Illegalen Holzeinschlag eindämmen -...

4
Illegalen Holzeinschlag eindämmen WWF drängt auf wirkungsvolles EU-Urwaldschutzgesetz Illegaler Holzeinschlag ist ein enormes weltweites Problem, das auf dem G8-Gipfel 1998 erstmals „offiziell“ behandelt wurde, nachdem Umweltverbände es zuvor wieder- holt zum Thema gemacht hatten. Doch bis heute gibt es EU-weit kein Gesetz, das die Einfuhr, den Handel und den Besitz von Holz und Holzprodukten aus illegalen Quellen unterbindet und die Herkunft der Hölzer transparent macht. Mittlerweile wurde dieses Problem zwar von allen waldrelevanten Gremien aufgegriffen – auf G8-Gipfeln, auf dem Waldforum der Vereinten Nationen (UNFF), auf Konferenzen zur Biodiversitäts-Konvention (CBD), innerhalb der EU-Kommission und vielen mehr. Doch leider blieb diese politische Diskussion bislang ohne nennenswerte Ergebnisse. Was sind illegaler Holzeinschlag und illegaler Handel? Holzeinschlag und Holzhandel sind dann illegal, wenn bei Ernte, Transport, Einkauf und Verkauf von Holz gegen nationale oder internationale Gesetze verstoßen wird. Beispiels- weise kann das „Ernteverfahren“ selbst illegal sein, wenn Nutzungsrechte an dem Wald durch korruptes Vorgehen erschlichen wurden, die Holzernte ohne Erlaubnis oder auf unrechtmäßige Weise in Schutzgebieten stattfindet, geschützte Baumarten geschlagen werden, mehr Holz geerntet wird, als offiziell erlaubt ist, oder Landrechte verletzt werden. Illegale Handlungen können auch während der Weiterverarbeitung und des Transportes auftreten – wie zum Beispiel nicht zulässiger Holzexport, gefälschte Zolldokumente sowie unterschlagene Steuern oder andere Gebühren.

Transcript of Illegalen Holzeinschlag eindämmen -...

Page 1: Illegalen Holzeinschlag eindämmen - WWFmobil.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Kampagne... · 2011. 11. 9. · Illegalen Holzeinschlag eindämmen WWF drängt auf wirkungsvolles

Illegalen Holzeinschlag eindämmenWWF drängt auf wirkungsvolles EU-Urwaldschutzgesetz

Illegaler Holzeinschlag ist ein enormes weltweites Problem, das auf dem G8-Gipfel 1998 erstmals „offiziell“ behandelt wurde, nachdem Umweltverbände es zuvor wieder-holt zum Thema gemacht hatten. Doch bis heute gibt es EU-weit kein Gesetz, das die Einfuhr, den Handel und den Besitz von Holz und Holzprodukten aus illegalen Quellen unterbindet und die Herkunft der Hölzer transparent macht.

Mittlerweile wurde dieses Problem zwar von allen waldrelevanten Gremien aufgegriffen – auf G8-Gipfeln, auf dem Waldforum der Vereinten Nationen (UNFF), auf Konferenzen zur Biodiversitäts-Konvention (CBD), innerhalb der EU-Kommission und vielen mehr. Doch leider blieb diese politische Diskussion bislang ohne nennenswerte Ergebnisse.

Was sind illegaler Holzeinschlag und illegaler Handel? Holzeinschlag und Holzhandel sind dann illegal, wenn bei Ernte, Transport, Einkauf und Verkauf von Holz gegen nationale oder internationale Gesetze verstoßen wird. Beispiels-weise kann das „Ernteverfahren“ selbst illegal sein, wenn Nutzungsrechte an dem Wald durch korruptes Vorgehen erschlichen wurden, die Holzernte ohne Erlaubnis oder auf unrechtmäßige Weise in Schutzgebieten stattfindet, geschützte Baumarten geschlagen werden, mehr Holz geerntet wird, als offiziell erlaubt ist, oder Landrechte verletzt werden. Illegale Handlungen können auch während der Weiterverarbeitung und des Transportes auftreten – wie zum Beispiel nicht zulässiger Holzexport, gefälschte Zolldokumente sowie unterschlagene Steuern oder andere Gebühren.

Page 2: Illegalen Holzeinschlag eindämmen - WWFmobil.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Kampagne... · 2011. 11. 9. · Illegalen Holzeinschlag eindämmen WWF drängt auf wirkungsvolles

Illegale Abholzung bedroht den Lebens-raum vieler Tiere, die sich im Wald verstecken, und imposanter Pflanzen wie die Rafflesia.

Die Auswirkungen des illegalen Holzeinschlags sind enorm, lokal wie global: Ein dramatischer Verlust an Artenvielfalt sowie eine erhebliche Beeinträchtigung des Ökosystems sind die Folge. Oftmals werden die Wälder kahlgeschlagen und in intensiv bewirtschaftete Plantagen umge-wandelt oder einfach brach liegen gelassen. Tiere verlieren ihren Lebensraum, verschwinden oder werden gar ausgerottet. Mit der Waldvernichtung wird häufig auch die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung, besonders der Ureinwohner, vernichtet. Aber auch der Klimawandel wird durch den Verlust der „grünen Lungen“ weiter vorangetrieben, denn rund ein Fünftel der globalen Treibhausgasemissionen stammen aus Waldvernichtung.

Illegales Holz in ZahlenRund 80 Prozent der Urwälder, welche die Erde ursprünglich bedeckten, sind bereits zerstört. Von den verbliebenen Restbeständen sind rund 40 Prozent akut bedroht, vor allem durch kommerziellen Holzeinschlag. Jedes Jahr gehen weltweit mindestens 13 Millionen Hektar Wald durch Brände, Umwandlung in Plantagen und Abholzung für die Holzindustrie verloren. Das ist eine größere Fläche als Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zusammen.

Der Anteil des illegalen Holzeinschlags an der globalen Holzproduktion wird auf 20 bis 40 Pro-zent geschätzt, der wirtschaftliche Schaden durch entgangene Einnahmen für Staat, Industrie und Waldbesitzer auf 15 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Illegaler Holzeinschlag drückt durch seine Billigangebote (ermöglicht zum Beispiel durch nicht gezahlte Steuern und verhinderte Abgaben, indem die Hölzer als minderwertig deklariert werden) den Holzpreis weltweit um schätzungsweise 7 bis 16 Prozent. Hinzu kommt der Imageschaden für den Rohstoff Holz und den gesamten Forstsektor. Waldbesitzer und Unternehmen der Holzbranche, die nachhaltig arbeiten und Holz aus legalen oder nachhaltigen Quellen einsetzen, sind einem unfairen Wettbewerb ausgesetzt. Zwischen 16 und 19 Prozent der Holzimporte in die Europäische Union (EU) stammen nach An-gaben einer WWF-Studie aus illegalem Holzeinschlag. Allein in Deutschland kommen zwischen 7 und 9 Prozent der Holzimporte aus illegalen Quellen.

Was tut die EU gegen illegalen Holzeinschlag? Die Europäische Kommission hat bereits 2003 einen Aktionsplan zur Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags und dem damit verbundenen Handel – den so genannten FLEGT-Aktionsplan – be-schlossen (FLEGT: Forest Law Enforcement, Governance and Trade – Rechtsdurchsetzung, Politik-gestaltung und Handel im Forstsektor). Dieser wird allerdings bis heute in seinen Details diskutiert.

2005 verabschiedete der EU-Rat eine Verordnung zur Einrichtung eines FLEGT-Genehmigungs-systems für Holzeinfuhren in die EU sowie ein Verhandlungsmandat der EU-Kommission zur Aushandlung entsprechender freiwilliger bilateraler Partnerschaftsabkommen (VPA – Voluntary Partnership Agreements) mit Lieferländern. Derzeit sind zwei Abkommen geschlossen, mit Gha-na und Kongo-Brazzaville. In Verhandlungen beziehungsweise Gesprächen mit der EU stehen aktuell Kamerun, Malaysia, Indonesien, Liberia, Gabun und die Zentralafrikanische Republik. Im Rahmen dieser Abkommen sichern die Partnerländer der Europäischen Union zu, ein Genehmi-gungs- und Lizenzsystem einzuführen, damit sie gewährleisten können, nur legales Holz in die EU auszuführen.

Eine WWF-Studie aus dem Jahr 2008 zeigt, dass dieses Lizenzsystem auch nach dem Ab-schluss aller geplanten Partnerschaftsabkommen mehr als 90 Prozent des Imports von illegal eingeschlagenem Holz in die EU und 97 Prozent des illegalen Holzimports nach Deutschland nicht verhindern kann. Die Ursachen: Mit wichtigen Herkunfts- und Transitländern (z. B. Russ-land, Brasilien, China, osteuropäische Länder) gibt es bisher keine offiziellen Verhandlungen. Zu-dem werden viele Produkte, die aus illegalem Holz hergestellt sind, vom FLEGT-Lizenzsystem bis-her nicht erfasst (z. B. Möbel, andere fertig verarbeitete Holzprodukte oder Papier). Es bestünde

Page 3: Illegalen Holzeinschlag eindämmen - WWFmobil.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Kampagne... · 2011. 11. 9. · Illegalen Holzeinschlag eindämmen WWF drängt auf wirkungsvolles

Auch der stark bedrohte Orang-Utan profitiert von einer wirkungsvollen Gesetzgebung.

aber die Möglichkeit, einzelne Produkte auf Länderebene nachzuverhandeln. Denn selbst Schnitt-holz kann mit einfachsten Mitteln – z. B. dem Fräsen einer Nut – zu fertig bearbeitetem Profilholz umdeklariert und damit die Kontrolle durch das Lizenzsystem umgangen werden.

Unter Berücksichtigung dieser Mängel hat die EU-Kommission im Oktober 2008 einen zusätz-lichen FLEGT-Verordnungsvorschlag für eine Regelung des Handels von Holz auf dem europäi-schen Markt veröffentlicht. Der Vorschlag sieht vor, dass alle Marktteilnehmer, die erstmals Holz- oder Holzprodukte auf dem EU-Markt in Verkehr bringen, künftig mit einer obligatorischen Sorgfaltspflichtregelung das Risiko minimieren sollen, dass Holz aus illegalen Quellen darunter ist. Das heißt: Die Unternehmen müssen ein System entwickeln, mit dem sich zurückverfolgen lässt, woher und aus welchen Quellen ihr Holz stammt.

Empfehlungen des WWFDer WWF würdigt die Absicht der Europäischen Kommission, rechtlich bindende Regelungen zu treffen, um dem Handel mit Holz und Holzprodukten aus illegalen Quellen in der EU Einhalt zu ge-bieten. Gleichwohl weist der von der Kommission vorgelegte Vorschlag (mit dem internen Titel COM(2008) 644/3) große Mängel und Lücken auf, die im Hinblick auf eine wirkungsvolle Gesetzgebung beseitigt werden müssen. Ohne diese Verbesserungen bliebe die Verordnung ein stumpfes Schwert.

Der WWF fordert deshalb, dass folgende sieben Aspekte in der Verordnung umgesetzt werden: 1. Schaffung spezifischer Straftatbestände: Es sollte einen Verordnungsverstoß darstellen,

wenn Holz oder Holzprodukte auf den EU-Markt gebracht werden und der dafür verantwort-liche Marktteilnehmer entweder weiß, dass das Holz im Herkunftsland illegal geschlagen, ge-handelt oder verarbeitet wurde, oder keine angemessene Sorgfalt zur Minimierung dieses Risi-kos hat walten lassen.

2. Geltungsbereich: Erweiterung auf alle Marktteilnehmer in der EU: Das Gesetz muss für alle EU-Marktteilnehmer gelten, die in der Lieferkette vor dem Endverbraucher stehen – also nicht nur für den Marktteilnehmer, der das Holz oder das Holzprodukt als Erster auf dem Gemeinschaftsmarkt einführt.

3. Verschärfung der Anforderungen für die Sorgfaltsprüfung: Stärkung der Kriterien und Prinzipien, durch die ein Sorgfaltspflichtsystem definiert ist – und zwar in puncto Klarheit und Genauigkeit. Es müssen ehrgeizigere Anforderungen gestellt werden: Marktteilnehmer brau-chen Klarheit darüber, was sie zur Einhaltung der Gesetze tun müssen.

4. Einbindung aller relevanten Rechtsvorschriften zur legalen Beschaffung im Herkunfts-land: Die legale Beschaffung von Holz muss sämtliche Rechtsvorschriften des Herkunftslandes zur ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft berück-sichtigen, die sich auf die Ziele des EU-Gesetzesvorschlags beziehen – und nicht nur solche Gesetze, die sich unmittelbar auf die Waldbewirtschaftung und den Waldschutz beziehen.

5. EU-Richtlinien für die Verhängung von Strafen und für das Durchsetzungsverfahren: Bildung eines EU-Rahmens für einheitliche Umsetzungsverfahren und Strafmaßnahmen inner-halb der gesamten Gemeinschaft.

6. Einrichtung einer Kontrollebene durch Überwachungsorganisationen und inner-staatliche Behörden: Aufstellung wirksamer und einheitlicher gemeinsamer Kriterien für die Anerkennung von Überwachungsorganisationen sowie eindeutiger Richtlinien für Kontrollen der Überwachungsorganisationen und innerstaatlichen Behörden in allen 27 Mitgliedsstaaten.

7. Schließen von Gesetzeslücken, durch die bestimmte Holzprodukte nicht erfasst werden: Sämtliche Holzerzeugnisse, die illegales Holz enthalten könnten, müssen von der Verordnung erfasst werden. Es muss gewährleistet werden, dass auch weiterverarbeitete Produkte wie Profilholz, Papier und Verpackung sowie Rohstoffe für den Einsatz in der Energie-erzeugung wie etwa Holzpellets in die Verordnung aufgenommen werden.

Page 4: Illegalen Holzeinschlag eindämmen - WWFmobil.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Kampagne... · 2011. 11. 9. · Illegalen Holzeinschlag eindämmen WWF drängt auf wirkungsvolles

Projekt: Internationale Forstpolitik – Gesetzgebung gegen Holz

aus illegalen Quellen Dauer: 2003 - 2012

Projektleiterin: Nina Grießhammer

Weitere Informationen: www.wwf.de/wald

[email protected]

Zerstörte Wälder bieten dem Elefanten keinen Lebensraum mehr.

Projekt-Informationen

Das können Sie tun.Jeder kann etwas für den Schutz der Wälder tun. Unterstützen Sie den WWF! Dazu gibt es viele Möglichkeiten. Jeder Beitrag hilft uns im Einsatz für einen lebendigen Planeten und den Erhalt der biologischen Vielfalt.

Mitglied werden.WWF-Mitglieder setzen sich engagiert für den Erhalt und den Schutz der Natur ein – in Deutschland und weltweit. Mit Ihrem Mitgliedsbeitrag leisten Sie einen wesent-lichen Beitrag zur Erreichung unserer Naturschutzziele. Dafür erhalten Sie viermal jährlich das WWF Magazin und können an Exkursionen in Projektgebiete teilnehmen.

Pate werden.Mit einer Patenschaft haben Förderer die Möglichkeit, für 30 Euro monatlich ein spezielles Naturschutzprojekt ihrer Wahl zu unterstützen.

Spenden statt schenken.Sie feiern demnächst Geburtstag oder heiraten oder veranstalten eine andere Feier und sind auf der Suche nach einem Geschenk, das garantiert nicht im Schrank ver-staubt? Dann lassen Sie sich von Ihren Freunden und Bekannten einen Beitrag zum Naturschutz schenken. Mit diesem sinnvollen Geschenk unterstützen Sie unsere Naturschutzarbeit, und helfen die Artenvielfalt zu bewahren.

Weitere Infos unter wwf.de

AusblickDer Verordnungsentwurf der EU-Kommission wurde inzwischen nach Interventionen des WWF und anderer Umweltorganisationen im April 2009 vom EU-Parlament in einer wesentlich verbesserten Fassung verabschiedet. Er soll alle an der Holzhandels-kette beteiligten Unternehmen unter anderem zu einem Herkunftsnachweis ihres Rohstoffs verpflichten. Nun liegt der Ball beim EU-Rat der zuständigen Minister aus den EU-Mitgliedsländern.

Der WWF appelliert an alle Entscheidungsträger, endlich durch ein klares Votum die illegale Holzmenge, die in die EU kommt, wirksam zu verringern und damit den Raubbau an den Wäldern entscheidend zu bremsen. Deutschland steht dazu nicht nur in der Pflicht, weil es ein Hauptabnehmer illegalen Holzes in Europa ist. Es könnte auch entscheidend zu einem klaren Votum beitragen: Mit Italien, Frankreich und Großbritannien verfügt Deutschland über die höchste Stimmenzahl innerhalb des EU-Rates.

Bildnachweise Titel: C. Teriete / WWF; S. 2: J. Syahirsyah / WWF-Indonesien (2), Supriyanto / WWF-Indonesien, V. Kess / WWF; S. 3: A. Compost / WWF; S. 4: A. Compost / WWF, S. Komar / WWF-Indonesien

ImpressumHerausgeber: WWF Deutschland / Stand: Juli 2009Redaktion und Koordination: Donné Beyer, octopusmedia, und Annika Magdorf, WWFLayout: Uhlemann-design.de / Druck: Medialogik GmbH, KarlsruheGedruckt auf 100 % Recyclingpapier

WWF DeutschlandRebstöcker Straße 5560326 Frankfurt / MainTel.: 069 / 7 9144-0 Fax: 069 / 6172 21E-Mail: [email protected]

Bank für Sozialwirtschaft Konto 2000 BLZ 550 205 00