Im zweiten Teil der Veranstaltungsreihe Qualitäts ...notizen.pdf · Personal-, Sachkosten oder...
Transcript of Im zweiten Teil der Veranstaltungsreihe Qualitäts ...notizen.pdf · Personal-, Sachkosten oder...
Im zweiten Teil der Veranstaltungsreihe Qualitäts-, Projekt- und Personalmanagement
werden grundlegende Konzepte und Methoden des Projektmanagements sowie
projektbezogene Aspekte des Personalmanagements, wie beispielsweise Gruppen- und
Teamarbeit behandelt. Dabei wird auf den im ersten Teil der Veranstaltungsreihe
vermittelten Grundlagen des Qualitätsmanagements aufgebaut und dargestellt, welche
Wechselwirkungen bestehen. So können disziplinübergreifende Zusammenhänge im
Unternehmen erkannt werden, und es kann auf Grund ganzheitlicher Betrachtungen
entschieden und gehandelt werden.
Die Vorlesung beschränkt sich auf Teilfunktionen bzw. aspekte, die für die Studierenden
im Hinblick auf ihre spätere Berufstätigkeit (Leitung oder Mitarbeit in Projekten)
besondere Relevanz besitzen (ausführliche Darstellungen finden sich z.B. in Berthel &
Becker 2007; Staehle 1999; Stock-Homburg 2008).
Zu dieser Veranstaltungsreihe wurde ein Lernraum im Lehr- und Lernportal L²P der
RWTH Aachen University eingerichtet. Zugang zu diesem Lernraum haben alle
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltungsreihe – eine entsprechende
Registrierung vorausgesetzt. Alle Vorlesungs- und Übungsunterlagen stehen spätestens
eine Woche vor dem jeweiligen Veranstaltungstermin zum Download zur Verfügung. Im
Anschluss an die Übungen werden auch die zugehörigen Musterlösungen im L²P
eingestellt, zudem findet immer im Anschluss an die Übung von 16:00 – 17:00 Uhr eine
Sprechstunde am IAW, Bergdriesch 27, 52062 Aachen statt.
Die Teilnahme an dieser Lehrveranstaltung und der zugehörigen Prüfung erfordert eine
Anmeldung über CAMPUS. Bei Fragen bezüglich der Klausuranmeldung wenden Sie
sich bitte an das Zentrale Prüfungsamt (ZPA). Scheinklausuren werden nicht angeboten.
In den aktuellen Vorlesungsunterlagen ist es dem Herausgeber (noch) nicht gelungen,
die Geschlechtsneutralität des Textes durchgängig zu gewährleisten. In zukünftigen
Revisionen soll dieser Aufgabe besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Es muss
deshalb an dieser Stelle bei dem Hinweis bleiben, dass Begriffe, die in der rein
maskulinen Form verwendet werden (z.B. „Projektleiter“) die weibliche Form
einschließen. Dies gilt zumindest für Textpassagen, die nicht auf fremde Publikationen
referenzieren.
Der Management-Begriff wird i.A. in verschiedenen Bedeutungsvarianten verwendet. So
werden z.B. im funktionalen Sinn unter dem Begriff „Management“ die Funktionen und
Aktivitäten verstanden, die in Unternehmen zur Koordination und Steuerung von
arbeitsteiligen Leistungsprozessen notwendig sind, wie Planung, Organisation, Führung
und Kontrolle. Im institutionalen Sinn hingegen bezeichnet der Begriff „Management“ die
Personen/Personengruppen, die innerhalb einer Organisation Managementaufgaben
wahrnehmen und i.d.R. mit Weisungsbefugnissen ausgestattet sind (Staehle 1999;
Steinmann & Schreyögg 2005). In der Vorlesungsreihe wird der Begriff vorrangig im
funktionalen Sinn verwendet. Die vorangestellten Begriffe „Qualität“ und „Projekt“
benennen den jeweils fokussierten Bereich.
Qualitäts- und Projektmanagement sind nicht überschneidungsfrei. Das
Qualitätsmanagement bezieht sich auf alle Produkte und Prozesse im Unternehmen,
während sich das Projektmanagement auf zeitlich und inhaltlich eng umrissene Vorhaben
beschränkt und somit die Leitbilder, Leitlinien und Regelwerke des Qualitätsmanagement
stets berücksichtigen muss. Um in beiden Bereichen erfolgreich zu agieren, sind die
Aktivitäten aufeinander abzustimmen. Die Abstimmung erfordert einen Austausch über
die jeweiligen Gestaltungsziele und möglichkeiten sowie eine entsprechende
Berücksichtigung gegenseitiger Anforderungen. Dabei entstehen mitunter neue
Methoden und Werkzeuge, wie beispielsweise die sogenannten Quality Gates. Diese
verbinden Vorgehensweisen aus dem Qualitäts- und Projektmanagement zum Vorteil
beider Bereiche miteinander.
Quality Gates werden u.a. im sogenannten Produktentstehungsprozess (PEP) in der
Automobil- und Luft-/Raumfahrtindustrie eingesetzt. Sie unterteilen den PEP in Phasen,
an deren Ende der Projektfortschritt und der Reifegrad festgestellt werden (siehe Beispiel
zur Gesamtfahrzeugentwicklung auf Folie 8-27 ff.). Hierzu ist jeweils eine Definition von
Zielforderungen und Messgrößen erforderlich, die die Anforderungen an das
Durchschreiten eines Quality Gates beschreiben (Hab & Wagner 2010). Die Darstellung
des Projektstatus – oftmals mit Hilfe eines Ampelsystems nach DIN EN 614 – ermöglicht
es der Projektleitung, eventuellen Handlungsbedarf zu erkennen und beispielsweise über
den Einsatz zusätzlichen Personals oder zusätzlicher Sach- und Finanzmittel zu
entscheiden. Wird deutlich, dass das Projekt zu scheitern droht, kann im Extremfall auch
über einen Abbruch entschieden werden, um die Entstehung weiterer Verluste (sog. sunk
costs) zu vermeiden.
Definitionen für Begrifflichkeiten des Projektmanagements sind in der DIN 69901-5:2009
– ein Projektmanagement-Standard, herausgegeben vom Deutschen Institut für
Normung – zu finden. Neben den oben dargestellten Eigenschaften ist ein Projekt durch
eine kooperative Bearbeitung von (mindestens) einem Projektteam gekennzeichnet, das
oft aus Experten unterschiedlicher Fachgebiete und Unternehmensbereiche
zusammengesetzt ist sowie eine Projektleitung, die für die Führung der weiteren
Teammitglieder sowie die Koordination der Arbeitsprozesse verantwortlich ist. Aufgrund
der Einmaligkeit der Bedingungen erfordern Projekte spezifische Organisationsformen,
die oft nur temporär die Aufbauorganisation des Unternehmens (Entwicklung, Produktion,
Vertrieb etc.) ergänzen oder überlagern (siehe Lehreinheit 9). Im Unterschied zu
Routineaufgaben (z.B. Produktion von Normteilen) sind Projektaufgaben durch einen
hohen Anteil an kreativen Tätigkeiten gekennzeichnet, die wesentlich schwieriger planbar
sind. Häufig überschreiten Projekte in ihrem Umfang die Grenzen von Abteilungen, haben
eine wirtschaftlich besondere Bedeutung und sind mit besonderen Unsicherheiten und
Risiken versehen. Sie erfordern die flexible Einbindung und Mitwirkung verschiedener
Spezialisten und die koordinierte Nutzung von Engpass-Ressourcen, wie z.B. Mess-,
Prüf- und Transportsystemen. Eine wichtige Ergänzung zur Definition nach DIN 69901-
5:2009 ist die Notwendigkeit einer arbeitsteiligen Durchführung von Projekten.
Grundsätzlich wird zwischen der Arten- und der Mengenteilung unterschieden. Dabei
differenziert die Artenteilung die jeweiligen Verrichtungen in einem Projekt und weist sie
unterschiedlichen Personen zu (bspw. Person A definiert Anforderungen an Zukaufteile
und Person B holt entsprechende Angebote ein). Im Gegensatz dazu werden bei der
Mengenteilung die Objekte als Grundlage der Arbeitsteilung verwendet (bspw. Person A
definiert Anforderungen für Gusshalbzeuge und holt Angebote dazu ein, während Person
B Anforderungen für Blechhalbzeuge definiert und Angebote dazu einholt). Eine artteilige
Durchführung von Projekten bietet gewisse Vorteile. So können z.B. Lernkurveneffekte
ausgenutzt werden und es bieten sich Spezialisierungsvorteile.
Das Projektmanagement umfasst die Organisation und Koordination eines komplexen
arbeitsteiligen Problemlösungsprozesses mit dem Ziel, die mit dem internen oder
externen Auftraggeber vereinbarten Projektziele im Rahmen von zeitlichen, finanziellen,
personellen und technischen Randbedingungen zu erreichen (Litke 2004). Wesentliche
Teilfunktionen sind die Analyse, Strukturierung und Zuordnung von Aufgaben sowie die
Delegation von Verantwortung an die am Projekt beteiligten Personen oder Gruppen,
deren organisatorische Integration, die Organisation von Entscheidungsprozessen und
die Durchsetzung von Entscheidungen (nach Daenzer 1982 in Litke 2004). Im
Projektmanagement kommen unterschiedliche Koordinationsmechanismen, wie z.B.
Pläne (siehe Folie 8-16), zur Anwendung. Mit Hilfe von geeigneten Methoden, Techniken
und Werkzeugen (siehe spätere Lehreinheiten) gilt es, die aus der Neuartigkeit,
Komplexität und Einmaligkeit der Projektaufgabe und bedingungen resultierenden
Unsicherheiten und Risiken zu minimieren und den Prozess der Durchführung
kontinuierlich im Hinblick auf eine bestmögliche Zielerreichung zu optimieren.
In der einschlägigen Literatur finden sich zahlreiche weitere Ansätze zur Definition und
Abgrenzung des Projektmanagements, die unterschiedliche Aspekte hervorheben. So
bezeichnet beispielsweise Rinza (1985 nach Litke 2004) das Projektmanagement als ein
Leitungs- und Organisationskonzept, mit dem versucht wird, die vielen, sich teilweise
gegenseitig beeinflussenden „Projektelemente“ sowie das Projektgeschehen nicht dem
Zufall oder der „Genialität“ einzelner Personen zu überlassen, sondern sie gezielt zu
einem festen Zeitpunkt herbeizuführen.
*Anmerkung: Die aus dem Glossar der DIN 69901-5:2009 zitierte Definition weist eine
begriffliche Inkonsistenz auf. Mit Blick auf die in der DIN definierten Projektmanagement-
phasen müsste an dieser Stelle der Begriff „Initialisierung“ statt „Initiierung“ verwendet
werden.
Alle Tätigkeiten des Projektmanagement sind auf die Erreichung der Projektziele
gerichtet. Diese gilt es vor Projektbeginn in Abstimmung mit dem Auftraggeber genau zu
definieren. Im Vordergrund steht zunächst die Definition der zu erbringenden Leistung,
z.B. die Erforschung neuer Materialien zur Oberflächenbeschichtung, die Entwicklung
eines neuen Antriebs, die Planung einer neuen Fabrik. Die Leistungsziele werden ergänzt
um Zeitziele (Projektstarttermin und endtermin) und Kostenziele (z.B. Budgets für
Personal-, Sachkosten oder externe Dienstleistungen). Die drei Dimensionen Leistung,
Termine und Kosten spannen das sogenannte „magische Dreieck“ des Projekt-
managements auf (s. nächste Folie). Die mehrdimensionale Zieldefinition muss mit
besonderer Sorgfalt vorgenommen werden: Zum einen bilden die vereinbarten Ziele die
Grundlage für alle weiteren Planungs- und Steuerungsaktivitäten (z.B. Zielkonkretisierung
und Projektstrukturierung), zum anderen wird der Erfolg von Projekten typischerweise an
diesen Zielen gemessen.
Mehrere Aspekte erschweren den Prozess der Zieldefinition – und damit auch alle
weiteren Aktivitäten bis hin zur Erfolgsmessung: 1.) Projekte sind mit Unsicherheiten und
Risiken verbunden. So kann bspw. in einem Projekt zur Entwicklung eines innovativen
Produktes die Leistung ganz bewusst nur unscharf oder unvollständig spezifiziert worden
sein, um möglichst kreative Lösungen zu erhalten. Diese Unsicherheit wirkt sich
zwangsläufig auch auf die Güte der Termin- und Kostenprognosen aus. Weitere
Faktoren, aus denen Unsicherheiten und besondere Risiken resultieren können, sind z.B.
die Komplexität der Aufgabenstellung, eine große Anzahl von Projektpartnern, ggf. neue
oder noch zu bestimmende Partner (Lieferanten etc.), neue oder noch unbekannte
Methoden oder Verfahren sowie Ressourcenknappheit. Diese Aspekte können u.U. dazu
führen, dass im Verlauf des Projektes eine Anpassung der Zielsetzung vorgenommen
werden muss. 2.) Es können sog. Zielkonflikte auftreten, z.B. zwischen den
Verhandlungspartnern (ein externer Auftraggeber wird i.d.R. versuchen, eine möglichst
hochwertige Leistung in möglichst kurzer Zeit, zu möglichst niedrigem Preis zu erhalten).
Weitere Zielkonflikte resultieren aus den bestehenden Wechselwirkungen zwischen den
drei Zieldimensionen Leistung (Qualität, Quantität), Termine und Kosten (siehe Folie 8-
11).
Das magische Dreieck repräsentiert das mehrdimensionale Zielsystem und verdeutlicht
grundsätzliche Zusammenhänge. Für den verantwortlichen Projektleiter bedeutet es:
Durch den begrenzten Einsatz von Mitarbeitern/innen und Ressourcen (Geld, Maschinen
etc.) soll eine bestimmte Leistung in vereinbarter Qualität bis zu einem bestimmten
Termin erbracht werden. Die Zielgrößen spannen den Rahmen für das
Projektmanagement auf. Jedoch sind die Zielgrößen i.d.R. nicht unabhängig
voneinander, sondern beeinflussen sich gegenseitig. Dies wird an Variablen wie
Grundauslastung und Fertigstellungsgrad deutlich. So begünstigt z.B. das Vorhalten
großer freier Kapazitäten für die Projektdurchführung und damit eine geringe
Grundauslastung durch das Tagesgeschäft im Unternehmen die Einhaltung von
Terminzielen, führt aber zugleich zu steigenden Kosten. Bleibt der Fertigstellungsgrad der
Leistung hinter den Planwerten zurück, so fallen zwar i.d.R. auch geringere Kosten an,
der Auftraggeber wird jedoch enttäuscht und es droht der Projektabbruch bzw.
empfindliche Vertragsstrafen. Der Projektleiter steht also ständig vor einem
Optimierungsproblem mit multiplen Zielkriterien. Eine Priorisierung bedeutet eine
deutliche Vereinfachung des Problems: Einerseits kann ein Höchstmaß an
Leistungserfüllung angestrebt werden und erst nachgeordnet betrachtet werden, in
welcher Höhe Kosten anfallen und wie lange das Vorhaben dauert. Andererseits kann
eine möglichst geringe Bearbeitungsdauer angestrebt werden, ohne dass eine enge
Begrenzung des Budgets vorgegeben ist. Schließlich können auch geringstmögliche
Kosten gefordert werden, auch wenn Abstriche in der Leistung gemacht werden müssen.
Neben den bisher genannten, klassischen Zielen sind weitere Zielsetzungen denkbar,
wie z.B. die Zufriedenheit der in das Projekt eingebundenen Personen und Anspruchs-
gruppen (Stakeholder). Dies können sein: Auftraggeber/Initiator des Projekts, Projektteam
(Leiter und Mitarbeiter, siehe Lehreinheit 13), Nutzer der Projektergebnisse, Verbände,
Öffentlichkeit etc. Ansätze zur Erfolgsmessung, die auf dem EFQM-Modell beruhen
(Lehreinheit 3), beziehen Zufriedenheitsgrößen mit ein und sehen außerdem eine
Priorisierung der Zieldimensionen durch Zuordnung von Gewichtungsfaktoren vor.
Hierbei stellt sich allerdings die Frage der Messbarkeit von Zufriedenheit und ihrer
Determinanten.
Wie bereits erläutert, sind die Zielgrößen für das Projektmanagement i.d.R. nicht
unabhängig voneinander. Im ungünstigsten Fall können Zielkonflikte auftreten. Ein
Zielkonflikt liegt vor, wenn die Erreichung eines gewählten Zieles die Erreichung eines
anderen beeinträchtigt. So wird beispielsweise das Einhalten der geplanten
Durchführungszeit wesentlich erschwert, wenn die Auslastung der Kapazitäten durch das
Tagesgeschäft über dasjenige Maß erhöht wird, das der ursprünglichen Projektplanung
zugrunde lag. Umgekehrt begünstigt das Vorhalten von zusätzlichen Kapazitäten für die
Projektdurchführung einen schnellen Projektabschluss. Eine minimale Durchführungszeit
kann nur erreicht werden, wenn die Grundauslastung bei Null liegt und sämtliche
Mitarbeiter/innen und Ressourcen ausschließlich für die Bearbeitung des Vorhabens zur
Verfügung stehen (eine einwandfreie Planung und Koordination vorausgesetzt). Das
Vorhalten großer Kapazitäten für den Bedarfsfall ist jedoch aus wirtschaftlicher Sicht eine
bedenkliche Maßnahme, da die Kosten für den regulären Geschäftsbetrieb steigen.
Wie man in der Darstellung erkennen kann, kommt es bei steigender Grundauslastung ρ
zu deutlichen Verzögerungen in der Projektbearbeitung, wodurch sich die erwartete
Durchführungszeit E(T) typischerweise überproportional erhöht (siehe Kurve links). Dies
ist vor allem bei „Betriebspunkten“ mit hoher Grundauslastung kritisch. In diesem Fall
können bereits kleine weitere Steigerungen der Grundauslastung die Durchführungszeit
wesentlich verlängern. Durch eine Erweiterung der Kapazität K im Unternehmen kann
zwar die zu erwartende Durchführungszeit reduziert werden, der fundamentale
Zielkonflikt bleibt jedoch bestehen (siehe Kurvenschar rechts).
Ausgehend von den zu erreichenden bzw. einzuhaltenden Leistungs-, Termin- und
Kostenvorgaben ist es Aufgabe des Projektmanagements, das jeweilige Projekt zu einem
erfolgreichen Abschluss zu führen. Dazu stehen zahlreiche Methoden, wie beispielsweise
Projektstrukturpläne (Lehreinheit 10) und Netzplantechniken (Lehreinheit 11) sowie
Verfahren des „Earned Value Management“ (Arbeitswertanalyse, siehe Lehreinheit 12)
zur Verfügung. Diese können nach ihrem Anwendungsschwerpunkt gegliedert werden.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Projektmanagements ist die Koordination des
Projektteams (Lehreinheit 13). Die Führung, der Einsatz und die Qualifikations-/
Kompetenzentwicklung der im Projekt arbeitenden Menschen müssen im Hinblick auf alle
genannten Zielvorgaben erfolgen. Auf diese Weise können die spezifizierten Leistungen
unter simultaner Einhaltung von Zielterminen und Zielkosten in der Regel am besten
erbracht werden. Hierbei spielt auch die Motivation der Teammitglieder eine besondere
Rolle (s. hierzu auch Lehreinheit 7). In der betrieblichen Praxis sind die Freiheitsgrade
des Projektleiters hinsichtlich des Personaleinsatzes und der Personalentwicklung jedoch
häufig stark eingeschränkt. Knappe finanzielle Ressourcen, mangelnde Verfügbarkeit
hochmotivierter und qualifizierter Mitarbeiter und fehlende Weisungs- und
Entscheidungsbefugnisse (Lehreinheit 9) erschweren ein zielorientiertes Vorgehen.
Die bereits angesprochenen Unschärfen und Unsicherheiten bei der Anbahnung und
Durchführung von Projekten sowie die begrenzten Ressourcen führen ohne weitere
Gliederungshilfen oft zum Nicht-Erreichen der angestrebten Leistungsziele, zur Nicht-
Einhaltung des Zeitrahmens oder zur Überschreitung des Projektbudgets. Die Gliederung
von Projekten in Phasen stellt einen pragmatischen Ansatz zur Unschärfereduktion und
Systematisierung dar. Sowohl für das Projektmanagement als auch für die konkrete
Projektdurchführung wurden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Modelle entwickelt.
Diese Phasenmodelle, die sowohl als Orientierungshilfe für den/die Projektmanager/in als
auch für die im Projekt eingesetzten Mitarbeiter dienen, werden von zahlreichen Autoren
als wesentliche Voraussetzung zur wirtschaftlichen Durchführung von Projekten
bezeichnet (Schelle et al. 2008; Zielasek 1999; Birker 1999).
Gemäß der DIN 69901-5:2009 werden fünf Phasen differenziert, die sachlich und logisch
voneinander getrennt sind. Auf diese Weise ist auch für unerfahrene Mitarbeiter leicht
erkennbar, wie Projekte bzw. die Aktivitäten des Projektmanagements sequentiell zu
gliedern sind. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Phasenmodelle i.d.R. den
tatsächlichen Verlauf erheblich vereinfachen. Gerade die frühen Phasen gehen oft
fließend ineinander über und werden zum Teil iterativ bearbeitet. Auch die
Projektsteuerung und -überwachung ist in den meisten Vorhaben ein hochgradig
iterativer Prozess (siehe Folie 8-15).
Die fünf Projektmanagementphasen gliedern das Projekt in sachlich und logisch
abgegrenzte Abschnitte. Der Aufwand, den ein Unternehmen in den einzelnen Phasen
erbringen muss, ist sehr unterschiedlich. In der Initialisierungsphase werden erste
technologische, betriebliche und wirtschaftliche Anforderungen skizziert, der
Personalaufwand ist hierfür vergleichsweise gering. In der Definitionsphase erfolgen u.a.
eine präzise Definition der Anforderungen an Lieferungen und Leistungen, die Bewertung
der Machbarkeit und eine erste Abschätzung des weiteren Bearbeitungsaufwandes. Die
Planungsphase stellt für die spätere Projektbearbeitung die entscheidende Phase dar.
Der Projektstrukturplan wird erstellt, Termin- und Ressourcenpläne entwickelt und die
Projektorganisation geplant. Die Konkretisierung des Projektes führt zu einem weiteren
Anstieg des erforderlichen Aufwandes. Die Phase, die i.d.R. den größten Aufwand
erfordert, ist die Steuerungs- und Durchführungsphase. Während die Projektbearbeiter
die einzelnen Arbeitspakete bearbeiten, ist die Steuerung und das Controlling des
Arbeitsfortschritts und der Termine Aufgabe des Projektmanagements. Die Abschluss-
phase zeigt einen deutlich abnehmenden Aufwand für das Projekt. In dieser Phase wird
u.a. der Abschlussbericht erstellt, die Projekterfahrungen werden gesichert, eine
Nachkalkulation durchgeführt und schließlich die Projektorganisation aufgelöst.
Inhaltlich lassen sich die Phasen gut abgrenzen. Ausgehend von Vorgaben, die in der
Projektinitialisierung sowie in der Projektdefinition festgelegt werden, erfolgt die
Projektplanung. Im Rahmen der Planung werden konkrete Vorgaben (Soll-Werte) für die
Projektdurchführung und die zugehörige Projektsteuerung entwickelt. Die
Projektsteuerung nimmt den jeweils aktuellen Stand der Projektdurchführung auf (Ist-
Werte), vergleicht sie mit den vorgegebenen Soll-Werten und wirkt bei eventuellen
Abweichungen mit technischen, organisatorischen oder personellen Maßnahmen
konstruktiv auf einen erfolgreichen Projektabschluss hin (siehe Folie 8-15). Soll- und Ist-
Werte können in Form von Kennzahlen, wie beispielsweise im Earned Value
Management (Lehreinheit 12), festgelegt bzw. erhoben werden.
In der betrieblichen Praxis sind bei der Durchführung von Projekten oftmals Iterationen
notwendig und – solange eine Optimierung im Hinblick auf die Zielgrößen möglich ist –
sogar gewünscht. Dieser Aspekt wird im Phasenmodell nach DIN 69901-5:2009
vernachlässigt.
Allgemein können iterative Prozesse mit Hilfe von Regelkreismodellen abgebildet
werden. So stellt Burghardt (2008) in seinem „Projektmanagementregelkreis“ die
Beziehungen zwischen den Projektmanagementphasen nach DIN und der eigentlichen
Projektdurchführung dar. Hierbei wird zusätzlich zwischen Projektsteuerung und
-überwachung unterschieden. Gegenstand der Projektüberwachung ist vor allem die
Verfolgung des Projektfortschritts hinsichtlich der erstellten Leistung, der dabei erzeugten
Kosten sowie der gesetzten Termine. Aufgabe der Projektsteuerung ist es,
Abweichungen, die im Rahmen der Projektüberwachung festgestellt wurden, einerseits in
Form von (Plan-) Änderungsbedarf an die Projektplanung weiterzuleiten und andererseits
Maßnahmen abzuleiten sowie auszulösen, die direkten Einfluss auf die
Projektdurchführung im Sinne des Zielsystems haben.
Durch die Beteiligung mehrerer Arbeitspersonen am Projektmanagement wie auch an der
Projektdurchführung ergeben sich darüber hinaus z.T. zwangsläufig weitere (gewünschte
und ungewünschte) Iterationen in den einzelnen Phasen. Iterationen treten vor allem bei
Entwicklungsprojekten auf, wenn z.B. mehrfache Konkretisierungsschritte bei der Suche
einer konstruktiven Lösung notwendig sind oder sich Anforderungen an das zu
entwickelnde Produkt im Projektverlauf unerwartet ändern. Diese müssen vom
Projektleiter koordiniert werden. Hierfür stehen verschiedene Mechanismen zur
Verfügung, die auf den nächsten Folien kurz erläutert werden.
Wie im Verlauf der Vorlesung noch mehrfach demonstriert werden wird, machen es Art und
Umfang der Projektaufgabenstellung erforderlich, diese im Rahmen der Planung in Teilprojekte,
Teilaufgaben und Arbeitspakete zu zerlegen (Strukturierung) sowie auf mehrere Personen zu
verteilen (Arbeitsteilung). Eine zentrale Funktion des Projektmanagements besteht darin, die
Arbeitsprozesse der Projektbeteiligten zu koordinieren, d.h. untereinander abzustimmen und
auf die gemeinsamen Projektziele auszurichten. Die Koordination kann in Form einer sog.
Vorauskoordination oder einer Feedback-Koordination erfolgen. Insbesondere in frühen
Projektphasen ist eine zuverlässige Vorauskoordination – also Steuerung – häufig nur mit
wenigen Führungsgrößen (Plan-Werte) und für kurze Zeitspannen möglich, weil die zur
Verfügung stehenden Informationen noch unvollständig und unsicher sind. Mit Hilfe von
Messinstrumenten kann jedoch im Verlauf geprüft werden, ob die antizipierten
Zwischenergebnisse erreicht wurden und damit die Unsicherheit abgebaut werden. Liegen
Abweichungen vor, muss der Arbeitsprozess durch Feedback-Koordination iterativ in den
gewünschten Zustand zurückgeführt werden. Hierbei wird das Projektmanagement bei großen
Vorhaben oft durch sog. Projektcontroller unterstützt (siehe Lehreinheit 12). Bei der
Koordination kommen verschiedene Mechanismen zur Anwendung. Wesentliche Anteile der
Voraus- und Feedback-Koordination werden in Projekten durch Personen, d.h. durch
persönliche Kommunikation, vorgenommen. Dies kann entweder aufgrund ihrer Stellung in der
Hierarchie (Bereichsleiter, Abteilungsleiter o.ä.) und der damit verbundenen
Weisungsbefugnisse erfolgen oder durch sog. Selbstabstimmung im Projektteam. Pläne geben
hingegen als „unpersönlicher“ Koordinationsmechanismus abgeleitete Aufgaben und
Umsetzungsschritte formal vor. Durch den Einsatz von Plänen, die im Rahmen des
Projektmanagements projektspezifisch in der Planungsphase erstellt werden (z.B.
Projektstrukturpläne), kann der Kommunikationsaufwand reduziert werden. Auch sog.
Programme und Regeln können den Kommunikationsaufwand reduzieren, in dem sie
beispielsweise Standards definieren und Prozeduren vorgeben, die für sämtliche Phasen (und
mitunter auch andere Vorhaben) gelten. Programme legen verbindlich fest (z.B. in
Verfahrensrichtlinien oder Handbüchern), auf welche Art und Weise Tätigkeiten auszuführen
sind. Naturgemäß sind Pläne, Programme und Regeln nur für die Vorauskoordination
einsetzbar. Sie können allerdings in Form von Vergleichswerten, Referenzprozessen o.ä.
wertvolle Informationen für die Feststellung von Abweichungen liefern, die wiederum als
Grundlage für die Feedback-Koordination genutzt werden können. Auf den folgenden Folien
werden die vier Mechanismen näher erläutert.
Beispiele für Programme und Regeln, die zur Vorauskoordination angewandt werden,
sind die bereits mehrfach zitierte DIN 69901 oder auch die Qualitäts-Normenreihe DIN
EN ISO 9000ff. Vergleichbar mit dem Qualitätsmanagement werden zunehmend auch für
das Projektmanagement Handbücher erstellt, in denen Methoden und Werkzeuge als
Standards definiert und beschrieben werden. Sie bieten eine wichtige Orientierungshilfe
für die Mitarbeiter/innen und wirken koordinierend im Sinne einer Vermeidung von bereits
erkannten bzw. bekannten Fehlern oder Ineffizienzen. Rigide und detaillierte
Handlungsvorschriften bedeuten allerdings eine erhebliche Einschränkung von
Freiheitsgraden und erzeugen u.U. Widerstände und Demotivation bei den Beteiligten.
Wie in späteren Lehreinheiten noch detailliert ausgeführt werden wird, werden im
Projektmanagement verschiedene Pläne erstellt. Zentral ist hierbei der sog. Projekt-
strukturplan, der einen Überblick über die Zerlegung der Gesamtaufgabe in Teilprojekte,
Teilaufgaben und sog. Arbeitspakete gibt. Dieser Plan wird Lehreinheit 10 erläutert. Pläne
können und sollen persönliche Kommunikation und Koordination nicht vollständig
ersetzen, aber zumindest um ineffiziente und ineffektive Anteile reduzieren. Dem
erhöhten Aufwand für die Erstellung und die aufgrund von Planungsunsicherheit
notwendigen Anpassungen stehen gewichtige Vorteile gegenüber: So können im
Vergleich zur Koordination durch Hierarchie oder Selbstabstimmung meist mehr
Variablen in eine Optimierung einbezogen, komplexe Abhängigkeiten berücksichtigt
sowie (soweit es die Güte der zugrundeliegenden Daten zulässt) längere Zeiträume
betrachtet werden. Im Vergleich zur Koordination durch Programme und Regeln sind
Pläne flexibler, d.h., sie können leichter anhand der identifizierten Planungsfehler
angepasst werden. Ein weit verbreitetes Verfahren zur Darstellung von Zeitplänen sind
sog. Gantt-Charts (siehe Lehreinheit 10). Hierbei handelt es sich um eine grafische
Zeitbanddarstellung. Im Bild ist ein Beispiel für die Konstruktion und Fertigung/Montage
einer Anlage dargestellt. Links sind die Arbeitspakete angegeben. Rechts im Bild finden
sich die Zeitbänder über den Kalendermonaten.
Während Pläne i.d.R. ein projektspezifisches Ergebnis der Planungsphase sind, haben
Programme und Regelwerke allgemeingültigen Charakter und enthalten u.U. Vorgaben,
die sich auf alle Phasen sowie sämtliche Vorhaben im Unternehmen beziehen.
Am Beispiel einer Linienorganisation, im Bild mit vier Hierarchieebenen dargestellt, sollen die
persönlichen Koordinationsmechanismen noch ein wenig näher erläutert werden. Ein solches
Organigramm bildet die Aufbauorganisation eines Unternehmens ab (Schlick et al. 2010). Die
Verbindungslinien zwischen den Organisationseinheiten repräsentieren Anordnungs- und
Meldewege. Die Pfeile verdeutlichen die Richtung von Weisungen durch den jeweiligen
Vorgesetzten auf der nächsthöheren Hierarchieebene (d.h. von oben nach unten) sowie die
damit verbundenen Berichts- und Meldepflichten des unterstellten Personals (von unten nach
oben). In die dargestellte Aufbauorganisation wurde zusätzlich eine Projektorganisation
integriert. Projektaufgabe ist im Beispiel die Auswahl und Einführung einer neuen
Simulationssoftware in der Produktion. Diese Aufgabe hat mit dem eigentlichen Tagesgeschäft
nicht direkt zu tun. Das Projektteam setzt sich aus drei Mitarbeitern der Gruppe 1 und zwei
Mitarbeitern der Gruppe 2 zusammen, die Projektleitung obliegt dem Leiter der Gruppe 1 (diese
und weitere Projektorganisationsformen werden in Lehreinheit 9 vorgestellt).
Koordination durch Hierarchie: Vorgesetzte besitzen aufgrund ihrer hierarchischen Stellung im
Unternehmen Weisungsbefugnisse und nutzen diese, um Aufgaben zuzuweisen und durch
Vorgaben zu steuern. Im obigen Beispiel übernimmt der Vorgesetzte der Gruppe 1 gleichzeitig
die Projektleitung. Er kann aufgrund dieser Funktion die Arbeitsprozesse innerhalb des Projektes
direkt steuern, auch wenn ihm die Mitarbeiter nicht in der Linie unterstellt sind. Mit Bezug auf die
durch das Tagesgeschäft gebundenen Kapazitäten muss er sich jedoch regelmäßig mit dem
Leiter der Gruppe 2 abstimmen, da gegenüber den Projektmitgliedern aus Gruppe 2 kein
Vorgesetztenverhältnis besteht. Die Koordination durch Hierarchie läuft vorrangig über
mündliche Weisungen ab. Sie ist somit besonders flexibel und wird in der betrieblichen Praxis
zur Voraus- und Feedback-Koordination oft eingesetzt.
Koordination durch Selbstabstimmung: Aufgrund der vielfältigen Abhängigkeiten zwischen
Teilaufgaben findet in Projekten häufig eine Selbstabstimmung zwischen den Mitgliedern eines
Projektteams statt. Auf diese Weise können Entscheidungen u.U. schneller getroffen und
umgesetzt werden als über die Hierarchie. Bspw. können Probleme bei der Installation einer
neuen Simulationssoftware in der realen Fertigungsumgebung direkt im Team geklärt werden
und müssen nicht zwischen den Leitern der Gruppen 1 und 2 bilateral abgestimmt werden.
In der Praxis bestehen Koordination durch Selbstabstimmung und Hierarchie oft neben-
einander. Die jeweiligen Befugnisse und Verantwortlichkeiten sollten allerdings möglichst
eindeutig definiert und allen Beteiligten transparent sein.
Die Klassifizierung von Projekten kann anhand unterschiedlicher Kriterien erfolgen. Eine
in der Praxis weit verbreitetet Differenzierung nach dem Projektgegenstand führt zu
Forschungs- und Entwicklungsprojekten (F&E), Investitionsprojekten sowie
Organisationsprojekten (Schelle et al. 2008). Zell (2003) ergänzt Softwareprojekte,
wohingegen Bergmann und Garrecht (2008) Softwareprojekte den F&E-Projekten
zuordnen und stattdessen komplexe Dienstleistungsprojekte berücksichtigen (Zell 2003;
Bergmann & Garrecht 2008; Kuster et al. 2006).
Projekte werden üblicherweise in Teams bearbeitet. Die Teammitglieder können
einerseits aus Mitarbeitern des Unternehmens rekrutiert werden, in dem das Projekt
durchgeführt wird. Andererseits können auch Personalkapazitäten anderer Unternehmen
für die Planung und Durchführung genutzt werden.
Projekte, bei denen ausschließlich das eigene Unternehmen Auftraggeber ist
– unabhängig davon, ob interne oder externe Mitarbeiter/innen eingesetzt werden –
werden in der Praxis als interne Projekte bezeichnet. Die entstehenden Aufwände sind in
vollem Umfang kostenwirksam, ohne dass direkte Erlöse gegenüberstehen. Wird
hingegen das Projekt von einem externen (zahlenden) Kunden beauftragt, so spricht man
von einem externen Projekt. Hierbei stehen den entstehenden Kosten unmittelbare
Erlöse durch die Begleichung von Rechnungen durch den Auftraggeber gegenüber, die
bereits während der Laufzeit zu einem positiven Betriebsergebnis beitragen können.
Die Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten erfolgt in Deutschland
überwiegend in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Unternehmen (ca. 70%),
in Universitäten (ca. 16%) sowie in außeruniversitären Forschungseinrichtungen (ca.
14%), wie z.B. der Fraunhofer-Gesellschaft.
Grundlagenorientierte Forschung findet meist ohne konkreten Bezug zu einem Produkt
oder einem Produktkonzept statt. Man spricht von sog. Basisforschung, wenn neues
Wissen über die Grundlagen von Phänomenen gewonnen werden soll. Diese Art von
Forschung ist kaum „projektierbar“. Bei der gerichteten Grundlagenforschung steht
hingegen die Beantwortung von Fragen spezifischer Interessensbereiche (Werkstoffe,
Thermodynamik etc.) im Vordergrund. Ihre Ergebnisse schaffen idealerweise die
theoretische Basis für neue innovative Produkte oder aber für weitere
Forschungsaktivitäten.
Anwendungsnahe Forschungsvorhaben und Entwicklungsprojekte haben bereits einen
konkreten Bezug zum Markt bzw. Kunden und können sowohl die Herstellung von
Produkten als auch die Produkte und ihre Funktionalitäten selbst betreffen. In diesem
Zusammenhang ist auch die sog. Vorentwicklung zu sehen. Diese bezieht sich auf die
Minderung von Risiken, d.h. dass Produktkonzepte oder Prototypen entworfen und
hinsichtlich ihrer technischen und finanziellen Entwicklungsrisiken systematisch geprüft
werden, bevor die eigentliche Entwicklungsarbeit beginnt.
Sowohl die exploratorische Erforschung von Grundlagen als auch die anwendungsnahe
Erforschung von Technologien ist mit erheblichen Planungsunsicherheiten behaftet. Es
sind zwar i.d.R. die Forschungsziele und -methoden klar umrissen, allerdings kann über
die zu erreichenden Ergebnisse und ihre Verwertung meist nur spekuliert werden. Die
notwendige Kreativität der Mitarbeiter sowie deren Ideenfindung sind nicht streng
vorausplanbar (Burghardt 2001). Bei der Projektdurchführung treten häufig Iterationen
auf, um sich beispielsweise konstruktiven Lösungen schrittweise zu nähern. Dabei finden
eine oder mehrfache Wiederholungen der betreffenden Arbeitsschritte in Form einer
Iterationsschleife auf einem jeweils höheren Erkenntnisniveau statt, das aufgrund der
erarbeiteten Zwischenergebnisse erreicht wurde (Pahl et al. 2007).
Investitionsprojekte dienen der Planung und Durchführung von Sachinvestitionen. Sie
umfassen nicht nur die finanzielle Analyse und den Vergleich alternativer Investitionen,
sondern auch die Untersuchung und Bewertung der damit verbundenen technischen
Potentiale und Risiken. Dabei kommen sowohl Methoden und Verfahren der
Investitionsrechnung, wie Kapitalwertberechnungen, als auch Instrumente des
Qualitätsmanagements, wie die Nutzwertanalyse, zum Einsatz. Vergleichsweise kleine
Investitionen, wie die Anschaffung einer Werkzeugmaschine, werden häufig innerhalb
des investierenden Unternehmens als internes Projekt abgewickelt. Gerade in kleinen
und mittelständischen Unternehmen müssen die Projektbeteiligten ihre Aufgaben in
einem solchen Projekt neben ihrer normalen Tätigkeit ausüben. Langfristige Investitionen
und Investitionen mit einem großen finanziellen Volumen, wie die Errichtung einer neuer
Fabrik, werden hingegen i.d.R. ausgeschrieben und als Auftrag an Fremdfirmen
vergeben. In vielen Fällen wird aufgrund des mit der Durchführung verbundenen
Aufwands und des notwendigen Know-Hows auch die gesamte Projektplanung und
Koordination an ein sog. Generalplanungsbüro vergeben.
Die gesamten Bruttoanlageinvestitionen betrugen in Deutschland 2009 rund 1106,44
Mrd. € und teilten sich auf in:
Anlageinvestitionen 430,64 Mrd. €
Ausrüstungsinvestitionen 158,16 Mrd. €
Bauinvestitionen 245,16 Mrd. €
Wohnbauten 137,60 Mrd. €
Nichtwohnbauten 107,56 Mrd. €
Sonstige Anlagen 27,32 Mrd. €
(Destatis 2009)
(Re-)Organisationsprojekte führen oftmals zu weitreichenden Veränderungen in
betrieblichen Strukturen und Abläufen und betreffen i.d.R. nicht nur die im Projekt
eingebundenen Personen, sondern ganze Abteilungen, Unternehmensbereiche oder
unter Umständen sogar alle Beschäftigten. Nicht selten fühlen diese sich von den
Auswirkungen eines Organisationsprojekts bedroht oder geschädigt, auch wenn objektiv
keine negativen Auswirkungen feststellbar sind (Schelle et al. 2008). In diesem
Zusammenhang werden zum Teil Arbeitsplatzabbau oder eine Erhöhung der
Arbeitsbelastung befürchtet, was zu entsprechenden Vorbehalten und Widerständen
führt. Um derartigen Vorbehalten entgegenzuwirken, sollte bereits im Vorfeld des Projekts
über das Vorhaben und die damit verbundenen Reorganisationsziele sowie die geplanten
Maßnahmen umfassend informiert werden. Zudem sollten insbesondere die direkt
betroffenen Mitarbeiter in die Definition, Planung, Durchführung und den Abschluss des
Projekts eingebunden werden. Die Partizipation kann über Diskussionen, aktive
Mitgestaltung und demokratische Entscheidungsprozesse sichergestellt werden. In
diesem Zusammenhang hat auch die Kommunikation der Projektergebnisse und der sich
daraus ergebenden Veränderungen einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg des
gesamten Organisationsprojekts (s. hierzu auch Schlick et al. 2010, Kap. Arbeits- und
Betriebsorganisation sowie Gruppen- und Teamarbeit).
Als erstes Beispiel soll das in jüngster Zeit wohl umfangreichste Forschungs- und
Entwicklungsprojekt zur Erstellung eines wissenschaftlichen Instruments dienen, das sog.
Large-Hadron-Collider-Projekt. Das LHC-Projekt besteht im Wesentlichen aus drei
Teilprojekten: (1) Dem sog. LHC-Beschleuniger, der Hadronen (Nukleonen wie
beispielsweise Protonen, oder Atomkerne als Ansammlung von Neutronen) auf fast
Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision bringt, (2) den um den
Kollisionspunkt herum errichteten Experimenten zum Nachweis und zur Analyse der
Kollisionsprodukte und (3) dem sog. LHC-Computing-Grid zu verteilten Auswertung der
massenhaft anfallenden Experimentaldaten.
Alle drei Teilprojekte müssen erfolgreich abgeschlossen werden, um die Anlage in vollem
Umfang für Forschungszwecke nutzen zu können. Der LHC-Beschleuniger und die damit
verbundenen Experimente werden unter starker internationaler Beteiligung von der
europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) entwickelt und betrieben. Das
CERN wurde im Jahr 1954 gegründet und hat heute 20 Mitgliedsstaaten. Es war
ursprünglich vor allem für Forschung im Bereich der Kernenergie vorgesehen, für die kein
einzelner Staat genügend Ressourcen aufbringen konnte. Im Jahr 1959 wurde der erste
CERN-Teilchenbeschleuniger (PS für Protonen-Synchroton) in Betrieb genommen, der
Protonen bis auf 27 GeV beschleunigte. Dieser ringförmige Beschleuniger hat einen
Durchmesser von 200 m. Um tiefergehende Erkenntnis über den Aufbau der Materie zu
erlangen, wurde ein größerer Ringbeschleuniger gebaut, das sog. Super-Protonen-
Synchroton (SPS) mit einem Durchmesser von 2,2 km und einer Endenergie von 450
GeV. Das SPS wurde später zu einem Kollisionsbeschleuniger für Protonen gegen
Antiprotonen umgerüstet, bei dem an mit Experimenten bestückten Stellen der Protonen-
und Antiprotonenstrahl frontal aufeinander treffen. Um noch tiefer in den Aufbau der
Materie einzudringen, wurde ein ca. 100 m unter der Erdoberfläche gelegener Ringtunnel
von etwa 27 km Umfang gebohrt, genannt LEP (Large Electron-Positron Collider). Der
LEP war von 1989 bis 2000 in Betrieb. Danach wurde er abgebaut und in dem Tunnel
und den riesigen unterirdischen Hallen der LHC Beschleuniger und die dazugehörigen
Experimente installiert.
Der LHC-Beschleuniger ist eine ringförmige Anlage, bei der sich Ringe an acht Punkten
überkreuzen. In Doppelringen werden unter Vakuum sog. Hadronen (Nukleonen wie
beispielsweise Protonen, aber auch Atomkerne) gegenläufig auf fast Lichtgeschwindigkeit
beschleunigt. Die Protonen werden hierbei durch sehr starke Magnetfelder, die von
supraleitenden Magneten erzeugt werden, und durch hohe elektrische
Hochfrequenzfelder beschleunigt. Die umlaufenden Teilchen sind auf etwa 3000 Pakete
von 30 μm Durchmesser und 7 cm Länge über den Ringumfang verteilt. Jedes dieser
Pakete enthält etwa 1011 Teilchen, z.B. Protonen. Um genügend Kollisionen zu erreichen,
werden die Pakete vor den Kreuzungspunkten auf wenige μm fokussiert. Prallen zwei
gegenläufige Protonen frontal aufeinander, so ist die dabei erzeugte Energiedichte so
hoch, wie sie in weniger als 10-9 s nach dem Urknall geherrscht haben müsste. Hierbei
entstehen neue unstabile Teilchen, die ihrerseits weiter zerfallen, bis sie einen in der
Materie vorkommenden stabilen Zustand erreicht haben. Aufgabe der Experimente ist es,
alle diese Teilchen und ihre Zerfallsprodukte zu detektieren und zu analysieren, um so
Aussagen über die Entstehung, Zusammensetzung und zeitliche Entwicklung der Materie
und des Universums zu gewinnen. Hierbei spielt das Higgs-Boson, das von der
erfolgreichen Standardtheorie der Teilchenphysik theoretisch postuliert, aber bisher noch
nicht nachgewiesen werden konnte, eine besondere Rolle.
Im Film werden wesentliche Charakteristika des CERN genannt und die internationale
Zusammenarbeit im Projekt hervorgehoben.
Nicht nur die lange Laufzeit, das große Budget und die starke Internationalität des
Projekts sind außergewöhnlich, sondern auch seine Organisationform. Es handelt sich
um eine besonders flache Hierarchie, die durch demokratische Strukturen geprägt ist und
– wie Maugain (2003) feststellt – zu einer besonders guten „atmosphere in the
collaboration“ führt.
An allen Kollisionspunkten wurden Experimente mit Detektoren errichtet. Die beiden
großen Experimente ATLAS (ursprünglich als Abkürzung für A Toroidal LHC ApparatuS)
und CMS (Compact Muon Solenoid) zielen darauf ab, alle während der Kollision
entstehenden Teilchen zu messen und zu analysieren. Da beide Experimente mit
unterschiedlichen Detektionstechniken dieselben physikalischen Prozesse messen, ist
die Gefahr von Fehlanalysen gering. An jedem der beiden Experimente nehmen ca. 2000
Physiker und Ingenieure teil.
Die Aufbauorganisation der Teilprojekte ist am Beispiel des ATLAS-Experiments
dargestellt. ATLAS ist ein Teilchendetektor, mit dem u.a. das Higgs-Boson nachgewiesen
werden soll. Die Forscher arbeiten in Projektgruppen, die selbstorganisiert und
demokratisch sind und durch einen „Sprecher“ nach außen vertreten werden. Der
Sprecher ist jedoch nicht weisungsbefugt. Zusätzlich gibt es häufig einen Koordinator, der
für organisatorische Aufgaben zuständig ist.
Generell sind die Gruppen direkt an dem Objekt bzw. an der Struktur des jeweiligen
Instruments orientiert. Somit wird eine hohe Identifikation erreicht. Zudem müssen
Informationen nicht über die Hierarchie weitergegeben werden, sondern verbleiben in der
Umgebung und erreichen so direkt die notwendigen Personen. Die Gruppenstrukturen
sind sehr dynamisch. Um neue Forschungsfragen bilden sich selbstorganisiert eigene
Teams. Neben forschenden Teams gibt es z.T. Steuerungsgruppen sowie
Gutachterausschüsse. Als übergeordnete Instanz existiert der Institutsausschuss, der
sich aus jeweils einem Mitglied der wissenschaftlichen Institute zusammensetzt. Hierbei
kann die Person, die in den Institutsausschuss entsendet wird, je nach fachlicher
Fragestellung der Ausschusssitzung wechseln.
Die „Schrittmacher“ des Projektes sind eine Vielzahl unterschiedlicher, z.T. sehr
komplexer Zeitpläne (siehe Folie 8-26). Diese definieren die Zeiten für das Schreiben von
Forschungsanträgen und deren Begutachtung, die Entwicklung der Instrumente, die
Durchführung der Experimente, die Zugangszeiten zu den Instrumenten etc.
(Quelle: Knorr Cetina, 2002)
Die Zeitpläne des LHC-Projektes veranschaulichen die angestrebten Zwischen- und
Teilergebnisse sowie die Teilaufgaben. Im Bild sind geplante Arbeiten von Mitte 2001 bis
Ende 2007 als Gantt-Chart aufgeführt (vgl. Folie 8-17). Es fällt auf, dass die einzelnen
Teilaufgaben eine sehr hohe Parallelität aufweisen – entsprechend groß ist der damit
verbundene Koordinationsaufwand zwischen den Arbeitsgruppen. Wichtige Zwischen-
ergebnisse (z.B. „LHC ring complete“, siehe Ende 3. Quartal 2006) sind zudem mit
Meilensteinen gekennzeichnet. Hierunter versteht man nach DIN 69900 ein „Ereignis
besonderer Bedeutung“, welches eine Aufgabe abschließt.
Ein kritischer Punkt von Projekten und insbesondere von Forschungs- und
Entwicklungsprojekten zeigt sich auch hier: Die dargestellten Planungen konnten nicht
eingehalten werden. So konnte der LHC erst am 1. September 2008 und nicht bereits wie
geplant im 1. Quartal des Jahres 2007 zu Testzwecken in Betrieb genommen werden.
Diese Tests mussten jedoch zwischenzeitlich abgebrochen werden, da es zu einer
Überhitzung eines der supraleitenden Magneten kam. Diese Elektromagneten dienen
dazu, den Partikelstrahl in der Beschleunigerröhre auf Kurs zu halten. Sie werden mit
flüssigem Helium auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt gekühlt, um
supraleitend zu werden. Im konkreten Fall erwärmten sich einige der sehr dünnen Drähte
eines der Elektromagneten. Dies kann zur Folge haben, dass diese Drähte ihre
Supraleitfähigkeit verlieren, sehr plötzlich einen wesentlich höheren elektrischen
Widerstand aufweisen und sich dadurch stark aufheizen. Dieses selbstverstärkende
Phänomen wird als „Quench“ bezeichnet und kann zur Zerstörung des gesamten
betroffenen Magneten führen.
Es ist zu vermuten, dass nicht alle wesentlichen Kontrollpunkte und Geräte eingebaut
und getestet worden waren. Dadurch konnte der Schwachpunkt, der zum Quench einer
Magnetverbindung führte, nicht früh genug detektiert und der Magnet nicht früh genug
abgeschaltet werden. Die nach dem erzwungenen Abbruch des Tests notwendige
Reparatur des Beschleunigers hat die Verzögerung auf eineinhalb Jahre ausgedehnt und
zusätzliche Kosten verursacht.
Die zunehmende Globalisierung der Absatz- und Beschaffungsmärkte mit der
einhergehenden Angleichung der Produkte zwingt Automobilhersteller mit technologisch
besonders innovativen und qualitativ hochwertigen Neuentwicklungen
Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Gestiegene Qualitäts-, Sicherheits- und
Umweltanforderungen führen zudem zu einer steigenden Produkt- und
Funktionskomplexität. Bedingt durch eine zunehmende Kopplung von Mechanik,
Elektronik und Software zu mechatronischen Produkten und Modulen (Burghardt 2008)
laufen ehemals voneinander getrennt ablaufende Entwicklungsprozesse integriert und
vernetzt ab (Schernikau 2001).
Um Marktanteile zu sichern oder auszubauen, müssen Neuentwicklungen insbesondere
in der PKW-Entwicklung früher als ihre Konkurrenzprodukte auf den Markt kommen
(Schmelzer 1990). Gleichzeitig sinkt aufgrund permanenter Innovation und einer
beschleunigten Veränderung der Kundenanforderungen die Lebensdauer eines
Produktes im Markt (Schuh & Schwenk 2001, VDA 2004, Burghardt 2008). Um diesen
Herausforderungen Rechnung zu tragen, muss die Produktentwicklungsdauer, d. h. die
Zeit zwischen der Produktidee bis zur Serienreife eines neuen Produktes, stetig verkürzt
werden (Reichwald 1990, Fiksel 1991, Wildemann 2003, Milberg 2003).
Die hohe Komplexität der Entwicklungsaufgaben in der Automobilindustrie wird durch die
große Anzahl an unterschiedlichen mechanischen, elektronischen und Software-
Komponenten bedingt sowie die vielfältigen Schnittstellen und Abhängigkeiten. Die
Bewältigung dieser Herausforderungen ist nur durch pluridisziplinäre Entwicklungsteams
möglich, die eng miteinander kooperieren. Hierbei wird eine hohe Parallelität der
Entwicklungsschritte angestrebt, um die Entwicklungszeit zu verkürzen (Concurrent
Engineering, s. hierzu auch die Ausführungen in Lehreinheit 13).
Mit Hilfe des sog. Master-Produktentstehungsprozesses (Master-PEP) wird die
Transparenz in den einzelnen Phasen der Gesamtfahrzeugentwicklung hergestellt und
eine zeitliche und qualitative Synchronisation der Arbeitsflüsse gewährleistet. Er ist in der
Regel als Unternehmensstandard im sog. Entwicklungssystem beschrieben. Ein
Entwicklungssystem enthält im Sinne der auf Folie 8-16 eingeführten „Programme“
unternehmensspezifisch standardisierte Prozesse, Projektpläne, Methoden und
Werkzeuge zur Produktentwicklung.
Im Master-PEP sind in aggregierter Form alle im Entwicklungssystem beschriebenen
Phasen, Quality Gates (dargestellt als schwarze Rauten), Meilensteine und beteiligte
Organisationseinheiten sowie deren zeitliche Abhängigkeiten visualisiert (Hab & Wagner
2010). Der Master-PEP beginnt bei Fahrzeugentwicklungsprojekten mit dem Projekt-
planungsstart (PPS) und ist strukturiert durch Projektentscheid (PE), Fahrzeugentscheid
(FE), „Design Freeze“ (DF), „Launch Freigabe“ (LF – Beginn der Serienvorbereitung) und
Produktionsvorserie (PVS). Er endet mit dem Start der Produktion (SOP) bzw. der
Markteinführung (ME) des neuen Modells.
Nach der Grobplanung wird der Master-PEP für jede der beteiligten
Organisationseinheiten weiter detailliert, so dass sich spezifische Projektpläne ergeben.
Das Vorgehen einer fortschreitenden Detaillierung wird bis auf die Ebene einzelner
Fahrzeugkomponenten fortgesetzt. Dabei lassen sich die entstehenden Projektpläne
stets in den Master-PEP einordnen und beinhalten die gleichen Quality Gates wie dieser.
Im obigen Projektorganigramm ist die Verantwortung des strategischen Projektleiters für
eine neue Fahrzeug-Baureihe der Mercedes Car Group dargestellt. Die Verantwortung
des Projektleiters erstreckt sich über alle am Projekt beteiligten Bereiche (Vertrieb,
Produktion, Entwicklung etc.). Im Fokus steht die Entwicklung, die nach Gruppen mit
Teileverantwortung, der Gesamtfahrzeugintegration und weiteren Querschnittsthemen
gegliedert ist.
Der Entwicklungsbereich eines Automobilherstellers wird häufig nach dem KEFA-Prinzip
unterteilt. KEFA steht dabei für die Objektgliederung nach Karosserie (Rohbau, Exterieur,
Ausstattung, Interieur), Elektrik/Elektronik, Fahrwerk und Antrieb (Antriebstrang). Jede
dieser Objektgruppen besteht aus einer bestimmten Menge von Systemen, Modulen und
Komponenten, z.B. die Gruppe „Elektrik/Elektronik“ aus Vernetzung/Bordnetz,
Regelsystemen (z.B. ABS) und Leitungssätzen. Die organisatorische Trennung in
Objektgruppen nach dem KEFA-Prinzip hat ihren Ursprung in einer geringen technischen
und funktionalen Interdependenz zwischen den Gruppen im Vergleich zu der hohen
Anzahl an internen Interdependenzen.
Verschiedene Formen der Projektaufbauorganisation werden in Lehreinheit 9 behandelt.
Die sog. Projektstrukturierung nach Funktions- und Objektprinzip ist Gegenstand von
Lehreinheit 10.
Im Rahmen einer Metastudie identifizierte Lechler (1997) sog. Erfolgsfaktoren des
Projektmanagements. Die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren sind danach die klare Definition
der Projektziele, die intensive Kommunikation im Projekt und eine sorgfältige Projektplanung.
Erfolgsfaktoren stellen vom Management beeinflussbare Größen dar. Diese Erfolgsfaktoren
sind nicht losgelöst zu betrachten, sie bilden vielmehr Schwerpunkte für Handlungs-
empfehlungen.
Auf die Zieldefinition und die darauf aufbauende Projektstruktur- sowie Ablauf- und
Terminplanung wird vor allem in den Lehreinheiten 10 und 11 eingegangen. Die Projektziele
sollten in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden bzw. Auftraggeber entwickelt werden. Sie
sollten klar und möglichst vollständig sein und ggf. in anspruchsvolle, aber erreichbare (Teil-
)Ziele detailliert werden, aus denen Teilaufgaben und Arbeitspakete abgeleitet werden
können.
Innerhalb von Projektteams sind sozial-kommunikative Fähigkeiten sowie die Fähigkeit zur
Selbstorganisation bzw. Selbstabstimmung von großer Bedeutung und können durch Training
weiterentwickelt werden. Diese Entwicklung kann durch eine räumliche Nähe der
Teammitglieder gefördert werden, da so die teaminterne Kommunikation vereinfacht wird.
Der Projektfortschritt sollte darüber hinaus mit einem Planungs- und Controlling-System
unterstützt werden, das an die Anforderungen des jeweiligen Projekts flexibel anpassbar ist
(siehe Lehreinheit 12). Schließlich kommt auch dem Topmanagement eine bedeutende Rolle
zu, da mangelnde Unterstützung oder gar fehlendes Interesse das gesamte Projekt und
damit auch den Projekterfolg in Frage stellen.
Projektleiter sollten sehr gute Managementfähigkeiten besitzen und eine starke formale
Stellung mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen erhalten. Zudem sollten sie Konflikte
bereits früh erkennen und lösen – ein vorbeugendes Konfliktmanagement ist dabei einem
reaktiven vorzuziehen. In diesem Zusammenhang ist die Kommunikationsweise des
Projektleiters zu sehen: Er sollte Informationen gezielt und frühzeitig an die jeweilig
Betroffenen weiterleiten. Ein partizipativer Führungsstil ist zu bevorzugen, d.h. Projektleiter
sollten die Mitglieder ihres Projektteams an ihren Entscheidungen beteiligen. Einfluss auf den
Erfolg haben auch das Know-how und die Motivation aller Projektbeteiligten.
In neueren Studien werden ähnliche Faktoren genannt, z.T. mit anderer Gewichtung (siehe
Lehreinheit 13).