IG BCE aktuell

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Es gilt nach wie vor das Solidaritätsprinzip. Die Wirtschaftsminister der EU-Mitgliedstaaten haben am 10. Dezember entschieden, dass die Beihilfen für den Steinkohlenbergbau bis 2018 gezahlt werden können. Damit sind die Rah- menbedingungen gesichert, die einen sozialverträglichen Anpassungsprozess ermöglichen. So- zialverträglichkeit hatte für die IG BCE oberste Priorität. Kein Bergmann wird entlassen. Dieses Ziel haben IG BCE und Berg- leute gemeinsam erreicht. Der eigent- liche Durchbruch war bereits zwei Tage zuvor erzielt worden – am 8. De- zember rückte die EU-Kommission von ihrem bisherigen Vorschlag für eine neue Beihilferegelung ab. Ganz anders hatte das noch im Sommer ausgesehen. Im Juli hatte die EU-Kommission eine Beihilferegelung vorgeschlagen, deren Folge eine Stilllegung aller Bergwerke bis Oktober 2014 gewesen wäre. Das hätte dem deutschen Kohle-Pakt von 2007 die Grundlage entzogen. Dagegen hatte die IG BCE energisch protestiert und die Bundesregierung auf- gefordert, in Brüssel für eine Regelung zu sorgen, die eine Umsetzung der deutschen Vereinbarungen ermöglicht. Nachdem sich zuletzt das EU-Parlament für eine Beihilferegelung bis 2018 ausgesprochen hatte und sich auch im EU-Wirtschaftsministerrat eine qualifizierte Mehrheit für eine solche Regelung abzeichnete, ließ sich auch die EU-Kommission umstimmen. Der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis würdigte die Bereitschaft der Kommission, „unsere Argumente anzuerkennen“. Das sei wesentlich ein Erfolg der Hartnäckigkeit, mit der Bergleute, Betriebsräte und IG BCE für das Prinzip sozialer Verantwortung gestritten haben. < STEINKOHLE Keiner fällt ins Bergfreie STANDPUNKT Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hinter uns liegen Nerven aufreibende Monate. Es stand Spitz auf Knopf. Mitun- ter schien es gar, als sollten Sachverstand und soziale Verantwortung auf der Stre- cke bleiben. Doch die Ideologen trium- phierten zu früh. Am Ende setzten wir uns durch, wurde unser gemeinsamer Kampf belohnt: Niemand fällt ins Bergfreie, kein Bergmann wird entlassen. Die Zeit der Zumutungen und Ungewissheit ist vorü- ber. Wir haben nach Deutschland auch in Europa die Absicherung der Sozialverträg- lichkeit erkämpft. Nachdrücklich mussten wir die Bundesregierung daran erinnern, dass ein gegebenes Wort auch zu halten ist. Jetzt ist klar: Abgemacht bleibt abge- macht. Vieles wäre auch leichter gewesen, wenn die Bundesregierung von Anfang an geschlossen und energisch gegen den Vorschlag der EU-Kommission angegan- gen wäre. Wir haben unsere Verpflichtun- gen getreulich erfüllt. Nun hat endlich auch die Politik ihre Pflicht getan. Michael Vassiliadis [email protected] FAKTEN aktuell Technologisch, aber auch bei Arbeits- sicherheit und -schutz ist der deutsche Bergbau weltweit führend. In Deutsch- land hat die Grubensicherheit denselben Stellenwert wie die Produktivität. Mit Erfolg: Seit 1995 verringerte sich die Zahl meldepflichtiger Unfälle um über 92 Prozent. Mit 4,5 Unfällen je einer Million geleisteter Arbeitsstunden wurde 2010 der bisher niedrigste Stand erreicht. www.igbce.de > Kohlepolitik S. 2 > CCS-Gesetz: S. 3 > Chemie-Tarifrunde 2011: S. 4/5 > Nachrichten S. 6 Der Newsletter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie 07 | 2010 16. Dezember aktuell Der Protest der Bergleute in Brüssel war erfolgreich. Foto: RAG Deutsche Steinkohle

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Newsletter 07/2010

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Es gilt nach wie vor das Solidaritätsprinzip. Die Wirtschaftsminister der EU-Mitgliedstaaten haben am 10. Dezember entschieden, dass die Beihilfen für den Steinkohlenbergbau bis 2018 gezahlt werden können.

Damit sind die Rah-menbedingungen gesichert, die einen sozialverträglichen Anpassungsprozess ermöglichen. So-zialverträglichkeit hatte für die IG BCE oberste Priorität. Kein Bergmann wird entlassen. Dieses Ziel haben IG BCE und Berg-leute gemeinsam erreicht. Der eigent-

liche Durchbruch war bereits zwei Tage zuvor erzielt worden – am 8. De-zember rückte die EU-Kommission von ihrem bisherigen Vorschlag für eine neue Beihilferegelung ab.

Ganz anders hatte das noch im Sommer ausgesehen. Im Juli hatte die EU-Kommission eine Beihilferegelung vorgeschlagen, deren Folge eine Stilllegung aller Bergwerke bis Oktober 2014 gewesen wäre. Das hätte dem deutschen Kohle-Pakt von 2007 die Grundlage entzogen. Dagegen hatte die IG BCE energisch protestiert und die Bundesregierung auf-gefordert, in Brüssel für eine Regelung zu sorgen, die eine Umsetzung der deutschen Vereinbarungen ermöglicht. Nachdem sich zuletzt das EU-Parlament für eine Beihilferegelung bis 2018 ausgesprochen hatte und sich auch im EU-Wirtschaftsministerrat eine qualifizierte Mehrheit für eine solche Regelung abzeichnete, ließ sich auch die EU-Kommission umstimmen.

Der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis würdigte die Bereitschaft der Kommission, „unsere Argumente anzuerkennen“. Das sei wesentlich ein Erfolg der Hartnäckigkeit, mit der Bergleute, Betriebsräte und IG BCE für das Prinzip sozialer Verantwortung gestritten haben. <

STEINKOHLE Keiner fällt ins Bergfreie

STANDPUNKT

Liebe Kolleginnen und Kollegen,Hinter uns liegen Nerven aufreibende Monate. Es stand Spitz auf Knopf. Mitun-ter schien es gar, als sollten Sachverstand und soziale Verantwortung auf der Stre-cke bleiben. Doch die Ideologen trium-phierten zu früh. Am Ende setzten wir uns durch, wurde unser gemeinsamer Kampf belohnt: Niemand fällt ins Bergfreie, kein Bergmann wird entlassen. Die Zeit der Zumutungen und Ungewissheit ist vorü-ber. Wir haben nach Deutschland auch in Europa die Absicherung der Sozialverträg-lichkeit erkämpft. Nachdrücklich mussten wir die Bundesregierung daran erinnern, dass ein gegebenes Wort auch zu halten ist. Jetzt ist klar: Abgemacht bleibt abge-macht. Vieles wäre auch leichter gewesen, wenn die Bundesregierung von Anfang an geschlossen und energisch gegen den Vorschlag der EU-Kommission angegan-gen wäre. Wir haben unsere Verpflichtun-gen getreulich erfüllt. Nun hat endlich auch die Politik ihre Pflicht getan.

Michael Vassiliadis [email protected]

FAKTENaktuellTechnologisch, aber auch bei Arbeits-sicherheit und -schutz ist der deutsche Bergbau weltweit führend. In Deutsch-land hat die Grubensicherheit denselben Stellenwert wie die Produktivität. Mit Erfolg: Seit 1995 verringerte sich die Zahl meldepflichtiger Unfälle um über 92 Prozent. Mit 4,5 Unfällen je einer Million geleisteter Arbeitsstunden wurde 2010 der bisher niedrigste Stand erreicht.

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de> Kohlepolitik S. 2 > CCS-Gesetz: S. 3 > Chemie-Tarifrunde 2011: S. 4/5 > Nachrichten S. 6

Der Newsletter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie 07 | 2010 16. Dezember

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Der Protest der Bergleute in Brüssel war erfolgreich. Foto: RAG Deutsche Steinkohle

IG BCE aktuell_ 7|2010

Die Bergleute können aufatmen – das vorzeitige Aus für die deutschen Zechen ist vom Tisch. Gemeinsam mit der IG BCE haben sie die Absi-cherung des deutschen Kohle-Paktes durch eine EU-Beihilferegelung erkämpft. Bis 2018 kann nun weiter Kohle gefördert werden. Wie bereits 2007 vereinbart, sollen die Beihilfen schrittweise sinken. Die neue Richt-linie sieht für 2017/18 eine etwas stärkere Absenkung der Betriebsbei-hilfen vor – um 75 % statt bisher 71,5 % gegenüber 2011. Das stellt die Sozialverträglichkeit jedoch nicht in Frage. Europa hat unmissverständ-lich klar gemacht, dass 2018 endgültig Schluss ist mit Förderbeihilfen im Steinkohlenbergbau. Diese Entscheidung hat die Revisionsklausel des Steinkohlefinanzierungsgesetzes inhaltslos gemacht. Nun wird das deutsche Parlament auf Initiative der Bundesregierung Anfang 2011 über die Streichung dieser Klausel debattieren. Und über die Zukunft der Kohle. <

ZECHEN Vorzeitiges Aus abgewendet

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CHRONIKaktuell20. JULI Die EU-Kommission beschließt einen Entwurf für eine neue Beihilfeverordnung. Er sieht Förderbeihilfen nur noch für Berg-werke vor, die bis Oktober 2014 geschlossen werden. Die IG BCE weist den Vorschlag zurück und fordert die Bundesregierung auf, sich in Brüssel für die Einhaltung des deutschen Kohle-Paktes von 2007 stark zu machen. Während Bundeskanzlerin Merkel ihre Un-terstützung zusagt, begrüßt Bun-deswirtschaftsminister Brüderle den Kommissionsvorschlag. Die IG BCE entfaltet eine Vielzahl von

Aktivitäten. Sie führt politische Gespräche auf allen politischen Ebenen. 29. SEPTEMBER Der Kohleakti-onstag ist Höhepunkt der Aktivi-täten der IG BCE. Mehr als 10000 Bergleute verlangen auf Betriebs-versammlungen an allen deut-schen Kohle-Standorten sowie auf einer Demonstration in Brüssel von der Bundesregierung ein ein-heitliches, energisches Eintreten für den deutschen Kohle-Pakt.27. OKTOBER Die Bundesregie-rung einigt sich auf das Auslauf-datum 2018.

17. NOVEMBER Das Bundes-kabinett beschließt einen Ge-setzentwurf, der die Streichung der Revisionsklausel aus dem Steinkohlefinanzierungsgesetz vorsieht.23. NOVEMBER Mit großer Mehrheit befürwortet das EU-Parlament eine Beihilferegelung bis 2018.8. DEZEMBER Die EU-Kommis-sion einigt sich auf den neuen Vorschlag. 10. DEZEMBER Der EU-Wett-bewerbsrat beschließt die neue Regelung.

CCS Signal aus CancúnDas CCS-Verfahren ist eine Mög-lichkeit, den CO2-Gehalt in der Atmosphäre zu vermindern. Das hat nun auch die 16. Weltklima-konferenz in Cancún anerkannt. Aus Sicht der IG BCE ist das eines der we-nigen handfesten Ergebnisse der Konferenz, die ansonsten „nicht zu-friedenstellend“ war. Zwar haben sich die 194 Staaten auf die Begren-zung der Erderwärmung auf zwei Grad geeinigt. Weiterhin offen bleibt aber, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Die Gewerkschaft for-dert, wesentlich stärker auf techni-sche Innovationen zu setzen. Dazu gehört die CCS-Technologie. Denn weltweit wird die Verstromung von Kohle zunehmen – etwa in China oder Indien. In Cancún wurde be-schlossen, die Speichertechnik CCS in den Clean-Development-Mecha-nismus aufzunehmen. Das bedeu-tet, dass CCS-Projekte in Entwick-lungsländern finanziell gefördert werden können. <

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KOHLEPOLITIK

Für ihre Geduld und ihr Engagement in der Auseinandersetzung um die Kohle-Beihilferegelung bedankt sich der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis bei den Bergleuten.http://j.mp/esNHQt

Ein Gesetzentwurf für ein CCS-Gesetz liegt seit längerem vor, doch das Bundeskabinett vertagt dessen Beratung von Sitzung zu Sitzung. Die IG BCE ist überzeugt: Für den Energiestandort Deutschland und die Zukunft der Braunkohle ist ein solches Gesetz überfällig. Ohne Rechts-rahmen sind Erprobung und Einsatz der CCS-Technologie nicht möglich. Dabei könnte ihr Einsatz ein entscheidender Beitrag für den Klimaschutz sein. 2009 ist die Große Koalition mit einem CCS-Gesetz am Widerstand von unionsgeführten Ländern gescheitert. Mittlerweile gibt es einen neuen Gesetzentwurf, doch das Kabinett hat sich bisher damit noch nicht befasst. Zu groß ist der Widerstand einiger Länder wie Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Sie fordern eine Länder-Ausstiegsklausel. Das lehnt etwa Ralf Christoffers, Brandenburgs Wirtschaftsminister, entschieden ab: „Entweder das Gesetz gilt überall oder gar nicht.“ Die Kohleländer Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen unterstüt-zen die Forderung der IG BCE.

Der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis stellt klar: „Wir brauchen kein Alibi-Gesetz, das CCS in das Belieben der Länder stellt und Verantwortung abschiebt. Energiepolitik funktioniert nicht nach dem Sankt-Florian-Prinzip. Gerade für langfristig orientierte Investitionsentscheidungen in der Energiewirtschaft sind zuverlässige Bedingungen und ein stabiler po-litischer Rahmen unverzichtbar.“ Nicht nur wegen geplanter Investitionen in Anlagen zur Erprobung von CCS, etwa von Vattenfall in Brandenburg, ist Eile geboten. Auch die EU-Richtlinie zu CCS verlangt von den Mitglied-staaten nationale Gesetze. <

FAQaktuellCCS-TECHNOLOGIE

?Wie funktioniert CCS?CCS steht für „Carbon Capture

and Storage“, also die Abscheidung und sichere Speicherung des in Kraftwerks- und Industrieprozessen anfallenden CO2 in tiefliegenden geologischen Gesteinsformationen. Bei der Abscheidung wird das bei jedem Verbrennungsvorgang frei werdende Kohlendioxid isoliert und eingefangen. Tief unter der Erdober-fläche liegende, salzwasserführen-de Gesteinsschichten kommen für die Speicherung von CO2 in Frage.

CHANCEN UND RISIKEN

?Welchen Nutzen, welche Risiken bringt die Technologie?

Die CCS-Technologie ist ein mög-liches Instrument, um die Erder-

wärmung zu bremsen. Denn die Kohleverstromung steigt weltweit. Mit ihrem Einsatz können Kohle-kraftwerke in Zukunft praktisch ohne Abgabe von Kohlendioxid in die Luft arbeiten. Moderne, kli-mafreundliche Kohlekraftwerke sind als Brücke in eine regenerative Energiezukunft unverzichtbar. Auch Braunkohle, der wichtigste subven-tionsfreie heimische Energieträger, gehört in den Energie-Mix der Zu-kunft. Zudem ist CCS eine Lösung für prozessbedingte Emissionen etwa der Zement- oder der Chemie-industrie. Allerdings ist die Technik noch nicht ausgereift. Das betrifft die Kosten, den noch zu hohen Ener-giebedarf bei ihrem Einsatz und das noch nicht ganz erforschte Verhal-ten von CO2 in den Speichern. Man

kann aber die Risiken von CCS mit denen von Atomkraft nicht gleich-setzen: Ein CO2-Speicher ist kein atomares Endlager, das über Jahr-tausende strahlt.

EINSATZ INTERNATIONAL

?Gibt es bereits Erfahrungen aus anderen Ländern?

Ja. In den USA und Norwegen bei-spielsweise wird CCS seit Jahren oh-ne erkennbare ernste Probleme ein-gesetzt. In vielen anderen Ländern wird die Technologie bereits erprobt und entwickelt. Die EU hat 2009 ei-ne Richtlinie zu CCS beschlossen und stellt auch Forschungsgelder für die weitere Erprobung bereit. Ohne CCS-Gesetz droht Deutschland sei-ne technologische Vorreiterrolle zu verlieren.

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CCS-TECHNOLOGIE Gesetz seit langem überfällig

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CCS-GESETZ

Mehrere Hundert IG-BCE-Mitglieder haben am 9. Dezember anlässlich der Konferenz der Wirtschaftsminister von Bund und Ländern in Cottbus für die schnelle Verabschiedung eines CCS-Ge-setzes demonstriert. Die Teilnehmerin-nen und Teilnehmer der Demonstration forderten die Wirtschaftsminister auf, das Gesetz zum Thema ihrer Konferenz zu machen, nachdem das Bundeskabi-nett die Entscheidung über den Gesetz-entwurf mehrfach vertagt hat. „Wir brauchen das Gesetz nicht nur für eine klimafreundliche Verstromung unserer heimischen Braunkohle, sondern auch für viele andere Industrien“, erklärte der stellvertretende IG-BCE-Vorsitzende Ulrich Freese. Foto: Rainer Weisflog

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Quelle: ifo Institut für WirtschaftsforschungIndexwerte, 2000 = 100, saisonbereinigt

2008200720062005

1151101051009590858075

2009

LageKlimaErwartungen

2010

Weiter im AufwindWerte des ifo Geschäfts-klimaindex von 2005 bis 2010 (jeweils von November)

„Die deutsche Wirtschaft schraubt sich immer höher“, beschreibt das ifo Institut die aktuelle Entwicklung im Geschäfts-klimaindex. Im November liegt der Index sogar über den Werten des Booms 2006/2007. Die aktuelle Geschäftslage beurteilen die Unternehmen positiver als bisher und mit einem Indexwert von 106,3 so gut wie nie zuvor. Das Geschäftsklima ist der Saldo der positiven und negativen Einschätzungen von 7000 Unternehmen bezüglich ihrer gegenwärtigen Geschäftslage und ihren Erwartungen für die kommenden sechs Monate. Basis für den Index ist das Jahr 2000 (=100 Punkte)

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FAKTENaktuellBruttoinlandsprodukt steigt. Die positive Entwicklung der deut-schen Wirtschaft zeigt sich im starken Anstieg des Bruttoinland-produkts. Die deutsche Wirt-schaft ist zuletzt um 2,3 Prozent (2. Quartal) und 0,7 Prozent (3. Quartal) gewachsen. Für 2010 rechnen beispielsweise die Wirt-schaftsforschungsinstitute

in ihrem Herbstgutachten (Okto-ber 2010) mit einem Anstieg um 3,5 Prozent.Volle Auftragsbücher. Im Oktober erhielten die Unternehmen 1,6 Prozent mehr Aufträge als im Vorjahr, so das Bundeswirtschafts-ministerium. Beschäftigte optimistisch. Die Mehrheit der Beschäftigten in

Deutschland blickt mit Zuversicht ins Jahr 2011. Laut einer repräsen-tativen Gallup-Befragung sind 64 Prozent der Arbeitnehmer von einer weiteren Verbesserung der wirtschaftlichen Lage überzeugt, 2009 waren das nur 35 Prozent. Lediglich 28 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung (gegen-über 60 Prozent im Vorjahr).

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CHEMIE-TARIFRUNDE 2011

IM NETZJetzt geht’s um uns – Das ist unser Aufschwung Die Forderungsempfehlung des IG-BCE-Hauptvorstands im Wortlaut.Download unter:http://bit.ly/f8vh4H

6 bis 7 Prozent mehr Geld – so lautet die Forderungsempfehlung des Hauptvorstands der IG BCE für die Chemie-Tarifrunde 2011. Das hat er am 6. Dezember in Hannover beschlossen. Als Laufzeit des neuen Tarifver-trags schlägt der Hauptvorstand zwölf Monate vor. Die genaue Tarifforde-rung soll nach den Debatten in den Chemie-Betrieben und in den Tarifbe-zirken in den nächsten Wochen aufgestellt werden. Die Verhandlungen beginnen Mitte Februar in den Regionen.

Die chemische Industrie habe im Rekordtempo Vorkrisenniveau erreicht und sei international glänzend aufgestellt, begründet der IG-BCE-Vorsit-zende Michael Vassiliadis die Empfehlung. „Die gesamtwirtschaftliche Lage ist gut, die Chemie steht noch besser da. Auch die Prognosen sind erfreu-lich. Deutschland hat das Krisental schneller als andere Länder durchschrit-ten, der Aufschwung ist da. Zu dieser positiven Entwicklung haben die Beschäftigten einen erheblichen Beitrag geleistet. Das muss sich jetzt auch in den Portemonnaies wiederfinden“, so Vassiliadis. Deshalb lautet das Motto der Tarifrunde: „Das ist unser Aufschwung. Jetzt geht’s um uns.“

Der IG-BCE-Tarifpolitiker Peter Hausmann unterstreicht: „Vor allem geht es um eine deutliche Einkommenserhöhung. Daneben sollen in der Tarifrunde 2011 weitere wichtige Zukunftsthemen behandelt werden.“ So sollen die Demografie-Tarifverträge weiter entwickelt, die Nachwuchs-sicherung verbessert und auf betrieblicher Ebene dem Missbrauch von Leiharbeit begegnet werden. Über die Vorgehensweise wird mit dem Chemie-Arbeitgeberverband ein Konsens hergestellt.

Die Forderungsempfehlung des IG-BCE-Hauptvorstands ist Grundlage für die jetzt beginnenden Diskussionen in den 1900 Chemie-Betrieben. Die Ergebnisse werden in den elf Tarifbezirken zusammengeführt. Die Verhand-lungen starten am 16. Februar im Tarifbezirk Nordrhein. Die Chemie-Tarifver-träge gelten für rund 550 000 Beschäftigte, die Laufzeiten enden regional unterschiedlich. In den Tarifbezirken Nordrhein, Rheinland-Pfalz und Hessen gelten die Verträge bis zum 28. Februar, in Westfalen, Bayern, Baden-Würt-temberg, Niedersachsen/Bremen, Schleswig-Holstein/Hamburg und Berlin bis zum 31. März, im Saarland und in Nordost bis zum 30. April. <

TARIFFORDERUNG Die Beschäftigten am Aufschwung beteiligen

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* PrognoseQuelle: Jahresgutachten 2010/11, Sachverständigen-rat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichenEntwicklung

2008

43210-1-2-3-4-5

2009

BIPVerbraucher-preiseErwerbstätige

2010* 2011*

Es geht aufwärtsVeränderung der Erwerbs-tätigenzahl, des Bruttoinlands-produkts (BIP) und der Verbaucher-preise gegenüber dem Vorjahr(in Prozent)

Ob Erwerbsquote, Bruttoinlandsprodukt oder Verbraucherpreise: Die gute wirt-schaftliche Lage zeigt sich an vielen Faktoren, so das Jahresgutachten des Sachverständigenrats von November. So soll die Zahl der Erwerbstätigen in diesem Jahr um 0,2 Prozent und 2011 um 0,6 Prozent steigen. Beim Bruttoinlands-produkt sehen die Sachverständigen sogar einen Anstieg um 3,7 Prozent. Die Preissteigerungsrate wird anziehen, liegt aber weiter auf einem niedrigen Niveau.

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CHEMIE-TARIFRUNDE 2011

Die chemische Industrie hat die Krise überwunden, viele Unternehmen melden bereits Rekordergebnisse für dieses Jahr. „Der heutige Erfolg der Chemie gründet sich wesentlich auf die Leistungen der Beschäftigten in der Krise“, betont der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis. Neben der Kurzarbeit haben vor allem flexible tarifliche Regelungen dafür gesorgt, dass in der chemischen Industrie die Beschäftigungslage während der Krise stabil geblieben ist. Im Krisenjahr 2009 wurden 335-mal tarifliche Öffnungsklauseln genutzt, um Arbeitszeit, Entgelt oder Jahressonderzah-lungen zu kürzen. Betroffen waren davon 130 000 Beschäftigte. „Das war die Voraussetzung, um schneller als andere die Produktion wieder hoch-zufahren“, so Vassiliadis.

In der schwierigen wirtschaftlichen Situation waren die Beschäftigten darü-ber hinaus bereit, auf eine nachhaltige, prozentuale Einkommenserhöhung zu verzichten. Im Tarifvertrag 2010 hatte die IG BCE Einmalzahlungen sowie einen Konjunkturbonus für diejenigen Firmen vereinbart, die nicht von der Krise betroffen waren. Zudem setzte die IG BCE auf Erhalt der Ausbil-dungsplätze, Übernahme-Regelungen nach der Ausbildung sowie Beschäf-tigungssicherung. Gleichzeitig vereinbarte die Gewerkschaft eine kurze Laufzeit, damit die nächste Tarifrunde im Aufschwung stattfindet. Diese Rechnung ist aufgegangen. Die in der Tarifrunde 2010 gebauten „Brücken für Beschäftigung“ haben gehalten und zugleich Perspektiven eröffnet.

„Die Zeiten der Krise müssen sich von Zeiten des Aufschwungs unter-scheiden – dafür werden wir in der kommenden Tarifrunde sorgen“, kündigt Vassiliadis an. Produktion, Umsatz und Gewinne bewegten sich auf einem Niveau, das eine deutliche Einkommenssteigerung rechtfertige. Der Branchenverband VCI geht davon aus, dass die Produktion in diesem Jahr um elf und der Umsatz um 17,5 Prozent steigen. Der Bundesarbeitge-berverband Chemie (BAVC) reagierte jedoch empört auf die IG-BCE-Forde-rung. Die IG BCE schieße „weit über das Ziel hinaus“, warnte BAVC-Haupt-geschäftsführer Hans Paul Frey. Der Branche gehe es keinesfalls besser als vor der Krise. Das sehen die Unternehmen selbst anders – laut ifo Institut bewerten sie Lage und Perspektiven zurzeit so positiv wie in den letzten 20 Jahren nicht mehr. Das Institut schreibt: „Die schwungvolle Nachfrage führte im November sogar zu Lieferengpässen. Angesichts dessen wollen die Firmen ihre Produktion massiv ausweiten.“ <

AUSGANGSLAGE Krise war gestern

Peter Hausmann, im IG-BCE-Vorstand für Tarifpolitik zuständig: „Vor einem Jahr ging es vor allem darum, die Beschäfti-gung stabil zu halten. Das ist mit unse-rem Tarifvertrag ‚Brücken für Beschäfti-gung’ gut gelungen. Krise war gestern, deshalb steht die Tarifrunde 2011 unter

dem Motto: Jetzt geht’s um uns – Das ist unser Aufschwung.“ Im Video: State-

ments von Michael Vassiliadis und Peter Hausmann zur Tarifrunde 2011:

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„In der chemischen Industrie ist der Geschäftsklimaindex nochmals deutlich gestiegen und erreichte den höchsten Wert seit der Wiedervereini-gung.“aus: ifo Konjunkturperspektiven 11/2010

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IMPRESSUMHerausgeber: IG Bergbau, Chemie, EnergieMichael VassiliadisChefredakteur und verantwortlich: Christian Hülsmeier Redaktion: Michael Denecke, Rudolf Heim, Dirk KirchbergText: Graewis Verlag GmbHGestaltung: zang.designInfografik: Niesen MediendesignKontakt: IG Bergbau, Chemie, EnergieAbteilung Medien + KommunikationKönigsworther Platz 6, 30167 HannoverTel. 0511 / 76 31 - 698, Fax 0511 / 7 00 08 [email protected]

IG BCE aktuell, der IG BCE-Newsletter für Aktive, kann – unter Angabe der E-Mail-Adresse – im Internet bestellt werden unter: http://bit.ly/a8vPp5 oder per Fax: 0511/7000891.Ca

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*Schlechte Arbeit: weniger als 50 Punkte beim DGB-Index Gute Arbeit, mittelmäßige Arbeit: 50-80 Punkte, Gute Arbeit: mindestens 80 PunkteQuelle: DGB-Index Gute Arbeit 2010

Gute Arbeit

SchlechteArbeit

Mittelmäßige Arbeit

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Gute Arbeit:Noch viel zu tunProzentuale Verteilung der Arbeitsplätze nach Qualitätsstufen*

Kein gutes Bild zeichnet der DGB-Index Gute Arbeit 2010 von den Arbeitsbedin-gungen in Deutschland. 33 Prozent der Beschäftigten halten ihre Arbeitsbedin-gungen für schlecht. Nur jeder siebte sieht seinen Job positiv. Das ist das Ergebnis der bereits zum vierten Mal erhobenen repräsentativen Befragung der DGB-Gewerkschaften zur Qualität der Arbeitsplätze.Besonders kritisch bewerten die Be-schäftigten ihr Einkommen, Aufstiegs-möglichkeiten und Arbeitsplatzsicher-heit. Die IG BCE will ihre gewerkschaft-lichen Gestaltungsspielräume weiter-hin nutzen, um Arbeitsplätze fairer und sicherer zu gestalten. Ab 2011 soll das Thema Gute Arbeit noch stärker als bisher in den Mittelpunkt der gewerk-schaftlichen Arbeit rücken.

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LEIHARBEIT Signal gegen LohndumpingDie so genannte Tarifgemeinschaft Christlichen Gewerkschaften ist nicht tariffähig. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Die IG BCE be-grüßt das Urteil der Erfurter Richter als ein „gutes Signal gegen Lohndum-ping und für mehr Fairness auf dem Arbeitsmarkt“.

Grundsätzlich gilt seit 2003, dass Leiharbeiter genauso zu bezahlen sind wie die Stammbelegschaften. Allerdings lässt das Arbeitnehmerüberlas-sungsgesetz (AÜG) eine Ausnahme zu – Tarifverträge genießen Vorrang. Christliche Scheingewerkschaften haben diese Lücke genutzt und mit Ar-beitgeberverbänden der Zeitarbeitsbranche Dumping-Tarifverträge und Gefälligkeitsvereinbarungen abgeschlossen. Das Prinzip „Equal Pay“ wur-de auf diese Weise ausgehebelt. Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt klar entschieden, dass die „Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen“ (CGZP) nicht tariffähig ist und künftig keine Tarifverträge mehr abschließen darf. Ein Sprecher des Erfur-ter Gerichts sagte, es sei zweifelhaft, dass die CGZP in der Vergangenheit tariffähig war. Eine schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.

Verleihunternehmen, die die Tarifverträge der Christlichen Gewerkschaf-ten anwenden, sind nach Auffassung der IG BCE jetzt verpflichtet, den Leiharbeitern die Differenz zu den Tarifentgelten der Stammbelegschaf-ten nachzuzahlen. Dabei sind Verfall- und Verjährungsfristen zu beachten. Leiharbeitnehmer, die IG-BCE-Mitglied sind und ihre Ansprüche einfor-dern wollen, erhalten von der Gewerkschaft Rechtsschutz. Der Arbeits-markt ist nicht zuletzt durch das Gebaren der Christlichen Pseudogewerk-schaften in Unordnung geraten. Jetzt geht es darum, wieder anständige und faire Verhältnisse zu schaffen. Das Erfurter Urteil ist nach Auffassung der IG BCE ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. <

Mehr: www.igbce.de

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