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Uwe Kloos, Natividad Martínez, Gabriela Tullius (Hrsg.) Informatics Inside Interaction Design Informatik-Konferenz an der Hochschule Reutlingen 06. Mai 2015 493959 783000 9 ISBN 9783000493959

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Uwe Kloos, Natividad Martínez, Gabriela Tullius (Hrsg.)

Informatics Inside Interaction Design

Informatik-Konferenz an der Hochschule Reutlingen 06. Mai 2015

4939597830009

ISBN 9783000493959

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Impressum

Anschrift:Hochschule Reutlingen Reutlingen University Fakultät Informatik Medien- und Kommunikationsinformatik Alteburgstraße 150D-72762 Reutlingen

Telefon: +49 7121 / 271-4002 Telefax: +49 7121 / 271-4042

E-Mail: [email protected] Internet: http://www.infoinside.reutlingen-university.de

Organisationskomitee:Prof. Dr. Gabriela Tullius, Hochschule Reutlingen Prof. Dr. Natividad Martínez, Hochschule ReutlingenProf. Dr. Uwe Kloos, Hochschule Reutlingen

Christian HensslerJens MahlerMatthias MerkGreg RauhöftYannik WahnAlexander Zimmermann

Copyright: © Hochschule Reutlingen, Reutlingen 2014 Herstellung und Verlag: Hochschule Reutlingen

ISBN 978-3-00-049395-9

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Inhaltsverzeichnis

Paper

Christian HensslerTechniken zur Deformation von virtuellen Menschmodellen .............................. 08

Jens MahlerDer in uss von croll ctivated nimations auf sa ilit und ser erience.. 16

Matthias Merknt icklun eines a lenkun sfreien nzei ekonze tes f r informierende ah

rerassistenzs steme ............................................................................................. 28

Greg Rauhöftnermessliche eiten in virtuellen m e un en .............................................. 42

Yannik WahnT o tream othesis da tionseffekte ei sozialen nteraktionen mit vataren in irtual ealit ................................................................................................. 50

Alexander ZimmermannMit irtual ealit zum earnin eine rotot ische n endun ............... 58

Shortpaper

David Randler, Ralf Dauenhauer, Nils Tofahrnr eiterun der nteraktionsm lichkeiten von Multi Touch er ten .............. 68

Philipp Kopp, Michael Grupp, Peter Poschmann, Hans-Joachim Böhme, Matthias RätschTrackin stem ith ose nvariant ace nal sis for uman o ot nteraction . 70

Steffen Witting, Uwe Kloos, Matthias Rätschnimation of arameterized acial ressions for olla orative o ots ....... 72

Tobias Fluck, Simone Liegl, Veronika Rein, Steffen Schellig, Palina Vorobevanteraktions estaltun in der r n ine ......................................................... 74

Alexander Kunz, Julian Freund, Dominic Lyons, Maksym GaidukTechnolo ien und ro ekte des nternet of Thin s .............................................. 76

Johannes SchirmTutori in stem zur Tutorienver altun ..................................................... 78

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Entwicklung eines ablenkungsfreienAnzeigekonzeptes für informierende

Fahrerassistenzsysteme∗

Matthias MerkReutlingen UniversityMatthias.Merk@Student.

Reutlingen-University.DE

AbstractZiel der wissenschaftlichen Vertiefung ist es,ein Konzept einer Benutzeroberfläche für einFahrassistenzsystem zu entwickeln und zuevaluieren. Das Fahrassistensystem soll demFahrer dabei helfen, sicher und energieef-fizient zu fahren. Aufgabe ist es, ein Dar-stellungskonzept zu erstellen und zu evaluie-ren. Dabei sind die besonderen Anforderun-gen an Sekundärinteraktionen im Fahrzeugzu berücksichtigen. Ziel der konzeptionellenPhase ist es, eine möglichst ablenkungsfrei-he Darstellung zu entwickeln. Dazu werdenNormen, Guidelines und Standards der In-Car-Interaction zusammenfassend beschrie-ben und angewendet. Ergebnis ist ein mo-dular umsetzbares Darstellungskonzept, des-sen Ablenkungsfreiheit durch einen Lane-Change-Test evaluiert wird.

SchlüsselwörterInteraction Design, In-Car-Interaction

CR-KategorienH.5.m [[Information Systems and Presen-tation]: User Interfaces, Interactionstyles

Betreuer Hochschule: M. Sc. Emre YayHochschule [email protected]

Informatics Inside 2015Wissenschaftliche Vertiefungskonferenz6. Mai 2015, Hochschule ReutlingenCopyright 2015 Matthias Merk

1 Motivation und Zielsetzung

Im Rahmen einer Promotion an der Hoch-schule Reutlingen entwickelt Emre Yayein Fahrassistenzsystem zur Steigerung derFahrsicherheit und -effizienz . In der vorlie-genden Arbeit wird ein Feedback- und In-teraktionskonzept für die Darstellung der fürden Fahrer generierten Hinweise entwickelt.Der Fahrer soll in der Lage sein, ein Fahrpro-fil zu konfigurieren. Dabei kann der Fahrerauswählen, ob sich das Fahrassistenzsystemder Sicherheit, der Effizienz oder der Kom-bination beider Ziele widmen soll. Haupt-ziel der Benutzeroberfläche ist die Darstel-lung der durch das Fahrassistenzsystem be-reitgestellten Handlungsempfehlungen, ohneden Fahrer von seiner Fahraufgabe abzulen-ken.

2 Vorgehensweise

Zunächst werden gültige Guidelines undStandards zur Gestaltung von Benutzerober-flächen in Fahrzeugen identifiziert. Die ge-fundenen Grundlagen werden nach Ihrer Re-levanz für die Aufgabenstellung priorisiert.Die so geschaffene Auswahl an Regeln, Gui-delines und Standards wird vorgestellt undfindet bei der prototypischen Umsetzung derBenutzeroberfläche Anwendung. Der Proto-typ wird als dynamischer HTML-Protoypkonzipiert. Die durch die Darstellung gene-rierte Fahrerablenkung wird mit Hilfe desLane-Change-Tests erfasst und dient der Va-lidierung des Entwurfs.

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Abbildung 1: Die Systemarchitektur des Fahrassistenzsystems SEEDrive. Quelle:[17]

3 Thematische EinführungSEEDrive ist ein adaptives Fahrassistenz-system, welches das Ziel verfolgt, durchFeedback an den Fahrer die Fahrsicherheitund -effizienz zu steigern. Das Regelbasier-te System überwacht Fahrzeug-, Umwelt-und Fahrerdaten und leitet aus den DatenFahrempfehlungen ab. Die Systemarchitek-tur ist Abbildung 1 zu entnehmen. Die vor-liegende Arbeit beschäftigt sich ausschließ-lich mit dem in Abbildung 1 als GraphicalLayer beschriebenen Benutzeroberfläche fürdas Assistenzsystem. Eingabeparameter fürdie Darstellung sind die vom Fahrerassis-tenzsystem generierten Handlungsempfeh-lungen.

3.1 Was muss der Fahrer wis-

sen?

E. Yay und N. Martinez beschreiben in [16]ein Regelwerk für eine effiziente Fahrweise:

• Frühzeitiges Schalten

• Gleichmäßige Geschwindigkeit in ei-nem möglichst hohen Gang fahren

• Wenn möglich, Gänge beim Beschleu-nigen überspringen

• Gleichmäßiges Verzögern durch Los-lassen des Fahrpedals bei eingelegtemGang

• Motor nach spätestens einer Minuteabschalten

Auch ein Regelwerk für eine sichere Fahr-weise wird in [16] zusammenfassend be-schreiben:

• Ausreichend Abstand zum vorausfah-renden Fahrzeug halten

• Vorausschauendes Fahren

• Geschwindigkeit der Fahrsituation an-passen und Geschwindigkeitsbegren-zungen einhalten

• Ablenkung (bspw. durch Handynut-zung) vermeiden

Im Folgenden werden die anzuzeigendenHandlungsempfehlungen aus [16] kurz be-schrieben. Die erste Regel lautet „So frühwie möglich hochschalten“. Die daraus ge-nerierte Handlungsempfehlung bei Nichtein-haltung ist es, den Gang zu wechseln. Die-se Regel dient der Sicherheit. Die zwei-te Regel befasst sich mit der Effizienzund lautet „Gleichmäßige Geschwindigkeitbei höchstmöglichem Gang“. Nichtbeach-tung führt hier zur Aufforderung gleichmäßi-ger zu fahren. Mit der Regel „Vorausschau-end fahren und sich dem Verkehrsfluss an-passen“ widmet sich die dritte Regel derFahrsicherheit. Handlungsempfehlung ist indiesem Fall Abstand oder Geschwindigkeitzu erhöhen. Regel vier lautet „Sanftes ab-bremsen durch Motorbremse bei eingeleg-tem Gang“. Wird eine unnötige mechanischeBremseinwirkung erkannt, wird der Fahrer

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dazu aufgefordert die mechanische Brem-se nicht zu nutzen, um langsamer zu wer-den. Diese Empfehlung ist der Effizienz zu-träglich. Durch die Regel „Geschwindigkei-ten über 80 - 90 Km/h vermeiden“ wird Ef-fizienz und Sicherheit bedient. Der Fahrerwird beim Überschreiten der Geschwindig-keit daran erinnert Geschwindigkeiten über90 km/h zu vermeiden. „Motor bei Stillstandlänger als eine Minute abschalten“, diesesechste Regel dient der Effizienz. Der Fahrerwird bei Leerlaufzeiten länger einer Minu-te zum Abschalten des Motors aufgefordert.Für Fahrsicherheit sorgt die folgende Regel:„Genügend Abstand zum vorausfahrendenFahrzeug einhalten“. Zu nahes Auffahrenwird mit der Rückmeldung quittiert, den Ab-stand zu erhöhen. Regel acht, die sich Effi-zienz und Sicherheit widmet, lautet „Voraus-schauend fahren und sich dem umgebendenVerkehr anpassen“. Entsprechend der Fahrsi-tuation wird dem Fahrer vorgeschlagen denAbstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zuerhöhen bzw. seine Geschwindigkeit zu er-höhen. Für eine Verbesserung der Sicher-heit sorgt Regel neun: „Vorausschauend fah-ren und sich dem umgebenden Verkehr an-passen“. Handlungsempfehlung ist hier wiebei Regel drei, Abstand oder Geschwindig-keit zu erhöhen. Die Handlungsempfehlung,die Geschwindigkeit zu reduzieren, gehörtzu Regel zehn: „Geschwindigkeit der Fahr-situation anpassen und Geschwindigkeitsbe-grenzungen einhalten“ und dient sowohl derEffizienz als auch der Fahrsicherheit. Regelzehn lautet Ablenkungen vermeiden“. Bei-spielsweise führen häufig von der Fahrbahnabschweifende Blicke zur Ermahnung, sichauf die Straße zu konzentrieren. Die letzteRegel (Nr. elf) beschäftigt sich mit der Fahr-tüchtigkeit des Fahrers. Ist die Fahrtüchtig-keit nicht gegeben (Müdigkeit, Alkoholein-fluss etc.) wird der Fahrer zum Einlegen ei-ner Pause aufgefordert.

4 State of the artMit EcoSec stellen Gundelsweiler et al. in[6] ein System vor, welches persuasive Me-thoden nutzt, um den Fahrer an eine effizi-

ente und sichere Fahrweise heranzuführen.Während der Fahrt soll der Fahrer durchzwei Balkendiagramme am Bildschirmrand(links ökologisches Fahren, rechts sicheresFahren) belohnt werden (siehe Abbildung 2).EcoSec nutzt die in [8] benannten horizon-

Abbildung 2: Mobile Darstellung vonEcoSec [6].

talen Balken zur Visualisierung der aus derFahrsituation entstehenden Effizienz- („Eco-meter“, rechter Bildschirmrand) und Sicher-heitseinschätzung („Secumeter“, linker Bild-schirmrand). Betrachtet man jedoch die an-deren Interaktionselemente wie beispiels-weise die tab-basierte Navigation am obe-ren Bildschirmrand, fällt die für eine Inter-aktion während der Fahrt sehr klein gewählteSchrift- und Symbolgröße auf. Die Ausrich-tung der Darstellung im Hochformat erlaubtes, die horizontalen Balken groß abzubilden.Jedoch hat sich bis auf einige wenige Aus-nahmen (Tesla Model S) eine Darstellung imQuerformat im Automobilbereich (Navigati-onssysteme, Infotainmentsysteme) durchge-setzt . Honda verfolgt den Ansatz der Vi-

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sualisierung der Effizienz mit Hilfe von Far-ben. Das Beispiel des Honda Insight zeigt,wie sich die Hintergrundfarbe des Kombiin-struments je nach abgerufener Energie ver-ändert (Abbildung 3). Dieser Ansatz erlaubt

Abbildung 3: Ambientmeter Honda In-sight - Visualisierung der Effizienz durchFarben [7].

ein schnelles Erfassen der aus der Geschwin-digkeit resultierenden Fahreffizienz. Ledig-lich die Wahl von kräftigen, leuchtenden Far-ben könnte zu der in Kapitel 5 beschriebe-nen visuellen Unterhaltung des Fahrers füh-ren, die es laut [3] zu vermeiden gilt. Dasvon Rommerskirchen et al. an der TU Mün-chen in [10] entwickelte „anticipatory driverassistence system“ (ADAS) hilft dem Fah-rer dabei den Kraftstoffverbrauch zu senken.ADAS unterstützt den Fahrer dazu in einervorausschauenden Fahrweise. Dazu visuali-siert das System für den Fahrer noch unsicht-bare Navigationshinweise und Geschwindig-keitsbegrenzungen (Abbildung 4). Dies führtdazu, dass der Fahrer sein Fahrverhaltenfrühzeitig den zu erwartenden Gegebenhei-ten anpassen kann. Laut Rommerskirchen etal. sind die Einsparungen durch ADAS un-abhängig von der Komplexität der Fahrsitua-tion. Zwar reduzierten sich die Blickzeitenauf die ADAS-Benutzeroberfläche in kom-plexen Fahrsituationen, dies hat jedoch kei-nen Einfluss auf die durch das System ge-schaffene Fahreffizienz [10]. Es ist also vonentscheidender Bedeutung, dass der Fahrerdie ihm dargestellten Informationen mit we-nigen kurzen Blicken erfassen kann. Birrel etal. beschäftigen sich mit den Auswirkungenvon intelligenten Fahrempfehlungen auf die

Abbildung 4: ADAS mit eingeblendeterNavigations- und Geschwindigkeitsemp-fehlung [10].

Fahrleistung und die Fahrerablenkung. Dazuentwickelten sie in [2] zwei Benutzeroberflä-chen. Die erste der beiden folgte dem „Eco-logical Interface Design principle“ (EID)nach [15], die Zweite folgte dem aus vielenFahrzeugen bekannten Prinzip der allgemei-nen Anzeigen im Armaturenbrett durch ein-fache Symbole (Abbildung 5). Während die

Abbildung 5: Smart Driving Aid: EID(links) und Armaturenbrett Darstellung(rechts) [2].

EID Darstellung sicherheits- und effizienzre-levante Informationen zeitgleich darstellt, ist

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dies beim Armaturenbrettkonzept nicht mög-lich. Laut Birrel et al. haben beide Darstel-lungsformen zu keinem Anstieg der kogniti-ven Belastung des Fahrers geführt. Es sindjedoch Unterschiede bei den Auswirkungenauf die Fahrleistung des Fahrers aufgetreten.So hatte laut Birrel et al. die EID Darstel-lung größere Auswirkungen auf die gefah-rene Geschwindigkeit, während die Armatu-renbrettdarstellung mehr Einfluss auf zu star-ke Beschleunigung und das Bremsverhaltendes Fahrers aufwies [2].

4.1 Möglichkeiten der Fahrer-

information

Die Informationen können visuell, auditivoder haptisch auf den Fahrer einwirken.Meist wird eine Kombination dieser Feed-backarten angewendet. Ein Beispiel dafürist eine Einparkhilfe, die auditives Feed-back (Warnton) und visuelles Feedback (Vi-sualisierung des Abstandes) in Kombinati-on nutzt. Die Besonderheiten bei der Umset-zung der jeweiligen Feedbackarten werdendurch die in Abschnitt 5.1.3 genannten Gui-delines beschreiben.

5 Guidelines und Standardsder In-Car-Interaction

Eine ausführliche Betrachtung von Guidli-nes und Standards findet sich in [4] und [5].Für die Entwicklung einer ablenkungsfreienLösung ist die Einhaltung dieser Standardsunerlässlich. Basis für die vorliegende Ar-beit ist die „Empfehlung der Kommissionvom 26. Mai 2008 über sichere und effizientebordeigene Informations- und Kommunika-tionssysteme: Neufassung des EuropäischenGrundsatzkatalogs zur Mensch-Maschine-Schnittstelle“ [3]. Die Empfehlung bestehtaus 43 Grundsätzen und schmückt diese mitkonkreten Anwendungsbeispielen aus. DieGrundsätze sind außerdem mit Querverwei-sen auf gültige Standards und Normen ver-sehen. Die Empfehlungen geben dem Ent-wickler nützliche Hilfestellungen und Emp-fehlungen bei der Entwicklung einer ab-lenkungsfreien Benutzeroberfläche im Fahr-zeug.

5.1 Designziele

Die Kommission der Europäischen Unionnennt fünf Designziele die für eine Benut-zeroberfläche im Fahrzeug gelten: Die Dar-stellung darf keine potentielle Gefährdungdes Fahrers hervorrufen. Die benötigte Auf-merksamkeit des Fahrers bei der Nutzungder Benutzeroberfläche muss in Relation zurFahraufgabe stehen. Die Benutzeroberflächezeichnet sich durch Ablenkungsfreiheit aus,sie darf keine visuelle Unterhaltung des Fah-rers zum Ziel haben. Außerdem dürfen kei-ne Informationen angezeigt werden, die denFahrer zu einem gefährlichen Verhalten an-regen könnten. Abschließend wird als Zieldie Konsistenz der Benutzeroberfläche mitvorhandenen Interaktionselementen, sowieeine einheitliche, mit vorhandenen Systemenkompatible Umsetzung genannt. Die Umset-zung dieser Ziele werden durch Grundsätzeder Informationsgestaltung, Grundsätze derInteraktion und des Systemverhaltens erläu-tert. Die Grundsätze zum Einbau und zurPlatzierung der Aus- und Eingabegeräte wer-den in der vorliegenden Arbeit nicht wei-ter betrachtet, finden aber beim Aufbau desFahrsimulators für den zur Evaluation be-nutzten Lane-Change-Test Anwendung. ImFolgenden werden die für die Arbeit relevan-ten Grundsätze zusammenfassend beschrie-ben.

5.1.1 Grundsätze der Informati-onsdarstellung

Die Grundsätze besagen, dass alle Informa-tionen mit möglichst wenigen Blicken zu er-fassen sein sollen. Außerdem sollen allge-mein bekannte Symbole und Begriffe ausdem dem Fahrer bekannten Fahrzeugum-feld verwenden werden. Die Darstellung vonfahrrelevanten Informationen soll stets recht-zeitig erfolgen und auch der aktuellen Fahr-situation genau entsprechen. Dabei haben si-cherheitsrelevante Informationen stets einehöhere Priorität als nicht sicherheitsrelevanteInformationen, wie beispielsweise die Laut-stärke des Radios. Unkontrollierbare akusti-sche Meldungen sollen nicht zu laut sein.

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5.1.2 Grundsätze der Interakti-on

Bei der Interaktion mit dem System soll ei-ne Hand stets am Lenkrad verbleiben. Ei-ne Interaktion muss zu jedem Zeitpunkt vomFahrer unterbrochen werden können. Unter-bricht der Fahrer eine Systemeingabe, solldie Fortsetzung der Eingabe zu einem späte-ren Zeitpunkt problemlos möglich sein. Gibtdas System akustisches Feedback, sollen die-se akustischen Ausgaben in der Lautstär-ke regulierbar sein. Systemausgaben sollenstets deutlich und zeitnah erfolgen. Nicht si-cherheitsrelevante Informationen sollen ab-schaltbar sein.

5.1.3 Grundsätze des System-verhaltens

Das System soll keine Interferenzen mitfahrrelevanten Anzeigen aufweisen. Funk-tionen, die nicht für den Gebrauch im fahren-den Fahrzeug vorgesehen sind, sollen demFahrer während der Fahrt auch nicht verfüg-bar sein. Das System soll den Fahrer zu je-der Zeit über den Systemstatus und möglicheSystemfehler informieren.

5.2 SAE Recommended Prac-

tice J2365 und J2364

Neben den Empfehlungen der EuropäischenUnion bietet die SAE Recommended Practi-ce J2365 (Calculation of the Time to Com-plete In-Vehicle Navigation and Route Gui-dance Tasks) in Kombination mit der SAERecommended Practice J2364 einen deut-lichen Mehrwert bei der Entwicklung ei-ner In-Car Benutzeroberfläche. Sie beinhal-tet eine Auflistung von Interaktionszeiten beider Bedienung von Navigationsgeräten. DieSAE Recommended Practice J2365 wurdezwar für den Einsatz von Navigationsgerätenentwickelt, kann aber laut P. Green für al-le visuell-manuellen Interaktionen im Fahr-zeug herangezogen werden [4]. Dies erlaubtes, bereits im Entwicklungsprozess langeInteraktionszeiten zu erkennen. Überschrei-tet die Gesamtinteraktionszeit 15 Sekunden,so ist die Interaktion laut SAE Recommen-

ded Practice J2364 (auch als „15-Sekunden-Regel“ bekannt) nur im stehenden Fahrzeugdurchzuführen.

5.3 U.S. Department of Trans-

portation

Das U.S. Department of Transportation (US-DA) spricht in [8] Empfehlungen für die Ent-wicklung von “Fuel Economy Driver Inter-face Concepts” (FEDIC) aus. Zusammenfas-send werden insgesamt sechs Empfehlungeneffektiver FEDIC genannt, von denen die fol-genden für die Umsetzung interessant sind:Kraftstoffeinsparung sollen als horizontaleBalken oder einfache Visualisierungen (z.B.Bilder) dargestellt werden. Eine textuell dar-gestellte Kraftstoffeinsparung soll durch einegrafische Visualisierung ergänzt werden. DieUSDA empfiehlt die gleichzeitige Darstel-lung von Momentan- und Langzeitwerten,sowie eine im Allgemeinen visuell simplegehaltene Darstellung. Die Darstellung ei-ner durchschnittlichen Kraftstoffeinsparungwird ebenfalls durch die USDA empfohlen.

6 Ablenkung beim Führen ei-nes Fahrzeuges

Die wichtigste Anforderung an die Benutze-roberfläche ist die Ablenkungsfreiheit. T.A.Ranney et al. beschreiben vier Arten derAblenkung beim Führen eines Fahrzeuges:Visuelle Ablenkung, akustische Ablenkung,biomechanische Ablenkung und kognitiveAblenkung. Laut T.A. Ranney et al. beste-hen Ablenkungen meist aus einer Kombi-nation dieser Ablenkungsarten [13]. Laut L.Tasca ist die Fahrerablenkung eine freiwil-lige oder unfreiwillige Ablenkung des Fah-rers von seinen Fahraufgaben. Sie entstehtdurch die Ausführung zusätzlicher Aufga-ben, die nichts mit der primären Fahraufga-be zu tun haben, oder durch das kurzfristigeKonzentrieren auf andere Dinge (z.B. Perso-nen, Gegenstände, etc.). Die Auswirkungender Fahrerablenkung sind eine veränderte Si-tuationswahrnehmung und eine Verschlech-terung der Leistungs- und Entscheidungsfä-higkeit des Fahrers [12]. Diese Einschrän-kungen wirken sich direkt auf die Sicherheit

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der Fahrzeuginsassen und anderer Verkehrs-teilnehmer aus.

6.1 Ablenkung durch Echtzeit

Fahrerinformationssyste-

me

Mit der Ablenkung durch Echtzeit-Fahrerinformationssysteme beschäftigensich A. Birrell und M. S. Young. Sie leitenaus Ihrer Simulatorstudie mit 25 Teilneh-mern mit einem Durchschnittsalter von35,2 Jahren ab, dass für den Fall einesFahrerinformationssystems, welches dieInformationen zur vorherrschenden Situa-tion passend und rechtzeitig anzeigt, keinAnstieg der Fahrerablenkung und kognitivenBelastung bei Überlandfahrten zu erkennenist [2]. Für die ablenkungsfreie Bereitstel-lung der Informationen ist daher vor allemdie der Darstellung zu Grunde liegendeSituationserkennung von großer Bedeutung.Für die Entwicklung des Anzeigekonzepteswird daher von eine Situationserkennungnahe Echtzeit ausgegangen.

7 KonzeptDie Grundlage der Benutzeroberfläche isteine Aufteilung der Handlungsempfehlun-gen in zwei Kategorien: Situativ und dau-erhaft. Während der situative Teil der Dar-stellung die eigentlichen Handlungsempfeh-lungen zeigt, zeigt der dauerhafte Teil dieHandlungsempfehlungen auf, die durch ei-ne ständigen Rückmeldung an den Fahrerumsetzbar sind. Zum Teil können die Hand-lungsempfehlungen beiden Kategorien zuge-ordnet werden. Die Aufteilung der Hand-lungsempfehlungen ist Tabelle 1 zu entneh-men. Das ständige Feedback ermöglicht esdem Fahrer, eine direkte Repräsentation dervorherrschende Fahrsituation zu bekommen.Da sich das Fahrverhalten direkt auf die Vi-sualisierung auswirkt, wird eine Möglich-keit der stetigen Beeinflussung des Fahrersgeschaffen. Ein einfaches Beispiel für einständiges Feedback im Fahrzeug ist der Ta-cho oder die Drehzahlanzeige. Die situativenHandlungsempfehlungen werden dem Fah-rer nur dann präsentiert, wenn er sich in

der jeweilig passenden Fahrsituation befin-det. Diese Handlungsempfehlungen werdenzusätzlich zum ständigen Feedback ange-zeigt und können je nach Priorität das stän-dige Feedback visuell verdrängen. Auch die-se Art des Feedbacks ist dem Fahrer bereitsbekannt. Beispiel sind Warnungen bei Glät-te oder beim Überfahren einer durchgezoge-nen Linie auf der Fahrbahn. Die visuelle Ver-drängung der höherpriorisierten Handlungs-empfehlungen wird durch Überlagerung desständigen Feedbacks erreicht. Dies geschiehtdurch eine aus mobilen Benutzeroberflächenbekannten Darstellung als Karte (Abbildung6). Die Auswahl, welche Handlungsempfeh-

Abbildung 6: Grobkonzept: Visualisie-rungsebenen

lungen angezeigt werden, legt der Fahrer vorFahrbeginn fest. Dazu entscheidet sich derFahrer für die Unterstützung hinsichtlich Ef-fizienz, Sicherheit oder einer Kombinationbeider Bereiche.

7.1 Darstellung des dauerhaf-

ten Feedbacks

Um dem Fahrer eine dauerhafte und ablen-kungsfreie Visualisierung der Fahrsituationund der aus der Fahrsituation abgeleitetenHandlungsempfehlungen zu geben, wird derPrototyp sehr nah an den in Abschnitt 5beschriebenen Handlungsempfehlungen undStandards entwickelt. Ziel der Darstellungdes dauerhaften Feedbacks ist es, dem Fah-rer den optimalen Zeitpunkt des Gangwech-sels, und die optimale Geschwindigkeit zu

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Tabelle 1: Situative Empfehlungen und ständiges Feedback

Nr Empfehlung situativ dauerhaft

1 Gangwechsel � �

2 Gleichmäßig fahren �

3+8 Abstand / Geschwindigkeit erhöhen � �

4 Nicht mechanisch bremsen �

5 Geschwindigkeit >90 km/h vermeiden � �

6 Motor bei Stillstand ausschalten �

7 Abstand erhöhen �

9 Geschwindigkeit reduzieren �

10 Konzentration auf die Straße �

11 Pause einlegen �

visualisieren. Dazu wird eine Mehrsegment-anzeige am linken Rand platziert ( Abbil-dung 7). Die Anzeige dient der Visualisie-

Abbildung 7: Verlauf der 7-segmentigenAnzeige zur Visualisierung des optimalenSchaltzeitpunktes

rung des optimalen Schaltzeitpunkts. Diedrehzahlabhängige Darstellung in mehrerenSegmenten erlaubt es dem Fahrer, durcheinen kurzen Blick den Zeitpunkt für den op-timalen Gangwechsel zu erfassen. Ein Farb-verlauf (rot - gelb - grün - gelb - rot) führt

den Fahrer an die effizienteste Drehzahl her-an. Der Optimalbereich ist neben der farbli-chen Kennzeichnung auch durch seine Größein seiner Wichtigkeit hervorgehoben. Durchdie neben der Gangzahl platzierten Pfeilewird die Richtung des Gangwechsels ange-zeigt. Gleichzeitig wird die Schaltrichtungauch durch die ansteigende oder abfallen-de Anzeige dargestellt. Der aktuelle Dreh-zahlstatus wird durch die Färbung der Seg-mente gezeigt. Dies ermöglicht eine schnel-le Informationsaufnahme. Der optimale Ge-schwindigkeitsbereich wird durch Änderungder Hintergrundfarbe eines Digitaltachos er-reicht. Damit dies möglichst ablenkungsfreierfolgt, wird auf kräftige Farben verzichtet,um eine ablenkende visuelle Unterhaltungdes Fahrers zu unterdrücken (vgl. Abschnitt5). Obwohl es sich bei der Anzeige der Ge-schwindigkeit um eine redundante Informa-tion handelt, ist die Anzeige der Geschwin-digkeit wichtig, damit der Fahrer die Verbin-dung zwischen Farbe und Geschwindigkeitherstellen kann. In der finalen Umsetzung istes denkbar, die einzelnen Elemente auf un-terschiedlichen Displays zu verteilen (sieheBeispiel Honda in Abbildung 3). Die Farb-gebung und die jeweilige Zuordnung der Ge-schwindigkeit zur Farbe ist von der Einstel-lung des Systemverhaltens abhängig (Effizi-

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enz, Sicherheit, Effizienz und Sicherheit).

7.2 Darstellung der Hand-

lungsempfehlungen

Die Handlungsempfehlungen werden akus-tisch durch einen Signalton angekündigt.Die Visualisierung der Handlungsempfeh-lungen wird durch das Einblenden einfa-cher, bekannter Symbole erreicht, die durchVerkehrszeichen ihre Bedeutung bekommen.Die Symbole werden durch eine kurze tex-tuelle Repräsentation der Handlungsempfeh-lung ergänzt. Der Hinweis überlagert auf-grund der höheren Priorität das dauerhaf-te Feedback (Abbildung 8). Der Fahrer hat

Abbildung 8: Überlagerte Handlungs-empfehlung bei Stillstand des Fahrzeugesbei eingeschaltetem Motor länger einerMinute

die Möglichkeit über einen Button die Hand-lungsempfehlung zukünftig zu unterdrücken.Ein Countdown symbolisiert das automa-tische Ausblenden des Hinweises, sodassder Fahrer nicht zum manuellen Schließendes Hinweises animiert wird. Die Gestal-tung des Hinweisfensters orientiert sich anden Verkehrs-Zusatzzeichen nach § 39 derdeutschen Straßenverkehrsordnung. Weite-re Tests müssen zeigen, wie lange die un-terdrückte Handlungsempfehlung dem Fah-rer vorenthalten wird. Dieses Darstellungs-konzept ist aus Gründen der Konsistenzfür alle Handlungsempfehlungen gleich. Le-diglich Symbolik und Beschriftung ändernsich entsprechend der Situation. Die Aus-

wahl der Symbole erstreckt sich durch diein der Straßenverkehrsordnung beschriebe-nen Schildertypen in Kombination mit denSymbolen der ISO 2575 (2004) – Road ve-hicles – Symbols for controls, indicators andtell-tales. und ISO 7000 (2004) – Graphicalsymbols for use on equipment - Index andsynopsis.

7.3 Konfiguration des Fahr-

profils

Die Konfiguration ist aufgrund des selbstler-nenden Charakters des Fahrassistenzsystemssehr minimalistisch. Wie bereits mehrfacherwähnt, entscheidet sich der Fahrer zwi-schen Effizienz, Sicherheit oder der Kom-bination beider Felder. Durch ein einfachgehaltenes Einstellungsmenü basierend aufdrei Schaltflächen kann dies sehr einfachauf einer touch-basierenden Oberfläche um-gesetzt werden. Denkbar ist aber auch dieAuslagerung der Einstellung in Hardware-tasten im Cockpit. Eine Vielzahl von Fahr-zeugen erlauben durch solche Shortcuttastendie Einstellung der Betriebsstrategie (Bei-spielsweise Eco- oder Sport-Modus) oderder Fahrwerksabstimmung. Das Beispiel inAbbildung 9 zeigt einen solchen Schalter.

Abbildung 9: Fahrerlebnisschalter eines1er BWM

Auch wäre die Kopplung des Assistenz-systems an vorhandene Fahrprofile denkbar.Hierbei ist aber zu beachten, dass der Fahrerstets in der Lage sein muss, die Handlungs-empfehlungen deaktivieren bzw. konfigurie-ren zu können. Ein weiterer Eintrag in dieohnehin meist überfüllten Konfigurations-

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menüs im Fahrzeug wäre dazu notwendig.Für den Prototyp wird ein Konfigurations-menü erstellt. Das Konfigurationsmenü kanndurch einen Shortcut in Form einer Schalt-fläche auf der Hauptansicht erreicht werden.Ähnlich wie bei den Handlungsempfehlun-gen legt sich ein Einstellungslayer über dievorhandene Ansicht (Abbildung 10).

Abbildung 10: Der Einstellungslayer zurAuswahl des Fahrprofils

Dort wählt der Fahrer mittels dreier Schalt-flächen seine Einstellung. Der Einstellungs-layer schließt sich nach der Auswahl auto-matisch. Damit der Fahrer eine Rückmel-dung über das gewählte Profil bekommt, be-sitzt der Einstellungsbutton entsprechendeBuchstaben (S / E / S+E) zur Visualisierungdes eingestellten Profils.

8 EvaluationDie Fahrerablenkung wird mit Hilfe desLane-Change-Tests (LCT) in einem nachden Testrichtlinien eingerichteten Fahrsi-mulator ermittelt. Der LCT (Abbildung11) wurde als Methode zur Bewertungder Fahrerablenkung durch Fahrinformati-onssysteme entwickelt und ist in der ISO26022:2010-09 standardisiert. Während dieTestperson die Fahraufgabe Fahrspurwech-sel durchführt, erledigt sie die Sekundärin-teraktion (Abbildung 12). Die aufgezeich-nete Abweichung von der Referenzfahrspurwird automatisiert ermittelt. Diese Abwei-chung wird als Indikator für die durch dieSekundärinteraktion ausgelöste Fahrerablen-

Abbildung 11: Fahrspuren und Beschilde-rung des Lane Change Test

Abbildung 12: Testperson bei der Gewöh-nungsfahrt an den Lane-Change-Test

kung benutzt.

8.1 Versuchsaufbau Fahrsi-

mulator

Der Versuch wurde nach den Anforderungender ISO 26022:2010-09 aufgebaut. Die Fahr-bahn wird auf einem in 50 cm von der Lenk-radpostion entfernten 27"Display angezeigt.Ein Betrachtungsabstand < 50 cm führte beieinigen Testpersonen bereits bei der Einfüh-rungsrunde zu Übelkeit. Die zu testende Be-nutzeroberfläche wird dem Fahrer auf einem7"großen Tablet angezeigt. Das Tablet ist aneinem Schwanenhals befestigt, sodass einebeliebige, aber ausreichend stabile Befesti-gung des Tablets möglich ist. Für den Testwurde eine Positionierung am oberen Ende

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der Mittelkonsole im Fahrzeug ausgewählt.Tönis et al. legen diese Platzierung für die In-teraktion und Darstellung von tertiären Inter-aktionen im Fahrzeug (Information und Un-terhaltung) fest [14]. Laut Olaverri-Monrealhat die Auswahl der Platzierung kaum Ein-fluss auf die Blickzeiten des Fahrers, sodassauch andere Platzierungen für die finale Um-setzung des Systems denkbar sind. Die einzi-ge Ausnahme bildeten Head-Up-Displays inder Windschutzscheibe. Dort konnten Blick-zeiten ermittelt werden, welche die in denNHTSA Guidelines [1] genannte Dauer (2Sekunden) mit durchschnittlich 4,1 Sekun-den deutlich überschritten haben [9].

8.2 Vorgehensweise LCT

Der Versuchsablauf folgt den in ISO26022:2010-09 festgelegten Regeln. LautRegelwerk gehen der eigentlichen Testfahrteine Gewöhnungsfahrt und eine Fahrt zurBestimmung einer Referenzstrecke voraus,die für die Berechnung des Ablenkungswer-tes benötigt wird. Die Auswahl der Streckenbzw. die Anordnung der Schilder wird zu-fällig variiert, um Gewöhnungseffekte zwi-schen Gewöhnungs-, Referenz- und Test-fahrt auszuschließen. Da die Testpersonenam Testtag bereits einen Lane-Change-Testzur Evaluierung eines anderen Anzeigekon-zeptes absolviert hatten, konnte auf dieGewöhnungs- und Referenzfahrt verzichtetwerden.

8.3 Versuchsablauf

Die Benutzeroberfläche folgte einem festge-legten Ablauf unterschiedlicher Darstellun-gen. Das Dauerhafte Feedback in Form derSchaltpunktanzeige durchläuft während dergesamten Fahrzeit eine vorgegebene Schalt-folge. Auf halber Strecke wurde den Test-personen ein Situatives Feedback eingeblen-det. Den Testpersonen wurde die Aufga-be gegeben, auf die Schaltanzeige mit Hil-fe der Schaltpaddles am Lenkrad zu rea-gieren. Außerdem sollten Sie das System-verhalten kommentieren und Rückschlüs-se und Handlungen aus der Darstellungverbal ausdrücken. Die Durchführung der

Eingeblendeten Handlungsempfehlungen istbeim Lane-Change-Test nicht möglich, dader Fahrer immer mit gleichbleibender Ge-schwindigkeit fahren muss um vergleichbareWerte zu erhalten.

8.4 Testpersonen

Eine Gruppe von fünf Personen zwischen21 und 55 Jahren (Durchschnittsalter 42,4Jahre) wurden zum Lane-Change-Test ge-laden. Die Auswahl der Testpersonen wur-de so getroffen, das sich die Altersvertei-lung der Gruppenzusammenstellung an derAnzahl der ausgegebenen Führerscheine derKlasse B orientiert. Der größte Anteil ha-ben dort die 25-44 jährigen (3714933 Män-ner, 4010277 Frauen), gefolgt von der Grup-pe der 18 bis 24 jährigen (222006 Männer,2.190439 Frauen) und die Gruppe der 45 bis64 jährigen (653268 Männer, 458018 Jah-ren) [11]. Die Testpersonen haben keine Er-fahrung mit dem zu testenden System, besit-zen eine gültige Fahrerlaubnis und mehrereJahre Erfahrung beim Führen eines Fahrzeu-ges. Die Testgruppe besteht aus drei männ-lichen und zwei weiblichen Kandidaten. DieTestergebnisse sind Tabelle 2 zu entnehmen.

8.5 Auswertung

Die geringe durchschnittliche Abweichungzeigt die geringe Ablenkung der Testfahrerwährend der Testfahrt. Vergleicht man die er-reichten Werten mit den Beispielwerten, diedie Analysesoftware des Lane-Change-Testsmit sich bringt wird dies noch deutlicher.So beträgt die Abweichung beim Benutzendes Radios beispielsweise 0,426 Meter. Diesliegt vor allem in der rein informellen Naturder Benutzeroberfläche. Die wenigen Inter-aktion die der Fahrer mit dem System durch-führen kann, werden entweder einmalig vorFahrtantritt oder automatisch geregelt (Pro-filwahl) oder fordern nur eine geringe ko-gnitive Leistung dees Fahrers ab (situativesFeedback ausschließen). Eine Beeinflussungder kognitiven Belastung während der Fahrterfolgt deshalb nicht, bzw. nur in sehr gerin-gem Maße.

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Testfahrt Testperson mittlere Abweichung Differenz

Referenzfahrt1

0,342460,10967

Testfahrt 0,45213

Referenzfahrt2

0,332670,01019

Testfahrt 0,34286

Referenzfahrt3

0,316320,12218

Testfahrt 0,43850

Referenzfahrt4

0,271310,20199

Testfahrt 0,47330

Referenzfahrt5

0,323570,04971

Testfahrt 0,37328

Durchschnittliche Differenz: 0,097996

Tabelle 2: Auswertung Lane-Change-Test

9 Fazit und Ausblick

Nachdem eine große Menge an Stan-dards, Guidelines und Handlungsempfeh-lungen durchgearbeitet waren, wurden an-hand einer Auswahl der wichtigsten Emp-fehlungen eine konzeptuelle und universelleinsetzbare Benutzeroberfläche erstellt. Dasdurcharbeiten dieser Standards machte denLöwenanteil der Arbeit aus. Die Anforde-rung der Ablenkungsfreiheit wurde durcheinen Lane-Change-Test bestätigt. Für dieDurchführung des Lane-Change-Tests wur-de eine der Testspezifikation entsprechen-de Simulationsumgebung geschaffen. DasKonzept kann als Vorlage für die Umset-zung der Visualisierung unterschiedlichsterinformierender Fahrerassistenzsysteme ge-nutzt werden. Diese Arbeit bildete beispiels-weise die Grundlage einer Masterthesis, diesich mit der Entwicklung einer Visualisie-rung in Form eines informierenden Fahreras-sistenzsystems zur Minderung der Reichwei-tenangst bei Fahrern von Elektrofahrzeugenbeschäftigt. Dort werden die hier beschrie-benen Grundlagen angewendet. Auch hierkonnte die geringe Ablenkung des Konzep-

tes mit Hilfe des Lane-Change-Test nachge-wiesen werden.

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