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FÜR FREUNDINNEN UND STIFTERINNEN DES ARCHIVS DER DEUTSCHEN FRAUENBEWEGUNG MAI 2011 INFO NR. 33 150. Geburtstag von Lou Andreas-Salomé Das Bild mit der Peitsche hängt ihr nach, jenes berühmte Foto, in dem sie als „Kutscherin“ auf einem Wägelchen die in die Achse eingespannten „Zugtiere“ Paul Rée und Friedrich Nietzsche „antreibt“. Es scheint die perfekte Visualisierung ihres Rufes als Femme fatale zu sein, einer Frau, die die Männer nach ihrer Peitsche tanzen ließ und dann auch noch gerade jenen, dessen Satz „Wenn Du zum Weibe gehst, vergiß die Peitsche nicht“ zum Bonmot ganzer Männergenerationen wurde. Dem scheint sie’s ja gegeben zu haben! – Hat sie? Eines hat sie ganz gewiss: ein Leben nach ihren eige- nen Normen, Vorstellun- gen und Bedür fnissen ge- führt. Studiert, Romane geschrieben, unkonven- tionelle Beziehungen ge- lebt, sich schließlich – massiv beeinflusst von Freud – als Psychoanaly- tikerin ausbilden lassen. Das alles war zu ihrer Zeit (1861-1937) für Frauen etwas höchst Ungewöhn- liches, oft Unerhörtes. Da musste man sich dann auf seine Art ein Bild von machen! Lou Andreas-Salomé wäre am 12. Februar 150 Jah- re alt geworden. In der Bi- bliothek der Stiftung Ar- chiv der deutschen Frau- enbewegung sind ihre Bücher zu finden und auch so manches über ihr Leben und Werk. Lou Andreas Salomé, Paul Rée und Friedrich Nietsche (v.l.n.r.) im Atelier Jules Bonnet, Luzern 1882

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FÜR FREUNDINNEN UND STIFTERINNEN DES ARCHIVS DER DEUTSCHEN FRAUENBEWEGUNG

MAI 2011INFO NR.33150. Geburtstag von Lou Andreas-Salomé

Das Bild mit der Peitsche hängt ihr nach, jenes berühmte Foto, in dem sie als „Kutscherin“auf einem Wägelchen die in die Achse eingespannten „Zugtiere“ Paul Rée und FriedrichNietzsche „antreibt“. Es scheint die perfekte Visualisierung ihres Rufes als Femme fatale zusein, einer Frau, die die Männer nach ihrer Peitsche tanzen ließ und dann auch noch geradejenen, dessen Satz „Wenn Du zum Weibe gehst, vergiß die Peitsche nicht“ zum Bonmotganzer Männergenerationen wurde. Dem scheint sie’s ja gegeben zu haben! – Hat sie? Eines

hat sie ganz gewiss: einLeben nach ihren eige-nen Normen, Vorstellun-gen und Bedürfnissen ge-führt. Studier t, Romanegeschrieben, unkonven-tionelle Beziehungen ge-lebt, sich schließlich –massiv beeinflusst vonFreud – als Psychoanaly-tikerin ausbilden lassen.Das alles war zu ihrer Zeit(1861-1937) für Frauenetwas höchst Ungewöhn-liches, oft Unerhörtes. Damusste man sich dannauf seine Art ein Bild vonmachen!Lou Andreas-Salomé wäream 12. Februar 150 Jah-re alt geworden. In der Bi-bliothek der Stiftung Ar-chiv der deutschen Frau-enbewegung sind ihreBücher zu finden undauch so manches über ihrLeben und Werk.Lou Andreas Salomé, Paul Rée und Friedrich Nietsche (v.l.n.r.) im Atelier Jules Bonnet, Luzern 1882

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BERICHTE

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PROJEKT ZU EHRENAMTLICHER ARBEIT IN KONFESSIONELLEN FRAUENVERBÄNDEN

In der Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung wurde von August 2009 bis Oktober 2010 das Projekt „Ehren-amtliche Arbeit in konfessionellen Frauenverbänden in der Zeit zwischen 1960 und 1990: Selbstverständnis undZiele engagierter Verbandsfrauen“ durchgeführt. Die finanziellen Mittel stellte ein Förderprogramm des HessischenMinisteriums für Wissenschaft und Kunst, die wissenschaftliche Bearbeitung des Projektes übernahm Dr. ReginaLöneke, betreut durch Dr. Kerstin Wolff.

Quellenbasis für die neue Untersuchung waren die in einem vorherigen Projekt gewonnenen qualitativen Interviewsim Deutschen Evangelischen Frauenbund (DEF) und Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) (Titel des vorherigenProjektes: „Bewahren von Erinnerungen – Frauenverbandsarbeit als Motor für politische Teilhabe und Chancen-gerechtigkeit“, abgeschlossen 2/2009, siehe Bericht in Info 30). Im Mittelpunkt der neuen Untersuchung standenFragen nach der Motivation der engagierten Verbandsfrauen, aber auch nach ihren Grundhaltungen, ihrer persönlichenIdentität und ihrem Selbstverständnis. Es ging um die in der ehrenamtlichen Arbeit bevorzugten Themen und Ziele, dieArbeits- und Kommunikationsformen sowie den Vergleich der Ergebnisse zwischen den beiden Verbänden. Die Analy-se wurde mit Hilfe der Software MAX.qda durchgeführt, die eine systematische qualitative Auswertung der Interviewsunterstützt. Ergänzend wurde die Sichtung und Auswertung von archivalischen Beständen in den Bundesarchiven vonKDFB und DEF durchgeführt. Dabei wurden ausgewählte Verbandszeitschriften und Bundesvorstandsprotokolle beiderVerbände gesichtet und eine weiterführende Literaturrecherche zum Thema vorgenommen.

Ergebnisse

Die Ergebnisse sollen u.a. Einblick in die besonderen Umstände und Gründe für das enorme Engagement der Verbands-frauen geben, aber auch Erklärungen für die heutige Krise des Ehrenamtes in diesen Verbänden ermöglichen. DieAnalyse zeigte, dass den Verbandsfrauen in beiden Verbänden Themen wie Bildungsarbeit, Soziale Arbeit und Themenrund um die gesellschaftliche Position der Frau in der Gesellschaft und die Ökumene besonders wichtig waren. Beiden Katholikinnen trat die Auseinandersetzung mit der eigenen Kirche deutlich hervor, da die Frauen hier um mehrMitbestimmung und Möglichkeiten der Teilhabe an Kirchenämtern, z.B. dem Diakonat der Frau, kämpfen mussten.Das in beiden Verbänden als vordringlich formulierte Bildungsideal war, Frauen in verschiedensten Bereichen desLebens aufzuklären und damit zu eigenständigen Entscheidungen und einem selbstbestimmten Leben zu befähigen.Die persönliche Entwicklung stand bei den engagierten Frauen jedoch dahinter zurück: Selbstverwirklichung fand beiihnen im Ehrenamt statt, die Wahrnehmung einer Erwerbsarbeit war ihnen wegen der starken Belastung durch dasEhrenamt zumeist nicht möglich.

Folgeprojekt

Die Auseinandersetzung mit Fragen nach dem Verhältnis von hauptamtlich und ehrenamtlich Tätigen in Frauenverbänden,dem Streben der Frauen nach anerkannter Qualifizierung, ob als Erwerbstätige oder Ehrenamtliche, aber auch ihrWunsch nach finanzieller Vergütung bzw. Erwerbsarbeit führte zur Entwicklung eines neuen Projektthemas mit demTitel: „Karriere mit Tradition. Analyse der unterschätzten Potentiale von Frauenverbänden bei der Karriereplanungjunger Frauen“. Näheres dazu siehe im folgenden Artikel.

„KARRIERE MIT TRADITION“ – NEUES FORSCHUNGSPROJEKT GESTARTET

Im Februar hat im Archiv der deutschen Frauenbewegung ein neues Forschungsprojekt begonnen, es wird vom Bun-desministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union (ESF)gefördert und zwar für ganze drei Jahre (Februar 2011 - Januar 2014). Untersucht werden sollen „die unterschätztenPotentiale von Frauenverbänden bei der Karriereplanung junger Frauen“ – so der Untertitel. Dahinter stehen folgendeÜberlegungen:

Wenn junge Frauen Karriere machen wollen, brauchen sie erfahrungsgemäß Unterstützung. Stichworte wie „Old-Boys-Network“ oder die „gläserne Decke“, durch die Frauen in der patriarchal geprägten Berufs- und Lebenswelt oft nichtdringen können, zeigen, dass für beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg neben fachlicher Qualifikation und charak-terlicher Eignung auch Vernetzung mit und Mentoring durch Spitzenfrauen von erheblicher Bedeutung sind. WelcheRolle dabei neben den vielen Network-Gründungen jüngerer Zeit die traditionellen Frauenverbände spielen, wird häufignicht ausreichend wahrgenommen.

Viele Frauenverbände haben seit 1945 eine bedeutsame Rolle bei der Einübung der Demokratie in Deutschlandgespielt, indem sie durch aktive gesellschaftliche Arbeit die politischen Meinungsbildungsprozesse beeinflussten.

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BERICHTE

Allerdings sollen in diesem Projekt die Frauen-verbände nicht aufgrund ihrer historischen Verdiensteuntersucht werden; vielmehr wird der Schwerpunktder Untersuchung auf den aktuellen Möglichkeitenund Vernetzungen in Bezug auf weibliche Karrierenliegen. Dabei stehen neben den Vereinen oder Ver-bänden vor allem die Karrierewege einzelner Mit-glieder der Frauenverbände im Zentrum. Es wirdgefragt, welchen Anteil die Vereine und Verbände beiden Karrierewegen von Frauen haben und welcheStrukturen einen solchen Weg ermöglichen. Dabeisollen sowohl die Karrierewege innerhalb der Frauen-organisationen in den Blick genommen werden, alsauch die Karrieren außerhalb der Verbände.

Für die Untersuchung wurden 12 Frauenverbändeausgewählt, die zusammengenommen einen Quer-schnitt der heutigen Frauenverbandssituation dar-stellen. Verbindendes Merkmal aller Verbände istihre Mitgliedschaft im Deutschen Frauenrat. Dieausgewählten Verbände sind: der Deutsche Evan-gelische Frauenbund und der Katholische DeutscheFrauenbund als Vertreter der konfessionellen Frauen-

verbände; derBundesverbandder Migrantinnen, der Demokratische Frauenbund und Weibernetz als Beispiel fürdie Verbände, deren Hauptaugenmerk auf dem sozial-gesellschaftlichen Engage-ment liegt, sowie folgende berufsständisch organisierten Verbände: Bundesver-band der Frau in Business und Management, Deutscher Ärztinnenbund, Deut-scher Ingenieurinnenbund, Deutscher Juristinnenbund, Deutscher Landfrauen-verband, Frauen in Naturwissenschaft und Technik, Journalistinnenbund und derVerband medizinischer Fachberufe.

Das Forschungsprojekt arbeitet vornehm-lich auf der Basis von Expertinneninter-views, da diese die Möglichkeit bieten,das in einem Frauenverband vorhandene„Insiderinnenwissen“ zu rekonstruieren.Dadurch kann es gelingen, den Struktu-

ren und Mechanismen einer erfolgreichen Karriere mit Hilfe von Frauen-verbänden auf die Spur zu kommen.

Ergebnisse des Projektes werden sein:

n Eine gemeinsam mit dem Deutschen Frauenrat durchgeführte Tagung,wo sowohl erste Ergebnisse vorgestellt als auch die Funktion von Frauen-verbänden als Karriereleitern thematisiert werden sollen.

n Eine Buchpublikation, in der zum einen einige Frauen exemplarisch biographisch vorgestellt werden, zum anderendie Frauenverbände als Orte geschildert werden, in denen politische Einmischung geübt und darüber hinaus Türenfür die Gestaltung von Berufswegen geöffnet werden.

n Ein Internetdossier zum Thema, in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung, mit dem beson-ders junge Frauen als Zielgruppe erreicht werden sollen.

Die Bearbeiterinnen des Projektes sind Dr. Regina Löneke, Helke Dreier M. A. und Dr. Gilla Dölle, von Seiten desArchivs wird es betreut von Dr. Kerstin Wolff. Über den Verlauf und Zwischenergebnisse werden wir natürlich im Infoberichten.

Dr. Regina Löneke, Kulturanthropologin

Helke Dreier, M.A., Historikerin

Am 28. Februar überreichte Staatssekretär Dr. Helge Braun vom Bundes-ministerium für Bildung und Forschung (2.v.l.) den Bewilligungsbescheidüber 420.000 Euro. Bei der Überreichung dabei war die Hessische Wissen-schaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (l.), deren Ministerium die StiftungArchiv der deutschen Frauenbewegung seit den 1990er Jahren als außeruni-versitäre Forschungseinrichtung fördert. Den Bescheid nahmen Dr. KerstinWolff (2.v.r.) und Dr. Gilla Dölle (r.) entgegen.

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BERICHTE

FRAUENTAG IN KASSEL: ERST DIE DEMO, DANN DAS VERGNÜGEN

Am 8. März 2011, dem 100. Geburtstag des Internationalen Frauentages, wurde in Kassel mit vielfältigen Aktivitätengefeiert. Am Nachmittag war das Kasseler Frauenbündnis mit Ständen und Kunstaktionen in der Innenstadt präsentund demonstrierte „für eine lebenswerte Zukunft ohne Armut, Ausbeutung, Diskriminierung, Unterdrückung und Ge-walt“. Anschließend fand im Konzertsaal der Kasseler Universität eine große Festveranstaltung statt, zu der weit über250 Frauen gekommen waren. Vertreterinnen des Bündnisses eröffneten den Abend und skizzierten in kurzen Inter-views die aktuelle Bedeutung des Internationalen Frauentages. Es schloss sich eine Lesung der Kasseler Schauspie-ler Sabine Wackernagel an. Unter dem Titel „Unsere Märzenstage. Impressionen aus 100 Jahren“ hatte sie eineCollage aus Zeitungsartikeln, Aufrufen und Frauenlyrik, zusammen gestellt, die die wechselvolle Geschichte desTages anschaulich Revue passieren ließ. Musikalisch gestaltet wurde die Festveranstaltung von dem Saxophonistin-nen-Quartett Sistergold – Kerstin Röhn, Sigrun Krüger, Elisabeth Flämig und Inken Röhrs –, die mit ihrer Musik derVeranstaltung genau den richtigen „Grundton“ gaben – ab dem ersten Ton waren die Zuschauerinnen begeistert.

Die leisen und die lauten Töne, die zögerlichen oder auch kämpferischen Stimmen, die den Internationalen Frauentagin dem Jahrhundert bestimmt haben, wurden bei der Veranstaltung eindrücklich auf die Bühne gebracht. Und so gabes anschließend bei einem Glas Sekt, Wein oder Wasser und kleinen Häppchen viel Gesprächsstoff. Zu diesemaußerordentlich gelungenen Fest sagen Bilder mehr als tausend Worte! – siehe Seite gegenüber.

SCHWESTERN ZUR SONNE, ZUR GLEICHHEIT

Unter diesem Titel erschien pünktlich zum hundertjährigen Jubiläum eine Broschüre zurGeschichte des Internationalen Frauentages. Der Titel ist ebenso wie die Titelblatt-gestaltung an Plakate aus der Anfangszeit des Frauentags angelehnt – die alte Forde-

rung wird bewusst aufgegriffen, schlicht und einfach deshalb,weil sie noch immer nicht erfüllt ist. Die Broschüre, die vomDeutschen Frauenrat gemeinsam mit dem Deutschen Gewerk-schaftsbund und der Stiftung Archiv der deutschen Frauenbe-wegung herausgegeben wurde, bietet einen Überblick überfünf Themenbereiche: Von den Anfängen des 8. März bis zumJahr 1945 (Kerstin Wolff), Der 8. März und die Frauenbewe-gung in der Bundesrepublik (Inge von Bönninghausen), Der8. März in der DDR (Rita Pawlowski), Der Deutsche Gewerk-schaftsbund und der 8. März (Claudia Menne), Der 8. Märzweltweit (Petra-Alexandra Buhl).

Vorgestellt wurde die Publikation bei einem gemeinsamen Fest-akt am 14. März 2011 im Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums in Berlin.Die Stiftung war bei der Veranstaltung stark vertreten: Gilla Dölle übernahm einen Part derBegrüßung, Kerstin Wolff und Inge von Bönninghausen skizzierten Geschichte und Bedeu-tung des Internationalen Frauen-tages. Die Schauspielerin SabineWackernagel stellte Teile aus demKasseler Programm „Unsere Mär-zentage“ vor und das Duo „EislerLadies“ rundete das Programmmusikalisch ab. Im Anschluss gabes im Foyer Gelegenheit, bei ei-nem Getränk ins Gespräch zu kom-men, was reichlich genutzt wurde.

Wenn Sie Interesse an der 64 Sei-ten umfassenden Broschüre ha-ben, können Sie diese gerne ge-gen 3 Euro Porto bestellen bei der

Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung, Gottschalk-straße 57, 34127 Kassel, Mail: [email protected] Die Eisler Ladies – Anne Voigt und Bettina Matt

Die SchauspielerinSabine Wackernagel

Cover der BroschüreDr. Gilla Dölle bei derBegrüßung

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IMPRESSIONEN ZUM 8. MÄRZ 2011 IN KASSEL

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BERICHTE / VERANSTALTUNGEN

EINE GUT BESUCHTE TAGUNG IN HOFGEISMAR

Am 4. und 5.11.2010 fand in der Evangelischen Akademie in Hofgeismar eine Tagung unter dem Motto: „Teilhabeoder Ausgrenzung? Perspektiven der bundesdeutschen Geschlechtergeschichte zwischen Nachkriegszeit und ‘Struktur-bruch’ (1949-1989)“ statt. Die Tagung war eine Gemeinschaftsproduktion der Stiftung Archiv der deutschen Frauen-bewegung, des Arbeitskreises Historische Frauen- und Geschlechter forschung (AKHFG) und der Universität Kassel.Verantwortlich zeichneten Julia Paulus, Andreas Schneider, Eva-Maria Silies und Kerstin Wolff.

Die Idee zur Tagung entstand, weil zunehmend konstatiert werden muss, dass es immer ruhiger um die Erforschungder Geschlechtergeschichte Westdeutschlands geworden ist. Groß angelegte Studien, die anhand zentraler Aspekteden Wandel und die Kontinuität bundesdeutscher Geschlechterverhältnisse untersuchen, waren auf dem Buchmarktder vergangenen fünf bis zehn Jahre äußerst rar gesät. Dieser Befund steht in deutlichem Kontrast zu jener Aufmerk-samkeit, die die vorwiegend männlich dominierte 68er-Studentenbewegung sowie der sozialrevolutionäre Terroris-mus der Roten Armee Fraktion in den Massenmedien wie auch in der zeithistorischen Forschung erhalten haben undnach wie vor erhalten. Im Gegensatz hierzu fehlen aktuelle Studien über die Neue Frauenbewegung und allgemeinerüber die Geschlechtergeschichte der Protestbewegungen der siebziger Jahre. Zeit also, eine Tagung zu organisierenund den Forschungen zur Geschlechtergeschichte der BRD Aufmerksamkeit zu geben.

Die zwei Tage waren in fünf Abschnitte geteilt, die sich chronologisch und thematisch aneinander reihten. Die Tagungbegann am Donnerstag Nachmittag mit dem ersten Panel, welches sich unter der Überschrift: „Nachkrieg undGeschlechterordnung“ mit Strukturen und Veränderungen der direkten Nachkriegszeit beschäftigte. Im zweiten Panelwurden die Beharrungsmomente, aber auch die Veränderungsmotoren auf den stark geschlechtersegmentierten Berufs-feldern der 1950er und 1960er Jahre aufgezeigt. Der nächste Tag wurde mit der leider sehr stark zusammenge-schrumpften Sektion zu Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingeleitet, das vierte Panel folgte unter der Überschrift„Sexualitäten und Körper“, in denen es vor allem um die 1970er Jahre ging. Nachmittags fand dann die letzte Sektionstatt, auf der die neue Frauenbewegung unter dem Titel „’Das Private ist politisch’? Partizipation und Protest“ von dreiReferentinnen beleuchtet wurde.

Deutlich wurde auf der Tagung und bei den sehr lebendigen Diskussionen immer wieder, dass es nicht darum gehenkann, eine „Einheit der Geschichte“ zu wahren. Dies kann aber sehr schnell geschehen, wenn nicht die Erfahrungenund Lebensrealitäten von beiden Geschlechtern berücksichtigt werden. Berücksichtigt man diese, sieht man sehr vieldeutlicher auch die Ambivalenzen in der Geschichte. So kann sich eine gesellschaftliche Situation für ein Geschlechtals ‘Strukturbruch’ darstellen, wohingegen das andere immer noch in feststehenden Strukturen gefangen ist. DieseGleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen herauszuarbeiten ist lohnend und spannend zugleich.

Die Beiträge der Tagung sollen publiziert werden, Erscheinungstermin des Tagungsbandes ist Frühjahr 2012

JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG DER FREUNDINNEN

Am 13.04.2011 fand die Jahreshauptversammlung des Fördervereins statt. Eine größere Runde der Kasseler „Freun-dinnen“ traf im Archiv zusammen. Nach dem von der Vorsitzenden Brigitte Vogler gegebenen Rechenschaftsbericht –gegenwärtiger Stand der Mitglieder, Rückschau auf die Lesungen 2010 – stellte die stellvertretende VorsitzendeAstrid Otto die kommenden drei Lesungen vor und die Idee des Vorstands, anlässlich des 20jährigen Bestehens desFördervereins im Jahr 2012 eine größere Veranstaltung u.a. mit dem Saxophonquartett „Sistergold“ zu planen. Die-ser Vorschlag wurde von den Anwesenden sehr positiv aufgenommen. Die Kassenwartin Rita Malek legte den Finanz-bericht für 2010 vor: der größte Teil des sehr konstanten Spendenaufkommens konnte auch 2009 zur Förderung derArbeit der Stiftung verwandt werden.

Gilla Dölle von der Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung berichtete ausführlich über neue Archivprojekte:Über das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung seit Februar 2011 geförderte Projekt „Karriere mitTradition“ (siehe auch Bericht in diesem Info), über die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Aufar-beitung des Archivs des Deutschen Evangelischen Frauenbundes und über das vom HMWK geförderte Projekt „Ga-briele Strecker und die (Frauen)politik nach 1945 – Eine weibliche Westernisierung?“. Bei den anwesenden Frauenstießen diese Berichte auf großes Interesse und die Leistungen und der Einsatz der Archiv-Mitarbeiterinnen wurdengebührend gewürdigt.

Nach dem offiziellen Teil wurde ein biographischer Film über die in Dresden beheimatete Tänzerin Gret Palucca (1903-1993) und ihre Tanzschule gezeigt. 2009 war eine neue Palucca-Biographie (Susanne Beyer: Palucca – Die Biografie,Berlin) erschienen, die in der Literaturgruppe des Fördervereins diskutiert worden war. Der Film „Palucca“ von KonradHirsch und Ralf Stabel (Hirsch-Film, Dresden 2002) stieß dann auch auf einhellige Begeisterung. – Unter angeregtenGesprächen gingen die Anwesenden auseinander.

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VERANSTALTUNGEN / VERNETZUNG

DAS ARCHIV DER DEUTSCHEN FRAUENBEWEGUNG IN VERNETZUNGSZUSAMMENHÄNGEN

Teil 3: Der Arbeitskreis Historische Frauen- und Geschlechterforschung

Für den Arbeitsbereich Forschung und Publikation der Stiftung Archiv der deutschenFrauenbewegung ist die Vernetzung mit den GeschlechterforscherInnen an den Uni-versitäten sehr wichtig. Die Stiftung ist deshalb seit langem auch Mitglied im Ar-

beitskreis Historische Frauen- und Geschlechterforschung – kurz AKHFG (www.akgeschlechtergeschichte.de).

Der AKHFG hat bereits eine über 20jährige Geschichte aufzuweisen. 1990 wurde er als loser Arbeitskreis in Oberaurachbei Bamberg von Karin Hausen, Heide Wunder und Gisela Bock gegründet. Hintergrund war, dassüberdeutlich geworden war, dass die boomende Frauen- und Geschlechtergeschichte an den Univer-sitäten nicht mit offenen Armen empfangen und die ForscherInnen mit ihren Themen marginalisiertwurden. Der Arbeitskreis sollte als loser Arbeitszusammenhang Abhilfe schaffen. Hier gab es dieMöglichkeit zur fachlichen Diskussion und eine Plattform für berufspolitische Gespräche. Dabei fun-giert der AKHFG bis heute als deutscher Flügel der International Federation of Research in Women’sHistory (IFRWH), auf der internationalen Organisation der historisch arbeitenden GenderforscherInnen. 2007 aufeiner Sitzung in Hamburg wurde der Arbeitskreis in einen eingetragenen Verein umgewandelt.

Auch heute noch ist es Ziel des Vereins, die wissenschaftliche historische Frauen- und Geschlechterforschung in Deutsch-land zu unterstützen und diese in der Wissenschafts- und Kulturlandschaft der Bundesrepublik, inner- wie außerhalb derUniversitäten, dauerhaft zu verankern. Außerdem soll der wissenschaftliche Austausch zwischen allen, die zur Frauen-

und Geschlechtergeschichte arbeiten, intensiviert werden.

Der AKHFG ist dafür in fünf regionale Koordinationszentren aufgeteilt. Neben einerNord- und einer Südregion gibt es einen West- und einen Ostteil. Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bilden die Region Mitte, Ansprechpartnerinnen sind hier FrauProf. Dr. Gisela Mettele (Jena) und Dr. Kerstin Wolff von der Stiftung Archiv derdeutschen Frauenbewegung. Einmal im Jahr organisieren Mitglieder aus dem AKheraus eine größere Tagung, die gleichzeitig auch Bundestreffen ist – die Regional-sektionen treffen sich ebenfalls einmal im Jahr. Der Vorstand des Vereins bestehtzur Zeit aus sechs Personen, zu Beginn des Jahres 2011 ist der Vorsitz an Frau Prof.Dr. Eva Labouvie (Magdeburg) gegangen.

Da im AKHFG eben nicht nur HistorikerInnen aus Hochschulen zusammen arbeiten, sondern auch WissenschaftlerInnen,die in anderen Bereichen arbeiten und forschen, ergibt sich hier für die Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegungeine gute Möglichkeit der fachlichen und inhaltlichen Zusammenarbeit. Seit ein paar Jahren organisiert die Stiftungden vereinsinternen Newsletter und engagiert sich auch im Vorstand.

»WIR WOLLEN ALLES – UND DAS IST NICHT ZU VIEL VERLANGT!«

Unter diesem Motto – welches dem Buch: Wir Alphamädchen von Meredith Haaf, Susanne Klingner und BarbaraStreidl entnommen ist – fand am 28.10.2010 im Gleis 1 in Kassel eine Tagung zu den Ideen und Vorstellungen des‘Neuen Feminismus’ statt. Organisiert hatte dieses Treffen eine Gruppe von engagierten Frauen der evangelischenKirche, die die Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung eingeladen hatte, an der Tagung teilzunehmen.

Grundlage des Treffens waren vor allem Fragen nach dem Verhältnis zwischen dem ‘alten’ und dem ‘neuen’ Feminis-mus; wenn man überhaupt davon ausgeht, dass es zwei unterschiedliche Feminismen sind. Was ist also alles? Ist eszu viel verlangt? Ist es überhaupt erstrebenswert, alles zu haben? Und vor allem: Gibt es ein „Wir“ mit den jungenFrauen, die in den letzten Jahren sehr medienwirksam feministische Inhalte wieder ins Zentrum des Interessesstellen? Was bedeutet das für die Kirche? Und welche Veränderungen können feministische Frauen innerhalb derKirche erwirken?

Eingeladen waren Manuela Schwesig, Ministerin für Gesundheit und Soziales aus Mecklenburg-Vorpommern, Dr.Silke Lechner, Studienleiterin beim Deutschen Evangelischen Kirchentag, Margarita Tsomou vom Missy-Magazin undDr. Elke Eisenschmidt, Mathematikerin und Ratsmitglied der EKD.

Es zeigte sich, dass es schwierig ist, alle Themen, die mit dem (neuen) Feminismus zusammen hängen, tatsächlichanzusprechen und zu diskutieren. Sinnvoller wäre es wahrscheinlich gewesen, man hätte sich ein Thema exempla-risch herausgegriffen, z.B. die Finanzkrise oder das Steuersystem und hätte dieses feministisch gewendet diskutiert.So führte die Vielgestaltigkeit der Themen zu einer gewissen Unzufriedenheit, denn auf viele Fragen gab es fast nieeinfache Antworten. Trotzdem war die Tagung ein voller Erfolg, denn sie inspirierte und half Vorbehalte aufzulösen.

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VERANSTALTUNGEN

Das Info erscheint zweimal jährlich, im Frühjahr und im Herbst, in der Regel zusammen mit der Ariadne. Bildnachweise:Titelblatt und S. 3-5: Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung; S. 7: Arbeitskreis Historische Frauen- und Geschlechter-forschung, www.akgeschlechtergeschichte.de; S. 8: © Ute Langkafel, MAIFOTO

FREUNDINNEN DES ARCHIVS DER DEUTSCHEN FRAUENBEWEGUNG:derzeit: 132 Freundinnen; Spendenaufkommen 2010: 17.321,76 EuroWeitere Informationen unter: www.addf-kassel.de, Link: Förderverein

STIFTUNG ARCHIV DER DEUTSCHEN FRAUENBEWEGUNG:

Stiftungsvermögen: 176.000 Euro; ca. 2,84 Mio. SachwerteDie massive Erhöhung des Sachwertvermögens ist darauf zurück zu führen, dass der Deutsche EvangelischeFrauenbund sein 2006 der Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung übergebenes Archiv inzwischen als

Schenkung deklariert hat und es damit in das Eigentum der Stiftung übergegangen ist.

Weitere Informationen unter: www.addf-kassel.de, Link: Stiftung

DER STAND DER DINGE

Copyright : Freundinnen des Archivs der deutschen Frauenbewegung und Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung, Gottschalk-str. 57, D-34127 Kassel, Tel.: 0561 - 9893670, Mail: [email protected], [email protected]: Freundinnen d. Archivs d. dt. Frauenbewegung e.V.; Kasseler Sparkasse, BLZ: 520 503 53; Konto-Nr.: 1 006 087Konto: Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung; Kasseler Sparkasse, BLZ: 520 503 53; Konto-Nr.: 2109200

Sonntag, 26. Juni 2011, 11.30 UhrAdriana Altaras liest Episoden aus ihrer Familiengeschichte "Titos Brille"

Ort: BaliKino im KulturBahnhof Kassel

"Ich hasse Geheimnisse. Ich finde, Geheimnisse sind das Allerletzte. Ich verab-

scheue sie. Abgrundtief. Auf der Liste der unerträglichen Geheimnisse rangieren

die Familiengeheimnisse ganz weit oben."

Adriana Altaras (geb. 1960) – Schauspielerin und Regisseurin – beschreibt mitgroßem Witz und sehr viel Wärme die Geschichte ihrer jüdischen Familie: Nachdem Tod ihrer Eltern räumt sie deren Wohnung aus, in der seit Jahrzehntennichts weggeworfen worden war. Sie sichtet kuriose Hinterlassenschaften, be-wegende Briefe, Dokumente, alte Fotos. Dabei stößt sie auf Familiengeheimnisse,die bisherige Gewissheiten ins Wanken bringen. Sogar die Toten reden von nunan mit und erzählen ihre eigenen Geschichten.

Die Autorin schildert das Leben von sehr verschiedenen Schwestern, von ihremVater, dem Arzt, und ihrer Mutter, der Architektin, beide ehemalige Partisanen inKroatien. Sie berichtet vom Exil in Italien, der Schweiz und schließlich in Deutsch-land. Auch ihr Berliner Leben mit einem nichtjüdischen Mann und zwei Söhnenkommt in dieser Familiengeschichte nicht zu kurz. Adriana Altaras vermag es aufhinreißende Weise, Vergangenheit und Gegenwart miteinander zu verknüpfen.

Zwei Lesungen haben bereits stattgefunden: Angela Steidele stellte am 8. Mai 2011 in einem eindrücklichen undkurzweiligen, mit Dias aufgelockerten Vortrag ihre Doppelbiographie „Geschichte einer Liebe – Adele Schopenhauerund Sybylle Mertens“ vor. Tanja Dückers las am 22. Mai 2011 aus ihrem Roman „Hausers Zimmer“ und entführte dieZuhörerInnen mit ihren detailreichen Beschreibungen in das Berlin der 1982er Jahre. Über alle drei Lesungen werdenwir im nächsten Info ausführlich berichten.

Adriana Altaras

LESUNGEN DER FREUNDINNEN