Imaginata Philosophie im Ding V.. ALS Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte,...

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Imaginata Imaginata Philosophie im ‚Ding‘ Philosophie im ‚Ding‘ V. V.

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ImaginataImaginataPhilosophie im ‚Ding‘Philosophie im ‚Ding‘

V.V.

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ALS Gregor Samsa eines Morgens ALS Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem unge-heuren Bett zu einem unge-heuren Ungeziefer verwandelt. Er lag auf Ungeziefer verwandelt. Er lag auf seinem panzerartig harten seinem panzerartig harten Rücken und sah, wenn er den Rücken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen Kopf ein wenig hob, seinen gewölbten, braunen, von gewölbten, braunen, von bogenförmigen Versteifungen bogenförmigen Versteifungen geteil-ten Bauch, auf dessen geteil-ten Bauch, auf dessen Höhe sich die Bettdecke, zum Höhe sich die Bettdecke, zum gänzlichen Niederglei-ten bereit, gänzlichen Niederglei-ten bereit, kaum noch erhalten konn-te. kaum noch erhalten konn-te. Seine vielen, im Vergleich zu sei-Seine vielen, im Vergleich zu sei-nem sonstigen Umfang kläglich nem sonstigen Umfang kläglich dün-nen Beine flimmerten ihm dün-nen Beine flimmerten ihm hilflos vor den Augen.hilflos vor den Augen.

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‚‚Das Tier kann nicht dargestellt werden‘Das Tier kann nicht dargestellt werden‘

Ausdruck für Vollzug einer absoluten InnensichtAusdruck für Vollzug einer absoluten InnensichtReduktion auf sich selbstReduktion auf sich selbstin der Unmittelbarkeit leiblichen Erlebensin der Unmittelbarkeit leiblichen Erlebens

InneseinInnesein

GefahrenGefahren ChanceChance

Egoismus:Egoismus: Begegnung mit dem SelbstBegegnung mit dem Selbst- Innerlichkeit (- Innerlichkeit (inneninnen)) Bewegung nach innenBewegung nach innen- Begehren (- Begehren (inneninnen > außen) > außen) im Bewusstsein der Grenzeim Bewusstsein der Grenze

„„ganzganz sinnlich“ sinnlich“ DifferenzDifferenz

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Die Erzählung ist in drei Teile gegliedertDie Erzählung ist in drei Teile gegliedert

Teil ITeil I

1. Morgen: Gregor erwacht in seinem Zimmer und 1. Morgen: Gregor erwacht in seinem Zimmer und realisiert allmählich seine Situation; er wird zu spät realisiert allmählich seine Situation; er wird zu spät zur Arbeit kommen.zur Arbeit kommen.

2. Stimmen von außen: Schwester, Mutter, Vater 2. Stimmen von außen: Schwester, Mutter, Vater melden sich durch die geschlossenen Türen, die melden sich durch die geschlossenen Türen, die Gregor vor dem Zubettgehen selbst verschlossen Gregor vor dem Zubettgehen selbst verschlossen hat. Gregor bemüht sich aufzustehen.hat. Gregor bemüht sich aufzustehen.

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3. Es läutet. Der Prokurist von Gregors Firma erscheint und 3. Es läutet. Der Prokurist von Gregors Firma erscheint und fragt nach ihm. Gregor versucht sich zu rechtfertigen.fragt nach ihm. Gregor versucht sich zu rechtfertigen.Der Prokurist: Der Prokurist: „Das war eine Tierstimme.“„Das war eine Tierstimme.“ Mit Mühe öffnet Gregor die Tür.Mit Mühe öffnet Gregor die Tür.

4. 4. AUSBRUCH 1AUSBRUCH 1 Gregor öffnet die Tür und konfrontiert sein Umfeld mit seiner Gregor öffnet die Tür und konfrontiert sein Umfeld mit seiner Existenz. Existenz. Der Prokurist: Der Prokurist: „Oh!“„Oh!“ Die Mutter: Die Mutter: „Hilfe, um Gottes willen Hilfe!“„Hilfe, um Gottes willen Hilfe!“ Der Prokurist ergreift die Fluch: „Huh!“Gewaltreaktion des Vaters: Er treibt mit einem Stock Gregor in Gewaltreaktion des Vaters: Er treibt mit einem Stock Gregor in sein Zimmer zurück. Gregor verletzt sich an der Türkante. Die sein Zimmer zurück. Gregor verletzt sich an der Türkante. Die Tür wird zugeschlagen.Tür wird zugeschlagen.

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Teil IITeil II

1. Abend: Gregor erwacht. Es wird ihm Essen 1. Abend: Gregor erwacht. Es wird ihm Essen hereingestellt.hereingestellt.Des Nachts quälen ihn Hunger und Sorgen um die Des Nachts quälen ihn Hunger und Sorgen um die Zukunft der Familie.Zukunft der Familie.

2. Zweiter Tag, Morgen. Die Schwester übernimmt 2. Zweiter Tag, Morgen. Die Schwester übernimmt Gregors Versorgung. Um ihr seinen Anblick zu Gregors Versorgung. Um ihr seinen Anblick zu ersparen, flüchtet er bei ihrem Eintreten jedes Mal ersparen, flüchtet er bei ihrem Eintreten jedes Mal unter sein Bett.unter sein Bett.

3. Die Zeit vergeht. Die Familie nimmt an, Gregor 3. Die Zeit vergeht. Die Familie nimmt an, Gregor könne ihre Worte nicht verstehen, während Gregor könne ihre Worte nicht verstehen, während Gregor versucht, ihren Unterhaltungen zu lauschen und versucht, ihren Unterhaltungen zu lauschen und erfährt die gegenwärtige wirtschaftliche Lage der erfährt die gegenwärtige wirtschaftliche Lage der Familie. Das Fenster in seinem Zimmer wird ihm Familie. Das Fenster in seinem Zimmer wird ihm zum einzigen Kontaktmoment nach außen.zum einzigen Kontaktmoment nach außen.

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4. Eines Tages beschließt die Schwester, mit Hilfe der Mutter 4. Eines Tages beschließt die Schwester, mit Hilfe der Mutter Gregors Zimmer auszuräumen, damit dieser mehr Gregors Zimmer auszuräumen, damit dieser mehr Bewegungsfreiheit erhält. Bewegungsfreiheit erhält. Gregor, zunächst angetan von diesem Vorhaben, entsetzt sich Gregor, zunächst angetan von diesem Vorhaben, entsetzt sich angesichts der angesichts der „leeren Wand“„leeren Wand“ und in Anbetracht des ganzen und in Anbetracht des ganzen Vorhabens, das sein Zimmer in eine Vorhabens, das sein Zimmer in eine „Höhle“„Höhle“ verwandelt. verwandelt.Um seine letzten Habseligkeiten zu schützen, bricht er aus Um seine letzten Habseligkeiten zu schützen, bricht er aus seinem Versteck unter dem Bett hervor und erschrickt die seinem Versteck unter dem Bett hervor und erschrickt die Mutter, die daraufhin zusammenbricht. Mutter, die daraufhin zusammenbricht. AUSBRUCH 2AUSBRUCH 2Die Schwester holt aus dem Nebenzimmer Mittel gegen die Die Schwester holt aus dem Nebenzimmer Mittel gegen die Ohnmacht der Mutter, Gregor geht ihr nach, doch die Ohnmacht der Mutter, Gregor geht ihr nach, doch die Schwester schlägt, zurück in Gregors Zimmer, die Tür hinter Schwester schlägt, zurück in Gregors Zimmer, die Tür hinter sich zu. Gregor ist ausgesperrt, wird vom herbeieilenden Vater sich zu. Gregor ist ausgesperrt, wird vom herbeieilenden Vater zurückgedrängt und mit Äpfeln bombasrdiert. Ein Apfel trifft zurückgedrängt und mit Äpfeln bombasrdiert. Ein Apfel trifft Gregors Panzer, er empfindet einen Gregors Panzer, er empfindet einen „überraschenden „überraschenden unglaublichen Schmerz“unglaublichen Schmerz“..

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Teil IIITeil III

1. Gregor hat eine schwere Verwundung erlitten. 1. Gregor hat eine schwere Verwundung erlitten. Fortan öffnet man Abend für Abend die Tür einen Fortan öffnet man Abend für Abend die Tür einen Spalt weit.Spalt weit.Gregor sieht die Gregor sieht die „abgearbeitete und übermüdete „abgearbeitete und übermüdete Familie“Familie“..Einschränkung des Haushalts: Dienstmädchen wird Einschränkung des Haushalts: Dienstmädchen wird entlassen, an ihrer Stelle tritt eine entlassen, an ihrer Stelle tritt eine „riesige knochige „riesige knochige Bedienerin“Bedienerin“..Gregor verbringt die Nächte und Tage fast ganz Gregor verbringt die Nächte und Tage fast ganz ohne Schlaf. Sorge um die Zukunft wechselt mit Wut ohne Schlaf. Sorge um die Zukunft wechselt mit Wut über die immer schlechter werdende Pflege. Streit in über die immer schlechter werdende Pflege. Streit in der Familie, während Gregor der Familie, während Gregor „laut vor Wut darüber „laut vor Wut darüber zischte, daß es keinem einfiel, die Tür zu schließen zischte, daß es keinem einfiel, die Tür zu schließen und ihm diesen Anblick und Lärm zu ersparen“und ihm diesen Anblick und Lärm zu ersparen“..

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Kafka litt unter der ungünstigen Aufteilung der Wohnung. Zwar besaß er ein eigenes Zimmer, dennoch hatte er kaum Rückzugsmöglichkeiten, da es das Durchgangszimmer zwischen Wohn- und Schlafzimmer der Eltern war. In der Erzählung "Großer Lärm", die er 1911 in sein Tagebuch schrieb und ein Jahr später in einer Prager Literaturzeitschrift abdrucken ließ, beschrieb er den typischen Alltag in der Wohnung.

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Großer LärmGroßer Lärm

Ich sitze in meinem Zimmer im Hauptquartier des Lärms der ganzen Ich sitze in meinem Zimmer im Hauptquartier des Lärms der ganzen Wohnung. Alle Wohnung. Alle TürenTüren höre ich schlagen, durch ihren Lärm bleiben mir höre ich schlagen, durch ihren Lärm bleiben mir nur die Schritte der zwischen ihnen Laufenden erspart, noch das nur die Schritte der zwischen ihnen Laufenden erspart, noch das Zuklappen der Zuklappen der HerdtüreHerdtüre in der Küche höre ich. Der Vater durchbricht in der Küche höre ich. Der Vater durchbricht die die TürenTüren meines Zimmers und zieht im nachschleppenden Schlafrock meines Zimmers und zieht im nachschleppenden Schlafrock durch, aus dem Ofen im Nebenzimmer wird die Asche gekratzt, Valli durch, aus dem Ofen im Nebenzimmer wird die Asche gekratzt, Valli fragt, durch das Vorzimmer Wort für Wort rufend, ob des Vaters Hut fragt, durch das Vorzimmer Wort für Wort rufend, ob des Vaters Hut schon geputzt ist, ein Zischen, das mir befreundet sein will, erhebt schon geputzt ist, ein Zischen, das mir befreundet sein will, erhebt noch das Geschrei einer antwortenden Stimme. Dienoch das Geschrei einer antwortenden Stimme. Die Wohnungstüre Wohnungstüre wird aufgeklinkt und lärmt, wie aus katarrhalischem Hals, öffnet sich wird aufgeklinkt und lärmt, wie aus katarrhalischem Hals, öffnet sich dann weiterhin mit dem Singen einer Frauenstimme und schließt sich dann weiterhin mit dem Singen einer Frauenstimme und schließt sich endlich mit einem dumpfen, männlichen Ruck, der sich am endlich mit einem dumpfen, männlichen Ruck, der sich am rücksichtslosesten anhört. Der Vater ist weg, jetzt beginnt der zartere, rücksichtslosesten anhört. Der Vater ist weg, jetzt beginnt der zartere, zerstreutere, hoffnungslosere Lärm, von den Stimmen der zwei zerstreutere, hoffnungslosere Lärm, von den Stimmen der zwei Kanarienvögel angeführt. Schon früher dachte ich daran, bei den Kanarienvögel angeführt. Schon früher dachte ich daran, bei den Kanarienvögeln fällt es mir von neuem ein, ob ich nicht die Kanarienvögeln fällt es mir von neuem ein, ob ich nicht die TüreTüre bis zu bis zu einer kleinen Spalte öffnen, einer kleinen Spalte öffnen, schlangengleichschlangengleich ins Nebenzimmer ins Nebenzimmer kriechen und so auf dem Boden meine Schwestern und ihr Fräulein um kriechen und so auf dem Boden meine Schwestern und ihr Fräulein um Ruhe bitten sollte. Ruhe bitten sollte. Franz KafkaFranz Kafka

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2. Die Eltern vermieten eines der Zimmer an drei 2. Die Eltern vermieten eines der Zimmer an drei „peinlich auf Ordnung“„peinlich auf Ordnung“ bedachte Zimmerherren – bedachte Zimmerherren – „alle drei hatten Vollbärte, wie Gregor einmal durch „alle drei hatten Vollbärte, wie Gregor einmal durch eine Türspalte feststellte“eine Türspalte feststellte“. Von Gregors Existenz . Von Gregors Existenz wissen sie nichts. In der Folge wird überflüssiges wissen sie nichts. In der Folge wird überflüssiges Mobiliar in Gregors Zimmer abgestellt. Mobiliar in Gregors Zimmer abgestellt. Gregor isst fast nichts mehr, die Familie isst in der Gregor isst fast nichts mehr, die Familie isst in der Küche, während die Zimmerherren im Wohnzimmer Küche, während die Zimmerherren im Wohnzimmer speisen.speisen.Eines Abend spielt die Schwester auf der Violine, ein Eines Abend spielt die Schwester auf der Violine, ein Vorgang, dem die Zimmerherren mit zunehmender Vorgang, dem die Zimmerherren mit zunehmender Gleichgültigkeit begegnen, während Gregor, der dies Gleichgültigkeit begegnen, während Gregor, der dies durch den Spalt seiner Tür miterlebt, angezogen durch den Spalt seiner Tür miterlebt, angezogen wird und sich ins Zimmer bewegt.wird und sich ins Zimmer bewegt.

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AUSBRUCH 3AUSBRUCH 3

„„War er ein Tier, da ihn Musik so ergriff?“War er ein Tier, da ihn Musik so ergriff?“

Die Schwester: Die Schwester: „Liebe Eltern, so geht es nicht weiter„Liebe Eltern, so geht es nicht weiter. … Ich will vor diesem Untier nicht den Namen meines Bruders aussprechen und sage daher bloß: wir müssen versuchen es loszuwerden.“

Der Vater: Der Vater: „Wenn er uns verstünde, …dann wäre vielleicht ein „Wenn er uns verstünde, …dann wäre vielleicht ein Übereinkommen mit ihm möglich. Aber so –“Übereinkommen mit ihm möglich. Aber so –“„„Weg muß es, das ist das einzige Mittel, Vater. Du mußt bloß Weg muß es, das ist das einzige Mittel, Vater. Du mußt bloß den Gedanken loszuwerden suchen, daß es Gregor ist.“den Gedanken loszuwerden suchen, daß es Gregor ist.“ Gregor weicht zurück, die Tür hinter ihm wird Gregor weicht zurück, die Tür hinter ihm wird „eiligst „eiligst zugedrückt, festgeriegelt und versperrt“zugedrückt, festgeriegelt und versperrt“. .

„„Endlich!“Endlich!“ ruft die Schwester. ruft die Schwester.

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Gregor: Gregor: „Und jetzt?“ „Er machte bald die Entdeckung, daß er „Und jetzt?“ „Er machte bald die Entdeckung, daß er sich nun überhaupt nicht mehr rühren konnte.sich nun überhaupt nicht mehr rühren konnte. … Im übrigen fühlte er sich verhältnismäßig behaglich. Er hatte zwar Schmerzen im ganzen Leib, aber ihm war, als würden sie allmählich schwächer und schwächer und würden schließlich ganz vergehen. … Den Anfang des allgemeinen Hellerwerdens draußen vor dem Fenster erlebte er noch. Dann sank sein Kopf ohne seinen Willen gänzlich nieder, und aus seinen Nüstern strömte sein letzter Atem schwach hervor.“

3. Die Bedienerin: 3. Die Bedienerin: „Es ist krepiert.“„Es ist krepiert.“ Die Mutter: Die Mutter: „Tot?“„Tot?“„„Die Bedienerin schloß die Tür und öffnete gänzlich das Die Bedienerin schloß die Tür und öffnete gänzlich das Fenster. Trotz des frühen Morgens war der frischen Luft schon Fenster. Trotz des frühen Morgens war der frischen Luft schon etwas Lauigkeit beigemischt. Es war eben schon Ende März.“etwas Lauigkeit beigemischt. Es war eben schon Ende März.“

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Der Vater wirft die Zimmerherren hinaus.Der Vater wirft die Zimmerherren hinaus.„„In einem, wie sich zeigte, gänzlich unbegründeten Mißtrauen In einem, wie sich zeigte, gänzlich unbegründeten Mißtrauen trat Herr Samsa mit den zwei Frauen auf den Vorplatz hinaus; trat Herr Samsa mit den zwei Frauen auf den Vorplatz hinaus; an das Geländer gelehnt, sahen sie zu, wie die drei Herren zwar an das Geländer gelehnt, sahen sie zu, wie die drei Herren zwar langsam, aber ständig die lange Treppe hinunterstiegen, in langsam, aber ständig die lange Treppe hinunterstiegen, in jedem Stockwerk in einer bestimmten Biegung des jedem Stockwerk in einer bestimmten Biegung des Treppenhauses verschwanden und nach ein paar Augenblicken Treppenhauses verschwanden und nach ein paar Augenblicken wieder hervorkamen; je tiefer sie gelangten, desto mehr verlor wieder hervorkamen; je tiefer sie gelangten, desto mehr verlor sich das Interesse der Familie Samsa für sie, und als ihnen sich das Interesse der Familie Samsa für sie, und als ihnen entgegen und dann hoch über sie hinweg ein Fleischergeselle entgegen und dann hoch über sie hinweg ein Fleischergeselle mit der Trage auf dem Kopf in stolzer Haltung heraufstieg, mit der Trage auf dem Kopf in stolzer Haltung heraufstieg, verließ bald Herr Samsa mit den Frauen das Geländer, und alle verließ bald Herr Samsa mit den Frauen das Geländer, und alle kehrten, wie erleichtert, in ihre Wohnung zurück.“kehrten, wie erleichtert, in ihre Wohnung zurück.“„„Sie beschlossen, den heutigen Tag zum Ausruhen und Sie beschlossen, den heutigen Tag zum Ausruhen und Spazierengehen zu verwenden.“Spazierengehen zu verwenden.“ Die Bedienerin: „Also darüber, wie das Zeug von nebenan weggeschafft werden soll, müssen Sie sich keine Sorge machen. Es ist schon in Ordnung.“

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4. „Dann verließen alle drei gemeinschaftlich die Wohnung, was sie schon seit Monaten nicht getan hatten, und fuhren mit der Elektrischen ins Freie vor die Stadt. Der Wagen, in dem sie allein saßen, war ganz von warmer Sonne durchschienen. Sie besprachen, bequem auf ihren Sitzen zurückgelehnt, die Aussichten für die Zukunft, und es fand sich, daß diese bei näherer Betrachtung durchaus nicht schlecht waren, denn aller drei Anstellungen waren, worüber sie einander eigentlich noch gar nicht ausgefragt hatten, überaus günstig und besonders für später vielversprechend. Die größte augenblickliche Besserung der Lage mußte sich natürlich leicht durch einen Wohnungswechsel ergeben; sie wollten nun eine kleinere und billigere, aber besser gelegene und überhaupt praktischere Wohnung nehmen, als es die jetzige, noch von Gregor ausgesuchte war. Während sie sich so unterhielten, fiel es Herrn und Frau Samsa im Anblick ihrer immer lebhafter werdenden Tochter fast gleichzeitig ein, wie sie in der letzten Zeit trotz aller Pflege, die ihre Wangen bleich gemacht hatte, zu einem schönen und üppigen Mädchen aufgeblüht war. Stiller werdend und fast unbewußt durch Blicke sich verständigend, dachten sie daran, daß es nun Zeit sein werde, auch einen braven Mann für sie zu suchen. Und es war ihnen wie eine Bestätigung ihrer neuen Träume und guten Absichten, als am Ziele ihrer Fahrt die Tochter als erste sich erhob und ihren jungen Körper dehnte.“

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Das Tierhafte:Das Tierhafte:

Nicht (nur) MonstrositätNicht (nur) Monstrosität> Andere, ‚niedere‘ Form der Existenz:> Andere, ‚niedere‘ Form der Existenz: Erschmecken der WeltErschmecken der Welt

SeparationSeparation: Zurückgeworfen auf das Selbe (Genuss): Zurückgeworfen auf das Selbe (Genuss)

Radikale Gegenstellung zu einer Ordo-WeltRadikale Gegenstellung zu einer Ordo-Weltals eines ‚als eines ‚einein--gerichtetengerichteten‘ Zusammenhangs‘ Zusammenhangs

Reduktion alles Ge-richteten (Ge-setz / Ge-richt)Reduktion alles Ge-richteten (Ge-setz / Ge-richt)auf die schlichte Bedingung leiblichen Erlebensauf die schlichte Bedingung leiblichen Erlebens

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Nicht Schon-sein-bei (in Welt)Nicht Schon-sein-bei (in Welt)< Dies Nicht-schon-sein als Ausgestoßensein < Dies Nicht-schon-sein als Ausgestoßensein erfahren:erfahren: Zurückgestoßen ins InnenZurückgestoßen ins Innen

Ab-solutes Innen, an dessen Ab-solutes Innen, an dessen HautHaut sich ‚innen‘ / sich ‚innen‘ / ‚außen‘‚außen‘erst konfigurierenerst konfigurieren

GrenzleiblichkeitGrenzleiblichkeit vor vor RichtungsRichtungs- und - und SinnleiblichkeitSinnleiblichkeit

Die Verwandlung Die Verwandlung ::

Konfliktsituation zwischen Konfliktsituation zwischen Existenz in ab-soluter Innenposition Existenz in ab-soluter Innenposition vs. alltäglicher Lebensweltvs. alltäglicher Lebenswelt

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Detailanalyse – Vier MomenteDetailanalyse – Vier Momente

11 Oikologische Situation:Oikologische Situation:Grundspannung innen – außen Grundspannung innen – außen

22 Dynamik dieser Spannung: öffnen – schließen Dynamik dieser Spannung: öffnen – schließen

33 Kein Aufbau eines Zwischen (Verstehen)Kein Aufbau eines Zwischen (Verstehen)

44 Zugrundegehen – was überlebt?Zugrundegehen – was überlebt?

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1. Grundspannung innen – außen1. Grundspannung innen – außen

Oikologische SituationOikologische Situation

GregorGregor FamilieFamilie HaushaltHaushalt ÖkonomieÖkonomieganz innenganz innen außenaußen

ProkuristProkuristZimmerherrenZimmerherren

Leibsituation:Leibsituation:Perspektive von innen: Perspektive von innen: LeibLeib – Zimmer – Wohnung – Haus – – Zimmer – Wohnung – Haus – Welt Welt

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Grundlegende Spannung:Grundlegende Spannung:

Innen (Leib)Innen (Leib)Innen (Zimmer)Innen (Zimmer) Außen: WeltAußen: WeltInnen (Haus)Innen (Haus)

EmpfindenEmpfinden VorstellenVorstellenGrenzeGrenze der Haut der Haut RichtungRichtung auf – auf –

SinnSinnbestimmungbestimmung

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»Was ist mit mir geschehen?« dachte er.»Was ist mit mir geschehen?« dachte er. Es war kein Traum. Sein Zimmer, ein richtiges, nur etwas zu kleines Menschenzimmer, lag ruhig zwischen den vier wohlbekannten Wänden. Über dem Tisch, auf dem eine auseinandergepackte Musterkollektion von Tuchwaren ausgebreitet war – Samsa war Reisender –, hing das Bild, das er vor kurzem aus einer illustrierten Zeitschrift ausgeschnitten und in einem hübschen, vergoldeten Rahmen untergebracht hatte. Es stellte eine Dame dar, die, mit einem Pelzhut und einer Pelzboa versehen, aufrecht dasaß und einen schweren Pelzmuff, in dem ihr ganzer Unterarm verschwunden war, dem Beschauer entgegenhob.

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Gregors Blick Gregors Blick richtete sichrichtete sich dann zum dann zum FensterFenster, und das trübe , und das trübe Wetter – man hörte Regentropfen auf das Fensterblech Wetter – man hörte Regentropfen auf das Fensterblech aufschlagen – machte ihn ganz melancholisch. »Wie wäre es, aufschlagen – machte ihn ganz melancholisch. »Wie wäre es, wenn ich noch ein wenig weiterschliefe und alle Narrheiten wenn ich noch ein wenig weiterschliefe und alle Narrheiten vergäße,« dachte er, aber das war vergäße,« dachte er, aber das war gänzlich undurchführbargänzlich undurchführbar, , denn er war gewöhnt, auf der rechten Seite zu schlafen, konnte denn er war gewöhnt, auf der rechten Seite zu schlafen, konnte sich aber in seinem gegenwärtigen Zustand nicht in diese Lage sich aber in seinem gegenwärtigen Zustand nicht in diese Lage bringen. Mit welcher Kraft er sich auch auf die rechte Seite bringen. Mit welcher Kraft er sich auch auf die rechte Seite warf, immer wieder schaukelte er in die Rückenlage zurück. Er warf, immer wieder schaukelte er in die Rückenlage zurück. Er versuchte es wohl hundertmal, schloß die Augen, um die versuchte es wohl hundertmal, schloß die Augen, um die zappelnden Beine nicht sehen zu müssen, und ließ erst ab, als zappelnden Beine nicht sehen zu müssen, und ließ erst ab, als er in der Seite einen noch nie gefühlten, leichten, dumpfen er in der Seite einen noch nie gefühlten, leichten, dumpfen SchmerzSchmerz zu fühlen begann. zu fühlen begann.

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»Ach Gott,« dachte er, »was für einen »Ach Gott,« dachte er, »was für einen anstrengenden anstrengenden BerufBeruf habe ich gewählt! Tag aus, Tag ein auf der Reise. Die habe ich gewählt! Tag aus, Tag ein auf der Reise. Die geschäftlichen Aufregungen sind viel größer, als im geschäftlichen Aufregungen sind viel größer, als im eigentlichen Geschäft zu Hause, und außerdem ist mir noch eigentlichen Geschäft zu Hause, und außerdem ist mir noch diese Plage des Reisens auferlegt, die Sorgen um die diese Plage des Reisens auferlegt, die Sorgen um die Zuganschlüsse, das unregelmäßige, schlechte Essen, ein Zuganschlüsse, das unregelmäßige, schlechte Essen, ein immer wechselnder, nie andauernder, nie herzlich werdender immer wechselnder, nie andauernder, nie herzlich werdender menschlicher Verkehr. Der Teufel soll das alles holen!« Er menschlicher Verkehr. Der Teufel soll das alles holen!« Er fühlte ein leichtesfühlte ein leichtes Jucken Jucken oben auf dem Bauchoben auf dem Bauch; schob sich auf ; schob sich auf dem Rücken langsam näher zum Bettpfosten, um den Kopf dem Rücken langsam näher zum Bettpfosten, um den Kopf besser heben zu können; fand die juckende Stelle, die mit besser heben zu können; fand die juckende Stelle, die mit lauter kleinen weißen Pünktchen besetzt war, die er nicht zu lauter kleinen weißen Pünktchen besetzt war, die er nicht zu beurteilen verstand; und wollte mit einem Bein die Stelle beurteilen verstand; und wollte mit einem Bein die Stelle betasten, zog es aber gleich zurück, denn bei der Berührung betasten, zog es aber gleich zurück, denn bei der Berührung umwehten ihn Kälteschauer.umwehten ihn Kälteschauer.

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Er glitt wieder in seine frühere Lage zurück. »Dies frühzeitige Er glitt wieder in seine frühere Lage zurück. »Dies frühzeitige Aufstehen«, dachte er, »macht einen ganz blödsinnig. Der Mensch Aufstehen«, dachte er, »macht einen ganz blödsinnig. Der Mensch muß seinen Schlaf haben. Andere Reisende leben wie Haremsfrauen. muß seinen Schlaf haben. Andere Reisende leben wie Haremsfrauen. Wenn ich zum Beispiel im Laufe des Vormittags ins Gasthaus Wenn ich zum Beispiel im Laufe des Vormittags ins Gasthaus zurückgehe, um die erlangten Aufträge zu überschreiben, sitzen diese zurückgehe, um die erlangten Aufträge zu überschreiben, sitzen diese Herren erst beim Frühstück. Das sollte ich bei Herren erst beim Frühstück. Das sollte ich bei meinem Chefmeinem Chef versuchen; ich würde auf der Stelle hinausfliegen. Wer weiß übrigens, versuchen; ich würde auf der Stelle hinausfliegen. Wer weiß übrigens, ob das nicht sehr gut für mich wäre. Wenn ich mich nicht wegen ob das nicht sehr gut für mich wäre. Wenn ich mich nicht wegen meiner Eltern zurückhielte, ich hätte längst gekündigt, ich wäre vor meiner Eltern zurückhielte, ich hätte längst gekündigt, ich wäre vor den Chef hingetreten und hätte ihm meine Meinung von Grund des den Chef hingetreten und hätte ihm meine Meinung von Grund des Herzens aus gesagt. Vom Pult hätte er fallen müssen! Es ist auch eine Herzens aus gesagt. Vom Pult hätte er fallen müssen! Es ist auch eine sonderbare Art, sich auf das Pult zu setzen und von der Höhe herab sonderbare Art, sich auf das Pult zu setzen und von der Höhe herab mit dem Angestellten zu reden, der überdies wegen der mit dem Angestellten zu reden, der überdies wegen der Schwerhörigkeit des Chefs ganz nahe herantreten muß. Nun, die Schwerhörigkeit des Chefs ganz nahe herantreten muß. Nun, die Hoffnung ist noch nicht gänzlich aufgegeben, habe ich einmal das Hoffnung ist noch nicht gänzlich aufgegeben, habe ich einmal das Geld Geld beisammen, um die Schuld der Eltern an ihn abzuzahlen – es dürfte beisammen, um die Schuld der Eltern an ihn abzuzahlen – es dürfte noch fünf bis sechs Jahre dauern –, mache ich die Sache unbedingt. noch fünf bis sechs Jahre dauern –, mache ich die Sache unbedingt. Dann wird der große Schnitt gemacht. Vorläufig allerdings muß ich Dann wird der große Schnitt gemacht. Vorläufig allerdings muß ich aufstehen, denn mein Zug fährt aufstehen, denn mein Zug fährt um fünfum fünf.«.«

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Und er sah zur Weckuhr hinüber, die auf dem Kasten tickte. Und er sah zur Weckuhr hinüber, die auf dem Kasten tickte. »Himmlischer Vater!« dachte er, Es war halb sieben Uhr, und »Himmlischer Vater!« dachte er, Es war halb sieben Uhr, und die Zeiger gingen ruhig vorwärts, es war sogar halb vorüber, es die Zeiger gingen ruhig vorwärts, es war sogar halb vorüber, es näherte sich schon dreiviertel. Sollte der Wecker nicht geläutet näherte sich schon dreiviertel. Sollte der Wecker nicht geläutet haben? Man sah vom Bett aus, daß er auf vier Uhr richtig haben? Man sah vom Bett aus, daß er auf vier Uhr richtig eingestellt war; gewiß hatte er auch geläutet. Ja, aber war es eingestellt war; gewiß hatte er auch geläutet. Ja, aber war es möglich, dieses möbelerschütternde Läuten ruhig zu möglich, dieses möbelerschütternde Läuten ruhig zu verschlafen? verschlafen?

……

Gregor fühlte sich tatsächlich, abgesehen von einer nach dem Gregor fühlte sich tatsächlich, abgesehen von einer nach dem langen Schlaf wirklich überflüssigen Schläfrigkeit, ganz wohl langen Schlaf wirklich überflüssigen Schläfrigkeit, ganz wohl und hatte sogar einen und hatte sogar einen besonders kräftigen Hungerbesonders kräftigen Hunger..

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2. Dynamik dieser Spannung: öffnen – 2. Dynamik dieser Spannung: öffnen – schließenschließen

BewegungBewegung BegegnungBegegnung

Ausbruch 1-2-3Ausbruch 1-2-3 Gewalt und SchmerzGewalt und SchmerzRichtungRichtung GrenzeGrenze

TürTür: direkter Kontakt: direkter KontaktFensterFenster: Transparenz: TransparenzWandWand (Höhle): Sperre (Höhle): Sperre

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Als er dies alles in größter Eile überlegte, ohne sich entschließen zu Als er dies alles in größter Eile überlegte, ohne sich entschließen zu können, das Bett zu verlassen – gerade schlug der Wecker dreiviertel können, das Bett zu verlassen – gerade schlug der Wecker dreiviertel sieben – klopfte es vorsichtig an die sieben – klopfte es vorsichtig an die TürTür am Kopfende seines Bettes. am Kopfende seines Bettes. »Gregor,« rief es – es war die »Gregor,« rief es – es war die MutterMutter –, »es ist dreiviertel sieben.  –, »es ist dreiviertel sieben. Wolltest du nicht wegfahren?« …Wolltest du nicht wegfahren?« …

Und schon klopfte an der einen Seitentür der Und schon klopfte an der einen Seitentür der VaterVater, schwach, aber mit , schwach, aber mit der der FaustFaust. »Gregor, Gregor,« rief er, »was ist denn?« Und nach einer . »Gregor, Gregor,« rief er, »was ist denn?« Und nach einer kleinen Weile mahnte er nochmals mit tieferer Stimme: »Gregor! kleinen Weile mahnte er nochmals mit tieferer Stimme: »Gregor! Gregor!« An der anderen Seitentür aber klagte leise die Gregor!« An der anderen Seitentür aber klagte leise die SchwesterSchwester: : »Gregor? Ist dir nicht wohl? Brauchst du etwas?« Nach beiden Seiten »Gregor? Ist dir nicht wohl? Brauchst du etwas?« Nach beiden Seiten hin antwortete Gregor: »Bin schon fertig,« und bemühte sich, durch hin antwortete Gregor: »Bin schon fertig,« und bemühte sich, durch die sorgfältigste Aussprache und durch Einschaltung von langen die sorgfältigste Aussprache und durch Einschaltung von langen Pausen zwischen den einzelnen Worten seiner Stimme alles Pausen zwischen den einzelnen Worten seiner Stimme alles Auffallende zu nehmen. Der Vater kehrte auch zu seinem Frühstück Auffallende zu nehmen. Der Vater kehrte auch zu seinem Frühstück zurück, die Schwester aber flüsterte: »Gregor, mach auf, ich zurück, die Schwester aber flüsterte: »Gregor, mach auf, ich beschwöre dich.« Gregor aber dachte gar nicht daran aufzumachen, beschwöre dich.« Gregor aber dachte gar nicht daran aufzumachen, sondern lobte die vom Reisen her übernommene Vorsicht, auch zu sondern lobte die vom Reisen her übernommene Vorsicht, auch zu Hause Hause alle Türenalle Türen während der Nacht während der Nacht zu versperrenzu versperren..

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Das GassenfensterDas Gassenfenster

Wer Wer verlassenverlassen lebt und sich doch lebt und sich doch hie und da irgendwo hie und da irgendwo anschließenanschließen möchte, wer mit Rücksicht auf die Veränderungen möchte, wer mit Rücksicht auf die Veränderungen der Tageszeit der Witterung, der Berufsverhältnisse und der Tageszeit der Witterung, der Berufsverhältnisse und dergleichen ohne weiteres irgendeinen beliebigen Arm sehen dergleichen ohne weiteres irgendeinen beliebigen Arm sehen will, an dem er sich halten könnte, – der wird es ohne ein will, an dem er sich halten könnte, – der wird es ohne ein Gassenfenster nicht lange treiben. Und steht es mit ihm so, daß Gassenfenster nicht lange treiben. Und steht es mit ihm so, daß er gar nichts sucht und nur als müder Mann, die Augen auf und er gar nichts sucht und nur als müder Mann, die Augen auf und ab zwischen Publikum und Himmel, an seine Fensterbrüstung ab zwischen Publikum und Himmel, an seine Fensterbrüstung tritt, und er will nicht und hat ein wenig den Kopf tritt, und er will nicht und hat ein wenig den Kopf zurückgeneigt, so zurückgeneigt, so reißen ihnreißen ihn doch unten die Pferde mit in ihr doch unten die Pferde mit in ihr Gefolge von Wagen und Lärm und damit Gefolge von Wagen und Lärm und damit endlich der endlich der menschlichen Eintracht zumenschlichen Eintracht zu..

In: In: BetrachtungBetrachtung (entstanden zwischen 1907 und 1912, Erstdruck (entstanden zwischen 1907 und 1912, Erstdruck Leipzig 1913)Leipzig 1913)

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3. Kein Aufbau eines Zwischen (Verstehen)3. Kein Aufbau eines Zwischen (Verstehen)

Selbst – Selbst – ZWISCHENZWISCHEN – Andere – Andere

Verstehen bleibt einseitig:Verstehen bleibt einseitig:Die Familie versteht nicht, dass Gregor sie verstehtDie Familie versteht nicht, dass Gregor sie versteht

Selbst wird zum Selbst wird zum EsEs für Andere, für Andere,nachdem es schon für sich selbst zum Es geworden nachdem es schon für sich selbst zum Es geworden war:war:

SepariertSepariert von Welt von Welt Weltausschluss Weltausschluss

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Kafkas frühe Erzählung Kafkas frühe Erzählung "Beschreibung eines Kampfes""Beschreibung eines Kampfes" führt führt ein aus seinem Verankertsein herausgefallenes Leben vor, für ein aus seinem Verankertsein herausgefallenes Leben vor, für das die Welt der Verankerung nur mehr von seiner neuen das die Welt der Verankerung nur mehr von seiner neuen Position des Position des SchwebezustandesSchwebezustandes der Ortlosigkeitder Ortlosigkeit her, also in her, also in Reminiszenzen, aufschimmert.Reminiszenzen, aufschimmert.

Sie beginnt mit dem Ausbruch aus einer Abendgesellschaft und setzt sich fort im „Ritt“ in eine imaginierte Welt.

Diese Erzählung läßt sich weithin als der Bericht über den Diese Erzählung läßt sich weithin als der Bericht über den (scheiternden) (scheiternden) Versuch einer FluchtVersuch einer Flucht lesen: Die Erzähler in der lesen: Die Erzähler in der Erzählung wollen dem von ihnen erfahrenen Unverankertsein Erzählung wollen dem von ihnen erfahrenen Unverankertsein entfliehen. Dieser Versuch muß scheitern, weil sein Glücken entfliehen. Dieser Versuch muß scheitern, weil sein Glücken bedeuten würde, sich selbst entfliehen zu können.bedeuten würde, sich selbst entfliehen zu können.

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Kein wirkliches Ankommen:Kein wirkliches Ankommen:

Die Reise in die Künftigkeit imaginierter Möglichkeiten bleibt Die Reise in die Künftigkeit imaginierter Möglichkeiten bleibt nur solange ungebrochen, als die reale Gegenwart nicht nur solange ungebrochen, als die reale Gegenwart nicht erinnert wird. Da nur imaginativ unternommen, kann der 'Ritt' erinnert wird. Da nur imaginativ unternommen, kann der 'Ritt' die erwartete Ablösung von der Realität, der zu entfliehen die erwartete Ablösung von der Realität, der zu entfliehen getrachtet wird, nicht wirklich erbringen; das Gekettetsein an getrachtet wird, nicht wirklich erbringen; das Gekettetsein an die Realität macht sich in der Imagination selbst und mit ihren die Realität macht sich in der Imagination selbst und mit ihren eigenen Mitteln bemerkbar: "Diese so rasch entstandene Weite eigenen Mitteln bemerkbar: "Diese so rasch entstandene Weite meiner Aussicht erschreckte mich." meiner Aussicht erschreckte mich."

"Mich schmerzte mein Herz, denn jetzt schien es unmöglich aus "Mich schmerzte mein Herz, denn jetzt schien es unmöglich aus meinem Leiden hinauszukommen." Doch von neuem: "[...] meinem Leiden hinauszukommen." Doch von neuem: "[...] vielleicht konnte ich etwas erfahren über die Gefährlichkeit vielleicht konnte ich etwas erfahren über die Gefährlichkeit dieses scheinbar sichern Landes." dieses scheinbar sichern Landes."

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4. Zugrundegehen – was überlebt?4. Zugrundegehen – was überlebt?

- Zugrunde geht der Protagonist- Zugrunde geht der Protagonist

- Es überlebt die Familie- Es überlebt die Familie

- Und der Erzähler- Und der Erzähler

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Den Anfang des allgemeinen Hellerwerdens draußen vor dem Fenster Den Anfang des allgemeinen Hellerwerdens draußen vor dem Fenster erlebte er noch. Dann sank sein Kopf ohne seinen Willen gänzlich erlebte er noch. Dann sank sein Kopf ohne seinen Willen gänzlich nieder, und aus seinen Nüstern strömte sein letzter Atem schwach nieder, und aus seinen Nüstern strömte sein letzter Atem schwach hervor.hervor.

++++++Als am frühen Morgen die Bedienerin kam – vor lauter Kraft und Eile Als am frühen Morgen die Bedienerin kam – vor lauter Kraft und Eile schlug sie, wie oft man sie auch schon gebeten hatte, das zu schlug sie, wie oft man sie auch schon gebeten hatte, das zu vermeiden, alle Türen derartig zu, daß in der ganzen Wohnung von vermeiden, alle Türen derartig zu, daß in der ganzen Wohnung von ihrem Kommen an kein ruhiger Schlaf mehr möglich war –, fand sie bei ihrem Kommen an kein ruhiger Schlaf mehr möglich war –, fand sie bei ihrem gewöhnlichen kurzen Besuch bei Gregor zuerst nichts ihrem gewöhnlichen kurzen Besuch bei Gregor zuerst nichts Besonderes. Sie dachte, er liege absichtlich so unbeweglich da und Besonderes. Sie dachte, er liege absichtlich so unbeweglich da und spiele den Beleidigten … Weil sie zufällig den langen Besen in der spiele den Beleidigten … Weil sie zufällig den langen Besen in der Hand hielt, suchte sie mit ihm Gregor von der Tür aus zu kitzeln. Als Hand hielt, suchte sie mit ihm Gregor von der Tür aus zu kitzeln. Als sich auch da kein Erfolg zeigte, wurde sie ärgerlich und stieß ein wenig sich auch da kein Erfolg zeigte, wurde sie ärgerlich und stieß ein wenig in Gregor hinein, und erst als sie ihn ohne jeden Widerstand von in Gregor hinein, und erst als sie ihn ohne jeden Widerstand von seinem Platze geschoben hatte, wurde sie aufmerksam. Als sie bald seinem Platze geschoben hatte, wurde sie aufmerksam. Als sie bald den wahren Sachverhalt erkannte, machte sie große Augen, pfiff vor den wahren Sachverhalt erkannte, machte sie große Augen, pfiff vor sich hin, hielt sich aber nicht lange auf, sondern riß die Tür des sich hin, hielt sich aber nicht lange auf, sondern riß die Tür des Schlafzimmers auf und rief mit lauter Stimme in das Dunkel hinein: Schlafzimmers auf und rief mit lauter Stimme in das Dunkel hinein: »Sehen Sie nur mal an, es ist krepiert; da liegt es, ganz und gar »Sehen Sie nur mal an, es ist krepiert; da liegt es, ganz und gar krepiert!«krepiert!«

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Das Ehepaar Samsa saß im Ehebett aufrecht da und hatte zu tun, den Das Ehepaar Samsa saß im Ehebett aufrecht da und hatte zu tun, den Schrecken über die Bedienerin zu verwinden, ehe es dazu kam, ihre Schrecken über die Bedienerin zu verwinden, ehe es dazu kam, ihre Meldung aufzufassen. Dann aber stiegen Herr und Frau Samsa, jeder Meldung aufzufassen. Dann aber stiegen Herr und Frau Samsa, jeder auf seiner Seite, eiligst aus dem Bett, Herr Samsa warf die Decke über auf seiner Seite, eiligst aus dem Bett, Herr Samsa warf die Decke über seine Schultern, Frau Samsa kam nur im Nachthemd hervor; so traten seine Schultern, Frau Samsa kam nur im Nachthemd hervor; so traten sie in Gregors Zimmer. Inzwischen hatte sich auch die Tür des sie in Gregors Zimmer. Inzwischen hatte sich auch die Tür des Wohnzimmers geöffnet, in dem Grete seit dem Einzug der Wohnzimmers geöffnet, in dem Grete seit dem Einzug der Zimmerherren schlief; sie war völlig angezogen, als hätte sie gar nicht Zimmerherren schlief; sie war völlig angezogen, als hätte sie gar nicht geschlafen, auch ihr bleiches Gesicht schien das zu beweisen. »Tot?« geschlafen, auch ihr bleiches Gesicht schien das zu beweisen. »Tot?« sagte Frau Samsa und sah fragend zur Bedienerin auf, trotzdem sie sagte Frau Samsa und sah fragend zur Bedienerin auf, trotzdem sie doch alles selbst prüfen und sogar ohne Prüfung erkennen konnte. doch alles selbst prüfen und sogar ohne Prüfung erkennen konnte. »Das will ich meinen,« sagte die Bedienerin und stieß zum Beweis »Das will ich meinen,« sagte die Bedienerin und stieß zum Beweis Gregors Leiche mit dem Besen noch ein großes Stück seitwärts.Gregors Leiche mit dem Besen noch ein großes Stück seitwärts. …

»Komm, Grete, auf ein Weilchen zu uns herein,« sagte Frau Samsa mit einem wehmütigen Lächeln, und Grete ging, nicht ohne nach der Leiche zurückzusehen, hinter den Eltern in das Schlafzimmer. Die Bedienerin schloß die Tür und öffnete gänzlich das Fenster. Trotz des frühen Morgens war der frischen Luft schon etwas Lauigkeit beigemischt. Es war eben schon Ende März.

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Es überlebt der ErzählerEs überlebt der Erzähler

Beschreibung eines KampfesBeschreibung eines Kampfes::

„„Beweis dessen, daß es unmöglich ist zu leben“Beweis dessen, daß es unmöglich ist zu leben“

"Es hat "Es hat niemalsniemals eine Zeit gegeben, in der eine Zeit gegeben, in der ich durch mich selbst ich durch mich selbst von meinem Leben überzeugt warvon meinem Leben überzeugt war. Ich erfasse nämlich die . Ich erfasse nämlich die Dinge um michDinge um mich nur in so nur in so hinfälligen Vorstellungenhinfälligen Vorstellungen, daß ich , daß ich immer glaube, die Dinge hätten einmal gelebt, jetzt aber seien immer glaube, die Dinge hätten einmal gelebt, jetzt aber seien sie versinkend."sie versinkend."

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"Immer [...] habe ich eine so quälende Lust, die Dinge so zu "Immer [...] habe ich eine so quälende Lust, die Dinge so zu sehn, wie sie sich geben mögen, sehn, wie sie sich geben mögen, ehe sie sich mir zeigenehe sie sich mir zeigen. . Sie sind da wohl schön und ruhig."Sie sind da wohl schön und ruhig."

Es ist nicht möglich, den Dingen vor ihrem Eintritt in die Es ist nicht möglich, den Dingen vor ihrem Eintritt in die Sichtbarkeit mit der Abständigkeit des Sehens Sichtbarkeit mit der Abständigkeit des Sehens beizuwohnen. Die Dinge sind unwirklich geworden,beizuwohnen. Die Dinge sind unwirklich geworden,[1][1] denn denn ihre "ihre "wahrhaftigen Namenwahrhaftigen Namen" wurden "vergessen" (89), " wurden "vergessen" (89), stattdessen wurden sie mit "stattdessen wurden sie mit "zufälligen Namenzufälligen Namen" (ebd.) " (ebd.) überschüttet, mit solchen, die nicht mehr die Dinge überschüttet, mit solchen, die nicht mehr die Dinge 'treffen', sondern in Funktionszwängen einer Welt sich 'treffen', sondern in Funktionszwängen einer Welt sich abnutzen. abnutzen.         

[1] "Was ist es doch, daß Ihr thut, als wenn Ihr wirklich wäret. [1] "Was ist es doch, daß Ihr thut, als wenn Ihr wirklich wäret. Wollt Ihr mich glauben machen, daß ich unwirklich bin [...]. Wollt Ihr mich glauben machen, daß ich unwirklich bin [...]. Aber doch ist es schon lange her, daß Du wirklich warst, Du Aber doch ist es schon lange her, daß Du wirklich warst, Du Himmel und Du Ringplatz bist niemals wirklich gewesen."Himmel und Du Ringplatz bist niemals wirklich gewesen."

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Die Die Dinge empören sichDinge empören sich, werden "so eitel, so , werden "so eitel, so zudringlich und so rachsüchtig" zudringlich und so rachsüchtig"

Aus ihrem ruhigen Stand herausgesetzt, erzwingen Aus ihrem ruhigen Stand herausgesetzt, erzwingen die Dinge eine die Dinge eine AlternativeAlternative, die unannehmbar ist: , die unannehmbar ist:

"Was sollen unsere Lungen thun [...] athmen sie "Was sollen unsere Lungen thun [...] athmen sie rasch, ersticken sie an sich, an innern Giften; rasch, ersticken sie an sich, an innern Giften; athmen sie langsam ersticken sie an nicht athmen sie langsam ersticken sie an nicht athembarer Luft, an den empörten Dingen."athembarer Luft, an den empörten Dingen."       

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Die Möglichkeit zu atmen wird so oder so genommen: Die Möglichkeit zu atmen wird so oder so genommen:

1. Im Sichhalten an Vorstellungen und Worte, erstickt 1. Im Sichhalten an Vorstellungen und Worte, erstickt man an sich selbst, an der Subjektivität der man an sich selbst, an der Subjektivität der Imagination.Imagination.

Kraftlosigkeit überkommener Orientierungen:Kraftlosigkeit überkommener Orientierungen:

RichtungenRichtungen und und SinngehalteSinngehalte

2. Orientiert man sich an den Dingen, verliert man auch 2. Orientiert man sich an den Dingen, verliert man auch alle Sicherheit, da das natürliche Band zwischen Ding alle Sicherheit, da das natürliche Band zwischen Ding und Wort durchtrennt ist und die "empörten" Dinge, und Wort durchtrennt ist und die "empörten" Dinge, bar einer sie domestizierenden Medialität, in ihrer bar einer sie domestizierenden Medialität, in ihrer Zudringlichkeit nur mehr distanzlos begegnen.Zudringlichkeit nur mehr distanzlos begegnen.

Kon-frontation mit der Kon-frontation mit der Grenze Grenze mittels einer auf mittels einer auf Körperleiblichkeit zurückgeworfene Körperleiblichkeit zurückgeworfene SubjektivitätSubjektivität

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"Jetzt aber [...] Berg Blume Gras, Buschwerk und Fluß, gebt mir "Jetzt aber [...] Berg Blume Gras, Buschwerk und Fluß, gebt mir ein wenig Raum, damit ich athmen kann." ein wenig Raum, damit ich athmen kann." Die extreme Erfahrung eines völlig distanzlosen Die extreme Erfahrung eines völlig distanzlosen Eingenommenseins von der andrängenden puren 'Stofflichkeit' Eingenommenseins von der andrängenden puren 'Stofflichkeit' der Dinge beschreibt Sartre in der Dinge beschreibt Sartre in La nauséeLa nausée. "Die Dinge haben . "Die Dinge haben sich von ihren Namen gelöst. Sie sind da [...] ich bin inmitten sich von ihren Namen gelöst. Sie sind da [...] ich bin inmitten von namenlosen von namenlosen DingenDingen." (Sartre, ." (Sartre, Der EkelDer Ekel, Reinbek 1963, S. , Reinbek 1963, S. 133 f.)133 f.)

Es bleibt nur Es bleibt nur ein Sicheinrichtenein Sicheinrichten in diesem Niemandsland in diesem Niemandsland zwischen verlorenem Grund und nicht neu zu erlangender zwischen verlorenem Grund und nicht neu zu erlangender Verankerung. Verankerung. Daraus resultiert ein Daraus resultiert ein SchwebenSchweben, das ebenfalls die Lungen , das ebenfalls die Lungen strapaziert, denn für die nun freischwebende, gesetz-los strapaziert, denn für die nun freischwebende, gesetz-los gewordene neue Sinnstiftung gibt es weder Zeit- noch gewordene neue Sinnstiftung gibt es weder Zeit- noch Raummaß: Raummaß: Wenn "unsere Lungen [...] aber ihr Tempo suchen wollen, gehn Wenn "unsere Lungen [...] aber ihr Tempo suchen wollen, gehn sie schon am Suchen zugrunde."sie schon am Suchen zugrunde."

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Wenn Wenn LebenLeben besagt, zumindest den Anschein einer besagt, zumindest den Anschein einer Verankerung aufzubieten, dann ist diesesVerankerung aufzubieten, dann ist dieses Schweben Schweben

– – der Beweis, dass es "unmöglich ist zu leben" – der Beweis, dass es "unmöglich ist zu leben" –

im Lebenim Leben (das lebend nicht verlassen werden kann) (das lebend nicht verlassen werden kann) dem Leben entgegengerichtetdem Leben entgegengerichtet. .

Oder:Oder:

Die Protagonisten sterben fortwährend – Die Protagonisten sterben fortwährend – als Ersatztote des eigenen Ichals Ersatztote des eigenen Ich

Das Erzähl-Ich lebt durch ihre Tode fort.Das Erzähl-Ich lebt durch ihre Tode fort.

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Schreiben als Begegnung mit dem Fremden im Schreiben als Begegnung mit dem Fremden im EigenenEigenen

Gelangt an kein Ende, Gelangt an kein Ende, da Ende des Schreibens das Ende der Existenz da Ende des Schreibens das Ende der Existenz wärewäre

Existenz Existenz endloses endloses metaphéreinmetaphérein Schreiben Schreiben

Grenzleib: Es geht um die Grenze (innen-außen)Grenzleib: Es geht um die Grenze (innen-außen)Vor dem Hintergrund der Verlängerung Vor dem Hintergrund der Verlängerung (Richtungsleib, Sinnleib)(Richtungsleib, Sinnleib)

Rettende AttestierungRettende Attestierung: Grenzleibbewusstsein : Grenzleibbewusstsein inin einer Welt des Richtungs- und Sinnleiblicheneiner Welt des Richtungs- und Sinnleiblichen- Man vermeidet Weltbezug (und imaginativen - Man vermeidet Weltbezug (und imaginativen Innenbezug)Innenbezug)- und geht mit radikalem Innenbezug nicht unter- und geht mit radikalem Innenbezug nicht unter

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metaphéreinmetaphérein

Was wird verschoben?Was wird verschoben?

Antwort: Eine jeweilige InnenpositionAntwort: Eine jeweilige Innenposition

- durch Erlöschen des Protagonisten- durch Erlöschen des Protagonisten- davor schon: durch die verschobene - davor schon: durch die verschobene ErzählperspektiveErzählperspektive- aber zugleich: - aber zugleich: Festhalten der ursprünglichen Innen-Perspektive:Festhalten der ursprünglichen Innen-Perspektive: die immer neu beschworen wirddie immer neu beschworen wird

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Spannung: (1) Innenperspektive (2) Erzähl-Spannung: (1) Innenperspektive (2) Erzähl-DifferenzDifferenz

Konstituiert ein Konstituiert ein NEUES ZWISCHENNEUES ZWISCHEN: :

Nachdem das Zwischen Selbst – Andere / Welt Nachdem das Zwischen Selbst – Andere / Welt scheitert, und sein Scheitern immer wieder scheitert, und sein Scheitern immer wieder vorgeführt wird:vorgeführt wird:

Etabliert sich ein neues Zwischen in der offenen Etabliert sich ein neues Zwischen in der offenen Folge von:Folge von:[[inneninnen – Welt] – Welt] undund [ [inneninnen und Welt] und Welt] und [[inneninnen und und Welt]Welt] usw.

< einzige Möglichkeit angesichts der Tatsache, < einzige Möglichkeit angesichts der Tatsache, dass es „unmöglich ist zu leben“dass es „unmöglich ist zu leben“

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Torei Enji:

Bodhidharma, vor der Wand meditierend

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Torei Enji (1721-1792)

einer der engsten Schüler des berühmten Hakuin Ekaku (1686-einer der engsten Schüler des berühmten Hakuin Ekaku (1686-1769) und wie dieser später Abt des Ryutakuji-Klosters in 1769) und wie dieser später Abt des Ryutakuji-Klosters in Mishima. Mishima.

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Bodhidharma, vor der Wand meditierend

Der Titel des Bildes berichtet von einer Begebenheit:Der Titel des Bildes berichtet von einer Begebenheit:

Bodhidharma meditiert vor einer Wand. Bodhidharma meditiert vor einer Wand.

Bodhidharma gilt als der Begründer des Zen-Buddhismus und Bodhidharma gilt als der Begründer des Zen-Buddhismus und erster Zen-Patriarch. Einer Überlieferung zufolge soll er das erster Zen-Patriarch. Einer Überlieferung zufolge soll er das dritte Kind des Brahmanenkönigs von Kanchipuram im dritte Kind des Brahmanenkönigs von Kanchipuram im südlichen Indien gewesen sein. Im sechsten nachchristlichen südlichen Indien gewesen sein. Im sechsten nachchristlichen Jahrhundert reiste er nach China und unterrichtete die Mönche Jahrhundert reiste er nach China und unterrichtete die Mönche des Shaolin-Tempels am Berg Song. des Shaolin-Tempels am Berg Song.

Dort verbrachte er in einer Felshöhle neun Jahre in sitzender Dort verbrachte er in einer Felshöhle neun Jahre in sitzender Haltung zu und starrte unablässig auf die ihm gegenüber Haltung zu und starrte unablässig auf die ihm gegenüber befindliche Felswand. Es heißt, dass nach dieser langen Zeit befindliche Felswand. Es heißt, dass nach dieser langen Zeit des bewegungslosen Sitzens seine Hände und Beine verfault des bewegungslosen Sitzens seine Hände und Beine verfault und abgefallen seien.und abgefallen seien.

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Toreis Bild zeigt einen Bodhidharma, der eher der japanischen Toreis Bild zeigt einen Bodhidharma, der eher der japanischen Daruma-Puppe ähnelt – ohne Hände, ohne Beine, eine Art Daruma-Puppe ähnelt – ohne Hände, ohne Beine, eine Art Stehaufmännchen –, als den Darstellungen, in denen er in der Stehaufmännchen –, als den Darstellungen, in denen er in der Zen-Kunst gemeinhin präsent ist.Zen-Kunst gemeinhin präsent ist.

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Nicht einmal die Augen sind hier angedeutet. Wahrscheinlich wendet Nicht einmal die Augen sind hier angedeutet. Wahrscheinlich wendet uns Bodhidharma seinen Rücken zu. Es ist der Verlauf einer einzigen uns Bodhidharma seinen Rücken zu. Es ist der Verlauf einer einzigen Linie, die die Gestalt des Bodhidharma in Erscheinung treten lässt. Linie, die die Gestalt des Bodhidharma in Erscheinung treten lässt. Wäre da nicht der Titel des Bildes, könnte man das Gebilde auch für Wäre da nicht der Titel des Bildes, könnte man das Gebilde auch für den Umriss eines Kürbis oder für ein Gewässer halten, das ein Vogel in den Umriss eines Kürbis oder für ein Gewässer halten, das ein Vogel in seinem Vorbeiflug von oben erblickt. So aber wissen wir, dass es um seinem Vorbeiflug von oben erblickt. So aber wissen wir, dass es um Bodhidharma und um seine asketische Versenkung geht, und mit Bodhidharma und um seine asketische Versenkung geht, und mit diesem Wissen ist die gesamte Überlieferung der ‚Bodhidharma-diesem Wissen ist die gesamte Überlieferung der ‚Bodhidharma-Geschichte’ geweckt.Geschichte’ geweckt.

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Dieses Wissen ist ein äußerliches. Wir wissen nur um die Dieses Wissen ist ein äußerliches. Wir wissen nur um die Geschichte, die von Bodhidharma erzählt wird, wir sind nicht Geschichte, die von Bodhidharma erzählt wird, wir sind nicht selbst Teil von ihr und treten nicht in sie ein, wir teilen nicht selbst Teil von ihr und treten nicht in sie ein, wir teilen nicht selbst die Erfahrung, die Bodhidharma während seines selbst die Erfahrung, die Bodhidharma während seines jahrelangen Sitzens gemacht hat, spüren nicht seinen Schmerz. jahrelangen Sitzens gemacht hat, spüren nicht seinen Schmerz.

Wir hören die Geschichte und können sie weitererzählen. Was Wir hören die Geschichte und können sie weitererzählen. Was aber genau hören wir? Wir hören und geben unter Umständen aber genau hören wir? Wir hören und geben unter Umständen weiter einen weiter einen SinnSinn, einen Zusammenhang von Sinn. Verstehen, , einen Zusammenhang von Sinn. Verstehen, das stets Verstehen von Sinn ist, besitzt das Merkmal, dass der das stets Verstehen von Sinn ist, besitzt das Merkmal, dass der Verstehende nicht abhängig ist von dem Ort und der Zeit Verstehende nicht abhängig ist von dem Ort und der Zeit dessen, was er versteht oder verstehen soll. Wir hören dessen, was er versteht oder verstehen soll. Wir hören Bodhidharmas Geschichte heute, an einem anderen Ort, zu Bodhidharmas Geschichte heute, an einem anderen Ort, zu anderer Zeit, und verstehen doch ihren Sinn – selbst dann, anderer Zeit, und verstehen doch ihren Sinn – selbst dann, wenn uns dieser Sinn unsinnig erscheinen mag: unsinnig etwa, wenn uns dieser Sinn unsinnig erscheinen mag: unsinnig etwa, dass jemand über Jahre hinweg reglos verharrt, bis ihm seine dass jemand über Jahre hinweg reglos verharrt, bis ihm seine Gliedmaßen abfallen. Gliedmaßen abfallen.

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Wir wollen dieses Bild in einer bestimmten Hinsicht Wir wollen dieses Bild in einer bestimmten Hinsicht betrachten:betrachten:

Wie geschieht hier der Einsatz des Leiblichen?Wie geschieht hier der Einsatz des Leiblichen?

Der Leib ist auf dreifache Weise im Spiel: Der Leib ist auf dreifache Weise im Spiel:

1.1. als im Bild dargestellter Leib, als im Bild dargestellter Leib, 2.2. als der im Bild nicht sichtbare Leib des Künstlers als der im Bild nicht sichtbare Leib des Künstlers 3.3. und als der Leib des im Bild selbst ebenfalls nicht und als der Leib des im Bild selbst ebenfalls nicht

zu erblickenden Betrachters.zu erblickenden Betrachters.

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Ausgehend vom Titel des Bildes:Ausgehend vom Titel des Bildes:„„Bodhidharma, vor der Wand meditierend“ Bodhidharma, vor der Wand meditierend“ finden wir uns mit einer finden wir uns mit einer GeschichteGeschichte konfrontiert, konfrontiert, mittels derer wir das im Bild zu Sehende begreifen. mittels derer wir das im Bild zu Sehende begreifen.

Bezogen auf den Leib: Bezogen auf den Leib:

Leiblichkeit ist hier eine gegenständlich sichtbare Gestalt, Leiblichkeit ist hier eine gegenständlich sichtbare Gestalt, die mittels des Kontextes einer Geschichte im Bild ‚verbildlicht’ die mittels des Kontextes einer Geschichte im Bild ‚verbildlicht’ ist. ist.

Leib = gezeigter Leib, und gezeigt wird nur sein ‚Sinn’, d. h. die Leib = gezeigter Leib, und gezeigt wird nur sein ‚Sinn’, d. h. die Bedeutung, die ihm im Zusammenhang der Bild-Geschichte Bedeutung, die ihm im Zusammenhang der Bild-Geschichte zukommt. zukommt.

Das ist der Leib als Das ist der Leib als SinnleibSinnleib..

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Sinnleib – wie Sinn überhaupt: zeit- und ortunabhängig. Sinnleib – wie Sinn überhaupt: zeit- und ortunabhängig.

Das Sinngefüge kann in der Erinnerung zurückrufen,Das Sinngefüge kann in der Erinnerung zurückrufen,in der Phantasie umgestaltet, in der Phantasie umgestaltet, in einem Bild festhalten werden. in einem Bild festhalten werden.

Sinn ist inhaltlich strukturiert:Sinn ist inhaltlich strukturiert:kann an anderem Ort zu anderer Zeit ins Bewusstsein treten, kann an anderem Ort zu anderer Zeit ins Bewusstsein treten, aber er erscheint mit einem identischen Kern – aber er erscheint mit einem identischen Kern – als dieser und nicht als ein ganz anderer, und nicht als nichts. als dieser und nicht als ein ganz anderer, und nicht als nichts.

Wie vage, unbestimmt oder modifiziert ein Sinn auch sein mag, Wie vage, unbestimmt oder modifiziert ein Sinn auch sein mag, er besitzt eine strukturierte Fülle, die ihn, zumindest im er besitzt eine strukturierte Fülle, die ihn, zumindest im Normalfall, identifizierbar macht. Normalfall, identifizierbar macht.

Damit ist ‚Sinn’ das Medium, mit dem wir ein Leben lang Damit ist ‚Sinn’ das Medium, mit dem wir ein Leben lang in der in der WeltWelt sind. sind.

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Die Strukturformel für die sinnhaft erfüllte Welt ist das Die Strukturformel für die sinnhaft erfüllte Welt ist das ViereckViereck

Es umfasst alle Himmelsrichtungen Es umfasst alle Himmelsrichtungen und ist beliebig unterteilbar.und ist beliebig unterteilbar.

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Die Flächigkeit des Rechtecks ist ein Grundmoment traditioneller Die Flächigkeit des Rechtecks ist ein Grundmoment traditioneller japanischer Kleidung. Die Kleidung verhüllt den Leib mit Sinn. Art und japanischer Kleidung. Die Kleidung verhüllt den Leib mit Sinn. Art und Schnitt des Stoffes, Muster und Motive verweisen auf den Schnitt des Stoffes, Muster und Motive verweisen auf den Verwendungszweck einer Bekleidung und ihren sozialen Sinnkontext. Verwendungszweck einer Bekleidung und ihren sozialen Sinnkontext. Nicht nur ist dabei das Muster streng vorgegeben, auch die Trägerin Nicht nur ist dabei das Muster streng vorgegeben, auch die Trägerin oder der Träger eines Kleids wird dieser Ordnung eingepasst. Der oder der Träger eines Kleids wird dieser Ordnung eingepasst. Der Mensch taucht buchstäblich ins Kleid ein und darin unter.Mensch taucht buchstäblich ins Kleid ein und darin unter.

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Und Toreis Bodhidharma? Und Toreis Bodhidharma?

Der Bild-Titel hilft, die Gestalt Der Bild-Titel hilft, die Gestalt alsals Bodhidharma zu erkennen: Bodhidharma zu erkennen:man erkennt den Sinn ihres Leibs, man erkennt den Sinn ihres Leibs, aber wir aber wir sehen diesen Sinn nichtsehen diesen Sinn nicht im strengen Sinn des Wortes. im strengen Sinn des Wortes. Was wir ‚sehen’, ist durch den Titel und Was wir ‚sehen’, ist durch den Titel und den Kontext der von ihm evozierten Geschichte vermittelt. den Kontext der von ihm evozierten Geschichte vermittelt. Wir Wir sehensehen daher nicht eigentlich einen Sinnleib, d. h. daher nicht eigentlich einen Sinnleib, d. h.einen Leib in seiner identifizierbaren strukturierten Fülle, einen Leib in seiner identifizierbaren strukturierten Fülle, Wir imaginieren das vom Titel Indizierte Wir imaginieren das vom Titel Indizierte in dieses Gebilde hinein. in dieses Gebilde hinein.

Was aber sehen wir wirklich?Was aber sehen wir wirklich?

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