noch verbesserungsbedürftig. Vielfach exis-

tieren bei einem Hersteller mehrere Tools, die aber Daten miteinander austauschen.

•= Die Betreibbarkeit der Systemtechniken durch den Anwender ist weitgehend gege-

ben. Betriebliche Änderungen an einer Systemtechnik sind häufig noch recht auf-

wändig.

•= Die Kostenstruktur ist weitgehend bekannt.

•= Über die Kostenstruktur vollständiger Lebenszyklen liegen bisher noch wenig Erfah-

rungen vor.

Auf Basis der Erfahrungen mit realisierten und betriebenen Stationsleittechniken liegen an-

wenderseitig grundsätzlich folgende Optimierungswünsche für neue technologische Lösun-

gen vor:

•= Aus Gründen der langfristigen Erweiterbarkeit, Ersetzbarkeit (funktions- und an-

schlusskompatibel) sollte die Kommunikation zwischen Feldeinheit und Stationsein-

heit vollständig offen gelegt (Geräte möglichst austauschbar, mindestens jedoch in-

teroperabel) sein.

•= Betriebsmittel und Funktionen sollten objektorientiert bei Betrieb, Engineering, Pa-

rametrierung, Dokumentation und Service darstellbar und handhabbar sein.

•= Engineering, Parametrierung, Dokumentation und Service für feldübergreifende

Funktionen sollten besser unterstützt werden.

•= Es sind definierte Datenschnittstellen zwischen Tools verschiedener Hersteller erfor-

derlich, um gemischte Konfigurationen ohne mehrfache Dateneingabe effizienter rea-

lisieren zu können.

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3.3 Eigenschaften offener Systeme, Anforderungen an offene

Schnittstellen aus Anwendersicht

Die technischen Lösungen der Hersteller von Stationsleittechnik setzen immer mehr auf of-

fene Systemplattformen der allgemeinen Informationstechnik. Die Normentwürfe der Reihe

IEC 61850 [5] sollen die Basis für die offene Kommunikation einer neuen Technikgeneration

für Stationsleitsysteme bilden. Ziele sind die genormte Kommunikation über Busse für feld-

übergreifende Kommunikation und für die Perspektive zur genormten Anbindung nichtkon-

ventioneller Betriebsmittel.

In der Informationstechnik (IT) sind die wesentlichsten Innovationstreiber die enorme Dy-

namik in der Entwicklung hochintegrierter Schaltkreise und die daraus folgenden immer leis-

tungsfähigeren Softwareapplikationen. Unter den IT-Herstellern herrscht ein enormer Ver-

drängungswettbewerb, der vornehmlich durch die immer kürzeren Produktzyklen (einige

Jahre bis wenige Monate) bestimmt wird. Diese hochinnovativen Hardware- und Software-

Plattformen bilden die Basis für offene Systeme. Die Nutzung dieser Massentechnologie bie-

tet für den IT-Anwender den Vorteil niedriger Erstinstallationskosten.

Offene Systeme werden seitens der IT-Anbieter vor allem wegen der Flexibilität bevorzugt,

die neuesten Innovationen für Produkte und Dienstleistungen schnell anbieten zu können.

Um diese Innovationen in einem einmal installierten System anwenderseitig langfristig nut-

zen zu können, ist ein ständiger Anpassungs- und Austauschprozess am in Betrieb befindli-

chen IT-System notwendig. Neben Fehlerbehebung und Erhaltungsinvestitionen sind stetige

Software- und Hardwareaktualisierungen erforderlich, so dass Hardware- und Software-

Wartungsverträge fast unabdingbar werden können.

Ein Resümee der Kostenbetrachtung zeigt bei kleineren Erstinstallationskosten aber deutlich

erhöhte laufende Wartungskosten für offene Systeme. Eine detaillierte Darstellung ist in [7]

gegeben.

In der Prozessautomatisierung von Energienetzen ging man bisher von einer Lebensdauer

der Systemkomponenten von 25 Jahren und mehr aus. Sanierungsbedürftige Technik wurde

durch Neuinstallationen abgelöst, Hardware- und Softwarewartungsverträge wurden nur sel-

ten abgeschlossen.

Es kommen zunehmend Produkte auf Basis von Hard- und Software des Massenmarktes der

Informationstechnik zum Einsatz. Die Anwender haben nun zu bewerten, ob durch die Ver-

wendung der IT-Basistechniken und offener Systemstrukturen die Betriebs- und Wartungs-

philosophie geändert werden muss [8]. Eine offene Systemplattform kann auch wie ein ge-

schlossenes System betrieben werden. Jeder Anwender muss für sich klären, ob er den Nut-

zen der laufenden Innovationsfähigkeit offener Systeme überhaupt benötigt und ob ein

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Mehraufwand im Wartungsbereich entsteht. Dabei sind die aufwendigere Versionsverwal-

tung und Ersatzteilhaltung sowie neue Vereinbarungen zur Gewährleistung und Nachliefe-

rung zu prüfen.

Die Hersteller von Stationsleitsystemen sind u.U. schon wenige Jahre nach Erstinstallation

eines Systems nicht mehr in der Lage, Ersatzteil- und Erweiterungsmaterial zu liefern. Kom-

plette Systeminnovationen bei installierter Hardware und Software könnten die Folge sein.

Bei Netzbetreibern werden offene Schnittstellen derzeit an folgenden Stellen eingesetzt:

•= Fernwirkschnittstellen zur Datenübertragungstechnik und zur Netzleittechnik,

•= Schnittstellen zum Schutz,

•= Schnittstellen zu weiteren sekundärtechnischen Geräten (Spannungs- oder Erd-

schlusskompensationsregler)

•= Schnittstellen zu den Betriebsmitteln der Primärtechnik.

Offene Schnittstellen haben für den Anwender enorme Vorteile:

•= eindeutige Liefer- und Leistungsgrenzen,

•= ein Mehr an Unabhängigkeit von potentiellen Auftragnehmern bei der Erstbeschaf-

fung von Teilbereichen (Teilsystemen oder -komponenten),

•= Weniger Aufwand bei der Kopplung von Systemen verschiedener Hersteller und da-

durch Investitionssicherung bei Ersatzbeschaffung von Teilbereichen. Ein Teilbereich

kann rückwirkungsfrei für die anderen Teilbereiche bei Beachtung der definierten

Schnittstellen ausgetauscht werden,

•= die eingesetzten Techniken sind für die Teilbereiche Hersteller unabhängig, aus-

tauschbar oder sind zunächst mindestens interoperabel,

•= langfristige technische Beherrschbarkeit und Betreibbarkeit des Gesamtsystems

durch den Anwender.

Innerhalb der Stationsleittechnik kann es für einige Anwendungen und Aufgaben sinnvoll

sein, zusätzlich Unterstrukturen mit offen gelegten Schnittstellen untereinander zu definie-

ren:

•= Kombination von Einrichtungen verschiedener Hersteller in einem System,

•= Erweiterung der Umspannanlage und der Stationsleittechnik um ein Schaltfeld,

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•= Änderung der Art eines Schaltfeldes,

•= Erweiterung einer spannungsebenenbezogenen Funktion wie der Parallelschaltein-

richtung,

•= Teilerneuerung von Geräten statt Systemerneuerung aus Kostengründen,

•= Ersatzteilbeschaffung und -vorhaltung.

Damit die sich daraus ergebenden Komponenten für den Anwender Hersteller unabhängig

austauschbar (mindestens aber interoperabel) sind, müssen die zugehörigen Schnittstellen

hinsichtlich

•= aller Betriebsfunktionen,

•= aller Parametrierfunktionen,

•= aller Diagnosefunktionen

eineindeutig definiert und offen gelegt sein [9]. Diese Festlegung und Ausprägung der

Schnittstellen muss länger als die Lebensdauer der Komponenten verbindlich sein. Für diese

Schnittstellenfestlegungen ist Nachhaltigkeit die wichtigste Forderung. Andernfalls ist die

Festlegung der Schnittstellen für die o. g. Anwendungen für Geräteanpassung und –tausch

für den Anwender ohne großen Wert.

Für Austausch und/oder Erweiterung von Komponenten ist nicht nur die Kommunikation

zwischen Funktionen zu normieren, die Kommunikation zwischen Geräten ist entscheidend.

Für die Kommunikation zwischen Geräten ist aus betrieblichen Gründen eine Abwärtskompa-

tibilität neuer Komponenten unabdingbar. Hier sollte der Anwender entsprechende Lieferga-

rantien mit dem Hersteller vereinbaren.

Aus Anwendersicht ist die Ersetzbarkeit von Geräten, die an den Prozessbus angeschlossen

werden, z.B. nichtkonventionelle Strom- und Spannungswandler, eine zwingende Notwen-

digkeit – eine Systemfrage für den Einsatz von nichtkonventionellen Betriebsmitteln.

3.4 Derzeitige Sicht der Anwender auf IEC 61850

Was sind die Ziele der IEC 61850 (Interpretation aus Anwendersicht)?

Die IEC 61850 soll

•= eine offene Kommunikation zwischen Funktionsblöcken (und Geräten) erlauben. Das

Ziel der Normentwürfe IEC 61850 ist die Interoperability (IEC 61850, Teil 5).

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 20/76

•= die Kombinationsmöglichkeit verschiedener Hersteller in einem Stationsautomatisie-

rungssystem unterstützen; es können Funktionen verschiedener Hersteller in einem

System kombiniert werden.

•= die langfristige Erweiterbarkeit eines Stationsautomatisierungssystems erlauben.

•= die langfristige Ersetzbarkeit von Funktionen (in Geräten) zum Zwecke der einfachen

Ersatzteilhaltung und zur Investitionssicherung unterstützen.

Diese Ziele werden erreicht bei

•= einfachem Engineering für Anwender und Hersteller

•= einfacher und zuverlässiger Prüfbarkeit

•= Wirtschaftlichkeit im Sinne Life-Cycle-Cost

Was muss über die IEC 61850 hinaus für die konkrete Anwendung beschrieben

werden und was leistet die IEC 61850 als Norm für sich betrachtet nicht? (Aus-

wahl)

•= Die Norm ist sehr umfangreich und ein weltweiter Kompromiss. Sie enthält sehr viele

Freiheitsgrade, die bezogen auf die konkrete Anwendung ausgewählt und spezifiziert

werden müssen

•= IEC 61850 beschreibt nicht die Informationsumfänge konkreter Feldtypen. Sie bein-

haltet die Übermenge der Datenpunkte für die Kommunikation der definierten Funk-

tionen untereinander.

•= IEC 61850 beschreibt nicht die Inhalte und die Qualität von Funktionen.

•= IEC 61850 beschreibt nicht die Verteilung von Funktionen auf einer konkreten Platt-

form.

•= IEC 61850 enthält im Teil 6 einen generellen Werkzeugkasten für das Thema Engi-

neering. IEC 61850 beinhaltet nicht die konkrete Lösung zum Engineering eines Sta-

tionsautomatisierungssystems oder sogar die Lösung zur Einbindung von Funktionen

von anderen Herstellern. Engineering, Parametrierung, Dokumentation und Service

von Funktionen sind nicht im Normumfang beschrieben. Es werden lediglich Mecha-

nismen beschrieben, wie der Datentransfer erfolgen kann.

•= IEC 61850, Teil 6, enthält bezogen auf die Anwendungsfunktion keine Hinweise, wie

das Engineering für feldübergreifende Funktionen im Vergleich zur bisherigen Stati-

onsleittechnik verbessert werden kann.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 21/76

•= IEC 61850 erlaubt als Norm ohne weitere Maßnahmen keine Hersteller unabhängige

Ersetzbarkeit von Geräten im Sinne Plug & Play.

•= IEC 61850 beschreibt keine Systemfunktionen und auch nicht die Kommunikations-

schnittstelle zwischen diesen.

Wann ist IEC 61850 ein Vorteil? (Auswahl)

Die Norm für sich allein stellt keinen greifbaren Vorteil für die Anwender dar. Vorteile kön-

nen sich für den Anwender erst ergeben, wenn die Norm in entsprechende Produk-

te/Systeme eingeflossen ist. Dabei sind u.a. folgende Aspekte sicher zu stellen:

•= Nach Abbildung der IEC 61850 auf Systeme und Produkte ist trotz des erheblichen

Umfanges der Norm ein ausreichender Wettbewerb gewährleistet.

•= Die durch die Norm bereitgestellte Interoperabilität muss bei der Umsetzung in Sys-

teme und Produkte zur Erweiterbarkeit/Ersetzbarkeit von Geräten führen.

•= Die Inhalte und Qualitäten der bereitgestellten Funktionen orientieren sich an bishe-

rigen Lösungen (siehe vorhandene VDN/VDEW-Empfehlungen zu Schutz- und Leit-

technik). Für neue Funktionen sind Inhalte und Qualitäten ergänzend zu beschrei-

ben.

•= Die Anforderungen der Netzbetreiber an Bedienung, Engineering, Parametrierung,

Dokumentation, Prüfbarkeit, Service werden erfüllt (siehe vorhandene VDN/VDEW-

Empfehlungen zu Schutz- und Leittechnik)

•= Die bisher verwendeten äußeren Schnittstellen werden weiterhin angeboten (z.B.

Fernwirkschnittstelle „101“, Schnittstelle zu digitalen Schutzeinrichtungen „103“,

konventionelle Prozessschnittstelle bei konventionellen Betriebsmitteln).

•= Die systeminternen Schnittstellen werden zu für den Anwender offenen Schnittstel-

len. Die Schnittstellen werden langfristig festgelegt und sind bei Weiterentwicklung

strikt abwärtskompatibel (gilt auch bei Weiterentwicklungen der IT-Basistechno-

logien).

•= Die Realisierungszeiten von Projekten lassen sich reduzieren.

•= Die Investitions- und Betriebskosten lassen sich reduzieren.

•= Änderungen und Erweiterungen im Betrieb sind im Vergleich zu bisheriger Lösungs-

technik schneller und kostengünstiger umsetzbar.

•= Die erforderlichen betrieblichen Maßnahmen sind ohne erhöhte Qualifikationsprofile

leistbar.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 22/76

•= Engineering, Parametrierung, Dokumentation, Service erfolgen auch für Fremdpro-

dukte mit einem einheitlichen Werkzeug. (Zum Vergleich: Die Einbindung von

Fremdprodukten sollte im Ziel erfolgen können, wie z.B. die geführte Anschaltung ei-

nes neuen Druckers an einen modernen PC). Auf dem Werkzeug können dabei auch

verschiedene Softwaremodule zum Einsatz kommen, die jedoch über geeignete

Schnittstellen die Konsistenz der Beschreibung sicherstellen.

Wie kann der Anwender mit IEC 61850 umgehen ?

Der Anwender kann sich für drei Vorgehensweisen entscheiden:

- Der Anwender betrachtet ein Stationsautomatisierungssystem nach IEC 61850 tech-

nisch, organisatorisch und vertraglich wie ein geschlossenes System – wie bei bisheriger di-

gitaler Stationsleittechnik

- Der Anwender möchte die Normungsfestlegungen ausnutzen und ggf. Funktionen und

Geräte von verschiedenen Herstellern innerhalb eines Systems beschaffen.

- Der Anwender betrachtet ein Stationsautomatisierungssystem als „teiloffenes“ Sys-

tem; am Prozessbus werden zur Einbindung nichtkonventioneller Betriebsmittel die Norm-

festlegungen angewendet, die Komponenten am Stationsbus werden mit dem Stationsbus

als geschlossenes System betrachtet.

Im Falle Beschaffung und Betrieb als geschlossenes System kann der Anwender seine Stra-

tegie genauso fortsetzen wie bei bisheriger Stationsleittechnik. Die Vor- und Nachteile dieser

Vorgehensweise sind bekannt. Diese Strategie ist insbesondere dann unproblematisch, so-

lange keine nichtkonventionellen Betriebsmittel (Wandler, Transformatoren, ...) angeschal-

tet werden sollen.

Im Falle offener Nutzung der IEC 61850 sollte der Anwender mindestens folgende Aufgaben

und Fragen aufsetzend auf den Normfestlegungen neu stellen und bewerten:

•= Spezifikation der Funktionsverteilung auf die separat zu beschaffenden Einzelgeräte

•= Spezifikation aller Kommunikationsbeziehungen zwischen allen Geräten mit Auswahl

und Definition der Freiheitsgrade, um aufsetzend auf IEC 61850- Festlegungen zur

Austauschbarkeit zu gelangen. Ohne diese Zusatzdefinitionen ist die Verwendung

von IEC 61850 wie in einem geschlossenen System zu betrachten. Diese Zusatzdefi-

nitionen sind ggf. auch durch detailgenaue Offenlegungen und Abgleich der beteilig-

ten Hersteller denkbar.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 23/76

•= Prüfung, ob alle beteiligten Hersteller nicht nur die Norm sondern auch die vorge-

nannten Detailspezifikationen erfüllen.

•= Parametrierkonzeption: wie schafft man konsistente Teildatenmodelle aller beteilig-

ten Geräte für Erstinstallation und im Betrieb?

•= Welche Prüfstrategie wird bezogen auf die projektspezifische Zusammensetzung der

Geräte angewendet?

•= Konzeption zur Fernwartung: Welche Funktionen sind für eine konsequente Fernwar-

tung für alle Geräte bei allen Kommunikationsbeziehungen vorzusehen?

Zu den vorgenannten Fragen können derzeit keine ausreichenden Antworten gegeben wer-

den, da keine konkreten Umsetzungs- und Einsatzerfahrungen vorliegen.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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4 Funktionen und Funktionsblockung, Redundanzen

Ziel dieses Kapitels ist es, Vorschläge für die Umsetzung der verschiedenen Funktionen der

Schutz und Leittechnik durch die in Teil 7 von IEC61850 festgelegten logischen Knoten (Lo-

gical Nodes, LN) zu machen. Darüber hinaus soll die übliche Anwendung dieser Funktionen

anhand beispielhafter Anlagen- und Feldtypen gezeigt werden.

4.1 Funktionen und Funktionsblockung

Der Funktionsumfang, der in den heutigen Schutz- und Leittechnikeinrichtungen realisiert

ist, orientiert sich an den Anforderungen, die in bisherigen VDN-Empfehlungen beschrieben

sind.

IEC 61850 hat den Funktionsumfang der Schutz- und Leittechnik in logische Knoten struktu-

riert. In den Tabellen 9.1 bis 9.7 (siehe Anhang) wurde eine mögliche Zuordnung der logi-

schen Knoten aus IEC 61850 zu den bisherigen Funktionen aus Sicht der VDN-Projektgruppe

vorgenommen.

Die Normenreihe IEC 61850 beschreibt die Kommunikation zwischen Funktionen in logi-

schen Knoten. Die Beschreibung der internen Realisierung der Funktionen ist nicht Gegens-

tand der Norm

Der Funktionsumfang einer klassischen Schutzeinrichtung (UMZ-Schutz) wird zum Beispiel

durch die Verknüpfung der entsprechenden LNs (PIOC, PTOC, …), der Funktionsumfang ei-

ner leittechnischen Einrichtung (z.B. eines Reglers) durch die Verknüpfung der LNs (ATCC,

YPTR, ...) gebildet.

Aus den Tabellen ist ersichtlich, dass für die Gestaltung von Gesamtfunktionen (z.B. Schutz-

aufgabe, Reglerfunktion) das komplexe Zusammenwirken von bestimmten LNs notwendig

ist. Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, derartige funktional zusammengehörige LNs zu

Funktionsblöcken (Logical Devices) zusammenzufassen und diese in einer Geräteeinheit

(IED) abzubilden. Da innerhalb dieser LN-Blöcke ein sehr kommunikationsintensiver Infor-

mationsaustausch stattfindet, trägt dies gleichzeitig zur Entlastung des Bussystems bei, da

dieser Austausch dann geräteintern stattfindet.

In der Auflistung in Abschnitt 9.1.3 (siehe Anhang) ist der Funktionsumfang für die Schutz-

funktionen Überstromzeitschutz, Distanzschutz und Differentialschutz beschrieben. Hierbei

wurde untergliedert in Hauptfunktionen, sonstige integrierte Funktionen und sonstige sepa-

rate Funktionen.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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4.2 Redundanzen

Die Normenreihe IEC 61850 beschreibt die Kommunikation zwischen logischen Knoten, ohne

direkten Bezug zur physikalischen Ausführung mit realen Geräten. Bei der Umsetzung auf

die Geräteebene müssen die Belange berücksichtigt werden, die sich aus den betrieblichen

Anforderungen an Redundanz zwischen Funktionen innerhalb des Systems ergeben. Die An-

forderungen sind dabei von der Betriebsphilosophie und der jeweiligen Anlagenrelevanz im

Netz abhängig.

Die sich aus diesen Anforderungen ergebende Zuordnung von Funktionen auf Geräte ist zwi-

schen Anwender und Hersteller abzustimmen.

Das Thema der Redundanzanforderungen lässt sich folgendermaßen strukturieren:

Zunächst ist zu definieren, welche Kriterien in die Redundanzbetrachtung einbezogen wer-

den sollen. Hierbei ist zu beachten, dass sich Redundanzbetrachtungen immer auf die Ver-

knüpfung zwischen zwei Funktionen oder Funktionsgruppen beziehen.

Es ergeben sich folgende Beziehungen:

a) Redundanz gleichwertiger Funktionen zueinander

•= Funktionen ständig gleichzeitig aktiv (z.B. Schutzsystem 1 und Schutzsystem 2

im 380kV-Leitungsfeld)

•= Aktivierung der Funktion 2 bei Ausfall von Funktion 1 (z.B. Messwerterfassung

über verschiedene Prinzipien für wichtige Messwerte)

b) Redundanz zwischen Hauptfunktion und reduzierter Ersatzfunktion

•= Funktionen ständig gleichzeitig aktiv (z.B. Transformatorregelung über automa-

tischen Spannungsregler und über Handsteuerung von Fern)

•= Aktivierung der Funktion 2 bei Nichtverfügbarkeit von Funktion 1 (z.B. Distanz-

schutz als Funktion1 und Not-UMZ-Funktion als Funktion 2)

Die Redundanzanforderungen innerhalb dieser Arten lassen sich nun in verschiedenen Ab-

stufungen ausdrücken. Hier sind Anforderungen von logischer Redundanz (Softwareredun-

danz) bis zu physikalischer Redundanz (Hardwareredundanz) möglich.

Bei logischer Redundanz sind z.B. zwei Funktionen, wie ein Distanzschutz mit Not-UMZ-

Funktion innerhalb eines physikalischen Gerätes angeordnet.

Physikalische Redundanz lässt sich von ausschließlicher Gerätedopplung über redundante

Ausführung von Hilfseinrichtungen (z.B. Stromversorgung, Messkreise, Auslösesysteme,

Kommunikationsverbindungen) bis zur Einbeziehung örtlicher Gegebenheiten (z.B. Schrank,

Raum, Gebäude) gestalten.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 26/76

Welche Redundanzausprägung für die Beziehung zwischen zwei Funktionen gefordert wird,

ist vom Systemkonzept und der Betriebsphilosophie abhängig.

Auf Grund der sich heute erst andeutenden Möglichkeiten im Bereich der freizügigen Funkti-

onszuordnung innerhalb von Geräten und der unterschiedlichen Anforderungen kann diese

Empfehlung hierfür nur grundlegende Bedingungen nennen. Trotzdem soll sie sowohl für

Hersteller als auch für Anwender eine Hilfestellung zur Einführung der IEC 61850 darstellen,

da sie für beide Seiten übergreifend einheitliche Leitlinien anbietet.

Nach Einschätzung der VDN-Projektgruppe wird es in absehbarer Zeit keine Dezentralisie-

rung von Funktionen z.B. aus den Feldgeräten in die Merging-Units der Wandler oder An-

schalteinheiten weiterer Betriebsmittel geben. Kommunikationsintensive und mit gleichen

Daten arbeitende Funktionen sollten in einem Gerät untergebracht werden. Wenn Funktio-

nen z.B. in Merging-Units dezentralisiert würden, so müsste die Kommunikation dieser ver-

teilten Funktionen untereinander auch zwischen Geräten verschiedener Hersteller funktio-

nieren. Es wird eher von einer weiteren Integration von Funktionen in einem Gerät ausge-

gangen statt von einer Dezentralisierung.

Im folgenden Bild 4.1 sind Varianten mit unterschiedlichen Zuordnungen von Funktionen zu

Geräten in einem Schaltfeld aufgeführt. (Diese Umsetzung entspricht den in den Tabellen

9.1 bis 9.7 enthaltenen Anforderungen) In diesem Schaltfeld mit hoher Redundanzanforde-

rung (z.B. 380kV-Leitungsfeld) ist ein Haupt- und ein Reserveschutzsystem erforderlich.

Deshalb müssen die Feldkomponenten so konfiguriert werden, dass zwei Schutzsysteme 1

und 2 in physikalischer Redundanz aufgebaut werden. Die Steuerfunktionen stehen in die-

sem Beispiel in keiner Redundanzbeziehung zu den Schutzfunktionen.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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Bild 4.1 Variantenbetrachtung zu Redundanzanforderung

In diesem Beispiel sind gemäß der Anforderungen in den Tabellen 9.1 bis 9.7 nur die Vari-

anten 1 und 2 zulässig,

Im Gegensatz dazu kann das Schutzsystem 2 in Feldern mit vergleichsweise geringeren An-

forderungen (z.B. im Verteilnetz) entfallen, wenn der Reserveschutz durch eine im Netz vor-

geordnete Einrichtung als ausreichend erachtet wird. In diesem Fall könnte auch die ge-

meinsame Anordnung von Schutzsystem 1 und Feldsteuerung in einem Gerät zulässig sein.

FunktionenSchutzsystem 1

Gerät 1

Variante 1

FunktionenSchutzsystem 1

Gerät 1

Variante 2

FunktionenSchutzsystem 1

Gerät 1

Variante 3

FunktionenSchutzsystem 2

Gerät 2

FunktionenFeldsteuerung

Gerät 3

FunktionenSchutzsystem 2

Gerät 2

FunktionenFeldsteuerung

FunktionenSchutzsystem 2

FunktionenFeldsteuerung

zulässig zulässig nicht zulässig

FunktionenSchutzsystem 1

Gerät 1

Variante 1

FunktionenSchutzsystem 1

Gerät 1

Variante 2

FunktionenSchutzsystem 1

Gerät 1

Variante 3

FunktionenSchutzsystem 2

Gerät 2

FunktionenFeldsteuerung

Gerät 3

FunktionenSchutzsystem 2

Gerät 2

FunktionenFeldsteuerung

FunktionenSchutzsystem 2

FunktionenFeldsteuerung

zulässig zulässig nicht zulässig

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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5 Kommunikationsinfrastruktur

Zur Kommunikationsinfrastruktur gehören Buskomponenten, Router, Switches, Hubs, etc.

5.1 Messgrößen und Anschaltung von Betriebsmitteln

Damit die Überwachung der Stationen gemäß der heutigen betrieblichen Anforderungen ge-

währleistet ist, müssen die Messgrößen spezifischen Anforderungen genügen. Angaben zu

Umfang und Qualitätsanforderungen sind im Anhang 9.2.1 und 9.2.2 gegeben.

Die von einem Sensor oder Primärfühler erfassten Messgrößen werden in einer Sammelein-

heit (Merging Unit, MU) digitalisiert und über eine Schnittstelle für Schutz- und Leittechnik-

einrichtungen zur Verfügung gestellt. Merging-Units sind Strom- und Spannungswandlern

zugeordnet. Eine redundante Hilfsenergieversorgung muss möglich sein. MUs stellen abge-

tastete Momentanwerte zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung.

Über die Betriebszeit einer Anlage ist es unbedingt erforderlich, dass sowohl Strom- und

Spannungswandler als auch Schutz- und Leittechnikgeräte unabhängig voneinander erwei-

tert oder ersetzt werden können. Dafür ist die Austauschbarkeit dieser Gerätekomponenten

bezogen auf die sie verbindende Kommunikationsschnittstelle zwingend erforderlich.

Für die MU der Wandler wird mindestens die gleiche Zuverlässigkeit wie von digitalen

Schutzrelais gefordert, da sie ein Teil des Schutzsystems sind. In Systemen, in denen kein

abzweiggebundener Reserveschutz eingesetzt wird, ist die Verfügbarkeit durch eventuelle

Redundanzen in der MU und in der Hilfsenergieversorgung entsprechend sicher zu gestalten.

Die MU muss über umfassende Selbstüberwachungen verfügen.

Hinweise zur Anschaltung von Trennschaltern, Leistungsschaltern und Wandlern:

•= Ausführung der Anschaltung von Trennschaltern und Leistungsschaltern an den Pro-

zessbus nach IEC 61850.

•= Bei den Trennschaltern ist eine Zusammenführung aller Trennschalter innerhalb ei-

nes Feldes auf eine Anschalteinheit zulässig.

•= Aus Kostengründen könnten die Trennschalter und Leistungsschalter auch weiterhin

parallel an den Feldgeräten angeschaltet werden.

•= Bei den Leistungsschaltern gelten die entsprechenden Redundanzanforderungen wie

bei den Wandlern. Es sind bei den Leistungsschaltern ebenfalls 2 Anschalteinheiten

erforderlich, wenn 2 MU für die Wandler gefordert werden.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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•= Im Bereich der unkonventionellen Wandler existieren die Normen IEC 60044-8

(elektronische Stromwandler) und IEC 60044-7 (elektronische Spannungswandler).

Hierin ist auch die Prüfung der Wandler spezifiziert. Bei Lösungen nach IEC 61850 ist

sicherzustellen, dass die Anforderungen der oben genannten Wandlernormen sinn-

gemäß Berücksichtigung finden.

5.2 Generelle Anforderungen an die Kommunikationsinfrastruktur

Die Norm IEC 61850 impliziert, dass der Informationsaustausch innerhalb einer Station zwi-

schen den primär- und sekundärtechnischen Komponenten nicht mehr parallel, sondern

über serielle Kommunikationsschnittstellen mit einem einheitlichen Protokoll erfolgt.

Es ist möglich, analog zur heutigen Stationsleittechnik, zwei Bussysteme einzusetzen:

•= den Prozessbus für die feldbezogene Erfassung der Prozessdaten am Entstehungsort

•= den Stationsbus für feldübergreifende Funktionen innerhalb einer Station

Nichtkonventionelle primärtechnische Betriebsmittel müssen über eine „Busschnittstelle“ an

den Bus angeschlossen werden können. Als Bus kommen theoretisch verschiedene Techno-

logien in Frage. Es hat sich der Ethernetbus in Industrieausführung herauskristallisiert. Alle

Komponenten der Kommunikationsinfrastruktur müssen für den Einsatz in der jeweiligen

Einbau-Umgebung geeignet sein, z.B. betreffend Temperaturbereich, EMV (siehe auch IEC

61850–3). Darüber hinaus sind auch diese Komponenten in die Selbstdiagnose einzubinden.

5.2.1 Busstrukturen

Die bisher in Stationsleittechnik-Systemen verwendeten Kommunikationsstrukturen bleiben

vom Grundsatz her bestehen. Herstellerspezifische Kommunikationsprotokolle werden durch

Protokolle auf Basis IEC 61850, die bisherigen Sternkoppler durch Ethernet-Switches er-

setzt.

Für den physikalischen Aufbau des Ethernetbusses bietet sich zum einen die Sternstruktur

(Bild 5.1), zum anderen die Ringstruktur (Bild 5.2).

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Bild 5.1 Zentraler Switch sowie sternförmiger Ethernetbus

Die Variante nach Bild 5.1 ist ein möglicher Aufbau für einfache Verteilnetzanlagen.

Bild 5.2 Verwendung einer Ethernetstruktur in Ringstruktur mit mehreren Switches

Diese aufwändigere Variante kann in Mittel- und Hochspannungsschaltanlagen mit höheren

Redundanzanforderungen eingesetzt werden. Wenn künftig auch die Schaltgeräte und die

Wandler über Schnittstellen nach IEC 61850 verfügen und angeschlossen werden können,

erfolgt der Kommunikationsverkehr aus dem Feld heraus über den Prozessbus, der in sei-

nem physikalischen Aufbau dem Stationsbus ähnelt. Über leistungsfähige Switches werden

dann Stations- und Prozessbus miteinander verbunden. Die Kommunikation der einzelnen

Buspartner wird anhand der einzelnen Dienste und Datenmodelle gesteuert.

Ethernet 100Mbit/s

Switch Switch Switch

Ethernet 100Mbit/s

Zentraler Switch

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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Der Einsatz der Switchtechnik vermeidet Kollisionen auf dem Ethernet-LAN, in dem sie zyk-

lisch kurzzeitige Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zwischen den einzelnen Busteilnehmern

durchschaltet.

Es wäre auf Grund dieser Technik auch denkbar, Stations- und Prozessbus zu einem physi-

kalischen Bus zu verschmelzen. Die Kommunikation über diesen einen Bus wird dann an-

hand der jeweiligen Dienste und Datenmodelle definiert.

Der Synchronisation aller an den Bus bzw. an die einzelnen Bussegmente angeschalteten

Komponenten hat einen hohen Stellenwert, da die Anforderungen für zeitkritische Stations-

funktionen wie Sammelschienenschutz, Parallelschaltfunktionen oder Transformator-Diffe-

rentialschutz erfüllt werden müssen.

Die zum Einsatz kommende Technik muss bei der projektbezogenen Erstinstallation auf den

zu erwartenden Kommunikationsverkehr in der Station inkl. aller möglichen Erweiterungen

ausgelegt werden. Erfolgt dies nicht, wird bei künftigen Erweiterungen der Station unter

Umständen die Bandbreite der ausgewählten Switches nicht ausreichen.

5.2.2 Bustechnologie

Damit in einem „verteilten“, über einen Bus gekoppelten Stationsautomatisierungssystem

(SAS) ein stimmiger Datenaustausch und eine korrekte Verarbeitung stattfinden kann, muss

eine exakte Synchronisation aller im System arbeitenden Komponenten gewährleistet sein.

Dies geschieht über eine Uhrzeit- und Taktsynchronisation über den Bus. Das bedeutet, dass

alle Komponenten über exakt die gleiche Uhrzeit verfügen müssen. Darüber hinaus ist für

zentrale Verarbeitungsvorgänge, wie z. B. den SS-Schutz oder die Parallelschaltfunktion zu

gewährleisten, dass miteinander korrespondierende Messwerte zur Verfügung stehen.

Beim Ethernetbus sind abhängig vom gewählten Übertragungsmedium und -geschwindigkeit

die Buslängen begrenzt. Freiluft-Schaltanlagen mit Flächenausdehnungen von 1–2 km las-

sen sich durch entsprechende Strukturierung (Switchtechnologie) mit einem Ethernetbus

ausrüsten.

Dabei ist zu beachten, dass mit Zunahme der Flächenausdehnung einer Schaltanlage auch

der technische Aufwand im Kommunikationsbereich zunimmt. Bei zusätzlichen Redundanz-

anforderungen für den Ethernetbus verdoppelt sich auch der Aufwand für die Kommunikati-

onsseite.

Der Einsatz von Switchtechnologie löst bekannte Probleme herkömmlicher Ethernetstruktu-

ren, wie z.B. Kollisionsmanagement.

Ebenso werden kurzgeschlossene Anschlüsse aktiver Busteilnehmer vom Switch aus dem

Netz herausgetrennt. Durch Aufbau eines Ethernetbusses in offener Ringstruktur wird die

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Zuverlässigkeit auch bei Ausfall eines Switches erhöht. Fällt ein Switch aus, so ist nur der

Teil des Busses betroffen, der unmittelbar auf dessen Eingangsseite - z. B. alle Komponen-

ten eines Schaltfelds - angeschlossen ist. Die restlichen Ethernetsegmente in der Station

laufen weiter.

Bei Aufbau des Ethernet-Busses in Sternstruktur führt der Ausfall des zentralen Switches

dagegen zu einem Gesamtausfall des Systems. Bei erhöhten Sicherheitsanforderungen kön-

nen die Ethernetsegmente incl. der Switches gedoppelt werden.

Auf Grund der hohen Schaltfrequenz der Switches treten dabei kaum messbare Verzögerun-

gen für die Durchreichung von Informationen auf. Diese „Durchschaltezeiten“ machen sich

erst bei mehrfacher Kaskadierung von Switches bemerkbar, d. h. hinsichtlich der geforder-

ten Echtzeitbearbeitung der Informationen in einer Station existiert deshalb auch eine obere

Grenze für die Switch-Kaskadierung.

5.2.3 Zeitverhalten

In der IEC 61850 sind diverse Angaben zum Zeitverhalten der Kommunikationsbeziehungen

zwischen Funktionen benannt.

Aus Anwendersicht hat der Systemintegrator eines Stationsautomatisierungssystems die

Gewähr dafür zu übernehmen, dass das Verhalten des gesamten Systems in der Außenwir-

kung die bekannten Anwenderforderungen erfüllt. Anwenderforderungen für die Befehlsaus-

führung, für die Melde- und Messwertverarbeitung sowie für die Durchführung von Schutz-

funktionen sind in den entsprechenden VDEW-/VDN-Empfehlungen angegeben.

5.2.4 Anforderungen aus Sicht der Funktionalitäten

Die in diesem Abschnitt genannten Anforderungen beziehen sich auf den Einsatz von neuen

Technologien. Es wird davon ausgegangen, dass konventionelle Lösungen mit Parallelanbin-

dung an den Prozess weiterhin möglich sind.

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Feldorientierte Funktionen

Schaltgeräte:

Die Schaltgeräte müssen hinsichtlich des Steuer- und Meldeumfangs entweder über eine

Anschalteinheit an den Prozessbus oder wie bisher in herkömmlicher Parallelverdrahtung an

das Feldsteuergerät oder das Schutzrelais angeschlossen werden. Vor allem bei Trenn- und

Erdungstrennschaltern stellt sich aus wirtschaftlichen Gründen die Frage, ob diese Betriebs-

mittel statt über eigene Anschalteinheiten nicht günstiger in Parallelverdrahtung an das

Feldsteuergerät angeschlossen werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, alle Schaltgeräte

in einem Feld über eine Anschalteinheit an den Prozessbus anzuschließen.

Wandler:

Mit Einführung des Prozessbusses müssen die Messwandler über eine normkonforme

Schnittstelle über eine MU an die Bustechnik anschließbar sein. Der Anschluss der Wandler

an die Zählung ist aus eichgesetztechnischen Gründen separat zu prüfen. Bei Einsatz heuti-

ger Lösungsfunktionen für die Erdschlusswischererfassung muss die Abtastrate für die Digi-

talisierung der Messgrößen bei mindestens 24 kHz liegen. Eine Differenzierung der Messgrö-

ßen nach Messung und E-Wischer-Erfassung ist aus Kostengründen zu prüfen.

Bei hohen Verfügbarkeitsanforderungen sind Prozessbus und MUs redundant auszuführen.

Die digitalen Messgrößen der Wandler Merging Unit müssen über zeitkorrelierte Abtastungen

verfügen. Die Verteilung der digitalisierten Wandlergrößen an mehrere Schutzrelais – im

Feld oder in der Station - muss ohne Auswirkungen auf die jeweilige Funktion erfolgen.

Feldübergreifende Funktionen

Sammelschienenschutz:

Um die zeitkritische Funktion eines Sammelschienenschutzes (SSS) zu realisieren, müssen

die den einzelnen Schaltfeldern zugewiesenen Feldgeräte des SSS in Zeit- und Phasenlage

synchronisierte Messwerte erhalten. Diese Synchronisation lässt mögliche Toleranzen nur in

sehr engen Grenzen zu. Die einzelnen dezentralen SSS-Feldgeräte müssen mit hoher Priori-

tät über den Bus mit dem SSS-Zentralgerät kommunizieren, um ein schnelles Abschalten im

Fehlerfall zu gewährleisten.

Parallelschaltfunktion:

Bei der Parallelschaltfunktion bestehen sowohl für die feldbezogenen, als auch für die feld-

übergreifenden Komponenten sehr hohe Anforderungen an die Synchronität der Zeit- und

Phasenlage sowie den Betrag der Messgrößen. Die Kommunikation zwischen den zu schal-

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tenden Feldern muss, ähnlich wie beim Sammelschienenschutz, mit hoher Priorität erfolgen,

um ein asynchrones Schalten zu verhindern.

Spannungsregelung für Transformatoren:

Für die richtige Funktion des Reglers ist entscheidend, dass er zeit- und phasensynchrone

Messwerte von der Ober- und Unterspannungsseite des Transformators erhält.

Im Anhang 9.2.3 sind Realisierungsbeispiele für Busstrukturen gegeben.

Umweltbedingungen für Buskomponenten orientieren sich an den Anforderungen für

Schutzeinrichtungen [10].

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6 Engineering

Der Begriff Engineering wird für Stationsautomatisierungssysteme (SAS) angewendet und

beinhaltet die technische Planung, die Errichtung und die Änderung dieser Systeme. Die we-

sentlichen Elemente des Engineering sind in den Segmenten Projektierung, Parametrierung,

Test, Diagnose, Inbetriebsetzung und Dokumentation enthalten.

In der DIN EN 61850-4 „System- und Projektverwaltung“ sind hierzu Festlegungen nur für

die Kommunikation zwischen den IED und den zugehörigen Systemen genannt. Nachfolgen-

de Anforderungen beziehen sich nicht nur auf das Engineering der Kommunikation, sondern

auf das gesamte Engineering von Stationsautomatisierungssystemen.

Dieser Normungsteil enthält auch das folgende Strukturbild eines Stationsautomatisierungs-

systems.

Bild 6.1 Strukturbild eines Stationsautomatisierungssystems

Das Engineering stellt die dargestellten Kommunikationsverbindungen und das Zusammen-

wirken der verschiedenen intelligenten elektronischen Geräte (IED) miteinander und mit der

Umgebung sicher.

IED1

IED2

IEDi

IEDj

IEDk

IEDm

IEDn

IEDx

Netzlei

tstell

e(n),

Teleko

mmunika

tion

Mensch

Primäre

inrich

tunge

n und

Hilfsein

richtu

ngen

Unterebene

Telekommunikation Schutzsignal-

übertragung

Kommuni-kation

IEDv

SAS

SAS-Umgebung

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6.1 Projektierung

In der Phase der Projektierung besteht insbesondere die Notwendigkeit die Aufgabenstellung

zu den Funktionen, den Prozessinformationen und den Systemschnittstellen zwischen dem

Anwender und dem Systemintegrator (Hersteller) abzustimmen und auszutauschen. Den

Ablauf der Projektierung unter Berücksichtigung der Betriebsphilosophie des Betreibers zeigt

Bild 6.2:

Bild 6.2 Projektierungsablauf

Durch geeignete Engineeringtools muss die Möglichkeit bestehen, dateiorientierte Anlagen-

vorgaben einschließlich der Schnittstellen zu einzelnen Geräten aufbereitet vorzugeben.

Hierbei können vorteilhaft detaillierte Vorgaben erstellt und übergeben werden, die auf CAD

Systemen (z.B. RUPLAN) basieren.

Die Flexibilität der Projektierung ist durch eine möglichst freie Zuordnung von Funktionen zu

einzelnen Geräten (IED) herstellerneutral sicherzustellen.

6.2 Parametrierung

Mit der Parametrierung wird ein konsistentes Datenmodell für den gesamten Informations-

und Funktionsumfang im SAS erzeugt verwaltet und dokumentiert. Die Parameter lassen

sich in die Kategorien Systemparameter, Funktionsparameter und Prozessparameter eintei-

len. Neben den bisher bekannten Anforderungen sind folgende gewünschte Bedingungen mit

dem Hersteller abzustimmen:

Projektierung

Checkliste für- Prozesssignale- Funktionalität

Hardwarekonfiguration

Dokumentation

Hardwaredokumentation

ParameterdokumentationParameterfestlegung

Quellendatensatz

Prozessdatenliste

Stationsautomati-sierungssystem

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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•= Intelligente Systemarchitektur mit automatischer Anmeldung und Konfiguration von

Systemkomponenten.

•= Die Parametriertools beinhalten eine benutzergeführte Bedienung die selbsterklärend

und graphisch ist.

•= Das Handling des gemischten Einsatzes von IED ist durch herstellerneutrale Para-

metrierwerkzeuge zu ermöglichen.

•= Die Möglichkeit zur Online-Parametrierung ist vorzusehen.

•= Übergreifende Systemparameter werden auf Basis der einheitlichen Kommunikati-

onsnorm ausgetauscht und die Datenkonsistenz sichergestellt.

6.3 Inbetriebsetzung, Test und Diagnose

Der Nachweis der Funktionsfähigkeit des SAS wird durch Test und Diagnose erbracht und ist

Voraussetzung für die Inbetriebsetzung. Die effektive Abwicklung dieser drei Projektschritte

erfordert die Integration dieser Aufgaben in Engineeringtools. Hierzu bestehen folgende An-

wenderforderungen:

•= Komfortable Simulierung von Parametern und Daten einschließlich automatisierter

Prüfprozeduren

•= Durchgängige Prüfbarkeit des Gesamtsystems bis zu den Systemgrenzen. Detaillierte

Prüfanforderungen sind in [2, 10] gegeben.

6.4 Dokumentation

In der IEC 61850-4 wird die Forderung nach einem Dokumentationstool gestellt, mit der

Zielstellung, eine einheitliche Dokumentation der Hardware und der Software zu erreichen.

Seitens der Anwender ergibt sich eine Übergangsphase von einer Signal orientierten Dar-

stellung der Rangier- und Parametrierlisten auf eine Dokumentation in Objektorientierung.

Hierzu besteht die Notwendigkeit der Unterstützung in Form einer Konvertierung der Daten.

Eine Reduzierung des Aufwandes wird aus Anwendersicht in der Umsetzung folgender An-

forderungen gesehen:

•= Durch den Systemintegrator ist eine durchgängige Dokumentation des Gesamtsys-

tems sicherzustellen

•= Verknüpfung der Hardwaredokumentation mit der Parameterdokumentation

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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6.5 Zusammenfassung / Ausblick

Der Einsatz der neuen Kommunikationsnorm IEC 61850 schafft lediglich die Voraussetzung

für einen effektiven und einheitlichen Informationsaustausch im Stationsautomatisierungs-

system. Das Engineering und insbesondere das gewünschte herstellerneutrale Systemengi-

neering erfordern eine Erweiterung der Projektierungs- und Parametrierwerkzeuge.

Die Komplexität und die Produktvielfalt lassen hierbei zwei grundsätzliche Wege zu. Der

Systemintegrator implementiert in seinem Engineeringtool die Geräteanbindung anderer

Hersteller oder es werden Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Engineeringtools defi-

niert und angewendet. Für beide Wege wird im Teil 6 der IEC 61850 ein Standard-

Dateiformat (SCL) definiert mit dem es möglich ist Konfigurationsdateien zwischen ver-

schiedenen Parametriertools auszutauschen. Setzt man voraus, dass auch zukünftig für ein-

zelne Geräte herstellerspezifische Parametrierwerkzeuge benötigt werden, dann ergibt sich

Abstimmungsbedarf zu dem Parameterumfang der in der Konfigurationsdatei enthalten sein

muss.

Bild 6.3 Schnittstellen zwischen Hersteller- und Anwenderspezifikationen

Ein herstellerunabhängiges Engineering (Bild 6.3) bedeutet für den Anwender die Spezifika-

tion seines SAS konkret vorzugeben. Eine automatisierte Datenübernahme durch den Liefe-

ranten führt dann zur angestrebten Aufwandsreduktion.

IEC 61850

Regeln Regeln

SystemKonfigurator

GeräteKonfigurator

Stations-leittechnik-

konzept

ProjektSpezifikation

Anwender-Projektierungs-Werkzeug

Geräte-Daten-basis

Anwender-spezifikation

Systemspezifikationdes SAS-Lieferanten

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7 Kostenbetrachtung zur Stationsleittechnik mit IEC

61850

7.1 Wirtschaftliches Umfeld

Die Investitionen im Geschäftsfeld Netz und damit auch die Lösungen in der Stationsauto-

matisierung werden immer stärker durch den wachsenden Kostendruck der Netzbetreiber

geprägt. Die Investitionskosten für Neu- und Ersatzbau oder für Substanzerhaltungsmaß-

nahmen unterteilen sich dabei in die direkten Anschaffungskosten und in die Betriebskosten

über die Lebensdauer des Wirtschaftsgutes.

Zu den Anschaffungskosten für die Stationsautomatisierung tragen, neben den Geräteprei-

sen, im zunehmenden Maße die personalintensiven Tätigkeiten bei. Dazu gehören das Engi-

neering, die Dokumentation, die Parametrierung, die Verdrahtung und Montage, sowie die

Inbetriebnahme der Anlage.

Der zweite wesentliche Anteil, die Betriebskosten, muss über die gesamte Lebensdauer der

Stationsleittechnik bewertet werden.

Trotz des bestehenden Kostendruckes bei den zu tätigenden Investitionen bleiben die hohen

Anforderungen an Verfügbarkeit und sicheren Betrieb seitens der Netzbetreiber bestehen.

Des Weiteren besteht die Forderung nach moderner Technologie in langlebigen Produkten

und Systemen.

Aus diesem wirtschaftlichen Umfeld heraus, ergeben sich in Hinblick auf den Einsatz einer

Stationsleittechnik auf Basis der IEC 61850 zwangsläufig Fragen:

•= Welche Kostenvorteile bietet der Einsatz der IEC 61850?

•= Welche Einsparpotentiale eröffnet der Einsatz der IEC 61850?

•= Liegen die Kostenvorteile / Einsparpotentiale in der Sekundärtechnik?

•= Liegen die Kostenvorteile / Einsparpotentiale in der Kombination von Primärtechnik

und Sekundärtechnik?

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7.2 Entwicklung der Stationsleittechnik

Das Schaubild zeigt die Entwicklung der klassischen Fernwirktechnik über die Stationsleit-

technik hin zur Leittechnik mit IEC 61850.

Bild 7.1 Zeitliche Entwicklung stationsbezogener Leittechnik

Ausgehend vom Schaltanlagenbestand und seiner deutlich höheren Lebensdauer gegenüber

der Sekundärtechnik, wird gerade in der Einführungsphase der IEC 61850 der Austausch der

in der Substanz verbrauchten Schutz- und Leittechnik vorherrschend sein. In diesem Fall

wird auf der bestehenden sekundärtechnischen Verkabelung zwischen Stationsgebäude bzw.

Relaishaus und Schaltanlage aufgebaut und eine Stationsleittechnik ohne Prozessanbindung

zur Anwendung kommen. Im Gegensatz dazu wird die Stationsleittechnik mit Prozessanbin-

dung für Neu- und Ersatzbau von Umspannwerken eingesetzt werden.

Aus diesen Gründen erscheint es sinnvoll bei der Kostenbetrachtung in eine Erneuerung der

Stationsleittechnik mit und ohne Prozessbusanbindung zu unterschieden.

7.3 Kostenvorteile/Einsparpotentiale bei Einsatz der IEC 61850

Für die Leittechnik gem. IEC 61850 liegen heute noch keine listenbasierten Preise vor.

Aus diesem Grund orientiert sich der Kostenvergleich an der tendenziellen Entwicklung von

Kostenblöcken relativ zwischen den derzeitigen Lösungen und der Lösung nach IEC 61850.

GesternMosaiktafel

StörschreiberSchutz

Fernwirkgerät

ParallelverdrahtungFeld

Heute Morgen Zukunft

Stationsleitgerät

andere Felder

Serielle Verbindung

Parallelverdrahtung

Feld

Zur NLS

Gateway Stationsbus

Felder

Zur NLS

Proßessbus

Stationsbus

Zur NLS

Felder

B&B B&B B&B

Parallelverdrahtung

GesternMosaiktafel

StörschreiberSchutz

Fernwirkgerät

ParallelverdrahtungFeld

Heute Morgen Zukunft

Stationsleitgerät

andere Felder

Serielle Verbindung

Parallelverdrahtung

Feld

Zur NLS

Gateway Stationsbus

Felder

Zur NLS

Proßessbus

Stationsbus

Zur NLS

Felder

B&B B&B B&B

Parallelverdrahtung

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Die nachstehende Tabelle zeigt eine Abschätzung von prozentualen Kostenanteilen einzelner

Gewerke und Leistungen am Beispiel einer 110kV-Freiluftschaltanlage mit 10 Schaltfeldern.

Tabelle 7.1 Tendenz der Kostenentwicklung

Gewerk / Leistung

Kostenanteil (%)

Kostenanteil IEC 61850 ohne

Prozessbusanbindung

Kostenanteil IEC 61850 mit

Prozessbusanbindung

Schaltanlage

50

Schutztechnik

6

Leittechnik

6

Dokumentation

8

Parametrierung

3

Steuerkabel incl. Montage

7

Montage (Schaltanlage)

13

Eigenbedarf

1,5

Inbetriebnahme

4

Sonstiges

1,5

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7.4 Zusammenfassung

Mit dem Einsatz der IEC 61850 ist nicht automatisch von einer Reduzierung der Kosten aus-

zugehen. Besonders in der Einführungsphase werden die Hersteller ihre bestehenden Gerä-

teplattformen an die Anforderungen der IEC 61850 anpassen. Dadurch werden sich zunächst

Funktionsblockungen und Anlagenkonfigurationen ergeben, wie sie aus den heute bestehen-

den Stationsleittechniken bekannt sind.

Erst die nachfolgenden Produktreihen, sowie die

•= Einbindung intelligenter Schaltgeräte und

•= nichtkonventioneller Wandler

in die IEC 61850 werden alle Vorteile und Möglichkeiten der neuen Norm Stück für Stück er-

öffnen.

Auch werden die erwarteten Vorteile in Hinblick auf

•= durchgängiges, wieder verwendbares Engineering,

•= eine Reduzierung des Montageaufwandes,

•= eine verkürzte Inbetriebnahme,

•= Test- und Diagnose über Internet-Technologien (Browser, etc. ),

•= die Durchgängigkeit zur Netzleitstelle (SCA),

•= einen weltweiten Standard und damit einer Kostenreduzierung durch den Wettbe-

werb,

erst mit zunehmender Anwendung und Verbreitung des neuen Standards nach und nach

wirksam werden.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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8 Quellen- und Literaturverzeichnis, Begriffsdefinition

8.1 Literatur

[1] Integrierte Leittechnik in Stationen - Modell für Mittel-, Hoch- und Höchstspannungs-

stationen, Teil der VDEW-Empfehlung "Netzleitsysteme in Elektrizitätsversorgungsun-

ternehmen (EVU) und des VDEW-Ringbuches "Schutztechnik"

VWEW Verlags- und Wirtschaftsgesellschaft der Elektrizitätswerke m.b.H., Frankfurt,

1987 bzw. 1988

[2] VDEW-Empfehlung "Digitale Stationsleittechnik"

VWEW Verlags- und Wirtschaftsgesellschaft der Elektrizitätswerke m.b.H., Frankfurt,

1995

[3] VDEW-Empfehlung "Digitale Stationsleittechnik - Ergänzende Empfehlungen zur An-

wendung in Verteilnetzstationen"

VWEW Verlags- und Wirtschaftsgesellschaft der Elektrizitätswerke m.b.H., Frankfurt,

1. Ausgabe 1998

[4] VDEW/ZVEI-Empfehlung zur seriellen Schnittstelle des Feldschutzes in integrierten

Stationsleitsystemen der elektrischen Elektrizitätsversorgungsunternehmen, 1. Aus-

gabe 1993

VWEW Verlags- und Wirtschaftsgesellschaft der Elektrizitätswerke m.b.H., Frankfurt,

1993

[5] IEC 61850 "Communication Networks and Systems in Substations", Teil 1 bis 10.

[6] Dinges, R.: "IEC 61850 - Kommunikationssysteme für die Stationsautomatisierung"

Tagungsband der FGH/VDEW-Fachtagung "Kommunikationsnormung für die Schutz-

und Stationsleittechnik; IEC 61850 – Der Weg in die Praxis", 11./12.03.2003 in

Mannheim

[7] Bittner, G.: „Workshop der Automatisierungstechnik“. Franzis-Verlag, 1999

[8] Gutt, U., Hoppe-Oehl, H., Hylla, H.-J. : "Offene Systeme Ein Lösungsansatz für die

Stationsautomatisierung ?!", Tagungsband der FGH/VDEW-Fachtagung "Kommunika-

tionsnormung in der Stationsleittechnik", November 2000

[9] Haude, J.: „Protokollwissen unnötig“. Tagungsband der FGH/VDN-Fachtagung

„Kommunikationsnormung für die Schutz- und Stationsleittechnik“ am 11./12. März

2003 in Mannheim

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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[10] VDN-Richtlinie für digitale Schutzsysteme, November 2003

8.2 Links zu Homepages

FGH: www.fgh.rwth-aachen.de/verein/default.htm

VDN: www.vdn-berlin.de

DKE: www.dke.de/de/facharbeit/mitteilungen/iec61850.htm

SCC: www.scc-online.de

8.3 Tagungsbände

- FGH/VDEW-Fachtagung „Kommunikationsnormung in der Stationsleittechnik“ am 14./15.

November 2000 in Eisenach

- Internationaler ETG-Kongress 2001 am 23./24. Oktober 2001 in Nürnberg

- FGH/VDN-Fachtagung „Kommunikationsnormung für die Schutz- und Stationsleittechnik“

am 11./12. März 2003 in Mannheim

- VDN/FGH/VDE-Fachtagung „Schutz- und Leittechnik“ am 10./11.Februar 2004 in Jena

8.4 Begriffe und Abkürzungen

In der IEC 61850 sind im Teil 2 „Glossary“ die im gesamten Standard verwendeten Begriffe

und Abkürzungen definiert.

Für diese Unterlage wurden folgende Begriffe und Abkürzungen verwendet.

8.4.1 Begriffe

Anschalteinheit Schnittstelle einer Primärgerätekomponente zum Stationsautomatisie-

rungssystem

Austauschbarkeit [en: interchangeability] Möglichkeit, ein Gerät desselben oder ver-

schiedener Hersteller zu ersetzen, wobei dieselbe Kommunikations-

schnittstelle genutzt wird mit mindestens derselben Funktionalität und

ohne Auswirkung auf den Rest des Systems. Sind Unterschiede in der

Funktionalität zulässig, können auch Änderungen an anderen Stellen

im System erforderlich sein. Austauschbarkeit erfordert die Normung

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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von Funktionen und streng genommen auch von Geräten. Beide Anfor-

derungen liegen außerhalb des Anwendungsbereiches der Normreihe

IEC 61850.

Feldbus Serieller Bus zur Verbindung von lokaler Prozessperipherie

Interoperabilität [en: interoperability] Fähigkeit zweier oder mehrerer intelligenter e-

lektronischer Geräte desselben oder verschiedener Hersteller, Informa-

tionen auszutauschen und diese für ein bestimmungsgemäßes Zusam-

menwirken zu nutzen. Interoperabilität ist Voraussetzung für Aus-

tauschbarkeit

Systemintegrator Lieferant schlüsselfertiger SAS Anlagen

8.4.2 Abkürzungen

FAT [eng: factory acceptance test] Werkabnahmeprüfung

IED [eng: intelligent electronic device] intelligentes elektronisches Gerät

LN [eng: logical node] logischer Knoten; kleinster Teil einer Funktion, der Daten aus-

tauscht

MU [eng: merging unit] Verarbeitungseinheit zur Erfassung analoger Strom- und

Spannungsmesswerte und Erzeugung digitaler zeitsynchroner Momentanwerte

SAS [eng: substation automation system] Stationsautomatisierungssystem

SCL [eng: substation configuration description language] Stationskonfigurationsbe-

schreibung

TCP/IP [eng: transmission control protocol/internet protocol] Protokollelemente der Ver-

mittlungsschicht und der Transportschicht nach dem Standard der offenen Netz-

werkkommunikation

XML [eng: extensible markup language] erweiterte Dokumentenauszeichnungssprache

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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9 Anhang

9.1 Anhang zu Kapitel 4

9.1.1 Einleitung und Erläuterungen zu den Tabellen

Der Funktionsumfang, der in den heutigen Schutz- und Leittechnikeinrichtungen realisiert

ist, orientiert sich an den Anforderungen, die in bisherigen VDN-Empfehlungen beschrieben

sind.

IEC 61850 hat den Funktionsumfang der Schutz- und Leittechnik in logische Knoten (Logical

Nodes, LN) strukturiert.

In den folgenden Tabellen wird eine Zuordnung der logischen Knoten aus IEC 61850 zu den

bisherigen Funktionen aus Sicht der Anwender vorgenommen. Darüber hinaus soll die übli-

che Anwendung dieser Funktionen in den diversen Feldtypen (Leitungsfeld, Transformator-

feld, ...) beispielhafter Schaltanlagen gezeigt werden. Die Tabellen sind nicht als Forderung

oder Vorgabe zu verstehen, sie sollen dem Anwender lediglich Leitlinien an die Hand geben.

Die tatsächliche Auswahl der Funktionen und ihrer Redundanz ist an den jeweiligen Netz-

und Anlagengegebenheiten auszurichten.

Je Feldtyp sind die relevanten Funktionen genannt. Die Funktionen sind nach Aufgabenge-

bieten (z.B. Steuerung, Schutzfunktionen, usw.) sortiert und zur besseren Handhabung

durchnummeriert. Den einzelnen Funktion sind die jeweils relevanten Logical Nodes (LN)

zugeordnet. Die mit "*" gekennzeichneten Schutzfunktionen sollten gerätetechnisch mit den

Hauptschutzfunktionen (Kennzeichen "+") verbunden sein, da sie funktionell eng mit diesen

verknüpft sind. In der Spalte „Messwerte für Schutz“ sind die für diese Funktion notwendi-

gen Messwerte und ihre Mindestabtastfrequenz aufgeführt. Diese Information ist für den Be-

zug zu den Messwandlern und die Dimensionierung der Busankopplung von Bedeutung.

In den rechten Spalten ist ein heute in den jeweiligen Netzen üblicher Vorschlag für den Ein-

satz von Funktionen und ggf. die Gestaltung der Redundanz, aufgeteilt nach Spannungs-

ebenen gemacht. Redundanzanforderungen (in den Tabellen sind in diesen Fällen jeweils

zwei Spalten je Spannungsebene zu finden) sind speziell im Bereich der Schutzfunktionen

vorhanden. Hierbei ist von einer physikalischen Redundanz der Schutzsysteme 1 und 2 aus-

zugehen. Die Bedeutung der Zeichen sind in den Tabellen jeweils unten erläutert. So bedeu-

tet ein "X" unter SY1 und unter SY2 zum Beispiel, dass in diesem Fall üblicherweise die

Funktion aus Redundanzgründen gedoppelt wird. Sollte dagegen unter SY2 lediglich ein "O"

zu finden sein, so ist die redundante Ausführung lediglich als optionale Möglichkeit bei be-

sonderen Anforderungen zu verstehen. Es ist zu beachten, dass im Bereich der Schutzfunk-

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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tionen in den Zeilen häufig alternative Schutzfunktionen genannt werden, so dass nicht jede

Zeile gleichzeitig zur Anwendung kommen muss. Umgekehrt lässt sich durch die Kombinati-

on unterschiedlicher Schutzfunktionen (z.B. Leitungsdifferentialschutz und Distanzschutz)

eine entsprechende Redundanz erreichen.

In Tabelle 9.8 sind die in den Tabellen verwendeten Abkürzungen erläutert.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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9.1.2 Tabellen zur Funktionszuordnung in verschiedenen Feldtypen

Tabelle 9.1 Leitungsfeld Spannungsebene

Mittel-Spg. Hoch-Spg.

Höchst-Spg. Mess- werte für Schutz

Nummer

Logical Nodes

Funktion

SY1 SY2 SY1 SY2 SY1 SY2 Schutzfunktionen:

1 L 1 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, ggf. RBRF UMZ (ungerichtet) + X O - - - - 2 L 2 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, PSDE, PDIR, RDIR, RFLO, ggf.

RBRF gerichteter UMZ + X O - - - -

2 L 3 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, PDIS, PDIR, RDIR, RFLO, ggf. RPSB, RBRF Distanzschutz + X O X O X X

3 L 4 LLN0, PTRC, PDIF, MDIF, ggf. RBRF Ltg.-Differentialschutz + O - O O X O 4 L 5 LLN0, PTRC, PTOV 3Uo-Schutz * - - - O - O L 6 LLN0, PSCH Signalvergleich * O - O - X O L 7 LLN0, RREC AWE 1-polig * - - O O X O L 8 LLN0, RREC AWE 3-polig/1-u.2-mal * X O X O - -

2 L 9 LLN0, PDEF, PDIR wattmetrische Erdschlusserfas-sung X - -

5 L 10 LLN0, PTEF Wischer Erdschlusserfassung O X - 2 L 11 LLN0, PSDE Admittanz-Erdschlusserfassung O - - 1 L 12 LLN0, PSDE Erdschlusserfassung durch Puls-

ortung O - -

2 L 13 LLN0, PSDE Erdschlusserfassung durch Klirr-faktor O - -

2 L 14 LLN0, PTRC, PHIZ, RDIR SUR (Nullleistungsrichtungs-schutz) O O O

2 L 15 LLN0, PTRC, PDOP Überlastschutz (thermisch) O O O 4 L 16 LLN0, PTRC, PTOV, PTUV Spannungsschutz (Über- und

Unterspg.) O O O

2 L 17 LLN0, PTRC, PDOP, PDUP, RFLO Leistungsrichtungsschutz * O O O 6 LLN0, RSYN Synchro-Check * O O X

2 / 5 L 19 LLN0, RDRE, RADR, RBDR, RDRS Störschreiber X X X Meldungen:

L 20 CSWI, CILO, GAPC, GGIO, SARC, SIMG, SIML, XCBR,

XSWI, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZSAR , ZCAP, ZBAT

Übernahme vom Prozess X X X

L 21 STF Zeitzuordnung X X X L 22 STF Unterdrückung Flattermeldungen X X X L 23 STF Unterdrückung kurzzeitiger Mel-

dungen X X X

L 24 AWF Störstellungs-Unterdrückung X X X L 25 AWF (ggf. GGIO) Sammelmeldungsbildung O O O L 26 AWF Bereitstellung der Detailinformati-

onen X X X

L 27 AWF Verarbeitung von Zeitinformatio-nen X X X

L 28 AWF (ggf. GGIO) Erzeugung Schalterfallmeldung O O O L 29 AWF Erzeugung akustischer Signale O O O STF Verwaltung von Meldeabbildern X X X L 31 STF/ AWF Bearbeitung von Generalabfragen X X X

Messwerte:

L 32 GGIO, ATCC, MMXN, MMXU, SIMG, SIML, SPDC, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZBSH, MHAI, MHAN Übernahme vom Prozess X X X

L 33 AWF Umrechnung O O O L 34 MMXN, MMXU Berechnung von Wirk- und Blind-

leistung O X X

L 35 GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ARCO, AVCO, MSTA Grenzwert-Überwachung O O O

GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH Messwertberuhigung X X X

L 37 GGIO, MMXU, MSQI Unsymmetrie-Überwachung O O O Steuerung:

L 38 RSYN, CSWI, CILO, GAPC, GGIO, XCBR, XSWI, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Einzelsteuerung, Befehlsausgabe X X X

L 39 AWF Doppelbetätigungssperre X X X L 40 AWF Befehlslaufzeit-Überwachung X X X L 41 AWF (ggf. GAPC) Schaltfolgen O O O L 42 RSYN, CPOW Parallelschalten O O O L 43 CILO Feld- / Anlagenverriegelung O X X L 44 RSYN, GAPC, GGIO Zulässigkeitsprüfungen O O O

Systemaufgaben / Sonstige Funktionen:

L 45 STF Zeitsynchronisierung X X X L46 STF Informationssperren X X X

L 47 AWF/ STF Konfiguration für den Betrieb der SLT X X X

L 48 AWF (ggf. ZAXN) Systemauskunft X X X L 49 STF Selbstüberwachung X X X

Sonstige Funktionen:

L 50 MMTR Zählwerterfassung O O O L 61 AWF Protokollierung O O O

L52 AWF Störwerterfassung O O O

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Bedienen und Anzeigen:

L 53 CSWI, CILO, GAPC, GGIO, XCBR, XSWI, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Steuerung von Geräten X X X

L 54 GAPC, GGIO Steuerung allgemein O O O L 55 AWF Informationssperren O O O L 56 GSAL, IHMI, ITCI, ITMI Systembedienungen O O O L 57 CSWI, CILO, GAPC , GGIO, Umschaltung Ort / Fern O O O L 58 CSWI, GAPC, GGIO Anzeige von Geräterückmeldung X X X L 59 GAPC, GGIO, CALH Anzeige von Warn- und Störmel-

dungen X X X

L 60 MMXN, MMXU, GGIO, ATCC Anzeige von Messwerten X X X L 61 STF Baugruppenstörung (Komponen-

tenstörung) X X X

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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Tabelle 9.2 Kupplung Messwerte für Schutz Spannungsebene

Mittel-Spg. Hoch-Spg. Höchst-Spg.

Nummer Logical Nodes Funktion

SY1 SY2 SY1 SY2 SY1 SY2

Schutzfunktionen: 1 K 1 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, ggf. RBRF UMZ + O O - - 2 K 2 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, PDIS, PDIR, RDIR, RFLO, ggf.

RPSB, RBRF Distanzschutz + O O X O

4 K 3 LLN0, PTRC, PTOV 3Uo-Schutz * - O - 2 K 4 LLN0, PTRC, PHIZ, RDIR SUR (Nullleistungsrichtungs-

schutz) O O X

K 5 LLN0, RREC AWE * - O O 6 K 6 LLN0, PTRC, PHIZ, RDIR Synchro-Check * - O O

2 / 5 K 7 LLN0, RDRE, RADR, RBDR, RDRS Störschreiber - O O

Meldungen: K8 CSWI, CILO, GAPC, GGIO, SARC, SIMG, SIML, XCBR,

XSWI, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZSAR , ZCAP, ZBAT

Übernahme vom Prozess X X X

K9 STF Zeitzuordnung X X X K10 STF Unterdrückung Flattermeldungen X X X K11 STF Unterdrückung kurzzeitiger Mel-

dungen X X X

K12 AWF Störstellungs-Unterdrückung X X X K13 AWF (ggf. GGIO) Sammelmeldungsbildung O O O K14 AWF Bereitstellung der Detailinformati-

onen X X X

K15 AWF Verarbeitung von Zeitinformatio-nen X X X

K16 AWF (ggf. GGIO) Erzeugung Schalterfallmeldung O O O K17 AWF Erzeugung akustischer Signale O O O K18 STF Verwaltung von Meldeabbildern X X X K19 STF/ AWF Bearbeitung von Generalabfragen X X X

Messwerte: K20 GGIO, ATCC, MMXN, MMXU, SIMG, SIML, SPDC, TCTR,

TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZBSH, MHAI, MHAN Übernahme vom Prozess X X X

K21 AWF Umrechnung O O O K22 MMXN, MMXU Berechnung von Wirk- und Blind-

leistung O X X

K23 GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ARCO, AVCO, MSTA Grenzwert-Überwachung O O O

K24 GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH Messwertberuhigung X X X

K25 GGIO, MMXU, MSQI Unsymmetrie-Überwachung O O O Steuerung: K26 RSYN, CSWI, CILO, GAPC, GGIO, XCBR, XSWI, YPTR,

YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Einzelsteuerung, Befehlsausgabe X X X

K27 AWF (Dienste) Doppelbetätigungssperre X X X K28 AWF (Gerätebene) Befehlslaufzeit-Überwachung X X X K29 AWF (ggf. GAPC) Schaltfolgen O O O K30 RSYN, CPOW Parallelschalten O O O K31 CILO Feld- / Anlagenverriegelung O X X K32 RSYN, GAPC, GGIO Zulässigkeitsprüfungen O O O

Systemaufgaben / Sonstige Funktionen: K33 STF Zeitsynchronisierung X X X K34 STF Informationssperren X X X K35 AWF/ STF Konfiguration für den Betrieb der

SLT X X X

K36 AWF (ggf. ZAXN) Systemauskunft X X X K37 STF Selbstüberwachung X X X

Sonstige Funktionen:

K38 MMTR Zählwerterfassung O O O K39 AWF Protokollierung O O O K40 AWF Störwerterfassung O O O

Bedienen und Anzeigen:

K41 CSWI, CILO, GAPC, GGIO, XCBR, XSWI, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Steuerung von Geräten X X X

K42 GAPC, GGIO Steuerung allgemein O O O K43 AWF Informationssperren O O O K44 GSAL, IHMI, ITCI, ITMI Systembedienungen O O O K45 CSWI, CILO, GAPC , GGIO Umschaltung Ort / Fern O O O K46 CSWI, GAPC, GGIO Anzeige von Geräterückmeldung X X X K47 GAPC, GGIO, CALH Anzeige von Warn- und Störmel-

dungen X X X

K48 MMXN, MMXU, GGIO, ATCC Anzeige von Messwerten X X X K49 STF Baugruppenstörung (Komponen-

ten-störung) X X X

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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Tabelle 9.3 EB-Feld

Spannungsebene Messwerte für Schutz

Nummer

Logical Nodes Funktion

Mittel-Spg. Hoch-Spg. Höchst-Spg.

Schutzfunktionen:

1 EB 1 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, ggf. RBRF UMZ + X EB 2 LLN0, PTRC, SIMS Buchholzschutz O EB 3 LLN0, PTRC, PTTR Temperaturgefahr O

Meldungen:

EB4 CSWI, CILO, GAPC, GGIO, SARC, SIMG, SIML, XCBR, XSWI, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZSAR , ZCAP, ZBAT Übernahme vom Prozess X

EB5 STF Zeitzuordnung X

EB6 STF Unterdrückung Flattermel-dungen X

EB7 STF Unterdrückung kurzzeitiger Meldungen X

EB8 AWF Störstellungs-Unterdrückung X EB9 AWF (ggf. GGIO) Sammelmeldungsbildung O

EB10 AWF Bereitstellung der Detailin-formationen X

EB11 AWF Verarbeitung von Zeitinfor-mationen X

EB12 AWF (ggf. GGIO) Erzeugung Schalterfallmel-dung O

EB13 AWF Erzeugung akustischer Signale O

EB14 STF Verwaltung von Meldeabbil-dern X

EB15 STF/ AWF Bearbeitung von Generalab-fragen X

Messwerte:

EB16 GGIO, ATCC, MMXN, MMXU, SIMG, SIML, SPDC, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZBSH, MHAI, MHAN Übernahme vom Prozess O

EB17 GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH Messwertberuhigung O

Steuerung:

EB18 RSYN, CSWI, CILO, GAPC, GGIO, XCBR, XSWI, YPTR, YLTC, YEFN,

YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Einzelsteuerung, Be-fehlsausgabe X

EB19 AWF Doppelbetätigungssperre X

EB20 AWF Befehlslaufzeit-Überwachung X

EB21 AWF (ggf. GAPC) Schaltfolgen O EB22 CILO Feld- / Anlagenverriegelung O EB23 RSYN, GAPC, GGIO Zulässigkeitsprüfungen O

Systemaufgaben / Sonstige Funktionen:

EB24 STF Zeitsynchronisierung X EB25 STF Informationssperren X

EB26 AWF/ STF Konfiguration für den Betrieb der SLT X

EB27 AWF (ggf. ZAXN) Systemauskunft X EB28 STF Selbstüberwachung X

Sonstige Funktionen:

EB29 MMTR Zählwerterfassung O EB30 AWF Protokollierung O EB31 AWF Störwerterfassung O

Bedienen und Anzeigen:

EB32 CSWI, CILO, GAPC, GGIO, XCBR, XSWI, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Steuerung von Geräten X

EB33 GAPC, GGIO Steuerung allgemein O EB34 AWF Informationssperren O EB35 GSAL, IHMI, ITCI, ITMI Systembedienungen O EB36 CSWI, CILO, GAPC , GGIO Umschaltung Ort / Fern O

EB37 CSWI, GAPC, GGIO Anzeige von Geräterück-meldung X

EB38 GAPC, GGIO, CALH Anzeige von Warn- und Störmeldungen X

EB39 MMXN, MMXU, GGIO, ATCC Anzeige von Messwerten X

EB40 STF Baugruppenstörung (Kom-ponentenstörung) X

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Tabelle 9.4 feldübergreifende Anlagen

1 FÜ1 LLN0, PTRC, PDIF Sammelschienenschutz + O O X

Steuerungen übergeordnet: FÜ2 AWF Unterdrückung abhängiger Mel-

dungen X X X

FÜ3 GGIO, MSTA, MMXU Meßwertsummierung O O O FÜ4 GGIO, MSTA, MMXU Integration O O O FÜ5 GGIO, MSTA, MMXU Minimal- / Maximalwertermittlung O O O FÜ6 AWF Ersatzwertzuweisung O O O FÜ7 GAPC Umschaltautomatiken X X X FÜ8 AWF (ggf. GAPC) Automatische Quittierung X X X FÜ9 IARC Archivierung X X X FÜ10 AWF Protokollierung X X X FÜ11 AWF (ggf. ITCI, ITMI) Protokollwandlung X X X FÜ12 CILO Anlagenverriegelung O O O FÜ13 CSWI, CILO, GAPC , GGIO Umschaltung Ort / Fern O O O

Spannungsebene Messwertefür Schutz Nummer Logical Nodes Funktion Mittel-Spg. Hoch-

Spg. Höchst-Spg.

Schutzfunktionen:

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Tabelle 9.5 Übergabe- & Einspeisefeld

1 Ü 1 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, ggf. RBRF UMZ + X - - -

2 Ü 2 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, PDIS, PDIR, RDIR, RFLO, ggf. RPSB, RBRF Distanzschutz + O X X O

2 Ü 3 LLN0, PTRC, PDOP, PDUP, RFLO Leistungsrichtung * O O O 2 Ü 5 LLN0, PTRC, PPAM Vektorsprung O - - 2 Ü 6 LLN0, PTRC, PDOP Überlastschutz (thermisch) O O O 4 Ü 7 LLN0, PTRC, PTOV, PTUV Spannungsschutz (Über- und Unterspg.) O O O 2 Ü 8 LLN0, PDEF, PDIR wattmetrische Erdschlusserfassung X - - 5 Ü 9 LLN0, PTEF Wischer Erdschlusserfassung O X - 2 Ü 10 LLN0, PSDE Admitanz-Erdschlusserfassung O - - 1 Ü 11 LLN0, PSDE Erdschlusserfassung durch Pulsortung O - - 2 Ü 12 LLN0, PSDE Erdschlusserfassung durch Klirrfaktor O - -

2 / 5 Ü13 LLN0, RDRE, RADR, RBDR, RDRS Störschreiber O O O Meldungen

Ü14 CSWI, CILO, GAPC, GGIO, SARC, SIMG, SIML, XCBR, XSWI, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZSAR , ZCAP, ZBAT

Übernahme vom Prozess X X X

Ü15 STF Zeitzuordnung X X X Ü16 STF Unterdrückung Flattermeldungen X X X Ü17 STF Unterdrückung kurzzeitiger Meldungen X X X Ü18 AWF Störstellungs-Unterdrückung X X X Ü19 AWF (ggf. GGIO) Sammelmeldungsbildung O O O Ü20 AWF? Bereitstellung der Detailinformationen X X X Ü21 AWF Verarbeitung von Zeitinformationen X X X Ü22 AWF (ggf. GGIO) Erzeugung Schalterfallmeldung O O O Ü23 AWF Erzeugung akustischer Signale O O O Ü24 STF Verwaltung von Meldeabbildern X X X Ü25 STF/ AWF Bearbeitung von Generalabfragen X X X

Messwerte:

Ü26 GGIO, ATCC, MMXN, MMXU, SIMG, SIML, SPDC, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZBSH, MHAI, MHAN Übernahme vom Prozess X X X

Ü27 AWF Umrechnung O O O Ü28 MMXN, MMXU Berechnung von Wirk- und Blindleistung O X X

Ü29 GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ARCO, AVCO, MSTA Grenzwert-Überwachung O O O

Ü30 GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH Messwertberuhigung X X X

Ü31 GGIO, MMXU, MSQI Unsymmetrie-Überwachung O O O Steuerung:

Ü32 RSYN, CSWI, CILO, GAPC, GGIO, XCBR, XSWI, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Einzelsteuerung, Befehlsausgabe X X X

Ü33 AWF (Dienste) Doppelbetätigungssperre X X X Ü34 AWF (Gerätebene) Befehlslaufzeit-Überwachung X X X Ü35 AWF (ggf. GAPC) Schaltfolgen O O O Ü36 RSYN, CPOW Parallelschalten O O O Ü37 CILO Feld- / Anlagenverriegelung O X X Ü38 RSYN, GAPC, GGIO Zulässigkeitsprüfungen O O O

Systemaufgaben / Sonstige Funktionen:

Ü39 STF Zeitsynchronisierung X X X Ü40 STF Informationssperren X X X Ü41 AWF/ STF Konfiguration für den Betrieb der SLT X X X Ü42 AWF (ggf. ZAXN) Systemauskunft X X X Ü43 STF Selbstüberwachung X X X

Sonstige Funktionen:

Ü44 MMTR Zählwerterfassung O O O Ü45 AWF Protokollierung O O O Ü46 AWF Störwerterfassung O O O

Bedienen und Anzeigen:

Ü47 CSWI, CILO, GAPC, GGIO, XCBR, XSWI, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Steuerung von Geräten X X X

Ü48 GAPC, GGIO Steuerung allgemein O O O Ü49 AWF Informationssperren O O O Ü50 GSAL, IHMI, ITCI, ITMI Systembedienungen O O O Ü51 CSWI, CILO, GAPC , GGIO, Umschaltung Ort / Fern O O O Ü52 CSWI, GAPC, GGIO Anzeige von Geräterückmeldung X X X Ü53 GAPC, GGIO, CALH Anzeige von Warn- und Störmeldungen X X X Ü54 MMXN, MMXU, GGIO, ATCC Anzeige von Messwerten X X X

Ü55 STF Baugruppenstörung (Komponentenstö-rung) X X X

Spannungsebene Mittel-Spg. Hoch-Spg. Höchst-Spg.Messwerte

für Schutz Nummer Logical Nodes Funktion SY1 SY2 SY1 SY2 SY1 SY2

Schutzfunktionen:

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Tabelle 9.6 Transformator- + E-Spulenfeld Spannungsebene

Mittel-Spg.

Hoch-Spg.

Höchst-Spg.

Messwerte für Schutz Nummer Logical Nodes Funktion

SY 1 SY 2 SY 1 SY 2 SY 1 SY 2

Schutzfunktionen: 1 T 1 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, ggf. RBRF UMZ OS + X - X - O - 1 T 2 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, ggf. RBRF UMZ US 1 + - O - O - O 1 T 3 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, ggf. RBRF UMZ US 2 + - O - O - X 1 T 4 LLN0, PTRC, PTOC, ggf. PVOC, RBRF AMZ OS + - O - O - O 1 T 5 LLN0, PTRC, PTOC, ggf. PVOC, RBRF AMZ US 1 + O - O - O - 1 T 6 LLN0, PTRC, PTOC, ggf. PVOC, RBRF AMZ US 2 + O - O - O -

2 T 7 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, PDIS, PDIR, RDIR, RFLO, ggf. RPSB, RBRF Distanzschutz OS + O - O - X O

2 T 8 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, PDIS, PDIR, RDIR, RFLO, ggf. RPSB, RBRF Distanzschutz US 1 + - X - X O X

2 T 9 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, PDIS, PDIR, RDIR, RFLO, ggf. RPSB, RBRF Distanzschutz US 2 + - X - X - O

3 T 10 LLN0, PTRC, PDIF, ggf. RBRF Transformator-Differentialschutz + - X - X O X 4 T 11 LLN0, PTRC, PTOV 3Uo-Schutz * - - - O - - T 12 LLN0, PTRC, SIMS Buchholzschutz X - X - X O T 13 LLN0, PTRC, SIMS Buchholzschutz Stufenschalter X - X - X O T 14 LLN0, PTRC, PTTR Übertemperatur X X X

2 T 15 LLN0, PTRC, PDOP, PDUP, RFLO Leistungsrichtungsschutz * O O O 2 T 16 LLN0, PTRC, PDOP Überlastschutz (thermisch) O O O 4 T 17 LLN0, PTRC, PTOV, PTUV Spannungsschutz (Über- und Unterspg.) O O O 4 T 18 LLN0, PTRC, PTOF, PTUF Frequenzschutz X O - T 19 LLN0, PSDE Erdschlusserfassung (unselektiv) X X -

1 / 2 / 5 T 20 LLN0, RDRE, RADR, RBDR, RDRS Störschreiber X X X Sternpunktbehandlung: Erdschlusslöschspule

T 21 LLN0, PTRC, SIMS Buchholzschutz X X T 22 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, ggf. RBRF UMZ + O O T 23 LLN0, PTRC, PTTR Übertemperatur O X

NOSPE-Widerstand T24 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, ggf. RBRF UMZ + X X T25 LLN0, PTRC, PTOC, PDOP, PTTR, ggf. PVOC, RBRF AMZ mit thermischem Abbild + O O Tabelle gilt nur für Transformatoren größer 1kV

Meldungen:

T26 CCGR, CSWI, CILO, GAPC, GGIO, SARC, SIMG, SIML, XCBR, XSWI, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZSAR , ZCAP, ZBAT Übernahme vom Prozess X X X

T27 STF Zeitzuordnung X X X T28 STF Unterdrückung Flattermeldungen X X X T29 STF Unterdrückung kurzzeitiger Meldungen X X X T30 AWF Störstellungs-Unterdrückung X X X T31 AWF (ggf. GGIO) Sammelmeldungsbildung O O O T32 AWF Bereitstellung der Detailinformationen X X X T33 AWF Verarbeitung von Zeitinformationen X X X T34 AWF (ggf. GGIO) Erzeugung Schalterfallmeldung O O O T35 AWF Erzeugung akustischer Signale O O O T36 STF Verwaltung von Meldeabbildern X X X T37 STF/ AWF Bearbeitung von Generalabfragen X X X

Messwerte:

T38 CCGR, GGIO, ATCC,MMXN, MMXU, SIMG, SIML, XPDC, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZBSH, MHAI, MHAN Übernahme vom Prozess X X X

T39 AWF Umrechnung O O O T40 MMXN, MMXU Berechnung von Wirk- und Blindleistung O X X

T41 CCGR, GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ARCO, AVCO, MSTA Grenzwert-Überwachung O O O

T42 CCGR, GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH Messwertberuhigung X X X

T43 GGIO, MMXU, MSQI Unsymmetrie-Überwachung O O O Steuerung:

T44 CCGR, CSWI, CILO, GAPC, GGIO, RSYN, XCBR, XSWI, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Einzelsteuerung, Befehlsausgabe X X X

T45 ATCC, YLTC, YEFN Stufung Transformatoren / Erdschluss-löschspulen X X X

T46 ATCC, YPTR, YLTC Regelung Transformatoren X X X T47 ANCR, YLTC , YEFN Regelung Erdschlusslöschspulen X X X T48 AWF (Dienste) Doppelbetätigungssperre X X X T49 AWF (Gerätebene) Befehlslaufzeit-Überwachung X X X T50 AWF (ggf. GAPC) Schaltfolgen O O O T51 RSYN, CPOW Parallelschalten O O O T52 CILO Feld- / Anlagenverriegelung O X X

T53 ATCC Überwachung des Parallellaufs von Trans-formatoren X X X

T54 RSYN, GAPC, GGIO Zulässigkeitsprüfungen O O O Systemaufgaben / Sonstige Funktionen:

T55 STF Zeitsynchronisierung X X X T56 STF Informationssperren X X X T57 AWF/ STF Konfiguration für den Betrieb der SLT X X X T58 AWF (ggf. ZAXN) Systemauskunft X X X T59 STF Selbstüberwachung X X X

Sonstige Funktionen:

T60 MMTR? Zählwerterfassung O O O

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T61 AWF Protokollierung O O O T62 AWF Störwerterfassung O O O

Bedienen und Anzeigen:

T63 CCGR, CSWI, CILO, GAPC, GGIO, XCBR, XSWI, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Steuerung von Geräten X X X

T64 ATCC Transformatorstufen Regler Ein / Aus X X X T65 ANCR E-Spulenstufen Regler Ein / Aus X X X T66 GAPC, GGIO Steuerung allgemein O O O T67 AWF Informationssperren O O O T68 GSAL, IHMI, ITCI, ITMI Systembedienungen O O O T69 CSWI, CILO, GAPC , GGIO, Umschaltung Ort / Fern O O O T70 CSWI, GAPC, GGIO Anzeige von Geräterückmeldung X X X T71 CCGR, GAPC, GGIO, CALH Anzeige von Warn- und Störmeldungen X X X T72 CCGR, MMXN, MMXU, GGIO, ATCC Anzeige von Messwerten X X X T73 ATCC Stufenstellungsanzeige X X X

T74 STF Baugruppenstörung (Komponentenstö-rung) X X X

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Tabelle 9.7 Kompensationsspule Spannungsebene

Messwerte für Schutz

Num-mer

Logical Nodes Funktion Mittel-Spg. Hoch-Spg. Höchst-

Spg.

Schutzfunktionen:

1 ESP1 LLN0, PTRC, PIOC, PTOC, ggf. RBRF UMZ + X X 3 ESP2 LLN0, PTRC, PDIF, ggf. RBRF Differentialschutz + O O ESP3 LLN0, PTRC, SIMS Buchholzschutz X X ESP4 LLN0, PTRC, PTTR Übertemperatur O O 1 ESP5 LLN0, RDRE, RADR, RBDR, RDRS Störschreiber O O

Meldungen:

ESP6 CCGR, CSWI, CILO, GAPC, GGIO, SARC, SIMG, SIML, XCBR, XSWI, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZSAR , ZCAP, ZBAT Übernahme vom Prozess X X X

ESP7 STF Zeitzuordnung X X X

ESP8 STF Unterdrückung Flattermeldun-gen X X X

ESP9 STF Unterdrückung kurzzeitiger Meldungen X X X

ESP10 AWF Störstellungs-Unterdrückung X X X ESP11 AWF (ggf. GGIO) Sammelmeldungsbildung O O O

ESP12 AWF Bereitstellung der Detailinforma-tionen X X X

ESP13 AWF Verarbeitung von Zeitinformatio-nen X X X

ESP14 AWF (ggf. GGIO) Erzeugung Schalterfallmeldung O O O ESP15 AWF Erzeugung akustischer Signale O O O ESP16 STF Verwaltung von Meldeabbildern X X X

ESP17 STF/ AWF Bearbeitung von Generalabfra-gen X X X

Messwerte:

ESP18 CCGR, GGIO, ATCC, MMXN, MMXU, SIMG, SIML, SPDC, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZBSH, MHAI, MHAN Übernahme vom Prozess X X X

ESP19 AWF Umrechnung O O O

ESP20 MMXN, MMXU Berechnung von Wirk- und Blindleistung O X X

ESP21 CCGR, GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ARCO, AVCO, MSTA Grenzwert-Überwachung O O O

ESP22 CCGR, GGIO, MMXN, MMXU, TCTR, TVTR, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH Messwertberuhigung X X X

ESP23 GGIO, MMXU, MSQI Unsymmetrie-Überwachung O O O

Steuerung:

ESP24 CCGR, CSWI, CILO, GAPC, GGIO, RSYN, XCBR, XSWI, YPTR, YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT

Einzelsteuerung, Befehlsausga-be X X X

ESP25 AWF (Dienste) Doppelbetätigungssperre X X X ESP26 AWF (Gerätebene) Befehlslaufzeit-Überwachung X X X ESP27 AWF (ggf. GAPC) Schaltfolgen O O O ESP28 RSYN, CPOW Parallelschalten O O O ESP29 CILO Feld- / Anlagenverriegelung O X X ESP30 RSYN, GAPC, GGIO Zulässigkeitsprüfungen O O O

Systemaufgaben / Sonstige Funktionen:

ESP31 STF Zeitsynchronisierung X X X ESP32 STF Informationssperren X X X

ESP33 AWF/ STF Konfiguration für den Betrieb der SLT X X X

ESP34 AWF (ggf. ZAXN) Systemauskunft X X X ESP35 STF Selbstüberwachung X X X

Sonstige Funktionen:

ESP36 MMTR Zählwerterfassung O O O ESP37 AWF Protokollierung O O O ESP38 AWF Störwerterfassung O O O

Bedienen und Anzeigen:

ESP39 CCGR, CSWI, CILO, GAPC, GGIO, XCBR, XSWI,YLTC, YEFN, YPSH, ZGEN, ZCAP, ZBAT Steuerung von Geräten X X X

ESP40 GAPC, GGIO Steuerung allgemein O O O ESP41 AWF Informationssperren O O O ESP42 GSAL, IHMI, ITCI, ITMI Systembedienungen O O O ESP43 CSWI, CILO, GAPC , GGIO, Umschaltung Ort / Fern O O O ESP44 CSWI, GAPC, GGIO Anzeige von Geräterückmeldung X X X

ESP45 CCGR, GAPC, GGIO, CALH Anzeige von Warn- und Stör-meldungen X X X

ESP46 CCGR, MMXN, MMXU, GGIO, ATCC Anzeige von Messwerten X X X

ESP47 STF Baugruppenstörung (Komponen-tenstörung) X X X

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Tabelle 9.8 Erläuterung der Abkürzungen zu den Tabellen 9.1 bis 9.7

1 I1, I2, I3, I0 mit 1 kHz

2 I1, I2, I3, I0, U1, U2, U3, U0 mit 1 kHz

3 Ia1, Ib1, ..., Ia2, Ib2, ... , Ia3, Ib3, ..., Ia0, Ib0, ... mit 1 kHz

4 U1, U2, U3, U0 mit 1 kHz

5 I1, I2, I3, I0, U1, U2, U3, U0 mit 24 kHz

6 Ua1, Ub1, Ua2, Ub2, Ua3, Ub3, Ua0, Ub0 mit 1 kHz

SY 1 Schutzsystem 1

SY 2 Schutzsystem 2

X übliche, häufig eingesetzte Anwendung

O optionale, gelegentliche Anwendung

- findet keine Anwendung

* diese Funktionseinheiten sollen zusammen mit den Schutzfunktionen "+" reali-

siert werden

+ siehe auch Anlage Funktionsbeschreibung

STF "Standardfunktion":

Die Funktion liegt innerhalb der in allen LNs vorhandenen Grundfunktionen

(Beispiel: Zeitzuordnung) und kann nicht als separater LN dargestellt werden

AWF "Anwenderfunktion": Die Funktion liegt im Bereich der Anwenderfunktion außer-

halb der Kommunikation über einen Bus.

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9.1.2 Funktionsinhalte von verschiedenen Schutzfunktionen

9.1.3.1 Funktionsumfang UMZ - Schutz

Hauptfunktionen:

��Unabhängige Überstromzeitschutzfunktion (UMZ)

�� mindestens zwei unabhängige Stufen (I, t)

��Gerichteter unabhängiger Überstromzeitschutz (g UMZ)

�� mindestens zwei unabhängige Stufen (I, t)

�� Richtungsbestimmung mit kurzschlussfremden Spannungen und Spannungs-

speicher

�� Richtungsbestimmung phasenselektiv

��Abhängiger Überstromzeitschutz (AMZ)

��Gerichteter abhängiger Überstromzeitschutz (g AMZ)

Sonstige integrierte Funktionen:

•= Rückwärtige Verriegelungen

•= unverzögerte Auslösung beim Schalten auf Kurzschluss

•= Einschaltstabilisierung

•= Empfindliche Erdfehlererfassung

- mit mindestens zwei unabhängigen Stufen

- Bestimmung der erdschlussbehafteten Phase

- Richtungsbestimmung mit Nullsystemgrößen (wattmetrische Erdschlusserfas-

sung)

•= Intermittierender Erdfehlerschutz

•= Schalterversagerschutz

- abhängig vom Strom

- abhängig vom LS-Kontakt

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- Anwurf über Binärkontakt

•= Automatische Wiedereinschaltung (AWE)

- ein- und mehrmalig

- mit unterschiedlichen Pausenzeiten

- wählbare Funktionen (AWE nur bei......)

•= Synchronisierfunktionen

•= Parametersatzumschaltung

•= Dynamische Umschaltung von Ansprechwerten

•= Fehlerortung

•= Überwachungsfunktionen extern und intern (z. B. Auskreisüberwachung)

•= Störwerte – Erfassung

- analoge Störschriebe

- binäre Störfallmeldungen

- Erdschlussdaten

•= Zählwerte – Erfassung

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Sonstige separate Funktionen (eigener logischer Knoten):

•= Thermischer Überlastschutz

- mit thermischem Abbild der Stromwärmeverluste

- einstellbare Warnstufen

•= Spannungsschutz

- für Überspannung (U, t)

- für Unterspannung (U,t)

•= Frequenzschutz

- für Frequenz >, t

- für Frequenz < ,t

Im EVU-Bereich nicht üblich:

�� Schieflastschutz

�� Anlaufzeitüberwachung bei Motoren

�� Wiedereinschaltsperre bei Motoren

9.1.3.2 Funktionsumfang - Distanzschutz

Hauptfunktionen

��Distanzschutzfunktion

•= Anregung

- Überstromanregung

- Spannungsabhängige Stromanregung U/I

- Spannungs- und winkelabhängige Stromanregung U/I/ϕ

- Polygonale Impedanzanregung

- Impedanzanregung

- Unterspannungsanregung

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•= Distanz- und Richtungsmessung

- Messgrößenauswahl für zyklische und azyklische Leiterbevorzugung für Leiter- Er-

defehler und Leiter- Leiterfehler

- Spannungsspeicher

•= Erdfehlererkennung

- Erdstrom 3I0

- Gegenstrom 3I2

- Verlagerungsspannung 3UO

- Verknüpfung I und U für Erdfehlererkennung geerdetes Netz

- Verknüpfung I und U für Erdfehlererkennung im Netz mit isoliertem Sternpunkt

bzw. Resonanzsternpunkterdung

•= Polygonale Auslösecharakteristik

•= Pendelsperre

��Gerichtete Erdkurzschlussschutzfunktion

•= Richtungserkennung mit fehlerfremder Spannung

��UMZ- und Not-UMZ-Schutzfunktion

Sonstige integrierte Funktionen

•= Kennlinienumschaltung

•= Parametersatzumschaltung

•= Zuschalten auf Kurzschluss

•= Rushstabilisierung

•= Leistungsschalter- Zustandserkennung

•= Anrege- und Auslöselogik

•= Überwachungsfunktionen extern und intern (z.B. Auskreisüberwachung)

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•= Signalübertragungsverfahren für Distanzschutzfunktion

- Mitnahme über Anregung

- Mitnahme über erweiterten Messbereich

- Fernauslösung

- Signalvergleich

- Richtungsvergleich

- Unblockverfahren

- Blockierverfahren

- Streckenschutz

- Rückwärtige Verriegelung

- Transiente Blockierung

- Maßnahmen bei Fehlender oder schwacher Einspeisung

•= Signalübertragungsverfahren mit Erdkurzschlussschutz

- Richtungsvergleichsverfahren

- Richtungsunblockverfahren

- Richtungsblockierverfahren

- Transiente Blockierung

- Maßnahmen bei Fehlender oder schwacher Einspeisung

•= Fehlerortung

•= Analogausgaben von Messwerten

•= Intermittierender Erdfehlerschutz für niederohmig geerdete Netze

•= Störwerteerfassung

- Binäre Störfallmeldungen

- Erdschlussdaten

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•= Zählwerteerfassung

Sonstige separate Funktionen (eigene LN vorhanden)

•= Empfindliche Erdschlusserfassung mit mindestens zwei unabhängigen Stufen

- Unselektive Erdschlussmeldung mit einstellbarer Zeitverzögerung

- Bestimmung der erdschlussbehafteten Phase

- Richtungsbestimmung wattmetrisch und Wischererfassung

•= Spannungsschutz

- Für Überspannung (U,t)

- Für Unterspannung (U,t)

•= Leistungsschalterversagerschutz

- Abhängig vom Strom

- Abhängig vom LS-Kontakt

- Anwurf über Binärkontakt

•= Thermischer Überlastschutz

- Mit Thermischem Abbild der Stromwärmeverluste

- Einstellbare Warnstufen

•= Synchchronisierfunktionen

•= Störschriebe

- Analoge Störschriebe

•= Automatische Wiedereinschaltung (AWE)

- 3-pol., ein- und mehrmalig

- 1-pol. einmalig

- mit unterschiedlichen Pausenzeiten

- wählbare Funktionen (AWE nur bei.....)

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 64/76

•= Frequenzschutz

- Für Frequenz >,t

- Für Frequenz <,t

9.1.3.3 Funktionsumfang Leitungs - Differential - Schutz

Hauptfunktionen:

��Stromdifferentialschutz (Idiff)

�� mit Überstromanregung (Idiff und I>)

�� Nullstromdifferentialschutz (I0diff)

Sonstige integrierte Funktionen:

•= Sättigungsdetektor für Wandler bei externen Fehlern

•= Hilfsadernüberwachung

•= Einschaltstabilisierung mit Schnellabschaltung

•= Wiedereinschaltsperre

•= Schaltermitnahme zum Gegenwerk

•= Reserve UMZ-Schutz

•= Reserve Distanzschutz

•= Thermischer Überlastschutz

•= Wiedereinschaltautomatik

•= Schalterversagerschutz

•= Überwachungsfunktionen extern und intern

•= Störwerte - Erfassung

•= Zählwerte - Erfassung

Sonstige separate Funktionen (eigener logischer Knoten):

•= Empfindliche Erdfehlererfassung

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 65/76

- Richtungsbestimmung mit Nullsystemgrößen

•= Leistungsschalterversagerschutz

- abhängig vom Strom

- abhängig vom LS-Kontakt

- Anwurf über Binärkontakt

•= Automatische Wiedereinschaltung (AWE)

- 3-pol. ein- und mehrmalig

- 1-pol. einmalig

- mit unterschiedlichen Pausenzeiten

- wählbare Funktionen (AWE nur bei......)

•= Thermischer Überlastschutz

- mit thermischem Abbild der Stromwärmeverluste

- einstellbare Warnstufen

•= Spannungsschutz

- für Überspannung (U, t)

- für Unterspannung (U,t)

•= Störschreibung

- analoge Störschriebe

9.1.3.4 Funktionsumfang Transformator - Differential - Schutz

Hauptfunktionen:

��Stromdifferentialschutz (Idiff)

�� mit Überstromanregung (Idiff und I>)

�� Nullstromdifferentialschutz (I0diff)

Sonstige integrierte Funktionen:

•= Sättigungsdetektor für Wandler bei externen Fehlern

•= Schnellabschaltung bei stromstarken Transformatorfehlern

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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•= Einschaltstabilisierung mit Harmonischen

•= Wiedereinschaltsperre

•= Erdfehlerdifferentialschutz

•= Überstromzeitschutz

•= Überlastschutz

•= Kesselschutz gegen hochohmige Erdfehler

•= Überwachungsfunktionen extern und intern

•= Störwerte - Erfassung

•= Zählwerte - Erfassung

Sonstige separate Funktionen (eigener log. Knoten):

•= Empfindliche Erdfehlererfassung

- Richtungsbestimmung mit Nullsystemgrößen

•= Leistungsschalterversagerschutz

- abhängig vom Strom

- abhängig vom LS-Kontakt

- Anwurf über Binärkontakt

•= Automatische Wiedereinschaltung (AWE)

- 3-pol. ein- und mehrmalig

- 1-pol. einmalig

- mit unterschiedlichen Pausenzeiten

- wählbare Funktionen (AWE nur bei......)

•= Thermischer Überlastschutz

- mit thermischem Abbild der Stromwärmeverluste

- einstellbare Warnstufen

•= Spannungsschutz

- für Überspannung (U, t)

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 67/76

- für Unterspannung (U,t)

•= Störschreibung

- analoge Störschriebe

9.1.3.5 Funktionsumfang Sammelschienen - Differential - Schutz

Hauptfunktionen:

��Stromdifferentialschutz (Idiff)

�� mit Überstromanregung (Idiff und I>)

�� Nullstromdifferentialschutz (I0diff)

��Differentialschutz mit Überstromanregung (Idiff und I>)

��Differentialschutz mit Unterspannungsanregung (Idiff und U<)

��Phasenvergleichsschutz

Sonstige integrierte Funktionen:

•= Sättigungsdetektor für Wandler bei externen Fehlern

•= Trennerüberwachung

•= Einschaltstabilisierung mit Schnellabschaltung

•= Empfindliche Erdfehlererfassung

•= Schalterversagerschutz (2-stufig)

•= Reserve UMZ-Schutz

•= Reserve Distanzschutz

•= Thermischer Überlastschutz

•= Wiedereinschaltautomatik (1 u. 2 mal)

•= Schalterversagerschutz

•= Überwachungsfunktionen extern und intern

•= Störwerte - Erfassung

•= Zählwerte - Erfassung

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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Sonstige separate Funktionen (eigener log. Knoten):

•= Empfindliche Erdfehlererfassung

- Richtungsbestimmung mit Nullsystemgrößen

•= Leistungsschalterversagerschutz

- abhängig vom Strom

- abhängig vom LS-Kontakt

- Anwurf über Binärkontakt

•= Automatische Wiedereinschaltung (AWE)

- 3-pol. ein- und mehrmalig

- 1-pol. einmalig

- mit unterschiedlichen Pausenzeiten

- wählbare Funktionen (AWE nur bei......)

•= Spannungsschutz

- für Überspannung (U, t)

- für Unterspannung (U,t)

•= Störschreibung, analoge Störschriebe

9.2 Anhang zu Kapitel 5:

9.2.1 Detaillierte Angaben zu Umfang und Qualitätsanforderungen an Messgrößen

Es sollen folgende Messgrößen von tatsächlichen vorhandenen Basissignalen unbearbeitet

angeboten werden:

�� 3 x Leiterströme I1, I2, I3

�� 3 x Leiter–Erde-Spannungen U1E, U2E, U3E

�� 1 x Nullstrom I0

�� 1 x Nullspannung U0

Dabei wird davon ausgegangen, dass aus diesen Basissignalen alle anderen notwendigen

Größen (z. B. verkettete Spannungen, Frequenz usw.) in den verarbeitenden Geräten er-

rechnet werden. Nichtbenötigte Signale sollen von den angeschlossenen Geräten verworfen

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 69/76

werden. Der Ausfall von Messgrößen muss an die Schutzsysteme gemeldet werden. Eben-

falls muss beim Vorliegen von falschen Messgrößen eine Information an die Geräte erfolgen

und diese darf nicht zu einer Fehlfunktion führen.

Für einen Zweiwicklungstransformator sind diese Messgrößen sowohl für die Oberspan-

nungsseite als auch für die Unterspannungsseite zur Verfügung zu stellen. Für einen Drei-

wicklungstransformator sind die Messgrößen auch für den dritten Ausgang bereitzustellen.

Für Zusatzfunktionen (wie z. B. Synchronisation, Parallelkompensation usw.) aber auch

Sammelschienen-Spannungswandler soll die einheitliche volle Anzahl der Basissignale der

einzelnen Abgänge (z. B. Parallelleitung, Sammelschienenwandler usw.) verfügbar sein. Je

nach Schutzkonzept muss die Bearbeitung von

��3 x Leiterströmen (I1, I2, I3, ggf. I0) z. B. für die Parallelkompensation von Leitun-

gen und

��3 x Leiter-Erd-Spannungen U1E, U2E, U3E, ggf. U0 z. B. für die Synchrocheck-

Funktionen

mindestens möglich sein.

Als Randbedingungen für Abtastfrequenz der Messgrößen kann aus der Betriebserfahrung

mit digitalen Schutzrelais folgendes festgehalten werden.

Heutige digitale Schutzgeräte verschiedener Fabrikate haben Abtastraten von 600/800/

1000 Hz.

Qualitätsstörschreiber haben Abtastraten von 10 bis 20 kHz.

Für Betriebsmessung und Zählung kann von einer Abtastrate von 1000 Hz ausgegangen

werden.

Bei Erdschlusswischerrelais wird von einer max. Einschwingfrequenz von 4000 Hz beim Um-

ladevorgang während eines Erdschlusses (Wischer) ausgegangen. Unter der Voraussetzung

einer 6-fachen Abtastung wegen nichtsinusförmigen Größen muss eine Abtastfrequenz von

24 kHz gewählt werden.

Um möglichst viele Anwendungsfälle abdecken zu können ist mindestens von einer Abtast-

frequenz von 24 kHz auszugehen. An den externen Schnittstellen der MU müssen den An-

forderungen entsprechend die Signale mit unterschiedlichen Abtastraten angeboten werden.

Die Transientenerfassung (z. B. Auswertung von Wanderwellen) ist bei den genannten Ab-

tastraten nicht sicher möglich. Ebenso reicht die genannte Abtastrate bei Messungen von

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 70/76

Netzrückwirkungen zur Erfassung von Oberschwingungen nicht aus. Diese Messwertanforde-

rungen sollten in separaten Geräten realisiert werden.

Für Kabelumbauwandler, an die die exaktesten Messanforderungen aus dem Bereich der

Schutztechnik gestellt werden, sind derzeit max. Winkelfehler von ca. 60 min. (entspricht

einer Zeitauflösung von 55 µs) für die Erdschlusserfassung nach dem Prinzip I0 x U0 x cosφ

zu berücksichtigen. Für Zählfunktionen bestehen derzeit keine höheren Anforderungen. Der

Zeitstempel ist so anzuordnen, dass alle Messwerte eindeutig erfasst werden.

9.2.2 Anforderungen an Merging-Units (MU) zur Wandleranschaltung

Für einen sicheren Betrieb der Anlagen sollen mindestens nachstehende Bedingungen erfüllt

werden:

�� Die EMV-Verträglichkeit und Klimabeanspruchung gilt wie für Schutzrelais und

Schaltgeräte.

�� Die MUs sollen sich mit ihren elektronischen Bauteilen nicht auf Hoch-

spannungspotenzial befinden.

�� In einer MU können Strom und Spannung erfasst werden. Bei ausreichender Ge-

nauigkeit und großem Dynamikbereich können alle Messaufgaben eines Feldes

von dieser MU bedient werden. Schutzsystem 1 und 2 sind an getrennte MU an-

zuschließen. Für Verrechnungszählungen ist das Eichrecht zu beachten. Einsatz

getrennter MU für Strom und Spannung ist für einige Einsatzfälle sicher sinnvoll,

wie z. B. für Sammelschienenspannungswandler und Leitungsabgänge ohne

Spannungswandler oder bei großen Entfernungen von Strom- und Spannungs-

wandlern in einer Anlage.

�� Die MU digitalisiert die Momentanwerte der Wandler und stellt die nicht vorverar-

beiteten Momentanwerte an der Schnittstelle zur Verfügung.

�� An in Betrieb befindlichen MU werden SW-, Parametrier- und Datenversionen aus

der Technik heraus dokumentiert. Des weitern muss sichergestellt sein, dass bei

Änderungen von Parametern und Versionen jederzeit eindeutige Zustände vor-

handen sind bzw. nur bestimmte MU angesprochen werden können.

�� Eine MU sollte bei Änderungen von SW- und Parametern in Betrieb bleiben kön-

nen.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 71/76

�� Die erhöhten Anforderungen bezüglich der Abtastfrequenz für besondere Mess-

aufgaben wie z. B. die Erdschlusswischererfassung können auch über einen ge-

sonderten Ausgang an der MU realisiert werden.

�� Genormte (auch vom Messumfang), firmenneutrale Schnittstellen sind an der MU

erforderlich, welche auch überprüft werden können.

�� Eine Zeitsynchronisierung ist entsprechend den "VDEW-Forderungen" bei der MU

zu realisieren. Dabei sind auch Feld übergreifende Funktionen zu berück-

sichtigen.

�� Die Lebensdauer einer MU muss sich an der Lebensdauer heutiger Anlagen,

Wandler spiegeln. Ein entsprechendes Austausch- und Nachlieferkonzept für die

HW und SW ist vom Lieferanten zu gewährleisten.

�� Die Parametrierung und Handhabung von MU muss vom Anwender in einfacher

Form möglich sein. Dabei dürfen benachbarte MU nicht beeinflusst bzw. beein-

trächtigt werden.

�� Für die Zählung wird wahrscheinlich ein separater Ausgang (Eichgesetz) erfor-

derlich.

�� Eine Verbindung der MU zum Stationsbus ist für die Information, Synchronisati-

on, Update usw. erforderlich.

Ein Diskussionspunkt ist die Anzahl der Merging-Units (MU) in einem Feld, um die Redun-

danz-Anforderungen zu erfüllen. Insbesondere bei den Wandlern gibt es derzeitig folgende

Redundanzausprägung:

�� 380 kV : 4 Kerne (Messung, SS-Schutz, Distanzschutz, Leitungs-Diff-schutz)

�� 110kV : Bisherige Technik 2 Kerne (Messung, Distanzschutz) - wenn keine be-

sonderen Redundanzanforderungen

Bei Einsatz von Prozessbussen wäre folgende Lösung denkbar:

�� 380 kV : 2 MU jeweils U und I gemeinsam, Schutz und Messung gemeinsam

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 72/76

�� 110 kV : 1MU für U und I gemeinsam; Schutz und Messung gemeinsam; wenn

zusätzlicher Sammelschienenschutz 2 MU. Es ist auch eine Kombination von Dis-

tanzschutz im Feldgerät des SS-Schutzes denkbar.

9.2.3 Realisierungsbeispiele für Busstrukturen

In den nachfolgenden Bildern sind mögliche Buskonfigurationen für die Realisierung der o-

ben beschrieben Aufgaben mit unterschiedlichem technischen Realisierungsaufwand dar-

gestellt.

Für die Aus- und Einschaltung eines Leistungsschalters durch eine Schutzeinrichtung ist un-

ter wirtschaftlichen und technischen Gesichtspunkten anlagenspezifisch zu prüfen, ob dafür

ein Prozessbus eingesetzt wird oder ein getrenntes System (Kupfer, LWL) aufgebaut werden

soll.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 73/76

Ein/Aus1

Aus2

GS2

GS1

GS1

GS2

GS1

GS1

Proz

essb

us

Proz

essb

us

Stationsbus

Stationsbus 1kHz

1kHz

GS1

GS1GS1

GS2

Uen

ULE

Bild 9.1 Variante für einen Leitungsabgang

In Bild 9.1 ist die Messwerterfassung, Hilfsenergieversorgung und Zuordnung des Auslöse-

systems für einen Abzweig mit Haupt- und Reserveschutzsystem dargestellt. Um eine völlig

unabhängige Funktion sicherzustellen, sind alle Komponenten redundant aufgebaut. Für

Anwendungen, die von einem Schutzkonzept mit einfachem Schutzsystem in der Anlage und

vorgelagertem Reserveschutz ausgehen, entfällt der Prozessbus 2. Die an den Bussystemen

vermerkten Frequenzen (z.B. 1kHz) besagen, dass Messwerte mit der entsprechenden Ab-

tastrate (z.B. 1kHz) auf dem System übertragen werden können. Sie stellen keinerlei Aussa-

gen zur notwendigen Übertragungsgeschwindigkeit des Busses dar. Es ist besonders für den

Stationsbus die zeitgleiche Übertragung von Messwerten mehrerer Felder zu berücksichti-

gen. Die Anforderungen an das Zeitverhalten, die Messgrößendigitalisierung und Zeitstem-

pelung ist der v. g. "Forderungen seitens des VDEW - AA Relais- und Schutztechnik" zu ent-

nehmen. Die für den Prozessbus 1 ausgewiesene Abtastfrequenz von 24 kHz resultiert aus

den Anforderungen zur Erkennung von z. B. Erdschlusswischern. Da Erdschlusserfassungs-

systeme nicht redundant aufgebaut werden, wurde für den Prozessbus 2 lediglich 1 kHz ge-

fordert. Es wird eine Vielzahl von Anwendungen geben, die nicht die Abtastfrequenz von

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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24kHz benötigen, so dass auch redundante Bussysteme komplett mit Abtastraten von 1kHz

zur Anwendung gelangen können. Jedoch kann es auch Anforderungen geben, welche eine

Abtastrate von größer 24 kHz benötigen.

Legende:Prozessbus

Redundantrer BusStationsbus

1kHz

1

2

1

2

11

2

11

2

24kH

z

24kH

z

1KH

z

1KH

z

1kHz

1KH

z

1KH

z

1kH

z

1kH

z

1KH

z

1KH

z

1kH

z 1kH

z

Bild 9.2 Variante für eine Anlage mit abzweiggebundenem Reserveschutz und Sammel-

schienenschutz

Bild 9.2 zeigt für eine Anlage mit Abzweiggebundenem Reserveschutz und Sammelschienen-

schutz (Maximalforderung) den Aufbau von Prozess- und Stationsbus. Dabei erfolgt der Aus-

tausch der Informationen für den Sammelschienenschutz und für den Transformatorschutz

über den Stationsbus. Dieser Stationsbus muss daher zwingend redundant aufgebaut wer-

den.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

© Verband der Netzbetreiber – VDN , Juli 2004 Seite 75/76

Redundanter BusStationsbus

Legende:Prozessbus

1kHz

1

2

1

2

11

2

11

224

kHz

24kH

z

1kH

z

1kH

z1kHz

1kH

z

1kH

z

1kH

z

1kH

z

1kH

z

1kH

z

Bild 9.3 Variante für eine Anlage mit ortsfernem Reserveschutz und Sammelschienen-

schutz

In Bild 9.3 geht von einem vorgeordneten Reserveschutz für die Leitungsabgänge aus, so

dass der Prozessbus hierfür nur einfach ausgeführt wird. Die Redundanz-Anforderungen für

den Stationsbus bleiben durch Transformator- und Sammelschienen-schutz bestehen.

IEC 61850 – Anforderungen aus Anwendersicht

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Redundantrer BusStationsbus

Legende:Prozessbus

1kHz

1

2

1

2

11

2

11

2

24kH

z

24kH

z

1kH

z

1kH

z

1kH

z

1kH

z

1kH

z

1kH

z

Switc

h

Switc

h

1KH

z

1kH

z

Bild 9.4 Variante für eine Anlage mit ortsfernem Reserveschutz und Transformatorschutz

über Prozessbus

Der Datenaustausch des Transformatorschutzes über den Stationsbus erscheint sehr auf-

wendig, da er für Anlagen ohne Sammelschienenschutz der einzige Grund für einen redun-

danten Stationsbus darstellt. Deshalb ist in Bild 9.4 ein Lösungsansatz dargestellt, der unter

Verwendung eines Switch den Datenaustausch für den Differentialschutz zwischen den Pro-

zessbussen der Ober- und Unterspannungsseite der Transformatoren sichert. Aus Redun-

danzgründen ist der Buchholzschutz über den anderen Prozessbus unter Nutzung des Stati-

onsbusses einzubinden. Alternativ könnte auch der zweite Prozessbus der Ober- und Unter-

spannungsseite des Transformators ebenfalls mittels Switch verbunden werden, um eine

komplette Entkopplung zum Stationsbus zu erreichen oder auch um andere Redun-

danzkonzepte (z. B. Doppelung des gesamten Transformator-Schutzes) verfolgen zu kön-

nen.