Im Herzen - AZUR° Das · PDF fileDas Innenleben: Das Atrium mit Rezeption und Piano-Bar,...

6
28 ° azur.de 4/2013 4/2013 azur.de 29 ° Foto: Susanne Schaeffer EUROPA 2° Westliches Mittelmeer Im Herzen Europas AZUR ging an Bord des neuen Flaggschiffes von Hapag-Lloyd Kreuz- fahrten. Eine Suche nach dem PULSSCHLAG EINER LUXUS-LADY, nach einhundert Tagen auf See seit der Taufe in Hamburg. WWW.AZUR.DE

Transcript of Im Herzen - AZUR° Das · PDF fileDas Innenleben: Das Atrium mit Rezeption und Piano-Bar,...

28 ° azur.de 4/2013 4/2013 azur.de 29 °

Foto

: Sus

anne

Sch

aeff

er

europa 2° Westliches Mittelmeer

Im HerzenEuropasAZUR ging an Bord des neuen Flaggschiffes von Hapag-Lloyd Kreuz-

fahrten. Eine Suche nach dem Pulsschlag einer luxus-lady, nach einhundert Tagen auf See seit der Taufe in Hamburg.

www.azur.de

30 ° azur.de 4/2013 4/2013 azur.de 31 °Foto

s: S

usan

ne S

chae

ffer

europa 2° Westliches Mittelmeer

CalviDie Zitadelle, eine ehemalige Genueser Festung aus dem 15. Jahrhundert, thront über der Bucht und dem malerischen Yachthafen. Entlang der alten Wehrmauer geht’s auf Treppen in die „Hohe Stadt“.

Kühle Getränke warten bei jedem Landgang, wie hier auf Korsika, auf die Ausflügler der Europa 2.

Das „Monument aux Morts“, zum Gedenken an die im Ersten Weltkrieg Ge-fallenen, in der „Unterstadt“ von Calvi.

Das italienische Spezialitäten- Restaurant „Serenissima“ ist eine von sieben inkludierten Dining-Optionen mit mediterranen Köstlichkeiten.

32 ° azur.de 4/2013 4/2013 azur.de 33 °

Foto

s: H

apag

-Llo

yd K

reuz

fahr

ten,

Sus

anne

Sch

aeff

er

europa 2° Westliches Mittelmeer

livorno

portofinoDer prominente Naturhafen südlich von Genua hat schon die alten Römer fasziniert, die ihn als „Portus Delphini“, nämlich Delfinhafen, gründeten.

Asiatisches Flair und asiatische Spezialitäten im „Elements“ auf der Europa 2 - samt Glückskeks zum Abschied.

Das „Tor zur Toskana“ ist die Hafenstadt Livorno. Die Europa 2- Gäste fuhren von hier aus nach Lucca, Florenz oder Pisa mit seinem welt-berühmten Schiefen Turm.

Beim Bummel durch das 600-Seelen-Dorf stößt man

immer wieder auf Steinreliefs.

Das „Museo del Parco“, ein terrassenförmig angelegter Skulpturen-Garten, mit spektakulären Aussichten auf Portofino und das Meer, begrüßt die Gäste an der Pier.

Foto

s: H

apag

-Llo

yd K

reuz

fahr

ten,

Sus

anne

Sch

aeff

er

34 ° azur.de 4/2013 4/2013 azur.de 35 °

iel ist geschrieben worden über diesen Neubau von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten,

lange bevor das Schiff die Werft in Frank-reich verließ. Dann kam die Taufe, und Kreuz-fahrt-Kenner, Kritiker und Premierengäste vergaben Top-Noten für das Design. Also tat-sächlich das von der Reederei versprochene

schönste und derzeit beste Kreuzfahrtschiff? Wie sieht es mit der Software aus, hat die Europa 2 ein Herz und eine Seele? Kann man das Schiff schon „füh-len“? AZUR suchte auf einer Kreuzfahrt von Barcelona nach Monte Carlo nach Antworten.

Die Hülle: Respekt! Respekt vor der klaren, dezent-eleganten Handschrift der Reederei und ihrer Schiffs-Designer. Die Europa 2, unter Insidern knapp und ein wenig leblos-technisch „E 2“ genannt, kommt nicht als plumper Schuhkarton daher, sondern macht mit ihrem schnittigen Bug, schlanken Rumpf und einer mittleren Größe von rund 225 Metern eine Idealfigur. Ökologisch und damit auch ökonomisch fährt sie ebenfalls im Welt-vergleich ganz vorne mit, verfügt als erstes Kreuzfahrt-schiff über SCR-Katalysatoren, die den Stickoxidausstoß um fast 95 Prozent reduzieren.

Das Innenleben: Das Atrium mit Rezeption und Piano-Bar, meist erstes Ziel nach dem Boarding, empfängt den Gast luftig-leicht und lichtdurchflutet – mit Weitsicht aufs Meer durch große Glasflächen, extrem hohen De-cken und einer Fläche über die gesamte Schiffsbreite. Dieses Ambiente könnte auch das Entree eines Designer-Hotels an Land haben. Viel Freiraum, der Freiheits- gefühle erweckt. Der Gast fühlt sich weit umarmt und willkommen.

Die Kabinen: Es gibt ausnahmslos Suiten mit Veran-den. Die 28 Quadratmeter einer Ocean Suite oder Veranda Suite – der „kleinsten“ Kategorie – wirken größer als sie sind. Strahlen auf Anhieb Ruhe und Geborgenheit aus. Man will sich am liebsten sofort auf die Sofas lümmeln, am Willkommens-Champagner nippen und auf dem großen Balkon die Meeresbrise einatmen. Was mit an der Farbgestaltung liegen muss: Die Natur und hier der Herbstwald und die Frühlingswiese standen Pate – he-raus kam ein dezenter Dreiklang aus Wollweiß-Zimt-Braun, belebt durch Akzente wie Flieder und Violett, Lind- und Apfelgrün. Eine Frau verliebt sich beim Auspacken in pfiffige Kleinigkeiten inmitten dieses Riesen-Luxus: drei Meter lange Schränke mit zig Bügeln, darunter auch aus Seide, und mehr als ein Dutzend Schubladen. Große Freude: Hier muss nichts im Koffer mitreisen! Highend auch im Bad mit Massage-Brausen und einem der weni-gen Power-Föns auf See (das Leid jeder Langhaarigen!). Die individuell regulierbare Klimaanlage ist geräuschlos und zudem die erste, die nicht ungesund bläst. Mitge-dacht hat man beim tragbaren (Zweit-)Telefon am Nacht-tisch, bei der ledernen Schmuckschale. Fast zu viel des

Guten: die Fernbedienung, die sich als Einstellung für die eigene, liebste Liegeposition im Bett herausstellt. Wer jetzt noch nicht problemlos ins Traumland gleitet, kann sich am ITV mit zum Bett drehbarem Flatscreen bei einem Bier aus der kostenfreien Minibar durch die Kino-Blockbuster müde zappen. Einzige Tücke ist die Super-Technik: Licht-Tastenfelder, die mit voreingestellten Pro-grammen bestimmte Illuminations-Szenarien wie Total-, Dimmer- oder Nacht-Beleuchtung gestalten, dazu ein Master-Schalter, der komplett verdunkelt. Nicht jeder hat die Geduld, hier spielerisch-kreativ die richtigen Knöpfe zu finden.

Fitness an Bord: Für den dynamisch-aktiven Gast heißt das am ersten Seetag Morgen-Schwimmen.Der mit Meerwasser gefüllte Pool lässt 17, 18 Kraul- züge zu – beachtlich! –, ist dafür aber sehr schlank: Drei Gäste können gerade so aneinander vorbei. Aber so grüßt man sich, kommt gar ins Plaudern. Alternativ kann man sich Wachtrainieren im Fitness-Studio: Unter den Hightech-Geräten sucht man vergeblich einen ordinä-ren Bauchtrainer aus dem Supermarkt. Dafür fordert die 200 Übungen versprechende Kinesis-Station Verstand und Geduld. Auch Kurse gibt’s über den Tag verteilt: Power-Gymnastik, Zumba, Yoga an Deck oder – ganz innovativ – Fitness am Strand. Alle recht anspruchsvoll, so dass auch eine durchtrainierte 17-Jährige zufrieden schwitzt. Der Bereich Sport – mit Golftraining inklusive Videoanalyse – wird also respektabel abgedeckt. Der erste Seetag mit Sonne satt verleitet zu Entspannung an Deck: Tagsüber auf der Dedon-Liegewiese auf Deck 10 oder unter den Lounge-Liegen am Heck herrscht eine et-was unwirkliche Stille. Auch die Spa-Terrasse hat man fast alleine. Keine Lautsprecher-Durchsagen, keine Mu-sikbeschallung, nicht mal eine auf anderen Schiffen oft krass laut nervende Klimaanlage arbeitet hier stumm. Meditative Stimmung also mit freiem Blick aufs Meer.

die Europa 2 verzichtet auf plattes Pool-Enter-tainment: Die Wassergymnastik am Nach-mittag kommt ohne Beat-Sound aus, zu den Poolzeiten für die Kids plantschen die wohl

erzogenen Sprösslinge mit gedämpfter Lautstärke unterm geöffneten Magrodome. Sonst vergnügen sich die Nach-wuchs-Kreuzfahrer im sehr hochwertig ausgestatteten Kids- und Teensclub oder gehen auf eigene Landgänge.

Das Platzangebot: Wo sind nur die gut 400 Gäste dieser Reise, davon über 50 Kids und Teens? Wenn die Europa 2 eines hat, dann ist es viel, viel Platz, nicht nur in den Kabinen, sorry, Suiten. Das Gefühl, immer wieder ein Fleckchen finden zu können, wohin man sich zurück-ziehen kann – wer mag –, ist Luxus pur. Ein exklusiver Kreuzfahrt-Genuss, der sich auch wirklich so erleben lässt. Es gibt auch kein Warten auf die Aufzüge oder beim Besteigen der Tender, immer freie Plätze in den Restau-

V

St. tropezMondän, chic, aber auch romantisch trotz der Touristenmassen - die Promenade um den alten Hafen mit seinen Fischerbooten und noch mehr Luxus-Yachten.

europa 2° Westliches Mittelmeer

Kunstgalerie unter der heißen Sonne der Côte d‘Azur: Am Pier findet man Gemälde aller Stilrichtungen, aber auch Porträtmaler beim Arbeiten, in der Altstadt Holzschnitzereien (links).

Foto

s: H

apag

-Llo

yd K

reuz

fahr

ten,

Sus

anne

Sch

aeff

er

36 ° azur.de 4/2013 4/2013 azur.de 37 °

rants und an den Bars sowie im Theater, wo ausladende Sessel verschwenderisch weit auseinander stehen. Ein-zig die verdammt verführerische Eisbar im „Yacht-Club“ hat immer Hochbetrieb.

Womit wir beim für viele wichtigsten Part angelangt wären, der Kulinarik: Eine Kreuzfahrt geht immer durch den Magen, (im ungünstigsten Fall) auf die Hüfte und erfreut im Idealfall Augen und Gaumen. Kulinarische Genüsse in acht Restaurants stehen zur Auswahl. Im „Yacht-Club“ wartet eine schier unerschöpfliche Zahl an Köstlichkeiten und Außergewöhnliches dazu wie zum Frühstück Wabenhonig – ein Novum auf See! Stets auf den Punkt reife Mangos und Papayas – ein Kunststück! Zum Lunch und Dinner als schönste „Nebensache“ des Öfteren Hummer, Langusten, Austern und an einem Abend gar Kaviar satt – 47 Kilo in einer Woche – in allen Restaurants. Besonders auch: Es wird nur frischer statt gefrorener Fisch eingekauft – darunter diesmal fangfri-scher Thunfisch aus Barcelona. Und immer suchen die Kö-che lokal auf den Märkten nach Inspirationen. Neuerung zur Europa: der Verzicht auf Galadinner, Tischzeiten und festen Sitzplatz. Das ermöglicht eine individuelle Urlaubs-gestaltung, die in den Zeitgeist passt. Im Hauptrestaurant „Weltmeere“ speist man auch an Achter-Tischen, sonst in den kleineren Restaurants überwiegend zu zweit oder zu viert. Das ist intimer, verhindert aber nicht das Gespräch mit den doch meist in Hörweite platzierten Nachbarn.

die Gäste nehmen das neue Konzept an, dinie-ren sich Abend für Abend durch die Vielfalt – vom italienischen „Serenissima“ bis zum französischen „Tarragon“. Reservieren kann

man jederzeit, bekommt so gut wie immer auch einen Tisch. Die Resonanz ist durchweg positiv: bis auf kleinere Fauxpas, wie ein fast kaltes Stück Filet und ein zu kurz gegrillter Seebarsch, was aber im Kopf der Gäste immer noch als „Anlaufschwierigkeiten“ goutiert wird. Durch-weg wird das Team um Küchenchef Willy Leitgeb höchst gelobt. Ebenso erste Klasse ist das Weinsortiment. Som-melier Sven Mähnert: „Wir haben 450 Weinsorten aus 14 Nationen an Bord, insgesamt rund 20.000 Flaschen. Die teuerste Flasche, ein Rotbur-gunder, kostet 1413 Euro.“ Bis-her wurde er nicht geordert.

Die Abendunterhaltung: Das Gerüst bilden vier Shows pro Woche, 45 Minuten lang, mit neun Künstlern, nach drei Monaten wird neu produziert. Ein hoher Anspruch. Jede Show ist anders, alle sind sehr modern, immer mit einem Motto wie derzeit „Earth“ und „Air“. Die Gäste der Europa 2

sind neugierig, das Theater ist stets fast bis auf den letzten Platz besucht. In „Earth“ erzählt jeder Künstler von seinen Wurzeln, woher er kommt, was er macht, welche Träume er hat – auf Englisch –, auf der LED-Wand dahinter lau-fen assoziative Bilder und Filme ab.

unterbrochen von modernem Ausdruckstanz mit Turn-Elementen und Varieté-Nummern. Das Publikum klatscht, anfangs verhalten, dann zunehmend begeistert. Ja, man muss

sich einlassen, auf diese andere, neue Art der Kreuzfahrt-Unterhaltung! Was beabsichtigt ist: „Wir wollen Shows bringen, wie man sie an Land nirgendwo so finden kann“, fasst Henriët Wunnink, Kultur- und Entertainment-Chefin der Europa 2, zusammen. Was nicht ganz zutrifft: Die Ar-tistik aus Tuch-Akrobatik, Strapaten und Chinesischem Mast dieser „Earth“-Show ist in jedem Land-Varieté der-zeit Standard. Sicherlich neu ist jedoch die ungewöhn-liche Verquickung der verschiedenen Show-Elemente. So auch in der zweiten Show „Air“, in der sich Tanz, Gesang und Artistik plus Multimedia gleichzeitig auf der Bühne abspielen: weg von der Erde, hoch hinaus in die Lüfte oder besser ins Theaterdach, mit den Flügeln der Fanta-sie, des Willens, handfesten sicheren Seilen oder wie auch immer der Gast es interpretieren mag. Insgesamt ein mu-tiger, aber gelungener Start der ersten Show-Reihe. Neu-land wird auch in der zweiten Staffel betreten, in der zwei Shows auf Deutsch, zwei auf Englisch sind: „Wir führen ein spannendes Krimi-Hörspiel auf, in dem die Zuschau-er eine Schlafbrille bekommen“, so Henriet Wunnink. „Sie können sich entspannt zurücklehnen und nur hören oder nach Wunsch jederzeit beobachten, wie das Hörspiel live entsteht.“ Hört sich in der Tat ungewöhnlich an. Auf eine neue Interpretation von Oper – es wird die „Blume von Hawaii“ gespielt – darf man ebenfalls gespannt sein.

Neben dem festen Ensemble sind auch Gastkünstler an Bord. Diesmal der Vollblut-Italiener Gino Castelli – nie gehört den Namen –, der es auf der Fahrt von Calvi nach Italien versteht, die Gäste mit fetzigen Italo-Hits auf Bella Italia einzustimmen, und die auch nicht bekannte Sängerin Katharine Mehrling, die Edith Piaf-Chansons

allerdings sehr einfühlsam und ausdrucksstark prä-sentiert. Fester Bestandteil und abendliches Highlight ist die Pool-Party, diesmal unter dem Titel „Nacht un-ter Sternen“. X-mal erlebt, aber dennoch ein Muss und immer wieder ein Erlebnis, nahezu egal, auf welchem Schiff. Warum? Weil sie wie kein anderes Event die meisten Emotionen wach

kitzelt und Stimmung macht. In der lauen Sommernacht kommt der Wunsch nach nie enden wollendem Urlaub auf, nach Romantik unterm Sternenfirmament. Die Bord-band Dayami & Company heizt mit dem Zielgruppen ge-rechten, richtigen Mix aus Evergreens und Hits kräftig ein, und immer mehr Europa 2-Gäste, jung wie alt, feiern und tanzen über die frischen Teak-Planken, an den Bars oder auch als „Zaungast“ ein Deck höher an der Reling – und das bis weit nach Mitternacht, als der ebenso gute DJ Aiello übernommen hat. Planziel erreicht, kann man die Zufriedenheit der Reederei-Verantwortlichen förm-lich spüren, denn die fröhliche Ausgelassenheit passt gar zu perfekt zur propagierten „exklusiven Auszeit auf See“. Apropos Exklusivität: Alle Drinks sind frei in dieser Pool-Nacht!

und was das Feiern angeht: Die von der Europa bekannte „Sansibar“ – das Herzstück der treu-en Europa-Fan-Gemeinde – gibt’s auch auf dem neuen Flaggschiff. Doch Ambiente, Flair

und lange, süffige Nächte sind nicht sofort eins zu eins zu klonen und zu implantieren. Der Ort ist zwar wieder am Heck, aber die Fläche ist um einiges größer und mit hellem, kühlem Mobiliar bestückt. Nicht so kuschelig also. Sehr gut ist, dass die Terrasse nun ausreichend Sitz-plätze bietet, um hier nach dem Dinner mit einem Drink den Abend ausklingen zu lassen. Eine langjährige Euro-pa-Kennerin aus dem Ruhrgebiet urteilt so: „Diese ‚San-sibar‘ muss sich ihre Geschichte erst noch schreiben. Mit ihren Gästen. Das dauert noch was.“

Die Europa 2 liegt in Calvi auf Korsika vor Anker. Erste Möglichkeit, eine Exkursion zu unternehmen. Vorab gab’s ein ausführliches Info-Büchlein mit den Reiseunterla-gen nach Hause, ein Lektor an Bord führt zudem in Vor-trägen auf die Ziele ein. Doch viele sind es nicht, die früh-morgens mit den Bussen abfahren, ein Großteil will lieber ausschlafen, gemütlich frühstücken. „Es sind zwischen 30 und 40 Prozent der Gäste auf der Europa 2, die Ausflü-ge buchen. Das hängt stark von den Häfen ab“, so Hapag-

Lloyd-Sprecherin Negar Etminan. „Auf der Europa sind es über 70 Prozent.“ Was sicher auch altersbedingt ist.

Die Ausflüge – ein leidiges Thema für alle Reedereien. Die Eventualitätenliste ist lang. Da ist die Abhängigkeit von lokalen Anbietern, den Tour Operators, aber meist unumgänglich, hinzu kommen behördliche Vorgaben. Und fremde Länder, andere Sitten: unter Umständen alte Busse, schlechte Restaurants, der Pflicht-Stopp im Souve-nir-Shop oder das niedrige Niveau der Reiseführer. Nicht zuletzt das Wetter. Selten kann die Touristik-Abteilung es allen Gästen auch bei bester Organisation und Vorabin-formation ganz recht machen. Gleichzeitig kassieren die Reedereien beim oft happigen Ausflugspreis aber mit und sind so eigentlich in der Mit-Verantwortung. Auch eine Europa 2 muss mit diesen Problemen arbeiten – und will sich dennoch unterscheiden: Sie bietet so maßgeschnei-derte Land-Arrangements an, mit einem Privatwagen mit Fahrer und Deutsch oder Englisch sprechendem Guide. Was beispielsweise für eine Toskana-Tour für zwei Per-sonen ab Livorno mit 1395 Euro bei acht Stunden zu Bu-che schlägt. Im Mini-Van für bis zu sechs Personen sind 780 Euro fällig. Die Akzeptanz ist bisher gering. Die Reaktion eines Wiesbadener Paares, Kreuzfahrt-erfahren, wie die Europa 2-Klientel ja en gros: „Wir nehmen uns lieber ein Taxi am Pier und handeln den Preis selbst aus.“

Das übrige Angebot besteht vorwiegend aus „norma-len“, organisierten Landausflügen, ausgewiesene jedoch auch mit einem deutschsprachigen Experten als Führer. Heute also, beim ersten Stopp, brachte deshalb der Sino-loge Knut von Hofmann den Gästen die Gartenkunst im Herz der korsischen Macchia nahe. Leider blüht im Park von Saleccia im August nurmehr wenig Mediterranes, auch wenn der Experte sich durch sein leidenschaftliches Engagement noch so sehr bemühte, die Pflanzenpracht vor aller geistiger Augen zu erwecken. Auch der Stau auf Hin- und Rückfahrt sei im Hochsommer üblich, so der lo-kale Guide. Einige Gäste fragen sich, ob die Reederei die-se Exkursion unter diesen saisonalen Voraussetzungen überhaupt hätte durchführen sollen – für immerhin

europa 2° Westliches Mittelmeer

MarSeilleDie Kathedrale Notre Dame thront hoch über dem alten Hafenbecken. Links: Musikanten beleben die Atmosphäre auf der La Canebière, dem Prachtboulevard im Zentrum.

Spaß für die Gäste: Zodiac-Cruising im Golf von Girolata vor Korsika.

Foto

s: H

apag

-Llo

yd K

reuz

fahr

ten,

Sus

anne

Sch

aeff

er, I

nfog

rafi

k: w

ww

.Axe

lKoc

k.de

für

AZU

R

38 ° azur.de 4/2013 4/2013 azur.de 39 °

Spanien, Italien und Frankreich: die schönsten Häfen an der Costa Brava, Riviera und der Côte d’Azur.

M i t t e l m e e r Korsika

100 km0

I T A L I E N

F R A N K R E I C H

S P A N I E N

M O N A C O

Le Lavandou Monte CarloSt. Tropez

Marseille

Livorno

Portofino

Barcelona

Calvi

BarCelona (e)1,6 Millionen Einwohner. Quirlige Metropole Katalo-niens. Gleich vom Pier und an der Kolumbus-Statue vorbei beginnt die belebte Allee Las Ramblas mit dem gotischen Altstadtviertel mit der Kathedrale Santa Eulalia und dem Rathaus am Plaça de Sant Jaume. Mit der lila Metrolinie L 2 geht’s in wenigen Minuten zur unvollendeten Sagrada Familia von Gaudí (lange Schlangen, vorher Online-Ticket buchen).www.barcelonaturisme.cat

Calvi/KorSiKa (f) 5400 Einwohner, viertgrößte Stadt Korsikas im Nordwes-ten. Wahrzeichen: die Zita-delle, ehemalige Genueser Festung aus dem 15. Jh. auf einem Felsvorsprung, mit der „Oberstadt”. Sehenswert: Caserne Sampiero, ehemals Gouverneurspalast, und das Geburtshaus von Kolumbus. In der Unterstadt liegt der malerische Yachthafen mit Bars/Restaurants, daran schließt sich ein 6 km langer, flach abfallender Sandstrand an. Aktiv-Ausflug nach La Revellata mit dem Moun-tain-Bike (3,5 Std./79 Euro).

livorno (i)325.000 Einwohner. Hafen-stadt, die mit dem Aufstieg der Medici-Dynastie eng verbunden ist. Und eine Altstadt, die von Kanälen durchzogen ist. Einkaufs-straßen sind z. B. die Via Grande und der Mercato Centrale. Ideal als „Tor zur Toskana” mit Tagestrip z. B. nach Florenz, Pisa oder Luc-ca. Reederei-Ausflug (10,5 Std./189 Euro) nach Florenz oder individuell per Zug mit der italienischen Bahn (Ticket: 9 Euro/ca. 1,5 Std.). www.costadeglietruschi.it

portofino (i)600 Einwohner, ca. 30 km südlich von Genua. Ehe-maliges Fischerdorf mit bunten Häuserzeilen, Treff des internationalen Jetset. Kleiner Bummel möglich. Bootstouren ins Natur- schutzgebiet Cinque Terre. Teuer (Pizza Margherita: 12,50 Euro). Aktiv-Ausflug: Wandern (4 Std./85 Euro).www.comune.portofino.genova.it

le lavandou (f)8500 Einwohner, am Fuß des Massif des Maures, seit den 1930er Jahren vor allem wegen seines goldgelben Sandstrands beliebter Bade-ort. www.lelavandou.eu

St. tropez (f)4500 Einwohner. Bis Anfang September Rummelplatz der Reichen. Sehenswert: der

alte Hafen, die Zitadelle mit Turm (16. Jh.) mit tollem Blick über die Bucht. Weiterhin: Fischmarkt, Kirche und der Place des Lices mit seinen Boule-Spielern. Ausflug zum Nikki Beach Club (198 Euro). www.saint-tropez.fr

MarSeille (f)1,58 Millionen Einwohner. Tor ins Mittelmeer, zweit-größte Stadt Frankreichs am Golfe du Lion. Da Kulturhauptstadt 2013, gibt es überall Ausstellungen, Kunstobjekte auf den Plätzen und Straßen. Tipp: Fischmarkt am Quai des Belges. Auf dem 162 m hohen Hausberg über dem Alten Hafen thronend steht die Basilika Notre Dame de la Garde. Aktiv-Ausflug: Segway-Tour (3 Std./ 85 Euro). Shops gibt’s am Prachtboulevard La Canebière. www.marseille-tourisme.com

SouvenirSRoséwein der Domaine de L’Anglade aus Le Lavandou, Savon de Marseille – Seife aus Marseille –, Kult aus St. Tropez – die Riemchen-Sandalen Les Tropeziennes der Marke K. Jacques.

leSetippWestliches Mittelmeer – Kreuzfahrt, Dumont direkt, 12,99 Euro.

Obststand in Barcelonas Markthalle. 4/2012 azur.de 39 °

86 Euro für vier Stunden. Da geht es dem Europa 2- Gast sicher nicht ums Monitäre, sondern um die Wert-schätzung seiner Zeit. Neu sind die Erlebnis- und Aktiv-touren. Diese sind sehr beliebt und bekommen ein gutes Gäste-Feedback: Besonders gefallen hat allen Teilneh-mern die Fahrradtour in Lucca mit einer leidenschaft-lichen Italienerin als Guide, als die Europa 2 in Livorno lag. Ausgefallen war auch die Zodiac-Tour im Golf von Girolata vor Korsika mit einem Gläschen Champagner, serviert von den Offizieren aus einem Zodiac heraus, wo die Europa 2 am ersten Seetag stoppte. Dieses Spezial-Event soll öfter stattfinden, verrät Kapitän Ulf Wolter.

Auch die Aktiv-Tour in Portofino, wo der Luxus-Liner am nächsten Tag auf Reede liegt, wird ein voller Erfolg. Das Fischerdörfchen des internationalen Jetset liegt rund 35 Kilometer südlich von Genua an der Itali-enischen Riviera und ist einer der schönsten Häfen im Mittelmeer. Die „Wanderung entlang der Riviera“ startet von der Pier mit einer herrlichen Bootsfahrt entlang der Küste zu dem verwunschenen Kloster San Fruttuoso, das nur vom Wasser aus oder zu Fuß zu erreichen ist. Eine deutschsprachige Führerin zeigt den 14 Teilnehmern die von den Doria in Genua im 14. Jahrhundert als Grab-lege ausgebaute Abtei mit einem hübschen Kreuzgang. Dann marschiert die Gruppe los. 200 Meter Höhenanstieg durch schattigen Wald, mit immer wieder spektakulären Ausblicken auf die Steilfelsen und das Ligurische Meer. Eine Pause auf dem höchsten Punkt, mit Wasser, Äp-feln und Müsliriegeln aus dem Rucksack von Begleiter Karsten Rose, dann weiter nur noch mäßig auf und ab auf einem Panoramaweg, oberhalb des berühmten Hotel Splendido bis nach Portofino zurück, wo Zeit bleibt für einen kleinen Bummel. In Marseille am letzten Tag findet ein ebenso erfolgreiches Segway-Fahren durch die City mit rund 30 Gästen in vier Gruppen statt, darunter viele Kids und Teens.

insgesamt betrachtet sind die Exkursionen entwick-lungsfähig. Für den Aufbau eines Bike-Programms mit eigenen Mountain-Bikes an Bord holte man sich just Karsten Rose an Bord, der noch letztes Jahr

Hunderte Radfahrer auf der Mein Schiff 2 über die Kari-bik-Inseln führte. Ein Profi. Das Herz der Europa 2 wird mit ihm sicher bald noch aktiver.

Der Service: Ein Schiff ist nur so gut wie seine Crew. Das weiß auch Hotel-Direktor Johann Schrempf: „Wenn meine Leute gut drauf sind, Spaß an der Arbeit haben, können sie das gute Gefühl an die Gäste weiter-geben.“ Dafür wird einiges hinter den Kulissen gebo-ten: Die Mitarbeiter bewohnen je nach Rang mindestens Zwei-Bett-Kabinen, haben rund um die Uhr eine gute Verpflegung, Fitness- und Partyraum und ein Freideck mit Whirlpool. Vor allem sportlicher Ausgleich sei ihm wichtig, so Schrempf. Der Österreicher geht mit gutem

Beispiel voran, läuft sich täglich noch vor fünf Uhr auf dem Laufband den Kopf frei.

Die meisten der deutschsprachigen, teils noch jun-gen Crew machen auch einen tadellosen Job. Die Damen und Herren sind adrett anzuschauen, unter den drei männlichen Suiten-Butlers sind sogar richtig schnucke- lige Schwiegersöhne. Alle sind auch in der Lage, wenn gewünscht, ein niveauvolles Gespräch zu führen. Oft halten sie nur mal ein Schwätzchen, fragen nach dem Landgang oder den Plänen im nächsten Hafen. Diese kul- tivierte Nonchalance und selbstbewusste Lässigkeit ist auch absolut wünschenswert – und noch ausbaufähig – auf einem Schiff, das sich legeren Luxus auf die Fahne schreibt. Ebenso das ungekünstelte Zeigen von Interesse und Empathie – damit sich das so wichtige „Zuhause sein“-Gefühl einstellt. Nur einige im Service wirken doch noch ein wenig zu verkrampft und angespannt. Schrempf: „Das sind die Frischen an Bord. Wir müssen sie neu einarbeiten. Die anderen sind alte Hasen von der Europa. Leider ist es extrem schwierig, besonders im Sommer qualifiziertes Personal zu finden.“

Die Europa 2-Gemeinde: Ein Kreuzfahrtschiff ist auch nur so gut wie seine Gäste. Sprich, der Gast muss sich wohlfühlen, bestenfalls sich unter seinesgleichen fühlen. Doch die Europa 2 scheint da noch nach ihrer Zielgruppe zu suchen oder auch auf die von ihr definierte zu war-ten. Derzeit gibt es Reederei-Stammgäste, die das neue Flaggschiff erstmals besuchen, auch noch offensicht- lich viele geladene Gäste, auf die eine oder andere Wei-se mit Reederei oder Schiffsbau verbunden, und eine –

europa 2° Westliches Mittelmeer

etwa ein Dutzend – nicht deutsch-sprachige Klientel. „Ein Viertel un-serer Gäste hat bis dato noch nie eine Kreuzfahrt unternommen“, weiß Ne-gar Etminan aus Kunden-Feedbacks. Diese Premieren-Fahrer und den in-ternationalen Gast will und muss die Reederei aber auf Dauer „kapern“, um den Erfolg sicherzustellen.

so unterschiedlich wie ihre Herkunft, so gleich hoch ist das soziale Niveau der Gäste. Unternehmer, Top-Manager,

Best-Verdiener, überwiegend Akade- miker, ab Ende 40, sehr teuer und markenaffin und sportlich-leger bis elegant, aber mit Understatement gekleidet. Meist Pärchen, wenige Al-leinreisende, in der Ferienzeit auch Familien mit Kindern, die bis zu elf Jahren übrigens kostenfrei mit den Eltern reisen. Alles Gäste, die genau wissen, was Luxus bedeutet – näm-lich Freiraum, Freiheit, Freizeit, ohne dabei auf lieb gewonnene und zeitge-mäße Annehmlichkeiten zu verzich-ten – wie die tägliche Tageszeitung, das Smartphone. Und sie wissen, dass sie das auch im kostbaren Ur-laub wollen. Ohne steifen Verhaltens- kodex, ohne feste Essenszeiten und klassische, zelebrierte Kreuzfahrt-Traditionen. Locker-leger darf es zu- gehen, man will sich mit Niveau entspannen, unterhalten, amüsieren. Diesen Luxus haben sie gebucht und auf der neuen Europa 2 gefunden.

Auch am letzten Abend auf dem Weg von Marseille nach Monaco, wo die „Sansibar“ voll ist, alle zu Chill-out-Musik relaxen und das Erlebnis „Europa 2“ mit viel Lob resümieren. Da hört man das Herz der Europa 2 schon schlagen. Ob sie letztendlich genügend Liebhaber findet, werden die nächsten Monate zeigen. Sogar der Kapitän Ulf Wolter (47), der von den Hapag-Lloyd-Expeditions-schiffen kommt, braucht noch Zeit: „Auch ich muss mich erst noch in diese Lady verlieben. Jeden Tag ein bisschen mehr.“

Text: Susanne Schaeffer

Der französische Hafenort mit langem Sandstrand lockt aber auch mit ursprünglichen Gassen voller Charme.

le lavandou

Mythos Riviera