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40. Jahrgang · Hennef, April 2010 · Folge 2/2010 www.dwa.de/KA Siebrechen vor einer Kläranlage Energieautarke Kläranlage Betriebssicherheits- verordnung DWA-A 704: IQK-Karte 7 „Parallelmessungen“ Abwasser binational Ungenügende Rechengutentfernung Automatische Schwimm- schlamm-Erkennung Thermografie elektrischer Anlagen Girl’s Day im Klärwerk Übung mit der Feuerwehr Informationen für das Betriebspersonal von Abwasseranlagen Betriebs -Info 2/10

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40. Jahrgang · Hennef, April 2010 · Folge 2/2010

www.dwa.de/KA

Siebrechen vor einer Kläranlage Energieautarke Kläranlage Betriebssicherheits­verordnung DWA­A 704: IQK­Karte 7 „Parallelmessungen“ Abwasser binational Ungenügende Rechengutentfernung Automatische Schwimm­ schlamm­Erkennung Thermografie elektrischer Anlagen Girl’s Day im Klärwerk Übung mit der Feuerwehr

Informationen für das Betriebspersonal von Abwasseranlagen

Betriebs -Info2/10

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1720 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Der Abwasserverband „Oberes Nettetal“ ist Träger der gleich-

namigen Kläranlage und liegt in Rheinland-Pfalz, in der

Nähe des Klosters Maria Laach und des Nürburgrings. Die

Reinigungsanlage wurde 1975 gebaut. Die im Lauf der Jah-

re veraltete Technik führte dazu, dass die Anlage erneuert

und vergrößert werden musste. Nach dreijähriger Bauzeit

ist im Jahr 2008 die neue Anlage mit einer Ausbaugröße

von 11 500 EW offiziell fertig geworden.

Um die Kläranlage hydraulisch nicht zu überlasten, errich-

teten wir im Rahmen des Umbaus im Zulauf ein Trenn-

bauwerk. Hier sollte bei größeren Regenereignissen das

überschüssige Mischwasser in ein Regenüberlaufbecken

(RÜB) geleitet werden. Damit die Leerung und die Reini-

gung des RÜB problemlos möglich sind, wollten wir an der

Entlastungsschwelle im Trennbauwerk die Grobstoffe aus

dem Mischwasser herausholen.

Die große Frage war dabei für uns, welche technische Ein-

richtung sich für diese Aufgabe eignet bzw. bewährt hat.

Lösbar wäre diese Aufgabe natürlich mit entsprechend

leistungsstarken Rechenanlagen im Kläranlagenzulauf. Doch

wegen der großen Wassermengen müssen diese extrem groß

dimensioniert sein und sind deshalb auch entsprechend teuer.

Tauchwände jeder Bauart sind hinsichtlich der Schwebstoff-

rückhaltung bekanntermaßen wenig wirkungsvoll. Die

Schwebstoffe können problemlos der Strömung durch die

mehr oder weniger großen Spalten einer Tauchwand fol-

gen. Schwimmstoffe, zu deren Zurückhaltung eine Tauch-

wand wirkungsvoll eingesetzt werden kann, finden sich im

Mischwasser eher selten.

Bleiben noch Siebrechen übrig. Bei diesen ist aber bekannt,

dass es regelmäßig zu Problemen mit der Belegung der Sieb-

flächen kommt, wenn sie in einem Trennbauwerk direkt im

Zulauf eingesetzt werden. Die Ursache dafür ist offensicht-

lich. Der Zulaufkanal vor der Kläranlage ist meist ein länge-

rer Kanal mit minimalem Gefälle, in dem sich Schmutzstoffe

in größerem Maß absetzen. Kommt es zu einem Regen-

ereignis, wird der Zulaufkanal gespült, und die sedimen-

tierten Schmutzstoffe gelangen in hoher Konzentration in

das Trennbauwerk.

Die im Mischsystem eingesetzten Siebrechen sind aber für

große Zuflüsse mit eher geringen Feststoffkonzentrationen

konstruiert. Kommt es hier im Trennbauwerk vor der Klär-

anlage zur Entlastung, sind die Siebrechen schnell überlas-

tet; die Siebfläche belegt sich, und das Entlastungswasser

geht über das Sieb in ungereinigtem Zustand in das Regen-

überlaufbecken. Hier entstehen dann die bekannten

Betriebsprobleme, wie Verstopfung der Entleerungspumpen

und Feststoffansammlungen auf der Beckensohle.

Was also tun? Bei unseren Überlegungen stießen wir auf

das Lamellenfeinsieb der Firma VSB Vogelsberger Umwelt-

technik GmbH (Abbildung 1). In der neusten Ausführung

kann dieses mit einer modifizierten Siebflächenspülung

Siebrechen im Trennbauwerk vor der Kläranlage

Abb. 1: Lamellenfeinsieb im Trennbauwerk

ausgerüstet werden. Bei diesem Lamellenfeinsieb rutschen

die von der geneigten Siebfläche zurückgehaltenen Grob-

stoffe in eine Rinne und werden von dort zu einem Pumpen-

sumpf gespült. Eine Freistrompumpe pumpt dann das Grob-

stoff/Wasser-Gemisch in den Kanal zwischen dem Ent-

lastungsbauwerk und der Drossel bzw. der Kläranlage. Bei

normaler Grobstoffbeladung im Mischwasser hält sich beim

Lamellenfeinsieb die Siebfläche während des Entlastungs-

vorgangs aufgrund der konstruktiven Gestaltung selbst frei.

Erforderlich ist lediglich eine Nachreinigung mittels Was-

serstrahlen nach dem Entlastungsereignis.

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1721KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

KA-Betriebs-InfoInformationen für das Betriebspersonal vonAbwasseranlagen

HerausgeberDWA – Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft,

Abwasser und Abfall e. V., in Zusammenarbeit mit dem

ÖWAV und dem VSA

VerlagGFA

Postfach 11 65, 53758 Hennef, Deutschland

Tel. (0 22 42) 8 72-1 90, Fax -1 51

E-Mail: [email protected], http://www.dwa.de

RedaktionDipl.-Ing. (FH) Manfred Fischer

Unterbrunner Straße 29, 82131 Gauting, Deutschland

Tel./Fax (0 89) 8 50 58 95

E-Mail: [email protected]

Dr. Frank Bringewski (v. i. S. d. P.), Hennef

AnzeigenleitungAndrea Vogel

Tel. (0 22 42) 8 72-1 29, Fax -1 51

E-Mail: [email protected]

SatzDTP-Büro Elfgen, St. Augustin

E-Mail: [email protected]

Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelseite: Lamellenfeinsieb an der Entlastungsschwelle

eines Regenüberlaufes (Foto: Hans Moll)

Siebrechen im Trennbauwerk vor der Kläranlage 1720

Energieautarke Kläranlage – Wunschtraum oder

Wirklichkeit? 1722

Betriebssicherheitsverordnung – und was ist

nun zu tun? 1728

Betriebsmethoden für die Abwasseranalytik

IOK-Karte 7 -– Parallelmessungen zum

Referenzverfahren 1730

Thema Abwasser binational betrachtet 1732

Die Folgen einer ungenügenden Rechengut-

entfernung 1733

Eine automatische Schwimmschlamm-Erkennung 1735

Manfred Fischer zum 70. Geburtstag 1738

Vorbeugende Instandhaltung elektrischer Anlagen

mittels der Thermografie 1739

Blonder Schopf unterm Schweißerhelm 1742

Großalarm auf der Kläranlage 1744

Stellenanzeigen 1744

DWA-Publikationen 1745

DWA-Veranstaltungskalender

Juli bis Dezember 2010 1746

Wir interessierten uns aber für die Ausführung mit der mo-

difizierten Siebflächenspülung. Hier werden zwei Was-

serstrahldüsen, die an der Schwelle entlang verlaufen, von

einer Brauchwasserpumpe mit hohem Druck gespeist (Ab-

bildung 2). Auf diese Weise kann die Siebflächenspülung

bereits während des Entlastungsereignisses – durch das

überströmende Entlastungswasser hindurch – die Siebfläche

reinigen. Da die Reinigung parallel zur Siebfläche erfolgt,

werden die Grobstoffe trotz des hohen Wasserstrahldrucks

nicht zerkleinert. Hierdurch wird erreicht, dass die Stoffe

nicht den Siebrechen passieren und im Entlastungswasser

verbleiben.

Abb. 2: Reinigung der Siebfläche während desEntlastungsereignisses

Diese Technologie überzeugte uns so sehr, dass wir dieses

Modell einbauten. Und wir wurden auch nicht enttäuscht.

Das Lamellenfeinsieb hat sich in den letzten Monaten bestens

bewährt. Trotz teilweise extremer Grobstoffbeladung im

Zulaufkanal wurden alle Schweb- und Schwimmstoffe im

Trennbauwerk zurückgehalten und die Siebfläche durch die

Spülung vollständig gereinigt. Die Leerung und Reinigung

des nachgeschalteten Regenüberlaufbeckens konnten des-

halb problemlos von der im Becken eingebauten Technik

bewältigt werden. Auch das Lamellenfeinsieb bedarf keiner

zusätzlichen Wartungsarbeiten. Wir sind sehr froh, dass wir

uns für diese Lösung entschieden haben.

Autor

Abwassermeister Hans Moll

Kläranlage „Oberes Nettetal“

AZV „Oberes Nettetal“

Tel. ++49 (0)26 36/27 17

E-Mail: [email protected]

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1722 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

1 Einleitung

Der Ölpreis und in der Folge die Energiekosten sind in den

letzten Jahren dramatisch angestiegen. Ein Ende dieser

Entwicklung ist nicht abzusehen. Auch die letzten Zweifler

haben inzwischen erkannt, dass wir als wirkungsvolle Ge-

genmaßnahme alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um

Energie zu sparen.

Auch Abwasseranlagen sind hiervon betroffen. Schon seit

geraumer Zeit gibt es hierüber Untersuchungen und

Verbesserungsvorschläge [1–3]. Im Zuge eines Bench-

marking-Projekts österreichischer Kläranlagen wurden bis

2006 insgesamt 94 Kläranlagen bewertet [4], eine günstige

Gelegenheit, auch den Energieverbrauch und die Energie-

kosten näher zu analysieren.

Bei dieser Analyse wird der Energieverbrauch in vier Haupt-

prozesse und zwei Hilfsprozesse untergliedert. Zusätzlich

wird betrachtet, wie viel Energie für das Belüften, das Rüh-

ren und die Rücklaufschlammpumpwerke erforderlich ist.

Nur wenn bekannt ist, welche Anlagenteile wie viel Energie

benötigen, können Einsparpotenziale gefunden werden.

Anhand einer sehr energieeffizienten Anlage wird abschlie-

ßend der Frage nachgegangen, ob ein energieautarker Be-

trieb bei kommunalen Kläranlagen denkbar ist.

2 Energiekosten österreichischer Kläranlagen

Der Energieverbrauch – und damit die Energiekosten – ei-

ner Kläranlage entsprechen der Summe aus elektrischem

und fossilem Energiebedarf (Öl, Gas). Im Wesentlichen wer-

den die Energiekosten von den Kosten für elektrische Ener-

gie dominiert. Diese Kosten wiederum resultieren aus dem

elektrischen Energieverbrauch, dem durchschnittlichen Preis

je zugekaufter Kilowattstunde sowie dem Anteil an auf der

Anlage produziertem elektrischem Strom.

Wie aus Abbildung 1 abgeleitet werden kann, weisen Anla-

gen < 20 000 EW Ausbau höhere Energiekosten auf als grö-

ßere Anlagen. Die Strombezugskosten je Kilowattstunde lie-

gen bei den untersuchten Anlagen bei durchschnittlich

0,09 €/kWh und variieren unabhängig von der Kläranlagen-

größe nur geringfügig zwischen 0,075 und 0,1 €/kWh. Die

höheren Energiekosten von kleineren Anlagen resultieren

aus der Verfahrensart. Anlagen < 20 000 EW Ausbau sind

vorwiegend als Anlagen mit aerober Stabilisierung ausge-

führt und benötigen daher systembedingt mehr elektrische

Energie. Gleichzeitig weisen diese Anlagen zumeist keine

Eigenstromerzeugung auf.

Die Betriebskosten einer Kläranlage lassen sich in die sechs

Hauptkostenarten Personalkosten, Leistungen durch Dritte,

Material-, Energie-, Reststoffkosten und sonstige Kosten un-

terteilen. Danach sind die Energiekosten im Durchschnitt

aller 94 untersuchten Kläranlagen für 16 % der Gesamt-

betriebskosten verantwortlich. Aus Untersuchungen in

Deutschland sind ähnliche hohe Energiekostenanteile be-

kannt [1, 2].

Die genannten Kostenarten können in zwei Gruppen unter-

gliedert werden: einerseits in Kosten, die von der Schmutz-

Energieautarke Kläranlage – Wunschtraum oder Wirklichkeit?Erfahrungen aus der österreichischen Praxis

Abb. 1: Energiekosten in Abhängigkeit von der Ausbaugröße

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fracht weitgehend bis vollkommen unabhängig sind (Perso-

nalkosten, Leistungen durch Dritte und sonstige Kosten),

und andererseits in Kosten, die von der einer Kläranlage

zufließenden Schmutzfracht abhängen (Material-, Energie-

und Reststoffkosten). Der Energieverbrauch einer Kläranla-

ge korreliert vor allem dann mit der zufließenden Schmutz-

fracht, wenn mithilfe des eingesetzten Regelungskonzepts

auf Belastungsschwankungen entsprechend flexibel reagiert

werden kann.

3 Energieverbrauch österreichischer Kläranlagen

Wie bereits dargestellt, resultieren die Kosten der elektri-

schen Energie aus dem elektrischen Energieverbrauch, dem

durchschnittlichen Preis je zugekaufter Kilowattstunde so-

wie dem Anteil an auf der Anlage produziertem elektrischem

Strom. In der Folge wird der Energieverbrauch von Kläran-

lagen näher beleuchtet. Im folgenden Kapitel wird anhand

einer Beispielanlage untersucht, wie hoch die mögliche

Eigenstromerzeugung sein kann und ob eine 100-%ige

Eigenstromabdeckung möglich ist.

In Abbildung 2 ist der spezifische Energieverbrauch von 40

Kläranlagen in kWh/EW-CSB110/a dargestellt. Daraus lässt

sich ableiten, dass der einwohnerwertspezifische Energie-

verbrauch zwischen 20 und 50 kWh/EW-CSB/a liegt. Klär-

anlagen mit aerober Stabilisierung weisen verfahrensbe-

Abb. 2: Elektrischer Energieverbrauch unterschiedlicherAnlagentypen

dingt einen höheren Energieverbrauch auf, wobei anhand

der Ergebnisse für aerob stabilisierende Anlagen 32 kWh/

EW-CSB110/a als niedrigster Wert angegeben werden kann.

Als aussagekräftige Kennzahl für den Gesamtverbrauch ist

der Energieverbrauch je Einwohnerwert üblich. In Öster-

reich wird bei der Berechung des Einwohnerwerts von ei-

ner täglichen Schmutzfracht von 110 g CSB ausgegangen.

Kläranlagen mit einem Verbrauch von d<20 kWh/EW-

CSB110/a (dies entspricht 22 kWh/EW-CSB120/a) liegen

im österreichischen Spitzenfeld.

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1724 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Für die Energieoptimierung von Klär-

anlagen ist eine genaue Energieanalyse

zweckmäßig. In Tabelle 1 ist der

Energieverbrauch der wesentlichsten

Verbraucher einer Kläranlage aus un-

terschiedlichen Quellen zusammenge-

fasst. Für die Gruppierung der Verbrau-

cher wurden die verwendeten Prozes-

se (vier Hauptprozesse und zwei Hilfs-

prozesse) verwendet. Die Prozesse und

die Angaben zu den jeweiligen Energie-

verbräuchen können Tabelle 1 entnom-

men werden. Bei manchen Kläranlagen

spielen aber auch sogenannte standort-

spezifische Besonderheiten, wie

beispielsweise die Absaugung von ab-

gedeckten Becken, eine entscheidende

Rolle.

Die Auswertungen des ÖWAV-Bench-

markings für das Untersuchungsjahr

2004 [4] haben für 23 Kläranlagen

mit Faulung einen 25-%-Wert von

19,3 kWh/EW und einen mittleren

Wert von 26,8 kWh/EW/a ergeben.

Eine jener Kläranlagen, die mit einem

Gesamtenergieverbrauch von 18,1

kWh/EW/a noch unter dem 25-%-Wert

liegt, ist die Kläranlage Strass im

Zillertal, deren Eigenstromabdeckung

in der Folge noch näher untersucht

werden wird. Im Handbuch [1] werden

für eine Modellkläranlage in etwa die

gleichen Werte vorgestellt, wie sie bei

den Anlagen des Benchmarking-Pro-

jekts aufgetreten sind. Haberkern [2]

gibt für die einzelnen Anlagenteile sehr

weite Spannen an, wobei vor allem der

untere Bereich für die mechanisch-

biologische Abwasserreinigung mit

5 kWh/EW/a wenig realistisch er-

scheint. In einem österreichweit an-

gelegten Forschungsprojekt wurden

172 Kläranlagen auf deren Energie-

effizienz untersucht. Agis [3] gibt als

Sollwert für Kläranlagen mit Faulung

> 40 000 EW Ausbau 18,5 kWh/EW/

a an und für Anlagen > 100 000 EW

Ausbau 16,5 kWh/EW/a. In seiner

Aufstellung (auch in Tabelle 1) sind der

Energieverbrauch der MÜSE (= ma-

schinelle Überschussschlammentwäs-

serung), der Faulung und der Presse

als Summenwert von 2,2 kWh/EW-

CSB110/a angegeben.

Da der Energieverbrauch der mecha-

nisch-biologischen Abwasserreini-

gungsstufe üblicherweise 60 bis 70 Pro-

zent des Gesamtenergieverbrauchs aus-

macht und hier wiederum die Energie

für die Belüftung dominiert, wird der

Energieverbrauch für die Belüftung,

das Rühren und die Rücklaufschlamm-

förderung separat erfasst.

4 Energieverbrauch einerenergieautarken Kläranlage

Wie bereits angedeutet, weist die Klär-

anlage Strass im Zillertal mit 18,1

kWh/EW-CSB110/a einen sehr niedri-

gen Energieverbrauch auf. Dies ist vor

allem auf einen sehr niedrigen Energie-

verbrauch der mechanisch-biologischen

Abwasserreinigung (Tabelle 1) zurück-

zuführen. Da die Energieverbräuche für

das Belüften, das Rühren und die

Rücklaufschlammpumpen auf der Klär-

anlage Strass separat gemessen wer-

den, können diese gemessenen Werte

auf Basis von theoretischen Überlegun-

gen und Berechnungen überprüft wer-

den. Die Ergebnisse werden in Tabelle

2 zusammengefasst.

Die Belüftungsenergie wird einerseits

für die Oxidation der Kohlenstoff-

verbindungen und andererseits für die

Nitrifikation benötigt. Unter der Annah-

me, dass rund ein Drittel der zufließen-

den CSB-Fracht veratmet wird, ist mit

*) MÜSE: maschinelle Überschussschlammentwässerung

Tabelle 1: Gesamtenergieverbrauch [kWh/EW/a], aus unterschiedlichen Quellenzusammengestellt

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1725KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

einem OVC (Sauerstoffverbrauch

infolge C-Oxidation) von 35 g/EW-

CSB110 pro Tag zu rechnen. Aufgrund

der niedrigen spezifischen Stickstoff-

fracht je Einwohnerwert von 7 g/EW-

CSB110 und des daraus resultierenden

weiten N/CSB-Verhältnisses der Kläran-

lage Strass kann mit einem für die

Stickstoffentfernung erforderlichen

Sauerstoffbedarf (= OVN – OV

D) von 10

g/EW-CSB110 pro Tag gerechnet wer-

den (OVN Sauerstoffverbrauch infolge

N-Oxidation, OVD: Sauerstoffverbrauch

für die Kohlenstoffatmung mit Nitrat als

Elektronenakzeptor). Bei einem opti-

malen Sauerstoffertrag von 2,8 kg/kWh

ergibt sich ein Energiebedarf für die

Belüftung von 20 Wh/EW-CSB110 pro

Tag bzw. 7,3 kWh/EW-CSB110/a.

Für die Rührenergie sind volumen-

spezifische Werte zwischen 1,5 und

3 W/m³ realistisch. Um den von der

Kläranlage Strass angegebenen Ener-

gieverbrauch für das Rühren zu über-

prüfen, wurde das spezifische Bele-

bungsbeckenvolumen der zweiten Stu-

fe von 65 l/EW-CSB110 mit einer

volumenspezifischen Rührenergie von

1,5 W/m³ multipliziert. Daraus errech-

net sich ein Energieverbrauch für das

Rühren von 0,9 kWh/EW-CSB110/a.

Erwähnt werden muss aber, dass das

spezifische Belebungsbeckenvolumen

üblicherweise mindestens doppelt so

hoch ist und durchschnittlich mit

200 l/EW-CSB110 gerechnet werden

kann. Die Kläranlage Strass kann

aufgrund des zweistufigen Verfahrens-

konzeptes und der separaten Trübwas-

serbehandlung mit einem vergleichs-

weise niedrigen spezifischen Bele-

bungsbeckenvolumen der zweiten Stu-

fe betrieben werden.

Der Berechnung des Energieverbrauchs

der Rücklaufschlammpumpen kann die

physikalische Tatsache zugrunde gelegt

werden, dass mit einer Kilowattstunde

ein Kubikmeter (Ab-)Wasser 367 m hoch

gehoben werden kann. Bei einem realis-

tischen Wirkungsgrad von 50 bis maxi-

mal 70 % der Pumpen und Kenntnis der

Rücklaufschlammmenge kann der

Energieverbrauch für die Rücklauf-

schlammförderung einfach errechnet

werden. Wie aus Tabelle 2 ersichtlich,

entspricht der rechnerische Energie-

verbrauch der Kläranlage Strass dem

gemessenen, bei einem durchschnittli-

chen Wirkungsgrad der Pumpen von 50 %.

Der Vergleich von theoretisch nachge-

rechneten und gemessenen Werten

zeigt, dass die gemessenen Werte plau-

sibel sind. An dieser Stelle wird jedoch

nochmals betont, dass sich ein sehr

weites N/CSB-Verhältnis und das gerin-

ge spezifische Belebungsbeckenvolu-

men positiv auf den Energieverbrauch

auswirken.

Neben dem sehr niedrigen Energie-

verbrauch der Kläranlage Strass führt

eine vergleichsweise hohe Energieer-

zeugung je Einwohnerwert zu einer

Eigenstromabdeckung von mehr als

100 Prozent.

berechnet gemessen

OVP

35 g/EW-CSB110/d

OVN

10 g/EW-CSB110/d

Op 2,8 kg/kWh

P-Belüften 20 Wh/EW-CSB110/d

Belüftung 7,3 kWh/EW-CSB110/a 7,0

P-Rühren 1,5 W/m³

spez. V-BB 65 l/EW-CSB110

Rühren 0,9 kWh/EW-CSB110/a 0,8

Fördermenge RS 150 l/EW-CSB110/d

Förderhöhe RS 6 m

Pumpenwirkungsgrad 50 %

1 kWh kann 1 m³ Wasser 367 m hoch heben

RS-Pumpen 1,8 kWh/EW-CSB110/a 1,8

Tabelle 2: Energieverbrauch für Belüften, Rühren und Rücklaufschlammpumpen derKläranlage Strass

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1726 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Ein entscheidender Faktor für die hohe Eigenstromab-

deckung ist der Wirkungsgrad der BHKW. Würde die Klär-

anlage Strass, bei sonst gleichen Daten, ein BHKW mit ei-

nem Wirkungsgrad von 25 % betreiben, so würde die Eigen-

stromabdeckung auf immer noch hohe 70 % absinken.

Abschließend soll nicht unerwähnt bleiben, dass der bereits

im Jahr 2004 sehr niedrige Energieverbrauch von 21 kWh/

EW-CSB110/a auf den nun seit zwei Jahren erreichten spe-

zifischen Energieverbrauch von 18 kWh/EW-CSB110/a ge-

senkt werden konnte (Tabelle 4). Diese Verringerung um

3 kWh/EW-CSB110/a entspricht bei 162 114 EW und

Bezugskosten von 10 Cent je Kilowattstunde einem Betrag

von 48 600 Euro pro Jahr.

Parameter 2004 2005 2006

Energieverbrauch

[kWh/d] 8416 7912 8038

EW-CSB110 147 331 161 241 162 114

spezifischer

Energieverbrauch

[kWh/EW-CSB110/a] 21 18 18

Tabelle 4: Spezifischer Energieverbrauch der Kläranlage Strass

5 Zusammenfassung

Die Energiekosten sind für durchschnittlich 16 % der

Gesamtbetriebskosten verantwortlich, wobei die Energie-

kosten von drei Faktoren bestimmt sind: dem Energie-

verbrauch, den Energiekosten je Kilowattstunde und der

Eigenstromabdeckung. Die spezifischen Energiekosten neh-

men mit zunehmender Kläranlagengröße ab. Kläranlagen

zwischen 2500 und 10 000 EW Ausbau weisen spezifische

Energiekosten von 5,2 Euro/EW-CSB110 auf, wohingegen

Kläranlagen > 100 000 EW Ausbau mit 1,3 Euro/EW-CSB110

auskommen.

Die Analyse des Energieverbrauchs hat gezeigt, dass der

Median der 31 Anlagen mit Faulung bei 29 kWh/EW/a liegt

und bei neun Anlagen mit aerober Stabilisierung ein mittle-

rer Energieverbrauch von 46 kWh/EW-CSB110/a gemes-

sen wurde. Das 25-%-Perzentil des Energieverbrauchs von

spezifische Faulgasmenge 22,5 I/EW-CSB110/d

Faulgasmenge 3648 m³/d

CO2-Gehalt 38 %

Methangasmenge 2261 m³/d

Energieinhalt 22 615 kW/d

Wirkungsgrad BHKW 37 %

8440 kWh/d

19,0 kWh/EW-CSB110/a

In Tabelle 3 sind die Eckdaten der Energieerzeugung der

Kläranlage Strass dargestellt. Bei einer plausiblen spezifi-

schen Faulgasmenge von 22,5 l/EW-CSB110 je Tag und ei-

nem CO2-Gehalt von 38 % errechnet sich eine tägliche

Methangasmenge von 2261 m³ mit einem Energieinhalt von

22 615 kW. Aufgrund des sehr hohen Wirkungsgrads der

BHKW von 37 % können täglich 8440 kWh an elektrischer

Energie erzeugt werden. Umgerechnet sind dies 19 kWh/

EW-CSB110/a. Damit können die erforderlichen 18,1 kWh/

EW-CSB110/a abgedeckt werden – es ist sogar eine Strom-

lieferung von etwa 5 % des Kläranlagenbedarfs möglich

(Abbildung 3).

Tabelle 3: Energiegewinnung der Kläranlage Strass

Abb. 3: Eigenstromabdeckung der Kläranlage Strass (105 %)

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1727KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Kläranlagen mit Faulung liegt bei 24 kWh/EW-CSB110/a,

sehr energieeffiziente Kläranlagen weisen einen Energie-

verbrauch von etwa 20 kWh/EW-CSB110/a auf.

Anhand einer Kläranlage mit einem Energieverbrauch von

weniger als 20 kWh/EW-CSB110/a konnte gezeigt werden,

dass unter optimalen Bedingungen eine Eigenstromab-

deckung von 100 % im Jahresmittel möglich ist. Vorausset-

zung dafür ist einerseits ein sehr geringer elektrischer

Energieverbrauch und andererseits ein Wirkungsgrad der

BHKW von etwa 37 %. Hinzugefügt werden muss, dass der

theoretisch nachgerechnete Energieverbrauch der Kläran-

lage Strass von 18,1 kWh/EW-CSB110/a auch auf sehr

günstige Rahmenbedingungen (N/CSB-Verhältnis, geringes

spezifisches Belebungsbeckenvolumen) zurückzuführen ist.

Bei allen Bemühungen um die Reduzierung des Energie-

verbrauchs darf aber die eigentliche Aufgabe einer Kläran-

lage nicht in den Hintergrund treten. Energieeinsparung darf

nicht zum Selbstzweck werden. Kläranlagen sind Anlagen

für den Gewässerschutz – daran darf sich nichts ändern.

Literatur

[1] E. A. Müller, B. Kobel, T. Künti, J. Pinnekamp, G. Seibert-Erling, K.Böcker: Handbuch – Energie in Kläranlagen, Ministerium für

Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 1999

[2] B. Haberkern: Energieeinsparung in Kläranlagen –Seminardokumentation, IMPULS-Programm Hessen, InstitutWohnen und Umwelt (IWU), Darmstadt, 1998

[3] H. Agis: Energieoptimierung von Kläranlagen, in: Benchmarking inder Abwasserentsorgung, Wiener Mitteilungen Wasser – Abwasser– Gewässer, Band 176, S. 133–177, Institut für Wassergüte undAbfallwirtschaft der TU Wien, 2002

[4] S. Lindtner: Optimierungspotenziale beim Betrieb vonAbwasserreinigungsanlagen – Erfahrungen aus der Praxis,Kläranlagen-Nachbarschaften, Informationsreihe BetriebspersonalAbwasseranlagen – Folge 15, ÖWAV, Wien, 2007

[5] C. Fimml: Messergebnisse des Jahres 2006 der Kläranlage Strass,Abwasserverband Achental Inntal, 2007

AutorAutorAutorAutorAutor

Dr. Stefan Lindtner

Ingenieurbüro kaltesklareswasser

Obere Augartenstraße 18A/5/1

1020 Wien, Österreich

Tel. ++ 43 (0)664/4 64 0695

E-Mail: [email protected]

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1728 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) dient der

Erhöhung der Arbeitssicherheit der Beschäftigten, aber auch

der Rechtssicherheit. Oft ist sich der Betreiber einer Ab-

wasseranlage nicht bewusst, dass er bei Verstößen gegen

die Betriebssicherheitsverordnung nach § 25 BetrSichV eine

Ordnungswidrigkeit begeht. Handlungen, die Leben oder

Gesundheit eines Anderen gefährden, sind nach § 26

BetrSichV sogar strafbar. Dies soll kein Anlass zur Beängsti-

gung sein, sondern vielmehr eine Motivation, sich fachlich

zu informieren. Dazu ist es aber notwendig, die wichtigsten

Regelwerke zu kennen und umzusetzen. Damit ist es aber

nicht getan. Ohne regelmäßige Fortbildung und Vertiefung

in Erfahrungsaustauschen gehen die erworbenen Kenntnis-

se bald wieder verloren.

Mit der Betriebssicherheitsverordnung wird dem Betreiber

von Abwasseranlagen hinsichtlich des Explosionsschutzes

eine hohe Eigenverantwortung auferlegt. Zum großen Teil

sind die Explosionsschutzdokumente erstellt, die Ex-Zonen

festgelegt, und die elektrischen sowie nichtelektrischen Be-

triebsmittel sind soweit erforderlich, dem neuen Regelwerk

angepasst.

Aber das ist erst der halbe Weg, denn die hierbei getroffe-

nen Annahmen müssen durch wiederkehrende Prüfungen

innerhalb bestimmter Fristen bestätigt und festgestellte

Mängel beseitigt werden. Dies betrifft zum Beispiel die

Betriebsweise, den einwandfreien Zustand, die Dichtheit

oder die Lüftung. Durch Mängel bei der Auslegung, der In-

betriebnahme und dem Betrieb von Biogasanlagen sind

leider viele Schadensfälle bekannt geworden. In Einzelfäl-

len sind Personenschäden und Sachschäden bis zu 25 Milli-

onen Euro aufgetreten.

Auf Basis der Gefährdungsbeurteilung legt der Betreiber für

Anlagen in Ex-Bereichen Prüfumfang, Prüftiefe und Prüf-

intervalle fest. Dabei werden die Empfehlungen aus den

angeführten Regelwerken und den Folgenormen berücksich-

tigt.

Jahreshauptprüfung Gasbehälter� DVGW-G 430

� DWA-M 376

Prüfung der Gasanlage� GUV-V C5 § 37

� DWA-M 212

Anlage – Elektrische Betriebsmittel� 99/92/EG

� BetrSichV § 14, 15, 16

� DIN EN 60079-17 (VDE 0165 Teil 1–10)

Blitzschutzanlage� DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3)

Beiblatt 2: Ex-Bereiche, Biogasanlagen

Ferner muss der Betreiber einer Abwasseranlage die Sicher-

heit der Beschäftigten, insbesondere bei Arbeiten in Ex-Be-

reichen, gewährleisten.

Jährliche Unterweisung im Explosionsschutz� BetrSichV § 9

� GUV-R 126 § 4.3

Freigabe von Arbeiten in Ex-Bereichen� GUV-R 104 – E5

� GUV-R 126 – Anhang 3

Aufsicht von Arbeiten an Gasanlagen� GUV-R 500-231 Nr. A 3.1

� GUV-R 126 § 4.2

Befähigte Person� BetrSichV § 14, 15, 16

� TRBS 1203 – Teil 1

� Antragsmappe für amtliche Anerkennung

Gerade die Bedeutung der „Befähigten Person“ hat zu eini-

gen Irritationen geführt. Bezüglich der Unsicherheit, für

welche Aufgaben nach der Betriebssicherheitsverordnung

eine Befähigte Person für Anlagen im Ex-Bereich tätig wer-

den muss, ist folgendermaßen zu unterscheiden:

§ 14 Abs. 1–4: Vor Inbetriebnahme muss eine Überprüfung

auf ordnungsgemäßen Zustand hinsichtlich Montage, Instal-

lation, Aufstellungsbedingungen und sichere Funktion durch

eine (einfache) Befähigte Person des Betreibers erfolgen.

Betriebssicherheitsverordnung – und was ist nun zu tun?

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. . .

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1729KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

§ 14 Abs. 6: Nach der Instandsetzung von Geräten beim

Hersteller oder einem Elektromaschinenbauer muss die Ein-

haltung der Anforderungen der BetrSichV durch eine amt-

lich anerkannte Befähigte Person des Instandsetzungs-

betriebs überprüft werden. Diese amtliche Anerkennung

muss der Betreiber sich vor der Auftragserteilung vorlegen

lassen.

§ 15: Alle drei Jahre muss eine Wiederholungsprüfung auf

ordnungsgemäßen Zustand der elektrischen Betriebsmittel

hinsichtlich des Betriebs durch eine (einfache) Befähigte

Person des Betreibers erfolgen. Bei Vergabe an einen

betriebsfremden Elektroinstallateur muss die Befähigte Per-

son nachgewiesen werden.

Anhang 4A Nr. 3.8 BetrSichV: Vor der erstmaligen Nutzung

ist eine übergreifende Prüfung der Arbeitsplätze, Arbeits-

mittel und Arbeitsumgebung durch eine befähigte Person

mit besonderen Kenntnissen (zum Beispiel Ingenieur-Sach-

verständiger) durchzuführen.

Alle vorgenannten Prüfungen dürfen grundsätzlich auch von

einer zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) durchgeführt

werden.

Die (einfache) Befähigte Person kann durch den Betreiber

unter den Voraussetzungen der TRBS 1203 Teil 1 bestellt

werden. Dies sind im Wesentlichen eine Ausbildung als Elek-

triker, mindestens ein Jahr Berufserfahrung und aktuelle

Berufstätigkeit. Hinreichende Kenntnisse im Explosions-

schutz sind nachzuweisen und durch Fortbildung zu erwei-

tern. Hierzu werden vom TÜV/DEKRA, dem bfe in

Oldenburg (Bundestechnologiezentrum für Elektro- und

Informationstechnik e. V.) und einigen freien Sachverstän-

digen Seminare angeboten.

Auch das neue Merkblatt DWA-M 1000 zum Technischen

Sicherheitsmanagement (TSM) bietet hier eine Hilfe. Mit

diesem Leitfaden kann der Betreiber systematisch seine

Organisation untersuchen, um Schwachstellen aufzudecken

und den Vorwurf eines Organisationsverschuldens minimie-

ren.

Aufgrund der Vielzahl der anwendbaren Regelwerke und

deren komplexen Inhalte kann hier nicht detailliert auf Ein-

zelheiten eingegangen werden. Doch über die nachstehen-

den Internet-Adressen sind diese Unterlagen leicht zu be-

schaffen.

� Gesetzliche Verordnungen und Regelwerke, Seminar-

angebote sowie Kontakt zwecks Rückfragen:

www.gasbehaelter.de

� Normen sowie Regelwerke des DVGW und VDE:

Carl Heymanns Verlag, Luxemburger Straße 449,

50939 Köln, Deutschland

www.heymanns.com

� DWA-Merkblätter: DWA, Theodor-Heuss-Allee 17,

53773 Hennef, Deutschland

www.dwa.de/Shop

Autor

Dipl.-Ing. Peter Wendt

Schlesierweg 12

30823 Garbsen

E-Mail: [email protected]

Der Verfasser ist Mitglied der DWA-Arbeitsgruppe AK-8.2„Biogasspeicherung“, IHK-Sachverständiger für Klärgasanlagen sowieanerkannte Befähigte Person nach TRBS 1203 – Teil 1.

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1730 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Liebe Leserinnen und Leser,

aus der Serie der Beiträge über die

Qualitätssicherung ist jetzt die IQK-

Karte 7 „Parallelmessungen zum

Referenzverfahren“ an der Reihe. In

meinem Beitrag möchte ich weniger auf

eine Bewertung der Ergebnisse einge-

hen. Ich möchte vielmehr Ihr Urteils-

vermögen schärfen, wie Abweichungen

bei den Parallelmessungen minimiert

und besser beurteilt werden können.

Seit eh und je hat man sich mit den

„Titanen der Analytik“ (damit sind

Referenzlabore gemeint) verglichen.

Wenn die Ergebnisse der Parallel-

messungen zusammengepasst haben,

hat das Betriebspersonal der Kläranla-

gen mit Stolz aufgeatmet – Qualitäts-

ziel erfüllt. Dokumentiert wurde in der

Vergangenheit leider nicht viel.

Meistens wurden auf den Protokollen

der Referenzlabore kommentarlos eige-

ne Werte ohne Bewertung eingetragen.

Bis zur Einführung des Arbeitsblatts

DWA-A 704 bzw. der IQK-Karte 7 wur-

den die Abweichungen bei den Parallel-

messungen vom Betriebspersonal in

zwei Gruppen klassifiziert:

1. harmlose Abweichungen (auch bei

100 oder 200 % Abweichung) – wo-

bei die Werte des Referenzlabors

trotz Abweichungen unter den

Überwachungswerten der Kläranla-

ge lagen. Den Abweichungen wur-

de keine Beachtung geschenkt, und

meistens wurden sie kommentarlos

akzeptiert.

2. konsequenztragende Abweichun-

gen – Befunde des Referenzlabors

lagen über den Überwachungs-

werten der Kläranlage, Werte des

Eigenlabors jedoch darunter. Solche

Fälle führten meistens, schon we-

gen der finanziellen Folgen (Erhö-

hung der Abwasserabgabe), zur

Auseinandersetzungen, die nicht

selten vor Gericht endeten.

In beiden Fällen führte die Vorgehens-

weise nicht zur Verbesserung der Qua-

lität der Messergebnisse und somit Mi-

nimierung der Abweichungen bei den

Parallelmessungen zum Referenz-

verfahren. Erst das DWA-A 704 hat für

Systematik, Vergleichbarkeit und bes-

sere Darstellung der Ergebnisse der

Parallelmessungen gesorgt. Die IQK-

Karte 7 gehört zu den Vorzeigekarten,

wenn es um die Qualität der Eigen-

messungen des Betriebslabors geht.

Denn die Parallelmessungen zum

Referenzverfahren ermöglichen den

parameterbezogenen Vergleich von Mess-

ergebnissen an realen Proben. Bei der

Durchführung der Parallelmessung

Betriebsmethoden für die Abwasseranalytik

IQK-Karte 7 – Parallelmessungen zum Referenzverfahren

Abb. 1: IQK-Karte 7 aus DWA-A 704

sind folgende Maßnahmen zu empfeh-

len:

� Die Analyse muss aus derselben,

homogenisierten (geteilten) Probe

erfolgen. In der Praxis wird die Pro-

be vom Referenzlabor entnommen

und aufgeteilt.

� Die Probenvorbehandlung (Zeit-

dauer bis zur Analyse, eventuelle

Konservierung, Homogenisierung,

Filtration etc.) sollte mit dem

Referenzlabor abgestimmt werden.

� Die Probe sollte je nach Parameter

mindestens in Doppelbestimmung

und zusätzlich in einer Verdünnung

oder Aufstockung analysiert wer-

den.

� Zur Absicherung und zum späteren

Nachweis sollte ebenfalls eine Mes-

sung von Standards durchgeführt

werden.

Die Untersuchungsbefunde des Be-

triebslabors sowie der behördlichen

Überwachung sind in die IQK-Karte 7

einzutragen. In den Spalten 9 und 10

werden Abweichungen vom Soll-Wert

gerechnet. Als Soll-Wert (100 %) gel-

ten die Befunde des Referenzlabors

(Abbildung 1).

Dank der guten Datenbewertung und

Absicherung der eigenen Ergebnisse

durch andere Qualitätssicherungsmaß-

namen (IQK-Karte 3, 4, 5, Ring-

versuche) ist die Qualität der Selbst-

überwachung so angestiegen, dass eine

gute Vergleichbarkeit der Ergebnisse

der Betriebsmethoden zum Referenz-

verfahren möglich geworden ist.

Bewertung der Ergebnisse

Für die Bewertung der Ergebnisse gibt

es keine einheitlichen Vorgaben, da die

Größe der zulässigen Differenz jeweils

von der absoluten Höhe der Messwer-

te abhängig ist. In der Regel sollte die

Abweichung im mittleren Messbereich

das Qualitätsziel von < 20 % nicht

überschreiten (siehe auch IQK-Karte 2:

Betriebliche Festlegungen). Gerade bei

Messergebnissen im unteren Konzent-

rationsbereich (zum Beispiel NH4-N

< 0,2 mg/l) sind größere prozentuale

Toleranzen möglich. In diesem Fall soll-

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1731KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

ten die zulässigen Abweichungen als absolute Abweichun-

gen in mg/l festgelegt werden.

Kann das Qualitätsziel nicht eingehalten werden, sind nach

DWA-A 704 Eintragungen in die IQK-Karte 11 „Abweichun-

gen und Maßnahmen“ vorzunehmen. Aus Erfahrung als

Begutachterin der Betriebslabore kann ich sagen, dass über-

wiegend eine sehr gute Übereinstimmung der Werte bei den

vom DWA-Landesverband Baden-Württemberg zertifizierten

Betriebslaboren vorliegt.

Als Ursachen für die größeren Differenzen im mittleren

Messbereich werden häufig die unterschiedliche Zeitspan-

ne zwischen Probenahme und Analyse sowie die unterschied-

liche Probenvorbehandlung genannt. Das Laborpersonal der

Kläranlage nimmt aber in vielen Fällen auftretende Abwei-

chungen einfach hin, ohne den möglichen Ursachen nach-

zugehen. In der Karte 11, Spalte Maßnahmen, steht daher

meist wenig Text. Häufiger finde ich den Vermerk:

„Ursache für die Abweichungen unbekannt.“

Selten wird dafür eingetragen:

„Eigene Rückstellprobe nochmals untersucht; mit der Zweit-

untersuchung wurden Erstbefunde bestätigt oder auch nicht.“

Noch seltener als Maßnahme für die Aufklärung der Abwei-

chungen steht:

„Rücksprache mit dem Referenzlabor wurde aufgenommen und

Vorgehensweise für die Zukunft festgelegt.“

Wenn Abweichungen öfters vorliegen, sollten sie nicht kom-

mentarlos hingenommen werden – unabhängig davon, ob

sie zu den harmlosen gehören oder zu Konsequenzen füh-

ren. Empfehlenswert ist es, im Vorfeld eigene Ergebnisse so

gut wie möglich durch Qualitätssicherungsmaßnahmen und

Ergebnisse der Online-Messungen (wenn vorhanden) abzu-

sichern.

Um Klarheit zu schaffen, sollte nach Erhalt der Ergebnisse,

bei Abweichungen (Minder- oder Hochbefunden) die eige-

ne Rückstellprobe, untersucht werden. Das darf nur in dem

Fall geschehen, dass Messergebnisse des Referenzlabors un-

ter den Überwachungswerten der Kläranlage liegen, an-

sonsten kann die Rückstellprobe noch benötigt werden.

Empfehlenswert ist es auch, nach Rücksprache mit dem

Untersuchungslabor, die betrieblichen Befunde dem

Referenzlabor zur Verfügung zu stellen, möglichst direkt am

gleichen Tag oder sobald die Messergebnisse vorliegen. So-

mit kann dann eine schnelle Datenbewertung vom Referenz-

labor vorgenommen werden. Für diese Fälle gibt es eine

Tabelle (DWA-Landesverband Baden-Württemberg, Doku-

mentationsordner der Internen Qualitätskontrolle), die eine

schnelle Weitergabe der Werte an das Referenzlabor per Fax

oder Mail ermöglicht.

Wenn die Abweichungen zeitnah bekannt werden, lassen

sich eventuelle Fehler – wie falsch funktionierende Prüf-

mittel, Verschleppungen durch unsaubere Gefäße – leichter

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Page 14: Informationen für das BetriebsBetriebspersonal von ... · Vorbeugende Instandhaltung elektrischer Anlagen mittels der Thermografie 1739 Blonder Schopf unterm Schweißerhelm 1742

1732 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

ermitteln. Denn in vielen Fällen liegen die Befunde des

Referenzlabors erst nach ein paar Wochen oder sogar Mo-

naten den Kläranlagen vor, so dass sich die Ursachen für

die Abweichungen kaum mehr nachvollziehen lassen.

Aus diesem Grund meine Empfehlung an die Betriebslabore:

Scheuen Sie sich nicht, Kontakt mit den Referenzlabors auf-

zunehmen. Durch die qualitätsgesicherte Eigenkontrolle ist

nachgewiesen, dass die Betriebslabors sehr gute Ergebnisse

liefern können. Sie sind daher ebenbürtige Partner. Die

Referenzlabore verfügen über viel Wissen und Erfahrung

im Bereich der Qualitätskontrolle und sind, wie auch das

Betriebspersonal der Kläranlagen, bestrebt, die Abweichun-

gen bei den Parallelmessungen zu minimieren und den Ur-

sachen auf den Grund zu gehen. Hilfestellung bei der Auf-

klärung der Abweichungen können Ihnen aber auch die

Hersteller der Betriebsmethoden und die DWA-Lehrer für

chemisch ausgebildetes Fachpersonal bieten.

Abschließend möchte ich nochmals betonen, wie wichtig die

Einhaltung der Qualitätsziele für die Anerkennung der Mess-

werte ist. Lassen Sie sich nicht davon abbringen, auch wenn

der Weg zur Aufklärung der Abweichungen nicht immer der

einfachste ist.

Autorin

Dipl.-Ing. Chemie Barbara Cybulski

Mitglied der DWA-Arbeitsgruppe IG-4.3 „Betriebsmethoden

für die Abwasseranalytik“

DWA-Lehrerin für chemisch ausgebildetes Fachpersonal

(BW-EA Nord-Ost)

Eigenbetrieb Stadtentwässerung Pforzheim

Abteilung 4 – Betrieb/Klärwerk

Hohwiesenweg 45

75175 Pforzheim

E-Mail: [email protected]

Die gemeinsamen Interessen beim Gewässerschutz auf

beiden Seiten des Rheins standen im Mittelpunkt des ers-

ten deutsch-französischen Nachbarschaftstags des Betriebs-

personals. Zu diesem hatte der DWA-Landesverband Baden-

Württemberg auf Initiative des Landratsamtes Breisgau-

Hochschwarzwald nach Neuenburg und Chalampé eingela-

den. Dabei ging es um einen Einblick in die Abwasser- und

Klärtechnik sowie um die Arbeit der Aufsichtsbehörden.

Außerdem besichtigten die Teilnehmer die Kläranlage von

Chalampé.

Die badischen und die elsässischen Kläranlagen benutzen

für die Einleitung ihrer gereinigten Abwässer den Rhein als

Gewässer. Beide Seiten sind schon aus diesem Grund an ei-

nem wirksamen Gewässerschutz interessiert. Der hohe Wir-

kungsgrad kommunaler Kläranlagen ist nicht nur ein Er-

gebnis der Investitionen in die Abwassertechnik, sondern

auch das Resultat regelmäßiger Fortbildungsveranstaltungen

für das Betriebspersonal. Deswegen hatte die DWA bereits

vor mehr als 30 Jahren die Kläranlagen-Nachbarschaften

gegründet.

Das Treffen in Neuenburg und Chalampé war die erste grenz-

überschreitende Veranstaltung dieser Art. Im Rahmen die-

ses Treffens erläuterten Arno Schlecht vom Landratsamt

Breisgau-Hochschwarzwald und Georges Walter vom Con-

seil Général Haut Rhin die Arbeit der Aufsichtsbehörden.

Die rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vereinbarten

für 2010 ein zweites deutsch-französisches Kläranlagen-

Nachbarschaftstreffen. Der regelmäßige Erfahrungsaus-

tausch soll zu optimierten Planungs- und Genehmigungs-

verfahren beiderseits des Rheins beitragen. Die Verant-

wortlichen in den Verwaltungen erhoffen sich dadurch

Kosteneinsparungen bei Bau und Unterhalt von Kläran-

lagen.

Auszugsweise aus Oberbadisches Volksblatt,

26. November 2009, Pressemitteilung des Landratsamts

Breisgau-Hochschwarzwald

Thema Abwasser binational betrachtet

Nahezu in allen Grenzgebieten Deutschlands gibt es beim

Thema Gewässerschutz Kontakte mit den Nachbarn. Über die

DWA-Nachbarschaften findet ein reger Erfahrungsaustausch

statt. Wir informieren Sie, liebe Leser, immer wieder gerne

darüber.

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1733KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Die Gemeinde Albertshofen liegt in Unterfranken; sie er-

richtete bereits 1969 eine Stabilisierungsanlage für 7200

EW. Entsprechend den seinerzeitigen Erkenntnissen wurde

ein Stabrechen mit 25 mm Spaltweite eingebaut. Wie wir

jetzt wissen, lässt dieser Rechen viel zu viel Rechengut durch.

Da es keine Vorklärung gibt, gelangen diese Grobstoffe un-

mittelbar in die biologische Stufe. Im Laufe der Jahre erga-

ben sich zwangsläufig immer häufiger Betriebsstörungen.

Ich habe drei Reinigungsaktionen fotografiert und möchte

sie nachfolgend kurz beschreiben.

Im Herbst 1997 bemerkte ich, dass der Notüberlauf am

Mittelbauwerk des Nachklärbeckens ständig lief. Schnell

wurde uns klar, was dies bedeutete. Hier ging es um etwas

Größeres. Um die Ursachen zu ergründen, mussten wir das

Nachklärbecken entleeren. Nach der Entleerung wurde der

Grund für das Überlaufen auch deutlich sichtbar. Sieben der

acht vorhandenen Verteilerrohre (Durchmesser 125 mm)

waren völlig mit Rechengut verstopft (Abbildung 1). Beim

achten Rohr war nur noch eine Handbreit frei.

Ein Wunder, dass überhaupt noch belebter Schlamm ins

Nachklärbecken transportiert wurde. Von einer gleichmä-

ßigen Verteilung konnte sicher schon lange nicht mehr die

Rede sein. Aber das war noch nicht alles. Es fehlten auch

einige der Stützräder des Bodenräumschildes, sie waren

Die Folgen einer ungenügenden Rechengutentfernung

Abb. 1: Verstopfte Verteilerleitungen am Einlauf insNachklärbecken

weggerostet. Das Bodenschild schrammte einfach auf dem

Beckenboden entlang (Abbildung 2). Wir besorgten uns die

Ersatzteile und reparierten den Schaden am Räumschild

selbst. Dadurch fielen nur einige hundert DM für das Mate-

rial an.

Natürlich war uns nach dieser Aktion klar, dass es um das

Belebungsbecken nicht viel besser bestellt sein konnte.

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1734 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Leider begann die Gemeinde in dieser Zeit aber mit um-

fangreichen Baumaßnahmen im Kanalnetz. Wegen der ho-

hen Kosten dafür wurden alle anderen Maßnahmen zurück-

gestellt – leider auch die Sanierung des Belebungsbeckens.

Im Sommer 2002 war allerdings der Sauerstoffeintrag der

Belüfter so drastisch zurückgegangen, dass wir handeln

mussten. Wir konnten diese unangenehme Arbeit nicht mehr

hinausschieben. Nach mehr als 25 Jahren Dauerbetrieb ent-

leerten wir das Belebungsbecken. Wir waren auf einiges

gefasst, doch es war kaum zu glauben, auf welche Mengen

an Rechengut wir stießen! Die Grobstoffe hatten sich um

jeden Belüfter gewickelt. Kein Wunder, dass der Sauerstoff-

eintrag so drastisch zurückgegangen war. Es war schon eine

echte Strafarbeit, das Becken zu reinigen und wieder flott

zu machen (Abbildung 3).

Natürlich beobachteten wir von diesem Zeitpunkt an genau

den Wirkungsgrad der Belüftung. Und tatsächlich stellten

wir bereits nach zwei Jahren wieder einen Rückgang der

Leistung fest. Jetzt waren wir aber schon geübt und nicht

mehr so leicht zu schockieren. Im Herbst 2004 machten wir

uns wieder an die Arbeit und entleerten das Belebungs-

becken. Ich war erstaunt – das Ausmaß war ja unglaublich!

Bereits nach dieser kurzen Zeit hatten sich wieder solche

Massen an Rechengut abgelagert und hingen an den

Belüftern (Abbildung 4). Eine wirtschaftliche Belüftung ist

so natürlich nicht möglich. Wieder begann die Schufterei!

Das Ergebnis war natürlich für uns eine Freude. Jetzt muss-

ten wir nicht mehr die Kompressoren mit Volllast fahren und

erreichten trotzdem eine gute Reinigungsleistung (Abbil-

dung 5). Hier zeigte sich deutlich, wie unzureichend unser

Rechen arbeitete. Es war daher höchste Zeit, zu handeln

und die Ursache dieser Störungen zu beseitigen. Die Ge-

meinde war auch festen Willens, einen Feinrechen einzu-

Abb. 2: Wo sind denn die Stützräder geblieben?

Abb. 3: Wer löst mich hier ab? Abb. 4: Unglaublich solche Massen an Rechengut

bauen. Doch leider zog sich der Entscheidungsprozess in

die Länge, nicht zuletzt wegen der bevorstehenden Kom-

munalwahlen. Es war daher nicht zu umgehen, dass wir

im Herbst 2006 das Belebungsbecken erneut reinigen

mussten und wieder so viel Rechengut vorfanden.

Natürlich habe ich meine Fotodokumentation über die

vier Reinigungsaktionen an einem Nachbarschaftstag den

Kollegen gezeigt. Ich erntete ungläubiges Staunen, denn

niemand hätte vermutet, dass sich solche Mengen in der

Anlage sammeln würden. Natürlich diskutierten wir auch

darüber, warum die Probleme mit dem Rechengut in den

letzten Jahren so stark zugenommen haben. Ich habe

dazu eine Theorie: Das Toilettenpapier alter Machart löst

ucher.indd 1

Page 17: Informationen für das BetriebsBetriebspersonal von ... · Vorbeugende Instandhaltung elektrischer Anlagen mittels der Thermografie 1739 Blonder Schopf unterm Schweißerhelm 1742

KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Abb. 5: Jetzt läuft unsere Anlage mit gutem Wirkungsgrad.

Halberstadt ist die fünftgrößte Stadt Sachsen-Anhalts und

liegt im Nordharz. Bereits seit 1906 wird nachweislich in

Halberstadt Abwasserbehandlung betrieben. Zurückblickend

war es ein Jahrhundert der Veränderung und Entwicklung,

in dem alles getan wurde, um eine rationelle und zuneh-

mend eine umweltfreundliche Abwasserreinigung zu errei-

chen. Der letzte größere Umbau der Kläranlage Halberstadt

(60 000 EW) erfolgte im Jahr 2000. Für mich und meine

Mannschaft auf der Kläranlage heißt das jetzige Ziel: wei-

tere Optimierung der Kläranlage.

Keine Hexerei:

Eine automatischeSchwimmschlamm-Erkennung

sich in Wasser in einzelne Fasern auf. Vor einigen Jahren

kamen reißfestes Toilettenpapier, feuchtes Toilettenpa-

pier und Babypflegetücher auf dem Markt. Diese Dinge

werden immer häufiger benutzt und lösen sich selbst nach

Tagen nicht im Wasser auf. Dadurch steigt die Häufig-

keit der Störungen, vor allem auch die Gefahr von Pum-

penverstopfungen.

Gerne möchte ich deshalb diese Erfahrungen einem grö-

ßeren Personenkreis zugänglich machen, mit der Bot-

schaft: Achte immer auf eine wirkungsvolle Rechenan-

lage. Was im Zulauf – möglichst vor dem Zulaufpump-

werk – an Grobstoffen entfernt wird, erspart mir im Be-

trieb langfristig großen Ärger.

Autor

Hermann Uhl

Obmann der Nachbarschaft Kitzingen/West

Hindenburgstraße 2

97320 Albertshofen

Tel. ++49 (0)93 21/3 68 57

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RZ_N-Pumpe_113x297_KA.indd 1 06.04.2009 10:35:08 UhrRZ_N-Pumpe_104x297_wlb.indd 1 07.04.2009 14:44:48 Uhr

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1736 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Abb. 1: Die eingebauten Sensoren

Abb. 2: Das Herzstück – der Steuerungskasten

Abb. 3: Verbindungen über Rohrkupplungen oderSchlauchsegmente

Während einer Veranstaltung der Kläranlagen-Nachbarschaft

1 „Oschersleben“ erhielt das Technische Büro Holger Pinta

aus Drübeck die Gelegenheit, sein Know-how vorzustellen.

Auf besonderes Interesse stieß bei uns die Idee einer auto-

matischen Schwimmschlamm-Erkennung.

Auf unserer Kläranlage wurde bisher die Schwimmschlamm-

räumung in den zwei runden Nachklärbecken jeweils mit-

hilfe einer höhenverstellbaren Schwimmschlammrinne so-

wie einer Zeit- und Füllstandsregelung durchgeführt. Der

Nachteil dabei war, dass der Schwimmschlamm mit einem

sehr hohen Wasseranteil in die Schlammeindickung gefah-

ren werden musste.

Das Prinzip der Schwimmschlamm-Erkennung erläuterte uns

das Büro wie folgt:

Durch zwei Sensoren wird in der Schwimmschlamm-Druck-

leitung die Trübung nach dem Einschalten der Schwimm-

schlammpumpe erfasst. In einer speziell für diesen Einsatz-

bereich entwickelten Steuerung werden die Signale der

Sensoren so ausgewertet, dass kein unnötiges Pumpen von

Klarwasser erfolgt. Es entstehen aber auch keine Pausen,

wenn noch Schwimmschlamm vorhanden ist.

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1737KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Derzeitige Energiekosten 12,2 Ct/kWh

für zwei Nachklärbecken

Schwimmschlammpumpen 3,00 kW

Nennleistung der Antriebe 1,48 kW

der Räumeinrichtungen

Summe 4,48 kW

Vergleichszeitraum Laufzeit alt 8,0 h/d

Beginn

15.10.2007 Laufzeit neu mit ASE 1,0 h/d

Vergleichszeitraum Ende Summe Laufzeit alt 2920,0 h/a

18.03.2008 Summe Laufzeit neu 365,0 h/a

Laufzeitdifferenz = 2555,0 h/a (88 %)

Energiekosten der alt (ohne ASE) 1595,96 €

Schwimmschlamm- mit der ASE 199,49 €

Räumung pro Jahr Differenz 1396,46 €

Investitionskosten der ASE komplett (netto) 3260,00 €

Amortisationszeitraum 28 Monate

Tabelle 1: Energiekostenvergleich für die Automatische Schwimmschlamm-Erkennung (ASE) auf der Kläranlage Halberstadt (Wartungs- und Reparaturkostensowie Energiekosten von Folgeaggregaten sind nicht berücksichtigt)

Aufbau

Sensor-Einbaustück

Die beiden Edelstahl-Sensoren sind im

Einbaustück gegenüberliegend einge-

schraubt (Abbildung 1). Die Enden des

Einbaustücks haben den jeweiligen

Rohrdurchmesser der Druckleitung vor

Ort. Somit kann eine Nachrüstung pro-

blemlos über zwei mitgelieferte Rohr-

kupplungen in eine vorhandene (verti-

kale) Schwimmschlamm-Druckleitung

erfolgen. Die Kabelanschlüsse zu den

Edelstahl-Sensoren (IP68) haben leicht

demontierbare Schraubstecker. Die Sen-

soren sind sehr schmutzempfindlich und

werden durch die Einbauart und die

Steuerungsweise regelmäßig gereinigt.

Steuerung

Die Bedienung, Absicherung und Steu-

erung erfolgt über einen komplett be-

triebsfertig verdrahteten Kunststoff-

kasten mit Hand-O-Automatik Wahl-

schalter sowie farbige Kontrollleuchten

(Abbildungen 2 und 3). Sie signalisie-

ren den jeweiligen Trübungszustand

und geben ein optisches Signal bei dau-

erhafter Verschmutzung der Sensoren.

Über ein SPS-Modul (mit Display) er-

folgen die Einstellungen wichtiger

Betriebspunkte sowie die Steuerung

des kompletten Räumsystems in Abhän-

gigkeit vom Aufkommen des Schwimm-

schlamms. Das Standardprogramm

kann für jede Anlage modifiziert wer-

den, um den speziellen Bedingungen

hinsichtlich Schwimmschlammräum-

system und Trübungsverlauf zu ent-

sprechen. Dabei werden Zwangsräu-

mungen (Paddelwerk, Förderschnecken

o. ä.) und Schwimmerschaltungen der

Schwimmschlammpumpen mit ein-

bezogen.

Das klang alles sehr überzeugend. Das

Konzept stieß deshalb bei uns auf gro-

ßes Interesse, so dass wir einen Versuch

wagen wollten. Im November 2007 rüs-

teten wir eines der beiden Nachklär-

becken mit der automatischen

Schwimmschlammerkennung aus. Der

Erfolg war unglaublich schnell zu er-

kennen. Bereits nach vier Wochen

konnten wir eine deutliche Reduzie-

rung der Pumpenzeiten der Schwimm-

schlammberäumung gegenüber der bis-

herigen Beräumung feststellen. Eine

Nachrüstung am zweiten Nachklär-

becken erfolgte dann zügig im Februar

2008. Letztendlich bringt uns der Um-

bau an den Nachklärbecken eine

Laufzeitenreduzierung der Pumpen

und Paddelwerke von 88 % und damit

eine jährliche Energiekostenersparnis

in Höhe von ca. 1400 € (Tabelle 1).

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1738 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Dank der guten Zusammenarbeit mit

dem Ingenieurbüro war für uns die

Umrüstung und Handhabung der

neuen Steuerung überhaupt kein Pro-

blem. Wir können das Know-how

bestens empfehlen.

Am 9. April 2010 feierte der unermüd-

liche Pionier der Kläranlagen-Nach-

barschaften, unser Dipl.-Ing. (FH)

Manfred Fischer, seinen 70. Geburtstag.

Dieses besondere Jubiläum ist für alle,

denen die Kanal- und Kläranlagen-

Nachbarschaften ein großes Anliegen

sind, Anlass, dem Jubilar recht herzlich

zu gratulieren.

Der nunmehr in Gauting bei München

lebende Manfred Fischer wurde am 9.

April 1940 in Ansbach (Mittelfranken)

geboren. Nach seiner Ausbildung zum

Maurer studierte er in München städ-

tischen Ingenieurbau und arbeitete

sodann als Bauleiter. 1967 trat er sei-

nen Dienst beim Bayerischen Landes-

amt für Wasserwirtschaft an, wo er 38

Jahre lang bis zu seiner Pensionierung

2005 im Bereich des Gewässerschutzes

tätig war.

Die Entwicklung der kommunalen

„Nachbarschaftshilfe“ Kläranlagen-

Nachbarschaften hat er wesentlich be-

einflusst. Heute stellen die Kläranla-

gen-Nachbarschaften die größte Teil-

nehmergruppe in der DWA dar – eine

unverzichtbare Einrichtung zur ständi-

gen Fortbildung des Betriebspersonals

von Kläranlagen, mit ein Verdienst von

Manfred Fischer!

Seit der Gründung der Kläranlagen-

Nachbarschaften in Bayern im Jahre

1973 war Manfred Fischer viele Jahre

als Lehrer tätig. 1981 wurde er stell-

vertretender Leiter, von 1987 bis 2005

war er deren Leiter. 1995 wurde er zum

Sprecher der heutigen DWA-Arbeits-

gruppe „Kläranlagen-Nachbarschaften“

berufen. Diese Funktion hatte er – wie

die Obmannstätigkeit im DWA-Fachaus-

schuss „Nachbarschaften“ – bis zum

Eintritt in seinen beruflichen Ruhe-

stand im Jahr 2005 inne.

Manfred Fischer zum 70. Geburtstag

Dem Betriebspersonal von Abwasseran-

lagen immer noch verbunden fungiert

er heute als Schriftleiter der KA-Be-

triebs-Info, immer dem Motto „Aus der

Praxis, für die Praxis“ verpflichtet. Bei

jedem Lehrer-/Obmanntag hält er Aus-

schau nach interessanten Beiträgen für

unser Blatt!

In der betrieblichen Praxis sind seine

Fachbücher eine wesentliche Hilfe für das

Betriebspersonal, beispielsweise das in

mehrere Sprachen (französisch, polnisch,

russisch, rumänisch und chinesisch)

übersetzte Klärwärter-Taschenbuch (vor

kurzem erschien die 16. völlig neu bear-

beitete Auflage). Auch seine engagierte

Mitarbeit bei der Erstellung von DWA-

Arbeits- und Merkblättern für die betrieb-

liche Praxis und deren Umsetzung sowie

in DIN-Ausschüssen sollen hier genannt

werden (Betriebsmethoden für die Ab-

wasseranalytik, Fremdwasser, Durch-

flussmessung von Abwasser etc.). Mit

humoristischen Büchern zur Abwasser-

technik, etwa Wasserwirtschaft mit

Humor oder Manfred Fischer’s Klärungs-

bedarf, hat er zudem Interpretationshil-

fen für schwierige Themen gegeben.

Manfred Fischer, ein unermüdlicher

Gewässerschützer, erhielt bereits 1986

die goldene Ehrennadel der ATV und

2006 als einer der Ersten aus dem Be-

reich des Anlagenbetriebs die höchste

Auszeichnung, die die DWA ihren Mit-

gliedern verleiht: die Ehrenmitglied-

schaft.

Anlässlich seines 70. Geburtstages dan-

ken wir für das jahrzehntelange ehren-

amtliche Engagement, wünschen weiter-

hin eine gute Gesundheit und noch viele

Lebensjahre im Kreise seiner Familie und

hoffen, dass er auch weiterhin für das

Betriebspersonal tätig ist.

Dipl.-Ing. Gerhard Spatzierer

(Eisenstadt/Österreich)

Sprecher der DWA-Arbeitsgruppe

BIZ-1.1 „Kläranlagen-Nachbarschaften“

Autor

Udo Fuhrmeister

Betriebsleiter Technik Abwasser

Kläranlage Halberstadt

Tel: ++49 (39 41)579-385

E-Mail:

[email protected]

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1739KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Die Stadt Detmold liegt in Nordrhein-Westfalen am Nord-

ost-Rand des Teutoburger Waldes. Die Detmolder Abwasser

GmbH betreibt eine Kläranlage, die in den Jahren 1995 bis

2005 schrittweise modernisiert und ausgebaut wurde. Bei

einem Trockenwetterzufluss von 1500 m³/h und einem

Regenwetterzufluss von 2800 m³/h beträgt die rechnerische

Belastung ca. 115 000 EW (bezogen auf 60 mg BSB5/

(EW × d). Der schrittweise Aus- und Umbau der Kläranlage

führte dazu, dass in den einzelnen Anlagenschwerpunkten

immer größere und komplexere Elektroschaltanlagen instal-

liert wurden. Neben der allgemeinen Wartungen der Schalt-

anlagen müssen diese im Rahmen der Anforderungen der

BGV A3 (Unfallverhütungsvorschrift „Elektrische Anlagen und

Betriebsmittel“) regelmäßig geprüft werden. Zu den Elektro-

schaltanlagen auf der Kläranlage kommen auch noch über

30 abwassertechnische Einrichtungen (Pumpwerke, Regen-

rückhaltebecken etc.) hinzu, die sich über das gesamte Stadt-

gebiet verteilen. Der Umfang der erforderlichen Wartungs-

und Prüfarbeiten hat dadurch stark zugenommen. Da zu

diesen allgemeinen Arbeiten auch noch der Störungsdienst

und kleinere Maßnahmen wie Umbau- und Anpassungs-

arbeiten hinzukommen, hat der arbeitstägliche Umfang eine

Größenordnung erreicht, die nur bewältigt werden kann,

wenn kein Elektriker durch Krankheit oder anderes aus-

fällt.

In der Vergangenheit kam es immer häufiger vor, dass wir

mit der Störungsbeseitigung und den Umbau- und An-

passungsarbeiten mehr als ausgelastet waren und viel zu

wenig Zeit für die Sicherheitsprüfungen nach BGV A3 hat-

ten. Diese Situation war unbefriedigend, sodass ich mir

Gedanken darüber machte, welche innerbetrieblichen oder

außerbetrieblichen Verbesserungen es gibt, um allen Anfor-

derungen gerecht zu werden.

Die Klärung folgender Fragen stand hier zunächst im Vor-

dergrund:

Gibt es unter den Kollegen der Ver- und Entsorger jeman-

den, der allgemeine Elektroaufgaben übernehmen kann?

Und wenn ja, welche Arbeiten könnten das sein? Welche

externe Unterstützung bietet sich an?

Sollte man sich der Mitarbeit von Leiharbeitern bedienen?

Doch schnell wurde mir bei dieser Frage klar, dass aufgrund

der fehlenden Anlagenkenntnisse ein solcher Mitarbeiter für

die Störungsbeseitigung oder Umbauarbeiten nicht geeig-

net ist. Ich würde dadurch keine Zeit gewinnen, um mich

um die Sicherheitsprüfungen der elektrischen Anlagen küm-

mern zu können. Meine Überlegungen gingen nun in die

Richtung, die Prüfung der elektrischen Anlagen extern zu

vergeben.

Also habe ich mich nun mit diesem Themenkomplex inten-

siver auseinandergesetzt und verschiedene Vorgehensweisen

vom Grundsatz her betrachtet. Nachdem ich mir im Internet

einen ersten Überblick über verschiedene Dienstleistungen

verschafft hatte, schienen mir zwei Wege als sinnvoll: zum

einen die allgemeine Prüfung der elektrischen Anlagen durch

einen Sachverständigen und zum anderen die Thermogra-

fie elektrischer Anlagen durch einen sachverständigen

Elektrothermografen. Die allgemeine Prüfung der elektri-

schen Anlagen beinhaltet im Schwerpunkt die Begehung der

Anlage, Sichtkontrolle, messtechnische Prüfungen (Schutz-

maßnahmen, Isolation) und Temperaturmessungen jeweils

als Stichprobe sowie einen Prüf- und Abschlussbericht. Bei

der Thermografie der elektrischen Anlagen findet ebenfalls

eine Begehung einschließlich Sichtkontrolle statt. Des Wei-

teren werden die elektrischen Anlagen unter Betriebs-

bedingungen (also unter Last) mit einer Infrarotkamera sys-

Vorbeugende Instandhaltung elektrischer Anlagen mittels derThermografie

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1740 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

tematisch gescannt und nach Temperaturauffälligkeiten

gesucht. Auch zu dieser Prüfmethode gehört ein Prüf- und

Abschlussbericht.

Nachdem ich mir Angebote über die unterschiedlichen

Dienstleistungen eingeholt hatte, besprach ich meine Er-

kenntnisse mit unserer Klärwerksleitung. In diesem Ge-

spräch wurde zum einen die Arbeitssituation, wie anstehen-

de Aufgaben und deren Zeitaufwand besprochen. Zum an-

deren waren die gesetzlich notwendigen Prüfungsarbeiten

der elektrischen Anlagen ein Thema. Je tiefer wir in diese

Problematik einstiegen, umso deutlicher wurde, wie groß

der akute Handlungsbedarf war. Meine Einschätzung bezüg-

lich des Einsatzes von Leiharbeitern wurde von der Klär-

werksleitung geteilt. Schließlich bestand Übereinstimmung,

mit potenziellen Anbietern dieser Dienstleistungen ein Ge-

spräch auf der Kläranlage zu führen.

Zur Vorbereitung dieser Gespräche hatte ich mich mit der

Thermografie elektrischer Anlagen genauer befasst, weil mir

diese Prüfmethode neu war. Schnell wurde mir klar, dass

die Prüfmethode, besonders im Bereich der vorbeugenden

Instandhaltung und damit der Störungsfrüherkennung, ei-

nen deutlichen Vorteil bietet. Deutlich wurde aber auch, dass

es im Bereich der Thermografie elektrischer Anlagen sehr

große Ausbildungs- und Zertifizierungsunterschiede der ein-

zelnen Thermografen gibt. Ein Bautechniker, der die Ther-

mografie beherrscht, ist mit Sicherheit nicht der Elektro-

fachmann, der die elektrischen Anlagen richtig beurteilen

kann.

Nach Sichtung diverser Firmen entschieden wir uns für die

Firma BL Automation. Mit Herbert Bäumer besaß diese Fir-

ma einen zertifizierten Thermographen nach VdS 2859. Er

erläuterte uns die Voraussetzungen und Bedingungen für

den Einsatz der Thermografie und unterbreitete uns ein

qualifiziertes Angebot. Gemeinsam wurden die zu untersu-

chenden Schaltanlagen besichtigt. Da die Thermografie die

Oberflächentemperaturen erfasst, wurden die Geräte- und

Schienenabdeckungen benannt, die zur Messung entfernt

werden müssen. Auch die Frage, wie die zahlreichen

Reserveaggregate in die Prüfung mit einbezogen werden

können, wurde gemeinsam mit Herbert Bäumer, unseren

Elektrofachkräften Löscher, Martin Grießhammer und mit

mir besprochen. Aus Sicht der Betriebsführung gab es keine

Einwände, während der Prüfung vom Hauptaggregat auf das

Reserveaggregat umzuschalten bzw. bei den Frequenzum-

formerabgängen auf die Bypass-Schaltung umzuschalten. Im

Bereich des Regenfangbeckens bestand die Möglichkeit, das

Becken zur Prüfung teilweise zu füllen, um alle Aggregate

(Pumpen, Rührwerke, Wirbeljets) dann zu betreiben.

Natürlich hat mich auch der Einsatz der Infrarotkamera in-

teressiert. Es wurden einige Probemessungen gemacht, die

beeindruckende Infrarotbilder lieferten. Die Vorführung der

Infrarotmessungen hat auch deutlich gemacht, dass es eine

große Anzahl von Faktoren gibt, die bei der Durchführung

einer korrekten Messung zu beachten sind. Der Emissions-

grad der zu prüfenden Materialien, die reflektierte Wärme-

strahlung der zu prüfenden Geräte, die Raumtemperatur und

Luftfeuchtigkeit sind nur einige der wichtigen Parameter,

die, wenn sie falsch beurteilt werden, keine verwertbaren

Messergebnisse liefern. Aber auch die gerätetechnischen

Eigenschaften haben einen entscheidenden Einfluss auf die

Qualität der Infrarotaufnahmen (der Experte spricht hier

von Thermogrammen). Besonders die Auflösung der ein-

zelnen Thermogramme und die Auswahl des Objektivs sind

hier zu nennen. Die Auflösung der Thermogramme (in un-

serem Fall rund 80 000 Bildpunkte) bedeutet zum einen,

dass jedem Pixel ein eigener Temperaturdetektor in der

Kamera zugeordnet ist, und zum anderen, dass von den

geometrischen Eigenschaften des Objektivs und dem Abstand

zum Messobjekt die Messfleckgröße beeinflusst wird. Unter

der Messfleckgröße ist die Fläche zu verstehen, von der der

einzelne Temperaturdetektor die Wärmestrahlung erfasst.

Abb. 1 und 2: Infrarotbilder von erhitzten Stellen an Abgängenvon elektrischen Bauteilen

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1741KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Ist der Messfleck aufgrund von unzureichend aufeinander

abgestimmter Geräteeigenschaften und Einstellungen grö-

ßer als das Messobjekt, ist die Messung falsch, und die auf-

genommenen Thermogramme sind zur Beurteilung un-

brauchbar. Um aber eine fachliche Bewertung der Thermo-

gramme vornehmen zu können, ist es neben der richtigen

Durchführung der eigentlichen Thermografie wichtig, dass

die Messergebnisse der einzelnen Stromschienen, Schütze,

sonstiger Bauteile und Verdrahtung auf der Grundlage der

gültigen Normen (DIN, VDE usw.) und der aktuellen Strom-

belastung fachlich beurteilt werden (Abbildungen 1 und 2).

Nach der professionellen Vorführung der Thermografie wur-

de der Auftrag zur Überprüfung der elektrischen Anlagen

erteilt. Die zur Durchführung der Thermografie notwendi-

gen Vorarbeiten haben wir in Abstimmung mit dem Ther-

mografen zum Untersuchungstermin vorbereitet.

Systematisch wurden nun alle Schaltanlagen mit der

Infrarotkamera untersucht (Abbildung 3). Bei thermischen

Auffälligkeiten wurden entsprechende Aufnahmen (Ther-

mogramm und Normalbild) erstellt. Zusätzlich wurde die

Stromkreisbelastung gemessen. Nachdem alle Schaltanla-

gen überprüft worden waren, wurden im Rahmen einer

Besprechung die Auffälligkeiten im Detail besprochen. We-

nige Tage nach der Durchführung der Thermografie lag der

Abschlussbericht vor. Neben dem eigentlichen Bericht wur-

den uns auf einem Datenträger sämtliche Aufnahmen und

Kopien des Berichts übergeben.

Zahlreiche thermische Auffälligkeiten wurden aufgedeckt.

Mal war es mit dem Nachziehen einer Klemmstelle getan.

Aber in anderen Fällen war der Austausch defekter Bau-

teile erforderlich. Neben diesen Fehlern wurden auch Aus-

führungsmängel der Schaltanlagenbauer aufgedeckt. So

wurden NH-Sicherungstrenner lokalisiert, an deren Ab-

gangsklemmen Einzeladern mit unterschiedlichen Leitungs-

querschnitten angeschlossen waren und der Kurzschluss-

schutz für die Leitungen mit dem kleineren Querschnitt nicht

eingehalten worden ist (Abbildung 4).

Nach der Durchführung der Thermografie der elektrischen

Anlagen ziehe ich eine positive Bilanz. Es wurden Fehler

gefunden, die wir mit unseren normalen Prüfmethoden nicht

Abb. 3: Thermographie eines Schaltschranks in derNiederspannung

Abb. 4: Begutachtung der Aufnahmen und Protokolle

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1742 KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

oder nur zufällig gefunden hätten. Weiterhin wurden Fehler

gefunden, die sich in einem recht frühen Stadium ihrer Ent-

wicklung befunden hatten. Diese konnten wir nun gezielt

reparieren. Die gefundenen Fehler werden mit Sicherheit

nicht mehr den Bereitschaftsdienst behelligen. Ein kleiner

Teil der gefundenen Fehler war als gefährlich einzustufen,

Fehler also, die in kürzerer Zeit größere Anlagenausfälle oder

Schäden hätten verursachen können. Gerade diese Fehler

machen deutlich, wie wichtig eine regelmäßige Kontrolle und

Überprüfung der Schaltanlagen ist. Bei unserer weitläufi-

gen Anlagenstruktur ist es besonders wichtig, alle Anlagen

turnusmäßig zu kontrollieren. Hier hat mich die Thermo-

grafie auch als Prüfmethode im Rahmen der vorbeugenden

Instandhaltung überzeugt.

Wenn man den zeitlichen und finanziellen Aufwand für die

Durchführung der Thermografie in Relation zur Verbesse-

rung der Anlagensicherheit setzt, dann ist dieser Aufwand

gerechtfertigt. Letztlich ist es die eigene und die Sicherheit

der Kollegen, die entscheidend verbessert worden ist. Die

Geschäftsführung hat aufgrund der erfolgreichen Durchfüh-

rung der Thermografie die regelmäßige Durchführung die-

ser Untersuchungen freigegeben. Dies vorausgesetzt, ver-

handeln wir auch mit den Sachversicherern über die Mög-

lichkeiten, Prämien einzusparen.

Im Jahr 2009 ist die neue DIN 54191 Zerstörungsfreie Prü-

fung – Thermografische Prüfung elektrischer Anlagen erschie-

nen. Mit der Veröffentlichung dieser Norm wird die Ther-

mografie elektrischer Anlagen zu einer technisch verbindli-

chen Vorschrift, die es zu beachten gilt.

Autoren

Abwassermeister Jens Behlen

Betriebselektriker Martin Grießhammer

Sachverständiger Thermograf Herbert Bäumer,

BL Automation GbR

Detmolder Abwasser GmbH

Kläranlage Detmold

Wittekindstrasse 22

32758 Detmold

E-Mail: [email protected]

Annika Zimmermann setzt den klobigen Helm auf ihre blon-

de Mähne und zieht dicke Handschuhe über ihre schmalen

Finger. Sie klappt das Visier herunter, das ihr Gesicht bis

unter das Kinn schützt, und nimmt den Griff des Schweiß-

geräts in beide Hände (Abbildung 1). Dirk Labuch vom azv

Südholstein macht der 13-jährigen Schülerin Mut. Annika

drückt den Griff, und die Flamme faucht blau aus der Spit-

ze. Schnell wird sie sicherer im Umgang mit dem Werkzeug

und bearbeitet ein Dreieck aus Metall, um daraus ein Wür-

felspiel herzustellen.

Annika aus Heist ist eins von zwölf Mädchen aus siebten

und achten Klassen, die beim Girl’s Day im größten Klärwerk

Schleswig-Holsteins in Hetlingen an der Elbe „Männerberufe“

kennenlernten. Die drei Auszubildenden Anne Reimann,

Blonder Schopf unterm SchweißerhelmZwölf begeisterte Mädchen beim Girl’s Day im Klärwerk Hetlingen

Abb. 1: Vorbereitung für das Schweißen

Doundar Ferchat und Mirco Berlinski nahmen sie in drei

Gruppen mit in die Werkstätten und Labors, beantworteten

viele Fragen der fast Gleichaltrigen und machten neugierig

auf die Arbeit im Klärwerk. Auf dem Programm standen die

Berufe Industriemechaniker, Fachkraft für Abwassertechnik

und Elektroniker für Betriebstechnik.

„Sie müssen etwas machen“, das ist für Lutz Altenwerth

wichtig, den Vorstand des Klärwerk-Betreibers azv Südhol-

stein. Und das taten die Mädchen zwischen 12 und 14: Zünf-

tig in Blaumänner gehüllt, absolvierten sie verschiedene

Stationen. Unter der Anleitung von Auszubildenden, Mitar-

beitern und Ausbildern schweißten die Mädchen, löteten in

der Elektrowerkstatt, zogen Wasserproben und analysier-

ten sie anschließend im Labor (Abbildungen 2 und 3).

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1743KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Ein volles Programm, das bei den Teilnehmerinnen ankam:

„Ich finde es beim azv Südholstein sehr interessant, weil

man in verschiedene Berufe reinschnuppern und auch selbst

etwas ausprobieren kann“, befand Friedericke Kantzenbach

aus Hamburg. Das hat sich anscheinend in den Schulen der

Umgebung herumgesprochen, denn die Plätze für den fünf-

ten Girls’ Day im Klärwerk waren schnell ausgebucht.

Der azv Südholstein wirbt mit seiner Teilnahme am Girls’

Day um qualifizierten Nachwuchs. „Einen Tag im Blaumann

in der Kläranlage ,arbeiten’ zeigt den Schülerinnen neue

und attraktive Berufsperspektiven auf“, betont Lutz

Altenwerth. Für den azv Südholstein ist der Girls’ Day ein

wichtiger Baustein, um auch künftig seine Aufgaben in der

Daseinsvorsorge zu erfüllen. Gleichzeitig will das Kom-

munalunternehmen den Jugendlichen naturwissenschaftli-

che Fragestellungen in Alltag, Gesellschaft und Berufsleben

nahebringen. Außerdem vermittelt der azv erste Kontakte mit

der Berufswelt, unterstützt in der Berufswahl und hilft den

Schülerinnen, sich auf das Leben nach der Schule vorzube-

reiten.

Außer den Einblicken in die Arbeitswelt und den Erfahrun-

gen aus persönlichen Kontakten nehmen die Mädchen nach

ihrem ersten „Arbeitstag“ mit nach Hause, was sie selbst

Abb. 2: Isabell konzentriert sich auf ihre ersten Lötübungen.

Abb. 3: Friedericke untersucht im Labor eine Abwasserprobe.

hergestellt haben. Das kann sich sehen lassen: ein Würfel-

spiel aus VA-Stahl aus der Metallwerkstatt, ein Mini-Rou-

lette aus der Elektrowerkstatt und ein selbst geschossenes

Foto mit Mikroorganismen.

Autorin

Ute Hagmaier

Referentin Umwelt und Bildung

Abwasser-Zweckverband Südholstein

25491 Hetlingen

E-Mail: [email protected]

Abb. 4: Die Mädchen staunen nicht schlecht, wie sauber dasWasser geworden ist. Nun wird es in die Elbe eingeleitet.

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Großalarm auf der Kläranlage

Auf der Kläranlage der Stadt Schwabach bahnt sich eine

Katastrophe an. Höchste Explosionsgefahr! Zwei Speicher-

behälter mit einem Fassungsvolumen von je 1000 m³, ein

weiterer Gasbehälter mit einem Volumen von 500 m³ und

zwei Faulbehälter mit je 2000 m³ drohen zu explodieren.

Aus einem der Gasspeicherbehälter mit einem Volumen von

1000 m³ kommt eine 10 m hohe Stichflamme heraus. Die

anderen angrenzenden Gasspeicher, Faulbehälter, Ma-

schinenhallen und Betriebsgebäude drohen in die Luft zu

fliegen. In allen Gebäuden sind gasführende Leitungen ver-

legt. Hinzu kommt noch, dass ein Mitarbeiter vermisst wird.

Er hatte zuletzt Arbeiten an einer Gasleitung durchge-

führt.

Eine Horrorvorstellung – doch Gott sei Dank nur eine Ins-

zenierung! Aber so oder so ähnlich könnte tatsächlich ein

Unglück passieren. Klar gibt es Sicherheitseinrichtungen;

aber niemand kann sagen, wie lange sie solch einer Hitze-

entwicklung standhalten. Grund genug für die städtische

Kläranlage, zusammen mit der Feuerwehr ein derartiges

Szenario durchzuspielen. Gemeinsam wird auf der Anlage

eine Großübung durchgeführt (Abbildung 1). Nur so kön-

nen sich die Einsatzkräfte mit dem Betriebspersonal auf sol-

che Situationen vorbereiten. Denn die Voraussetzungen sind

alles andere als einfach und ohne Übung kaum zu meistern.

Die Einsatzleitung der Feuerwehr muss genauestens über-

legen, was als erstes zu tun ist. Das beginnt bereits bei der

Beschaffung des Löschwassers, denn die Kläranlage verfügt

nur über eine eigene Brauchwasserversorgung. Das heißt,

es gibt nur einen einzigen Hydranten, der mit Stadtwasser

versorgt wird. Die restlichen Hydranten in der Kläranlage

sind als Ringsystem angelegt, das über eine Brauchwasser-

anlage mit Brunnenwasser gespeist wird. Für die Feuerwehr

bedeutet das, dass sie ihre Löschwasserversorgung darüber

nicht aufbauen kann, denn schon nach kürzester Zeit wür-

de nicht mehr genügend Wasser zur Verfügung stehen. Des-

halb muss die Feuerwehr ihre Versorgung vom nahe gelege-

nen Gewässer, der Rednitz, her aufbauen. Viele Feuerwehr-

schläuche sind nötig, um das Flusswasser zum Brandherd

zu bringen.

Nach dem Aufbau der Wasserversorgung wird das Feuer ge-

löscht, die anderen Tanks gekühlt und angrenzende Gebäu-

de vom Überspringen des Feuers geschützt. Erst danach

dürfen die Schweratemschutzträger nach der vermissten

Person suchen. Ein anderer Trupp, mit hitzebeständigen

Anzügen ausgerüstet, muss versuchen, die Gasversorgung

zu kappen. Hierfür gibt es Anweisungen durch Kläranlagen-

personal, welche Schieber geschlossen werden müssen.

Bereits während der Übung werden problematische Fragen

zwischen der Leitung der Feuerwehr und der Kläranlage

angesprochen, um für den Ernstfall gewappnet zu sein.

Diese spezielle Übung war in erster Linie nicht so sehr für

das Kläranlagenpersonal bestimmt, sondern für die Feuer-

wehr. Die Feuerwehrfrauen und -männer sollten sich mit

den Gegebenheiten der Kläranlage vertraut machen. Sie

sollten erfahren, welche Probleme auftreten können, wennAbb. 1: Die Feuerwehrleute bereiten sich für den Einsatz vor.

Stellenanzeigen

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1745KA-Betriebs-Info 20102010201020102010 (40) Nr. 2

Arbeitsblatt DWA-A 716-1 (Entwurf)

Öl- und Chemikalienbindemittel – Anforderungen / Prüfkriterien / Zulassung

Teil 1: Allgemeine Anforderungen

in Zusammenarbeit mit dem Technischen Hilfswerk (THW)

März 2010, 12 Seiten, DIN A4, ISBN 978-3-941897-06-9 21,00*)

ZKS-Fachbuch

Inspektion, Zustandsbeurteilung sowie Kanalsanierung aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht

Andreas Benstem, Volker Hülshorst, Martin Keding, Michael Schmitt-Schönenberg, Martin Wolf

2010, 184 Seiten, 65 Bilder, 12 Tabellen, DIN A4, ISBN 978-3-940173-40-9 68,00*)

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zum Beispiel keine Hydranten mit ausreichendem Wasser-

anfall zur Verfügung stehen. Hier muss die Feuerwehr erst

einmal eine eigene Wasserhaltung aufbauen. Welche Kata-

strophen können auftreten, wie zum Beispiel die Gefahr eine

Explosion? Durch die hohe Explosionsgefahr ist hier an ers-

ter Stelle das Feuer unter Kontrolle zu bringen, bevor man

die Menschenrettung wagen kann. Auch die Anfahrt muss

organisiert werden, denn es führt nur ein schmaler Weg zur

Kläranlage. Zu viele Autos würden die Zufahrt versperren.

Also gilt es, die Zahl der Fahrzeuge auf das nötigste Maß zu

beschränken. Zu leicht wird vergessen, dass auch für den

Notarzt ein Weg zum Verletzten offen bleiben muss (Abbil-

dung 2).

Wir führen auf der Kläranlage alle zwei bis drei Jahre eine

Großübung durch, immer mit anderen Schwerpunkten.

Teilweise sind unsere Mitarbeiter stark eingebunden und in

anderen Fällen, wie dieses Mal, weniger. Ein wichtiger Punkt

ist der Alarmplan der Kläranlage. Diese Unterlagen werden

immer zu Rate gezogen. Dabei wird aber auch überprüft,

ob die Anweisungen noch auf dem neuesten Stand sind. Oft

gibt es Anregungen für Verbesserungen. Auch Lücken in der

Alarmkette werden entdeckt und abgestellt.

Ich rate jedem Kläranlagenleiter, sich mit seiner Feuerwehr

in Verbindung zu setzen und solche Übungen durchzufüh-

ren. Natürlich weiß ich auch, dass es immer wieder Proble-

me gibt, weil die Feuerwehren oft ihre Übungen nur sonntags

durchführen. Somit ist es schwer, das Betriebspersonal der

Kläranlage mit den Mitarbeitern der Feuerwehr in Einklang

zu bringen. Aber ich bin der Meinung, dass es immer einen

Weg gibt, beide Trupps in ein Boot zu bringen, und wenn es

nur alle drei Jahre ist.

Ich möchte einen herzlichen Dank der Freiwilligen Feuer-

wehr Schwabach aussprechen, dass sie immer wieder Übun-

gen auf der Kläranlage durchführt. Denn dies kann uns al-

len einmal zu Gute kommen.

Autorin

Michaela Jilg

Leiterin des Städtischen Klärwerks Schwabach

Lehrerin der Kläranlagen-Nachbarschaften in Bayern

Tel. ++49 (0) 91 22/7 60 16

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DWA-Publikationen

Titel Euro

Abb. 2: Hoffentlich ist der Notarzt bald zur Stelle.

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DWA-Veranstaltungskalender Juli bis Dezember 2010

Termin Thema Ort

Region Baden-Württemberg, E-Mail: [email protected], Tel. (07 11) 89 66 31-0)

6.7. Arbeitsschutzkonzept für abwassertechnische Anlagen Stuttgart

20.–23.9. 52. Grundkurs Kanalbetrieb Stuttgart

27.–29.9. Aufbaukurs Schlammbehandlung Verfahrenstechnische, betriebliche und Karlsruhe

wirtschaftliche Optimierung

(Modul 4 der Lehrgangsreihe zur geprüften Kläranlagenfachkraft)

Region Bayern, E-Mail: [email protected], Tel. (089) 233-6 25 90

20.9.–9.10. Fachkraft für Kanalsanierung – Kanalsanierungsvorarbeiter (10ES265/10-2) Feuchtwangen

23./24.9. Kanalinspektions-Aufbaukurs (1140/10) Nürnberg

23./24.9. Kurs „MSR-Technik und Online-Analytik“ Memmingen

30.9.–1.10. Aus der Praxis – für die Praxis – Teil 1: Abwasserbehandlung (10KA080/10-2) Füssen

Region Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland, E-Mail: [email protected], Tel. (0 61 31) 60 47 12

1.–3.9. Abwassermeister-Weiterbildung (10KA002/10-6) Stadtallendorf

6.–10.9. Seminar „Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) Trier

mit SIEMENS SIMATIC S7-300“ – Aufbaukurs

ab 6.9. Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten Kaiserslautern

13.–17.9. Kanalinspektionskurs (Ki-Kurs) (1130/10) Kassel

14.–16.9. Elektrotechnisch unterwiesene Person (E. u. P.) Frankfurt a. M.

Region Nord (Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein),

E-Mail: [email protected], Tel. (05 21) 509-800

1.7. Energieoptimierung auf Kläranlagen (10EN003/10) Osnabrück

5.–9.7. Messen, Steuern, Regeln + Online Analytik-Kompaktkurs (2350/10) Norden

30.8.–3.9. Grundlagen für den Kläranlagenbetrieb – Klärwärter-Grundkurs (2230/10) Nienburg

28.9.–1.10. Der Gewässerschutzbeauftragte (10RE010/10-2) – Grundkurs mit Zertifikat Bremen

Region Nord-Ost (Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt),

E-Mail: [email protected], Tel. (03 91) 7 34 88 15

1.9. Sicherheitstechnik und Gesundheitsschutz in abwassertechnischen Anlagen Magdeburg

8.9. 5. Workshop für die Wartung von Kleinkläranlagen Cottbus

13.–17.9. Grundlagen für den Kläranlagenbetrieb (Klärwärter-Grundkurs) Neubrandenburg

22.9. Haftung bei öffentlicher Abwasserbeseitigung, Gewässerunterhaltung Berlin

und -ausbau (10RE685/10-2)

Region Nordrhein-Westfalen, E-Mail: [email protected], Tel. (02 01) 104-21 41

30.8.–17.9. Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten, Essen (21KA006/10) Essen

8./9.9. Training zur Rettung von Personen aus abwassertechnischen Anlagen Wuppertal

(10AG100/10-4)

15.–17.9. Einbau und Sanierung von Schachtabdeckungen (10ES211/10-2) Kerpen

22.–24.9. Einbau und Sanierung von Schachtabdeckungen (10ES211/10-3) Kerpen

27.9. Fortbildung für Sachkundige der Dichtheitsprüfung von Abwasserkanälen Dortmund

und -leitungen (10ES175/10-2)

28.9.–1.10. Sachkunde Dichtheitsprüfung von Grundstücksentwässerungsanlagen – Sankt Augustin

Anpassungsschulung für Ki-Inspekteure (Ki-Schein-Inhaber) (10ES171/10-2)

29./30.9. Training zur Rettung von Personen aus abwassertechnischen Anlagen Wuppertal

(10AG100/10-5)

Region Sachsen/Thüringen, E-Mail: [email protected], Tel. (03 51) 2 03 20-25

30.8.–17.9. Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten (10KA006/10-2) Dresden

20.–24.9. Aufbaukurs Verfahrenstechnik und Betriebsführung auf Kläranlagen Dresden

27.9. Flutpolder Weimar

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