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FORSCHUNGSBERICHT DES LANDES NORDRHEIN - WESTF ALEN
Nr. 2776/Fachgruppe Geisteswissenschaften
Herausgegeben irn Auftrage des Ministerprasidenten Heinz Kuhn vorn Minister fur Wissenschaft und Forschung Johannes Rau
Klaus- Detlef Breuer M. A., Manfred Fischer Prof. Dr. Jurgen Ruther, Wolfgang Kokoska M. A. Prof. Dr. Klaus Kiinzel, FriedheIm Ufermann Projektleitung: Prof. Dr. Joachim H. Knoll
Institut fUr Padagogik der Ruhr-Universitat Bochum
Inhalt, Ziel und Erfolg von F orderungslehrgangen fur noch nicht berufsreife Jugendliche Endbericht fiber eine empirische Begleit- und Effizienzuntersuchung der Berufsvorbereitungsjahre des Christlichen Jugenddorfwerkes Deutschlands e. V.
Westdeutscher Verlag 1978
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Inhalt, Ziel tind Erfolg von Forderungslehrgangen flir noch nicht berufsreife Jugendliche : Endbericht tiber e. empire Begleit- u. Effizienzunters. d. Berufsvorbereitungsjahre d. Christl. Jugenddorfwerkes Deutschlands e.V. / KlausDetlef Breuer ••• - Opladen: Westdeutscher Verlag, 1978.
(Forschungsberichte des Landes NordrheinWestfalen; Nr. 2776 : Fachgruppe Geisteswiss. )
ISBN 978-3-531-02776-0 ISBN 978-3-322-88702-3 (eBook) DO 10.1007/978-3-322-88702-3 I
NE: Breuer, Klaus Detlef R. [MitarbJ
© 1978 by Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag
INHALT
1. Ansatz und Genese der Problemstellung der Untersuchung
1.0. Zum Gegenstand der untersuchung
1.1. Jugendarbeitslosigkeit: Arbeitsmarkt- und bildungspolitische Aspekte der Berufsnot Jugendlicher 5
1.2. MaBnahrnen und Konzepte zur Uberwindung von Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildungskrise 18
1.3. Ansatz und Modifikation des Forschungskonaeptes 35
2.
2. 1.
2.2.
2.3.
2.4.
3.
3.1.
Arbeitsmarktpolitische und institutionelle Rahrnenbedingungen der Berufsforderungslehrgange des Jugenddorfs Oespel im CJD
Regionale Versorgung mit Berufsforderungslehrgangen im Raurn Dortmund
Aspekte der institutionellen Entwicklung des Jugenddorfs Dortmund-Oespel
Organisatorische und personelle Rahmenbedingungen
Finanzierung und Kooperationsmerkmale
Methoden und Ablauf der untersuchung
Vorbemerkungen
3.2. Stichproben 3.2.1. Stichproben der Begleituntersuchung 3.2.1.1. Standardisiertes Interview
3.2.1.2. Gruppeninterviews
3.2.1.3. Intensivinterviews mit den Dozenten
3.2.2. Stichproben der Effizienzuntersuchung 3.2.2.1. Standardisiertes Interview
3.2.2.2. Befragung der Ausbildungsfirmen
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3.3. 3.3.1.
3.3.2.
3.3.3.
3.3.4.
3.3.5.
3.3.6.
3.3.7.
3.3.8.
3.4.
3.4.1.
3.4.2.
3.4.3.
3.5.
4.
4 • 1 •
4.2.
4.2.1.
4.2.2.
4.2.3.
4.3.
4.3.1 .
- IV -
Einzelelemente der Begleituntersuchung Statistische Auswertung vorhandener schriftlicher Unterlagen
Horn-Test I und II
Standardisiertes Interview -Teilnehmerbefragung
Gruppeninterviews
Intensivinterviews mit Mitarbeitern des CJD
Firmenbefragung und Aufsatzauswertung
Analyse der Lehrgangsinhalte
Unterrichtsbeobachtung und teilnehmende Beobachtung der sozialpadagogischen MaBnahmen
Einzelelemente der Effizienzuntersuchung
Statistische Auswertungen vorhandener schriftlicher Unterlagen
Standardisiertes Interview - Teilnehmer
Standardisiertes Interview - Ausbildungsfirmen
Ablauf der Untersuchung
Struktur und pad~ische Konzeption der Berufsforderungslehrgange
Zielvorstellungen der Lehrgange, Aufgabenverstandnis, allgemeine padagogischdidaktische Funktion der Lehrgangsbereiche; andere Trager, konzeptionelle Xnderungen
Werkpraktischer Bereich
Der Stellenwert der werkpraktischen Unterweisung im Gesamtkon~ept des Lehrgangs
Ziele und Aufgaben der werkpraktischen Unterweisung
Institutionelle und organisatorische Rahmenbedingungen der werkpraktischen Unterweisung
Fachtheoretische Unterweisung
Ziele, Aufgaben und Stellung der Fachtheorie in der Konzeption der BFL
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4.3.2.
4.3.3.
4.4.
4.4.1.
4.4.2.
4.4.3.
4.5.
- V -
Realisierungsformen im CJD und bei anderen Tragern
Entwicklung des fachtheoretischen Bereichs in Dortmund-Oespel
Sozialpadagogische Betreuung
Begrllndung und Ansatz der sozialpadagogischen Betreuung
Definition der sozialpadagogischen Betreuung
Konkretisierungsformen sozialpadagogischer Begleitung
Berufsschule
5. Darstellung der Ergebnisse der Begleituntersuchung
5.1.
5.1.1.
5.1.2.
5.1. 3.
5.2. 5.2.1. 5.2.1.1.
Teilnehmerstruktur des 9. Berufsforderungslehrgangs Allgemeine demographische Charakteristik: Alter, Geschlecht und familiare Situation der Jugendlichen
Charakteristik der schulischen Leistung und kognitiven Entwicklung
Einstellung der Jugendlichen gegenuber Lehrgang und primaren Bezugsgruppen
Struktur des 9. Forderungslehrganges Werkpraktische Unterweisung Gruppeneinteilung und Anzahl der durchlaufenen Berufsfelder
5.2.1.2. Darstellung der Unterweisungsplane des
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104
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werkpraktischen Bereiches 122
5.2.1.3. Der werkpraktische Bereich im Urteil der Teilnehmer und Mitarbeiter des Jugenddorfs 138
5.2.1.4. Leistungen und Beurteilungen der Jugendlichen in der werkpraktischen Unterweisung 148
5.2.1.5. Eignungsgruppen 150
5.2.2. Fachtheoretische Unterweisung 155
5.2.2.1. Lehrplane, Lehrinhalte und Lehrbucher sowie ihre Umsetzung im UnterrichtsprozeB 156
- VI -
5.2.2.2. ~uBere und inn ere Differenzierung 168
5.2.2.3. Lehrkrafte und Methoden
5.2.2.4. Beurteilung der Jugendlichen in der Fachtheorie 182
5.2.2.5. Teilnahrne an der Schulfremdenprfifung zum nachtraglichen Erwerb des Hauptschulab-schlusses 186
5.2.2.6. Belastung der Jugendlichen und Beurteilung der fachtheoretischen Unterweisung durch Mitarbeiter und Teilnehmer 189
5.2.3. Sozialpadagogische Betreuung
5.2.3.1. Ubergreifender Aspekt
5 • .2.3.2'. Freizeitarbeit
5.2.3.3. Unterbringung~ soziale Kontakte
5.2.3.4. Mitbestimmung, Mitverantwortung
5.2.3.5. Bedeutung des Elternhauses wahrend des Lehrgangs
5.2.3.6. Beurteilung
5.2.4.
5.3.
5.3.1.
5.3.2.
Berufsschule
Vermittlung und Berufseinmfindung der Teilnehmer des 9. Berufsforderungslehrgangs
Vermittlungsmodalitaten
Einstellungsmotive und Einstellungskriterien der Ausbildungsfirmen bei der Ubernahrne von BFL-Absolventen
5.3.2.1. Entwicklung der Fragestellung
5.3.2.2. Ergebnisse der Befragung
5.3.2.3. Ergebnisse des Aufsatzes "Meine Erfahrungen anlaBlich der Vorstellung bei der Firma .•. " bzw.
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250
250
251
252
255
"Meine Erfahrungen beim Arbeitsamt" 271
5.3.3. Vermittlungserfolg im 9. Berufsforderungs-lehrgang 273
5.3.4. Berufswunsch und Berufseinmfindung 275
- VII -
5.3.5. Nachbefragung der Teilnehmer des 9. BFL
5.3.5.1. Stichprobe der Nachbefragung
5.3.5.2. Fragestellung der Nachuntersuchung
5.3.5.3. Ergebnisse der Nachbefragung
6.
6.1.
6.1.1.
Ergebnisse der Effizienzuntersuchung
Befragung ehemaliger BFL-Teilnehmer
Teilnehmerstruktur der Befragten des 5. Berufsforderungslehrgangs
6.1.2. Beruflicher Werdegang und Berufserfolg 6.1.2.1. Berufsvermittlung
6.1.2.2. LehrabschluB, Lehrabbruch, Berufswechsel
6.1.2.3. Eignungsgruppen im BFL und berufliche Tatigkeit
6.1.2.4. Weiterbildung
6.1.2.5. Wehrdienst
6.1.3. Berufswunsch und Berufswirklichkeit 6.1.3.1. Berufswahl und Zufriedenheit
6.1.3.2. Wunsch und Wirklichkeit heute
6.1.3.3. Arten des Wunschberufes
6.1.4. Bewertung des Berufsforderungslehrganges durch die Teilnehmer
6.1.4.1. Zur Einschatzung der Konzeption des Lehrgangs
6.1.4.2. Bedeutung des Berufsforderungslehrgangs fiir den Beruf
6.1.4.3. Affektive Riickerinnerung und Zukunftseinschatzung
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312
- VIII -
6.2. Ergebnisse der Befragung der Ausbildungsbetriebe
6.2.1. Stichprobe und Fragebogen
6.2.2. Erfahrungen mit BFL-Absolventen
7.
Anhang zur Befragung ehernaliger BFL-Teilnehrner
Zusarnmenfassende Kritik und Beurteilung der vorn CJD durchgefuhrten Forderungslehrgange
Literaturverzeichnis
Anlagen
Faltblatt "Organisationsplan"
313
313
314
318
323
331
335
nach 371
- 1 -
1. Ansatz und Genese der Problemstellung der Untersuchung 1.0. Zum Gegenstand der Untersuchung
Mit dem vorliesenden AbschluBbericht legen wir die Ergeb
nisse zweieinhalbj~hriger Forschungsarbeit vor, die die BerufsforderungsmaBnahmen des Jugenddorfs Dortmund-Oespel 1m Christlichen Jug€nddorfwerk Deutschland (CJD) zum Gegen
stand hatte.
Fragestellung und bildungspolitischer Zweckzusammenhang des
vom Minister fUr Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen unterstUtzten Projekts sind dabei zu
n~chst von zwei Erscheinungen gekennzeichnet gewesen: der 1974/75 sprunghaft - gegenUber der allgemeinen Arbeitslosenquote Uberproportional ~ gestiegenen Arbeitslosenziffer inner
halb der Gruppe der unter Zwanzigj~hrigen, sowie der damit entfachten Diskussion und Initiativen zur Belebung des Ar
beits- und Ausbildungsplatzmarktes nebst der teils alternativen, teils komplement~ren Bereitstellung von schulischen
Kapazit~ten zur Berufsvorbereitung und -ausbilcung.
Die von unserer Untersuchung erfaBten MaBnahmen zur vorbe
ruflichen Forderung von schulentlassenen Jugendlichen sind
dabei prim~r als arbeitsmarktpolitisches Korrektiv zu verstehen und dementsprechend 1m Zust~ndigkeitsberejchder Arbeitsverwaltungen angesiedelt, w~hrend die Implementation von schulverl~ngernden, auf Hebung des Berufsreifeniveaus
abzielenden Betreuungsmodellen - 10. Schuljahr und Berufs
vorbereitungsjahr etwa - in das Ressort der L~nderkultus
minister fallt und als solche st~rker an mittel- und langfristigen Bedarfsstrukturen orientiert ist.
Die Dringlichkeit von StUtzungsmaBnahmen der Bundesanstalt
fUr Arbeit gerade 1m Bereich der beruflichen Eingliederung von Schulentlassenen rUckte unsere Untersuchung naturgem~B in die Nahe politpragmatischer Entscheidungshilfen, deren
verh~ltnism~Big kurze Perspektive durch den Umstand gerechtfertigt schien, daB bei der Bew~ltigung der Jugendarbeits
losigkeit ~uBerste Eile geboten war.
- 2 -
Die zentrale Frage rnuBte in diesern Zusammenhang lauten: K6nnen die seit der Rezession von 1967 angelaufenen F6rderprogramme der Arbeitsamter fUr nichtvermittelte bzw. - seit 1973 - nichteingegliederte Schulentlassene aus Haupt- und Sonderschulen als wirksames Instrument zur Krisenbewaltigung auf dern Arbeits- und Ausbildungsstellenmarkt betrachtet werden? Auch wenn zunachst auBer Betracht bleibt, daB die hier angesprochenen MaBnahmen gernaB einer differenzierten Bedarfslage kein hornogenes berufspadagogische Konzept aufweisen, sondern hinsichtlich Programmatik, Adressatenkreis und Dauer gegliedert sind (i.e. Grundausbildungslehrgange, Lehrgange zur Verbesserung der Eingliederungsm6glichkeiten und Berufsf6rderungslehrgange~ dazu weiter unten), kann nicht in Abrede gestellt werden, daB sie insgesamt nach Zielsetzung, Art und urnfang als konjunkturpolitische Steuerungsinstrumente
1m Sinne des Arbeitsfc5rderunqsQesetzes (AFG) an~llRehe!'! sind und ihrern Wesen nach keinen integralen Bestandteil des beruflichen Bildungssektors darstellen k6nnen.
In der Tat hat sich in den beiden zuruckliegenden Jahren bestatigt, was zu Beginn unserer Untersuchung angesichts der parallel laufenden Anstrengungen von Kultus- und Arbeitsverwaltungen vermutet werden konnte: daB namlich die F6rder
lehrgange der Bundesanstalt fur Arbeit (BA) spatestens dann
eingestellt wurden, wenn praktikable Alternativen der beruflichen Eingliederung und Ausbildungsvorbereitung unter Feder-· fUhrung des Kultusministers (KM) zur VerfUgung standen.
Es laSt sich indes daruber streiten, ob zum jetzigen Zeitpunkt eine generelle Verwirklichung des 10. Schuljahres und des Berufsvorbereitungsjahres bildungspolitisch und berufspadagogisch sinnvoll erscheint, und zwar auch aus der Uberlegung heraus, daB wesentliche erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse tiber Qualitat, Angemessenheit und Erfolg der bislang praktizierten Berufsvorbereitungskonzepte nur begrenzt angerufen werden k6nnen.
In seiner Rundverfugung 171/76 vorn 14.4.1976 hat etwa das
- 3 -
Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen (LAA NW) andererseits
keinen Zweifel darUber aufkommen lassen, daB etwaige Kon
zeptionsmangel und organisatorische Realisierungsschwierig
keiten von FBrdermaBnahmen "anderer vorrangig verpflichteter
Stellen" keinen ausreichenden Grund darstellten, im Rahmen
des AFG "fur 1976/77 weitere MaBnahmen uber die bestehenden
und bereits fest geplanten berufsvorbereitenden Lehrgange
hinaus einzurichten". Tatsachlich war 1977 .. speziell in
'offenen', d. h. nicht in terna tsmaBig organisieJ~ten Lehrgangen
der genannten Art, ein signifikanter Nachfrageruckgang zu
verzeichnen~ einige bisher ausschlieBlich 3erufsfBrderungs
lehrgange durchfilhrende In;3ti tutionen haberi fur 1978/79 neue
Aufgaben Ubernommen, wie bsw. das Jugenddorf Oespel, das im
Rahmen eines vom Bund unterstutzten Modellvorhabens in eine
uberbetriebliche Ausbildungsstatte fur Lernbehinderte umge
staltet wird.
Der allmahlichen Kompetenzverlagerung auf dem Gebiet berufs
fBrdernder Initiativen Rechnung zU,tragen, bildete somit
eine Grundforderung, der sich die hier vorgelegte Studie'
von Anbeginn zu unterwerfen hatte: Der urspriingliche Projekt
ansatz, anhand der BerufsfBrderungspraxis des CJD in Dortmund
Oespel die konzeptionelle und inhaltliche Angemessenheit
einer einzelnen Realisierun~form zu Uberprufen, war gewisser
maBen stillschweigend dahingehend auszuweiten, daB Frage
stellung und Untersuchungskriterien dem allgemeinen Problem
der nachschulischen Betreuung von 'nichtberufsreifen' Schul
entlassenen zum Zwecke beruflicher und sozialer Eingliederung
entsprechend dimensioniert werden. Obwohl also die uns vor
gegebenen Untersuchungspramissen zunachst eine raum-zeitliche
Eingrenzung des Problemfeldes beinhaltete - es wurde eine
MaBnahme eines FBrderungstyps 1m Verantwortungsbereich eines
Tragers analysiert - wiesen die bildungspolitischen Motive,
denen die Erhebung zu verdanken ist, in Richtung eines um
fassenden gesellschaftlichen Krisensyndroms, an dessen Be
waltigung spontane padagogische Korrekturen im Stil der
BerufsfBrderungslehrgange der BA nur Verlagerungs- bzw.
Verschleppungseffekte bewirken konnen: Gemeint sind die
- 4 -
strukturellen Anpassungsschwierigkejten im Ubergangsbereich
zwischen Bildungs- und Beschaftigungswesen. Daflir, daB diese
Erscheinungen mehr sind als nur Symptome konjunktureller
Abschwlinge und kurzfristiger Verknappung von Ausbildungs
platzen, sprechen nicht nur die bislang zu kurz greifenden
sozialstaatlichen 'Sonder- und Sofortprogramme' auf Bund
und Landerebene, sondern auch die Tatsache, daB ahnliche
Entwicklungen, z.T. in noch drastischeren AusmaBen, die
meisten westlichen Industriestaaten erfaBt haben (Kommission
der Europaischen Gemeinschaften: Die Arbeitslosigkeit der
Jugendlichen; Brlissel 1975; BMBW: Bildungswesen im Vergleich,
Heft 7: Beschaftigungsprobleme Jugendlicher in ausgewahlten
Landern, Bonn 1975).
In Anbetracht der Tatsache, daB sich jedweder wissenschaftliche
Erkenntnisgewinn aus den bislang praktizierten L6sungsansatzen
zur Behebung von Ausbildungsnot und Jugendarbeitslosigkeit
prinzipiell vor dem Hintergrund urnfassender Reformstrategien
zu beweisen hat, muB eine erziehungswissenschaftliche Unter
suchung der vorliegenden Art zunachst den Geltungsbereich
abstecken, auf den sich ihre unmittelbare Fragestellung be
zieht, zweitens aber jene Bedingungsfelder ansprechen, deren
Vergegenwartigung erst eine angemessene Interpretation der
vorgelegten Ergebnisse erm6glicht. Handelt es sich im nach
folgenden Bericht auch aufgrund der spezifischen Frage
stellung urn eine Analyse von begrenzter Reichweite - ange
sichts der sich abzeichnenden Tendenz zur v6lligen Einstel
lung entsprechender MaBnahmen flir den Personenkreis der
durch 10. Schuljahr und Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) zu
erfassenden Jugendlichen-,waren seine Ergebnisse und SchluB
folgerungen mit Sicherheit dann liberfllissig, wenn sie allein
der eingeengten Zweck-Mittel-Relation von punktueller MaB
nahme und deren direkter Effizienzkontrolle unterworfen waren.
Mithin ist der folgende Bericht von zwei Faktoren gepragt:
Einmal dem relativ geringen Reprasentativitatsanspruch einer
auf punktuelle Strukturerfassung grlindenden Datenbasis,
zurn anderen aber von der potentiellen Verwert- und Ubertrag-
- 5 -
barkeit der angetroffenen organisatorischen und berufs
padagogischen Erfahrungsmuster auf verwandte Bereiche der vorberuflichen Bildung. DaB diese beiden Spannungsmomente hinsichtlich ihrer Bedeutung fur den 'bereinigten' Aussagewert einer derartigen Erhebung abhangig sind von der viel umfassenderen Frage nach dem grundsatzlichen Bedingungsgefuge
von Krisenphanomen und der gesellschaftlichen Verfassung
unseres Landes wie auch den politischen Ansatzen zu einer Strukturreform, bildet die wohl wesentlichste Grundannahme,
die man bei den folgenden 'Effizienzbefunden' in Rechnung
zu stellen hat.
1.1. Jugendarbeitslosigkeit: Arbeitsmarkt- und bildungspolitische Aspekte derBerufsnot Jugendlicher
Wie das berufspadagogische Schrifttum der letzten Jahre zeigt,
hat sich mit dem Phanomen Jugendarbeitslosigkeit (JAL) ein
bildungspolitisches Generalthema durchgesetzt, das die Erziehungswissenschaft - und nicht nur sie - vor durchaus
ressortfremde Aufgaben zu stellen scheint. War ihr Selbstverstandnis bis in die fruhen siebziger Jahre hinein noch vom BewuBtsein gepragt, im Rahmen des vorgegebenen Reali
sierungsspielraumes den bildungspolitischen Instanzen problemangemessene LOsungsalternativen zur Verfugung stellen zu
konnen, so muBten gerade die Vertreter der berufspadagogischen
Forschung spatestens 1974/75 erkennen, daB sie in Anbetracht der gewaltigen Konfliktpotenz der JAL nach herkommlichen MaB
staben restlos Uberfordert waren. Im Zuge des rapiden An
stiegs der Arbeitslosenziffern und der fur die Gruppe der unter Zwanzigjahrigen besonders drastisch sich verschlechtern
den Beschaftigungslage muBte auch dem Letzten klar werden, daB der Padagogik als Sachverwalter struktureller und didak
tischer Optimierungsinteressen mit der JAL ein Problem ins Haus stand, das sie mit konventionellen 'Denk- und Reform
modellen nicht zu uberwinden hoffen konnte. Zwar wird auch
in der jungsten Literatur stellenweise der Eindruck erweckt,
als konnten "das Risiko und die Gefahren der Arbeitslosigkeit fur den Jugendlichen und die Gesellschaft wesentlich (Hervor-
- 6 -
hebung durch Verf.) durch berufspadagogische MaBnahmen ver
mindert werden" (Nibbrig 1977, S.2) ,im groBen und ganzen
setzt sich jedoch die tlberzeugung durch, daB das 'umkippen'
der JAL von einem konjunkturbedingben Kavaliersdelikt des marktwirtschaftlichen Systems in ein Indiz gesamtBkonomischen
Strukturwandels nicht mittels padagogischer Reformpatente
verhindert werden kann. (Harten 1977: Burger/Seidenspinner 1977: Demokratische Erziehung, H. 1, 1978: Deutsche Berufsund Fachschule, H. 6,1976). Ebenso eindringlich widersetzen
sich indes andererseits die ermittelten Problemstrukturen einer Bewaltigung arbeitsmarktpolitischen Stils, wie dies in den Jahren 1967 - 1973 in Grenzen moglich war. DaB beide Steuerungsmittel - berufspadagogische Praventivstrategien
und MaBnahmen der Arbeitsverwaltungen - in Anbetracht der ursachlichen Komplexitat des Phanomens offenbar zu kurz greifen, ,kennzeichnet und erklart z.T. die hektisch-verzweifelte Betriebsarokeit der verantwortlichen Stellen auf Bundes-,
Lander- und Gemeindeebene. Wahrend sich das offentliche BewuBtsein nahezu widerspruchslos auf eine allgemeine Arbeits
losenquote von Uber 4 Prozent einzustellen scheint, deuten die rhetorischen und finanziellen Anstrengungen der in Sofortund Notprogrammen organisierten Initiativen der offentlichen
Hande darauf hin, daB eine gegenUber der allgemeinen Arbeitslosenrate sogar noch Uberproportional gestiegenen Zahl von unbeschaftigten Jugendlichen unter Zwanzig Jahren Grund zu langerfristiger Sorge gibt. Die hier ins sozialpolitische
KalkUl gezogenen moralischen, wirtschaftlichen und padagogischen Aspekte der Strukturkrise in der Pufferzone zwischen
Bildungs- und Beschaftigungssystem lassen mittlerweile erkennen, daB sich weder Politik noch Wissenschaft tiber das AusmaB der Herausforderung im Unklaren sind, ebenso offenkundig wird aber auch die allgemeine Ratlosigkeit im Angesicht der bislang relativ perspektiv- und wirkUngslos gebliebenen Losungsversuche.
Urn sektorale MaBnahmen der Behebung bzw. Linderung des Be
schaftigungsrisikos Jugendlicher auf ihre Sinnhaftigkeit und
Effizienz UberprUfen zu konnen, erscheint es unerlaBlich, das Spektrum der Ursachen und Aspekte der JAL umriBhaft anzudeuten.
- 7 -
Historisch betrachtet hat sich die JAL in der Nachkriegszeit
mehr oder weniger synchron mit den Schwankungen auf dem
allgemeinem Arbeitsmarkt entwickelt und lag bis zum September
1972 sogar noch unter der durchschnittlichen Erwerbslosen
quote. Mit Werten zwischen 0.8 Prozent (1967) und 1 Prozent
(1973) bewegte sich die offizielle Zahl der arbeitslos gemel
deten Jugendlichen unter Zwanzig Jahren in jedem Fall unter
halb der sozialstaatlichen Besorgnisschwelle. Diese wurde erst
tiberschritten, als der Anteil der jugendlichen Arbeitslosen
an der Gesamtzahl der nicht vermittelten Erwerbsf~higen auf
Uber 11 Prozent anstieg (1967: 4.8 Prozent) und - in absoluter
H~ufigkeit - das Plateau der 100.000-Marke trotz arbeitsmarkt
politischer Kurskorrekturen kaum mehr signifikant gesenkt
werden konnte (Dem widersprechen nicht die neuesten Zahlen
vom April 1978, die, nominell bei unter 80.000 liegend, den gewichtigen Anteil der in arbeitsmarktentlastenden Vollzeit
maBnahmen befindlichen Jugendlichen nicht angemessen berUck
sichtigt) •
W~hrend die BA noch zu Beginn des Jahres 1974 die Behauptung
aufstellen konnte, "daB jugendliche Arbei tnehmer gegenw~rtig
und zukUnftig keine Problemgruppe des Arbeitsmarktes bilden"
(sh. hierzu: Bundesanstalt fUr Arbeit: Uberlegungen zu einer
vorausschauenden Arbeitsmarktpolitik, NUrnberg,1974, S.74),
ist mittlerweile nicht mehr zu tibersehen, daB hinsichtlich
der Wirkung arbeitsmarktbelebender MaBnahmen eben von dieser
Gruppe die groBten Probleme ausgehen, auch wenn die durch
schnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen
unter Zwanzig,Jahren geringer ist als bei ~lteren Erwerbs
f~higen (VgI. Bundesanstalt fUr Arbeit: Strukturanalyse der
Arbeitslosen~ ANBA, 24. Jg. 1976, H. 3).
Bei der Frage nach den Ursachen fUr den tiberproportionalen
Anstieg der jugendlichen Arbeitslosen werden in der Regel
multidimensionale Erkl~rungsmuster bemUht, wobei autonome
Problemkomponenten von Besch~ftigungs- und Ausbildungssystem
ebenso eine Rolle spielen wie die sich zusehends versch~rfende
Diskrepanz zwischen den tendenziellen Entwicklungsmerkmalen
- 8 -
der beiden Bereiche im Verhaltnis zueinander. Als Grlinde ftir
die gestiegene Zahl jugendlicher Arbeitsloser werden in der
Literatur diskutiert:
- Abbau von Ausbildungskapazitat, vor allem im Bereich der
Industrie- und Handelskammern, deren Ausbildungsplatzangebote
nachgewiesenermaBen prozyklischen GesetzmaBigkeiten unter
liegt und wo in Zeiten schlechter Ertragslage die vergleichs
weise hohen Ausbildungskosten durch Reduzierung der Ausbil
dungsplatzangebote gesenkt werden;
- Verlagerung von Ausbildungskapazitat von Industrie und
Handel auf Handwerksbetriebe, die sich stark anti zyklisch
verhalten und in Anbetracht der vermehrten Ausbildungsplatz
nachfrage tiber ihren personellen Reproduktionsbedarf hinaus
ausbilden, da sich das Verhaltnis von Ausbildungskosten und
Ertragen aus der Arbeitsleistung des Auszubildenden fUr den
Handwerksbetrieb gtinstiger darstellt (Vgl. u.a. G. Lenhardt:
Jugendarbeitslosigkeit und Berufsbildungspolitik, in: Leviathan
4/1975, S. 596 f; Sachverstandigenkommission: Kosten und Finan
zierung der auBerschulischen beruflichen Bildung, GOttingen
1974, S. 358);
- Rezessionsbedingte Verschlechterung der qualitativen Aus
bildungsbedingungen durch Verknappung von hochwertigen, aber
kostentrachtigeren Ausbildungsgangen und einem damit verbun
denen Ausweichen auf Lehrstellen mit geringeren Zukunftsper
spektiven. Die hier angesprochene "Reaktivierung weniger quali
fizierter Ausbildungsgange und -betriebe" erhoht das Risiko
des Jugendlichen, nach Beendigung der Lehrzeit keine AnschluB
anstellung zu finden (Vgl. BMBW: Beschaftigungsprobleme
Jugendlicher in ausgewahlten Landern, a.a.O., S. 31 f.)
Erhohung der tarifrechtlichen und sozialpolitischen Sicherung
von alteren Arbeitnehmern. Die im Rahmen von Rationalisie
rungsmaBnahmen privater Betriebe freigesetzten Arbeitskrafte
rekrutieren sich durch die verstarkte Absicherung der langer
beschaftigen Betriebsangehorigen vermehrt aus den Reihen der
jtingeren Erwerbstatigen.
- Stagnieren des Stellenmarkts ftir ungelernte bzw. angelernte
l'.rbeitskri:ifte. Die durch Fehlausbildung, Ausbildungsabbruch
- 9 -
oder -verzicht anfallenden Bewerber fUr einen Arbeitsplatz
unterliegen der durch Wachsturnseinbruche hervorgerufenen
Umschichtung des Arbeitskraftebedarfs: Wahrend Fachkrafte
weiterhin gute Vermittlungsaussichten besitzen, schranken
sich die Chancen fur Ungelernte zunehmend ein.
- Restriktion des Ausbildungs- und Dispositionsspielraums
der Ausbildungsbetriebe durch verscharfte Jugendschutzbe
stimmungen, Ausbildereignungsverordnung und BGJ-Anrechnungs
verordnung.
- Selektion~ und Verdrangungsbewegungen unter den Bewerbern
fur einen Ausbildungsplatz. Infolge des gestiegenen Ausbil
dungsbedarfs durch die Abganger weiterfuhrender Schulen, die
im Gegensatz zu fruher starker in eine betriebliche Ausbil
dung drangen, unterliegen viele schulisch minderqualifizier
te Bewerber im Wettlauf urn die verknappten Ausbildungsplatze.
Die solchermaBen ausgesonderten Jugendlichen entscheiden sich
entweder fUr eine Ausbildung mit geringerern Anspruchsniveau
oder bernuhen sich urn eine ungelernte Tatigkeit mit erhebli
chern Beschaftigungsrisiko.
- Erh6hung der Ausbildungs- und Arbeitsplatznachfrage infolge
demographischer Entwicklungen. Der sich abzeichnende dramati
sche Anstieg der Schulabgangerzahlen aus den geburtenstarken
Jahrgangen - fur 1980/81 prognostiziert man 180.000 bis
200.000 Schulentlassene ohne Ausbildungsplatz - weist die
schwacher werdende Aufnahmefahigkeit des Ausbildungsstellen
marktes als weitgehend strukturelles Phanomen aus {Vgl. dazu
G. Kuhlewind u.a.: Zur drohenden Ausbildungskrise im nachsten
Jahrzehnt, NUrnberg, Dez. 1975 (Unterlage zum Treffen des
Stifterverbandes fur die deutsche Wissenschaft 1976».
- Zulassungsbeschrankungen der beruflichen Vollzeitschulen,
die in Zeiten verknappter Ausbildungsreserven vorubergehend
entlastenden EinfluB auf den Arbeitsmarkt fur Jugendliche aus
uben.
- der sich in jungster Zeit verstarkende Trend zurn Abbau der
hohen 'Verzichter'-Rate: Hier hat sich offenbar das BewuBt
sein urn das erh6hte Beschaftigungsrisiko der ungelernten
Arbeitskraft ausgewirkt. Bei einer Fortsetzung dieser Tendenz
- 10 -
in den n~chsten Jahren wUrde der Saldo aus Ausbildungsplatz
angebot und -nachfrage we iter zu ungunsten der Jugendlichen
verschoben.
- Mangelhafte Berufsorientierung und -vorbereitung in der
schulischen Ausbildungsphase. Diesem Befund liegt die tlberzeugung zugrunde, daB bei einer gewissenhaften, realistischen
Berufswahlvorbereitung durch entsprechende schulische Angebote die Voraussetzung fUr die "individuelle Beseitigung von Qualifikationsdefiziten, die Arbeitslosigkeit zu einer realen
Bedrohung werden lassen", geschaffen werden k5nnen (sh. F. Braun, BildungsmaBnahmen 'gegen' Jugendarbeitslosigkeit, in:
F. Braun und A. Weidacher, Materialien zur Arbeitslosigkeit und Berufsnot Jugendlicher, MUnchen 1976, S. 35).
Die hier skizzenhaft aufgef~cherten HintergrUnde des Jugend
arbeitslosenproblems sind durch drei weitere Gesichtspunkte zu kennzeichnen, n~lich durch 1. die Tatsache, daB infolge der erhebungstechnischen Unzul~nglichkeiten sowie der begrifflichen Eingrenzungen der
offiziellen Arbeitsamt-Statistiken das AusmaB der JAL falsch eingesch~tzt werden kann und durch ein hohes MaB an verschleierter Arbeitslosigkeit erg~nzt werden muB, deren spezifische Problemstellung bislang weder bildungs- noch arbeitsmarktpolitisch aufgegriffen worden ist:
2. die Notwendigkeit,. die Gruppe der jugendlichen Arbei tslosen
in ihrer differenten Problemstruktur zu erfassen und die besch~ftigungspolitischen und berufsp~dagogischen 'SchrotschuBverfahren' dementsprechend auf Adressatenbezug und -angemessenheit zu UberprUfen~
3. die Konvergenz ~hnlicher Erfahrungen 1m westlichen Ausland.
Die Beobachtung, daB die Ubrigen Lander der Europ~ischen
Gemeinschaft einen vergleichbar hohen Sockel von jugendlichen Arbeitslosen aufweisen, unterstreicht die Tatsache, daB es sich entgegen der noch 1m Januar 1976 im Sofortprogramm der
Bundesregierung zur Bek~mpfung der Jugendarbeitslosigkeit
zum Ausdruck gebrachten tlberzeugung sehr wohlurr. eine system
bedingte Strukturkrise und nicht lediglich um "einen Betriebs-
- 11 -
unfall einer ansonst gut funktionierenden Wirtschaftsord
nung" handel t (Das DGB-BundesausschuBmi tglied Schwab anUiBlich der Bundesjugendkonferenz des DGB vom Dezernber 1977, FAZ, 5.12.1977) •
Speziell die beiden erstgenannten Punkte zwingen zu einer
differenzierten Betrachtung der besch~ftigungs- und bildungspolitischen Konzeptionen im Zusarnrnenhang einer auf Dauer angelegten Uberwindung der krisenhaften Entwicklungen im Aus
bildungswesen der Bundesrepublik. Es dUrfte unbestritten sein, daB derartige MaBnahrnebUndel - wie etwa das 'Prograrnrn zur DurchfUhrung vordringlicher MaBnahrnen zur Minderung der
Beschaftigungsrisiken von Jugendlichen' vom 5.12.1977 nur dann Aussichten auf Erfolg versprechen, wenn zweierlei ge
wahrleistet ist: Erstens, Abbau der einseitigen Abhangig
keiten der AusbildungsansprUche und -chancen des Jugendlichen von den konjunkturellen Entwicklungen des Wirtschaftssystems,
sowie zweitens Ausgliederung der JAL aus dem Komplex der allgerneinen Arbeitslosigkeit, zurnindest aber eine starkere Gewichtung der Probleme des Teilarbeitsrnarktes der Jugendlichp~ unter Zwanzig Jahren. Der besondere urs~chliche Zusarnrnenhang von schulischern MiBerfolg, rnangelhafter Berufsauf
kl~rung, schwach ausgebildeter ~eistungsrnotivation und quantitativ und qualitativ ausgezehrter Ausbildungsreserven des betrieblichen Ausbildungsstellenrnarktes erfordert eine arbeits
marktpolitische Sonderstrategie, die sich weit mehr den Erkenntnissen der berufs- und sozialp~dagogischen Forschung zu versichern hat als dies im Hinblick auf andere Teilarbeits
markte erforderlich ist. DaB dergleichen Uberlegungen mittler
weile auch die Kammission der Europaischen Gemeinschaft besch~ftigen, zeigen die entsprechenden Stellungnahrnen zur Be
schaftigungslage Jugendlicher in den einzelnen Mitglieds
staaten. Wie aus den jUngsten 'Mitteilungen an den Rat' vom
Oktober 1977 hervorgeht, ist der strukturelle Charakter der JAL auch vonseiten der Europ~ischen Gemeinschaft erkannt und
die Dringlichkeit gemeinsarner Aktionen betont worden. Nach
den Vorstellungen der Euorpaischen Kornmission mussen sich
nationale wie l~nderUbergreifende MaBnahrnen, deren Ziel die
- 12 -
berufliche Forderung und Beschaftigung Jugendlicher ist,vor
allem auf die folgenden Bereiche erstrecken: Berufsausbildung, Berufsvorbereitung, Berufsberatung, Stellenvermittlung,
Forderung der raumlichen Mobilitat sowie Zuschlisse und sonsti
ge Anreize flir Arbeitgeber zum Zwecke vermehrter Ausbildungs
platzangebote, aber auch mit dem Blick auf Arbeitsplatzbeschaffungsprogramme, wobei letztere gerade auch die offent
lichen Arbeitgeber betreffen sollen (VgI. Kommission der Europaischen Gemeinschaft, Kam. (77) 476/2, Brlissel, Oktober
1977, Anlage III). Dieses zunachst auf die Erfassung lander
interner MaBnahmen angelegte Raster laBt zwar einerseits erkennen, daB die in Betracht kommenden Programme in Konzep
tion und Zielgruppenorientierung offenbar dem Wissen urn die
kausale Heterogenitat des Ausbildungsnotstandes entsprungen sind, andererseits entspricht es dem blirokratisch-nlichternen
Gestus der Aktionsentwlirfe der Europaischen Kammission, daB die Ausgeglichenheit der arbeitsmarktstatistischen Bilanzen nach wie vor das zentrale Motiv dieser sozialpolitischen GroBoffensive ausmacht.
In mancherlei Hinsicht kann das Vertrauen auf vordergrlindige pragmatische Handlungsziele nicht liberraschen, stellt doch gerade die wirtschaftliche Nachkriegsentwicklung der Bundes
republik ein beredtes Beispiel flir die enorme Verschleierungs
kapazitat okonomisch fixierter Wachstumspolitik dar. In dem durch Vollbeschaftigung und rege Investitionstatigkeit gekennzeichneten Hochkonjunkturplateau zwischen 1960 und 1973
- vorlibergehend unterbrochen durch das Rezessionsjahr 1967 -blieb die latente Gefahrdung der Ausbildungsmoglichkeiten des
Einzelnen infolge der hohen Aufnahmereserven des Arbeitsmark
tes weitgehend unerkannt. DaB die zyklischen Konjunkturbewegungen immer dann restriktive Impulse im Beschaftigungswesen auslosen, wenn die sozialpolitischen Toleranzen der
unternehmerischen Arbeitskraftedisposition das MaB markt
wirtschaftlicher Vernunft libersteigt, hat sich in der jlingsten Zeit nachhaltig herausgestellt. Der im Zeichen wirt
schaftspolitischer Belebungsversuche eingeleiteten und nicht
selten durch Investitionszuschlisse unterstlitzte Arbeitskrafte-
- 13 -
ausstoB durch Rationalisierung laBt hierzulande deutlich
werden, daB die beschaftigungsstrategischen Konsequenzen
fUr die Mehrzahl der Betriebe darauf hinauslaufen, "zwischen
einer Stamm- und einer Randbelegschaft" zu differenzieren,
urn "sowei t wie mog lich von den Gegebenhei ten de s auBerbe
trieblichen Arbeitsmarktes unabhangig zu sein" (sh. F.
Weltz, Betriebliche Beschaftigungspolitik und Verhalten der
Arbeitskrafte, in: Gewerkschaftliche Monatshefte 1/76, S.
11 ff.) Ein dispositiver Spielraurn ergibt sich fUr die Unter
nehmer hinsichtlich ihres Beschaftigungsverhaltens vor allem
durch die Existenz mobiler 'Randgruppen' auf dem Arbeitsmarkt,
die je nach konjunktureller Lage kurzfristig ausgesondert
oder eingestellt werden konnen. Zur 'Manoveriermasse' fUr
eine flexible Beschaftigungspolitik zahlen auch die Jugend
lichen unter Achtzehn Jahren, die durch diverse gesetzliche
Schutzbestimmungen bzw. Nichtgeltung anderer - des KUndigungs
schutzgesetzes etwa - sowie durch die geringe Dauer ihrer
Betriebszugehorigkeit in hohem MaS von den Auswirkungen kon
junkturorientierter Beschaftigungspolitik betroffen sind
(Vgl. G. Lenhardt, Probleme arbeitsloser Jugendlicher zwischen
Arbeitsmarkt und Berufsbildungspolitik, Beitrag zum 4. Jugend
bericht der Bundesregierung, Berlin 1976).
UnterstUtzt wird diese Tatsache durch den Trend zu kurzen,
meist zweijahrigen Ausbildungsgangen, die nachgewiesener
maBen weniger zur beruflichen Absicherung beitragen als
zunachst erwartet und die die Tendenz zur Polarisierung von
Qualifikationsanforderungen verstarken (Dazu M. Baethge u.a.,
Produktion und Qualifikation, Hannover 1976). Die bsw.
durch die Stufenausbildung avisierte Verbreiterung der beruf
lichen Grundfertigkeiten zum Zwecke erhohter Mobilitat kehrt
sich so leicht ins Gegenteil um: Anstatt - wie berufspadago
gisch intendiert - die Basis fUr markt- und interessenge
rechte Ausbildungsentscheidungen zu schaffen, vergroBert
sie 1m Zeichen technisch-organisatorischen Wandels bei
gleichzeitigem Absinken der nachfragebedingten Auslastungs
rate der Produktionskapazitaten das Reservoir frei disponibler
Arbeitskrafte. Paradoxerweise resultiert die aus dem Vorhan-
- 14 -
densein betriebsunspezifischer Grundfertigkeiten her
rlihrende 'Beweglichkeit' in einem gegenliber dem qualifi
zierten Facharbeiter deutlich gestiegenen Arbeitsplatz
risiko, insofern ihre fur Erhaltung bzw. Erhohung der Ar
beitsproduktivit~t weniger relevanten Qualifikationsvoraus
setzungen RationalisierungsmaBnahmen geradezu herausfordern.
Hinzu tritt neben den geringeren Kosten derartiger Ausbil
dungsg~ge der Umstand, daB durch das quantitative Mehrange
bot solchermaBen Ausgebildeter die Spon tan eit~ t des betrieb
lichen Arbeitskr~fteeinsatzes nicht unwesentlich erhoht wer
den kann.
Da in vielen Produktionszweigen und Dienstleistungsbereichen
andererseits erhohte fachliche und kognitiv-instrumentelle
Anforderungen an eine sich insgesamt verkleinernde Zahl von
Spezialisten gestellt werden, urn den technologiebedingten
Ver~nderungen von Arbeitsprozessen entsprechen zu konnen,
setzen sich auf dem Ausbildungsstellenmarkt immer st~rker
Wettbewerbs- und Verdr~ngungsmechanismen durch, die oft
vordergrlindig an den schulischen Vorleistungen der Bewerber
festmachen und anspruchsvolle, zukunftstr~chtige Ausbildungs
pl~tze, deren Verknappung auch als Folge erhohter Ausbildungs
aufwendungen zu verstehen ist, den Bewerber mit den groBten
kognitiven Leistungsreserven eroffnen (VgI. Edding-Kommission,
a.a.O. S. 353 ff).
Damit aber entwickelt sich das zun~chst okonomisch-technisch
motivierte Ausleseverhalten der Betriebe de facto zum MaB
stab und Kriteriurn personlicher Lebenstuchtigkeit: Wer den
nicht zuletzt durch den h~rter gewordenen Wettbewerb hervor
gerufenen versch~rften Qualifikationsanforderungen infolge
schulischen Versagens nicht entspricht, suhnt mit dem hohen
Preis beruflicher Disqualifikation und steigender Gef~hrdung
des Arbeitsplatzes fur ein 'Delikt', das in seinen urs~ch
lichen Zusammenh~ngen in den wenigsten F~llen von ihm allein
schuldnerisch zu verantworten ist.
Hier zeichnet sich eine Problemdimension ab, die allen nur
- 15 -
auf kurzfristige Linderung der Ausbildungsmisere abzielenden MaBnahmen eine neue Qualitat verleiht. Mochte man im Ange
sicht formal ausreichender Ausbildungsplatze berufliche Start- und Anpassungsschwierigkeiten noch mit dem Hinweis
auf individuelle Streuungen 1m Gesamptspektrum schulischberuflichen LeistungsvermOgens abtun, so durfte die gegen
wartige Situation die systemabhangigen Komponenten der Be
rufsnot Jugendlicher klar und unmiBverstandlich herausge
stellt haben.
Fur die hier angesprochenen Zusammenhange erweisen sich folgende Faktoren und BedingungsgroBen von zentraler Bedeutung:
- Qualitativer und quantitativer Verlust von Ausbildungsstellen
- 'Funktionsverlust der Hauptschule' durch zunehmende Auszehrung in motivationaler, leistungsmaBiger und materieller Hinsicht
- Mangel an zielgruppenspezifischen, handlungsbezogenen Bildungsangeboten fur nicht berufsreife Jugendlichei hier versucht das BVJ erste LOsungsansatze zu verwirkliohen
- Ungenugende Berufsinformations- und -fingungsmoglichkeiten: Die Beratungen der Arbeitsamter nach dem GieBkannenprinzip verfehlen gerade im Hinblick auf leistungsschwachere Ausbildungsplatzaspiranten ihre Aufgabe
- Demotivierende Einflusse der negativen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt .
- Wachsende Lernunlust angesichts der steigenden Intellektualisierung und Praxisentfremdung des schulischen Lernens bei gleichzeitiger Einsicht in die sich krass verschlechternde Wettbewensposition von Haupt- und Sonderschulabgangern.
Wahrend die genannten Problemstrukturen im groBen und ganzen aus der kausalen Interdependenz aktueller okonomischer,
bildungspolitischer und padagogisch-psychologischer EinfluBgraBen herzuleiten sind, lassen sich die .~utage tretenden
Mangel- und Verzichtserscheinungen in Schule und Arbeitsleben durch akute Krisenentwicklung nur unzureichend erklaren.
Einschlagige berufspadagogische Untersuchungen haben in den letzten Jahren unmiBverstandlich gezeigt, daB daS beruflich
existentielle Schicksal der Jugendlichen ohne Ausbildung bzw. Ausbildungsvertrag nur im Kontext umfassender sozialisations-
- 16 -
theoretischer Analysen angernessen erartert werden kann.
Dabei haben speziell die Forschungsarbeiten des BBF deutlich
erkennen lassen, daB "fUr die Unfahigkeit, einen Beruf zu
erlernen, das Zusarnmenspiel von Schule und Familie verant
wortlich zu machen ist" (Schweikert u.a., 1977 3 , S. 91).
Auch wenn konzidiert wird, daB das vorhandene Datenmaterial
noch betrachtliche LUcken aufweist und viele der als relevant
vermuteten KorrelationsgraBen der ernpirischen UberprUfung be
dUrfen, ist der elementare Pragecharakter der sozialen Milieu
faktoren zweifelsfrei erwiesen. Der nachhaltige Aufklarungs
effekt sozialsationstheoretischer Analytik hat gerade in der
berufspadagogischen Forschung wichtige Einsichten in die
gesellschaftliche Vermittlung schulischen und beruflichen
Versagens ermaglicht. Wesentlicher Bestandteil dieser Er
kenntnisse ist die Konstatierung eines engen Zusammenhangs
zwischen dem durch sozio-kulturelle Deprivation gekennzeich
neten Sozialisationsverlauf des Elternhauses einerseits und
den kognitiven und affektiven Entwicklungsperspektiven der
betroffenen Kinder und Jugendlichen andererseits. DaB haufig
erst nach einem gewissen 'Generationsverzug' die motiva
tionsvernichtenden Folgen familiarer MiBstande fUr den beruf
lichen Qualifikationsverlauf des Jugendlichen sichtbar werden
- erinnert sei an den hohen Korrelationsgrad zwischen vater
losen und kinderreichen Familien und dem Status eines Unge
lernten (Kuhlmeyer und Blume, 1966; Hahn, 1974, speziell S.
217 ff) - ist nicht zuletzt auf den konfliktretardierenden
Charakter von Wirtschaftswachstum, Vollbeschaftigung und
allgemeinem Prosperitatsempfinden zurUckzufUhren. FUr die
Existenz dieser Zusammenhange bietet gerade die Nachkriegs
entwicklung der Bundesrepublik ein treffendes Beispiel.
Die Arbeiten von Hahn, Schweikert, Klein, Wiemann u.a. haben
nicht nur die enge Verflechtung von Milieufaktoren und Berufs
reife bzw. Ausbildungserfolg vor Augen gefUhrt., sondern sind
auch schulleistungsdiagnostischen Grundsa t.zfragen nachge
gangen, wobei die oft zu pauschale Beurteilungspraxisim Zu
sammenhang mit kognitiven Minderleistungen ebenso kritisiert
wird wie die vereinfachende Etikettierung der Jugendlichen
- 17 -
ohne Berufsausbildung als 'Lernbehinderte'. (Schrniel, 1976,
Bd. II, S. 130 ff). Die heterogene Psychostruktur gerade
innerhalb der GroSgruppe der 'Jungarbeiter' sowie die damit
aufgeworfene Frage einer geschlechts- und gruppenspezifischen
Problemdifferenzierung (Dazu D. Grieger u.a. in Schweikert,
a.a.O., S. 95 ff; Schrniel, a.a.O., S. 147 ff; W. Jaide,
Junge Arbeiterinnen, Miinchen 1969) veranlaBt die Vertreter
der wissenschaftlichen Forschung wie die Berufsbildungs
politiker gleichermaBen, Problemanalyse und -losungsansatze
neben einer allgemeinen sozialisationstheoretischen Perspek
tive auch einer differenzierten, den situativen Besonder
heiten bestimmter Rand- und Sondergruppen Rechnung tragenden
Strategieiiberlegung zu unterziehen, deren Ziel letztlich die
optimale Forderung aller Betroffenen ware.
Ihre 'therapeutische' Entsprechung finden die soeben skiz
zierten Erkenntnisse in der verstarkten Betonung sozialpad
agogischer MaBnahrnebiindel als Bestandteil wirtschafts- und
arbeitsmarktpolitischer Konjunkturprogramme. Auch wenn die
diagnostizierte Milieuschadigung als eine ihrer Natur nach
nur bedingt reversible Beeintrachtigung aufgefaBt wird, zahlt
der Gesichtspunkt sozial-korrektiver Betreuung zu den zen
tralen Motiven eines nominell auf die Gesamtpersonlichkeit
des Jugendlichen abzielenden Forderprogramms.
Man mag den EinfluB erziehungswissenschaftlicher Befunde
auf das Zustandekommen politischer Handlungsentwiirfe im
allgemeinen skeptisch beurteilen, mit dem Blick auf die JAL
und das Jungarbeiterproblem diirfte zumindest die Einsicht
unterstellt werden konnen, daB zu ihrer Beseitigung mehr als
nur Vertrauen in die Selbstheilungskraft des marktwirtschaft
lichen Organismus gehort. Auch wenn der volkswirtschaftliche
GesundungsprozeB fraglos eine condition sine qua non aller
Jugend- und Berufshilfeprogramme darstellt - die Frage, ob
neben dem kurzfristigen Abbau von akuten Beschaftigungssorgen
damit auch den ureigensten Anspriichen des Jugendlichen auf
eine qualifizierte Berufsbildungschance entsprochen wird,
laSt sich erst dann positiv entscheiden, wenn der politische
- 18 -
Veranderungswille die erkannten sozialstrukturellen ursachen
der Berufsbildungskrise nicht mehr au sklarnrnert, sondern in
ihnen das handlungsleitende Motiv aller 'Berufsforderungs
maBnahrnen' erkennt.
1.2. MaBnahrnen und Konzepte zur Uberwindung von Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildungskrise
Das Wissen urn die Vielschichtigkeit und kausale Komplexitat
der JAL darf heute jedern unterstellt werden, der sich urn
eine - und sei es auch nur sektoral angelegte - LOsung des
Problems bernuht. Dies gilt fur beschaftigungspolitische
Initiativen ebenso wie fur die Versuche der Kultusminister,
durch entsprechende schulische Vorkehrungen und Modelle die
Zahl der potentiell von Jugendarbeitslosigkeit Betroffenen
zu verringern, wie auch fur die Trager von Einrichtungen
der freien Jugendhilfe, deren sozialpadagogisches Selbst
verstandnis angesichts der Durchfuhrung beruflicher Soziali
sierungsrnaBnahrnen neu herausgefordert wurde.
Im wesentlichen konzentriert sich das Gros der politischen
und padagogischen Handlungskonzepte in Begrundung und Ver
wirklichung auf einige beherrschende Aspekte, die gemaB ihrer
erkannten strukturellen Bedeutung fur den Gesarntkomplex der
unternornrnenen Versuche als Legitimation und Erfolgskriterium
gleichermaBen fungieren. Als die wohl wichtigsten Aspekte,
von denen bereits einige in anderem Zusarnrnenhang angesprochen
worden sind, mUssen herausgestellt werden:
- der wirtschaftspolitische Aspekt - der beschaftigungspolitische Aspekt - der bildungspolitische Aspekt - der berufspadagogische Aspekt - der sozialpadagogische Aspekt - der sonderpadagogische Aspekt
Der wirtschaftspolitische Aspekt: Es entspricht dem Grund
tenor der meisten von Bund und Landern verabschiedeten Pro-
- 19 -
gramme zur Bekampfung der Jugendarbeitslosigkeit - ein
schlie£lich der entsprechenden Richtlinien und AusfUhrungs
bestimmungen -, (Vgl. die Ubersicht der MaBnahmen, in:
Jugendberufshilfe gegen Jugendarbeitslosigkeit, Bd. 1 und 2,
hrsg. von K.H. Breuer, Koln 1975 und 1976.) daB zu den unab
dingbaren Erfolgsvoraussetzungen derartiger Sofortma£nahmen
der quantitative Ausbau von Ausbildungs- und Arbeitsplatz
kapazitaten gehort. In diesem Sinn verstehen sich die ge
troffenen Entscheidungen, fUr Arbeitgeber und Ausbildende
Lohn- und AusbildungskostenzuschUsse zu gewahren (Vgl. u.a.:
Richtlinien tiber die Gewahrung von besonderen arbeitsmarkt
politischen Beschaftigungshilfen aus Mitteln des Landes
Nordrhein-Westfalen fUr arbeitslose Jugendliche; Rd. ErlaB
des MAGS v. 5.3.1976, VA1 - 3402.1), als Bestandteil eines
konjunkturellen Kurzzeitprogramms, das vordergrlindig akute
Beschaftigungsdefizite ausgleichen, darUber hinaus aber die
Wirtschaft mittel- und langfristig zu einem wachstumsorien
tierten Beschaftigungsverhalten bewegen will. Insofern
letzteres in enger Abhangigkeit von grundlegenden Investi
tions- und Rentabilitatserwagungen zu sehen ist, lassen
sich die Erfolgsaussichten von Notprogrammen zur Aktivierung
von Teilarbeitsmarkten nur dann optimistisch einschatzen,
wenn das Gesamtspektrum der wirtschaftspolitischen Anreize
expansive Tendenzen auszulosen und den marktwirtschaftlichen
Organismus nicht zuletzt psychologisch auf eine Politik des
Wachstums und der Vollbeschaftigung festzulegen versteht.
Der beschaftigungspolitische Aspekt: Wahrend die konjunkturel
len BemUhungen der Bundesregierung die Beschaftigungskrise
durch eine wachstumsorientierte Wirtschaftsstragegie mit
klassischen okonomischen Instrumentarien global zu beseitigen
versuchen und sie damit in die einseitige Abhangigkeit von
marktwirtschaftlichem Opportunitatsdenken binden (Vgl. Memo
randum 'FUr eine wirksame und soziale Wirtschaftspolitik'
der Bundesregierung am 4.11.1975 von fUhrenden Wirtschafts
wissenschaftlern vorgelegt; in: Bl. f. deutsche ·und inter
nationale Politik, 11/1975), streben die arbeitsmarktpoliti
schen Ansatze nach MaBgabe des AFG von 1969 eine Verbesserung
- 20 -
der Beschaftigungsstruktur durch institutionelle und indivi
duelle Forderung im Rahmen beruflicher BildungsmaBnahmen an.
Die Ambivalenz der funktionalen Legitimation des AFG erweist
sich nun darin, daB es durch seine berufspadagogischen Impli
kationen und Teilziele den Anschein einer quasi-autonomen Arbeitsmarktkomponente erweckt, andererseits diesen Charakter
aber wieder in Frage stellt, insofern es die Sinnhaftigkeit eben dieser berufspadagogischen Funktion dem quantitativen
und qualitativen Nachfrageverhalten des Marktes zu unter
werfan hat. Die volkswirtschaftliche und gesellschafts
politische ZweckmaBigkeit von ArbeitsforderungsmaBnahmen im Sinne beruflicher Vorbereitung, Aus- und Fortbildung so
wie von Umschulungsprogrammen bemiBt sich somit - was ihre 'Effizienz' angeht, vor allem nach dem Grad, an dem ihre Pramissen und Zielsetzungen dem okonomischen Strukturdenken
unserer Marktordnung inharent sind. Wie die Entwicklung der letzten Jahre gezeigt hat, wandelt sich der Charakter arbeitsmarktpolitischer MaBnahmen angesichts der wirtschaftlichen
Krise immer starker in Richtung auf ein beschaftigungstherapeutisches Kompensationsprogramm, dem der Bezug zur okonomischen Basis mehr und mehr verloren zu gehen droht. Zweifel
los stellt aber gerade die enge Kopplung des Arbeitsmarkts an die Bedingungsablaufe der herrschenden Wirtschaftsord-
nung eine elementare Voraussetzung intakter Beschaftigungsbilanzen dar. Da sich der Eindruck einer strukttrellen Diskrepanz hinsichtlich der Eigendynamik von Bildungs- Beschafti
gungs- und Wirtschaftssystem nicht langer verleugnen laBt, erscheint es nur allzu verstandlich, wenn das gesellschafts
politische Grundbekenntnis zur Marktwirtschaft in seiner langfristigen Verbindlichkeit in Zweifel gezogen wird (B.
Lutz u. W. Sengenberger: Arbeitsmarktstrukturen und offentliche Arbeitsmarktpolitik, Gottingen 1974: C. Offe, Berufs-
bi Idungsre form. Eine Fallstudie tiber Reformpolitik, Frankfurt 1975: Bundesanstalt ftir Arbeit (BA), Quintessenzen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2/1975 (d), Strukturwandel und Arbeitsmarkt: DGB, MaBnahmen zur Wiedergewinnung
von Vollbeschaftigung, 6.4.1976: S. Laturner u. B. Schon,
Jugendarbeitslosigkeit, Hamburg 1975).
- 21 -
So gehen denn die konjunkturpolitischen Entscheidungen der
6ffentlichen Hand in ihrem zweckrationalen Selbstverstand
nis zwar nach wie vor davon aus, daB zur "Absicherung ihrer
wirtschafts- und finanzpolitischen BemUhungen zur Beschaf
tigungssicherung" arbeitsmarkt- und bildungspolitische Flan
kierungsmaBnahmen "groBe Bedeutung" besitzen (Jahreswirt
schaftsbericht der Bundesregierung fUr das Jahr 1976; in Aus
zUgen zitiert irn Dienstblatt der BA, 25. Jg. Nr. 20 v. 4.3.
1976, S. 353 ff.), letztlich sind aber die resignativen
Untert6ne dieser z.T. rhetorisch aufgeputzten Minimal16sun
gen nicht zu tiberh6ren. Die DurchfUhrung von Arbeitsbe
schaffungsmaBnahmen fUr besondere Personengruppen - u.a. fUr
Jugendliche - wie auch die vorgesehene Pramierung zusatz
licher Ausbildungsplatzangebote unterstreichen die Tatsache,
daB offenbar die Aussichten auf eine baldige Behebung der
wirtschaftlichen und beschaftigungspolitischen Problerne
'von innen heraus' im allgemeinen skeptisch beurteilt
werden. Der Ruf nach einer "in tegrierten bildungs- und be
schaftigungspoli tischen Strategie" erscheint somi t plausibel
(Vgl. H .• -Ch. Harten, Strukturelle Jugendarbeitslosigkeit,
Mtinchen 1977, S. 136 ff), wenngleich auch hier verkannt zu
werden scheint, daB die prinzipielle Abhangigkeit dieser
Bereiche von Ubergeordneten Bekenntnissen gesellschafts
konzeptioneller Art die Wirksarnkeit syrnptomlindernder Be
strebungen eindeutig in Frage stellt.
Der bildungspolitische As~kt: Die irn Zuge der JAL entwickel
ten bildungspolitischen Bewaltigungsmuster haben rnanchen
der seit der Verabschiedung des Berufsbildungsgesetzes von
1969 virulenten Reformplane neuen Auftrieb verschafft, wah
rend andere Vorhaben infolge der einseitigen Fixierung auf
MaBnahrnen 'akuter Dringlichkeit' vorerst zurUckgestellt worden
sind. Soweit berufspadagogische Langzeittiberlegungen: syste
matische Verbreiterung der beruflichen Grundbildung, Ausbau
Uberbetrieblicher Ausbildungsstatten und nicht zuletzt die
Erweiterung schulischer Berufsausbildungskapazitaten, mit
dem gegenwartigen, auf Wachsturn prograrnrnierten Prioritats
denken konvergieren, laBt sich ein beschleunigtes Realisie-
- 22 -
rungsdenken registrieren, wohingegen Reformkonzepte quali
tativ-konzeptioneller Art wie Kollegstufe und Gesamtschule
den aktuellen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt den
Tribut verringerter Opportunitat zu entrichten hatten.
Es liegt daher durchaus im Sinn einer konjunkturgerechten
Bildungspolitik, wenn aus der Palette der anstehenden Reform
vorhaben zunachst diejenigen verwirklicht werden, die, unein
gedenk ihrer z.T. mangelhaften berufspadagogischen Ausrei-
fung, im Stil arbeitsmarktpolitischer Instrumentarien ein
zusetzen sind. Den Abschopfungseffekt solcher MaBnahmen
machen sich nicht zuletzt schulzeitverlangernde Plane zu-
nutze, von denen das zehnte Schuljahr, das Berufsvorberei
tungs- und Berufsgrundbildungsjahr sowie die Blockung des
berufsschulischen Pflichtprogramms fUr Jugendliche ohne Aus
bildungsvertrag die wichtigsten sind. Den deutlichsten Bezug
zum Arbeitsmarkt besitzt dabei ohne Zweifel das BVJ - als
"neue padagogische L5sung" Teil des kultusministeriellen
'Programms gegen die Jugendarbeitslosigkeit' vom 18.3.1976
(Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit; RunderlaB des
Kultusministers NW vom 18.3.1976, IIIB632-30/4-446/76). In-
so fern gemaB den Richtlinien des KM von Nordrhein-Westfalen
das Berufsvorbereitungsjahr zur Berufsentscheidung, zur
Ausbildungsfahigkeit und zur sozialen Stabilisierung des Jugend·
lichen beitragen soll (Vgl. Richtlinien zum BVJ, in: Die
Schule in Nordrhein-Westfalen, Schriftenreihe des KM,
Koln 1976, S. 7 f.), tritt es in direkte Konkurrenz zu den
BerufsvorbereitungsmaBnahmen der BA, die nach Intention,
didaktischer Orientierung und Zielgruppenbezug ahnliche
Strukturen aufweisen. VorUbergehend noch als Alternative
zu den MaBnahmen der Arbeitsverwaltungen auftretend, ent
wickelt sich das BVJ nach dem Willen seiner Initiatoren mehr
und mehr zur Regelform beruflicher Eingliederungshilfen
fUr die jugendlichen Problemgruppen des Arbeitsmarktes.
Durch Abgeltung der Berufsschulpflicht fUr solche, die spater
kein Ausbildungsverhaltnis eingehen, und durch die Moglich
keit, den HauptschulabschluB zum Zwecke erhohter Vermitt
lungsfahigkeit nachzuholen, wird die Sekundarfunktion des
- 23 -
BVJ, ein beschaftigungspolitischer Puffereffekt, mit Nach
druck unterstrichen. Ob seine berufspadagogischen Inten
tionen - eine systematische Steigerung der personlichen
Handlungskompetenz des Jugendlichen durch alternative be
rufsbezogene Lernangebote mit emanzipatorischer Grund
tendenz - in der gegenwartigen Situation uberhaupt ins
Spiel gebracht werden konnen, scheint indes mehr als zwei
felhaft (Vgl. E.B. PreuB, Planungsuberlegungen zur Berufs
vorbereitung lernbehinderter Schuler, in: Zf Heilpadagogik
5/1977, S. 295 f).
Der berufspadagogische Aspekt: Trotz der arbeitsmarktpoli
tischen Uberlagerung ihres berufspadagogischen Grundakkords
sind die immanenten didaktischen Problemmuster der Berufs
vorbereitungsmaBnahmen nicht zu libersehen. So spiegelt sich
speziell im Begriff der 'Berufsreife' ein definitorisches
und psycho-diagnostisches Fundamentalproblem, das in der
Literatur zwar lebhaft diskutiert, in der padagogischen
Praxis allerdings noch kaum als operationalisierte MeB
groBe anzutreffen ist (P. HagmiHLer u.a., Berufsreife. Merk
male und Instrumente zu ihrer Untersuchung, Hannover 1975).
Ahnliches gilt fur die motivationalen und sozio-okonomi
schen Komponenten von Berufswahl und - findungsprozessen,
welche in neueren Arbeiten angesprochen werden (U. Kleinbeck,
Motivation und Berufswahl, Gottingen 1975; vorher auch K.W.
Stratmann, Berufsorientierung als padagogisches Problem,
in: ZfP, 1966, S. 570-584). Allgemein ist festzustellen, daB
die aktuelle Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt neben der
Mannigfaltigkeit der EinfluBgroBen in der konkreten Berufs
entscheidung die latenten Problemindizes beruflicher Soziali
sationsvorgange ganz allgemein aufgezeigt hat. (H. Daheim,
Soziale Herkunft, Schule und Rekrutierung der Berufe, in:
Soziale Mobilitat, Sonderheft 5 der Zf Soziologie, 1961.).
Nicht zufallig spielt gerade die Berufswahl eine zentrale
Rolle in den diesbezuglichen programmatischen Verlautbarun
gen der Kultusminister und Landesarbeitsamter (dazu weiter
unten, S.65 f13
- 24 -
In diesem Zusammenhang kommt der erziehungswissenschaftlichen
Forschung eine bedeutende Aufgabe zu. Nicht zuletzt in evalua
tiv angelegten Studien zur Zweckm~Bigkeit von berufswahl
fordernden MaBnahmen kann tiber die Entwicklung und Anwen-dung meBtechnischer Instrumente und Begutachtungsverfahren
die Validit~t kanventioneller, bislang kaum operational isierter berufsp~dagogischer SchlUsselprinzipien UberprUft werden. Wir sind der Auffassung, daB besonders die individuellen EinfluBgroBen der Berufsfindung und Berufsentschei
dung in sozialisationstheoretischer Perspektive zu jenen ErkenntnislUcken z~hlt, deren SchlieBung fUr eine problem
orientierte Erfolgseinsch~tzung von beruflichen ForderungsmaBnahmen entscheidend ist (VgI. Th. Scharmann, Beitr~ge
zur Theorie und Empirie der sozial-individuellen Integration, in: ders., Schule und Beruf als Sozialisationsfaktoren, Stuttgart 1966; dazu auch A. Jaeger, Jugendliche in der
Berufsentscheidung, Weinheim/Basel 1973).
Der sozialp~dagogische Aspekt: Ubereinstimmung herrscht in wesentlichen Punk ten tiber die Bedeutung sozio-okanomischer
und kultureller Umweltfaktoren fUr den Verlauf der schulischberuflichen Eingliederungsphase des Jugendlichen (Sh. dazu
die Synopse berufswahltheoretischer Modelle bei M. Kohl, Studium und berufliche Laufbahn. Uber den Zusammenhang von Berufswahl und beruflicher Sozialisation, Stuttgart 1973; daneben auch den englischen Beitrag von W.M. Williams (Hrsg.), Occupational Choice, London 1974, sowie K. Beck, Bedingungsfaktoren der Berufsentscheidung, Bad Heilbrunn 1976).
Ein Indiz fUr den beabsichtigten milieukompensatorischen Stellenwert speziell der Berufsforderlehrg~ge der BA ist
ihre dezidiert sozialp~dagogische Zielsetzung, die bei vorliegenden "vorUbergehenden individuellen und soziokulturell bedingten Entwicklungsschwierigkeiten eine Start
hilfe fUr die Berufs- und Arbeitswel t" bieten will ( Rahmenlehrplan zur DurchfUhrung von Forderungslehrg~gen der Tr~gergruppe in der BAG Jugendaufbauwerk, in: ibv 1976/1,
Jan. 1976, S. 3). Damit hat sich eine prim~r arbeitsmarkt
politische Instanz auf ein p~dagogisches Terrain begeben,
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das ihrem offiziellen Aufgabenverstandnis nicht eben a~quat
ist. Andererseits sind die Einrichtungen der freien Jugend
hilfe seit der erstmaligen Durchflihrung von Berufsforderungs
lehrgangen im Jahr 1967 der engste Partner der Arbeits~mter
gewesen und haben damit unterstrichen, daB nicht nur die Be
hebung der Jugendarbeitslosigkeit, sondern die strukturelle
Bek~pfung der jugendlichen Berufsnot liberhaupt, ein ur
eigenstes Anliegen der auBerschulischen Jugendbildung dar
stell t. DaB mit diese'r neuerlichen Funktionsauswei tung
Loyalit~tskonflikte und Unsicherheiten bezliglich der ge
sellschaftskritischen Implikationen ihrer arbeitsmarkt
politischen Dienstleistungsfunktion verbunden sind, machen
gerade neuere Publikationen deutlich: "Je mehr sich die
Jugendhilfe in berufsbildenden Bereichen engagiert, desto
st~rker ist sie unmittelbar in Entwicklungsprozesse auf
den Ebenen von Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarkt und Betrieb
eingebunden. Die engen Wechselbeziehungen zwischen okonomi
schen Rahmenbedingungen und den Handlungsspielr~umen von
Jugendhilfe treten auf diese Weise deutlicher zutage" (Ju
gendarbeitslosigkeit. Eine Arbeitshilfe fUr die Jugend- und
Sozialarbeit, hrsg. von der AGJ, dem DBJR und der BAG JAW,
Neuwied 1977, S. 36).
Die groBe Bedeutur.g des sozialp~dagogischen Begrlindungs
motivs rlihrt nicht nur aus der erkannten instrumentellen
Beziehung zwischen milieukompensatorischen Reizmustern und
den Erfolgsaussichten beruflicher Sozialisation her, sondern
erkl~rt sich darliber hinaus aus dem groBen Storpotential,
das sich nachweislich in beruflich unversorgben Jugendlichen
ansammelt und in abweichendem Sozialverhalten, RUckzugs-
und Entsagungserscheinungen und nicht zuletzt kriminellen
Neigungen zum Ausdruck kommt (Vgl. H.J. Petzold, Jugend
ohne Berufsperspektive, Weinheim/Basel 1976; A. Burger und
G. Seidenspinner, Jugendliche unter dem Druck der Arbeits
losigkeit, MUnchen 1977, S. 145 ff.).
Als Mittel einer pr~ventiv angelegten Konfliktreduzierung
gewinnt die sozialp~dagogische Begleitung berufsbegleitender
MaBnahmen vor allem auch einen eminent sozialpolitischen
Charakter.
- 26 -
Der sonderpadagogische Aspekt: MaBnahmen der Berufsvorbe-
rei tung und -forderung sind - unbeschadet ihrer programmati
schen Nuancen - entstanden als zielgruppenorientierte Kompensationsmodelle fUr Dysfunktionalitaten des allgemeinbildenden
Schulwesens, ausgelost durch die problemaufdeckenden Konsequenzen des Ausbildungs- und Arbeitsplatzmangels. Da von den Auswirkungen dieser objektiven Systemschwache in erster
Linie die nach schulischen ReferenzmaBstaben 'leistungsschwacheren' Jugendlichen betroffen sind, wird leicht der Eindruck erweckt, als konnte die vorberufliche F~rderung
zum Zwecke der Orientierung und Berufswahlerleichterung als ein typisches Moment der Lernbehindertenbetreuung ein
gegrenzt werden. Ohne auf einzelne heilpadagogische Definitionsansatze eingehen zu konnen (Vgl. dazu: Deutscher Bil
dungsrat, Zur padagogischen Forderung behinderter und von Behinderung bedrohber Jugendlicher, Stuttgart 1974, S. 38 f; Verwaltungsanordnung der BA tiber die Arbeits- und Berufs
forderung Behinderter (A Reha) vom 2.7. 1970, in: Amtl. Nachrichten der BA, 1970, S. 637 ff.), darf die klischee-hafte VerknUpfung von Lernbehinderung als einer liberdauern-den defizitaren padagogisch-psychischen Leistun~sdisposi-tion und beruflichen Eingliederungsschwierigkeiten als durchaus unzulassig bezeichnet werden. Gerade die von uns nach
folgend untersuchten Berufsforderungslehrgange wei sen einen beachtlichen Teil ihrer Teilnehmer in qualifikatorischer wie intellektureller Hinsicht 31s durchaus 'normal' disponiert
aus. In vielen Fallen ware ohnehin die Bezeichnung 'Lernstorung' - im Sinne einer reversiblen kognitiven Insuffizienz -angebrachter (Vgl. H. Bach, Grundprobleme der Berufsbildung behinderter Jugendlicher, in: ders., Berufsbildung behinderter Jugendlicher, Bonn-Bad Godesberg, 19732 , S. 9 f.).
Infolge der arbeitsmarktpolitischen Einbindung der BFL
Konzeption sind die Kriterien der Teilnehmerselektion in der Regel weniger an psycho-diagnostischen Merkmalen festgemacht als auf den vordergrlindigen Tatbestand mangelnder
'Vermittlungsfahigkeit' bezogen. Die daraus resultierenden
WidersprUche in der 'therapeutisch-didaktischen' Konkreti-
- 27 -
sierung der FordermaBnahmen sind weiter unten aufgezeigt.
Nicht zuletzt die Problematik der geschlechtsspezifischen
Zuweisungspraxis gebietet es, die Existenz von lernlei
stungsbeeintrachtigenden Personlichkeitsfaktoren als Grund
voraussetzung fur die Entsendung in eine berufsvorbereitende
MaBnahme des Arbeitsamtes als prinzipiell gegeben voraus
zusetzen.
Gleichwohl laBt sich nicht bestreiten, daB die Mehrzahl der
von den Angeboten der BA Gebrauch machenden Jugendlichen im
Sinne formal-intellektuellen Leistungsvermogens Beeintrach
tigungen ihrer Lernfahi<jkei.. t aufweisen. In der didaktisch
methodischen Realisierung der ForderungsmaBnahmen wird im
allgemeinen diesem Befund insoweit Rechnung getragen, als
die Dominanz 'schulisch' vermittelter Bildungsangebote zu
gunsten einer starker handlungsbezogenen Form beruflich
manueller Kompetenzsteigerung abgebaut werden solI. Letzt
lich gebieten es die spezifischen beruflichen Anpassungs
probleme von Jugendlichen mit schulischen Qualifikations
defiziten, daB die Berufsvorbereitung dieser Personengruppe
als Problem und Aufgabe bereits im Rahmen der Schule ange
messene Berucksichtigung findet (Eine Moglichkeit, wie das
Berufsentscheidungsproblem didaktisch aufbereitet und inner
halb der Schule thematisiert werden kann, diskutiert D. EiBel:
SchuleL~roblem: Ausbildung und Berufswahl, MUnchen 1977,
S. 69 ff.).
Wir fassen zusammen: BerufsvorbereitungsmaBnahmen im Sinne
des AFG (Obwohl wir primar die MaBnahmen der BA im Auge
haben, lassen sich wesentliche Befunde in diesem Zusammen
hang auf das schulische Berufsvorbereitungsjahr libertragen)
unterliegen politisch-wirtschaftlichen Systembedingungen
und Auslosemechanismen, die die substantiellen bildungspoli
tischen Problemstrukturen der beruflichen Eingliederungsphase
zwar aufdecken, ein differenziertes Handlungskonzept unter
der primaren MaBgabe padagogischer Legitimations- und Gute
kriterien hingegen nicht entstehen lassen. Politischer
Aktivismus und padagogische Konzeptarmut stellen zwei Seiten
- 28 -
der arbeitsmarktpolitischen Berufshilfeprogramme dar, die
scheinbar von unverruckbaren Sachzwangen diktiert werden.
Solchen Sachzwangen ist es nach dem Dafurhalten der BA auch
zuzuschreiben, daB MaBnahmen zur Forderung der Berufsreife
gleichsam nur 'treuhanderisch' und auf Widerruf von den
Arbeitsamtern fur ein offenbar liberfordertes Schulwesen
wahrgenommen werden (VgI. BA: ibv vom 13.4.1977, S. 369,
Anmerkung 2) .
Die Orientierung an der bestehenden Defizienz schulischer
Vorbereitungsmoglichkeiten - hier ist vor allem an das
Fach Arbeitslehre und an die verschiedenen Ansatze betFieb
licher Erkundungspraktika gedacht - birgt eine groBe Gefahr
in sich: Indem die Mangel des schulischen Qualifikations
wesens durch arbeitsmarktpolitische Korrekturen zu einer
Entscharfung ihrer unmittelbaren Konsequenzen fuhren, wird
die Dialektik verantwortlichen politischen Handelns empfind
lich gestort und werden ernsthafte Strukturveranderungen
in Schule und beruflichem Ausbildungswesen weiter hinausge
schoben.
Diese den Arbeitsverwaltungen gar nicht selbst anzulastende
Gefahrdung der Ausbildungsanspruche des Jugendlichen bildet
gleichwohl den Hintergrund, vor dem Aussagen tiber Effizienz
und Angemessenheit berufsfordernder Lehrgange zu treffen
sind. Da die BA nach ihren eigenen Worten "weder Wirtschafts
noch Bildungspoli tik" betreibt und sich "dafur auch nicht
zustandig erklart" (Alois Degen, Bilanz und Planung der
berufsvorbereitenden Lehrgange und der Eingliederungsbemti
hungen fur Jugendliche des LAA NW, in: Arbeitsmarktkonferenz
1975, hrsg. vom MAGS des Landes NW, a.a.O., S. 14), muB man
sich fragen, in welchem Umfang die ihr de facto zugewiesene
berufspadagogische Rolle erziehungswissenschaftlichen Evalua
tionsversuchen liberhaupt offensteht. Hier mag der Hinweis
auf die nolens volens usurpierte Stellvertreterfunktion
allzu schnell wie eine Absolution klingen. Wie jedoch weiter
oben ausgefuhrt, sehen wir gerade in den Berufsf6rderungs
lehrgangen berufliche Integrationsansatze formuliert, die
- 29 -
- unbeschadet moglicher Kompetenzverlagerungen - die Uber
prufung ihrer moglichen Modellfunktion als lohnend erschei
nen lassen.
Zunachst ist festzustellen, daB die im Untersuchungszeitraum
1975/77 angebotenen MaBnahmen der BA nach Art und Umfang
breit gestreut waren und unterschiedliche BewertungsmaB
stabe zu ihrer Beurteilung heranzuziehen sind. Der von uns
analysierte MaBnahmetyp' Berufsforderungslehrgang , stell te
im Berichtsjahr 1975/76 mit 345 Kursen und 14.864 Teilneh
mern (Zahlen fur das gesamte Bundesgebiet) zwar die groBte
Einzelkategorie dar, machte zu diesem Zeitpunkt aber nur
etwa 40 Prozent des Gesamtvolumens arbeitsvorbereitender
Angebote der BA aus (bezogen auf Teilnehmerzahlen). Daneben
existieren vier Formen von Grundausbildungslehrgangen
(einschlieBlich solcher fur jugendliche Strafgefangene) -
1975/76 706 Lehrgange mit 13.222 Teilnehmern -, Lehrgange zur
Verbesserung der Eingliederungsmoglichkeiten - im gleichen
Haushaltsjahr 241 Lehrgange mit 7.217 Teilnehmern - sowie
dre imona tige Arbei tserprobungen und Berufsfindungsprogramme
in statistisch allerdings unerheblichem Umfang (BA: ibv
Nr. 15, April 1977, S. 378).
Wahrend G.-Lehrgange im Haushaltsjahr 1976/77 zuruckgingen,
konnten die F.-Lehrgange mit 354 Kursen und 15.195 Jugend
lichen einen geringen Zuwachs verzeichnen. Das gleiche gilt
fur V.-Lehrgange, die mit 261 Kursen und 7.750 Teilnehmern
ebenfalls leicht stiegen. Dennoch verdeutlichen die neuesten
Zahlen, aus einer Sonderzahlung der BA vom November 1977, daB
fortan mit einem steten Absinken der Forderungsquoten zu
rechnen ist: In nurmehr 321 momentan laufenden F.-Lehrgangen
wurden 13.735 Teilnehmer registriert, die Werte fur V.
Lehrgange fielen auf 201 und 6.356 (BA: ibv Nr. 10, 8.3.
1978, S. 287 f).
Von diesen MaBnahmebUndeln werden Forderungslehrgange (F.-L.)
und die Lehrgange zur Verbesserung der Eingliederungsmoglich
keiten (V.-L.) seit 1967 angeboten, die Grundausbildungs
lehrgange (G. 1-4) in der augenblicklichen Gestalt erst seit
- 30 -
1974. Wahrend die padagogische Konzeption der G.-Lehrgange
keinen Zweifel darUber aufkommen laSt, daB sie in der Mehr
zahl auf die undifferenzierte ArbeitsertUchtigung und Be
rufsfindung von "Schulentlassenen" ausgerichtet sind und
didaktisch kaum nennenswerte Ansatze bieten, konnen die
F.- und V.-Lehrgange nicht zuletzt aufgrund ihres ungleich
breiteren Erfahrungshorizonts fUr sich in Anspruch nehrnen,
programmatische Vorlaufer einer berufspadagogischen Modell
konzeption zu sein, die von schulisch organisierten Nach
folgeformen nicht Ubersehen werden konnen.
Der erhohte Aufwand, der in didaktischer und personlich
keitsdiagnostischer Hinsicht in den F.- und V.-Lehrgangen
im Unterschied zu den Grundausbildungslehrgangen getrieben
wird, kann bereits an der Zielgruppenbeschreibung abgelesen
werden: G.-Lehrgange wenden sich an 'Schulentlassene', die
aus unterschiedlichen GrUnden II fur eine Ausbildung nicht
in Betracht kommen ", in den F. - und V. -Lehrgangen bietet
das Merkmal "noch nicht erreichter Berufsreife" den ent
scheidenden, wiewohl nicht unproblematischen Anhaltspunkt
fUr eine berufliche Vorbereitung, an deren Ende eine Aus
bildung oder eine "Arbeitnehrnertatigkeit auf dem freien
Arbeitsmarkt" stehen soIl ( BA: ibv Nr. 15, 1977, S. 368 f.).
F.- und V.-Lehrgange stellen indes nicht zwei gleichgeartete
Berufsvorbereitungsalternativen dar, sondern weisen einige
nicht unerhebliche Unterschiede auf. Wird bei den F.-Lehr
gangen - frUher auch Berufsvo.rberei tungsjahr genannt - noch
eine 'voraussichtliche Erreichung' der Berufsreife zugrunde
gelegt, so schrankt man beim zweiten Lehrgangstyp die Erwar
tungen hinsichtlich des angestrebten Bildungszieles in aller
Regel auf eine 'Arbeitsreife' ohne berufsqualifikatorischen
Anspruch ein. Gleichwohl konnten 1976/77 17,1 Prozent der
Absolventen von V.-Lehrgangen in ein anerkanntes Berufsaus
bildungsverhaltnis vermittelt werden, verglichen mit 47,3
Prozent im Falle der F.-Lehrgange (Werte fUr das Jahr 1975/76:
18,4 Prozent V.-L. und 49,4 Prozent F.-L.). Der RUckgang
bei den Vermittlungsquoten von vormals 68.4 Prozent (71/72)
- 31 -
auf 47.3 Prozent (76/77) (F.-Lehrgange) zeigt, wie zunehrnend
negativ die ausgebauten Lehrgangskapazitaten (von 4952 auf
15.195 im gleichen Zeitraum) mit dem zur Verfligung stehenden
Ausbildungsplatzangebot korrelieren (BA:ibv Nr. 17, April
1977, S. 378; unberlicksichtigt bleiben hier die Zahl der
Ubergange in berufliche Vollzeitschulen (1976/77 3.8 Prozent
der Teilnehmer an F.-Lehrgangen bzw. 1.2 Prozent der Teil
nehmer an V. -Lehrgangen) .
1m Bereich des LAA Nordrhein-Westfalen wurden 1975/76
58 F.-Lehrgange und 109 V.-Lehrgange durchgeflihrt mit
3530 bzw. 3703 Teilnehmern. Zu vermerken ist der relativ
hohe Anteil von F.-Lehrgangen in Internatsform (22 mit
2288 Jugendlichen), wahrend nur 18 V.-Lehrgange als 'ge
schlossene' Ma&nahme flir 877 Teilnehmer angeboten wurden.
Des weiteren fallt der geringe Anteil weiblicher Jugendli
cher auf: In F.-Lehrgangen waren 1975/76 nur ca. 30 Prozent
der Teilnehmer Madchen, in V.-Lehrgangen lag der Anteil bei
knapp liber 36 Prozent. Dieser Umstand muB urn so mehr liber
raschen, als nachgewiesenermaBen die negativen Folgen der
beruflichen Eingliederungsengpasse gerade flir Madchen be
sonders harte Formen annehrnen.
Bereits 1976/77 war im Bereich des LAA NW ein Rlickgang in
den hier angesprochenen MaBnahmen zu verspliren: Die Zahl der
F.-Lehrgange fiel auf 52 mit 3.101, die der V.-Lehrgange
auf 86 mit 3.310 Jugendlichen (BA: ibv Nr. 10, Marz 1978; die
Angaben flir den Bereich des LAA NW verdanke ich z.T. einer
unveroffentlichten Statistik des LAA, in die ich dank der
freundlichen Unterstlitzung des AA Dortmund Einblick nehmen
durfte) .
rm kommenden Haushaltsjahr 1978/79 werden im librigen die
V.-Lehrgange nicht mehr in der Verantwortung des LAA durch
geflihrt, scndern gehen in den Zustandigkeitsbereich des
Ministers flir Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr liber.
Die verbliebenen F.-Lehrgange, vorwiegend in Internatsform
beibehalten, sind auch flir das nachste Jahr vorgesehen und
unterstehen nach wie vor der BA.
- 32 -
Die finanziellen Aufwendungen fur den Gesamtbereich der
yom LAA NW geforderten MaBnahmen beliefen sich 1975/76
auf ca. 70 Mill. DM und hatten sich damit seit 1970 urn
durchschnittlich 45 Prozent jahrlich gesteigert.
Als Trager der MaBnahmen - hier im besonderen die Forderungs
lehrgange fur potentiell Ausbildungsgeeignete - haben sich
irn Bundesgebiet neben Industriebetrieben, Handwerksver
banden und uberbetrieblichen Einrichtungen der offentlichen
Hande vor allem die privaten Wohlfahrtsverbande profiliert.
Katholische Heimstatt-Bewegung, Kolpingwerk, Diakonisches
Werk, Internationaler Bund fur Sozialarbeit, Arbeiterwohl
fahrt und Christliches Jugenddorfwerk Deutschland - urn nur
einige zu nennen - bieten neben traditionellen Jugendhilfe
prograrnrnen seit einigen Jahren auch Berufsforderungslehr
gange in Internats- oder offener Form an. Urn ihre kon
zeptionellen Bemuhungen urn eine didaktisch-methodische
und sozialpadagogische Bewaltigung der mit diesem Vor-
haben verbundenen Probleme besser koordinieren zu konnen,
hat sich eine "Bunde sarbe i tsgerneinschaft Jugendaufbauwerk"
in Bonn konstituiert, die 197.4 erstmals im Namen ihrer ange
schlossenen Verbande einen Orientierungsrahrnen fUr "Forde
rungsrnaBnahmen fur noch nicht berufsreife Jugendliche" ver
offentlicht hat (in: Dienstblatt der BA, Nr. 46, 2.8.1974).
Gerneinsarn mit dem 1976 von gleicher Stelle verabschiedeten
'Rahmenlehrplan zur Durchfuhrung von Forderungslehrgangen'
sowie den diesbezuglichen prograrnrnatischen AuBerungen der
Bundesanstalt fUr Arbeit bzw. deren Landesdependancen urn
reiBt die "Stellungnahme" von 1974 die konzeptionelle
Struktur der Forderungsprojekte und ihrer darin investierten
sozialpadagogischen, arbeitsmarktpolitischen und gesell
schaftstheoretischen Grunduberzeugungen.
In der Fassung vom 7. 1. 1976 werden Forderungslehrgange
wie folgt urnrissen: "Forderungslehrgange fur noch nicht
berufsreife Jugendliche sind weder Berufsausbildung noch
Schule. Sie bieten Jugendlichen mit vorubergehenden indivi-
- 33 -
duellen und strukturell bedingten Entwicklungsscqwierig
keiten eine starthilfe fur die Berufs- und Arbeitswelt. Damit ist der ForderUngslehrgang eine sozialpadagogische Aufgabe". (Rahmenplan 1976, s. 3).
Was hier formuliert wird in Beziehung auf Adressatenkreis
und Ziel der BFL, bedarf einer pragmatischen, doch wesentlichen Erganzung: Das sich aus den politischen Zwecksetzun
gen dieser arbeitsmarktbelebenden MaBnahme ergebende entscheidende Kriterium ist die Vermittlungsquote in Ausbil
dungsverhaltnisse, weiterfuhrende Schulen oder - eingeschrankt - in berufliche Tatigkeiten, die gewisse Qualifikationsaus
sichten eroffnen.
Erfolg und Angemessenheit der Berufsforderungslehrgange sind durch die ihrem Wesen nach auBerpadagogischen Vor
gaben der Arbeitsverwaltung damit zunachst davon abhangig, wie viele ihrer Teilnehmer spater erfolgreich auf dem Aus
bildungsmarkt konkurrieren konnen. Ob sich uber die - durchaus beeindruckenden - Vermittlungszahlen der Lehrgangstrager hinaus die Erfolgsrate der geforderten Jugend
lichen annahernd gleich gGnstig darstellt, entzieht sich
noch weitgehend unserer Kenntnis. DaB erst die Zeitspanne zwischen AbschluB des Ausbildungsvertrages und dem Datum der Beendigung des Lehrverhaltnisses fur die Beurteilung
des Erfolgs der Berufsforderungslebrgange i.e.S. entschei
dend sein kann, ist bei der selbstgestellten Aufgabe der MaBnahmen nur allzu naturlich, da namentlich in bezug auf
die fachtheoretischen Elemente des beruflichen Ausbildungsgangs Versagen und Mangelleistung prognostiziert werden.
Hier deutet sich ein weiteres Problem an: Bei der weitgesteckten und angesichts der oft gravierenden soziokulturellen Benachteiligungen der Zielgruppe wichtigen sozialpadago
gischen Sinngebung der FordermaBnahme, die den Jugendlichen
Gber eine beruflich gesicherte Zukunft vor allem fur die Herausforderungen seiner spezifischen Alltagswelt stabili
sieren und starken will, muB gerade ein Erfolgsverstandnis fragwurdig sein, das an vordergrundigen, wirtschaftlichen
- 34 -
'Launen' unterworfene Kriterien wie Berufseinmlindungsquoten
festmacht. Andererseits birgt gerade die sozialpadagogische
Komponente solcher teils schulverlangernder, teils berufs
antizipierender MaBnahmen die Schwierigkeit in sich,
aufgrund ihrer unterschwelligen, situationsunspezifischen
Grundtendenz der Pers6nlichkeitsf6rderung nur wenig konkre
te Anhaltspunkte fur die Entscheidung bereitzustellen, ob
das 'Ziel' des Lehrganges im Sinne seines sozialpadagogischen
Anliegens erreicht ist.
Welcher Form der Beurteilung von BFL-Einrichtungen man
auch immer den Vorrang gegen m6chte, fest steht, daB bis
lang weder im beruflichen noch im sozial-autobiographischen
Sinn die 'Effizienz' derartiger Anstrengungen untersucht
worden ist. Zweifel erscheinen in jedem Fall angebracht,
wenn sich in Begriffen wie 'Erfolg' und 'Effizienz' in
erster Linie der Stolz auf hohe Vermittlungsraten wider
spiegelt. Die Berufsbildungsforschunq muB hier ein legitimes
Feld ihrer wissenschaftlichen 'Neugier' sehen: Nicht nur
gilt es, ein bereits zehn Jahre operierendes Modell nach
schulischer Sozialisation und Berufsertuchtigung dem kriti
schen Blick der Wissenschaft zu 6ffnen, nicht nur gebietet
das Problem der beruflichen Integration behinderter und
gest6rter Jugendlicher die Entwicklung langfristiger, kon
junkturunabhangiger Berufsfindungs- und Ausbildungsalter
nativen - in einer Zeit der wachsenden Bedrohung von 'ge
scheiterten' Schulabgangern stellt sich speziell fur die
politisch Verantwortlichen die Frage, welche schulischen
und nachschulischen Betreuungsformen konzipiert werden
mussen, urn hier eine gesellschaftlich vertretbare L6sung
zu finden. Die erziehungswissenschaftliche Forschung kann
dabei insofern unterstutzend eingreifen, als sie bestehende
Realisierungsformen aufgreift, analysiert und beurteilt
auf der Grundlage der bisher erbrachten Leistungen. Dazu
einen Beitrag zu leisten, war Anliegen der folgenden
Un t.ersuchung •
- 35 -
1.3. Ansatz und Modifikation des Forschungskonzepts
Der konzeptionelle Ansatz des vorliegenden Projektberichts verfolgt das Ziel, die padagogische Angemessenheit und
arbeitsmarktpolitische Effizienz von Berufsforderungslehrgangen des CJD in Dortmund-oespel zu Uberpriifen.
Die programmatische und funktionale Ambivalenz dieser
MaBnahme lieB eine Gliederung unseres Forschungsprojekts in eine Begleit- und eine Effizienzuntersuchung ratsam scheinen. Wahrend die Begleituntersuchung auf die Erfassung
der organisatorischen und didaktisch-methodischen Realisierungsformen der BFL-Konzeption ausgerichtet war, ver
folgten wir mit der Effizienzerhebung das Ziel, anhand des
ermittelten beruflichen Eingliederungs- und Qualifikationsverhaltens von ehemaligen BFL-Teilnehmern Aussagen iiber die arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit der MaBnahmen zu
erlangen.
Die u+spriingliche Absicht, beide Erhebungsschritte im Sinne einer Langsschnittstudie mit konstanter Untersuchungspopulation durchzufiihren, lieS sich aufgrund der durch die ein
schlagigen Forschungsrichtlinien fixierten finanziellen und zeitlichen Rahmenbedingungen nicht realisieren. Dies hatte
zur Folge, daB die Datenerhebung simultan an zwei unterschiedlichen Populationen erfolgen muBte, wobei sich die Begleituntersuchung auf den 9. Lehrgang (1975/76) bezog,
wahrend fUr die Effizienzuntersuchung der 5. Forderungslehrgang in Oespel herangezogen wurde.
Die Ausahl des letzteren Lehrgangs war von folgenden Uber
legungen bestimmt:
- die beiden zu untersuchenden Lehrgange solI ten zeitlich
nicht weit auseinander liegen,und - die Lehrgangsteilnehmer sollten zum Zeitpunkt der Erhebung
bereits die Ausbildung abgeschlossen haben und berufstatig
sein.
- 36 -
DaB aus einem solchen Vorgehen resultierende Forschungs
design war im Vergleich zu einer Langsschnittstudie in
sofern problematisch, als die hieraus gewonnenen Daten nur
eingeschrankt korrelierbar sind.
Andererseits schrankt sich das Gewicht dieser methodischen
Grundproblematik durch die Tatsache ein, daB die untersuch
ten Lehrgange nach Zielsetzung, Struktur und Programmatik
durchaus vergleichbar schienen. Zudem wurden sowohl in die
Begleit- als auch in die Effizienzuntersuchung Erhebungs
schritte eingebaut, die den Kohasionsgrad der beiden Unter
suchungsteile erh6hen sollten (vgl. Kap. 3.4 und 5.3.5).
Allerdings stellte sich im Verlauf der Untersuchung heraus,
daB trotz dieser forschungskonzeptionellen Erganzungen die
gewonnene Datenmenge qualitativ und quantitativ nicht aus
reichte, die ansatzbedingten Defizite zu kompensieren.
Daraus resultiert eine h6here Eigenstandigkeit der Teil
untersuchungen; die wir im 7. Kapitel zusammenfassen und
- wo vertretbar - aufeinander zu beziehen versuchen.
- 37 -
2. Arbeitsmarktpolitische und institutionelle Rahmenbedingungen der Berufsforderungslehrgange des Jugenddorfs Oespel im CJD
2.1. Regionale Versorgung mit Berufsforderungslehrgangen im Raum Dortmund
BerufsvorbereitungsmaBnahmen der BA werden in der Regel
nach dezentralistischen Versorgungsgesichtspunkten organi
siert. Dabei bilden die Verwaltungsgrenzen der Arbeits
amter einschlieBlich ihrer Nebenstellen den 'arbeitsmarkt
politischen Aktionsraum', in dem neben den erwahnten
BerufsvorbereitungsmaBnahmen auch Einrichtungen der beruf
lichen Umschulung und Fortbildung sowie Werkstatten fur
Behinderte und andere Institutionen der beruflichen Re
habilitation unterhalten werden. Die Frage, inwieweit
auf diese Weise eine 'flachendeckende Versorgung' der be
treffenden Region sichergestellt werden kann, hangt natur
gemaB nicht nur von der GroBe und dem Differenzierungs
grad der jeweiligen Zielpopulation ab, sondern richtet
sich vor allem auch nach den wirtschafts- und arbeitsmarkt
politischen Verhaltnissen in den einzelnen Arbeitsamts
bezirken. So ist davon auszugehen, daB in industriellen
Ballungsraumen ein differenziertes Angebot verufsvorbe
reitender MaBnahmen zur Durchfuhrung kommt, wobei in der
Mehrzahl Betriebe und Organisationen der Wirtschaft selbst
als Trager auftreten. Dies gilt in besonderem MaB fur
G.-Lehrgange: Von 198 Lehrgangen dieser Art (G 1 - 3)
wurden in Nordrhein-~Jestfalen 1975/76 (67 Prozent) von
der Wirtschaft angeboten, eine GroBenordnung, die nicht
uberraschen kann, da die konzeptionellen und inhaltlichen
Vorgaben der BA in diesem Fall ausschlieBlich an 'betriebs
praktischen Anforderungen' festmachen und eine gezielte
padagogische Orientierung - etwa in Gestalt sozialpadagogi
scher Betreuung - nur in Ausnahmefallen aufweisen (Vgl.
Rahmenvorstellungen zur Durchfuhrung von Grundausbildungs
lehrgangen nach dem Arbeitsforderungsgesetz, Rd. ErlaB
104/72.2.1.4.7. der BA vom 28. 2. 1975). Es ist daher durch-
- 38 -
aus Uhlich, daB Jugendliche, die im Laufe des Besuchs
von G.-Lehrgangen einen Arbeitsplatz angeboten bekommen,
diesen abbrechen und unverzliglich ihre neue Tatigkeit
aufnehmen.
Wahrend die flexibel zu gestaltenden G.-Lehrgange einen
relativ hohen regionalen Versorgungsgrad erreichen konnen
und nicht zuletzt aufgrund ihrer einseitigen beschafti
gungspolitischen Intentionen auch bei GroBenordnungen zwi
schen 20 und 40 (entspricht in etwa der durchschnittlichen
MaBnahmekapazitat) rationell und kostenglinstig zu reali
sieren sind, mlissen bei den F.- und V.-Lehrgangen andere
Gesichtspunkte mit ins Kalklil gezogen werden. In diesem
Zusammenhang spielen gerade die sozialpadagogischen Rahmen
vorstellungen eine Rolle, die die Bundesarbeitsgemeinschaft
Jugendaufbauwerk im Einvernehmen mit der BA formuliert
hat. Aus den gesetzten padagogischen Zielvereinbarungen
(etwa der Vermittlung von Berufsreife) ergeben sich u.a.
vier Momente, die bei der Konzipierung und organisatori
schen Abwicklung von F.- und V. Lehrgangen in Rechnung zu
stellen sind:
- Verwirklichung der sozialpadagogischen Zielsetzung durch entsprechenden personellen Einsatz
- wo institutionell moglich, eine verstarkte Einbeziehung geschlossener, d.h. internatsmaBig geregelter Lehrgangselemente
- erhohter Zwang zur zeitlichen und inhaltlichen Erflillung der Planvorgaben der Lehrgangskonzeption; ein Abbrechen bei zwischenzeitlich angebotenen Ausbildungs- und Arbeitsplatzen ist nur in Ausnahmefallen vorgesehen
- Verbreiterung des Angebots berufsfeldbezogener Lernbereiche im werkpraktischen Bereich.
Es erscheint in Anbetracht der damit erforderlichen insti
tutionell-organisatorischen Voraussetzungen plausibel, daB
starker auf bereits bestehende Jugendhilfe-Einrichtungen
gemeinnlitziger Zweckverbande und kirchlicher Trager zurlick
gegriffen wird, die den Nachteil schwerpunktmaBiger Stand
ortwahl haufig durch den Rlickgriff auf vorhandene Heimplatz
kapazitaten ausgleichen konnen. Es liegt in der Konse-
- 39 -
quenz dieses Sachverhalts, daB sich zum einen zentrali
sierte Angebotsstrukturen herausbilden, zum anderen aber
GroBenordnungen entwickelt werden, die deutlich tiber den
vergleichbarer Einrichtungen der Wirtschaft liegen. So
laBt sich etwa in Nordrhein-Westfalen feststellen, daB die
Wirtschaft 1975/76 zwar auch bei den F.-Lehrgangen 27 der
insgesamt 59 Einheiten anbot (bei V.-Lehrgangen 52 von
97), hinsichtlich der Teilnehrnerzahlen hingegen einen deut
lich geringeren Anteil besaB. Allein die flinf geschlossenen
Einrichtungen des Christ lichen Jugenddorfwerks Deutschlands
(CJD) stellten 1975/76 mit ca. 1100 Teilnehmern rund ein
Drittel des Gesamtangebots an F.-Lehrgangsplatzen.(Diese
Werte konnen urn etwa 3 Prozent nach oben oder unten vari
ieren, abhangig vom Grad der jeweiligen Auslastungsquote.
lm Berichtszeitraum 1976/77 ist davon auszugehen, daB der
Anteil von CJD-Teilnehrnern am Gesamt der in F.-Lehrgangen
betreuten Jugendlichen noch gewachsen ist, da die lnter
natsmaBnahmen bei einem insgesamt zu verzeichnenden Teil
nehmerrlickgang stabil gehalten werden konnten. Dieser
Trend entsprach im librigen der offiziellen Politik der BA.
Vgl. BA:ibv, Nr. 10, a.a.O.)
Die Jugenddorfer Dortmund-Oespel (310 Platze), Olp~ (120),
Rheinkamp (305), Essen-Zehnthof (205) und Burgsteinfurt
(210), reprasentieren die bei weitem groBte Kategorie von
F.-Lehrgangseinrichtungen und versehen dank ihrer Aufnahme
kapazitat und des arbeitsmarktpolitisch glinstigen Stand
orts liberregionale Versorgungsfunktionen in Einzugsberei
chen, die den Aktionsraum eines einzelnen Arbeitsamtes
z.T. erheblich uberschreiten. Das Jugenddorf Dortmund
Oespel wird bsw. nicht nur von Jugendlichen aus dem AA
Bezirk Dortmund besucht, sondern erhalt 'Zuweisungen' aus
den benachbarten Bezirken Hamm, Ahlen und lserlohn sowie
aus dem Hochsauerlandkreis (AA Meschede), der selbst nur
geringe Kapazitaten fur berufsvorbereitende Lehrgange auf
weist. Als Richtwert fur die Zuweisungsquoten aus den
einzelnen AA-Bezirken wird etwa von einem Verhaltnis 1:1
ausgegangen, d.h. 50 Prozent der Jugendlichen kommen aus
- 40 -
dem stadtischen Zustandigkeitsbereich des AA Dortmund,
die Ubrige Halfte der Teilnehmer rekrutiert sich aus Ju
gendlichen der genannten AA-Bezirke, ohne daB dabei
fixierte Kontingentierungsdaten zugrunde gelegt wUrden.
Soweit zahlenmaBige Unterschiede festzustellen sind,
hangen sie in der Regel mit der arbeitsmarktpolitischen
Infrastruktur der einzelnen Bezirke und Kreise zusammen:
Wahrend Ennepe-Ruhr-Kreis und Markischer Kreis eine ver
gleichsweise hohe Dichte berufsvorbereitender MaBnahmen
aufweisen, befindet sich im Hochsauerlandkreis und im Kreis
Soest nur jeweils eine Einrichtungen dieser Art mit 50
(Arnsberg) bzw. 20 Teilnehmerplatzen (Lippstadt). Bezogen
auf die Zahl der berufsschulpflichtigen SchUler kamen im
Raum Hagen 19.5 Teilnehmerplatze auf 1000 Jugendliche, im
Raum Hellweg/Sauerland lag die Zahl bei 5 pro 1'000 (Der
Raum Hagen schlieBt die beiden AA-Bezirke Hagen und Iser
lohn ein; in diesen gehen der Ennepe-Ruhr-Kreis, der
Markische Kreis und die kreisfreie Stadt Hagen ein. Die
Vergleichszahlen gel ten bei gleicher Arbeitslosenziffer
und nur geringfUgiger Quotenunterschiede innerhalb der
Gruppe der unter Zwanzigjahrigen (Hagen 8.2 Prozent, Sauer
land 8.4 Prozent). VgI. Arbeitsmarktatlas f.d.Reg.Bezirk
Arnsberg, Arbeit & Beruf, H. 20, hrsg. vom MAGS (NW) DUs
seldorf 1977, S. 68 fund 125 f.)
Ab einer bestimmten Angebotsdichte von Einrichtungen be
rufsvorbereitender MaBnahmen konnen auch den differenzier
ten ZielgruppenbedUrfnissen im weiter oben ausgefUhrten
Sinn durch die Versorgung mit unterschiedlichen Lehrgangs
typen besser entsprochen werden. In unterver.sorgten Re
gionen wie in den AA-Bezirken Soest und Meschede gerat
das Arbeitsamt andererseits leicht in Gefahr, in Ermange
lung existierender Lehrgangsalternativen Jugendliche in
vakante Lehrgangsplatze eines bestimmten MaBnahmetyps
einzuweisen, der evil. ihrer spezifischen BedUrfnis- und
Leistungssituation nicht entspricht. Ohne dieser Frage
stellung im Rahmen unserer Untersuchung im einzelnen nach
gegangen zu sein,drangte sich diese Erklarung bei einigen
- 41 -
offensichtlichen 'Fehlbesetzungen' im 9. Berufsforderungs
lehrgang des Jugenddorfs Oespel durchaus auf. (Hinzu tritt
allerdings das Problem der unterschiedlichen Handhabung
und Interpretation von Eignungstest durch die jeweiligen
Beratungsstellen bzw. Psychologischen Dienststellen der
Arbeitsarnter.)
Der Raurn Dortmund, mit einern Arbeitslosenanteil der unter
Zwanzigjahrigen von 12.3 Prozent tiber dem nordrhein
westfalischen Durchschnitt liegend (Zahlen ftir September
1976), weist von allen AA-Bezirken NWs die hochste Ange
botsdichte von berufsvorbereitenden MaBnahrnen auf: Auf
1000 berufsschulpflichtige Jugendliche karnen hier rund
41 Lehrgangsplatze.
Neben dem Jugenddorf Oespel bieten drei weitere Trager
BerufsvorbereitungsmaBnahrnen an: die Bergbau AG in ihren
Gerneinschaftsausbildungswerkstatten Zollern mit 550
Platzen, die Kreishandwerkerschaft Dortmund-Ltinen mit 165
und die Handw~rkskamrner Dortmund mit 60 Platzen. Wahrend
das Jugenddorf seit 1967 nur F.-Lehrgange anbietet, kon
zentrieren sich die Angebote der tibrigen Trager auf V.
und G.-Lehrgange der oben beschriebenen Art.
Urn das charakteristische Geprage der Dortmunder Angebots
struktur einschatzen zu konnen, besonders was den Stellen
wert des Jugenddorfs Oespel angeht, erscheint uns ein
kurzes Eingehen auf Entwicklung und Organisation der
Einrichtung des CJD angebracht.
2.2. Aspekte der institutionellen Entwicklung des Jugenddorfs Dortmund-Oespel
Das Jugenddorf Oespel, an der Stadtgrenze Dortmund/Witten
unweit der B1 gelegen, zahlt nach SchloB Kaltenstein und
Limmer zu den altesten Grtindungen des Christlichen Jugend
dorfwerks. Seine Entstehun~ im Jahre 1949 ist z.T. einer
- 42 -
Spende des amerikanischen YMCA zu verdanken; bei der
Suche nach einem geeigneten Standort fiel die Wahl 1m
Einvernehmen mit den Arbeitsverwaltungen, dem Innen
minister des Landes NW und dem Rat der Stadt Dortmund
auf Oespel, das von seinen infrastrukturellen und sied
lungspolitischen Gegebenheiten her gUnstige Voraussetzungen
fUr die Errichtung einer derartigen Institution bot.
Die ursprUngliche Konzeption und Aufgabenstellung des mit
acht Wohnhausern zunachst fUr ca. 200 Jugendliche ausge
legten Jugenddorfs war von Anbeginn an eng mit der spezifi
schen Arbeitsmarktsituation des Dortmunder Wirtschafts
raumes verflochten. Zur Deckung des mittel- und langfri
stigen Arbeitskraftebedarfs im Bergbau, Handwerk und
HUttenwesen bot es dabei zunachst Heimplatze fUr Lehrlinge
und Jungarbeiter aus den dicht besetzten FlUchtlingsge
bieten Schleswig-Holsteins und Niedersachsens an. Nach
dieser ersten Entwicklungsphase widmete sich das Jugend
dorf zwischen 1957 und 1964 verstarkt der Betreuung von
Jugendlichen, die in Dortmunder Handwerksbetrieben eine
Ausbildung erhielten. Daneben belegten Bundespost und
Harpener Bergbau AG mit 60 bzw. 100 Heimplatzen fUr Fern
melde- und Berglehrlinge einen GroBteil der Internats
kapazitaten des Jugenddorfs, das in der Zeit von 1964
bis 1967 zu ihrer Funktion als Lehrlingsheim vorliber
gehend 'entwicklungspolitische' Aufgaben libernahm und
Regierungspraktikanten aus dem westlichen Ausland in
Sprachkursen auf eine berufliche Ausbildung :in der BRD
vorbereitete.
Erstmalig im Sinne der heutigen Arbeit trat das Jugend
dorf 1965 mit der Einrichtung eines "Berufsfindungsjahres"
fUr 90 mannliche Schulabganger in Erscheinung.
Noch bevor die Auszubildenden des Bergbaus, der Bundespost
und des Westdeutschen Brauerei- und Malzerverbandes in
andere Einrichtungen verlegt werden konnten, zeichnete
sich eine programmatische Schwerpunktverlagerung von
- 43 -
sozialpadagogischer Ausbildungsbegleitung in Richtung auf
Berufsvorbereitung 1967 mit der erstmaligen Durchfilllrung eines Berufsf6rderungslehrgangs fur noch nicht berufsreife
Schulentlassene abo Zunachst noch fur 80 rnannliche Jugend
liche ausgelegt, erfaBte der 2. Lehrgang - intern 'Berufsvorbereitungsjahr im CJD' genannt - bereits 220 Jungen
und 40 Madchen.
Die mit der neuen Funktion verbundenen werkpraktischen und
fachtheoretischen Unterweisungsaufgaben erforderten naturgernaB bauliche Veranderungen, die zwischen 1968 und 1973
abgewickelt wurden: Neben einern Werkstattgebaude erhielt
das Jugenddorf einen eigenen fachtheoretischen Schulungsbau, der in seiner raurnlichen Auslegung auch begrenzte
Freizeitaktivitaten der Jugendlichen erlaubten (Gemein
schaftsraurn, Buchereil. 1969, wahrend noch die notwendigen Erweiterungsarbeiten irn Gang waren, hatte das Jugend
dorf mit Heim- und Betreuungsplatzen fur 235 Jungen und 75 Madchen seine vorgesehene Aufnahrnekapazitat erreicht.
Seit diesem Zeitpunkt, dem Beginn des 3. F6rderungslehr
gangs, konnte bis zurn Berichtsjahr 1977/78 das Angebot an Heirnplatzen jeweils voll in Anspruch genornrnen werden.
Mit dieser effektiven Belegungsquote stellte Oespel die gr6Bte Einrichtung fUr F.-Lehrgange im Land NordrheinWestfalen dar. (Der hier skizzierte historische AbriB ist zu wesentlichen Teilen der Schrift "25 Jahre Jugenddorf
Dortmund" entnonmen, die 1976 vom Christlichen Jugenddorfwerk Deutschland herausgegeben wurde.l
2.3. Organisatorische und personelle Rahrnenbedingungen
Der bauliche Gesarntkomplex des Jugenddorfs urnfaBt zurn ge
genwartigen Zeitpunkt 9 Wohnhauser fUr Jungen, 1 Wohnhaus
fur Madchen, die Dienstwohnung des Jugenddorfleiters, das CJD-in terne sozialpadagogi sche Schulungszen trurn "Haus Dorney",
Verwaltungs- und Wirtschaftstrakt sowie die beiden Gebaude
fur die werkpraktische und fachtheoretische Unterweisung.
- 44 -
Auf dem Areal des Jugenddorfs liegen ferner ein kleiner
Sportplatz sowie Gewachshauser fUr die DurchfUhrung der
praktischen Unterweisung im Berufsfeld Gartenbau. Vom Norden und Westen wird das Jugenddorf durch den Park des
Oespeler Dorney, im SUden und Osten durch eine Neubausiedlung begrenzt.
GemaB den Rahmenvorstellungen der BA und der Bundesarbeits
gemeinschaft Jugendaufbauwerk untergliedert sich das Jugend
dotf Oespel in drei padagogische Funktionsbereiche: Werkpraxis, Fachtheorie und sozialpadagogische Betreuung. Dazu kommen Verwaltung und der Bewirtschaftungsbereich.
Im Berichtsjahr 1975/76 waren in den neun angebotenen Be
rufsfeldern der werkpraktischen Abteilung 22 hauptamt
liche Mitarbeiter beschaftigt, von denen der groBte Teil die AusbildereignungsprUfung abgelegt hatte oder eine entsprechende Qualifikation aufweisen konnte. In die fach
theoretische Unterweisun~ teilten sich 16 Lehrkrafte, davon 7 1m Angestelltenverhaltnis und 9 auf Teilzeit/Honorarbasis. Der sozialpadagogische Bereich wies einen Personalstand von 25 auf, worunter eine z.T. wechselnde Anzahl von Praktikanten des sozialpadagogischen Dienstes des CJD fiel, die gemeinsaID mit dem jeweiligen Hausleiter die Betreuung
der Jugendlichen Ubernahmen. Auf die Verwaltung schlieBlich entfielen 9 Mitarbeiter, wahrend insgesamt 51 fest angestellte Krafte fUr den haustechnischen Dienst, Bewirtschaf
tung und Reinigungsarbeiten zustandig waren.
Verantwortlich fUr die organisatorische und finanzielle
Abwicklung der Berufsforderungslehrgange des Jugenddorfs
Oespel und damit der Gesamtleitung beauftragt ist der Jugenddorfleiter,dem zur DurchfUhrung seiner Aufgaben vier
verantwo.rtliche Mitarbeiter zugeordnet sind. In seiner
Eigenschaft als Leiter der sozialpadagogischen Betreuung
ist der Jugendleiter gleichzeitig Stellvertreter des Jugenddorfleiters; verantwortlich fUr werkpraktische und
fachtheoretische Unterweisung ist ein Ausbildungsleiter,
wobei der fachtheoretische Bereich noch einmal gesondert
- 45 -
von einer eigenen Fachkraft betreut wird. Flir die weib
lichen Lehrgangsteilnehmer ist zudem eine sozialpadagogi
sche Mitarbeiterin zustandig, die gleichzeitig die Leitung
des Madchen-Wohnhauses innehat.
In Anlehnung an die Organisations- und Mitsprachepraxis
der anderen Jugendd)rfer besi tzt das Jugenddorf Oespel vier
Gremien, von denen zwei, Tutorenrat und Jugenddorfrat,
als Vertreterorgane der Jugendlichen fungieren, wahrend
der Konvent den Mitarbeitern des Jugenddorfs vorbehalten
ist und in etwa personalratsahnliche Aufgaben hat. Wichtig
stes Mitsprachegremium ist der "Beirat zum Amt des Jugend
dorflei'bers", in den Mitglieder des Konvent und Jugend
dorfratsvertreter entsandt werden. In ihm werden pro
grammatische und disziplinare Angelegenheiten grundsatz
licher und aktueller Art geregelt. Die konkreten Mit
sprachemoglichkeiten der Jugendlichen sind von uns aus
organisatorischen und zeitlichen Uberlegungen heraus nicht
ausflihrlich untersucht worden, sieht man von den entspre
chenden Frage-Items in den Gruppen- und Einzelinterviews
einmal abo
2.4. Finanzierung und Kooperationsmerkmale
Die zur Durchflihrung berufsvorbereitender MaBnahmen bereit
gestellten Mittel werden im vorliegenden Fall durch das
Arbeitsamt Dortmund im Auf trag der BA zur Bewirtschaftung
freigegeben. Da nach strikter MaBgabe des Arbeitsforderungs
gesetzes, §§ 91-96, auch F.-Lehrgange trotz des hohen Ge
wichts ihrer padagogischen Leitvorstellungen nicht als
schulische Veranstaltung aufzufassen sind, konnen aus dem
betreffenden Etat des LAA nur die arbeitsmarktpolitischen
Lehrgangskomponenten finanziert werden, nicht aber etwa
der Berufsschulunterricht, den die Jugendlichen aufgrund
der auch flir sie weiter geltenden Teilzeit-Schulpflicht
besuchen mlissen (Vgl. dazu Kap. 4.5 und 5.2.4. weiter
unten) •
- 46 -
Infolge der internatsmaBigen Unterbringung der Lehrgangsteilnehmer k8nnen die im Jugenddorf Oespel anfallenden Gesamtkosten nicht einheitlich Uber die Leistungsabteilung der Arbeitsverwaltung abgerechnet werden, sondern bedUrfen einer gesonderten Ausweisung der Heimpflegekosten (Unterbringung und Verpflegung sowie sonstige Betreuungskosten) , die nach dem Landesjugendplan und unter Zugrundelegung vorgeschriebener Heimpfleges~tze getragen werden. Die in Abs. 4 der vorl~ufigen Pflegesatzvereinbarung vorgesehene jahrliche Angleichung wird von einer 'Pflegesatzkommission' beim Minister fUr Arbeit, Gesundheit und Soziales (NW)
fUr Rheinland und Westfalen getrennt vorgenammen. Eine Anrechnung des elterlichen Einkommens war wahrend des von uns untersuchten 9. BFL nicht vorgesehen, wurde allerdings im 10. und 11. wieder eingefUhrt, nachdem eine entsprechende Anrechnungsverordnung aus dem Jahre 1969 zeitweilig auBer Kraft gesetzt worden war.
Im Rahmen dieser Mischfinanzierung werden aus den Mitteln der BA fUr reine Lehrgangskosten Personal- und Sachkosten erstattet, die sich im 9. BFL (1975/76) auf insgesamt OM 2.420.736 beliefen (1.628.960 Personal-, 791.776 Sachkosten) •
An Heimpflegekosten fur den gleichen Zeitraum fielen rd. DM 2.070.000 an, wobei nicht aIle Einzelposten Gber die Heimpflegesatze bestritten werden konnten, sondern aus Sonderfonds des MAGS abgedeckt werden. Hierzu zahlen besanders die einschlagigen Zusatzrichtlinien und Vereinbarungen, die das MAGS im Benehmen mit der BA zwecks einer per sane I len Intensivierung der sozialpadagogischen Betreuungsarbeit im Rahmen von ArbeitsbeschaffungsmaBnahmen und F8rderungslehrgangen nach dem AFG erlassen hat (VgI. Jugendberufshilfe gegen Jugendarbeitslosigkeit, Bd. 2, a.a.O., S. 21 ff.)
Die Finanzierungsmodalitaten sehen im einzelnen vor, daB
die Gesamtkosten des Lehrgangs bis zum 5. Monat der lau-
- 47 -
fenden MaBnahme auf der Basis einer vorl~ufigen Kostenermittlung kalkuliert und in elf monatlichen Abschlags
zahlungen erstattet werden. Uber die tats~chlich entstanden Kosten ist bis zum 1.10. des folgenden Jahres (dem zweiten Monat des n~chsten Lehrgangs) eine verbind
liche Endabrechnung zu erstellen. In den vorgesehenen
und anerkannten BilanzgroBen sind nurlaufende Kosten, nicht aber Investitiohs- und Instandsetzungskosten beriick
sichtigt; diese mUssen von Fall zu Fall durch Spenden und
Sonderzuschiisse aus anderen Mi tteln getr~c;€'n werden.
Neben den sachlichen Zw~ngen, die si~h aus der finanziel
len Abwicklung der Lehrg~ge ergeben, verbinden Arbeitsamt und Jugenddorf eine Reihe weiterer Gesichtspunkte,
die eine enge, einvernehmliche Form der Zusammenarbeit erforderlich machen. So stellen besonders die im Zusammenhang mit der Beratung und Zuweisung von Lehrgangsteilnehmern auftretenden Probleme besondere Anforderungen an
die Kooperationsf&higkeit von Arbeitsverwaltung und MaB
nahmetr~ger. Nach der geltenden Praxis nimmt das Jugend
dorf zwar selbst keinen unmittelbaren EinfluB auf die Auswahl der zu fordernden Jugendlichen, hat in der Vergangenheit jedoch auf der Grundlage der vorliegenden Erfahrun
gen mit bestimmten 'Problemgruppen' das Auswahlverfahren
der Arbeits~mter insgesamt zu korrigieren vermocht, vor al~em 1m Bereich der globalen Festlegung van Haupt- und Sonderschiilerquoten.
Die individuelle Zuweisungspraxis trifft in jedem Fall
das zust~ndige Arbeitsamt auf der Basis eines amts~rztlichen Gutachtens sowie gegebenenfalls unter Heranziehung
psychologischer Beurteilungsverfahren, deren Validit~t und Zuverl&ssigkeit indessen starken Zweifeln begegnet. Da die Jugendlichen ausnahmslos in irgend einer Form an Beratungsgespr~chen mit Vertretern des AA teilgenommen haben (Einzel- oder Gruppenberatung), kommt der subjektiven Einsch§tzung der Lehrgangseignung durch den Berufs
berater eine groBe Bedeutung zu, zumal neben den Zeugnissen
- 48 -
in der Regel keine nennenswerten Inforrnationen uber den einzelnen Jugendlichen vorliegen. Mit der Erteilung des Sichtvermerks "wird voraussichtlich mit Erfolg am Berufsf5rderungslehrgang teilnehmen" erfolgt bei einem entsprechenden Platzangebot die Verrnittlung an das Jugenddorf. DaB die Berufsberatung bei einer eventuell n5tig werdenden Motivierung des Jugendlichen hinsichtlich des Besuchs der F5rderungsmaBnahme mitunter zu ebenso verheiBungsvollen wie trugerischen Hinweisen greift (zu denken w~re hier an den nachtr~glichen Erwerb des Hauptschulabschlusses), soll an dieser Stelle nicht unerwahnt bleiben.
Andererseits ist die BA seit einiger Zeit bemuht, ihre Beratungsfunktion durch die Ver5ffentlichung von beruflichen Informationsschriften zur Orientierung und kritischen Selbsteinschatzung des Schulentlassenen zu unterstUtzen. Dabei ist zu berucksichtigen, da~ ein sinnvoller Gebrauch dieser Test- und Aufklarungsbroschuren ohne Mithilfe und Aufbereitung der Schule kaum zu gewahrleisten ist (Vgl. 'Auf dem Wege zum Beruf', hrsg. von der BA, 1976: 'Mach's richtig', BA, 1975: 'beruf aktuell', 'Step' u.a.).
Nicht Gegenstand un serer Untersuchung, aber von zweifellos erheblicher Bedeutung fUr die Arbeit des Jugenddorfes, sind seine Beziehungen zu den Betrieben und Verbanden der Wirtschaft. Abgesehen von einzelnen Zuwendungen finanzieller und sachlicher Art (ein GroBteil der Verbrauchsmaterialien einzelner Berufsfelder k5nnen auf diese Weise unentgeltlich bzw. kostengUnstig beschafft werden), sind es gerade die mittelstandischen Industrie- und Handwerksbetriebe, die als 'Abnehmer' der solchermaBen Gef5rderten in Frage loIl'lllen.
Man kann ohne Einschrankung feststellen, daB positive Erfahrungen mit den Abgangern vorangegangener Lehrgange indirekt zur Steigerung der Vermittlungsaussichten derer beitragen, die eine der spateren MaBnahmen des Jugend-
- 49 -
dorfes besuehen. Ob die damit erreiehten arbeitsmarkt
politisehen Erfolgsquoten noeh im Sinne einer konzeptio
nell-inhaltlieh bedingten Effizienz auszulegen sind, dttrfte
freilieh umstritten sein. Di~ Nahe zur 'bloSen' Erttlehtigung dureh Hinftlhrung zur unkritisehen Rezeption und
Verinnerliehung kanonisierter 'Arbeitstugenden', mag sieh kurzfristig als ein 'vermittlungsf5rderndes Moment' heraus
stellen, langfristig dtlrfte damit die berufspadagogisehe Redliehkeit der MaSnahme tlberhaupt in Frage gestellt werden.
- 50 -
3. Methoden und Ablauf der Untersuchung
3 • 1. Vorbemerkungen
Die Gesamtuntersuchung gliedert sich gemaB der angegebenen Projektzielsetzung in die beiden Haupterhebungen "Begleituntersuchung" und "Effizienzuntersuchung", die jeweils aus unterschiedlichen Batterien empirischer Analyseverfahren bestehen, die den spezifischen Fragestellungen der beiden Hauptuntersuchungskomplexe gerecht werden.
Die Begleituntersuchung des im September 1975 begonnenen Lehrgangs konzentriert sich zuni:i.chst auf die Sichtung und statistische Auswertung vorhandener Unterlagen: a) Sozialdaten, b) Schulzeugnisse, c) Gutachten der Arbeitsamter, d) Eingangsbewertung der Teilnehmer durch das Jugenddorf.
Im AnschluB an diese verschiedenen Schritte der statistischen Auswertung geht es bei der Begleituntersuchung darum, durch folgende empirische Verfahrensweisen im Jugenddorf DortmundOespel selbst Daten 1iber Teilnehmer-, Mitarbeiter und Lehrgangsstruktur zu eruieren: a) Tests zur Ermittlung des Kenntnisstandes der Teil
nehmer zu Beginn und zum Ende des Lehrgangs anhand des Horn-Tests;
b) standardisierte Interviews mit den jugendlichen Teilnehmern 1iber den F5rderungslehrgang;
c) Gruppeninterviews mit den Teilnehmern Uber verschiedene Einzelprobleme, die durch das standardisierte Interview nicht detailliert genug gekli:i.rt werden konnten (z.B. Freizeitgestaltung);
d) Intensivinterviews mit den pi:i.dagogischen Mitarbeitern des Jugenddorfes;
e) Firmenbefragung f) Aufsatzauswertung g) Analyse der Inhalte des Lehrgangs; h) Unterrichtsbeobachtung;
i) Teilnehmende Beobachtung der sozialpi:i.dagogischen Ma8nahmen.
- 51 -
In der sich anschlieBenden Effizienzuntersuchung geht es darurn, vor allem das berufliche Schick sal von Jugendlichen, aber auch den individuellen Werdegang von Jugendlichen zu verfolgen, die vor Beginn ihrer Berufsausbildung einen einjXhrigen F6rderungslehrgang 1m Jugenddorf Oespel absolviert haben, urn so retrospektiv zu einerEinschXtzung dieser LehrgXnge zu gelangen.
In der Effizienzuntersuchung wird zunXchst ebenfalls vorhandenes Material fiber die Jugendlichen bezUglich ihrer Ausbildung ausgewertet: a) Sozialdaten b) Schulentlassungszeugnisse, c) Gutachten der Arbeitsamter, d) AbschluBbewertung des Christlichen Jugenddorfwerks usw.
Weiter werden samtliche Teilnehmer des 5. Jahrgangs des Dortmunder Jugenddorfes nach Beendigung ihrer Ausbildung mittels standardisierter Interviews im Hinblick auf ihre Erfahrungen wahrend ihrer beruflichen Ausbildung befragt.
Parallel dazu wird eine Befragung der Berufsschullehrer und betrieblichen Ausbilder dieser Jugendlichen daraufhin statt-~ finden, ob und inwieweit sich die Teilnehmer an den F6rderungslehrgXngen in ihren theoretischen und praktischen Leistungen von Jugendlichen unterscheiden, die nach Beendigung ihrer Schulzei t als "berufsreif" unmittelbar eine Lehre antreten konnten. Die die Gesamtuntersuchung konstituierenden empirischen Schritte sollen nun im einzelnen dargestellt werden.
3.2.
3.2.1.
3.2.1.1.
- 52 -
Stichproben Stichproben der Begleituntersuchung Standardisiertes Interview
Am 9. Berufsf5rderungslehrgang des Jugenddorfes Dortmund, der im September 1975 begann, nahmen insgesamt 304 Jugendliche teil. In die geplante Vollerhebung konnten 288 Teilnehmer einbezogen werden, womit 94,7 Prozent der beteiligten Jugendlichen erfaBt wurden. Aufgrund der geringen Ausfallquote von ca. 5 Prozent kann gesagt werden, daB die Ergebnisse auch wirklich im Sinne einer Vollerhebung zu verstehen sind, da durch diesen niedrigen Ausfall keine Verzerrung der Ergebnisse zu erwarten ist.
Von den 288 befragten Jugendlichen waren 219 (76,0 Prozent) mannlichen und 69 (24.0 Prozent) weiblichen Geschlechts. Der Ausfall beziffert sich insgesamt auf 16 Teilnehmer (5.3 Prozent). 14 der nichtbefragten Jugendlichen konnten aus KrankheitsgrUnden nicht in das Interview einbezogen werden. Eine Teilnehmerin ist vor Beendigung des Lehrgangs aus dem Jugenddorf ausgeschieden, ein weiteres Madchen ist erst nach dem Interview in das Jugenddorf aufgenommen worden. Bei beiden konnte nicht gew~hrleistet werden, daB das gesamte Untersuchungsprogramm mit ihnen durchgefUhrt wurde.
3.2.1.2. Gruppeninterviews
An den sechs durchgefUhrten Gruppeninterviews waren insgesamt 107 der 304 Jugendlichen beteiligt; das entspricht einem Anteil von 35.2 Prozent an der Gesamtteilnehmerzahl des 9. BFL. Entsprechend der Einteilung der Jugendlichen in drei Leistungsklassen wurden jeweils zwei A-, B- und C-Gruppen fUr die Interviews ausgew~hlt: entsprechend der Tatsache, daB die Jungen im Jugenddorf zahlenmaBig wei taus st~rker vertreten sind, waren 73 Jungen in 4 Gruppen uhd 34 Madchen in 2 Gruppen an der Diskussion beteiligt. Von allen Jugend
lichen konnten also im Verlauf der Gruppeninterviews insge-
- 53 -
samt 35.2 Prozent Auskunft Uber solche Fragen geben, die durch
andere Untersuchungselemente nicht oder nur fragmentarisch
eruiert wurden; d.h. da8 durch die Gruppeninterviews erg~nzendes Material zu den standardisierten untersuchungs
elementen beschafft wurde.
3.2.1.3. Intensivinterviews mit den Dozenten
Zum Zeitpunkt der Untersuchung, im Herbst 1976, waren im Jugenddorf Dortmund 67 Mitarbeiter lehrend oder betreuend
tatig. 24 dieser Mitarbeiter wurden einem Intensivinterview unterzogen (35.8 Prozent). Gema8 der inhaltlichen und organi
satorischen Strukturierung des Jugenddorfs in fachtheoretische Unterweisung, Werkpraxis und sozialpadag09ische Betreuung richtete sich die Auswahl nach der Verteilung der Mitarbeiter auf diese drei Gebiete. Demnach wurden in das Tiefen
interview 9 Lehrer aus dem Bereich der Fachtheorie, 8 aus dem
Bereich der Werkpraxis und 7 Sozialpadagogen einbezogen. Au8erdem wurde bei der Auswahl darauf geachtet, da8 die fUr das Tiefeninterview berUcksichtigten Mitarbeiter dem Gesamt
verhaltnis zwischen hauptamtlich und nebenamtlich Tatigen im Jugenddorf entsprach.
3.2.2. Stichproben der Effizienzuntersuchung
3.2.2.1. Standardisiertes Interview
Wahrend in der Begleituntersuchung aufgrund der gUnstigen Voraussetzungen (internatsma8ige Unterbringung und standige
Anwesenheit der Jugendlichen im Jugenddorf) eine Vollerhebung
keinerlei Schwierigkeiten bereitete, mu8te in der Effizienzuntersuchung erfahrungsgema8 mit einem gro8eren Ausfall ge
rechnet werden, da der zeitliche Abstand von vier Jahren zwischen Beendigung des Lehrgangs und Erhebungszeitpunkt
die Lokalisierung der ehemaligen Teilnehmer verschiedentlich
unmeglich machte. Wiederum im Gegensatz zu der Begleitunter
suchung stellte sich die Situation bei der Effizienzunter-
I
- 54 -
suchung auch insofern etwas schwieriger dar, als hier mit
einer h5heren Verweigerungsquote zu rechnen war, die bei
der Begleituntersuchung keine Rolle spielte.
Imrnerhin konnten von den ursprlinglich 310 Teilnehmern am 5.
Berufsf5rderungslehrgang noch 270 (87.1 Prozent) lokalisiert
werden. Von diesen Jugendlichen stimmten der vorgesehenen
Befragung 198 zu. Damit ergibt sich - bezogen auf die Teil
nehmerzahl von 310 - ein Gesamtausfall von 36.1 Prozent.
Diese Ausfallquote setzt sich zu 35.7 Prozent aus nicht
lokalisierbaren Jugendlichen und zu 64.3 Prozent aus zwar
lokalisierten, aber ein Interview ablehnenden Personen zu
samrnen.
Es bleibt zu fragen, ob durch diese Ausfallquote die Ergeb
nisse der Effizienzuntersuchung, soweit sie aus dieser Be
fragung resultieren, m5glicherweise insofern geringfUgig
verzerrt sind, als vermutet werden k5nnte, daB die sich
gegen das Interview sperrenden Jugendlichen sich als Gruppe
definieren lassen, die trotz des BFLs aufgrund einer von
ihnen als unbefriedigend empfundenen beruflichen Situation
die Teilnahme am Interview verweigerten. HierfUr jedoch
gibt es keine gesicherten Belege.
Der Ausfall, der durch Nichtlokalisierbarkeit der ehemaligen
Teilnehmer zusandekommt, beruht in der Regel auf einer
groBen Mobilitat, die entweder auf eine positive berufliche
Entwicklung im Sinne eines mit einem beruflichen Aufstieg
verbundenen Ortswechsel schlieBen laBt oder die sich mit
beruflicher Unstetigkeit und damit verbundenen Klindigungen
und Firmenwechsel erklaren laBt.
3.2.2.2. Befragung der Ausbildungsfirmen
Parallel zu den standardisierten Teilnehmerbefragungen wurden
die Firmen, in die Absolventen des BFLs in ein Ausbildungs-
verhaltnis vermittelt wurden, ebenfalls einer standardisier-ten mlindlichen Befragung hinsichtlich ihrer Erfahrungen mit
- 55 -
Absolventen von Berufsf6rderungslehrg§ngen unterzogen.
Zielpersonen dieser Befragung waren die Lehrlingsausbilder
oder, bei kleineren Handwerksbetrieben, die Inhaber selbst. Insgesamt konnten in diese Untersuchung 59 Betriebe einbezogen werden.
3.3. Einzelelemente der Begleituntersuchung
3.3.1. Statistische Auswertung vorhandener schriftlicher Un terlagen
Um eine m6g1ichst genaue Charakterisierung der Jugendlichen zu Beginn, w§hrend des Verlaufs und zu AbschluB des Lehr
gangs zu erhalten, wurden folgende Materialien und Dokumente einer systematischen Auswertung unterzogen:
1) Dokumente zur Kennzeichnung der Eingangssituation:
- Schulische Beurteilung und Zeugnisse1 - Gutachtliche KuBerung der Berufsberatungsstellen1
2) Dokumente zur Entwicklung der Jugendlichen w§hrend des
Lehrgangs:
- Zwischenbeurteilungen durch das p§dagogische Personal des CJD
- Klassenbticher und Zensurenlisten1 - Kriterien zur Einteilung in Eignungsgruppen1
- Konferenzprotokolle des fachtheoretischen, werk-praktischen und sozialp§dagogischen Bereichs, des Jugenddorfrates und des Jugenddorfbeirates.
3) Dokumente tiber die AbschluBsituation: - Unterlagen tiber die Schulfremdenprtifung: (Haupt
schulabschluB) i - Angaben tiber Berufseinmtindungen der Jugendlichen1
- AbschluBbeurteilungen durch das Jugenddorf.
- 56 -
3.3.2. Horn-Test I und II
Die im Rahmen der Begleituntersuchung durchgefUhrten Tests zur Ermittlung der kognitiven F~higkeiten der Teilnehmer zu Beginn und zu Ende des Lehrganges bestanden aus einem PrUfsystem fUr Schul- und Bildungsberatung, das von W. Horn entwickelt wurde. Diese aus zehn Subtests bestehende PrUfbatterie ist fUr die Feststellung der Berufsreife und spezifischer beruflicher und kognitiver F~higkeiten von guter diagnostischer Relevanz, zumal sie in Baden-WUrttemberg an einer Stichprobe von 10 000 SchUlern geeicht wurde. Mit ausschlaggebend fUr die Auswahl dieses Tests war neben seinen inhaltlichen Quali~ten auch seine 5konomische Anwendbarkeit als Gruppentest und seine relativ unkomplizierte DurchfUhrbarkeit.
Um eine m5g1iche Veranderung vor allem der kognitiven Fahigkeiten der Jugendlichen durch ihre Teilnahme amBFL festzustellen, muBte der Horntest zu Anfang und zu Ende des Lehrgangs durchgefUhrt werden. Dies war insofern unproblematisch, als der Erinnerungswert des Tests bei Jugendlichen mit Sicherheit nicht Uber ein Jahr anh~lt. AuBerdem liegt der Test in zwei vergleichbaren Formen vor, so daB kein Jugendlicher dieselben Testaufgaben zweimal zu losen hatte.
3.3.3. Standardisiertes Interview - TAilnehmerbefragung
Die anhand des standardisierten Interviews durchgefUhrten Befragungen soli ten Ergebnisse bringen Uber die Meinung der Jugendlichen in bezug auf die Inhalte und die p~dagogischen MaBnahmen des BFL; insbesondere ging es in diesem Teil der Untersuchung um die Bereiche Werkpraxis, Fachtheorie und sozialp~dagogische Begleitung. Im Vordergrund stand hier die Frage, ob von den Jugendlichen solche EindrUcke und Meinungen zu den durchgefUhrten MaBnahmen ge~uBert wUrden, die auf
Diskrepanzen zwischen der Konzeption und der praktischen
DurchfUhrung des BFL schlieBen lassen.
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Ein standardisiertes Interview, wie wir es benutzten, ist
bis in die letzten Feinheiten ausgearbeitet. Der Interviewer ist unbedingt gehalten, sich sowohl an den Wortlaut als auch an die Reihenfolge der Fragen zu binden.
Der groBte Vorteil des standardisierten Fragebogens liegt
zweifellos in seiner besseren Quantifizierbarkeit, die auf einer absoluten Vergleichbarkeit der Antworten beruht. Um
eine maglichst gute Quantifizierung zu erreichen und eine Uberforderung der Mitarbeiter wahrend des Interviews zu
vermeiden, benutzten wir fUr unsere Enderhebung einen
standardisierten Fragebogen, wahrend wir bei den Vo:tunter
suchungen teilweise freie Interviews mit Hilfe nicht- oder halbstandardisierter Fragebogen durchgefUhrt haben, um eine
erste Klarung und Sichtung des zu erforschenden Stoffgebiete s vor zunehmen •
Die Nachteile des standardisierten Interviews (Verallge
meinerung der Antworten usw.) konnten in der vorliegenden Untersuchung dadurch kompensiert we'rden, daB weitere Untersuchungsverfahren (z.B. Gruppendiskussionen etc.) angewandt
wurden.
Die notwendigen Voruntersuchungen und Pretests sind im Jugenddorf Rheinkamp/Niederrhein durchgefUhrt worden. Dieses Jugend
dorf hat von seiner Sozial- und Regionalstruktur her einen
ahnlichen Einzugsbereich wie das Jugenddorf Dortmund (s.AnIage 1)
3.3.4. Gruppeninterviews
Gruppeninterviews zeichnen sich gegenUber standardisierten Interviews dadurch aus, daB sie eher in der Lage sind, Hinter
grundinformation zu erbringen sowie solche Sachverhalte aufzuklaren, die durch standardisierte Fragen und Antwortkate
gorien nicht oder nur unzureichend zu erheIIen sind. Im
Rahmen der Begleituntersuchung durchgefUhrte Gruppeninter-
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views zielten denn auch im wesentlichen auf den Bereich
der sozialp~dagogischen MaBnahmen ab; so konnten hier zu
s~tzliche AuskUnfte der Betroffenen zu Fragen ihres Ver~ltnisses zum Personal des CJD, zu Problemen der Koeduka
tion u.a.m. erhalten werden. Von s~mtlichen Gruppeninterviews sind zun~chst Tonmitschnitte gemacht worden, die im
nachhinein schriftlich ausgewertet worden sind. Urn einen ann~hernd vergleichbaren thematischen Verlauf der einzelnen
Gruppendiskussionen zu gew~hrleisten, wurde ein schriftlicher 'Leitfaden' zur inhaltlichen Grobstrukturierung der Gruppendiskussionen erstellt (s. Anlage 2)
3.3.5. Intensivinterviews mit Mitarbeitern des CJD
In Vorgespr~chen mit den Dozenten erwies es sich als unm5glich, die stark unterschiedlichen Meinungen und Einstellungen der Dozenten zu Problemen des BFL in standardisierte
Fragen und Antwortkategorien zu komprimieren, weil dann der fUr die ge~uBerten Argumente eigentlich wesentliche BegrUndungszusammenhang nicht mehr nachvollziehbar w~re. Aus die
sem Grund bot sich als praktikables empirisches Vorgehen die Form des nichtstandardisierten Intensivinterviews mit
den Mitarbeitern des CJD an, das besser geeignet ist, auf graduelle Einstellungsunterschiede einzugehen und differen
zierte Meinungen im Detail zu erfassen.
Au~h fUr diese Intensivinterviews wurde ein strukturierender Leitfaden erstellt (s. Anlage 3).
3.3.6. Firmenbefragung und Aufsatzauswer.tuqg
Urn die individuellen Erfahrungen der Jugendlichen bei ihren ersten Kontakten mit ihren potentiellen Arbeitgebern und
die Einsch~tzung des BFL durch diese in Erfahrung zu bringen, wurde veranlaBt, daB die Jugendlichen im Rahmen des Deutsch
unterrichts im Jugenddorf einen Aufsatz Uber ihre EindrUcke
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von den Vorstellungsgesprachen anfertigten ("Meine Erfahrun
gen beim Vorstellungsgesprach"). Gekoppelt mit dieser Auf
satzauswertung ist eine standardisierte schriftliche Be
fragung solcher Firmen zu sehen, die sich prinzipiell zu
der Einstellung von Teilnehrnern des BFL in ein Ausbildungs
verhaltnis bereit erklarten. Die sich an inhaltsanalytischen
Methoden orientierende Auswertung der Aufsatze und die Be
fragungen wurden in ihren Aussagegehalten verglichen, urn so
auch die Eindrucke beider beteiligten Gruppen zur Charakte
risierung der AusbildungsmOglichkeiten von BFL-Absolventen
berucksichtigen zu konnen (s. Anlage 4)
3.3.7. Analyse der Lehrgangsinhalte
Soweit die Untersuchung auf die Analyse und Kritik der Lehr
gangsinhalte gerichtet ist, muBten in groBerem Umfang Lehr
plane, Lernzielkataloge, Lehrbucher, Unterrichtshinweise
und Stoffsammlungen der verschiedenen Bereiche einbezogen
werden, die zunachst als programmatische Intentionen zu
werten sind und nur im Verbund mit Unterrichtsbeobachtungen,
Klassenbuchanalysen und Auswertungen von schriftlichen bzw.
werkstattbezogenen Arbeiten zuverlassige Hinweise auf das
Gesamt der Lehrgangsinhalte zulassen.
Die Ergebnisse dieses kombinierten Auswertungsprozesses
mussen im Zusammenhang mit den Erhebungswerten der ubrigen
empirischen Teilschritte der Begleituntersuchung interpre
tiert werden.
3.3.8. Unterrichtsbeobachtung und teilnehmende Beobachtung der sozialpadagogischen MaBnahmen
Die durchgefuhrten Unterrichtsbeobachtungen erflillen im
wesentlichen drei Aufgaben, namlich eine Uberprlifung
- der Konkretisierungsformen der Lehrplane
- der Differenzierungsmodalitaten gemaB der Gruppeneinteilung
- des Einflusses organisatorischer Faktoren auf das Lernver-
halten.
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Bei der Entscheidung fur die geeignete Form der Unterrichts
beobachtung muBten folgende Tatbestande berucksichtigt werden:
- Lange des Beobachtungszeitraums (11 Monate)
- Zahl der Klassen, Heterogenitat der Zusammensetzung
- Gruppenaufteilung nach Leistungsgesichtspunkten
- Storfaktor der Beobachtung
- personeller Aspekt; Zahl der Beobachter
- UnzweckmaBigkeit der Verwendung optischer und akustischer
Aufzeichnungsgerate
- Inhomogenitat der Lehrerschaft.
Die hier beschriebenen Faktoren machen deutlich, daB es
sich bei der Unterrichtsbeobachtung urn eine unvermittelte,
passiv teilnehmende Feldbeobachtung handelt. Sie sollte
sich dadurch auszeichnen, daB sie einen m6glichst voll
kommenen und unverfalschten Einblick in die konkrete Unter
richtspraxis wahrend des Berufsforderungslehrganges in Dort
mund erm6glichen.
Dabei wurde das Verfahren der isomorphen Deskription (s.
Mees/Selg,1977 ) zur Anwendung gebracht.
1m ubrigen darf auf die generelle Problematik der Verfremdung
des Unterrichtsprozesses als Folge exakter Dokurnentation
hingewiesen werden (Dohmen et.al. 1970, Hoof 1972, Winnefeld
31965) .
1m allgemeinen wurde aus den genannten Grunden die unstruk
turierte Einzelbeobachtung der kontrollierten Beobachtung
durch ein Team vorgezogen. Die eingesetzten Beobachter hatten
Gelegenheit, durch eine Reihe informeller Kontakte mit den
Jugendlichen wahrend und auBerhalb des Unterrichts den poten
tiellen Storeffekt ihrer Teilnahme abzuschwachen. Die Ge
sichtspunkte der Beobachtung entbehrten trotz fehlender Ein
ordnung in eine Korrelations- und Bewertungsmatrix quanti
fizierender Art nicht einer groben Systematik. So wurden
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grunds~tzlich die ~uBeren Strukturelemente des Unterrichts
entsprechend ihrer Gewichtung berucksichtigt. Urn nachvoll
ziehen zu ktinnen, in welcher Form bsw. der Deutschunterricht
in einer Klasse der A-Gruppe im Vergleich zu einem solchen
der C-Klasse realisiert wird, muBte die Variable 'Lehrer'
konstant gehalten werden, indem Klassenverb~nde ausgew~hlt
wurden, die in diesem Fall vom gleichen Mitarbeiter unter
richtet wurden. Als Beobachtungszeitraum wurde die "stabile"
mittlere Phase des Lehrgangs, Januar bis April 1976, gew~hlt.
Grunds~tzlich wurden pro Fach zwei Lehrkr~fte besllc;ht;
auf eine gleich~Bige Verteilung der ausgew~hlten unter
richtseinheiten uber den Tagesverlauf wurde Wert gelegt.
Eingedenk der oben kurz angerissenen Gesichtspunkte, die
gegen eine zu starre Handhabung unterrichtsanalytischer Er
hebungen sprechen, ktinnen Zweck~Bigkeit und Ergiebigkeit
der von uns gew~hlten Beobachtungsverfahren nur gewurdigt
werden, wenn sie in den Zusammenhang des ubrigen Daten
kontextes gestellt werden, wie er sich aus den bereits an
gesprochenen empirischen Methodenbundeln ergibt.
3.4. Einzelelemente der Effizienzuntersuchung
Mit Sicherheit ist zu sagen, daB in bezug auf die Fest
stellung der Effizienz des Berufsftirderungslehrganges eine
L~ngsschnittuntersuchung angezeigt w~re, die den beruflichen
Werdegang der am 9. Berufsftirderungslehrgang Beteiligten und
durch die Begleituntersuchung erfaBten Jugendlichen verfolgen
ktinnte. Da fur solche L~ngsschnittuntersuchungen, die sich
im vorliegenden Fall uber mehr als funf Jahre h~tte erstrek
ken mussen, so groBe personelle und finanzielle Aufwendungen
notwendig sind, die fur das hier beschriebene Projekt nicht
zur Verfugung gestellt werden konnten, ergab sich der Zwang
zu dem gew~hlten Vorgehen, einen fruheren Jahrgang zur Be
urteilung der Wirksamkeit der MaBnahmen der Berufsftirderungs
lehrg~nge heranzuziehen.
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3.4.1. Statistische Auswertungen vorhandener schriftlicher Unterlagen
Von den vorhandenen Unterlagen Uber die Teilnehrner des 5. Berufsf5rderungslehrganges im Jugenddorf Dortmund waren
fUr die Effizienzuntersuchung besonders jene von Interesse, die Auskunft Uber den Erfolg der Jugendlichen wahrend des BFL und Uber die Einschatzung ihrer beruflichen Qualifikation durch das Jugenddorf sowie Uber ihre tatsachlichen Berufs
einmUndungen ~aben. Im einzelnen wurden ausqewertet: a) Eignungsgruppen-Einteilung b) Anmelde- und Erfolgslisten Uber HauptschulabschluBprUung
c) AbschluBbeurteilungen durch das Jugenddorf d) BerufseinmUndungslisten
3.4.2. Standardisiertes Interview - Teilnehrner
In der Teilnehmerbefragung ging es zum einen darum, von den
Teilnehrnern des 5. BFL AuskUnfte zu ihrem jeweiligen beruflichen Werdegang zu erhalten, zum anderen sollten diese je
doch auch ~rUckblickend die Wirksamkeit der im CJD durchgefUhrten MaBnahrnen fUr diesen Werdegang einschatzen. Folgende
Einzelpunkte standen dabei im Vordergrund der Erhebung: - Qualitat des Berufsabschlusses - Leistungert in berufsbildenden Schulen
- berufliche Mobilitat - Abbruch der Berufsausbildung - Berufszufriedenheit - Einschlitzung der beruflichen Zukunft - berufliche und auBerberufliche Weiterbildung
(s. Anlage 5)
3.4.3. Standardisiertes Interview - Ausbildungsfirmen
Durch das Interview mit den Lehrlingsausbildern in Betrieben,
die Jugendliche aus dem CJD aufnehmen, sollte in Erfahrung
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gebracht werden, ob sich ~hrend der Ausbildungszeit Unter
schiede zwischen Jugendlichen aus dem CJD und anderen Auszu
bildenden in Bezug auf - Vorkenntnisse im praktischen Bereich - Vorkenntnis im theoretischen Bereich
- Sozialverhalten - Einstellung zur Arbeit - LehrabschluBprUfung zeigen (s. Anlage 6).
3.5. Ablauf der Untersuchung
Man kann sich bisweilen des Eindrucks nicht erwehren, daB
manche empirische Untersuchung, von leichter Hand konzi-
piert,und in Rekordtempo abgewickelt, mehr als empirischer
Arbeitsnachweis dient, denn als sorgfaltig geplanter und
methodisch exakter Beitrag zur Erhellung des Forschungsgegenstandes. Empirische Untersuchungen ben5tigen neben einem
hohen finanziellen Aufwand vor allen Dingen Zeit. Aus diesen Grunden erscheint es im Zusammenhang mit der Ergebnisinterpretation der vorliegenden Untersuchung sinnvoll, auch eine Information uber samtliche notwendigen untersuchungstechnischen Schritte zu liefern.
Dazu wird ein kommentiertes Ablaufdiagramm dieser Untersuchung vorgestellt, aus dem die zeitliche Lokalisierung
der einzelnen Untersuchungsschritte und deren Interdependenzen hervorgeht.
Aus diesem Ablaufschema geht ebenfalls hervor, daB nach den Voruntersuchungen und der endgultigen Fixierung der Erhebungs
instrumentarien die Vorbereitung der untersuchungsbeteiligten (in diesem Fall besonders die Vorbereitung der Interviewer) ein wichtiger Schritt zur Realisierung des Projektes dar
stellt. Der schwachste Punkt einer Untersuehung liegt immer
im eigentliehen ProzeB des Interviewens selbst, da er sieh einer systematischen Kontrolle entzieht und es sieh bei den
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Interviewern vorwiegend urn Studenten der Padagogik handelt,
die kaurn praktische Interviewerfahvung mitbrachten.
Bei der notwendigen Interviewerschulung stellte sich als zentrales Problem die Verschlusselung der Antworten heraus. Urn sic~erzustellen, daB gleiche_Antworten der befragten Jugend
lichen und Ausbilder auch von samtlichen Interviewern auf die gleiche Weise behandelt werden, wurde ein dezidierter Interview-Leitfaden erstellt. AuBerdem wurde in Probeinterviews versucht, den groBtrnOglichen Konsensus unter den Interviewern herzustellen.
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4. Struktur und padagogische Konzeption der Berufsforderungslehrgange
Entsprechend der je verschiedenen Ausgangslage und Forde
rungsbedUrftigkeit der in der Schule gescheiterten Jugend
lichen ist ein differenziertes System von Fordermoglich
keiten fur diese Gruppe entwickelt worden, das sowohl Formen
schulischer als auch auBerschulischer Durchfuhrung enthalt.
Im Zusamrnenhang dieses Forschungsvorhabens geht es urn einen
MaBnahmetyp im auBerschulischen Bereich, der von der Bundes
anstalt fur Arbeit (BA) finanziert und von freien Tragern
der Jugendsozialarbeit durchgefuhrt wird.
Thema dieses Ka~els ist, die allgemeine Konzeption darzu
stellen, die dieser Forderungsform zugrunde liegt, sowie
auf die Besonderungen zu verweisen, die innerhalb dieses
Rahmens die MaBnahmen des CJD kennzeichnen, wobei auch Hin
weise auf die Konzepte anderer Trager zu geben sind.
Es kann sich in diesem Kapitel nur urn Aussagen handeln, die
eine Einordnung des Gegenstandes in ein generelles Forde
rungskonzept ermoglichen. Konkrete Tatbestande, die sich
aus unserer untersuchung ergeben, werden in Kap. 5 darge
stellt.
4.1. Zielvorstellungen der Lehrgange, Aufgabenverstandnis, allgemeine padagogisch-didaktische Funktion der Lehrgangsbereiche; andere Trager; konzeptionelle Knderungen
Zielvorstellungen
In ihren Aktivitaten zur Forderung nicht berufsreifer Jugend
licher unterscheidet die BA drei grundsatzliche MaBnahmen,
die sich nach Ziel, Inhalt und Zielgruppe voneinander unter
scheiden und zusamrnen ein differenziertes System beruflicher
Vorbereitung bilden. Wie in Kap. 1.2 bereits aufgefuhrt,
handelt es sich im einzelnen urn
- Grundausbildungslehrgange
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- Lehrgange zur Verbesserung der Eingliederungsmoglichkeiten
- Berufsforderungslehrgange.
Aus dem in Kap. 1.2 Gesagten erhellt, daB die Berufsforde
rungslehrgange im Gegensatz zu den anderen Formen, mit Aus
nahme des Typs G1 der Grundausbildungslehrgange (vgl. dazu
ibv Nr. 15 vom 14.4.1976, S.420) , auf eine nachfolgende be
rufliche Qualifizierung der Teilnehmer hin konzipiert sind.
Es geht darum, einer Gruppe von Jugendlichen, die nach den
Gutachten der Arbeitsverwaltung trotz ihrer schulisch aus
gewiesenen kognitiven und psychosozialen Defizitlage als
potentiell ausbildungsgeeignet gelten, eine Forderung anzu
bieten, die ihnen eine Aufarbeitung dieser Mangel ermog
licht und sie in die Lage versetzt, als konkurrenzfahige
Bewerber auf dem Ausbildungsstellenmarkt anzutreten.
Nach den konzeptionellen Aussagen der MaBnahmetrager und
der BA kommt den BFL eine Gelenkfunktion zwischen Schule und
Berufsausbildung zu, indem sie den Teilnehmern den Uber
gang vom einen in den anderen Bildungssektor ermoglichen.
Demzufolge sind die Lehrgange als sozialpadagogische Auf
gabe ausgewiesen.
Dauer und Struktur
Die Lehrgange sind als Jahreskurse eingerichtet, d.h. sie
erstrecken sich Uber etwa 101/2 Monate vom 1. September
bis Mitte Juli des folgenden Jahres. Sie konnen in offener
Form, also als Tageslehrgange, oder in Internatsform durch
gefUhrt werden (vgl. dazu Kap. 4.4.3). Die wOchentliche
Unterrichtszeit soll einschlieBlich des Berufsschulunter
richts 40 Stunden betragen. Anders gewendet, bedeutet
dies, daB fUr die Arbeit im Lehrgang selbst 32 Stunden an
zusetzen sind, von denen der GroBteil auf die werkpraktische
Unterweisung entfallen soll.
Die inhaltliche Grundstruktur der Lehrgangskonzeption besagt,
daB die Forderung durch werkpraktische Unterweisung und
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fachtheoretischen Unterricht erfolgt und durch eine inten
sive sozialpadagogische Begleitung erganzt wird.
Die verschiedenen Lehrgangstrager haben die - recht weit
gefaBte - generelle Konzeption in unterschiedliche Konkretisierungsformen umgesetzt, die sich durch Differenzierun
gen in methodischen und didaktischen Fragen unterscheiden (vgl. dazu die Angaben in den Kap. 4.2., 4.3. und 4.4).
Unbeschadet der konkreten inhaltlichen Abweichungen gilt fur aIle Lehrgange, daB sie nicht berufsspezifisch, sondern
auf berufsfeldbreite Unterweisung hin konzipiert sind.
Wichtigster Teilbereich in allen Lehrgangen ist die werkpraktische Unterweisung, die in mehreren Berufsfeldern
bzw. -bereichen erfolgt.
Neben der werkpraktischen erhalten die Lehrgangsteilnehmer
eine fachtheoretische Unterweisung. Sie beinhaltet in einem
engeren Sinne fachkundliche Themen eines Berufsfeldes, 1m
weiteren Sinne einen auf die Inhalte der Hauptschule oder der Berufsschule bezogenen Unterricht. Hinsichtlich der
Extensitat dieses Lehrgangsbereiches und der Intensitat des Unterrichts ergeben sich betrachtliche Unberschiede
zwischen den einzelnen Lehrgangstragern (vgl. Kap. 4.3).
Parallel zu dieser Ferderung sollen die Teilnehmer gezielte sozialpadagogisch akzentuierte Hilfen erhalten, die ihre emo
tionale Stabilisierung ferdern sol~n~ie sozialpadagogische Komponente weist von allen drei Lehrgangsbereichen bzw. -aspekten die greBten Differenzierungen hinsichtlich ihrer
didaktisch-methodischen Struktur in den Realisierungen
der einzelnen Trager auf.
Auf der anderen Seite ist festzuhalten, daB auch die Konzeptionen der einzelnen Trager dynamisch sind und im Ab
lauf der Lehrgange Veranderungen erfahren. Wir werden in
den folgenden Darstellungen auf differenzierte Formen im
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Vergleich einiger Tr~ger sowie auf Modifizierungen inner
halb einer Konzeption am Beispiel des CJD hinweisen.
4.2. Werkpraktischer Bereich
Die werkpraktische Unterweisung in den BerufsfBrderungslehrg~ngen ist keine Berufsausbildung. Der Jugendliche solI vielmehr w~hrend des Lehrgangs so weit gefBrdert werden, daB
er nach Lehrgangsende in das Arbeits- oder Berufsleben eingegliedert werden kann. Diese generelle Zielsetzung der FBrderungslehrg~nge und die Besonderheiten der Zielgruppe (sh. Kap. 5.1.) erfordern eine mehr sozialp~dagogische Orientierung 1m werkpraktischen Bereich. Es sollen Ver
haltensweisen gefBrdert und verst~rkt werden, die fUr die Arbeits- und Berufswelt unabdingbar sind.
Da in der werkpraktischen Unterweisung nicht auf bestimmte Berufe vorbereitet werden solI, erfolgt die Unterweisung in 'Berufsfeldern'. Im Rahmenplan zur DurchfUhrung von
FBrderungslehrg~ngen werden die VorzUge des berufsfeld
bezogenen Lernens wie folgt dargestellt: a) Die Berufsfelder bilden ein weit gefaBtes Lernangebot,
das sich flexibel auf die sich wandelnden Bedingungen der Arbeits- und Berufswelt einstellen kann.
b) In jedem Berufsfeld werden Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die exemplarische Bedeutung haben. Sie finden eine Entsprechung in den verschiedensten Berufen, die
dieses Berufsfeld umfaBt. c) Berufsfeldbezogenes Lernen gew&hrleistet das Ausprobieren,
das Uben und das PrUfen im berufsneutralen Sinn. (ibv. 1976, Nr. 1, S. 4).
Die FBrderungslehrg~nge sollen so ausgestattet sein, daB
ein mBglichst vielf~ltiges Lernangebot erfolgen.kann. Der
Lehrgangsteilnehmer solI in jeweils 4-6-wBchigem Durchlauf
ca. fUnf Berufsfelder kennenlernen, sich darin erproben, urn
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seine Eignung fUr und seine Neigung zu einem Berufsfeld zu finden, in dem er nach dem Lehrgangsende seinen Beruf
erlernen wird. Das Angebot der Berufsfelder richtet sich
dabei nach den Moglichkeiten der Tr~ger.
4."2.1. Der Stellenwert der werkpraktischen Unterweisung 1m Gesamtkonzept des Lehrgangs
Der werkpraktische Teil hat im Forderungslehrgang die vor
rangige Bedeutung. Dies ergibt sich fast zwangslaufig aus der Intention des Lehrgangs als berufsvorbe~e~tende\' MaB
nahme. Die Berufsvorbereitung wird zwar als sozialp~dagogi
sche Aufgabe verstanden, da jedoch der Bezug zur Arbeitsund Berufswelt hergestellt werden solI, ist die Einbezie
hung der beruflichen Praxis unabdingbar. Der Jugendliche kann nur dann erfolgreich in die Arbeitswelt eingegliedert
werden, wenn er vorher einen mOglichst umfangreichen Einblick in diesen Bereich bekommen hat.
Das CJD geht davon aus, daB vor allem die schulischen MiB
erfolgserlebnisse den Jugendlichen in seiner bisherigen Entwicklung behindert haben. Es ware demnach unsinnig, wollte man den Lehrgang zu einem verlangerten Arm der Haupt- oder
Sonderschule machen. In die Werkstatten dagegen kommen die Jugendlichen relativ unvoreingenommen, d.h. ohne negative Vorerfahrungen. Sie sind daher viel leichter zur Mitarbeit zu motivieren als beispielsweise im fachtheoretischen Unter
richt. Auch lassen sich in der werkpraktischen Unterweisung viel leichter Erfolgserlebnisse vermitteln, die zu einer
Stabilisierung der Personlichkeit des Jugendlichen beitragen konnen.
Auch fUr das Lehrgangsziel, die berufliche Eignung und Neigung zu finden, ist die werkpraktische Unterweisung von vorrangiger Bedeutung. Der Jugendliche kann seine personlichen
Fahigkeiten, seine Neigung und Eignung nur entdecken, wenn
er selbst fUr einen gewissen Zeitraum in den verschiedenen
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Berufsfe1dern gearbeitet hat. Dabei ergibt sich auch die
Mog1ichkeit, gewisse manue11e Fertigkeiten einzuuben. Da die meisten Tei1nehmer nach dem Forderungs1ehrgang eine
handwerk1iche T§tigkeit aufnehmen, ist dies eine weitere wichtige Aufgabe der Berufsvorbereitung, die nur 1m Rahmen der werkpraktischen Unterweisung erfu11t werden kann.
4.2.2.· Zie1e und Aufgaben der werkpraktischen Unterweisung
Wie bereits erw§hnt hat die werkpraktische Unterweisung in
den Forderungs1ehrg§rtgen vor a11em eine sozia1p§dagogische Orientierung. Sie soll zur Stabi1isierung der Person1ichkeit
des Jugend1ichen beitragen. Der Jugend1iche soll dabei die
Ge1egenheit erha1ten, durch die T§tigkeit in verschiedenen Berufsfe1dern und durch den Umgang mit verschiedenen Werkstoffen seine person1iche Eignung und Neigung kennenzu1ernen und zu erproben. Eine wichtige Aufgabe der werkpraktischen
unterweisung ist es also, "festzuste11en, wo F§higkeiten 1iegen, wie weit sie bereits entwicke1t wurden und we daruber hinaus noch unerkannte Anlagen und F§higkeiten vorhanden sind,
die es zu fordern gilt". Eine so verstandene werkpraktische Unterweisung "ist keine Ausbi1dung. Es geht vie1mehr darum, den Jugend1ichen w§hrend des Lehrgangs so weit zu fordern, daB er nach Ab1auf des Lehrgangs in das Arbeits- und Berufs-
1eben eingeg1iedert werden kann." (Richt1inien zur werkprak
tischen Unterweisung im CJD, S. 1).
Diese Zie1setzung, die Eing1iederungsf§higkeit des Jugendlichen, deutet darauf hin, daB es bei der werkpraktischen
Unterweisung nicht in erster Linie um das EinUben von hand
werk1ichen F§higkeiten geht. Man geht vielmehr davon aus,
daB es Jugend1ichen ohne Schulabsch1uB nicht nur an Kenntnissen mangelt, sondern vor allem an einem hinreichend an
gepaBten Arbeits- und Sozialverhalten: F§higkeit zur Einordnung, Arbeitswi11e, Zuverl§ssigkeit und Ausdauer sind
ungenugend entwickelt. Folglich haben die Ausbi1der in den
Werkst§tten vor al1em eine erzieherische Funktion. In den
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Riehtlinien des CJD ist vom Erziehungsauftrag der Ausbilder
die Rede. Erreieht werden solI eine St§rkung der PersBnliehkeit des Jugendliehen, einp. Intensivierung des sozialen Verhaltens und eine FBrderung der Leistungsf~higkeit und Leistungsbereitsehaft. Bei der ErfUllung dieses Erziehungsauftrages haben die Ausbilder in den Werkst~tten den Vorteil,
daB die Jugendliehen mit einer weitgehenden Lernwilligkeit zu ihnen kommen. Der Ausbilder hat nun die Aufgabe, "diesen Lernwillen zu erhalten unCI l'il'.iter auszubauen". (Riehtlinien zur werkpraktisehen Unterweisung im CJD, S. 3).
Zur n~heren Erl~uterung des Erziehungsauftrag,es ist in den
Riehtlinien des CJD zur werkpraktisehen Unterweisung ein Katalog von Erziehungszielen formuliert worden. "Erziehungsziele sind:
1) Soziales Verhalten gegenUber sieh, den Arbeitskollegen
und der Firma.
2) Die Bereitsehaft, Neues zu lernen, sieh weiterzubilden,
die Bereitsehaft, Verantwortung zu tragen.
3) Das VermBgen, gut zu beobaehten, das VermBgen, sieh zu konzentrieren, das Vermogen, mitzudenken, das VermBgen, ausdauernd zu arbeiten, das VermBgen, geduldig und z~h Ziele zu verfolgen
4) Di'e Hal tung, pUnk tlieh und zuver l~ s sig zu se in, die Ha 1-
tung, sieh Saehzw~gen unterzuordnen". (Riehtlinien zur werkpraktisehen Unterweisung im CJD, S. 4).
Dieser Katalog von Erziehungszielen ist ein weiterer Beleg
dafUr, daB es bei der werkpraktisehen Unterweisung vor allem um ein angepaBtes Arbeits- und Sozialverhalten geht. Im Ge
gensatz zu dieser ausfUhrliehen Darstellung der Erziehungsziele f~llt dann die Definition der Lernziele des werkpraktisehen Bereiehes aueh sehr knapp aus. "Lernziele sind: Fer
tigkeiten und Kenntnisse werkpraktiseher und faehtheoretiseher Art aus den im Lehrplan dargestellten Fachbereichen in
st~ndig steigender Schwierigkeit, bezogen auf Qualit~t (Ge-
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nauigkeit) und Quantitat (Menge-Leistung)". (Richtlinien zur
werkpraktischen Unterweisung im CJD, S. 4).
"Insgesamt sollen die intellektuellen Anlagen geweckt, prak
tische Kenntnisse und Fahigkeiten vermittelt und Verstandnis
fUr soziales Verhalten in der Gruppe und in der Gesellschaft
erreicht werden. Es geht urn die Vermittlung von 'berufsneu
tralen', berufsUbergreifenden Grundkenntnissen"und -fertig
keiten, urn die Berufswahl zu erleichtern und den Jugendlichen
zur Aufnahme einer seiner Bildsamkeit entsprechenden Ausbil
dung oder einem entsprechenden Arbeitsplatz zu befahigen".
(aus: "Berufsvorbereitende MaBnahmen als Hilfe zur beruf
lichen Eingliederung noch nicht berufsreifer Jugendlicher",
in: ibv Nr. 33 vom 14.8.1974, S. 1281).
4.2.3. Institutionelle und organisatorische Rahmenbedingungen der werkpraktischen Unterweisung
1m Jugenddo~f Dortmund-Oespel werden 9 Berufsfelder ange
boten, und zwar fUr die Bereiche Metall, Holz, Elektrik
Malerei, Gartenbau, Papier, Textil, Kosmetik und Hauswirt
schaft. In begrenztem Umfang werden auch Jugendliche im
Bereich der Verwaltung unterwiesen. 1m 9. BFL waren dies
jedoch nur vier Jugendliche, sodaB man von einem angebotenen
Berufsfeld nicht sprechen kann. Die werkpraktische Unterwei
sung wird in einem zentralen Werkstattgebaude durchgefUhrt.
1m einzelnen stehen fUr die 9 Berufsfelder folgende Raumlich
keiten zur VerfUgung:
- Metall: eine Werkstatt mit Arbeitsplatzen fUr 3 Arbeits
gruppen, eine Schmiede und ein Maschinenraum fUr jeweils
eine Arbeitsgruppe.
- Holz: eine GroBwerkstatt mit Arbeitsmoglichkeiten fUr 3
bis 4 Arbeitsgruppen.
- Elektrik: eine Werkstatt fUr 2 Arbeitsgruppen.
- Malerei: zwei Unterweisungs- bzw. Ubungsraume fUr jeweils
eine Arbeitsgruppe.
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Gartenbau: zwei Gewachshauser, ein Unterweisungsraum fur
den Bereich Floristik sowie das gesamte Gelande des Jugend
dorfes fur die diversen Freilandarbeiten (3 Arbeitsgruppen) •
- Papier: ein Werkraum fUr eine Arbeitsgruppe.
- Textil: eine Werkstatt fur eine Arbeitsgruppe.
- Kosmetik: ein Unterweisungsraum fur eine Arbeitsgruppe.
- Hauswirtschaft: eine Lehrkuche mit angrenzendem Speiseraum,
der auch fUr die vor- und nachbereitenden Besprechungen
genutzt wird (eine Arbeitsgruppe) •
Aufgrund der raumlichen Gegebenheiten konnen demnach ca. 19
Arbeitsgruppen gleichzeitig unterwiesen werden. Bei einer
Gruppenstarke von ca. 8 Jugendlichen werden also ca. 150
Jugendliche im werkpraktischen Bereich unterwiesen, wahrend
die ubrigen Lehrgangsteilnehmer am fachtheoretischen oder
Berufsschulunterricht teilnehmen.
Da an den Forderungslehrgangen in Dortmund-Oespel ca. 300
Jugendliche teilnehmen, ergibt sich die Notwendigkeit, den
fachtheoretischen Unterricht und die werkpraktische Unter
weisung wechselschichtig durchzufuhren. D.h., daB der Tages
ablauf in zwei Tei~e zerrissen wird: vormittags Werkstatt,
nachmittags Schule oder umgekehrt. Auf die sich daraus erge -
benden besonderen Probleme werden wir spater noch naher ein
gehen (sh. Kap. 5.2.2.5.).
1m Christlichen Jugenddorfwerk geht man davon aus, daB in
der werkpraktischen Unterweisung fur eine Arbeitsgruppe von
ca. 8 Jugendlichen ein Ausbilder zur Verfugung stehen sollte.
Entsprechend der unterschiedlichen GroBe der 9 Werkpraxis
bereiche differiert auch die Anzahl der Mitarbeiter in den
einzelnen Bereichen. Fur den groBten Bereich, die Metall
werkstatt, stehen flinf Mitarbeiter zur Verfugung. Der Bereich
Holz wird von vier, der Bereich Gartenbau von drei Mitar
beitern betreut. Die Bereiche Elektrik und Malerei werden
von jeweils zwei Mitarbeitern geleitet. Fur die ubrigen vier
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Bereiche (Kosmetik, Textil, Papier und Hauswirtschaft)
steht jeweils ein Mi tarbei ter .zur Verfiigung.
Die Ausbilder im Jugenddorf Dortmund-Oespel kommen durchweg
aus der beruflichen Praxis und konnen entweder eine Meister
priifung oder die Gesellenpriifung nachweisen. Letztere haben
zusatzlich die Ausbildereignungsprufung abgelegt. Sofern die
Mitarbeiter schon langer im CJD tatig sind, haben sie auch
an den CJD-eigenen berufspadagogischen Lehrgangen teilgenommen.
Diese internen WeiterbildungsmaBnahmen sind fiir alle pad
agogischen Mitarbeiter im CJD verpflichtend. Die Gesamt-
lei tung des werkpraktischen Bereiches liegt in den Handen
eines Ausbildungsleiters, der gleichzeitig auch fur den
fachtheoretischen Bereich verantwortlich ist. (Anmerkung:
im 5. BFL war fiir die Bereiche Werkpraxis und Fachtheorie
jeweils ein eigener Leiter verantwortlich. Urn eine bessere
Koordination der beiden Bereiche zu erreichen, wurde seit
dem 9. BFL ein gesamtverantwortlicher Ausbildungsleiter ein
gestellt.)
Neben der Unterweisung im fachtheoretischen Bereich bekommt
der Jugendliche auch Unterricht zu spezifisch werkprakti
schen Problemen (Fachkunde). Hierfur stehen im Werkstatt
gebaude drei Unterrichtsraume zur Verfiigung. Hier wird zum
Beispiel iiber Unfallverhiitung, iiber die verschiedenen Werk
stoffe und iiber verschiedene Arbeitsvorgange gesprochen, die
ein bestimmtes MaB an theoretischem Wissen erfordern. Auch
fUr die Vor- und Nachbesprechung der durchzufiihrenden werk
praktischen Arbeiten werden diese Unterrichtsraume genutzt.
In einigen Bereichen ist diese Fachkunde direkt im Stoffplan
vorgesehen, andere Bereiche konnen auf diese zusatzliche Un
terweisung ganzlich verzichten. In Werkstatten, die ohnehin
so klein sind, daB nur eine Arbeitsgruppe darin arbeitet,
laBt sich das theoretische Wissen auch direkt am Arbeits
platz vermitteln.
Der organisatorische Ablauf der werkpraktischen Unterweisung
im CJD entspricht den Rahmenvorstellungen der Bundesarbeits-
- 75 -
gemeinschaft Jugendaufbauwerk. In der Stellungnahme des Vor
standes der Bundesarbeitsgemeinschaft vom 2.7.1974 zu 'MaBnahmen zur F5rderung noch nicht berufsreifer Jugendlicher' heiBt es dazu: "Der Jugendliche solI in einem F5rderungslehrgang in jeweils 4-6w5chigem Durchlauf mindestens ca. 5 Berufsfelder kennenlernen." (ibv, Jahrgang 1976, Nr. 1, NUrnberg,
7. Januar 1976, S. 23).
Im Jugenddorf Dortmund~Oespel betr~gt die normale Durchlauf
zeit fUr jedes Berufsfeld 5 Wochen. Lediglich in den Berufs
feldern Metall und Holz ist eine 10-wBchige Durchlaufzeit vorgesehen. Die l~ngere Verweildauer in diesen Bereichen hat
verschiedene GrUnde; zum einen sind die zu vermittelnden Grund
kenntnisse besonders umfangreich und vielschichtig, zum ande
ren bietet sich in diesen Bereichen, vor allem im Metallbereich, ein besonders groBes Berufsspektrum fUr die Vermittlung nach dem Lehrgang an. Ein Beleg dafUr ist die relativ
hohe Anzahl von Jugendlichen, die nach dem Lehrgang in einen Beruf aus dem Metall- oder Holzbereich einmUnden (sh. Kap. 5.3.) •
Die Anzahl der durchlaufenen Berufsfelder differiert sehr stark. Manche Gruppen haben aIle 9 Berufsfelder kennengelernt, andere Gruppen beispielsweise nur 4. (sh. Kap.5.2.1.1.) Im Durchschnitt kann man davon ausgehen, daB die Teilnehmer
am F5rderungslehrgang in Dortmund-Oespel ca. 6 Berufsfelder durchlaufen haben. Dabei muB allerdings noch zwischen einer 'Vollunterweisung' und einer verkUrzten 'Teilunterweisung'
unterschieden werden. Als Vollunterweisung wird ein Durchlauf bezeichnet, wenn der Jugendliche in 5 bzw. 10 Wochen das volle, laut Lehrplan vorgesehene, Programm eines Berufs
feldes absolviert hat. Dieses ist der Normalfall. In den verkUrzten Teilunterweisungen werden die Jugendlichen zum Teil
in 5 Wochen jeweils fUr einen Vor- oder Nachmittag in einem Berufsfeld unterwiesen, daB in Hinblick auf die Vermittlung in ein Ausbildungsverh~ltnis nicht so interessant fUr sie
ist. So k5nnen die M~dchen in verkUrzten Teilunterweisungen
die Bereiche Metall, Holz, Elektrik und Malerei kennenlernen,
- 76 -
wahrend einige Jungen Ge1egenheit haben, in den Bereichen
Texti1, Hauswirtschaft oder Kosmetik einige Grundkenntnisse
zu erwerben (n~heres sh. Kap. 5.2.1.1.).
Die unterschied1iche Anzah1 der durch1aufenen Berufsfe1der
ist vor a11em auf die Eintei1ung der Jugend1ichen in Lei
stungsgruppen zuruckzufuhren. Diese Eintei1ung erfo1gt 1m
fachtheoretischen Bereich aufgrund der Ergebnisse im Horn
test (sh. Kap. 5.2.2.2.) Die 1eistungsm~Big st~rksten A
Gruppen hatten im 9. BFL 12 Stunden Werkpraxis, die B
Gruppen 16 Stunden und di~ C-Gruppen 20 Stunden (Anmerkung:
Gruppeneintei1ung im 5. BFL 16 Stunden Werkpraxis fUr a11e
Gruppen; Gruppeneintei1ung im 10. BFL: A-Gruppen 12 Std.
Werkpraxis, B- und C-Gruppen 16 Std. Werkpraxis.)
Fur die werkpraktische Unterweisung hat die Eintei1ung in
Leistungsgruppen zur Fo1ge, daB Jugend1iche aus den A
Gruppen durchschnitt1ich ca. 5 Berufsfe1der kennen1ernen,
Jugend1iche aus den B-Gruppen durch1aufen ca. 6 und die aus
den C-Gruppen sogar 7 bis 8 Berufsfe1der im Durchschnitt.
Zum Lehrgangsende kann daher von einem homogenen Kenntnis
stand a11er Lehrgangstei1nehmer im werkpraktischen Bereich
keine Rede sein.
Die Unterweisung in den verschiedenen Berufsfe1dern endet
jewei1s mit einer Beurtei1ung, die nach festge1egten Kri
terien erfo1gt. Beurtei1t werden zum einen die Kenntnisse
und Fertigkeiten, die sich der Jugend1iche in dem jewei1i
gen Berufsfe1d angeeignet hat, zum anderen aber vor a11em
sein Verha1ten gegenGber Ausbi1dern und Ko11egen, sein F1eiB,
seine Geschick1ichkeit und Anste11igkeit, seine Sauberkeit
und Ordnung und anderes. Diese Kriterien sind in einem Be
urtei1ungsbogen vorgegeben. Zu jedem Beurtei1ungskriterium
kann der Ausbi1der zwischen ftinf Auspr~gungen wahlen, die
eben falls festge1egt sind und in der Beurtei1ung in Noten
von 1 bis 5 ausgedrGckt werden. Der Ausbi1der soll die Be
urtei1ung mit dem Jugend1ichen besprechen (sh. Kap. 5.1.1.4.)
- 77 -
Die letzten 12 Wochen des Lehrgangs verbringen die Jugend
lichen in sogenannten Eignungsgruppen. Zu diesem Zeitpunkt
haben einige Teilnehrner bereits eine Lehrstelle und werden
dann nach Moglichkeit in dem Berufsfeld eingesetzt, in dem
sie spater eine Ausbildung aufnehmen wollen. Hat der Jugend
liche noch keine Lehrstelle, so wird er nach MOglichkeit in
dem Berufsfeld eingesetzt, das seiner individuellen Eignung
und Neigung am ehesten entspricht. Bei dieser Entscheidung
haben die Ausbilder ein gewichtiges Wort mitzureden. Der
Jugendliche kommt nur dann in das von ihm gewlinschte Be
rufsfeld, wenn ihn auch die Ausbilder fUr geeignet halten.
Ein weiterer Aspekt bei der Entscheidung Uber die Eignungs
gruppe ist die unterschiedliche Kapazitat der verschiedenen
Bereiche. Bei den mannlichen Jugendlichen wird beispielsweise
der Bereich Elektrik sehr haufig als Eignungsgruppe ge
wlinscht. Es kann jedoch nur eine begrenzte Anzahl von Jugend
lichen in diesem Bereich aufgenommen werden, so daB viele
in eine Eignungsgruppe eingewiesen werden, die nicht ihren
WUnschen entspricht.
Aufgabe der Eignungsgruppen ist es, das in den Grundkursen
erworbene Wissen zu vertiefen und den Jugendlichen jetzt
schon gezielter auf den spateren Beruf hin vorzubereiten
(sh. auch Kap. 5.2.1.5.).
Zum AbschluB des Forderungslehrgangs bekommen die Teilnehmer
eine Art Zeugnis, in dem fUr aIle drei Lehrgangsbereiche ge
trennt eine Beurteilung der gezeigten Leistungen erfolgt.
FUr diese Beurteilungen werden im werkpraktischen Bereich
die Bewertungen aller durchlaufenen Berufsfelder unter be
sonderer BerUcksichtigung der Eignungsgruppe zu einem Noten
durchschnitt zusammengezogen. Die Endbeurteilung erfolgt in
Textform, wobei entsprechend der Benotung fUnf verschiedene
Formulierungen vorgesehen sind:
1,0 bis 2,2 Der Lehrgangsteilnehrner erfUllte aIle Anforderun
gen im werkpraktischen Lehrgangsbereich ausneh
mend gut. In der praktischen Durchflihrung der
Arbeiten war er geschickt und sicher.
- 78 -
2,3 bis 2,6 Der Lehrgangsteilnehmer wurde den Anforderungen
im werkpraktischen Lehrgangsbereich gerecht.
In der AusfUhrung seiner Arbeiten war er anstellig und geschickt.
2,7 bis 3,1 Der Lehrgangsteilnehmer wurde den Anforderungen
im werkpraktischen Lehrgangsbereich im allgemeinen gerecht. In der AusfUhrung seiner Arbeiten
war er hinreichend geschickt.
3,2 bis 3,6 Der Lehrgangsteilnehmer wurde den Anforderungen
im werkpraktischen Lehrgangsbereich mit Ein
schr&nkungen gerecht. Er zeigt sich jedoch be
mUht und willig.
3,7 bis 4,2 Der Lehrgangsteilnehmer hat am werkpraktischen
Lehrgangsablauf teilgenommen.
FUr die Vermittlung der Jugendlichen in ein Ausbildungsver-h~ltnis hat die AbschluBbeurteilung in der Regel nur geringe Bedeutung, da sie erst zum Ende des Lehrgangs erstellt wird
und die meisten Teilnehmer dann bereits eine Lehrstelle haben. Sie dienst lediglich als Nachweis fUr die im FBrderungslehrgang erbrachten Leistungen bzw. generell als Nachweis der
Teilnahme am Lehrgang. Auf die Leistungen und Beurteilungen der Teilnehmer am 9. BFL werden wir sp~ter noch n~her eingehen (sh. Kap. 5.1.1.4.).
4.3. Fachtheoretische Unterweisung
Der fachtheoretische Bereich im BerufsfBrderungslehrgang
umfaBt den schulischen Unterricht im Hinblick auf die Ver
mittlung von allgemeinbildenden und fachspezifischen Inhalten. Der obligatorische Berufsschulunterricht gem~B RunderlaB des Kultusministers NRW vom 30. 12. 1975 wird an an
derer Stelle behandelt. BezUglich der fachtheoretischen Unterweisung am Arbeitsplatz, z.B. Werkstoffkunde, die im
Jugenddorf Dortmund nicht in den fachtheoretischen Bereich
- 79 -
integriert ist, verweisen wir auf die entsprechenden Aus
fuhrungen zum Bereich Werkpraxis (sh. Kap. 4.2.3.).
4.3.1. Ziele, Aufgaben und Stellung der Fachtheor~e in der Konzeption der BFL
"Die Fachtheorie soll den Bereich abdecken, der als Fach
theorie im engsten Sinn zu verstehen ist. Dabei sollte die
fachpraktische Arbeit, die vor- und nachbereitende Theorie
einschlieBlich des Unfallschutzes zsw. so so eng als moglich
miteinander verzahnt werden" (zit. aus: Stellungnahme des
Vorstandes der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk
zu "MaBnahmen zur Forderung noch nicht berufsreifer Jugend
licher", Dienstblatt der Bundesanstalt fur Arbeit Nr. 46
vom 2. August 1974, S. 24, des weiteren zit. als ibv.) •
Dieses Verstandnis von Fachtheorie wird durch die einzelnen
Trager der Forderungslehrgange unterschiedlich akzentuiert,
allgemein wird aber davon ausgegangen, daB aufgrund der gene
rellen Zielsetzungen der MaBnahme (Hinftihrung zur Berufs
reife und Vermittlung in ein Ausbildungsverhaltnis) die
Beschaftigung mit den Anforderungen der Alltagswelt gleich
berechtigt neb en den Anforderungen der Berufsfelder und der
Berufsschule stehen soll. Dies ergibt sich auch aus der
Fachtheorie in Verbindung mit der defizitaren schulischen
Vorbildung der Teilnehmer.
"Die Minderung der Diskrepanz zwischen der berufsschulischen
Anforderung und dem Leistungsverm6gen des Teilnehmers einer
seits und die zur werkpraktischen Unterweisung gehorige
Fachtheorie andererseits sind nicht voneinander zu trennende
Bestandteile der fachtheoretischen Unterweisung im Lehrgang"
(zit. aus: Rahmenplan zur Durchfuhrung von Forderungslehr
gangen der Tragergruppen in der Bundesarbeitsgemeinschaft
Jugendaufbauwerk, Dienstblatt der BfA Nr. 1 vom Januar '76)
Dieses Richtziel fur den fachtheoretischen Unterricht wurde
von der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk erarbei
tet und von der Bundesanstalt fur Arbeit als Leitlinie uber-
nommen.
- 80 -
Da der fachtheoretische Bereich ein Bindeglied zwischen
der Haupt- bzw. Sonderschule und den Fachklassen der Berufsschule sein solI, orientieren sich die Lernziele am
Niveau der 7., 8. und 9. Klasse der Hauptschule. Die Ver
mittlung von Inhalten aus den Berufsfeldern der Werkpraxis (Grundrechenarten, r~urnliches Vorstellungsverrn5gen, fach
kundliches Wissen, z.B. Materialkunde, Maschinenkunde, Lesen von Zeichnungen, Zeiteinteilung etc.) und den Erforder
nissen der Alltagswelt (Schriftverkehr, Rechtsfrag~n, Verbraucherinforrnation, Umgang mit Institutionen, Handhabung der technischen Mittler, Berufs- und Arbeitswelt) sollen den Jugendlichen in die Lage versetzen, den Anforderungen der
Fachklassen der Berufsschule im Bereich des Elementarwissens und darUber hinaus zu entsprechen. Diese Inhalte orientieren sich an der Vorbildung der Teilnehrner von F5rderungslehrg~ngen, die von der Bundesarbeitsgemeinschaft in
folgender Weise charakterisiert wird: "Die Lehrgangsteilnehmer kommen in der Regel aus der 6., 7. 8. oder 9. Volks/ Ha~tschulklasse bzw. aus der 8. oder 9. Klasse der Sonder
schule fur Lernbehinderte. Sowohl in den allgerneinbildenden F~chern, insbesondereaber in den F~chern, die fUr die Be
rufsausbildung von Entscheidung sind, bringen die Jugendlichen so erhebliche Wissenslucken mit, daB ihnen die Teil
nahrne an der die Berufsausbildung begleitenden Fachklassen in der Berufsschule ebensowenig wie die Teilnahrne an fach
praktischem bzw. fachtheoretischen Unterricht in der Berufsausbildung rn5glich ist" (ibv vom 7.1.1976).
Die fachtheoretisc.he Unterweisung hat also drei Aufgaben zu
erfUllen: erstens solI die defizit~re Allgemeinbildung, Uberwiegend Resultat des Versagens w~hrend der Regelschul
zeit, auf ein Niveau angehoben werden, das dem Leistungs
verrn5gen Gleichaltriger entspricht. Zweitens sollen die Teilnehrner in die Lage versetzt werden, die differenzierten Anforderungen in den verschiedenen Fachklassen der Berufs
schule w~rend ihrer sp~teren Regelausbildung erfullen zu
k5nnen, und drittens mussen die theoretischen Kenntnisse
der einzelnen Berufsfelder, die sie w~hrend des Lehrgangs
- 81 -
durchlaufen, erarbeitet werden.
Im Rahmenlehrplan der Bundesarbeitsgemeinschaft vom Januar
1976 wird Uber den Stellenwert des fachtheoretischen Bereichs ausgesagt: "Der werkpraktische Bereich hat im Forderungslehrgang die vorrangige Bedeutung. Die fachtheore
tische Unterweisung ist aber fUr die berufliche Forderung des Lehrgangsteilnehmers ebenso notwendig" (ibv vom 7.1.1976). Die Priori tat der Werkpraxis in der Konzeption wird u.a.
auch dadurch dokumentiert, daB fUr einzelne Berufsfelder detaillierte Stoffplane vorgegeben werden, wahrend sich die Vorgaben fUr die Fachtheorie auf die o.a. stichwortartige Umschreibung einzelner Unterrichtsbereiche beschran
ken. Insofern trifft die Feststellung von H.P. KLEIN heute nicht mehr zu, wenn er schreibt: "Die Inhalte der schuli
schen bzw. sogenannten 'fachtheoretischen' Forderung in Forderungslehrgangen .•• sind in den einschlagigen gesetzlichen Bestimrnungen nirgendwo auch nur in graben Lernzielangaben,'erwahnt" (KLEIN, H.P., Chancen und Probleme der
beruflichen Integration von Schulabgangern ohne Hauptschul
abschluB, GOttingen 1974). Zwar ist der Rahmenlehrplan nicht
Teil der gesetzlichen Bestimmungen, die die Grundsatze der berufsvorbereitenden MaBnahmen festlegen, aber die dart genannten Inhalte konnen doch als grobe Leitlinie fUr die
Konzeptionen der einzelnen Trager geltend gemacht werden. Die Bundesanstalt fUr Arbeit empiehlt den einzelnen Arbeits
amtern, bei der Bewilligung weiterer MaBnahmen vom Rahmenplan der Bundesarbeitsgemeinschaft auszugehen (sh. ibv vom 7.1.1976) •
4.3.2. Realisierungsformen im CJD und bei anderen Tragern
An den wenigen Stellen, an denen tiber das Selbstverstandnis
des CJD in Bezug auf den fachtheoretischen Teil der Forderungslehrgange etwas ausgesagt wird, steht das Bekenntnis zur personalen Padagogik im Mittelpunkt, ahnlich wie bei
der sozialpadagogischen Betreuung. Von den Lehrkraften der
Fachtheorie wird verlangt, "daB nicht nur der Stoff, sondern
- 82 -
immer auch der Mensch im Mittelpunkt des Unterrichtsge
schehens stehen solI" (ROLSHOVEN, W., Werkpraxis und Fach
theorie in ihrer Bedeutung bei der beruflichen Selbstfindung der Heranwachsenden, in: Hirsauer Bl~tter, Zeitschrift
fUr Mitarbeiter im CJD, 0.0., o.J., Heft 26,), und hierflir auch der notwendige Freiraurn eingeraumt werden mUsse.
Urn diesen "therapeutischen Aspekt" hat das CJD die MaBgaben
der Arbeitsverwaltung erweitert; Therapie im Sinn von Hinflihrung zur Lebenstlichtigkeit. "Wir wissen, daB es sich bei
der Forderung dieser Jugendlichen nicht nur urn das Vermitteln von Wissen handelt. Lern- und verhaltenstherapeutische MaBnahmen mlissen das Vermitteln von Wissen und Fer
tigkeiten stets begleiten - Therapie, verstanden als wesentlicher methodischer Schwerpunkt des Unterrichts" (ROLSHOVEN, a.a.O.) •
Ansatzpunkt flir die zu vermittelnde Theorie ist die Praxis der personlichen Arbeit und Lebenswelt der Jugendlichen. Im
CJD herrscht die Ansicht vor, daB "tiber die Praxis aIle Facher wesentlich motivierbar sind, deren direkter Bezug
zur Arbei t selbst fUr die Jugendlichen zu erkennen ist" (ROLSHOVEN, a.a.O.). Darliber hinaus wird davon ausgegangen,
daB "auch andere Facher ••• durchaus mit der Praxis verbunden werden konnen" (ROLSHOVEN, a.a.O.). Diese Verbin
dung von praktischer Lebenswelt der Jugendlichen, wahrend des Lehrgangs hauptsachlich definiert als Arbeit in den Werkstatten, und theoretischer Unterweisung in allgemein~
bildenden und fachspezifischen Fachern, wird als zentraler inhaltlicher Bezugsrahmen angesehen, der es erlaubt, metho
disch von der gleichen Voraussetzung auszugenen wie in der Werkpraxis. Hier wie dort solI Uber die Vermittlung von Er
folgserlebnissen auf standig hoherem Anforderungsniveau unter Vermeidung von Frustrationen der Leistungswille und die Leistungsmoglichkeiten der Jugendlichen gesteigert werden.
Auf diese inhaltliche und methodische Interpretation der
Vorgaben der Bundesanstalt fUr Arbeit ist bis zum 9. BFL in
- 83 -
Dortmund noch kein geschlossenes Lehrgangscurriculum fur
die fachtheoretische Unterweisung aufgebaut worden. Der Facherkanon setzt sich zusammen aus Mathematik, Geometrie,
Deutsch, Technisches Zeichnen, Geschichte und Politik, Sozialkunde, Biologie, Erdkunde und Englisch. Fur die Facher liegen Lehrplane vor, die von einzelnen oder mehreren
Fachlehrern erarbeitet wurden. Die AusfUhrungen zu den jeweiligen Fachern reichen von relativ differenzierten Lehr
planen bis zu einfachen Aufzahlungen von Sachgebieten. Wahrend z.B. fUr den Mathematikunterricht ein Rahmenlehrplan
mit Lernzielen und methodischen Vorgaben und ein differenzierter Stoffverteilungsplan vorliegt, beschranken sich die
Angaben fur das Fach Geschichte auf eine Auflistung von
historischen Epochen, die im U~terricht behandelt werden sollen. Einzelne Lehrplane orientieren sich am Leistungsniveau der Haupt- und SonderschUler unter BerUcksichtigung
der Defizite dieser besonderen Zielgruppe. Andere wiederum bauen auf berufsfeldorientierten Anforderungen (Technisches
Zeichnen) oder auf Prufungswissen (Englisch) auf.
Fur die fachtheoretische Unterweisung steht im Jugenddorf Dortmund ein neues,zweistuckiges Gebaude zur Verfugung, in
dem in der oberen Etage sieben Klassenraume, ein Lehrerzimmer, ein Lehrmittelraum und ein LeiterbUro eingerichtet sinq. Die untere Etage dient Uberwiegend zur Freizeitgestaltung der Jugendlichen.
Die 306 Teilnehmer am 9. F5rderungslehrgang sind in sechzehn Klassen eingeteilt worden, die Klassenfrequenz schwankte zwischen 16 und 24 Jugendlichen. Die Jungen der Klassen
eins bis sechs kamen aus der Hauptschule, die der Klassen
sieben bis zw5lf aus der Sonderschule. Auf die Klassen
dreizehn bis sechzehn wurden die 75 Madchen verteilt, in
der Klasse sechzehn befanden sich vor allem ehemalige Haupt
schulerinnen, die restlichen drei Klassen wieden in Bezug auf die Vorbildung eine heterogene Zusammensetzung auf.
- 84 -
Als Grundlage fUr die leistungsmaBige Einteilung der Jugend
lichen diente das Ergebnis der Gesamtleistung im Horntest
(Schulleistungstest, entwickelt von W. HORN). Zusatzlich
wurden am ersten Tag des Lehrgangs ein Deutsch- und ein
Mathematiktest durchgefuhrt, deren Ergebnisse jedoch nur in
sogenannten Grenzfallen zu Rate gezogen wurden. Nach den
hier gewonnenen Werten wurden die sechzehn Klassen in vier A,
acht B- und vier C-Gruppen eingeteilt. Aus der auBeren Dif
ferenzierung folgte eine etwas unterschiedliche Verteilung
des fachtheoretischen Unterrichts. Wahrend in den A-Gruppen
wochentlich 20 Unterrichtsstunden erteilt wurden, waren es
in den B-Gruppen 16 und in den C-Gruppen 12 Stunden, je
weils ohne Berufsschulunterricht (sh. Kap. 4.3.3. zu Ver
anderungen im fachtheoretischen Bereich) •
Facherverteilungsplan fUr die Leistungsgruppen in Stunden:
Math. Geo. Deutsch Gesch. Soz. Bio. Erdk. Techn.Z. Engl. gesamt
A 4 2 4 2 2 2 4 20
A' 6 2 4 2 2 2 2 20
B 4 2 4 2 2 2 16
C 4 2 4 2 12
Hierzu muB erklart werden, daB die Klasse zwolf eine Sonder-
stellung innehatte, hier mit A' gekennzeichnet, da sie aus
ehemaligen SondernschUlern ohne Englischvorkenntnisse bestand,
die aufgrund der Ergebnisse im Horntest eine Einstufung als
A-Gruppe rechtfertigten.
FUr die Unterrichtung der Jugendlichen standen insgesamt 16
Lehrkrafte zur VerfUgung, sieben im Angestelltenverhaltnis
und neun Honorarmitarbeiter.
Mit dieser Konzeption und Organisation des fachtheoretischen
Bereichs nimmt das CJD eine gewisse Sonderstellung innerhalb
der Trager dieser Art von MaBnahmen ein. Die Uberwiegende
Zahl der Lehrgange in anderer Tragerschaft weist eine Inte
gration der fachtheoretischen Unterweisung in den werkprak
tischen Bereich auf. Dort werden fachtheoretische Inhalte
- 85 -
am Arbeitsplatz durch die Ausbilder vermittelt, teils
mittels Fallbeispielen oder Unterrichtsptojekten. Aufgrund
der Personal union von Ausbilder und Lehrer sind dort mei
stens keine spezifischen fachtheoretischen Lehrplane ent
wickelt worden, sondern diese Inhalte sind Teil der Lehr
gangskonzeption ftir den werkpraktischen Bereich. Als Bei
spiel kann hier der Internationale Bund ftir Sozialarbeit
Jugendsozialwerk e.V. genannt werden, dessen Lehrgange in
Koln durch eine enge Verkntipfung von fachpraktischer und
fachtheoretischer Arbeit gekennzeichnet sind, wobei aller
dings die Vermittlung von Fertigkeiten deutlich Vorrang vor
der Vermittlung von Kenntnissen besitzt, da ftir die fach
theoretische Unterweisung nur 8 Wochenstunden zur Verftigung
stehen. Wieweit diese Form zu einer Integration von Fach
theorie und Werkpraxis geftihrt hat, laBt sich von uns nicht
beurteilen. Wit mtissen aber davon ausgehen, daB die fach
theoretische Unterweisung im engeren Sinn, d.h. die Ver
mittlung vonKenntnissen innerhalb einzelner Berufsfelder,
tiber den direkteren Bezug zum Werksttick und zum Arbeitsvor
gang ftir den Jugendlichen besser nachvollziehbar ist. Da
gegen werden die werkpraktischen Ausbilder bei der Vermitt
lung von allgemeinbildenden Inhalten groBere Schwierigkeiten
haben, die Diskrepanz zwischen berufsschulischen Anforderun
gen und Leistungsvermogen der Teilnehmer zu tiberbrticken.
Das Kolping Bildungswerk, neben der Arbeiterwohlfahrt auch
einer der groBeren Trager von berufsvorbereitenden MaBnahmen,
ftihrt teilweise in Kooperation mit anderen Institutionen
oder Wirtschaftsunternehmen mehrere Forderungslehrgange
im Ruhrgebiet durch, die sich beztiglich der fachtheoreti
schen Konzeption nicht sehr von den CJD-MaBnahmen unter
scheiden. Allerdings ist hier der Umfang der fachtheoreti
schen Unterweisung geringer als im Jugenddorf Dortmund, da
fur liegen ftir die einzelnen Unterrichtsfacher differen
zierte Lernzielkataloge vor, die verbindlichen Charakter
ftir die Lehrgange besitzen.
Insgesamt ist noch erwahnenswert, daB nicht nur in der Werk-
- 86 -
praxis, sondern auch im fachtheoretischen Unterricht anderer Trager das "spielerische Element" (Der Begriff "spieleri
sches Elementn taucht in mehreren Veroffentlichungen ver
schiedener Trager auf und wurde in Gesprachen mit Lehrern und Ausbildern benutzt. Er soll einen gewissen Freiraum von
Leistungszwangen charakterisieren.), das sich abhebt von
den negativen Schulerfahrungen der Teilnehmer, starken EinfluB auf die Lehrgangsgestaltung besitzt.
4.3.3. Entwicklung des fachtheoretischen Bereichs in Dortmund-Oespel
Wie bereits im Kap. 2 dargestellt, wurde 1m Jugenddorf Dortmund des CJD der erste Forderungslehrgang flir noch nicht berufsreife Jugendliche durchgefUhrt und von der Arbeits
verwaltung gefordert. Diese MaBnahme bekamt somit Modellcharakter und hieraus entstand ein ambivalentes Verhaltnis zwischen der Konzeption des CJD und den Vorgaben der PA zur
Einrichtung weiterer Lehrgange. Dies bringt gewissen Schwierigkeiten auch bei der Darstellung des fachtheoretischen
Bereichs mit sich. In der Zeit von 1967 bis 1977 sinikonzeptionelle ~nderungen durchgefUhrt worden, die zum Teil durch die Arbeitsverwaltung initiiert wurden, zum Teil aber
auch durch Anregung des CJD in den Richtlinien Niederschlag gefunden haben. Eine dieser ~derungen ist der Grad der
Abhangigkeit der Fachtheorie von der Werkpraxis.
Wahrend des 5. Forderungslehrgangs in Oespel 1971/72 wurden zwar auchfachtheoretische Inhalte vermittelt, die Vorberei
tung der Jugendlichen auf die externe VolksschulabschluBprUfung nahm aber einen breiteren Raum ain, was sich an den diesbezUglichen Erfolgsquoten deutlich ablesen laBt (vgl. Kap. 5.2.2.5). In den darauffolgenden Jahren anderten sich
eine Reihe von bildungs- und arbeitsmarktpolitischen Rahmen
bedingungen, die Konsequenzen fUr das Verhaltnis von Werkpraxis und Fachtheorie mit sich brachten. Zum einen be
tonte die Arbeitsverwaltung mehrmals ausdrlicklich, daB sie
nicht willens sei, "schulische MaBnahmen" zu finanzieren
- 87 -
(KLEIN, a.a.O., S. 229 " zur Finanzierung des 'FUllens von
schulischen LUcken' sieht sich die BA aber aufgrund der
gesetzlichen Bestimmungen und der Tatsache, daB die Finan
zierung der Lehrgange aus Mitteln der Arbeitslosenversiche
rung bestritten:.wird, nicht in der Lage"). Zum anderen wurde
die externe VolksschulabschluBprUfung durch die nachtrag
liche SchulfremdenprUfung mittels des Erlasses des Kultus
ministers von Nordrhein-Westfalen vom 30.9.71 ersetzt.
Drittens bestimmt der EriaB des Kultusministers vom 11.6.75,
daB bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen das AbschluB
zeugnis der Berufsschule als HauptschulabschluBzeugnis an
erkannt werden kann. Dies hatte zur Folge, daB der Stellen
wert der allgemeinbildenden Inhalte im Lehrgang immer mehr
abnahm. AuBerdem stellte sich heraus, daB eine Vermittlung
der Jugendlichen nach Beendigung des Lehrgangs auch ohne
den nachtraglichen Erwerb des Volksschulabschlusses m5glich
war. Im 10. und 11. Forderungslehrgang 1976/77 und 1977/78
hatte dies auch personalpolitische Konsequenzen. Ein groBer
Teil der Honorarmitarbeiter im fachtheoretischen Bereich
wurde ersetzt durch Ausbilder aus der Werkpraxis. Nach Aus
sage des Ausbildungsleiters fUhrte dieszu einer starkeren
BerUcksichtigung des fachkundlichen Elements im Unterricht. ( sh. Kap. 5.2.2. 1 .) •
Eine weitere konzeptionelle ~nderung war die Einteilung in
Leistungsgruppen und das damit verbundene unterschiedliche
Wochenstundenkontingent in Werkpraxis und Fachtheorie. Da
hierdurch aber Forderungen der Arbeitsverwaltung miBachtet
wurden, die eine Begrenzung der fachtheoretischen Unter-
wei sung auf maximal 20 Wochenstunden inclusive des Berufs
schulunterrichts vorsahen, wurde das Tundenvolumen der Fach
theorie mit Beginn des 10.Lehrgan gs wieder auf maximal 16
Stunden zurUckgenommen. Die Einteilung in drei Leistungs
gruppen blieb jedoch bestehen (sh. Kap. 5.2.2.2. Verwal
tungsdirektor Kost von der BA auBerte in einem Grundsatz
referat vor der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbau-
werk im April 1973, daB mindestens 20 Stunden auf die fach
praktische Unterweisll!!!! (Heraushebung durch die Verfasser) im Lehrgang entfallen sollten, in: ibv Nr.33 v. 14. August 1974, S. 1281).
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4.4. Sozialpadagogische Betreuung.
Der Versuch, die sozialpadagogische Komponente in der Kon
zeption der Forderungslehrgange darzustellen, bereitet einige
Schwierigkeiten. Der Grund daflir ist in dem Mangel an kon
kreten Aussagen zu diesem Bereich zu suchen. 1m Gegensatz
etwa zum werkpraktischen Bereich, zu dem relativ prazise und
umfassende Aussagen gemacht werden, erschopfen sich die An
gaben zum sozialpadagogischen Bezug in einigen vagen Ziel
vorstellungen und Absichtserklarungen, die nahezu jegliche
inhaltliche Thematisierungen vermissen lassen. Zwar ver
weisen alle ~uBerungen auf ein sozialpadagogisches Grundan
liegen der Lehrgange, bestimmten Jugendlichen Hilfen zur
"Stabilisierung der Personlichkeit" anzubieten, doch werden
die konkreten Aufgaben nicht weiter entfaltet. Eine zusatz
liche Erschwerung bedeutet die mehrdeutige Verwendung des
Terminus "Sozialpadagogische Be treuung " , der einmal ein
didaktisch-methodisches Prinzip in den Lehrgangen beschreiben
soll, andererseits jedoch auch einen inhaltlich eigenstandi
gen Teilbereich kennzeichnet.
Diese An mer kung en gilt es zu bedenken, wenn im folgenden die
sozialpadagogische Komponente in der Lehrgangskonzeption
herausgearbeitet wird.
4.4.1. Begrlindung und Ansatz der sozialpadagogischen Betreuung
In der Konzeption der Forderungslehrgange, wie sie sich in
einschlagigen Verlautbarungen darstellt (Rahmenplan, ~uBe
rungen unterschiedlicher Trager), wird die Arbeit mit den
Jugendlichen als eine sozialpadagogische Aufgabe themati
siert. Die Uberlegungen setzen ein mit einer Situations
analyse der (potentiellen) Teilnehmer. Danach ist deren
Lage definiert durch eine Entwicklung, die aufgrund vielfal
tiger individueller und sozialer Bedingungen zu einer - an
den gesellschaftlichen Normen gemessenen - defizienten Ver-
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Verhaltensdisposition gefGhrt hat. Diese wird beschrieben
als ein Verbund sich gegenseitig bedingender und verst!r
kender kognitiver, sozialer undpsychischer Deeintr!chti
gungen, aufgrund derer die betroffenen jungen Menschen den
an sie gerichteten Erwartungen und Anforderungen nicht ent
sprechen konnen.
Ein wesentliches Merkmal ist danach in der Tatsache des
Schulversagens zu sehen. Die Jugendlichen haben in der
Regel ihre Schulpflicht ohne einen qualifizierenden Ab
schluB beendet. In diesem Faktum zeige sich andererseits,
so wird zu bedenken gegeben, daB die Institution Schule
den besonderen Bedingungen dieser Jugendlichen nicht ge
recht werden kann. Schule in ihrer heutigen Verfassung sei
primar kognitiv orientiert und spreche Uberwiegend die
intellektuellen Fahigkeiten eines Kindes an. Auf der ande
ren Seite werden nicht-wissensbezogene F!higkeiten und Be
gabungen nicht genGgend gefordert. Eine solche Anforde
rungsstruktur wirkt sich bei vielen SchGlern zu einem
Leistungsdruck aus, dem sie nicht gewachsen sind. Der
sichtbare Niederschlag dieser Diskrepanz wird in der mangel
haften schulischen Leistung gesehen. Damit wird oft die o.
g. Entwicklung eingeleitet bzw. gefordert. Die Mangel
leistungen des SchUlers ziehen Sanktionen durch die Schule nach sich, die ihm MiBerfolg und Versagen signalisieren.
Er vermag solche fUr ihn frustrativen Erfahrungen nicht
aufzuarbeiten. Weder sei er in der Lage, seine kognitiven
Leistungen in dem notwendigen Umfang zu steigern, noch
konne er die Frustrationen durch den Nachweis anderer
Fahigkeiten kompensieren, da die Schule keine entsprechen
den Moglichkeiten anbiete. Die Folge sei eine standige
Verkettung von MiBerfolgen und Sanktionen, die den Jugend
lichen in seiner gesamten Personlichkeit erfasse und nahezu
zwangslaufig zu allgemeinem disfunktionalem Verhalten fUhre.
Der Ausdruck dieser Fehlentwicklung wird mit einer grund
satzlichen Verweigerung seitens solcher Jugendlicher gegen
Uber kognitiven Leistungserwartungen beschrieben. Damit
- 90 -
b1eiben wesent1iche Voraussetzungen fUr eine qua1ifizierte
Eing1iederung in das Besch~ftigungssystem unerfU11t und
damit ein wesent1icher Faktor eine sozia1 anerkannte ~osi
tion zu erreichen.
4.4.2. Defi~ion der sozia1p~dagogischen Betreuung
Die konzeptione11en Uber1egungen gehen davon aus, daB die
geschi1derte negative Entwick1ung unter den gegebenen Be
dingungen innerha1b des Rahmens bestehender p~dagogischer
Institutionen nicht aufgefangen werden kann. Eine wirksame
Strategie zur Gegensteuerung muB von den spezifischen
Prob1emen und Bedingungen der betroffenen Jugend1ichen
ausgehen und eine gezie1te Aufarbeitung der Defizite ein
lei ten.
Die Situation der Jugend1ichen wird gekennzeichnet durch
ein resignatives Verha1ten, das in der individue11en Aus
pr~gung von b10Ber Passivit~t bis zu deut1ich ausgepr~gter
Aggressivit~t differiert. Aufgrund derartiger Verha1tens
auff~lligkeiten, die zu einem erheb1ichen Tei1 a1s Negativ
Kompensationen der Lernerfahrungen zu erk1~ren seien, werde
der ProzeB sozia1er Integration verhindert. Diese Inte
gration, so wird gel tend gemacht, ist jedoch erforder1ich
zur Vermeidung sozia1en MiBerfo1gs und eines vie1fach da
mit verbundenen Abg1eitens in Dissozia1it~t und Krimina1i
~t (vg1. Weidacher 1976, S.55).
Dementsprechend gesta1tet sich das sozia1p~dagogische Ver
st~ndnis der Arbeit in den Lehrg~ngen a1s eine F5rderung
sozia1 erwUnschter Verha1tensweisen und F~higkeiten. Zu
n~chst soll in dem Jugend1ichen die Bereitschaft geweckt
werden, den dazu erforder1ichen LernprozeB zu durch1aufen.
Das Interesse kann aber nur dann geweckt werden, wenn Hand-
1ungsm5g1ichkeiten angeboten werden, die nicht zu den glei
chen Erfahrungen fUhren, die der Jugend1iche bisher gemacht
hat. Daraus wird der Grundsatz abge1eitet, daB der F5rde-
- 91 -
rungslehrgang nicht die Fortsetzung von Schule sein darf
(vgl. Dannenmann 1977, S. 8 ff). Durch das An- und Auf
nehmen der differenzierten Begabungen und Interessen in
die padagogische Arbeit soll jedem Teilnehmer die Chance
geboten werden, Leistungen zu erbringen und damit Aner
kennung zu erhalten. Das Prinzip der individuellen Farde
rung, das in der Schule nicht realisiert werden kanne, gilt
als eine Methode der Verstetigung von Erfolgserlebnissen,
die das Zutrauen des Jugendlichen zu sich selbst, zu seinen
eigenen Fahigkeiten und Maglichkeiten, starkt und solcher
maBen dazu beitragt, ein BewuBtsein eigener personaler Wer
tigkeit aufzubauen. In Verbindung mit dem angestrebten
Abbau des negativen Selbst- und Fremdbildes im Zusammen
hang mit Erfolgen und deren Anerkennung wird eine Reduktion
im Spannungsverhaltnis des Jugendlichen zu seiner Umwelt
erwartet. Darin sieht man eine Basis, von der aus der junge
Mensch einen Bezug zur Gesellschaft aufbauen kann, der seine
soziale Integration fardert.
Methodisches Prinzip in der Arbeit ist ein gegenwartsbeton
tes Lernen, das den Jugendlichen den Sinn seines Tuns unmit
telbar sehen laBt. Die Lerninhalte sol len einen Bezug zum
jugendlichen Erfahrungsraum besitzen. tiber das Prinzip der
Lebensnahe will man die Motivation zur Aktivitat f-prdern und
eine positive Lernhaltung aufbauen, die als Grundlage fur
eine systematische Farderung kognitiver und emotionaler Pro
zesse dargestellt wird (vgl. Dannenmann, a.a.O., S. 12).
Sozialpadagogische Betreuung erweist sich in der Konzeption
somit als ein durchgangiges Prinzip der Arbeit in den Farde
rungslehrgangen, und zwar als Basis und Zielorientierung der
werkpraktischen und fachtheoretischen Unterweisung (vgl. dazu
die Ausfuhrungen in Kap. 4.2. und 4.3.). Sie bedeutet zum
anderen jedoch auch einen eigenstandigen Bereich im Konzept,
der mit einem spezifischen didaktischen Angebot zur Reali
sierung des Lehrgangsziels beitragen will.
- 92 -
4.4.3. Konkretisierungsformen sozialpadagogischer Begleitung
Die Umsetzung der bisher vorgestellten generellen sozialpad
agogischen Zielsetzung in konkrete Lehrgangskonzeptionen
yollzieht sich bei den einzelnen Tragern nicht in einheit
licher Weise. Im folgenden wollen wir - der gestellten
Aufgabe entspr.echend - die Struktur aufzeichnen, die fUr das
CJD kennzeichnend ist, wollen aber zunachst auf abweichende
Realisationen anderer Trager hinweisen.
In der Konzeption, wie sie in den Rahmenvorstellungen der
Tragergemeinschaften niedergelegt ist (sh. dazu ibv Nr.1/1976,
S.23),werden zwei grundsatzliche Formen der Forderung auf
gefUhrt, die sich zunachst in organisatorischer Hinsicht
unterscheiden. Es handelt sich urn die Alternative, die Lehr
gange in offaner oder in internatsmaBiger Form durchzufuhren.
Beide Organisa tionsformen werden prakti ziert. Wie im wei teren
zu zeigen sein wird, sind mit einer solchen Entscheidung auch
didaktische Konsequenzen verbunden.
Die konzeptionellen Vorstellungen gehen davon aus, daB die
Zuweisung der Teilnehmer zu einer der beiden Formen nach so
zialen und geographisch-strukturellen Kriterien erfolgen
sqllte. Eine Internatsforderung wird fur Jugendliche befUr
wortet, die aufgrund eines ungUnstigen hauslichen Erziehungs
milieus benachteiligt sind und fUr solche, die regional be
dingt nur unzureichende Forderungsmoglichkeiten haben (vgl.
Rahmenvorstellungen, ebd.). Die Aussagen stellen idealtypi
sche Uberlegungen dar, die unter den praktischen Bedingungen
des Forderungsbedarfs nur teilweise realisiert werden konnen.
Wenn z.B. nur ein offener Lehrgang zur Verfugung steht, so
nehmen an diesem sicherlich auch Jugendliche teil, die der
Konzeption gemaB einer geschlossenen MaBnahme zugefUhrt wer
den sollten, und sinngemaB gilt diese Aussage auch fUr den
umgekehrten Fall.
Neben diesen beiden Formen besteht noch eine Mischform,
in der der Lehrgang fUr eine Teilnehmergruppe in Internats-
- 93 -
form und fUr die andere in offener Form ablauft. Die prakti
sche Regelung sieht in diesem Fall vor, daB diejenigen
Jugendlichen, die am Lehrgangsort wOhnen, dem offenen Teil
zugewiesen werden, wahrend die Teilnehmer von auBerhalb
internatsmaBig untergebracht sind ( so z.B. im Kolpingwerk
in Essen) •
Die wenig konkreten Aussagen zum sozialpadagogischen Bereich
lassen einen wei ten Spielraum fUr die Interpretation und
AusfUllung dessen, was in diesem Bereich an Aktivitaten in
die Lehrgange eingebracht werden soll und kann. Diesem Tat
bestand entsprechend ist die sozialpadagogische Betreuung
in den verschiedenen Farderungslehrgangen unterschiedlich
ausgepragt und organisiert, wobei Differenzen einmal hin
sichtlich der Organisation der MaBnahmen in offener oder
geschlossener Form auszumachen sind, zum anderen auch zwi
schen Lehrgangen gleicher Organisationsform, und zwar so
wohl in bezug auf den Vergleich der Trager untereinander
als auch bezUglich der MaBnahmen eines Tragers. Im folgenden
sollen unterschiedliche Akzentsetzungen in den Konzepten
einiger Trager dargestellt werden, wobei zu bedenken ist,
daB sich hierin nur die momentane Situation widerspiegelt.
Die einzelnen Konzepte sind durchaus dynamisch - wie weiter
unten am Beispiel des CJD ausgefUhrt wird -, allerdings
kaum in Richtung auf prinzipielle Umorientierungen.
So ist etwa die sozialpadagogische Arbeit beim Internationa
len Bund fUr Jugendsozialarbeit (IB) in Kaln, einer offenen
MaBnahme, primar auf Feldarbeit hin angelegt. Die Sozial
arbeiter gehen z.B. in die Familien der Jugendlichen, urn sich
vor Ort urn eine Veranderung entwicklungsbeeintrachtigender
Interaktionsprozesse zwischen den Teilnehmern und den Eltern
zu bemlihen. Das Gesprach mit den Eltern soll diese mit den
Voraussetzungen und Zielen der Arbeit im Lehrgang bekannt
machen, ihre Bereitschaft zur Mitarbeit fardern. Im Lehrgang
selbst wird nach dem Grundsatz der individuellen und situa
tiven Hilfe gearbeitet. Die Sozialarbeiter werden sofort
aktiv, wenn sich etwa im Unterricht Probleme ergeben.
- 94 -
Im Rahmen der Betreuung werden Wochen- und Wochenendseminare
mit berufsbezogenen und 1ebenskund1ichen Themen veransta1-
tet, die gruppendynamische Prozesse unter den Tei1nehmern
ein1eiten bzw. untersttitzen sowie der Se1bstverstandigung
dienen sollen.
Eine wichtige und spezifische Komponente in dieser Konzep
tion ist die Nachbetreuung der Jugend1ichen tiber den Lehr
gang hinaus. Bestimmend ftir diesen Ansatz ist die Annahme,
daB die entscheidende Phase der Bewahrung des Jugend1ichen
erst mit der Aufnahme der Ausbi1dung oder einer Beschafti
gung beginne. In diesem wichtigen Entwick1ungsabschnitt 501-
len den (ehema1igen) Tei1nehmern weiterhin gezie1te Hi1fen
angeboten werden. Die Schwierigkeiten und Prob1eme der Ju
gend1ichen werden a1s nicht a11ein durch die Lehrgangs
tei1nahme losbar bezeichnet. Die im Forderungs1ehrgang ein
ge1eiteten Lern- und Sozia1isationsprozesse sollen in der
Nachbetreuung fortgeftihrt werden (vg1. IB (Hrsg.), Bericht
zum Lehrgang 1975/76). Die Aktivitaten, die sich nach den
Bedtirfnissen der Jugend1ichen richten, erstrecken sich von
Einze1fa11hi1fe tiber eine Zusammenarbeit mit Betrieben und
E1tern zu Nachhi1fe- bzw. Forderunterricht und sport1ichen
Freizeitangeboten.
Im Lehrgang se1bst haben freizeitpadagogische MaBnahmen einen
geringeren Ste11enwert. Hier ist das Angebot ziem1ich be
schrankt,und die Tei1nahme ist freigeste11t.
Andere konzeptione11e Uber1egungen 1iegen einem Lehrgang
der Arbeiterwohlfahrt (AWo) in Ltidenscheid zugrunde. Der
Schwerpunkt der sozia1padagogischen Betreuung 1iegt in sog.
themenzentrierter Interaktion im Lehrgang. Damit ist gemeint,
daB einma1 die individue11e Situation eines Lehrgangs seine
padagogische Konzeption und inha1t1iche Gesta1tung beein
f1uBt. Andererseits besagt dieses Prinzip, daB die Bewa1ti
gung eines konkreten Problems einer reinen, von den situati
ven Bedingungen abstrahierenden Stoffbewa1tigung vorgezogen
wird. Ein Freizeitgruppenprogramm wird in dieser MaBnahme
nicht angeboten.
- 95 -
Im Rahmen des CJD werden aIle Farderungslehrgange in Inter
natsform durchgefOhrt, d.h. die Jugendlichen leben wahrend
der 10 1/2 Monate in den Wohngemeinschaften der Jugend
darfer. Diese Form der Farderung, die den Jugendlichen fUr
nahezu ein Jahr in die padagogische Verantwortung und Be
treuung des CJD stellt, bietet nach der Einschatzung des
Jugenddorfwerks glinstige Voraussetzungen und Ansatzpunkte
zu einer personalen Stabilisierung. Die Teilnehmer kannen
von EinflUssen, zurnal des sozialen Milieus, freigestellt
werden, die ihre bisherige kognitive und ernotionale Ent
wick lung nachhaltig beeintrachtigt haben. An deren Stelle
solI ihnen ein Blindel sozialpadagogischer Hilfen angeboten
werden, die sie in ein farderliches Lern- und Entwicklungs
klima hineinstellen.
Eine vergleichbare Beurteilung des geschlossenen Konzepts bie
ten die Aussagen des Kolpingwerks zu den Farderungslehrgan
gen (vgl. Kolping-Bildungswerk, Diazesanverband Essen (Hrsg.),
AuBerschulische MaBnahrnen zur Farderung berufsunreifer und
arbeitsloser Jugendlicher, o.J., S. 7). Wir wollen auf dieses
Konzept jedoch nicht mehr naher eingehen, sondern wollen
uns auf die Arbeit im CJD beziehen.
Auch 1m Farderungslehrgang werden an die Jugendlichen Lei
stungsanforderungen gestellt. Mit werkpraktischer und fach
theoretischer Unterweisung wird das Ziel verfolgt, kognitive
Defizite aufzuarbeiten und auf die Anforderungen einer nach
folgend angestrebten Berufsausbildung vorzubereiten (sh. da
zu die Kap. 4.2. und 4.3.). Die Leistungserwartungen sollen
jedoch so dosiert werden, daB die Jugendlichen den Lernvor
gang mitvollziehen kannen. Erfolge im Lernablauf werden ih
ihrer fardernden Wirkung auf die Lernbereitschaft und in
ihrer Funktion zur Steigerung der Lernfahigkeit dargestellt
(vgl. Dannenmann, a.a.O., S. 12 f.).
Auf der anderen Seite wird zu bedenken gegeben, daB die
tagliche Einbindung in ein achtstlindiges Leistungssystern
trotz des prazisen Zuschnitts auf die Bedingungen der Teil-
- 96 -
nehmerfUr diese einen nicht zu unterschatzenden StreBcharakter besitze. Aus diesen Uberlegungen ist ein dritter Lehrgangsbereich thematisiert, dem die Funktion eines Entspannungsraurnes gegenuber den Leistungsanforderungen im werkpraktischen und fachtheoretischen Bereich zugemessen ist. Es handelt sich urn die sozialpadagogische Begleitung im engeren Sinne. Mit diesem Begriff ist die pSdagogische Arbeit in den Freizeitgruppen und - bei lnternatslehrgangen -im Wohnbereich urnschrieben.
Gerade in diesem Bereich sieht man die Moglichkeit, die Personlichkeit des Jugendlichen gezielt in die Arbeit eingehen zu lassen. WShrend in der Fachtheorie und in der Werkpraxis - so die Konzeption - der Lehrgangsablauf in hohem MaBe durch externe, nicht in der Person des Jugendlichen liegende Faktoren strukturiert wird - etwa durch Sac han forderungen, die sich im Hinblick auf die Berufsausbildung und das Berufsleben ergeben -, sollen im sozialpadagogischen Bereich, und hier wieder besonders in den Freizeitgruppen, vorwiegend die individuellen Neigungeri und lnteressen der Teilnehmer bestimmend fur den Ablauf sein.
Khnlich wie im werkpraktischen Bereich sieht der Jugendliche infolge der Betatigung in den Freizeitgruppen konkrete Punkte seines Tuns. Er besitzt "augenfSllige" Ooku
mente seines Schaffens, die seinen Erfolg jedermann sichtbar machen. lm Unterschied zur Arbeit in der Werkpraxis, wo ihm die anzufertigenden Stucke vorgeschrieben sind, kann der Jugendliche hier das Produkt selbst bestimmen und damit ein groBeres MaB an Autonomie entfalten. Oem BewuBtsein urn diesen Sachverhalt wird wiederum positive Ruckwirkung auf die Ausbildung eines Selbstwertgefuhls und dar auf bauend eines SelbstbewuBtseins zugeschrieben. Oaneben wird zu bedenken gegeben, daB die Aufgabenstellungen und Anforderungen hier weniger komplex und mithin schneller losbar seien als im werkpraktischen und fachtheoretischen Bereich: Erfolge stellen sich bald und leichter ein und konnen eine gute
Motivationsgrundlage fUr Leistungen auch in den anderen
- 97 -
Lehrgangsbereichen bilden.
Das Angebot an Freizeitaktivitaten soll ausreichende Wahl
mOglichkeiten einraurnen, urn die Interessen der Jugendlichen
anzusprechen. Die Bedeutung der Arbeit im Freizeitbereich
wird im CJD sehr hoch eingeschatzt, wie nachstehende ~uBe
rung deutlich macht: "Der Freizeitgruppenarbeit wird ein
entscheidender motivierender Aufhanger im Lehrgang zuge
sprochen. Innerhalb kurzer Zeit fertigt der Jugendliche
hier eigene StUcke an, die er mitbringen und vorzeigen
kann, eine Angelegenheit, die zur Starkung des Selbstbe
wuBtseins und des personlichen Zutrauens erheblich bei-'
tragt." (Dannenmann, a.a.O., S. 14). DerFreizeitbereich
ist im CJD im Vergleich zu anderen Tragern relativ stark
reglementiert und organisiert, was sicherlich im Zusammen
hang mit seiner Gewichtung in dieser Einrichtung zu sehen
ist.
Der andere Aspekt der gezielten sozialpadagogischen Zu
wendung ist das BemUhen, den Jugendlichen gesellschaftliche
Zusammenhange und Ablaufe zu verdeutlichen und sie zu be
fahigen, aktiv am politisch-sozialen Leben teilnehmen zu
konnen. Zwar sind solchen Lernprozessen alle Lehrgangsbe
reiche verpflichtet, jedoch werden die Gruppierungen im
Wohn- und Freizeitbereich als besonders gUnstig beurteilt.
Die Konzeption geht davon aus, daB der sozialpadagogische
Bereich weniger stark durch feste Regelungen und Sachord
nungen organisiert ist als die anderen Bereiche. Der Hand
lungsspielraurn der Jugendlichen sei damit erweitert und auf
das Prinzip der Selbstregulierung von Interaktionen hin an
gelegt. Die jungen Menschen sollen unmittelbar aus dem prak
tischen Erleben heraus das BewuBtsein bilden konnen, daB es
in einer Gruppe gewisser Konventionen bedarf, nach denen
sich das Zusammenleben ordnet. Sie sol len erkennen, daB die
Moglichkeiten zur Selbstdarstellung durch das Handeln der
anderen begrenzt werden, eine Erfahrung, die den Teilneh
mern gelaufig sein dUrfte. Auf der anderen Seite soll dem
- 98 -
einzelnen aber auch durch das Erleben bewuBt werden, daB
man auch die eigenen Verhaltensweisen und Einstellungen im
Gruppenverhalten wiederfinden kann. Gerade dieses Erleben
steht oft im Gegensatz zu frUheren Erfahrungen des Jugend
lichen.
Die padagogische Konzeption und organisatorische Struk-
tur der Forderungslehrgange des CJD macht das Gemeinschafts
leben zu einem Prinzip der Forderung. Dies bedeutet in ge
wissem MaBe eine "Entindividualisierung" mit dem Erforder
nis des Sich-anpassens. Erfolg in diesen BemUhungen er
wartet man, wenn es tu verdeutlichen gelingt, daB diese
Forderung fUr alle Beteiligten gilt. Diese Erkenntnis soll
es dem Jugendlichen erleichtern, Uberbetonte lch-Bezogenheit
abzubauen, die als Folge versagter Anerkennung aufgebaut
wurde und sich nicht selten in aggressivem Verhalten auBert.
Der junge Mensch soll das fUr ihn relativ ungewohnte Prin
zip erleben, nicht ausschlieBlich Adressat, sondern auch
Mi tgestal ter von Verhal tens- und Anschauungsregelungen- zu
sein.
Damit soll bei den Teilnehmern Bereitschaft geweckt werden,
sich zu engagieren und Verantwortung zu Ubernehmen. 1m
CJD wollen einmal die Hausgemeinschaften, zum anderen je
weils das ganze Jugenddorf als entsprechende Ubungsraume
verstanden werden (vgl. Kap. 5.2.3.3.).
Wie bereits angedeutet wurde, ist die sozialpadagogische Ar
beit im engeren Sinne in hohem MaBe durchstrukturiert, in
bezug auf die inhaltliche Dimension ebenso wie auf die zeit
liche Planung (Naheres dazu ist in Kap. 5.2.3.2. zu sagen).
Dabei zeigt der Zeitfaktor, d.h. die Einbeziehung der Ju
gendlichen in Veranstaltungen, Konstanz Uber die einzelnen
Lehrgange hinweg, wahrend die inhaltliche (und organisa
torische) Gestaltung Veranderungen erfahrt. So sind in Dort
mund-Oespel im Freizeitbereich vom 8. bis zum 10. Lehrgang
Umstellungen vollzogen worden, die den Fortfall des bis
dahin praktizierten sog. Lernabends zur Folge hatten. An
- 99 -
seine Stelle wurde im 9. Lehrgang ein Btindel von Kursen
gesetzt, mit denen eine Differenzierung der Veranstaltun
gen nach Pflicht- und Wahlkursen eingefUhrt wurde. Im 10.
Lehrgang wurde diese Differenzierung zu einem erheblichen
Teil zuruckgenornrnen und dem Prinzip der Wahlrnoglichkeit
mehr Raurn gegeben (zu den Veranderungen sh. Kap. 5.2.3.2.).
4.5. Berufsschule
Wiewohl zurn Gesarntsystern Forderungslehrgang zugehorig, ist
der Berufsschulunterricht aus den engeren konzeptionellen
Uberlegungen zur Lehrgangsgestaltung ausgeklarnmert. Er
stellt eine staatliche Veranstaltung dar, die in den Kompe
tenzbereich des Kultusrninisters fallt und von diesern auch
geregelt wird. Die Verbindung zurn eigentlichen Lehrgang ist
von daher weniger eng als etwa die der Lehrgangsbereich
Werkpraxis und Fachtheorie untereinander. Ibm kornrnt auch
in den konzeptionellen Uberlegungen nur nachgeordnete
Bedeutung zu.
In unserer Untersuchung liegt das Hauptanliegen ebenfalls
auf einer Analyse der engeren Lehrgangsbereiche. Wir wol
len jedoch auch zurn Bereich Berufsschule Stellung nehrnen,
wobei zu berucksichtigen ist, daB zu diesem Komplex keine
urnfassenden Daten vorliegen, so daB die entsprechenden Aus
sagen und Befunde in knapper Form vorzustellen sind.
Die Berufsforderungslehrgange stellen keine schulischen Er
satzmaBnabmen dar. Die Teilnebmer - wir beziehen uns hier
auf die Situation in Nordrhein-Westfalen, konnen aber ent
sprechendes auch fur andere Bundeslander anzeigen - sind
laut RunderlaB des Kultusministers von NW vom 30.12.1975
berufsschulpflichtig. Mit dieser Regelung ist folgende
Problematik verbunden, die auch in den konzeptionellen
AuBerungen aufgegriffen wird (vgl. Rahmenvorstellungen,
in: ibv Nr. 1 vom 7.1.1976, S. 24.).
- 100 -
Da die Lehrgangsteilnehmer weder in einem Ausbildungs
noch in einem Arbeitsverhaltnis stehen, ist fUr sie auch nicht die ausbildungsbegleitende Fachklasse zustandig, aber
auch nicht die Jungarbeiterklasse als Pflichtveranstaltung fUr Jugendliche im Arbeitsverhaltnis.
Die konzeptionellen Vorstellungen laufen darauf hinaus,
eine enge Kooperation zwischen den MaBnahmetragern und den zustandigen Berufsschulen herzustellen, in der ein Curriculum fUr den Unterricht mit den Lehrgangsteilnehmern er
arbeitet werden solI. Der Berufsschule ist die Aufgabe zugedacht, solche Inhalte zu vermitteln, die imLehrgang selbst aufgrund der MaBgaben der BA nicht berUcksichtigt
werden kOnnen.
Eine wichtige Zielsetzung des Berufsschulunterrichts solI darin bestehen, LUcken im schulischen Wissen der Lehrgangs
teilnehmer zu schlie Ben, urn diese an den externen HauptschulabschluB heranzufUhren (vgl. Rahmenvorstellungen, ebda.).
Andererseits gehen die Uberlegungen dahin, die Vermittlung fachtheoretischer Inhalte im engeren Sinne derBerufsschule
zu Ubertragen, so z.B. Werkstoff-Arbeitskunde, Werkrechnen, Werkzeichnen. Daneben solI sie aber auch allgemeinbildende Facher unterrichten, soweit sie fUr die Berufsbefahigung relevant sind. In einem Aufsatz aus der BA werden dazu bei
spielhaft genannt: "Sprecherziehung, Deutsch mit Geschaftskunde und Rechtschreiben, Schriftverkehr, Wirtschaftsgeo
graphie, Raumlehre, Sozialkunde mit Schwerpunkte der Rechte und Pflichten als StaatsbUrger wahrend der Ausbildung und
im Arbeitsleben". (VOir. Kost (BA), Berufsvorbereitende MaBnahmen als Hilfe zur beruflichen Eingliederung noch
nicht berufsreifer Jugendlicher, in: ibv Nr.1 vo~ 7.1.1976, S. 26 ff., hier: S. 31).
In der Praxis bleibt die Kooperation erheblich hinter dem
geplanten Ansatz zurUck. Wir mUssen allerdings betonen,
daB sich diese Feststellung zunachst auf die Situation der
- 101 -
Lehrgange des Jugenddorfs Dortmund-Oespel bezieht. Nur
bezUglich dieses konkreten Falles stehen uns Daten zur Ver
fUgung. Aussagen aus dem Bereich anderer Trager lassen je
doch einen ahnlichen Tatbestand auch dort vermuten.
In bezug auf den Veranstaltungsort des Berufsschulunter
richts besteht eine ministerielle Bestimmung, nach der er
in den Raumen der Berufsschule oder in den Gebauden der
MaBnahmetrager stattfinden kann. FUr letztere Regelung ist
die Einwilligung des zustandigen Regierungsprasidenten ein
zuholen.
Die hier aufgezeigte Alternative betrifft zunaahst die
raumliche Planung. Der Unterricht selbst obliegt der Be
rufsschule und wird VOn den Lehrern der zustandigen Schulen
erteilt. Es bestehen jedoch auch dazu Ausnahmeregelungen.
Sie besagen, daB der Unterricht dann von den MaBnahmetragern
in eigener Verantwortung durchgefUhrt werden kann, wenn
Lehrkrafte mit den entsprechenden Lehrbefahigungen zur Ver
fUgung stehen und der Unterricht nach Inhalt und Umfang
dem entsprechenden Berufsschulunterricht entspricht (vgl.
RdErl. d.Kultusministers NW vom 30.12.1975).
Diesem ErlaB und den konzeptionellen Uberlegungen der Lehr
gangstrager zufolge sollen die Lehrgangsteilnehmer in be
sonderen Klassen der Berufsschule zusammengefaBt werden.
Der Unterricht solI sich also ausschlieBlich an diese spe
zielle Gruppe unter den BerufsschUlern wenden.
Letztere MaBgabe ist fUr die Teilnehmer an den Lehrgangen
des CJD in Dortmund-Oespel realisiert. Die Jugendlichen
nehmen klassenweise, d.h. nach ihrer Klassen- bzw. Grup
penzugehorigkeit im Jugenddorf, am Berufsschulunterricht
teil, wobei sich die Berufsschulklassen ausschlieBlich
aus den Lehrgangsteilnehmern zusammensetzen und mit den
Klassen im Jugenddorf identisch sind. Der Unterricht wird
in den Gebauden und durch die Lehrer der Dortmunder Berufs
schule erteilt.
5.
5.1.
- 102 -
Darstellung der Ergebnisse der Begleituntersuchung
Teilnehmerstruktur des 9. Berufsforderungslehrgangs
5.1.1. Allgemeine demographische Charakteristik: Alter, Geschlecht und famili~re Situation der Jugendlichen
Wie bereits be! der Beschreibung der Stichproben angegeben, besteht der 9. Berufsforderungslehrgang des CJD DortmundOespel aus insgesamt 304 Teilnehmern, von denen aus den bereits geschilderten Grunden 288'(94.7 Prozent) in die Befragung einbezogen sind. Wie die Tabelle 1 ausweist, liegt das Alter dieser Jugendlichen zum Zeitpankt der Erhebung im Bereich zwischen 15.5 und 17.5 Jahren. Damit streut die altersmHBige Verteilung in einer Spanne von zwei Jahren mit einem Medianwert von knapp unter 16.0 Jahren. Die altersmHBige Zusammensetzung der Jugendlichen, nach Geschlechtern aufgeteilt, l~Bt keine Unterschiede erkennen.
In dieser Altersstruktur druckt sich aus, daB die Jugendlichen in der Regel nach Beendigung einer neunj~hrigen Schulzeit (mit ~uBerst unterschiedlichen Verlaufsformen) zum Berufsforderungslehrgang stoBen.
Tabelle. 1 Verteilunq der Teilnehmer 9, BFL nach Alter und Geschlecht
Alter -------~~!!~~-----------~!~!!~---------~~~~-----in Jahren abs, v.H, abs. v.H. abs. v.H.
15.0 15.5 46 21.0 15 21.7 61 21.2 16.0 83 37.9 26 37.8 109 37.8 16.5 55 25.1 19 27.5 74 25.7 17.0 27 12.3 8 11.6 35 12.2 17.5 8 3.7 .1 1.4 9 3.1
219 100 69 100 288 100
- 103 -
Bei der Aufgliederung der Teilnehmer nach dem Geschlecht
erstaunt die groBe Uberreprasentation mannlicher Jugendlicher,
die mit 219 am Lehrgang vertreten sind, wahrend die Madchen
nur auf eine Anzahl von 69 Absolventen kommen. Dieses bedeutet
ein Belegungsverhaltnis von Jungen zu Madchen wie 3 : 1. Auf
grund dieser Daten bleibt zu fragen, warum sich gerade auf
dem Sektor von BerufsfBrderungsmaBnahmen die tradierte Be
nachteiligung bezUglich der Zuweisung von Berufschancen von
AngehBrigen des weiblichen Geschlechts widerspiegeln muB,
zumal es weder von der curricularen Lehrgangsstruktur noch
von den baulichen oder organisatorischen Gegebenheiten im
Jugenddorf her sich rechtfertigen laBt.
Die zu Beginn der Untersuchung aufgestellte Hypothese, daB
insbesondere Jugendliche, die in Familienverhaltnissen auf
wachsen, die nicht der Norm "Vater-Mutter-Kind (er)" entspre
chen, weniger Chancen haben, ihre schulische Ausbildung mit
dem Signum der Berufsreife abzuschlieBen, fanden wir in einem
Drittel der FaIle bestatigt, denn insgesamt 33.2 Prozent der
Befragten lebten vor Beginn ihres JugenQPorfaufenthaltes
nicht im vollstandigen Familienverband, sondern entweder nur
bei einem Elternteil, beo sonstigen Verwandten, bei Pflege
eltern oder im Heim, wie in der Tabelle 2 ausgewiesen wird.
Tabelle 2
Aufenthalt der Jugendlichen vor Eintritt in das CJD
Lebt bei: mann li ch weiblich Gesamt --------------------------------------------------------abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Eltern 149 67.9 43 62.4 192 66.8 Vater 11 5.0 2 2.9 13 4.5 Mutter 40 18.3 15 21.8 55 19.1 GroBeltern 8 3.7 1 1.4 9 3.1 Geschwist. 0.5 3 4.3 4 1.4 Sonst.Angh. 1.4 1 0.3 Pflegeelt. 0.5 2 2.9 3 1.0 rm Heim 9 4.1 2 2.9 11 3.8
Sumnen: 219 100 69 100 288 100
- 104 -
5.1.2. Charakteristik der schulischen Leistung und kognitiven En twicklung
Betrachtet man die Zusammensetzung der Teilnehmer am Be
rufsf6rderungslehrgang einmal danach, mit welchen schuli
schen AbschlUssen und Leistungen sie in das CJD in Dortmund
kornmen, so werden damit schon einige Kriterien deutlich,
die in der Regel Berufsunreife konditionieren. Die deutliche
Mehrheit von 54.5 Prozent dieser nicht berufsreifen Jugend
lichen besteht aus ehemaligen SonderschUlern, wovon aller
dings 95.5 Prozent den SonderschulabschluB haben. Dieses ist
ein unUbersehbares Indiz dafUr, daB der Sonderschul-AbschluB
zumindest in den Augen der Ausbildungsbetriebe und wohl auch
der Arbeitsamter kaum dazu pradestiniert, eine Lehrstelle zu
erhalten; dieses trifft insbesondere fUr die weiblichen Son
derschulabsolventen zu, denn ihr Anteil an dem Gesamt der in
Dortmund zur Berufsreife zu fUhrenden Madchen ist mit 66.8
Prozent wesentlich h6her als bei der Gruppe der Jungen
Tabelle 3
Schulabschlusse der BFL-Teilnehmer
AbschluB
HS-Abschl. HS 9. Kl. HS 8.Kl. HS 7.Kl. S.-Abschl. S.10./9.Kl. S.8u.wen. Sonstige
mannlich weiblich Gesamt -~-----------------------------------------------------------abs.
21 12 47 28
104 4 2 1
219
v.H.
9.6 5.5
21.5 12.8 47.4 1.8 0.9 0.5
100
abs.
3 2
12 4
46
1 1
69
v.H.
4.3 2.9
17.4 5.8
66.8
1.4 1.4
100
abs.
24 14 59 32
150 4 3 2
288
v.H.
8.3 4.9
20.5 11.1 52.1 1.4 1.0 0.7
100
Wie aus der Tabelle 3 weiterhin hervorgeht, haben 36.5 Prozent
der Befragten die Hauptschule ohne einen AbschluB verlassen
mUssen. Dabei haben11.1 Prozent nur die siebte, 20.5 Prozent
nur die achte und 4.9 Prozent die neunte Klasse der Haupt
schule erreicht.
Insgesamt kann, was die SchulabschlUsse bezogen auf Ge-
- 105 -
sehleehtszugehorigkeit angeht, konstatiert werden, daB das
sehulisehe Bildungsniveau bei den weibliehen Teilnehmern des
BFL - soweit es aus den erreiehten AbsehlUssen und Klassenstufen abgelesen werden kann - deutlieh niedriger liegt als bei den ~nnliehen Teilnehmern. Dieses zeigt sieh aueh bei
Betraehtung der kleinen (und deswegen im statistisehen Sinne mit Vorsieht zu interpretierenden) Minderheit von insgesamt
8.3 Prozent der Jugendliehen, die mit HauptsehulabsehluB
an der BerufsforderungsmaBnahme partizipieren. Diese doeh vom sehulisehen AbsehluB- und Bildungsniveau her ziemlieh
heterogene Zusammensetzung des Lehrgangs maeht die Aufteilung der Teilnehmersehaft in Leistungsgruppen sinnvoll.
Obwohl es nieht konzeptionelles Ziel der Berufsforderungs
lehrgange des CJD Dortmunds ist, den Jugendliehen zu einem naehtragliehen HauptsehulabsehluB zu bringen, besteht immerhin die Mogliehkeit, sieh wahrend dieses Jahres auf freiwilliger Basis auf die externe Ablegung der HauptsehulAbsehluBprUfung vorzubereiten, wofUr ihnen das padagogisehe
Personal des Jugenddorfes beratend zur VerfUgung steht. Dieses sehlagt naeh Einschatzung des Leistungs- und Kenntnis
standes der Jugendlichen jeweils eine gewisse Anzahl von Teilnehmern fUr die Ablegung dieser PrUfung vor. Beim 9. Jahrgang des BFL wurden 71 Jungen und Madchen vorgeschlagen, von denen 'N6'lig, mehr als ein Drittel (26) diese Prlifung bestand.
Tabelle 4
Nachtraglicher HauptschulabschluB wahrend des BFL
mannlich weiblich Gesamt ---------------------------------------------abs. v.H. ans. v. H. abs. v.H.
nicbt .. bestanden 28 12.8 17 24.6 45 15.6 Bestanden 21 9.6 5 7.2 26 9.0 Nicht vorg. 170 77.6 47 68.2 217 75.4
Summe: 219 100 69 100 288 100
- 106 -
Tabelle 4 zeigt zwar, daB von der Lehrgangsleitung 31.8 Prozent der teilnehmenden Miidchen, aber nur 22.3 Prozent der Jungen zur Nachholung des Hauptschulabschlusses vorgeschlagen wurden, sie zeigt allerdings auch, daB die Erfolgs-quote bei den Jungen mit ~2.9 Prozent fast doppelt so hoch wie bei den weiblichen Kandidaten mit nur 22.7 Prozent ist.
Wenn oben schon die tradierte bildungsmaBige Unterprivilegiertheit der M!dchen festgehalten werden muBte, so zeigen diese Zahlen, daB offensichtlich auch W§hrend der FBrderungsmaBnahmen im Jugenddorf es nicht gelingt, diese geschlechtsspezifischen Defizite zu kompensieren, sie werden eher verst!rkt.
Wahrend bisher zur Charakterisierung der schulischen Leistungen und des Entwicklungsstandes der Jugendlichen Bewertungen der Schulen und des Jugenddorfes benutzt wurden, solI auch ein BewertungsmaBstab eingefUhrt werden, der versucht, objektive, d.h. genormte Testkriterien an Leistungen der Jugendlichen anzulegen.
Urn eine vermutete Ver!nderung vor allem der kognitiven Fahigkeiten der Teilnehmer durch ihre Absolvierung des BerufsfBrderungslehrganges festzustellen, ist aufgrund der Untersuchungskonzeption der Horn-Test zu Beginn und zu Ende des Lehrganges durchgefUhrt worden. Oieses PrUfsystem, das aus einer zehnteiligen Testbatterie besteht, wird vor allen Oingen im Bereich der Schul- und Bildungsberatung angewendet.
Ergebnis dieser beiden Testdurchg!nge war, daB sich immerhin knapp die H!lfte aller Probanden in ihren Leistungen, die auch von den Arbeits!mtern zum groBen Teil als Kriterien fUr die Berufsreife benutzt werden, verbessert
haben. 36,,6 Prozent blieben in den F!higkeiten, die der Horntest miBt, unver!ndert. Auch hier deuten sich zumindest
- 107 -
tendenziell wieder geringfUgige Vorteile zugunsten der mSnn
lichen Probanden an, wie die Tabelle 5 aufweist.
Tabelle 5
Vergleich zwischen den Ergebnissen von Horn-Test I und II
mannlich weiblich Gesamt --------------------------------------------abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Gleich 79 36.0 26 37.7 105 36.6 Schw.verb. 72 32.9 22 31.9 94 32.6 Stark ve:rb. 35 16.0 6 8. 7 41 14.2 Schw. verschl. 1 0.5 1 0.3 stark versch. 3 1.4 3 1.0 nur Test I 29 13.2 15 21.7 44 15.3
Summen: 219 100 69 10e 288 100
~venn anch (jpr
Horn-Test kein Instrument dafiir ist, die realiter durchge-
fUhrten MaBnahmen direkt zu UberprUfen, so konnen die Er
gebnisse der Horn-Tests doch als Indikatoren dafUr gewertet
werden, daB der Berufsforderungslehrgang zumindest fUr einen
GroBteil der Jugendlichen eine Hilfe auf dem Weg zur Erlan
gung der kognitiven Voraussetzungen zur Berufsreife dar
stellt. Allerdings konnen hieraus keinerlei SchlUsse oder
Prognosen fUr die Chancen einer spateren konkreten Berufs
bewaltigung hergeleitet werden, worUber auch der aus der
folgenden Tabelle zu entnehmende Vermittlungserfolg wenig
aussagt.
Tabelle 6
Vermittlung von Ausbildungsstellen nach Beendigung des 9. FFL
mannlich weiblich Gesamt --------------------------------------------------abs. v.H. abs. v. H. abs. v.H.
Nicht vermitt .. 13 5.9 14 20.3 27 9.4 Vermittelt in: Lehrberuf 196 89.6 42 60.9 238 82.6 An Ie rnberuf 4 1.8 7 10.1 11 3.8 Weiterf. Schule 6 2.7 6 8. 7 12 4.2
Sunme: 219 100 69 100 288 100
- 108 -
Zunachst einmal muB klargestellt werden, daB die mit 90.6 Pro
zent bezifferte Erfolgsquote bei der Vermittlung von Lehr
stellen (82.6 Prozent), Anlernstellen (3.8 Prozent) und
Platzen in weiterfUhrenden Schulen (4.2 Prozent) lediglich
besagt, daB die Jugendlichen nach AbschluB des Lehrganges
eine Lehr- oder Anlernstelle antreten bzw. den Schulbesuch
beginnen. Dieser Zahl ist also nur eine Mornentaufnahme zurn
Zeitpunkt der Beendigung des Lehrganges. Dieses auBerst
positive Bild kann sich in relativ kurzen Zeitraurnen natUr
lich stark andern, was mit Hilfe dieser Begleituntersuchung
nicht, sondern erst mit der anschlieBenden Effizienzunter
suchung erfaBt wird (vgl. dazu auch Kap. 5.3.).
Irnrnerhin laBt sich aus diesen Daten ablesen, daB auf Seiten
zahlreicher Betriebe durchaus die Bereitschaft besteht, BFL
Absolventen in ein Ausbildungsverhaltnis zu Ubernehrnen.
Aber auch hier machen sich wieder deutliche geschlechtsspe
zifische Unterschiede bernerkbar. Wahrend bei den rnannlichen
Jugendlichen nur 5.9 Prozent nicht vermittelt werden konnen,
erhoht sich diese Ziffer bei den weiblichen Lehrgangsteil
nehmern auf 20.3 Prozent. Gleiches gilt fUr die Qualitat
der vermittelten Stellen, denn den Madchen wurde nur zu 60.9
Prozent die Ausbildung in einem anerkannten Lehrberuf ange
boten (Jungen: 89.6 Prozent), und 1.8 Prozent der Jungen,
denen lediglich ein Anlernberuf angeboten wird, stehen 10.1
Prozent der Madchen gegenUber, die sich mit einem solchen
zufrieden geben mUssen (zur eingehenden Darstellung dieses Zu
sarnrnenhangs sh. Kap. 5.3.).
5.1.3. Einstellung der Jugendlichen gegenUber Lehrgang und prirnaren Bezugsgruppen
Wie bei jeder padagogischen MaBnahrne hangt der Erfolg in
starkem MaBe davon ab, inwieweit sich die davon Betroffenen
motiviert zeigen, inwieweit sie Sinn und Zweck einer solchen
MaBnahrne einsehen und inwieweit sie bereit sind, die damit
verbundenen Xnderungen in ihrem personU.chen Leben zu akzep
tieren. Da es fUr einen Jugendlichen im Alter von 15 bis 17
- 109·-
Jahren in der Regel wohl einen gravierenden Einschnitt in
seinen bisherigen Lebensvollzug ausmacht, von der bisherigen
promaren Bezugsgruppe getrennt zu werden und in ein ihm un
bekanntes neues Sozialgefuge auf Dauer quasi hineingezungen
zu werden, ist es fur die Bewertung des Erfolgs dieser MaB
nahme wichtig zu wissen, wie die Jugendlichen selbst diese
Veranderung ihrer sozialen Umwelt beurteilen.
Die Tabelle 7 beantwortet die Frage, ob der Jugendliche vor
Beginn des Lehrgangs diesen selbst akzeptiert.
Allerdings muB darauf hingewiesen werden, daB durch die
Tatsache, daB die Jugendlichen zu diesem Sachverhalt erst
am Ende des Lehrgangs befragt wurden, die Antworten durch
den Lehrgang selbst beeinfluBt sein konnen.
Tabelle 7 -----Einstellung der Jugendlichen zum bevorstehenden Lehrgang
Einstellung mannlich weiblich Gesamt positiv abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 109 49.8 40 58.8 149 51.8 Nein 36 16.4 17 24.6 53 18.4 Teils/teils 69 31.5 12 17.4 81 28.1 keine Meinung 5 2.3 5 1.7
Summe: 219 100 69 100 288 100
Etwa die Halfte der Jugendlichen (51.8 Prozent) haben eine
positive Einstellung zu dem bevorstehenden Lehrgang. Inter
essant sind dabei die Begrllndungen flir diese positiven Ein
stellungen, in denen sich eine Reihe von Erwartungen an den
Lehrgang artikulieren. An erster Stelle der Begrlindungen,
die daflir verantwortlich sind, daB der Jugendliche relativ
gerne an einem Lehrgang teilnimmt, liegt flir ihn der Wunsch,
doch noch zu einem Hauptschul-AbschluB zu gelangen. Diese
Tatsache wirft ein Licht auf das Vorgehen insbesondere der
Arbeitsamter, den Jugendlichen die Teilnahme durch in Aus
sichtstellung einer solchen Moglichkeit schmackhaft zu
machen, obwohl dieses nur ein hochst peripheres Anliegen des
Lehrgangs ist. Hier werden - entweder aus Unkenntnis der
tatsachlichen Lehrgangskonzeption oder urn so durch eine be
wuBte Fehlinformation ein Vermittlungsproblem in die Verant-
- 110 -
wortung Dritter zu verlagern - bei den Jugendlichen falsche
Hoffnungen erweckt, wie es deutlich in den Gruppendiskussionen
von den Betroffenen selbst artikuliert wurde.
Erst an dritter Stelle der Erwartungen (15.4 Prozent), die
dem Jugendlichen eine Teilnahrne am Berufsforderungslehrgang
als sinnvoll erscheinen lassen, steht das eigentliche
Anliegen des Lehrgangs, n~mlich die Berufsvorbereitung.
15.2 Prozent der Jugendlichen glauben, daB'ihnen allein die
Teilnahme an diesem Forderlehrgang schon eine groBere Chance
auf dem Arbeitsmarkt garantiere. Neben diesen auf die Ver
besserung der beruflichen Zukunft ausgerichteten BegrUndun
gen gab es eine Reihe weiterer, die dieses einj~hrige Vor
haben des BFL als Kompensation fUr einige nicht berufsbezo
gene, die eigene Person betreffende Situationen betrachten.
So sehen 16.8 Prozent den Berufsforderungslehrgang ganz ein
fach als Ersatz fUr ein nicht zustandegekornrnenes Arbeitsver
h~ltnis, mithin als einj~hrigen Ausweg aus der Jugendarbeits
losigkeit. Zum Teil werden auch miBliche famili~re Situationen
oder die Freude am Leben in einer Gerneinschaft Gleichalt
riger als Argurnente fUr den Besuch des Lehrganges angegeben.
Tabelle 8
Grande fur eine positive Einstellung gegenUber dem BFL (Mehrfachnennung moglich, deswegen Summe groBer als 288)
Hauptsch.-Abschl. Ersatz ~usbldgsv. Berufsvoroertg. ChancenvergrOBrg. Gemeinschaft Familiare Grfinde Empfehlung Dritter Erinnere nicht m. Keine Antwort
S1lIlUllEl :
mannlich abs. v .. H.
47 54 46 49 21
7 7 4
43
278
16.9 19.5 16.5 17.6 7.6 2.5 2.5 1.4
15.5
100
weiblich abs. v.H.
23 9
12 8
13 8 5 4
16
98
23.4 9.2
12.2 8.2
13.3 8.2 5.1 4.1
16.6
10"
Gesamt abs. v.H.
70 63 58 57 34 15 12
8 59
376
18.6 16.8 15.4 15.2 9.0 4.0 3.2 2.1
15.7
100
Vergleicht man bezUglich der grunds~tzlich positiven Ein
stellung dem BFL gegenUber zwischen den ehemaligen Haupt-
und SonderschUlern, so zeigt sich, daB letztere in weit s~rkerem MaBe dem BFL mit Freude entgegensehen (59.8 Prozent),
- 111 -
als dieses bei den ehemaligen Hauptschulern (41.1 Prozent)
der Fall ist. Das mag teilweise dadurch zu erklaren sein,
daB Sonderschuler weit mehr ein Defizit an berufsbefahigenden
Kenntnissen und Fertigkeiten verspuren als Hauptschuler, fur
die eine SondermaBnahme wie der BFL teilweise diskriminieren
den Charakter hat, wie es auch in den Gruppengesprachen -
wenngleich verhalten - zum Ausdruck kam.
Tabel~
Vergleich zwischen ~nder- und Hauptschulern bzgl. ihrer Einstellung zum Lehrgang
Einstellung Hauotschil.:Ler Sonderschiiler positiv abs. v.H. abs. v.H.
Ja 53 41.1 94 59.8 Nein 32 24.8 21 13.4 Teil/teils 41 31.8 40 25.5 WeiB nicht mehr 3 2.3 2 1.3
Summe: 129 100 157 100
Bei der Analyse der Einschatzung des BFL durch den Jugendli
chen spielt sicher auch sein Verhaltnis zu den Eltern oder
sonstigen primaren Bezugsgruppen gerade dort eine Rolle, wo
Erfolg oder MiBerfolg auch von affektiven Elementen abhangig
sind. Deshalb sind in das Interview einige Fragen einbezogen
worden, die den familiaren Hintergrund in seinen mOglichen
Auswirkungen auf den Jugendlichen als Teilnehmer an einem BFL
untersuchen wollen. Als Indikatoren dafur dienten
- Haufigkeit der Besuche zu Hause
- Auskommen mit den Eltern/Verwandten
- Interesse der Eltern am Lehrgang
- Subjektiv Empfindung uber die Trennung von zu Hause.
Auf die Frage:"Fallt Dir die einjahrige Trennung von zu Hause
schwer?" ergab sich aus den Antworten der Jugendlichen, daB
70.9 Prozent die einjahrige LDsung vom Elternhaus als nicht
besonders gravierend empfanden; nur 17.7 Prozent empfinden
die Trennung von ihrer gewohnten Umgebung als belastend.
- 112 -
Auch in diesem Bereich lassen sich wieder starke geschlechts
spezifische Unterschiede ausmachenj denn die Madchen trifft
ihre durch den Lehrgang erzwungene Abwesenheit von zu Hause
fast dreimal so stark wie ihre mannlichen Kollegen.
Dieses mag als Beleg dafur angesehen werden, daB im tradi
tionellen Rollenverstandnis fUr weibliche Heranwachsende eine Vorbereitung auf eine eigenverantwortliche Lebensfuhrung und durch berufliche Situationen bedingte familienferne
Arbeitsbewaltigung nicht angelegt ist.
Subjektive Eupfindung der Trennung von zu Hause
Trennung fallt mannlich weiblich Gesamt schwer aba. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 29 13.2 22 31.9 51 17.7 Nein 164 74.9 40 58.0 204 70.9 Indifferent 17 7.8 3 4.3 20 6.9 Heimkind 9 4.1 4 5.8 13 4.5
Allerdings muB in diesem Zusammenhang betont werden, daB ein Bedauern der Trennung von zu Hause nicht in erster Linie ein
Bedauern fiber die Trennung von Eltern ist, sondern wie Zusatzfragen ergeben, in starkerem Umfang die Trennung von Freunden und Bekannten als schmerzhaft empfunden wird.
FUr diejenigen, die unter'der einjahrigen Trennung von zu
Hause nicht leiden, bildet hauptsachlich die Kameradschaft mit Gleichaltrigen im Jugenddorf einen Ausgleich fur die
fehlendmfamilaren Beziehungen.
Es wUrde ein falsches Bild tiber den Grad der Losung vom
Elternhaus wahrend der einjahrigen Internatsunterbringung
entstehen, glaubte man, daB die Kontakte zur Familie nur sporadischer Natur waren. Die Realitat sieht vielmehr so
aus, daB die jugendlichen BFL-Teilnehmer zu 84 Prozent jedes
nt5gllche Wochenende zu Hause verbrinaE'!1' wei tere 13.4 Pro zen t fahren
- 113 -
aIle vierzehn Tage nach Hause, wobei in diesem Fall keine geschlechtsspezifischen Unterschiede auszumachen sind.
Tabelle 11 HAufiqkeit der Besuche bei AnqehOriqen
mAnnlich weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Jd.mOql.Wo.ende 177 84.3 55 83.4 232 84.0 Vierzehntqq. 29 13.8 8 12.1 37 13.4 Einmal/Mon. 3 1.4 3 2.2 6 2.2 Weniq.l/Mon. Nie Keine .Antwort 0.5 1 0.4
Summe: 210 100 66 100 276 +) 100
+) Juqendlichen, die in Heimen aufqewachsen s:L.nd, wurde diese Fraqe nicht qestellt.
Zum AbschluB der mitgeteilten und aufgeschlUsselten Sozialdaten, der Angaben tiber den schulischen Hintergrund und die Entwicklungsverl~ufe w~hrend des Lehrgangs und schlieBlich auch der skizzierten Einstellungen der Jugendlichen muB es abschlieBend interessieren, wie die Teilnehmer aufgrund der Erwartungen, die sie .an den BFL herangetragen haben, diesen insgesamt bewerten. Dieses kann natUrlich nur im Kontext mit den MaBnahmen im Bereich der Fachtheorie, der Werkpraxis und der sozialp~dagogischen Betreuung gesehen werden.
Insgesamt geben knapp die ~lfte der befragtenJugendlichen an, daB ihre anfanglichen Erwartungen vall erfUllt worden sind, worin sich eine starke Zufriedenheit mit dem Gesamtkomplex BFL ausdrUckt. Weitere 29.5 Prozent der Teilnehmer bescheinigen gegen Lehrgangsende eine teilweise ErfUllung ihrer Erwartungen. Ein FUnftel aus dem Gesamt der Teilnehmerschaft hingegen drUckt Unzufriedenheit mit dem Lehrgang insofern aus, als ihre person lichen Vorstellungen Uber Sinn und Zweck des Lehrgangs nicht eingelost werden konnten. Dieses gilt in be sonde rem MaBe fUr die weiblichen Teilnehmer, worin ein erneuter Beweis dafUr gesehen werden kann, daB,I,auf die
Be lange , die weibliche Jugendliche zur Berufsreife fUhren
- 114 -
konnten, zurnindest in deren eigenern Verstandnis weniger er
folgreich eingegangen zu werden scheint. Allerdings, so
rnuB hier abschlieBend festgestellt werden, gibt der hohe Grad der Ubereinstirnrnung zwischen Teilnehrnererwartungen und
tatsachlich durchgeftihrten MaBnahrnen noch keine Auskunft
tiber die tatsachliche Effizienz des Lehrgangs.
Tabelle 12
Erfullungsgrad von Erwartungshaltungen
Erwartungen mannlich weiblich Gesamt erfullt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 103 46.9 32 46.5 135 46.9 Nein 40 18.3 19 27.5 59 20.5 Teilweise 68 31.1 17 24.6 85 29.5 WeiB nicht 8 3.7 1 1.4 9 3.1
Summe: 219 100 69 100 288 100
- 115 -
ANHANG
Tabelle A.1
Zufriedenheit mit der Wahl des Berufes nach Beendigung des BFL
weiblich mannlich Gesamt C!bs. v .. H. C!bs. v.H. C!bs. v.H.
Ja 22 48.9 46 30.1 68 34.3 Nein 23 51.1 105 68.5 128 64.7 Kann mich nicht erinnern 1 0.7 1 0.5 Keine Antwort 0.7 1 0.5
Summe: 45 100 153 100 198 100
Tabelle A.2
Wunsch nach Berufswechsel zum Zeitpunkt der Befragung
Ja Nein WeiS nicht Keine Antwort
Summe:
Tabelle A.3
weiblich abs. v.H.
23 51.1 18 40.0
~ 8.9
45 100
mannlich C!bs. v.H.
40 26.1 107 70.0
4 2.6 2 1.3
153 100
Notwendigkeit der Xnderung von Lehrgangsteilen
Ja Nein weiS nicht Keine Antwort
Summe:
weiblich abs. v.H.
12 26.7 31 68.9
2 4.4
45 100
mannlich C!bs. v.H.
45 29.4 89 58.1 18 11.8
0.7
153 100
Gesamt abs. v.H.
63 31.8 125 63.2
4 2.0 6 3.0
198 100
Gesamt abs. v.H.
57 28.8 120 60.6 20 10.1
1 0.5
198 100
- 116 -
Tabelle A.4
Affektive Ruckerinnerung an den BFL
weiblich m&nnlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Positive Erinnerung 44 97.8 131 85.6 175 88.4 Negative Erinnerung 15 9.8 15 7.6 WeiB nicht mehr 2.2 7 4.6 8 4.0 Keine Antwort
Summe: 45 100 153 100 198 100
Tabelle A.S
Berufliche Zukunft
weiblich m&nnlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Angst vor Arbeitslosigk. 6 13.3 22 14.4 28 14.1 Keine A. v.Arbeitslos. 27 60.1 109 71.2 136 68.7 WeiB nicht ~ 4.4 19 12.4 21 10.6 Keine Antwort 10 22.2 3 2.0 13 6.6
Summe: 45 100 153 10d> 198 100
5.2. 5.2.1.
- 117 -
Struktur des 9. Forderungslehrganges Werkpraktische Unterweisung
5.2.1.1. Gruppeneinteilung und Anzahl der durchlaufenen Berufsfelder
Aus den 16 Klassen des fachtheoretischen Bereiches wurden
fUr die werkpraktische Unterweisung 39 Gruppen (28 Jungen
und 11 Madchengruppen) von ca. 8 Jugendlichen gebildet. Ent
sprechend der Differenzierung in Leistungsgruppen wurde fUr
diese Gruppen wochentlich 12, 16 bzw. 20 Stunden werkprak
tischer Unterricht angeboten. Die Unterrichtseinheit im werk
praktischen Bereich betrug jeweils 4 Stunden, sodaB sich fol-
gende Gruppen- und Stundeneinteilung ergab:
11 Gruppen aus A-Klassen 3 x wochentlich 4 Stunden
20 Gruppen aus B-Klassen 4 x wochen tlich 4 Stunden
8 Gruppen aus C-Klassen 5 x wochen tlich 4 Stunden
Die vorgesehenen Unterweisungsstunden muBten auf vier Tage
verteilt werden, da ein Wochentag fUr den Berufsschulunter
richt einzuplanen war. Die Jugendlichen aus den C-Klassen hat
ten dadurch an einem Wochentag vor- und nachmittags werkprak
tischen Unterricht, wahrend die Ubrigen Jugendlichen jeweils
nur halbe Tage in die Werkstatten kamen.
Die Differenzierung nach intellektuellem Leistungsvermogen,
die laut Lehrgangskonzeption fUr den fachtheoretischen Unter
richt vorgenommen wurde, war also auch Grundlage fUr die Grup
peneinteilung im werkpraktischen Bereich. Zur Begrtindung heiBt
es, daB den in schulischer Hinsicht leistungsschwacheren Ju
gendlichen Gelegenheit gegeben werden soll, diesen Nachteil
durch groBere handwerkliche Fahigkeiten auszugleichen. AuBer
dem wird im CJD davon ausgegangen, daB Jugendliche mit schwa
cheren Leistungen im schulischen Bereich auch einer intensi
veren Unterweisung im praktischen Bereich bedUrfen. FUr die
10-wachige Unterweisung im Berufsfeld Metall beispielsweise
stehen den Jugendlichen aus A-Klassen 120 Stunden, den Jugend
lichen aus C-Klassen jedoch 200 Stunden zur Verfligung, wobei
beide Gruppen quantitativ dasselbe Programm absolvieren.
- 118 -
Der unterschiedliche Stundenanteil an werkpraktischer Unter
wei sung fUhrt aber auch dazu, daB die Gruppen wahrend des
Lehrgangs unterschiedlich viele Berufsfelder durchlaufen. Im 9. BFL schwankte die Anzahl der durchlaufenen Berufsfel
der zwischen 4 und 9, wobei der Durchschnitt bei 6,08 lag.
Die folgende Ubersicht verdeutlicht die Unterschiede hinsichtlich der Anzahl der durchlaufenen Berufsfelder:
Anzahl. der durchL Berufsfelder 4 567 8 9
An.zahl der Gruppen 6 8 10 10 2 3
Der Durchschnitt von 6,08 e~gibt sich als arithmetisches Mittel unter BerUcksichtigung aller 39 Gruppen. Betrachtet man die Anzahl der durchlaufenen Berufsfelder im Hinblick auf die
ZugehBrigkeit zu den verschiedenen Leistungsgruppen, so ergeben sich folgende Mittelwerte:
A-Gruppen
B-Gruppen C-Gruppen
5,45 durchlaufene Berufsfelder
~ 5,85 durchlaufene Berufsfelder ~ 7,5 durchlaufene Berufsfelder
Es ist also davon auszugehen, daB die werkpraktische Unter
weisung fUr den einzelnen Lehrgangsteilnehmer in qualitativer und in quantitativer Hinsicht sehr unterschiedlich ausfallt.
Das kBnnte darauf hindeuten, daB die Zielsetzung des Lehrgangs, namlich eine individueile FBrderung des Jug end lichen entsprechend seiner persBnlichen Eignung und Neigung, erreicht wurde. Gegen diese Interpretation spricht jedoch die Tatsache, daB die Entscheidung darUber, wie viele Berufsfel
der der Jugendliche im Lehrgang kennenlernt und wie intensiv er darin unterwiesen wird, von Faktoren abhangt, die mit seiner beruflichen Eignung und Neigung nichts zu tun haben. Als wichtigste Faktoren sind ·dazu die Gruppeneinteilung aufgrund
des Horn-Tests und die unterschiedliche Kapazitat der Berufs
felder zu nennen. Da der Organisationsplan fUr die werkpraktische Unterweisung bereits vor Beginn der Lehrgangs erstellt wird, kann man eben falls davon ausgehen, daB letzten Endes
rein organisatorische GrUnde ausschlaggebend dafUr sind, wie viele Berufsfelder der Jugendliche kennenlernt und wie intensiver darin unterwiesen wird.
Gr. Kl. Metall Holz Elek. G.bau Maler. Te:
A ~ 1 a XXXXXXXXXX XXXXX XXXXX 22222 XXXXX
b X'>(XXXXXX<X XXXXXXXXXX xx XXx XXXXX c X:X;CXXXXXXX x>(xxxxxxXx xxx>(x XXXXX
( 2 a xxxxxxxxxx XXXXXXXX;{X XXXXX 22222 22222 B ~
b XXXXX22222 x xxx XX XX XX XXXXX 22222 XXXXX c XXXXXXXXXX XXXXXXXXXX XXxxx XXXXX
( 3 a XX';XXXXXXX XXXXX XXXXX 22222 XXXXX A ( b XXX:XXXXXXX XXXXXXXXXX xxxxx XXX XX
( c XXXXX XXXXX XXXXX NNNNN XXXXX
( 4 a xx_>:,:xxxxxxx XXXXXXXXXX XXXXX XXXXX B ( b XXXXXXXXXX XXXXXXXXXX XXXXX XXXXX
( c XXXXX:XXXXX XXXXXXXXXX XXXXX XXXXX
~ 5 a XXXXXXXXXX XXXXXXXXXX XXXXX 11111 XXXXX 11
C b XXXXXXXXXX XXXXXXXXXX 22222 XXXXX XXXXX
( 6 a XXXXXXXX:{X XXXXXXXXXX 22222 11111 XXXXX B ( b XXXXXXXXXX XXXXXXXXXX 22222 XXXXX 22222
( 7 a XXXxxx.,XXXX XXXXXXXXXX 44444 XXXXX 22222 11 C ( b XXXXX XXXXXXXXXX X\,XXX XXXXX XX XXX
( 8 a XXXXXXXXXX XXXXX11111 XX'CXX XXXXX XXX XX 11 B ( b XXXXX XXXXXXXXXX XXXXX XX'(XX 33333 11
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( 9 a 444LII,~XXXXX XXXXXXXXXX 22222 XXXXX 22222 11 C ( b XXXXXXXXXX xxxxxxxxxx '3333'3 22222 XXXXX
( 10 a XX\XXXXXXX XXXXX XX'C,(X XX'(XX XXXXX n ( b X . .; XX \.\ .(XXX XX\'XX22222 XXXXX 22222 XXXXX
~ 11 a XXXXX ,( XX;{X XXXXXX X ':xx xxxxx 22222 22222
B b XXXXX22222 X';;;i.XXXXXX:X x~·(XXX. XXXXX 22222
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x VollllnteTIqei sun,'; Zahl Teilunterweisung
Gr. Kl. Hetall Holz Elek. G.bau Haler. Te
( 13 a 11111 XXXXX XX B ~ b XXXXX XX
c 22222 22222 XX
C ( 14 a 1111111111 XXXXX 33333 XX ( b 1111111111 33333 22222 441t44 11111 XX
~ 15 a 33333 XXXXX 11111 XX
B b 11111 11111 xxxxx 33333 xx c 22222 22222 XXXXX XX
~ 16 a 22222 11111 XXXXX XX
A b 22222 11111 XXXXX 22222 c 11111 22222 XXXXX XX
.. --, _.- . --
x Vollunterweisung Zahl Teilunterweisung
- 121 -
Der Vergleich der beiden Tabellen zeigt deutlich, in welcher
Weise die werkpraktische Unterweisung den tradierten Vor
stellungen von geschlechtstypischen Ausbildungsbereichen
verhaftet ist. Wahrend in den Bereichen Metall, Holz, Elek
trik und Malerei hauptsachlich Jungen unterwiesen wurden,
waren die Bereiche Textil, Hauswirtschaft, Papier und Kosme
tik vor allem fUr die Madchen reserviert. Damit wird das
Prinzip der Koedukation (gleiche Ausbildung fUr Jungen und
Madchen) im werkpraktischeh Bereich nicht durchgehalten.
Lediglich im Berufsfeld Gartenbau werden Jungen und Madchen
annahernd im gleichen Umfang unterwiesen. Hier werden die
Unterschiede erst in den verschiedenen Ausbildungsbereichen
deutlich: bei den Madchen liegt der unterweisungsschwerpunkt
im Bereich Floristik, bei den Jungen hauptsachlich im Bereich
Landschaftsgartnerei.
Ein weiterer Gesichtspunkt bei der Zuweisung von Jungen in
das Berufsfeld Gartenbau ist offensichtlich die schulische
Vorbildung. Die Tabelle verdeutlicht, daB samtliche ehema
ligen SonderschUler (Klassen 5-12) das Berufsfeld Garten
bau durchlaufen haben, wahrend von den 12 Gruppen ehemaliger
HauptschUler (Klassen 1-4) nur 5 Gruppen diesem Bereich zu
geteilt wurden. Dabei durchliefen 4 dieser 5 Gruppen sogar
nur eine verkUrzte Teilunterweisung. Demnach scheinen Sonder
schUler fUr gartnerische Berufe besser geeignet zu sein als
HauptschUler. Da der Beruf des Gartners ein relativ ge
ringes Sozialprestige hat, erhebt sich hier die Frage, ob
die Chancenungleichheit von Haupt- und SonderschUler bei der
Berufswahl in den Forderungslehrgangen tatsachlich aufge
hoben wird, oder ob nicht weiterhin fUr SonderschUler der Weg
zu einer gualifizierteren Ausbildung eingeschrankt bleibt.
Die Tatsache, daB Madchen die Berufsfelder Metall, Holz,
Elektrik und Malerei wenn Uberhaupt nur in verkUrzten Teil
unterweisungen kennenlernen, scheint vertretbar, da es in
diesen Berufsbereichen kaum Ausbildungsmoglichkeiten fUr
Madchen gibt. In den Bereichen Textil, Hauswirtschaft, Pa
pier und Kosmetik gibt es jedoch fast annahernd so viele
- 122 -
Ausbildungsplatze fUr Jungen wie fUr Madchen. Es ist daher
unverstandlich, daB die werkpraktische Unterweisung der
Jungen in diesen Bereichen im Forderungslehrgang so vernach
lassigt wird.
Die Lehrgangsteilnehmer kritisierten denn auch in den Gruppen
interviews, daB in einigen Bereichen Uberwiegend Madchen und
in anderen fast ausschlieBlich Jungen unterwiesen werden.
Die Mehrzahl der Jugendlichen wUrde eine Koedukation im
werkpraktischen Bereich begrUBen. Bei der Befragung waren
Uber 85 Prozent der Jugendlichen der Meinung, daB Jungen
und Madchen grundsatzlich in· denselben Berufsfeldern unter
wiesen werden sollten.
F 1, Frage 9. Bist Du der Meinung, daB Madchen und Jungen
grundsatzlich Ausbildung in denselben Berufsfeldern ange
boten werden sollte?
Miinnlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs.
Ja 184 84,0 61 88,4 245
Nein 28 12,8 6 6,7 34
WeiB nicht 7 3,2 2 2,9 9
Summe 219 100 69 100 288
5.2.1.2. Darstellung der Unterweisungsplane des werkpraktischen Bereiches
v.H.
85,1
11 ,8
3,1
100
Das CJD hat bisher fUr insgesamt 13 Berufsfelder bzw.
Tatigkeitsbereiche Unterweisungsplane entwickelt. Im ein
zelnen sind dies die Bereiche: Metall, Elektrik, Holz,
Malerei, Gartenbau, Textil, Hauswirtschaft, Haar- und
Korperpflege, Papier, Bau, Foto, Kunsthandwerk und Bliro
technrk. Die Bereiche Bau, Foto und Kunsthandwerk werden
inDortmund nicht angeboten, und BUrotechnik wird nur fUr
einzelne Jugendliche als Eignungsgruppe, nicht aber prinzipiell als Berufsfeld offeriert. Diese vier Bereiche werden
- 123 -
deshalb im folgenden nicht weiter behandelt.
FUr die Entwicklung der Unterweisungsplane im werkpraktischen Bereich ist der 'Arbeitskreis der Leiter der werk
praktischen Unterweisung in den Berufsforderungslehrgangen des CJD' verantwortlich. Die Unterweisungsplane stellen kein geschlossenes, endgultiges Konzept dar. Sie werden
standig uberarbeitet und so weit wie moglich den wechselnden Anforderungen der Arbeitswelt angepaBt. Die einzelnen
Ubungen, die in den Unterweisungsplanen vorgegeben werden,
haben nur exemplarischen Charakter. Dadurch wird den Ausbildern ein relativ groBer Freiraum bei derDurchfuhrung
ihrer Aufgaben gewahrt.
Erst seit Anfang 1976 existieren verbindliche Rahmenrichtlinien fur die werkpraktische Unterweisung in den Berufsforderungslehrgangen. Mit dem Rahmenlehrplan zur Durchfuh
rung von Forderungslehrgangen der Tragergruppen in der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk, der in den ibv
Nr. 1 am 7. Januar 1976 von der Bundesanstalt fUr Arbeit veroffentlicht wurde, ist ein exemplarischer Rahmenstoff
plan fur das Berufsfeld Metall vorgelegt worden, der beispielhaft fUr aIle ubrigen Unterweisungsplane eine Schematisierung vorgibt. Die Unterweisungsplane der verschiedenen Trager sollen nach diesem Schema neu uberarbeitet werden,
wodurch eine gewisse Vereinheitlichung der werkpraktischen
Unterweisung in den Forderungslehrgangen erreicht werden solI.
Als Anlage zum Rahmenplan zur Durchfuhrung von Forderungslehrgangen we~.den neben der schematischen Stoffplandar
stellung aus dem Berufsfeld Metall fUr insgesamt 9 Berufs
bereiche Rahmenstoffplane vorgestellt, in denen Ubungsziele und Lerninhalte der verschiedenen Berufsfelder erlautert sind. ,Fur das im Jugenddorf Dortmund angebotene
Berufsfeld Papier liegt kein Rahmenstoffplan vor.Die Rahmenstoffplane fur die tibrigen 8 in Dortmund bestehenden Be
rufsfelder decken sich nahezu mit den bereits bestehenden
Unterweisungsplanen des CJD, sodaB die Vermutung naheliegt,
- 124 -
daB bei der Erarbeitung der Rahmenstoffplane die Vertreter
des CJD ihre Vorstellungen weitgehendst verwirklichen konnten.
Bevor wir auf die Unterweisungsplane im einzelnen eingehen,
ein paar Bemerkungen zum Selbstverstandnis der werkprak
tischen Unterweisung im CJD. Allen Unterweisungsplanen sind
einheitliche padagogische Richtlinien vorangestellt, mit
denen auf die Besonderheiten der Zielgruppe in den Forderungs
lehrgangen hingewiesen wird. Den Ausbildern wird eine vier
stufige Unterweisungsmethode nahegelegt. Es 5011 zunachst
die Aufnahmebereitschaft des Jugendlichen geweckt werden.
Dann 5011 der Ausbilder den Arbeitsgang vorftihren und dabei
genau erklaren. In der dritten Stufe 5011 der Jugendliche
das Vorgeftihrte nachmachen,um schlieBlich in der vierten
Stufe selbstandig arbeiten zu konnen. Diese Vier-Stufen
Methode wird in den Richtlinien des CJD zur werkpraktischen
Unterweisung wie folgt dargestellt:
"Die erste Stufe:
Hier geht es darum, sich zu tiberlegen, wie der Jugendliche
Zugang zu der Sache findet; was kann er bereits; wo kntipfe
ich an; wie stelle ich den pers5nlichen Kontakt her?
Die zweite Stufe:
Hier geht es darum, den Unterwiesenen gtinstig zu plazieren,
zu erklaren und ihm den ersten Handgriff zu zeigen, weiter
zu erklaren und ihm die weiteren Handgriffe zu vermitteln
und zwar in der Reihenfolge des Arbaitsablaufes und wenn
notwendig, den gesamten Arbeitsablauf zu wiederholen, Ein
wande und Vorschlage zu beachten, auf Fragen zu antworten.
Hier 5011 der Jugendliche also erkennen, was geschieht,
wie es geschieht und warum es so und nicht anders sinnvoll
ist. Dartiber hinaus ist es wichtig, auch einzelne Lernab
schnitte oder Kernpunkte genau zu bezeichnen und schrift
lich festzuhalten.
- 125 -
Die dritte Stufe:
Hier soll der Jugendliche nun das, was ihm vorher gezeigt
und erklart worden ist, ausflihren. Dazu zeigt man ihm zu
nachst die richtige Arbeitsstellung; man hilft und korri
giert, wo Fehler auftreten. Man bestatigt die richtige Ar
beitsweise, laBt sich jeden Handgriff beschreiben und wie
derholen und festigt somit das Gelernte. Es kann notig sein,
alles zu wiederholen, bis der Jugendliche die Arbeit selb
standig ausflihren kann.
Die vierte Stufe:
Nun soll der Jugendliche selbstandig arbeiten. Sein Selbst
vertrauen soll gestarkt werden, indem man ihrn mitteilt, daB
er seine Arbeit gut macht. Man soll ihm die Bedeutung dieses
Arbeitsvorganges noch einmal klar vor Augen stellen, darnit
er seine Arbeit richtig bewerten lernt."
(zit. nach: Richtlinien des CJD zur werkpraktischen
Unterweisung, S. 6 f.)
Dieser vierstufige Unterweisungsablauf spiegelt sich in
allen Unterweisungsplanen des CJD wider. Samtliche Ubungen
sind nach diesem Schema aufgebaut. Dadurch sind alle Unter
weisungsplane vom methodischen Aufbau her sehr ahnlich. Sie
unterscheiden sich jedoch erheblich im Hinblick auf die Kon
kretisierung der Arbeitsablaufe. Wahrend in manchen Planen
jede Ubung genau bis in das kleinste Detail vorgeschrieben
wird, werden in anderen Unterweisungsplanen nur Lernziel
angaben und grobe Arbeitsschritte vorgegeben. Entsprechend
unterschiedlich sind auch die Freiraume der Ausbilder in der
werkpraktischen Unterweisung. Die Metall-Ausbilder sind viel
enger an den Unterweisungsplan gebunden als beispielsweise
die Ausbilderin im Textilbereich.
1m folgenden wollen wir nun auf die 1nhalte und den Aufbau
der Unterweisungsplane im einzelnen naher eingehen.
- 126 -
Me tall
Die Unterweisung im Berufsfeld Metall ist in einen ein
fUhrenden und einen weiterfUhrenden Lehrgang unterteilt.
Den zehnwOchigen EinfUhrungslehrgang durchlaufen aIle mann
lichen Jugendlichen. Einige weibliche Jugendliche werden
in einem verklirzten Lehrgang mit den Grundkenntnissen der
metallverarbeitenden Berufe vertraut gemacht. 1m Unter
weisungsplan fUr das Berufsfeld Metall wird Uber den ein
fUhrenden Lehrgang gesagt: "1m Grundlehrgang werden bewuBt
die einfachen, spanlosen Arbeitsverfahren an den Anfang
gesetzt. Einfache spanlose Arbeitsvorgange fUhren schnelle~
zum sichtbaren Erfolg und bedUrfen keiner besonderen An
strengung ••• Erst allmahlich wird er (der Jugendliche) an
die schwierigeren spanabhebenden Arbeitsvorgange he range
fUhrt, die bekanntlich mehr Ausdauer und Durchhaltevermogen
verlangen". (Unterweisungsplan fUr das Berufsfeld Metall,S.1)
1m einfUhrenden Lehrgang sollen folgende Fertigkeiten ver
mittelt werden: Messen, Schweifen, Vergleichen, Richten,
AnreiBen, Kernen, Treiben, Sagen, Feilen, Biegen, PrUfen,
feilendes MeiBeln, Scheren, Bohren, Oberflachenbehandlung,
Entgraten, Senken, Gewinde schneiden, Reiben, Montieren,
Leten, Nieten, Schrauben. Der weiterfUhrende Lehrgang ist
fUr die Jugendlichen gedacht, die in der Eignungsgruppe
der Metallwerkstatt zugewiesen sind. Hier sollen dann
aufbauend auf den Grundlehrgang folgende Fertigkeiten ver
mittelt werden: Drehen, Hobeln, Frasen (informativ),
SchweiBen, Schmieden, spanabhebendes MeiBeln sowie Kunst
stoff schweiBen, Maschinenkunde, Kraftfahrzeugkunde sowie
eine Wiederholung aller gelernten Arbeitstechniken mit der
notwendigen Fachtheorie aus dem einfUhrenden Lehrgang.
Der Unterweisungsplan Metall enthalt fUr den einfUhrenden
Lehrgang 19 Ubungen, mit denen die o.g. Fertigkeiten ver
mittelt werden sollen. Zu jeder Ubung werden zunachst die
Lernziele aufgefUhrt. FUr jede Ubung ist definiert, welche
Fertigkeiten und Kenntnisse bei der DurchfUhrung der Ubung
- 127 -
vermittelt werden sollen. Im AnschluB an die Lernziele
folgt zu jeder Ubung ein ausfUhrlicher Hinweis fUr den Ausbilder. Es wird darin nochmals hervorgehoben, worauf
bei der Ubung besonders zu achten ist, welche Besonderheiten der jeweilige Werkstoff aufweist, welche Fehler von
den Jugendlichen voraussichtlich gemacht werden und welche Unfallgefahren die jeweilige Ubung beinhaltet. Es wird auch der Versuch unternommen, dem Ausbilder Hinweise auf evtl. auftretende psychologische Probleme zu geben. Der Ausbil
der sollte solchen Problemen in seinem methodischen Vorgehen Rechnung tragen. Die Hinweise fUr den Ausbilder enden
jeweils mit einem Literaturhinweis auf die entsprechende
Ubung im Fachkundebuch. Im AnschluB daran enthalt der Unterweisungsplan zu jeder Ubung eine maBstabsgerechte techni
sche Zeichnung. AuBer der Zeichnung werden noch einmal die einzelnen Ar
beitsstufen der Ubung, die Arbeitsmittel und die Unfallgefahren aufgefUhrt. FUr den weiterfUhrenden Lehrgang enthalt der Unterweisungsplan Metall nur noch die Zeichnung
fUr die jeweiligen Ubungen mit Hinweisen auf die Arbeitsstufen, die Arbeitsmittel und die UnfallverhUtung. Insgesamt enthalt der weiterfUhrende Lehrgang noch einmal 14
Ubungen, die aber nicht unbedingt alle ausgefUhrt werden mUs sen , damit noch genug Zeit fUr die Wiederholungen
bleibt. Der Unterweisungsplan Metall gilt wegen seiner AusfUhrlichkeit im CJD als beispielhaft.
Elektrik
Am Beginn der Unterweisung im Berufsfeld Elektro steht zu
nachst eine allgemeine EinfUhrung. Die jugendlichen sollen in den Werkstattbereich eingewiesen werden und mit den Be
stimmungen der Arbeitssicherheit und der UnfallverhUtung vertraut gemacht werden. Sie bekommen eine Ubersicht Uber die verschiedenen Werkzeugarten, ihre Handhabung und Pflege. Danach werden die Jugendlichen an den Arbeitsplatzen einge
wiesen. Die verschiedenen Gerate und ihre Einsatzmoglichkeiten werden erklart. AuBerdem werden Hinweise Uber Ordnung am Arbeitsplatz und Uber die Sicherheit bei der Arbeit mit
- 128 -
e1ektronischer Energie gegeben. Im Ansch1uB an diese allgemeine, einfUhrende Phase wird mit verschiedenen praktischen und theoretischen Ubungen begonnen. Der Unterweisungsp1an E1ektro enth~lt 33 verschiedene Ubungen. Jede Ubung enth~lt einen theoretischen und einen praktischen Tei1. Das heiBt, jede Ubung wird zun~chst durchgesprochen und genau er1~utert, ehe die Jugend1ichen se1bst die Ubung durchfUhren. Wie auch im Meta11-bereich werden zu jeder Ubung die Lernzie1e genannt, so daB genau festge1egt ist, we1che Fertigkeit mit welcher Ubung vermitte1t werden soll. Es werden ebenfa11s zu jeder Ubung Hinweise fUr den Ausbi1der gegeben. Zu den meisten Ubungen enth~lt der Unterweisungsp1an technische Zeichnungen bzw. Scha1tp1~ne fur die schwierigeren Ubungen.
Die Unterweisung im Bereich E1ektrik fuhrt vom Kennen-1ernen und Bearbeiten der verschiedenen Kabe1arten uber Biege- und Lotubungen bis zur Montage verschiedener e1ektronischer E1emente und Scha1tungen. Es ist dabei im Unterweisungsp1an nicht genau festge1egt, we1che der 33 Ubungen bereits im ersten fUnfwBchigen Lehrgang durchgenommen werden sollen und we1che Ubungen erst a1s Vertiefung in der Eignungsgruppe vorgesehen sind. Urn den Jugend1ichen die Mog-1ichkeit zu geben, ihre Kenntnisse auch in der Praxis anzuwenden, werden die im Jugenddorf anfa11enden Arbeiten wie e1ektrische Insta11ationen und derg1eichen von den Jugend1ichen unter An1eitung der Ausbi1der durchgefuhrt. Einen
besonders breiten Raum nimmt im Bereich E1ektrik die Fachkunde ein. In keinem anderen Bereich muB auf die Vermittlung von theoretischen Kenntnissen sovie1 Zeit verwendet werden. Dies ist einer der GrUnde, warum nur wenige Jugend1iche aus dem BFL in E1ektroberufe einmUnden konnen, da sie den theoretischen Anforderungen nicht gewachsen sind.
Ho1z
An den Anfang der Unterweisung im Berufsfe1d Ho1z werden
bewuBt einfachere Arbeitsverfahren gesetzt. Diese fuhren
- 129 -
schneller zum sichtbaren Erfolg und bedtirfen keiner be
sonderen Anstrengung. Die Jugendlichen sollen zunachst
ein GefUhl fUr den Werkstoff Holz bekommen, da die Festigkeit des Materials zu Beginn der Unterweisung erfahrungsgemaB unter- oder fiberschatzt wird. Es sollen im Verlauf der Unterweisung folgende Fertigkeiten vermittelt werden: "Messen, AnreiBen, Uberwinkeln, Priifen, Hobeln, Abrichten, Ausgleichen, Sagen, Ablangen, Absetzen, Schweifen, Hirnholz bestoBen, Stemmen, Schraub~, Nageln, Leimen, DUbel ein
setzen, Kennzeichnen, Raspeln, Feilen, Anfasen, Bohren, Aufkrausen, Flache furnieren, Kanten aufreiben, Pressen, Schleifen, Beizen, Oberflachenbehandlung, Scharfen, Montieren, Zeichnen." (unterweisungsplan fiir das Berufsfeld Holz, S.1)
Zur Einfibung dieser Fertigkeiten sind im unterweisungs-• plan 16 Ubungen vorgesehen. Am Anfang steht eine allgemeine
EinfUhrung in den Werkstattbereich und die Erlauterung der
verschiedenen Werkzeuge. Dann folgen einige Arbeiten am Ubungsholz. Im weiteren Verlauf der Unterweisung werden z.B. Nistkasten, Kerzenstander, Schliisselbretter und Biicher
regale hergestellt. So wird z.B. ein Kranich nach Modell ausgesagt und bearbeitet, oder verschiedene Intarsienarbei
ten werden nach Entwurfszeichnungen der Jugendlichen ausgeflihrt.
Alle Ubungen werden zunachst im theoretischen Unterricht vorbesprochen. Im fachkundlichen Unterricht wird besonders grUndlich Uber die zahlreichen unfallgefahren in der Holz
werkstatt informiert. Jeder Ubungsabschnitt beginnt mit einer Belehrung fiber Unfallgefahren und Unfallverhiitung.
Im Unterweisungsplan sind zu jeder Ubung die Lernziele angegeben. AuBerdem werden zu den einzelnen Ubungen Hin
weise fUr die Ausbilder gegeben. Diese beziehen sich fiberwiegend auf den praktischen Ablauf der Ubungen. Teilweise werden
aber auch padagogische Ratschlage fUr den Umgang mit den
Jugendlichen gegeben. Die einzelnen Ubungen werden durch technische Zeichnungen mit genauen MaBangaben erlautert. Der
Unterweisungsplan Holz wurde auf der Grundlage des Fachbuches 'Lehrbuch fiir Tischler' Teil-III, Verlag Gebr.
Janicke, Hannover, erstellt.
- 130 -
Farbe (Malerei)
Die Unterweisung im Berufsfeld Farbe beginnt mit der Er
klarung der Werkzeuge, ihrer Handhabung, Verwendung und
Pflege. Danach folgt eine Phase, in der die Jugendlichen den Umgang mit den verschiedenen Farben und Arbeitsgeraten
Uben sollen. Sie lernen die Haupt- und Grundfarben kennen und stellen durch Mischung der Farben neue FarbtBne her. Dabei wird auch das EinrUhren einer Leim- und Binderfarbe
geubt. Es folgen Strichziehubungen mit Schragstrichzieher und Lineal auf Ubungsflachen. Zum AbschluB dieser Ubungsphase sol len die Jugendlichen Ornamente nach eigenem Ent
wurf auf Papier ze~chnen und dann ausmalen.
Nun werden die Jugendlichen langsam an die eigentlichen
Aufgaben des Malerberufes herangefllhrt. Zunachst werden sie mit den verschiedenen Anstricharten bekanntgemacht. Dabei wird vor allem darauf geachtet, wie "der Untergrund
bei den verschiedenen Anstricharten beschaffen sein muB. Dazu geh5rt auch das Entfernen alter Anstriche. Fur einen Holzuntergrund erlernen die Jugendlichen das Abschleifen,
das Abbeizen und das Abbrennen von alter Farbe. Der Neu
anstrich erfordert ebenfalls unterschiedlicheBehandlungsmethoden, mit denen die Jugendlichen bekanntgemacht werden. Dazu geh5rt die Grundierung des Holzes, das Ausbessern mit
Kitt oder alspachtelfarbe, der Voranstrich sowie der Fertiganstrich.
Bei den Anstrichen von Eisen werden die Jugendlichen mit den verschiedenen Methoden der Rostentfernung und RostverhUtung bekanntgemacht. Als nachster Bereich erscheint
im Unterweisungsplan der Wand- und Deckenanstrich. Auch dabei wird auf die richtige Untergrundbehandlung hingewirkt. Hier
zu geh5ren die Ausbesserungsarbeiten mit Gips oder Moltofill sowie das Abwaschen oder Abkratzen alter Farbe. Neuan
striche werden mit Burste, Quast und Lammfellrolle geubt. Als letzte Stufe der Unterweisung werden die Jugendlichen
mit Tapezierarbeiten bekanntgemacht. Auch hierbei wird zu-
- 131 -
nachst die Untergrundbehandlung erprobt: das Entfernen
alter Tapeten, das Vergipsen der Risse und das Vorstreichen
mit Makulatur. Dann werden die verschiedenen Arbeitsvorgange
beim Tapezieren erlautert. Bei den anfallenden Renovierungs
arbeiten im Jugenddorf haben die Jugendlichen Gelegenheit,
ihr Wissen in der Praxis anzuwenden.
Gartenbau
Die Unterweisung im Bereich Gartenbau laBt sich grob in
drei verschiedene Tatigkeitsfelder gliedern: die gartnerische
Arbeit im Gewachshaus, die Arbeit auBerhalb des Gewachs
hauses (Landschaftsgartnerei) und die Floristik. Die gartne
rische Arbeit im Gewachshaus ist abhangig von der jeweiligen
Jahreszeit. 1m Gewachshaus erlernen die Jugendlichen das
Schneiden der Stecklinge, das Stecken im Vermehrungsbeet,
das Eintopfen nach Bewurzelung und die Weiterkultivierung
bis zur fertigen Topfpflanze. Es werden verschiedene Blumen
samen ausgesat. Nach Aufgang der Saat mtissen die Pflanzen
pikiert werden und danach mehrmals umgetopft werden. Die
Jugendlichen werden tiber die fachgerechte Dtingung informiert
und lernen, wieviel Wasser, Licht und Luft die verschiede
nen Pflanzen benotigen. Dartiber hinaus werden sie tiber
Schadlingsbekampfung und tiber die Pflege des Gewachshauses
informiert.
Die Arbeiten auBerhalb des Gewachshauses sind ebenfalls
abhangig von der jeweiligen Jahreszeit. Es werden verschie
dene Blumen und Bltitenpflanzen in Frtihbeetkasten ausgesat
bzw. weitergezuchtet. Die Pflanzen in den Fruhbeetkasten
bedlirfen besonderer Pflege. 1m Freiland werden verschiedene
Beete angelegt. Die Pflege derBeete (hacken, jaten, gieBen)
ist Aufgabe der Jugendlichen. 1m Bereich der Landschafts
gartnerei steht die gesamte Anlage des Jugenddorfes fur
gartnerische Arbeiten zur Verfugung. Dazu gehort die Anlage
und Pflege von Rasenflachen, die Pflege der Geholzflachen,
das Beschneiden von Baumen, Geholzen und Rosen, das Setzen
- 132 -
von Kantensteinen und Zaunen, das Verlegen von Tritt
platten, die Anlage, Bepflanzung und Pflege von Blumen
beeten, die Pflege der Wege und Platze sowie die Pflege der
Arbeitsgerate. Im Bereich Landschaftsgartnerei werden iiber
wiegend Jungen unterwiesen.
Die Madchen werden tiberwiegend im Bereich Floristik unter
wiesen. Sie werden mit der Pflege und Behandlung von ca. 20
verschiedenen Topfpflanzen und eben so vielen Schnittblumen
bekanntgemacht. Dartiber hinaus erfahren sie etwas tiber
Blumenschmuck und Dekoration. Einen breiten Raum nimmt die
Verkaufskunde ein. Kundenansprache und Rechnungswesen sind
dabei die wichtigsten Themen. Durch die Einrichtung eines
(nicht offentlichen) Blumengeschaftes ist die Unterweisung
sehr praxisnah. Der Blumenverkauf wird dabei praxisgemaB
simuliert.
Textil
Die Unterweisung im Berufsfeld textiles Gestalten vollzieht
sich in einem standigen Wechsel von Theorie und Praxis.
Die ersten Lehr- und Lernziele sind das Kennenlernen der
Textilwerkstatt und ihrer Einrichtung, das Kennenlernen
der verschiedenen Handwerkzeuge, das richtige Verhalten in
der Werkstatt sowie eine Belehrung tiber haufige Unfallur
sachen in der Textilwerkstatt. In der weiteren Unter~eisung
wird im theoretischen Bereich zunachst die Nahmaschine naher
erlautert. Insbesondere 5011 dabei wieder auf Unfallgefahren
hingewiesen werden. Die Jugendlichen sollen im Wechsel von
praktischen Ubungen und ausflihrlichen Erlauterungen mit der
Arbeit an der Nahmaschine vertraut gemacht werden.
Nach anfanglichen Nahlibungen nach verschiedenen Mustern
werden erste, einfache Arbeiten begonnen. Es werden Kopftliche4
CocktailschUrzen, Platzdecken, Tischlaufer u.a. herge-
stellt. Auch hierbei wird zwischendurch immer wieder in
der theoretischen Unterweisung die Arbeit vorher besprochen.
So wird tiber die verschiedenen Garne und Stoffgruppen und
- 133 -
deren Verwendungsmoglichkeit gesprochen oder uber die Funk
tion und Verwendung des Bugeleisens, unter Berucksichtigung
der besonderen Unfallgefahren. Allmahlich werden dann auch
schwierigere Arbeiten durchgefuhrt. Die Jugendlichen nahen
z.B. Nachthemden, Blusen und Rocke.
Nach einem allgemeinen Uberblick uber den Ablauf der Un
terweisung im Bereich Te~til wird im Unterweisungsplan
fur fUnf Ubungen noch einmal eine ausfUhrlichere Beschrei
bung uber Sinn und Zweck der jeweiligen Ubung gegeben.
Dies geschieht fUr die Ubungen: Herstellen von Decken
und Wandbehangen, Anfertigung einer Cocktailschurze, Her
stellen eines Nachthemdes, Anfertigen einer Bluse und
Herstellen eines Rockes. FUr diese fUnf Ubungen werden je
weils die Lern- und Lehrziele aufgefuhrt, wie z.B. Schneiden
von Stoffen, Kennenlernen der technischen Moglichkeiten an
der Nahmaschine, Vermitteln von Farbgefuhl, Vertiefung der
Technik des MaBnehmens, Vermitteln der Bugeltechnik, Ar
beiten mit einer Schablone, Verarbeitung von Innenfutter
oder das Einsetzen von ReiBverschlussen. Zu allen Ubungen
werden Hinweise fur den Ausbilder gegeben. Die Jugendlichen
sollen m5glichst selbstandig arbeiten. Die Auswahl von
Farbe und Form bei den verschiedenen Arbeiten solI ihnen
ebenfalls uberlassen bleiben. Die Ausbilder sollen dabei nur
beratend tatig werden. Die Jugendlichen durfen die Arbeiten
spater fUr sich behalten.
Haar- und Korperpflege
"Der Jugendliche solI in diesem Berufsfeld mit der Pflege,
Farb- und Formgebung von Haaren, der Pflege und Gesunder
hal tung des Hautorgans, der Handpflege, der entsprechenden
Warenkunde und der Behandlung und Herstellung von Haarersatz
vertraut gemacht werden". (Unterweisungsplan fUr das Be
rufsfeld Haar-und Korperpflege, S.1.>
Zunachst werden die Jugendlichen mit dem Berufsbild des
- 134 -
Friseurs bekanntgemacht. Sie sollen erkennen, we1che
Eigenschaften und korper1ichen Voraussetzungen ftir die
vie1fa1tigen Aufgaben eines Friseurs vorhanden sein mtissen.
Im weiteren Ver1auf der unterweisung 1ernen die Jugend1ichen
fo1gende Tatigkeitsbereiche kennen: die Handpf1ege, die
Hautpf1ege, die Haarpf1ege, das Sengen der Haare, die Form
veranderung des Haares, die Rasur, die Herste11ung von Haar
ersatz, die Pf1ege von Haarersatz und die Haarfarbung. In
all diesen Tatigkeitsbereichen werden die Jugend1ichen zu
nachst theoretisch unterwiesen, ehe sie mit praktischen
Ubungen beginnen. Getibt wird zum Tei1 an Perticken, tiber
wiegend jedoch an Mode11en" die sich aus dem Kreis der Lehr
gangstei1nehmer zur Verftigung ste11en.
Im Unterweisungsp1an fUr den Bereich Haar- und Korper
pf1ege sind die Fertigkeiten, " die innerha1b der einze1nen
Tatigkeitsbereiche vermitte1t werden sollen, noch naher
er1autert. Zunachst soll dem Jugend1ichen die person1iche
Sauberkeit und der hygienische Zustand a11er Arbeitsgerate
zur Se1bstverstand1ichkeit werden. Im Bereich der Hand
pf1ege (Maniktire) soll der Jugend1iche die sachgemaBen Werk
zeuge zur Handpf1ege und die verschiedenen Arbeitstechniken
kennen1ernen. Die Unterweisung tiber Hautpf1ege ist unter
gliedert in: die Haut (Aufbau, Funktionen), Hauterkrankungen,
Hautdiagnose und Hauttypen, Massagen, die kosmetische Grund
behand1ung, dekorative Kosmetik und Aknebehand1ung.
Den breitesten Raum nimmt die Haarpf1ege ein. Es erfo1gt
eine Unterweisung tiber Aufbau und Wachstum der Haare, tiber
Haarschaden, tiber die Haarwasche, tiber manue11e Kopfmassagen
und Haarpackungen. Die warenkund1iche Unterweisung befaBt
sich mit den Shampooarten und der Wirkung der Haarwasser
auf die Kopfhaut. Oem Jugend1ichen soll die Bedeutung einer
sachgemaBenRe;nigung und Pf1ege ftir die Gesunderha1tung
von Kopfhaut und Haaren verdeut1icht werden.
Nach der Haarpf1ege werden die Jugend1ichen mit den ver
schiedenen Mog1ichkeiten der Form- und Farbveranderung
- 135 -
des Haares vertraut gemacht. Dazu geh6rt das Schneiden
der Haare, das Sengen der Haare, die verschiedenen Kaltwellenverfahren und die Haarf~rbung. Auch in diesen Techniken
werden nach theoretischer Unterweisung praktische Ubungen durchgefUhrt. Teilweise muS bei der theoretischen Unter-
wei sung auf Grundkenntnisse der Chemie und Physik aufgebaut werden.
Die Herstellung und Pflege von Haarersatz ist ein weiterer Bereich, in dem die Jugendlichen unterwiesen werden. Zu
n~chst sol len die verschiedenen Haararten und die Pr~paration von Haaren erl~utert werden. Dann werden die verschie
denen Haarersatzarten und die Verfahren der Herstellung von Haarersatz besprochen. Die Jugendlichen machen dazu verschiedene Ubungen an Perucken. Bei der Unterweisung tiber
die Pflege von Haarersatz liegt der Schwerpunkt in der unterschiedlichen Behandlung von Echt- und Kunsthaar. Im Bereich Haar-und K6rperpflege werden tiberwiegend weibliche Jugendliche unterwiesen. Jungen sieht man relativ wenig
in diesem Berufsfeld.
Hauswirtschaft
"In der hauswirtschaftlichen Unterweisung sollen die Ju
gendlichen nicht allein auf das zuklinftige Berufsleben, sondern auch auf die auf sie zukommenden Aufgaben in Familie
und Gesellschaft vorbereitet werden." (Unterweisungsplan fur das Berufsfeld Hauswirtschaft, S. 1.). Es sollen nicht nur Techniken der HaushaltsfUhrung vermittelt werden oder
technische Ger~te und Hilfsmittel im Haushalt vorgestellt werden. Der Jugendliche soll daruber hinaus lernen, die Zusammenh~ge des Wirtschaftens zu erkennen. Er soll lemen,
sich zu informieren und zu orientieren, wann und wie er glinstig und rationell einkaufen kann. Er soll lernen zu be
werten und zu vergleichen (Quali~tsvergleiche, Preisvergleiche). "Darliber hinaus mussen die Grundlagen einer ge
sun den Ern~hrung vermittelt werden sowie Ordnung, Sauberkeit
- 136 -
und Hygiene im Haushalt verdeutlicht werden". (Unterweisungs
plan fUr das Berufsfeld Hauswirtschaft, S.1.) Der hauswirtschaftliche Unterweisungsplan ist in die Bereiche Nahrungs
zubereitung und Haushaltspflege unterteilt. Beide Bereiche sollen jedoch nicht getrennt gesehen werden, sie gehen wah
rend des Arbeitsablaufes ineinander Uber. Bei samtlichen Tatigkeiten solI eine Belehrung Uber die Unfallgefahren im Haushalt vorgenornrnen werden.
FUr den Bereich Nahrungszubereitung sind irn Unterweisungs
plan Hauswirtschaft 12 praktische Ubungen vorgesehen. Sie
reichen vom Kennenlernen der Lehrk~che und ihrer Einrichtung tiber die Herstellung von einfachen Speisen (Quarkspeisen, einfache Suppen) bis zur Herstellung von Fleisch- und Grill
gerichten. Dabei kornrnen die verschiedenen Zubereitungstechniken zur Anwendung. Die verschiedenen Arbeitsgange
werden vorher besprochen. Im Rahmen der Fachkunde wird zunachst tiber das Verhalten in der Lehrktiche gesprochen. Es solI erreicht werden, daB die Jugendlichen ihre Kleidung im
Hinblick auf Unfallgefahr und Hygiene richtig auswahlen. Dann werden Probleme des Einkaufs und Werbernethoden be
sprochen. Weiterhin wird tiber die Bedeutung und den Einsatz von Hilfsmitteln 1m Haushalt sowie tiber die verschiedenen Techniken der Nahrungszubereitung gesprochen. "Wahrend des ganzen Lehrganges werden die zubereiteten Speisen von den Teilnehmern am Ende einer Unterweisung verzehrt und dabei bedacht, daB richtig serviert und der passende Tischschmuck berUcksichtigt wird". (Unterweisungsplan fUr das Berufsfeld Hauswirtschaft, S.3.)
Im Bereich der Haushaltspflege werden die Jugendlichen zunachst mit den Grundztigen der Haushaltsftihrung vertraut gernacht. Es geht dabei urn die richtige Behandlung von Geschirr
(Porzellan, Glas, Metall), urn die verschiedenen Reinigungs
mittel und ihre Anwendung sowie urn die Arbeitsplanung bei der Hausarbeit. DarUber hinaus sollen Fertigkeiten vermittelt werden, die fUr die Pflege von FuBbOden, Mobeln,
Kacheln usw. von Bedeutung sind. Auch die Waschepflege gehort zurn Themenkreis dieses Bereiches. Es werden die ver-
- 137 -
schiedenen Waschmittel und ihre Anwendung besprochen, und
die Unterschiede beim Waschen von Kochwasche, Feinwasche
und Synthetiks erlautert. Ferner werden Fertigkeiten wie
Btigeln, Mangeln und Falten der verschiedenen Waschestticke
getibt.
Der Unterweisungsplan Hauswirtschaft endet mit einem Bei
spiel ftir eine Unterweisun~ in der Lehrktiche. Darin wird
der Ablauf einer Unterweisung von der Besprechung der vor
zubereitenden Mahlzeit tiber Aufgabenteilung, Zubereitung,
Servieren, Verzehr der Mahlzeit, Abwasch, Einraumen des Ge
schirrs bis zur Nachbesprechung beispielgebend geschildert.
Der Unterweisungsplan ist insgesamt so gehalten, daB sowohl
die Jugendlichen als auch die Ausbilderin bei der Ausge
staltung der Unterweisung gentigend Freiraum haben.
Papier
Im Bereich Papier sollen die Jugendlichen in das Betatigungs
feld der Buchbinderei eingewiesen werden. In einer allge
meinen Einftihrung werden zunachst Hinweise zu den verschie
denen Tatigkeiten des Buchbinders gegeben. Daneben wird der
Jugendliche mit den zur Bearbeitung erforderlichen Maschinen
und deren Handhabung vertraut gemacht. Dabei 5011 von vorn
herein auf die zahlreichen Unfallgefahren beim Umgang mit
Schneidemaschinen und dergleichen hingewiesen werden.
Der Unterweisungsplan Papier sieht insgesamt elf praktische
und drei theoretische Ubungen vor. Die theoretischen Ubungen
sind die bereits erwahnte allgemeine Einftihrung, dann eine
Ubung tiber Materialkunde (Unterscheidungsmerkmale von Papier,
Karton, Pappe, verschiedene Gewebe und Papierarten, die Lauf
richtung) sowie eine Ubung tiber Papier, seine Herkunft und
Herstellung.
Die elf praktischen Ubungen reichen von einfachen Falz
tibungen mit Papier tiber die Herstellung von Buntpapier
bis zur Herstellung von Zettelkasten, Bleistiftdosen,
Zeichenmappen und Kasten mit Deckel. Als letzte Ubung wird
- 138 -
ein gelumbeckter Halbgewebeband hergestellt. Es werden zu
allen Ubungen die Fertigkeiten genannt, die damit vermittelt
werden sollen. Dies sind insbesondere: Schneiden, Falzen,
Beziehen, Auskleben. B~nder anbringen, Ecken verst~rken
und dergleichen. Zu den praktischen Ubungen enth~lt der
Unterweisungsplan wiederum verschiedene Zeichnungen, nach
denen die einzelnen StUcke angefertigt werden sollen. Die
Zeichnungen sind erg~zt durch Angaben Uber den Werkstoff,
durch Angabe der einzelnen Arbeitsstufen, durch Angabe der
Arbeitsmittel sowie durch Hinweise zur UnfallverhUtung.
Sollten irgendwelche Besonderheiten zu berUcksichtigen sein,
so wird dies in einem gesonderten Hinweis vermerkt.
Die Jugendlichen konnen ihre WerkstUcke nach der Fertig
stellung fUr sich behalten oder als Geschenk verwenden.
Dies ist fUr viele eine Motivation, sich besondere MUhe
zu geben. Es verst~rkt auBerdem das Erfqlgserlebnis, wenn
das fertige WerkstUck am Ende gut gelungen ist. 1m Bereich
Papier lassen sich im Dortmunder Raum nur sehr wenlge Ju
gendliche vermitteln.
5.2.1.3. Der werkpraktische Bereich im Urteil der Teilnehmer und Mitarbeiter des Jugenddorfes
Die werkpraktische Unterweisung wird von den Jugendlichen
Uberwiegend positiv beurteilt. Als GrUnde fUr diese posi
tive Einstellung zur Werkpraxis werden von den Jugendlichen
am h~ufigsten genannt: die gute Vorbereitung auf den Beruf,
die Moglichkeit, mehrere Berufe kennenzulernen, der geringere
Leistungsdruck gegenUber der Fachtheorie und die Tatsache,
daB es 'etwas Neues' ist. Auf die Frage, "Nimmst Du lieber
am theoretischen oder am praktischen Unter;richt teil?"
(F1, Frage 24) wurde folgendermaBen geantwortet:
- 139 -
F1, Frage 24. Ninunst Du lieber am theoretischen oder am praktischen Unterricht teil?
Mannlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Theoretisch 33 15,1 5 7,.2 38 13,2
Praktisch 131 59,8 53 76,9 184 63,9
Beide gleich 53 24,2 10 14,5 63 21,9
WeiB nicht 2 0,9 1,4 3 1,0
Summe 219 100 69 loe 288 100
Fast 64 Prozent aller Befragten geben also der werkprakti
schen Unterweisung den Vorzug. Dabei haben Jungen und Mad
chen die Frage allerdings sehr unterschiedlich beantwortet:
von den Jungen nehmen ca. 60 Prozent, von den Madchen sogar
knapp 77 Prozent lieber am praktischen Unterricht teil. Es
gibt bei der Beantwortung dieser Frage jedoch auch Unter
schiede entsprechend der schulischen Vorbildung der Jugend
lichen. Von den ehemaligen Hauptschlilern bevorzugen fast
70 Prozent die werkpraktische Unterweisung, wahrend der
Anteil bei den Sonderschlilern nur knapp 60 Prozent betragt.
Hauptschuler S onder schuler Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Theoretisch 15 11,4 23 14,7 38 13,2
Praktisch 91 69,5 93 59,2 184 63,9
Beide gleich 22 16,8 41 26,1 63 21,9
WeiB nicht 3 2,3 3 1,0
SUD:Il)e 131 loe 157 100 288 100
Der erh6hte Anteil von ehemaligen Hauptschlilern, die dem
werkpraktischen Bereich den Vorzug geben, ist jedoch weniger
als positives Votum fUr diesen Bereich zu interpretieren,
denn als Kritik an der fachtheoretischen Unterweisung. Die
ehemaligen Hauptschliler flihlten sich mehrheitlich vom fach
theoretischen Unterricht unterfordert, da ihnen der Unter
richtsstoff bereits aus der Schulzeit bekannt war (Aussage
- 140 -
von ehemaligen HauptschUlern in den Gruppeninterviews) •
Von den ehemaligen SonderschUlern bevorzugt zwar auch die
Mehrheit den werkpraktischen Bereich, aber der Anteil der
jenigen, die lieber am fachtheoretischen Unterricht oder an beiden gleich gern teilnehmen ist doch deutlich h6her.
Ein wesentlicher Grund dafUr ist nach Auffassung der Aus
bilder, daB die ehemaligen SonderschUler im F6rderungs
lehrgang zum letzten Mal die M6glichkeit haben, ihre schulischen Leistungen zu verbessern und damit die Chance,
einen Ausbildungsplatz zu erhalten, vergr6Bern k6nnen. Sie sind also fUr den fachtheoretischen Bereich besser motiviert.
Diese Interpretation wird auch durch die Beantwortung der
Frage 15 in der Teilnehmerbefragung best~tigt. Hier wollten wir wissen, welcher Teil des Berufsf6rderungslehrgangs nach Meinung der Jugendlichen noch st~rker ausgebaut werden sollte. FUr einen s~rkeren Ausbau der Werkpraxis votierten 53,4 Prozent der ehemaligen HauptschUler, w~hrend nur 35,7 Prozent der ehemaligen :SonderschUler einen Ausbau dieses Bereiches wtinschten.
F1, Frage 15. Welcher Teil des Berufsf6rderungslehrganges sollte Deiner Meinung nach noch st~rker ausgebaut werden?
Hauptschiiler Scnderschiller Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Der werkpraktische Bereich 70 53,4 56 35,7 126 43,8
Der fachtheoreti-sche Unterricht 35 26,7 48 30,6 83 38,8
Die Arbeit in den Freizeitgruppen 10 7,6 20 12,7 30 10,4
Keiner von diesen Teilen 13 9,9 27 17,2 40 13,9
WeiB nicht 2 1,6 6 3,8 8 2,8
Keine Antwort 0,8 0,3
Summe 131 100 157 100 288 100
- 141 -
Insgesamt befurworten ca. 44 Prozent der befragten Lehrgangs
teilnehmer einen starkeren Ausbau der werkpraktischen Unter
weisung, ein Ergebnis, das auch die positive Einschatzung
der Werkpraxis durch die Jugendlichen widerspiegelt. Auf
fallig ist allerdings, daB zwar 64 Prozent der Jugendlichen
lieber am praktischen Unterricht teilnehmen, aber nur 44
Prozent einen starkeren Ausbau dieses Bereiches wunschen.
Noch krasser zeigt sich dieser Sachverhalt bei der Beantwor
tung der entsprechenden Fragen durch die weiblichen Lehr
gangsteilnehmer: 77 Prozent der Madchen nehmen lieber am
praktischen Unterricht teil, aber nur knapp 35 Prozent sind
fur einen starkeren Ausbau der Werkpraxis.
F1, Frage 15. Welcher Teil des Berufsforderungslehrganges sollte Deiner Meinung nach noch starker ausgebaut werden?
Werkpraxis
Fachtheorie
Freizeitgruppen
Keiner der 3 B.
WeiB nicht
Keine An twort
Summe
Miinnlich abs. v.H.
102 46,5
61 27,9
20 9,1
30 13,7
5 2,3
0,5
219 100
Weiblich abs. v.H.
24 34,8
22 31,9
10 14,5
10 14,5
3 4,3
69 100
Gesamt abs. v.H.
126 43,8
83 28,8
30 10,4
40 13,9
8 2,8
0,3
288 100
Die Madchen haben die Frage nach einem starkeren Ausbau der
Werkpraxis offensichtlich mit einer groBeren zeitlichen
Belastung gleichgesetzt, und deshalb nur zu einem relativ
geringen Teil fur diesen Ausbau votiert. Denn auf die Frage,
ob noch weitere wichtige Berufsfelder angeboten werden
sollten, antworteten 53,6 Prozent der weiblichen Lehr
gangsteilnehmer mit ja. Insgesamt waren 47,5 Prozent der
Jugendlichen fur eine Erweiterung des Berufsfeldangebotes.
- 142 -
F1, Frage 7. Sollten weitere wichtige Berufsfelder im CJD angeboten werden?
Mannlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 100 45,7 37 53,6 137 47,5
Nein 105 47,9 28 40,6 133 46,2
WeiB nicht 14 6,4 4 5,8 18 6,3
Auf die Folgefrage, welche Berufsfelder noch angeboten
werden sollten, wurden uberwiegend spezielle Berufe genannt,
wodurch eine Auswertung dieser Frage erschwert wurde. Es
wurden ca. 40 Einzelberufe genannt, die sich nur zurn Teil
zu groBeren Kategorien zusammenfassen lassen. Die meist
genannten Berufe bei den Jungen waren Kfz-Berufe (30 mal)
und Maurer (28 mal). Auf diese beiden Berufe entfielen 61
Prozent aller Nennungen bei den Jungen. Bei den Madchen
wurde als zus~tzliches Berufsfeld der Bereich 'Sozial
berufe und Be treuung , am h~ufigsten gewlinscht (53,1 Prozent
aller Nennungen), wobei im einzelnen auf die Berufe Kinder
g~rtnerin und Krankenschwester die meisten Nennungen ent
fie len (sh. auch Kap. 5.3.4.).
~hnlich positiv, wie das Urteil der Jugendlichen, f~llt
auch die Beurteilung der Werkpraxis durch die p~dagogischen
Mitarbeiter des Jugenddorfes aus. Alle von uns befragten
Mitarbeiter (aus allen drei Lehrgangsbereichen) halten die
werkpraktische Unterweisung fur den wichtigsten Teil des
Forderungslehrgangs. Die Bedeutung der Werkpraxis wird
allerdings von den Befragten aus den verschiedenen Bereichen
unterschiedlich beurteilt. Die Ausbilder in den Werkst~tten
heben als Aufgabe der Werkpraxis vor allem die Berufsvor
bereitung hervor. Die Jugendlichen sollen nach AbschluB des
Lehrgangs meglichst mit einem vorsprung gegenuber 'normalen'
Schulabg~ngern in ein Ausbildungsverh~ltnis einmlinden.
Demzufolge steht die Vermittlung von Fertigkeiten und
Kenntnissen fur die Ausbilder an erster Stelle bei der
- 143 -
Darste11ung ihrer eigenen Funktion.
Die Lehrer des fachtheoretischen Bereiches und die Sozia1-
padagogen sehen dagegen die Hauptaufgabe der werkpraktischen
Unterweisung in der Stabi1isierung der Person1ichkeit des
Jugend1ichen. Uber die Vermitt1ung von Erfo1gser1ebnissen
in den Werkstatten soll dem Jugend1ichen das eigene Lei
stungsverm6gen verdeut1icht werden, so daB sein Se1bstwert
gefuh1 steigt und er damit eine positive Einste11ung zur
Arbeit und zur Leistunggewinnt. Den Ausbi1dern wird von
den Mitarbeitern der beiden anderen Bereiche vornehm1ich
eine erzieherische Funktion zugeordnet.
Die Kooperation und Koordination der Arbeit in den drei
Lehrgangsbereichen gesta1tet sich nach Aussagen der Werk
praxis-Mitarbeiter besonders schwierig. Eine Zusarnrnenar
beit mit dem sozia1padagogischen Bereich findet nur statt,
wenn es mit einzelnen Jugend1ichen Prob1eme gibt. Der
rneistgenannte An1aB fur entsprechende Kontakte zwischen
Ausbi1dern und Sozia1padagogen ist zu haufiges Feh1en von
Jugend1ichen in der Werkstatt. Ein Vertreter des sozia1-
padagogischen Bereiches geht tag1ich durch a11e Werkstatten
und tei1t den Ausbi1dern mit, we1che Jugend1ichen krank
geme1det sind. Dieser tag1iche Rundgang ist der einzige
regelrnaBige Kontakt zwischen Mitarbeitern des sozia1pad
agogischen und des werkpraktischen Bereiches.
Noch schlechter ist der Kontakt zwischen den Bereichen Werk
praxis und Fachtheorie. Die Leitung beider Bereiche 1iegt
zwar in Handen eines Ausbi1dungs1eiters, doch bis zu dem
von uns untersuchten 9. BFL hat dies noch keinen Nieder
schlag in einer guten Koordination und Kooperation der
beiden Bereiche gefunden. Die Kontakte zwischen Mitarbeitern
waren nur sporadisch. Seit dem 10. BFL wird versucht, diesen
MiBstand zu beheben, indem verstarkt Ausbi1der aus dem
werkpraktischen Bereich auch fur den fachtheoretischen
Unterricht eingesetzt werden. Auf diese Art und Weise ist
- 144 -
die Verbindung zwischen den beiden Bereichen wesentlich
enger geworden. Nach Aussagen einiger Mitarbeiter, die
jetzt in beiden Bereichen eingesetzt werden, hat die Er
fahrung des ersten Versuchsjahres allerdings gezeigt, daB
der Kontakt zu Kollegen in den Werkstatten in dem MaBe
abnahrn, in dem das Engagement fUr den fachtheoretischen
Bereich anstieg. Aber alle Betroffenen sind sich einig,
daB dies eine geeignete Methode ist, die beiden Bereiche
enger miteinander zu verzahnen. Uber die Auswirkungen auf
die padagogische Qualitat des fachtheoretischen Unterrichts
konnen wir in diesem Zusarnmenhang kein Urteil abgeben.
Die Werkpraxis ist im Forderungslehrgang nach liberein
stirnrnender Meinung aller befragten Mitarbeiter der Bereich,
in dem die geringsten Probleme.auftreten. Disziplinarische
MaBnahrnen von Ausbildern haben Seltenheitswert. Dies zeigte
sich auch bei der Befragung der Jugendlichen. Auf die Frage,
in welchem der Lehrgangsbereiche schon mal Schwierigkeiten
aufgetreten seien, nannten nur 13,5 Prozent die Werkpraxis.
Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht, daB insbesondere die
Madchen im werkpraktischen Bereich kaurn Schwierigkeiten haben.
F1, Frage 25. (Zweifachnennung rnOglich, Kategorien vorgegeben)
In welchem der folgenden Bereiche hast Du im CJD schon mal Schwierigkeiten gehabt?
Mannlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
In Schulfachern 127 54,0 34 45,4 161 51,9
Werkpraxis 35 14,9 7 9,3 42 13,5
Freizeitgruppen 12 5,1 10 13,3 22 7,1
Nirgendwo 59 25,1 23 30,7 82 26,5
WeiB nicht 2 0,9 1,3 3 1,0
Summe 235 100 75 100 310 100
Die arbeitsmaBige Belastung der Jugendlichen in den Werk-
- 145 -
statten wird von den Ausbildern als durchaus vertretbar
bezeichnet. Ein Auszubildender in einem Be~rieb mtisse im
ersten Lehrjahr schon wesentlich harter arbeiten. Als Er
leichterung sieht die Mehrzahl der Ausbilder den halbtag
lichen Wechsel von Werkpraxis und Fachtheorie an. Einige
Mitarbeiter kritisieren diese wechselschichtige Unterwei
sung jedoch, da vie len Jugendlichen die Umstellung von
einem Bereich zurn ande~en sehr schwerfallt, wobei insbe
sondere die Vielzahl von Bezugspersonen verunsichernd
wirkt. Ein Jugendlicher, der vormittags fachtheoretischen
und nachmittags werkpraktischen Unterricht hat, muB sich
z.B. im Laufe eines Tages mit ca. 6 verschiedenen Mitar
beitern des Jugenddorfes auseinandersetzen: morgens zu
nachst mit dem Hausleiter, dann mit zwei Fachlehrern,
mittags mit dem aufsichtftihrenden Sozialpadagogen, nach
mittags mit dem Ausbilder, abends mit dem Leiter der Frei
zeitgruppe und dann immer wieder mit dem Hausleiter. Da
jeder Mitarbeiter einen anderen Erziehungsstil hat, tauchen
haufig Probleme auf, weil es vie len Jugendlichen nicht
gelingt, sich so oft am Tag auf eine andere Bezugsperson
urnzustellen. Dieser Sachverhalt wurde auch von den Jugend
lichen in den Gruppendiskussionen bestatigt.
Insgesamt ftihlen sich die Jugendlichen durch die werk
praktische Unterweisung nicht tiberfordert. Auf die Frage:
"Ftihlst Du Dich durch Arbeit, Unterricht und Freizeitgruppen
zu sehr in Anspruch genommen?" (F1, Frage 16.) antworteten
zwar 117 Teilnehmer (40,6 Prozent) mit 'ja' oder 'teilweise',
jedoch nannten nur 3 Jugendliche die Werkpraxis als den
Bereich, der sie zu sehr beansprucht.
- 146 -
F1, Frage 16. FUhlst Du Dich durch Arbeit, Unterricht und Freizeitgruppen zu 'sehr in Anspruch genommen?
MAnnlich Weiblich Gesamt ab$. v.B. ab$. v..B. aPSe v.B.
Ja 64 29,2 17 24,6 81 28,1
Nein 130 59,4 41 59,5 171 59,4
Teilweise 2~ 11,4 11 15,9 36 12,5
S~e 219 100 69 100 288 100
F1 Frage 17. (nur bei Antwort Ja und Teilweise in Frage 17.)
Was beansprucht Dich zu sehr? (Zweifachnennung m6glich)
MAnnlich Weiblich Gesamt abs. v.B. abs. v.B. abs. v.B.
Werkpraxis 1 1,0 2 6,3 3 2,2
Fachtheorie 12 11,8 5 15,6 17 12,7
Freizeitqruppen 27 26,5 9 28,1 36 26,9
Gemeinsch.arb. 1,0 3,1 2 1,5
Schularbeiten 3 2,9 3 2,2
Ganztlig.Ausl. 52 51,0 13 40,7 65 48,5
Sonstiges 3 2,9 3,1 4 3,0
WeiB.nicht 3 2,9 3,1 4 3,0
Summe 102 100 32 100 134 100
Tab
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- 148 -
5.2.1.4. Leistungen und Beurteilungen der Jugendlichen in der werkpraktischen unterweisung
Die Leistungen der Lehrgangsteilnehmer 1m werkpraktischen
Bereich konnen nur sehr ungenau erfaBt werden, da es fUr diesen Bereich keine standardisierte Leistungsmessung gibt. Das CJD bemuht sich zwar, durch die Vorgabe von Beurteilungs
kategorien und Definition der verschiedenen Beurteilungsmerkmale eine moglichst einheitliche Beurteilungsgrundlage
zu schaffen, doch die Entscheidung, ob z.B. ein Jugendlicher fleiBig oder sehr fleiBig ist, obliegt der subjek~iven Einschatzung der verschiedenen Ausbilder. Eine Beurteilung
erfolgt im werkpraktischen Bereich nur fur die Berufsfelder,
in denen der Jugendliche eine Vollunterweisung durchlaufen hat. Die verkOrzten Teilunterweisungen reichen in der Regel
nicht aus, urn die Leistungen eines Jugendlichen in dem Berufsfeld beurteilen zu konnen. Die Endbeurteilung fUr den werkpraktischen Bereich ist ein Durchschnittswert aus den
Einzelbeurteilungen der verschiedenen Berufsfelder. Dieser Mittelwert ist im Hinblick auf die Berufsvermittlung nicht sehr aussagekraftig, da er keinen AufschluB uber die personliche Eignung des Jugendlichen fOr bestimmte Berufe gibt. Daher sind fUr die Arbeitsverwaltung die verschiedenen Beurteilungen uber die Leistungen in den durchlaufenden Be
rufsfeldern von groBerer Bedeutung. Die Arbeitsamter er
halten einen Durchschlag des Beurteilungsbogens, urn den Jugendlichen moglichst seiner Eignung und Neigung entsprechend vermitteln zu konnen.
In dem Beurteilungsbogen werden fUr die Beurteilung der
Leistungen im werkpraktischen Bereich folgende zwalf Kate
gorien vorgegeben: Korperlicher Entwicklungsstand, Konzen
tration und Ausdauer, Gedachtnis und Merkfahigkeit, Auf
fassungsvermogen und geistige Regsamkeit, Anstelligkeit und Geschicklichkeit, Arbeitsinteresse, Arbeitstempo, FleiB und Ausdauer, AusfUhrurtg der Arbeiten, Ordnungssinn,
PUnktlichkeit, soziales Verhalten. Zu jeder dieser Kategorien
kann der Ausbilder zwischen funf Auspragungen wahlen, wie dem folgenden Beurteilungsraster zu entnehmen ist.
- 149 -
Wie aus den Beurteilungskategorien und den jeweils zuge
ordneten Merkmalen ersichtlich ist, sind die Grenzen zwi
schen den verschiedenen Noten nicht deutlich erkennbar,
so daB die Beurteilungen im werkpraktischen Bereich letzten
Endes nur die subjektive Meinung des Ausbilders darstellen.
Es hat sich bei der Ermittlung der Durchschnittsnoten aller
Lehrgangsteilnehmer gezeigt, daB einige Ausbilder eher zu
positiven Beurteilungen tendieren, urn den Jugendlichen wei
ter zur Mitarbeit zu motivieren, wahrend andere Ausbilder
mehr die batsachlichen Leistungen in der Beurteilung zurn
Ausdruck bringen, auch auf die Gefahr hin, den Jugendlichen
damit zu entmutigen. Vor allem die weiblichen Ausbilder
verteilten mehr positive Zensuren, so daB die Madchen im
werkpraktischen Bereich durchschnittlich wesentlich bessere
Beurteilungen erhielten als die Jungen.
Tabelle: Beurteilungen im werkpraktischen Bereich
Dur ch schn.it tl iche Beurteilung
2
3
4
5
SUDIne
Miinnlich abs. v.H.
2 0,9
45 20,5
135 61,7
36 16,4
0,5
219 100
Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H.
5 7,2 7 2,4
42 61,0 87 30,2
21 30,4 156 54,3
1,4 37 12,8
0,3
69 100 288 100
Wahrend von den weiblichen Lehrgangsteilnehmern mehr als
zwei Drittel (68,2 Prozent) die Note 1 oder 2 erhielten,
konnten von den Jungen nur 21,4 Prozent diese tiberdurch
schnittliche Beurteilung erreichen. Die Mehrzahl der mann
lichen Teilnehmer bekam die Note 3 (61,7 Prozent). Der
Zensurenspiegel weist bei den Jungen in etwa eine Normal
verteilung auf, da die Mehrzahl eine durchschnittliche
Beurteilung erhielt und etwa die gleiche Anzahl von Jungen
tiber und unter dem Durchschnitt lagen.
- 150 -
Bei den Madchen ist der Zensurenspiegel deutlich zur posi
tiven Seite verschoben. Nur 30,4 Prozent der Madchen er
hielten eine durchschnittliche Beurteilung, wahrend 68,2
Prozent tiber dem Durchschnitt lagen. Nur ein Madchen bekam
eine schlechtere Note als die 3, wogegen von den Jungen 37
(16,9 Prozent) mit 4 oder 5 beurteilt wurden.
Es muB allerdings nochmal darauf hingewiesen werden, daB
die Noten nicht sehr aussagekraftig sind und kein genaues
Bild tiber die tatsachliche Leistungsfahigkeit des Jugend
lichen abgeben. Einerseits handelt es sich bei den Zensu
ren urn Mittelwerte von Beurteilungen aus sehr unterschied
lichen Berufsfeldern, andererseits entstehen diese Einzel
beurteilungen aus den subjektiven Eindrticken, die der Aus
bilder von den einzelnen Jugendlichen gewonnen hat. Wir
haben aus diesen Grtinden von einer naheren Interpretation
der Zensuren im werkpraktischen Bereich Abstand genommen.
5.2.1.5. Eignungsgruppen
In der Konzeption der Berufsforderungslehrgange des CJD
ist vorgesehen, daB die Teilnehmer die letzten 12 Wochen
des Lehrgangs in Eignungsgruppen verbringen (sh. Kap.4.2.3.).
Aufgabe dieser Eignungsgruppen ist es, das in den Grund
kursen erworbene Wissen zu vertiefen und den Jugendlichen
jetzt schon gezielter auf den spateren Beruf hin vorzube
reiten. Die Einteilung bzw. Zuweisung in die Eignungs
gruppen erfolgt nach folgenden Kriterien:
1) Jugendliche, die bereits cinen Ausbildungsvertrag haben,
oder die eine Lehrstelle in Aussicht haben, werden dem
Berufsfeld zugewiesen, dem ihr spaterer Ausbildungsberuf
zuzuordnen ist. Da die Einteilung in Eignungsgruppen be
reits Anfang April erfolgt (Lehrgangsende ist Mitte Juli) ,
trifft dieses Zuweisungskriteriurn nur ftir ca. ein Drittel
der Jugendlichen zu.
2) Jugendliche, die noch keine Ausbildungsstelle in Aussicht
- 151 -
haben, wahlen sich das Berufsfeld als Eignungsgruppe,
das nach den Erfahrungen wahrend des Forderungslehrgangs
am ehesten ihrer personlichen Neigung und Eignung ent
spricht. Dabei hangt die letzte Entscheidung jedoch von
der Beurteilung des Ausbilders ab, ob er den Jugendlichen
fUr geeignet halt, in dem gewlinschten Berufsfeld eine
Ausbildung durchzustehen bzw. eine Stelle zu bekommen.
3) Aufgrund der raumlichen und personellen Verhaltnisse im
Jugenddorf kann in einigen Berufsfeldern nur eine be
grenzte Anzahl von Jugendlichen in die Eignungsgruppe
Ubernommen werden. Aus diesem Grunde mUssen die Lehrgangs
teilnehmer bei der Angabe ihrer eigenen WUnsche mindestens
zwei Berufsfelder nennen. Sollte in dem erstgenannten
Berufsfeld kein Platz mehr zur VerfUgung stehen, so
werden diese Jugendlichen dem alternativ gewlinschten
Berufsfeld zugewiesen.
1m 9. BFL ergab sich danach folgende Verteilung der Jugend
lichen in den Eignungsgruppen:
Mannlich Weiblich Gesamt Eignungsgruppe abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Meta 11 87 37,8 87 28,9
Holz 45 19,6 45 14,9
Elektrik 27 11,7 1,4 28 9,3
Malerei 36 15,7 36 11 ,9
Gartenbau 17 7,4 15 20.8 32 10,6
Kosmetik 0,4 22 30,5 23 7.6
Textil 17 23,6 17 5,6
Papier 3 1,3 4 5,6 7 2,3
Hauswirtschaft 11 4,8 12 16,7 23 7,6
Biirotechnik 3 1,3 1.4 4 1,3
Summe 230 100 72 100 302 100
Die Berufsfelder Metall, Holz, Elektrik und Malerei waren
bis auf eine Ausnahme nur mit Jungen besetzt, wahrend in
- 152 ...
den Bereichen Kosmetik, Textil, Papier und Hauswirtschaft
von 70 Teilnehmern immerhin 15 Jungen waren. Der relativ
hohe Anteil von Jungen im Bereich Hauswirtschaft ist dar auf
zurUckzuflihren, daB diejenigen, die eine Ausbildungsstelle im Lebensmittelhandwerk als Backer, Konditor, Metzger oder
ahnliches gefunden hatten, zur gezielten Vorbereitung die
sem Berufsfeld zugewiesen wurden.
Die Mehrzahl der Jugendlichen war mit der Zuweisung in die
Eignungsgruppen zufrieden. In den Gruppeninterviews gaben die meisten Teilnehmer an, sie seien der von ihnen gewGnschten Eignungsgruppe zugewiesen worden. Lediglich bei den mannlichen Lehrgangsteilnehmern, die aus Hauptschulklassen in den F6rderungslehrgang gekommen waren, waren mehrere mit
der Einteilung nicht zufrieden. Viele wollten in den Bereich Elektrik, konnten dort aber aus KapazitatsgrGnden, oder weil der Ausbilder sie fUr ungeeignet hielt, nicht aufgenommen werden. Trotzdem waren in der Eignungsgruppe Elektrik mehr
ehemalige Hauptschuler als ehemalige Sonderschuler, wie die nachfolgende Tabelle verdeutlicht.
Tabelle: Verteilung der Teilnehmer in den Eignungsgruppen nach schulischer Vorbildung:
ehanaUqe Haupt-
Eignunqsqruppe schiller
Metall 45
Holz 17
Elektrik 18
Malerei 19
Gartenbau 5
Kosmetik 6
Textil 8
Papier 2
Hauswirtschaft 8
Verwaltunq 3
Summe 131
ehemaliqe Sonder-schiller
42
28
10
17
27
17
9
5
15
171
Gesamt
87
45
28
36
32
23
17
7
23
4
302
-153 -
Auffallend ist, daB in den Bereichen Holz und Gartenbau
der Anteil an ehemaligen Sonderschlilern deutlich liberwiegt,
wahrend im Berufsfeld Elektrik die ehemaligen Hauptschliler
den groBeren Anteil stellen. Ausschlaggebend flir diese Un
terschiede ist das hohe Anforderungsniveau an theoretischem
Wissen im Berufsfeld Elektrik, das von ehemaligen Sonder
schlilern auch in den Forderungslehrgangen nur in wenigen
Fallen erreicht wird. Die Tatsache, daB nur 5 ehemalige
Hauptschliler in der Eignungsgruppe Gartenbau zu finden sind,
liegt bereits im Organisationsplan der werkpraktischen Unter
weisung begrlindet. Wie sich bereits bei der Betrachtung der
durchlaufenen Berufsfelder (sh. Kap. 5.2.1.1.) gezeigt hat,
wurde von den Jungen nur etwa ein Drittel der ehemaligen
Hauptschliler im Berufsfeld Gartenbau unterwiesen. Somit
konnte die Mehrzahl der ehemaligen Hauptschliler auch keine
besondere Eignung fUr dieses Berufsfeld feststellen. In
den Bereichen Kosmetik, Textil, Papier und Hauswirtschaft
ist der hohere Anteil von Sonderschlilern dadurch zu erkla
ren, daB in diesen Bereichen liberwiegend Madchen unterwie
sen wurden, und der Anteil ehemaliger Sonderschliler bei den
weiblichen Lehrgangsteilnehmern etwa zwei Drittel betrug.
Ausgehend von der wichtigsten Aufgabe der Eignungsgruppen,
der gezielten Vorbereitung auf den spateren Ausbildungsbe
ruf, ist die Frage nach der Ubereinstimmung von Eignungs
gruppe und Tatigkeit nach dem Lehrgang von besonderem Inter
esse. Wir haben deshalb die Berufseinmlindung daraufhin liber
prlift, db die aufgenommene Tatigkeit in irgendeinem Zusammen
hang mic der Eignungsgruppe steht, die der Jugendliche am
Lehrgangsende durchlaufen hat. Es zeigte sich, daB nur
54,6 Prozent aller Lehrgangsteilnehmer eine Tatigkeit (Aus
bildungs- oder Arbeitsstelle oder weitere Schulausbildung)
in dem Berufsfeld aufgenommen hatten, dem sie als Eignungs
gruppe zugewiesen waren. Wie aus der nachfolgenden Tabelle
ersichtlich ist, gibt es bezliglich der Ubereinstimmung von
Eignungsgruppe und Tatigkeit nach dem Lehrgang erhebliche
Unterschiede zwischen den verschiedenen Berufsfeldern.
- 154 -
Tabelle: Ubereinstimmung vcnEignungsgruppe und Tatigkeit nach dem Berufsforderungslehrgang
tlbereinstimmung Keine tlbereinst. Eigmmgsgruppe abs. v.H. abs. v.H.
Meta 11 67 77,0 20 23,0
Holz 17 37,8 28 62,2
Elektrik 5 17,9 23 82,1
Malerei 31 86,1 5 13,9
Gartenbau 6 18,7 26 81,3
Kosmetik 12 52,2 11 47,8
Textil 5 29,4 12 70,6
Papier 7 100,0
Hauswirtschaft 21 91,3 2 8,7
Verwaltung 25,0 3 75,0
Summe 165 54,6 137 45,4
Bei 45,4 Prozent der Lehrgangsteilnehrner konnte die irn
Lehrgang festgestellte besondere Eignung fUr ein bestimmtes
Berufsfeld nicht fUr die nachfolgende Berufstatigkeit nutz
bar gernacht werden.
Nahezu die Halfte der Jugendlichen wurde also wahrend der
letzten 12 Wochen des Lehrgangs intensiv in einem Berufs
feld unterwiesen, das mit der anschlieBend aufgenommenen
Tatigkeit nichts zu tun hatte. Es hat sich gezeigt, daB in
einigen Berufsbereichen fUr die Teilnehrner von Berufs
forderungslehrgangen nur sehr geringe Chancen bestehen, eine
Ausbildungs- oder Arbeitsstelle zu finden. Vor allern in den
Bereichen Papier, Elektrik, Gartenbau und Textll konnten
kaurn Jugendliche aus dem Lehrgang verrnittelt werden. Nur 16
Jugendliche (ca. 5 Prozent) fanden eine Lehr- oder Arbeits
stelle in einem dieser 4 Berufsbereiche. Hier erhebt sich
die Frage, ob es sinnvoll ist, Berufsfelder anzubieten, in
die spater kaum Jugendliche vermittelt werden konnen. Es
ist in jedem Fall ein neuer MiBerfolg fur den Jugendlichen,
wenn er das fur ihn geeignete Berufsfeld gefunden hat, darin
auch intensiv unterwiesen wird, dann aber einen ganz anderen
- 155 -
Beruf ergreifen muB. Und gerade vor solchen MiBerfolgserleb
nissen sollte der Jugendliche, so die padagogische Konzep
tion, bewahrt werden.
Erfreulich hoch ist die Ubereinstimmung von Eignungsgruppe
und spaterer Tatigkeit in den Bereichen Hauswirtschaft, Malerei und Metall. Im Berufsfeld Hauswirtschaft ist der hohe Anteil von Ubereinstimmungen allerdings darauf zurUckzu
fUhren, daB bei Jugendlichen, die eine Tatigkeit im Lebens
mittelhandwerk (Backer, Konditor, Metzger etc.) oder als Lebensmittelverkaufer aufgenommen haben, auch von einem Zu
sammenhang mit dem Berufsfeld ausgegangen wurde, obwohl es
sich nicht urn ausgesprochen hauswirtschaftliche Berufe handelt. So wurde auch bei Textilverkauferinnen, die vorher im
Berufsfeld Textil waren, ein Zusammenhang zwischen Eignungs
gruppe und beruflicher Tatigkeit angenommen.
Von den beiden Aufgaben, die laut Lehrgangskonzeption von den Eignungsgruppen erfUllt werden sollen, profitieren die
Lehrgangsteilnehmer nur zum Teil: das in den Grundkursen erworbene Wissen wird zwar vertieft, aber nur fUr etwas mehr
als die Halfte der Jugendlichen erfolgt eine gezielte Vorbereit~g auf den spateren Beruf, wahrend die Ubrigen Teilnehmer in Berufe einmUnden, die mit ihrer Eignungsgruppe
nicht Ubereinstimmen.
5.2.2. Fachtheoretische Unterweisung
Bei der Darstellung der Untersuchungsergebnisse zum fach
theoretischen Bereich erscheint es uns sinnvoll, nicht eine
systematische, sondern eine exemplarisch-analytische Vor
gehensweise zu wahlen. Dies bedeutet, daB die Fachtheorie
in ihrer 5truktur nicht geschlossen dargestellt wird~ wir haben einzelne Kulminationspunkte ausgewahlt, die es er
lauben, gleichzeitig Deskription, Analyse anhand empirischer
Ergebnisse und Kritik zum jeweiligen Gegenstandsbereich zu
- 156 -
vereinigen. Die sich daraus ergebendeMatrix eroffnet unserer
Meinung nach eine umfassende Sichtweise der fachtheoreti
schen Unterweisung im 9. Forderungs1ehrgang in Dortmund
Oespe1.
5.2.2.1. Lehrp1~ne, Lehrinha1te und LehrbUcher sowie ihre Umsetzung im UnterrichtsprozeB
Wie wir bereits in Kap. 4.2.2. erw~hnt haben, lag ,fur den
9. BFL in Dortmund kein gesch10ssenes, verbind1iches Lehr
gangscurricu1um vor. Dies brachte erheb1iche Schwierigkeiten bei der Analyse der Lernzie1e anhand der K1assenbucheintra
gungen und der Unterrichtsbeobachtung mit sich. Wir mUssen uns darauf beschr~nken, die Lehrinha1te der einze1nen Stoffp1~ne wiederzugeben und die tats~ch1ich im Unterricht be
handel ten Themen diesen gegenUberzuste11en. Wir werden a11erdings hier nicht auf die Eintei1ung in Leistungs
gruppen und die damit zusammenh~gende Differenzierung eingehen, sondern dies an anderer Stelle behande1n (sh. Kap. 5.2.2.2.)
Mathematik
Die Materia1ien fur den Mathematikunterricht sind untertei1t in einen Rahmen- und einen Stoffvertei1ungsp1an. 1m Rahmenp1an wird die Ausgangs1age der Jugend1ichen durch
prim~re und sekund~re Sozia1isationsdefizite gekennzeichnet. Die Lern- und Arbeitszie1e werden angegeben mit:
- Erarbeitung und Vertiefung mathematischer Grund1agen - Schu1ung des 10gischen Denkvermogens und
- Konkretisierung abstrakter mathematischer Sachverha1te durch mog1ichst naht10se Verzahnung des Unterrichts mit dem werkpraktischen Bereich.
Die Priorit~t soll bei einer positiven Lern- und Leistungsmotivation der Jugendlichen und bei einer m5g1ichst intensiven Orientierung an der Werkpraxis liegen. Unter dem Punkt
Methodik werden vor a11em Hinweise fur die praxisnahe Ge-
- 157 -
staltung des Unterrichts gegeben, auBerdem die Relevanz
der Aufgabenzerlegung, der Wiederholung und Ubung hervorge
hoben. Auch zum Medieneinsatz werden einige Anregungen ge
geben, z.B. den Einsatz von Overhead-Projektoren und Lern
programmen im Unterricht zu berlicksichtigen.
Der Stoffverteilungsplan flihrt folgende Aufgabengebiete an:
- Grundrechenarten mit ganzen Zahlen,
- Dezimalbrliche, gew6hnliche Brliche,
- SchluBrechnen, Prozentrechnen, Zinsrechnen
- sowie Verteilungs- und Mischrechnen.
Zu all diesen Gebieten werden Lernziele aufgeflihrt und
methodische Anweisungenn gegeben, auBerdem wird zwischen den
Leistungsgruppen durch eine Abstufung des Abstraktions
niveaus und durch unterschiedliche Schwierigkeitsgrade bei
den Ubungsaufgaben differenziert.
Die Analyse der Klassenblicher im Jugenddorf Dortmund er-
6ffnet allerdings einen besseren Zugang zur Unterrichts
praxis als die Darstellung der Lehrplane. Auf den Mathematik
unterricht entfielen durchschnittlich 117 Unterrichtsstun
den wahrend des zehneinhalb monatigen Lehrgangs. In dieser
Zahl sind die Stunden flir Klassenarbeiten, Ubungsarbeiten,
Tests etc. nicht enthalten, sie bezieht sich ausschlieBlich
auf die Vermittlung von Lerninhalten. In allen Klassen lag
der Schwerpunkt auf folgenden Stoffgebieten: Grundrechen
arten und mathematische Grundbegriffe, Rechnen mit gew6hn
lichen Brlichen, Prozentrechnen, SchluBrechnung und Zins
rechnung. Diese Inhalte machten durchschnittlich 60 Prozent
des erteilten Unterrichts aus.
Zwei weitere Bereiche, Rechnen mit Dezimalzahlen und Ver
haltnis-, Verteilungs- und Mischungsrechnen fanden neben
einer Anzahl unterschiedlicher Aufgaben Berlicksi:::htigung
durch die jeweiligen Lehrkrafte, allerdings in unter
schiedlicher Extensitat.
- 158 -
Die Wiederholungs- und Ubungsstunden rnachten ca. 15-20
Prozent des Mathernatikunterrichts aus. Durch unsere Unter
richtsbeobachtung konnten wir allerdings feststellen, daB
dieser Anteil realiter wesentlich hoher lag, als in den
KlassenbUchern schriftlich verrnerkt wurde. Ein weiteres
Ergebnis der Unterrichtsbeobachtung war die Feststellung,
daB trotz des Wiederaufgreifens der elernentaren rnathernati
schen Kenntnisse,wie z.B. Grundrechenarten mit ganzen Zah
len, bis zurn Ende des Lehrgangs bei vielen Teilnehrnern
dort irnrner wieder groBere Schwierigkeiten auftraten.
Die zwei Hauptforderungen, die der Rahrnenplan fUr den Mathe
rnatikunterricht aufstellt, sind nach unseren EindrUcken bei
Unterrichtsbesuchen nicht oder nur ansatzweise erfullt wor
den. Der Einsatz von Medien konnte von uns nicht festge
stellt werden,und die rnoglichst nahtlose Verzahnung des Un
terrichts mit dern werkpraktischen Bereich war nur in An
satzen vorhanden. Die oben angefuhrten Inhalte entsprechen
zwar zurn Teil dern Fachrechenunterricht der Berufsschule,
selten war jedoch fUr die Jugendlichen der Bezug zu Ar
beitsvorgangen in den Werkstatten erkennbar (sh. auch Kap.
4.3.2.). Dies soll aber nach Aussagen, Ides Ausbildungslei
ters irn 10. BFL durch verstarkten Einsatz von Ausbildern
in der Fachtheorie nicht rnehr zutreffen.
An Lehrbuchern ~karn das rna therna tische Un terrichtswerk "Die
Welt derZahl", eine fur den Gebrauch in Hauptschulen kon
zipierte Reihe zurn Einsatz, und zwar die Ausgaben fur das
7. und 8. Schuljahr.
Ihre Verwendung war allerdings in starkern MaBe vorn jeweili
gen Lehrer abhangig, insgesarnt wurden die Bucher irn Unter
richt kaurn benutzt.
Geornetrie
Die Aufgabenstellung irn Stoffverteilungsplan fur den Geornetrie
unterricht beginnt bei geornetrischen Grundbegriffen und
reicht uber Kreisberechnung bis zur pyrarniden- und Gewichts-
- 159 -
berechnung. In diesem Fach werden keinerlei Differenzie
rungsvorschl~ge fUr die Leistungsgruppen gemacht. Beispielhaft zitieren wir hier aus den Lehrpl~nen: "Das Trapez und seine Berechnung a) Lernziel: Einteilung und richtige Benennung der ver
schiedenen"Trapeze, Konstruktionen, Berechnung von Umfang und FI~cheninhalt
b) methodischer Hinweis: Wenn es richtig verstanden wird,
unter Einsatz geeigneter Medien das Trapez aus dem Drei
eck zu entwickeln, - indem parallel zur Basis des Dreiecks dessen Spitze abgeschnitten wird -, sollte es mog
lich sein, die bekannten Schwierigkeiten der Jugendlichen beim Umgang mit Trapezen zu vermeiden.
c) Medien: Auch hier sind wieder aIle MeB- und Zeichen
gerate, sowie Materialien aus der Werkpraxis als Erg~nzung von Tafel und Projektor zu verwenden." (Zit. aus den
Lehrpl~nen des CJD) •
Im AnschluB an den Stoffverteilungsplan werden in einer Aufgabensammlung Geometrie noch Beispiele fUr Gegenstande
aus dem Erfahrungsbereich der Jugendlichen aufgefUhrt.
Auch fUr den Geometrieunterricht ergibt die Durchsicht der
Klassenbucheintragungen einen besseren Einblick in die Unterrichtswirklichkeit als eine Analyse des Lehrplans. Der
durchschnittlich erteilte Unterricht belief sich auf 66 Wochenstunden wahrend des Lehrgangs; 40 bis 50 Prozent
davon entfielen auf folgende Inhalte: geometrische Grundbegriffe und MaBe, regelm~Bige Vierecke, Dreieck, Kreis-
und Flachenberechnungen. Dies entspricht den aufgefUhrten
Lernzielen im Stoffverteilungsplan. Auch hierbei kann von
einem GroBteil Wiederholungs- und Ubungsstunden ausgegangen werden, die sich jedoch aus den Klassenbucheintragungen
nicht eindeutig entnehmen lassen. Besonders auff~llig ist, daB direkt berufsbezogene Aufgaben, wie sie im Stoffplan
gefordert werden, im Unterricht kaum in Erscheinung getreten
sind, obwohl sich gerade das Fach Geometrie hierfUr anbietet.
- 160 -
Die Lehrbucher im Geometrieunterricht entsprechen denen
des Mathematikunterrichts. Auch sie wurden von den meisten
Lehrkraften selten genutzt.
Deutsch
Der Rahmenplan fur den Deutschunterricht gliedert sich in
einen Stoffverteilungsplan, einen Rahmen- und Maximalplan
fUr die ersten drei Monate des Lehrgangs und Stoffplane fur
die drei Leistungsgruppen. Diese Unterteilung geht noch
auf fruhere Lehrgange zuruck, in denen die Gruppeneinteilung
nicht nach den Ergebnissen des Horn-Tests, sondern nach
einer dreimonatigen Eingangsphase vorgenommen wurde.
Als Grobziele des Deutschunterrichts werden genannt:
"- die gesprochene, gelesene und geschriebene Sprache
als ein Hilfs- und Forderungsmittel des Lernens und
Denkens auszubilden,
- die Sprache als differenziertes Kommunikationsmittel zu
entwickeln,
die Sprache als Ausdrucksmittel fur innere und auBere
Eindrucke zu fordern und
- sprachliche Entwicklungsruckstande und soziokulturell be
dingte sprachliche Minderleistungen auszugleichen"
(aus: Lehrplane,., des CJD) .
Die Lernziele fur den Deutschunterricht sind in vier. Kate
gorie.n aufgegliedert: m1indlicher und schriftlicher Sprach
gebrauch, Lesen und RechSchreibung. Auch hier wird die Not
wendigkeit betont, daB "Ereignisse und Begebenheiten aus den
Situationsfeldern Werkstatt, sozialer Bereich im weitesten
Sinne und aktuelles Zeitgeschehen im Vordergrund stehen"
(zit. aus: Lehrplane des CJD) •
Es wird ausdrucklich erwahnt, daB die Rechtschreibfahig
keit nicht uberbewertet werden solI, der Leistungsstand der
Jugendlichen in diesem Bereich aber allgemein verbessert
werden musse, urn den gesellschaftlichen Anforderungen zu
genugen. Das Lesen wird als selbstandige Sinnentnahme und
weitergehend als kritische Betrachtung und Prufung aller
- 161 -
Texte definiert. Der mUndliche und schriftliche Sprachge
brauch sollte "weitgehend bedUrfnisorientiert bleiben" ( zit.
aus: Lehrplane des CJD) .
1m Rahmen- und Maximalplan fUr die ersten drei Monate wer
den detaillierte Angaben zu Aufgaben, unterrichts- und
Arbeitsformen sowie einzusetzende Medien gemacht.
Als Unterrichts- und Arbeitsformen werden ge!laimt: Gruppen
und Partnerarbeit, Rollenspiel, Horsptel, Vortrag und
Frontalunterricht.
Die Stoffplane fUr die drei Leistungsgruppen sind differen
ziertnach Aufsatzlehre, Zeichensetzung, mUndliche Sprach
gestaltung und WortschatzUbungen. Wahrend fUr die leistungs
starken Gruppen verschiedene Aufsatzformen einschlieBlich
einer dialektischen Gliederung behandelt werden sollen, wer
den die AnsprUche an die schwacheren Teilnehmer auf Erleb
niserzahlungen begrenzt. Die Anforderung bezUglich der Zei
chensetzung ist nicht differenziert; ebenfalls gruppenun
abhangig solI mit dem Duden gearbeitet werden. Bei der
mUndlichen Sprachgestaltung wird in den leistungsstarksten
Gruppen ein hoheres Artikulations- und Abstraktionsniveau
angestrebt.
Auf die Vorschlage zur Leistungsdiffe~zierung werden wir
in Kap. 5.2.2.2. naher eingehen. Die Klassenbuchanalyse
erbrach~ fUr das Fach Deutsch keine eindeutige AufschlUsse
lung der Unterrichtsinhalte. Die 16 Klassen erhielten durch
schnittlich 121 Unterrichtsstunden Deutsch~ Auch hier sind
die Stunden fUr Klassenarbeiten und Tests nicht mit einbe
zogen. Ein Drittel davon entfielen auf die Vermittlung
grammatikalischer Regeln, wahrend immerhin ca. 40 Prozent
aus Literaturarbeit und Textanalyse bestand. Wahrend der
restlichen Zeit setzten die Lehrer Horspiele. Platten, Filme,
Rollenspiele und Diskussionen im Unterricht ein. Aus den
Klassenbuchvermerken und vor allem aufgrund der Beobachtun
gen wahrend unserer Unterrichtsbesuche laBt sich feststel-
- 162 -
len, daB im Gegensatz zum Fach Mathematik der Deutschunter
richt st~rker auf dem Erfahrungshorizont der Jugendichen
aufbaute. Es wurden z.B. Wortsammlungen aus den einzelnen
Werkst~tten erstellt, das FUhren von Berichtsheften geUbt oder Texte aus dem Arbeitsleben besprochen. Allerdings
waren auch hier die Unterrichtsinhalte in starkem MaBe
abh~ngig von der jeweiligen Lehrkraft.
FUr das Unterrichtsfach Deutsch standen zwar LehrbUcher
aus der 7. und 8. Hauptschulklasse zur VerfUgung, wurden
allerdings relativ selten genutzt. H~ufig griffen die Lehrer
auf andere, eigene Materialien bei der Gestaltung des
Unterrichts zurUck.
Alles in allem wurden im Deutschunterricht die theoretischen Vorgaben,der Lehrpl~ne besser berUcksichtigt als in
anderen F~chern. Die angestrebten Lernziele konnten allerdings nicht erreicht werden, da, wie es ein Lehrer in einem
Intensivinterview ausdrUckte, die Stoffpl~ne ca. vier bis sechs Jahre Schulunterricht beinhalteten. Es ist aber be
rechtigt, von einem Lernfortschritt der Teilnehmer in ihrer
Kommunikationsf~higkeit zu sprechen.
Die bisher dargestellten Unterrichtsf~cher Mathematik,
Geometrie und Deutsch machten zwischen 50 bis 80 Prozent der Unterrichtszeit fUr die verschiedenen ',Leistungsgruppen aus und waren zudem F~cher, in denen ausnahmslos alle Jugendlichen unterrichtet wurden. Die im folgenden darzustel
lenden F~cher waren nur fUr einen jeweils unterschiedlichen Teil der Jugendlichen vorgesehen, was eine Konsequenz der ~uBeren Differenzierung und der Vorbereitung auf die Schul
fremdenprGfung war. Darum werden wir nur kurz die Lehrin
halte anhand der Stoffpl~ne referieren und einige Beobachtungen zur Relativierung dieser theoretischer Vorgaben
anschlieBen.
- 163 -
Technisches Zeichnen "Das Technische Zeichnen wird als Unterstiitzung und Vorbe
rei tung fiir die technischen Berufe vermittelt" (aus: Lehrpl~ne des CJD). Der Rahmenplan fUr das Fach Technisches Zeichnen besteht aus 58 Zeichenvorlagen und den dazugehorigen Erl~uterungen fUr die Lehrkraft. Die Aufgaben beginnen
mit Normschrift und Zirkeliibungen; der hochste Schwierigkeitsgrad wird mit Erg~nzungszeichnungen erreicht, bei denen zwei oder drei Ansichten unvollstandig wiedergegeben sind. AIle Zeichnungen sind nach den DIN-Vorschriften genormt.
Die Bezugspunkte zwischen der Werkpraxis und diesem Unterrichtsfach sind durch die Beschaftigung mit den gleichen
Gegenstanden, nur auf verschiedenen Ebenen, sehr eng. Durch
die verbindlichen Zeichenvorlagen war die Flexibilitat der Lehrer jedoch gering. Zusatzlich warm die dargestell ten Ge
genstande fast ausschlieBlich dem Metallbereich entnommen, was zu einer Demotivierung z.B. der Madchenklassen fUhrte. Die Moglichkeiten zur Verbindung von Werkpraxis und Fach
theorie sind auch daher nicht voll nutzbar gemacht worden, da eine Kooperation zwischen den Fachtheoretikern und den
Werkpraktikern nicht in ausreichendem MaB stattfand. Es
war also moglich, daB Zeichenvorlagen in der Werkpraxis benutzt wurden, die im Unterricht noch nicht bzw. schon in lang zuriickliegenden Stunden behandelt worden waren. Eine zusatzliche Schwierigkeit auBerte sich in unzureichen
dem oder gar fehlendem Arbeitsmaterial (Zeichenbrett, Zirkel etc.), was allerdings auch von den Jugendlichen
teilweise provoziert wurde, indem sie Unterrichtsmittel
verlegten oder beschadigten.
Geschichte und Politik
Der Rahmenplan Geschichte und Politik fiihrt folgende sieben
Epochen auf, denen jeweils drei bis fiinf Schwerpunktthemen zugeordnet sind:
I. Die Welt nach 1945
II. 1933 - 1945 III. Die Weimarer Republik
- 164 -
IV. Der 1. Weltkrieg
V. Grlindung des Deutschen Reiches
VI. Industrielle Revolution
VII. Zeital ter der Revolutionen".
Zum Themenbereich "Die Welt nach 1945" werden drei Unter
punkte genannt: Vergleich Bundesrepublik Deutschland - DDR,
der Ost-West-Konflikt und Krisenherde. Die Schwerpunkt
themen der anderen Zeitepochen folgen uberwiegend einer
historischen Chronologie.
Eine weitere Erorterung des Rahmenplans Geschichte und
Politik erubrigt sich, da die Praxis des Unterrichts ge
zeigt hat, daB die Inhalte in keinem anderen Fach (auBer
Sozialkunde) so ausschlieBlich durch die Person des Lehrers
bestimmt waren. Einzelne Klassen beschaftigten sich bei
spielsweise in 30 bis 40 Prozent der Unterrichtsstunden
mit der Zeit des Nationalsozialismus, andere diskutierten
uberwiegend aktuelle, zeitgeschichtliche Probleme. Auch
die Vorgehensweise der einzelnen Lehrer war recht unter
schiedlich. In den seltensten Fallen wurden allerdings
historische Prozesse und Zusammenhange in ihrer Bedeutung
analysiert.
Folgende Lehrbucher standen fur den Unterricht zur Verfugung:
- erkunden und erkennen, Geschichte Bd. 2 und 3
- Damals und heute, Band 3 und 4, Ausgabe C
Geschichte fur die Hauptschule, 1972/73
- Reise in die Vergangenheit, Band 4.
Sozialkunde
Der Rahmen- und Maximalplan flir den Sozialkundeunterricht
geht in allen Punkten von dem Begriffspaar "Individuum und
Gesellschaft" aus. Anhand dieser Begriffe sollen soziale
Gebilde wie Ehe - Familie, Eltern - Kinder, Freundeskreis -
Clique, Volk - Staat - Nation und die dort ablaufenden ge
sellschaftlichen Prozesse dargestellt und analysiert werden.
Unter dem Thema "Die gesellschaftliche Gruppe" werden die
- 165 -
sozialen Gruppen im Betrieb und ihre institutionalisierten
Vertretungsformen wie Betriebsrat, Gewerkschaft, Geschafts
leitung etc. vorgestellt und in ihrem Beziehungsgeflecht
erlautert. Als Lehrbuch steht hier zur Verfugung:
- mitentscheiden, mitverantworten
Lehrbuch fur den Politikunterricht, 3. Auflage 1974.
Die Durchsicht der Klasseqbucheintragungen ergab keinerlei
Zusammenhang von Unterrichtsinhalten und Lehrplan. In den
meisten Klassen war eine Struktur der Lehrinhalte nicht zu
erkennen. Themen, die behandelt wurden, waren u.a. Toleranz,
Werbung, Recht, Liebe, Umwelt und Berufswahl. Diese Form
des Unterrichts kam aber wohl den Interessen der Jugend
lichen entgegen, die hier auch die groBten Mitwirkungs
rechte am Stoffplan der Fachtheorie besaBen. Hier konnte am
ehesten die personliche Erfahrungswelt der Teilnehmer Ein
gang in die Unterrichtspraxis finden. Es wurde jedoch von
den Lehrern negativ vermerkt, daB aufgrund von Kompetenz
schwierigkeiten eineAufarbeitung von Konflikten im sozial
padagogischen und werkpraktischen Bereich nicht moglich war.
Hier zeigte sich deutlich, daB eine Kooperation der drei
Lehrgangsbereiche, wie sie in der Konzeption vorgesehen war,
nicht oder nur in unzureichendem MaB erfolgte.
Die im folgenden aufgefuhrten drei Unterrichtsfacher werden
wir nur anhand der CJD-Stoffplane vorstellen, da sie nur
fur die leistungsstarksten Gruppen angeboten wurden.
Biologie
Im Biologieunterricht stehen im Vordergrund die beiden
Bereiche Botanik und Menschenkunde. Im Bereich Botanik wird
die enge Kooperation mit der Abteilung Gartenbau in der
Werkpraxis betont. Bei der Besprechung des mensch lichen
Korpers sollen auch gesellschaftliche Probleme mitberuck
sichtigt werden, wie DrogenmiBbrauch und Umweltverschmutzung.
Im. einzelnen wird folgende Grobgliederung der Themengebiete
vorgeschlagen:
- 166 -
1) Die Zellenlehre
2) Unsere BlUtenpflanzen
3) Die Assimilation
4) Der menschliche Korper 5) Allgemeine Biologie. Folgende LehrbUcher standen fUr den Biologieunterricht zur
VerfUgung: - Erkunden. und erkennen, Biologie Band 1 und 2, Hannover
1967/68, - Pflanze, Tier und Mensch, Band 3, Ausgabe B, Stuttgart 1968.
Erdkunde Der Stoffplan fUr den Erdkundeunterricht fUhrt zw5lf Staaten
und Regionen auf, die mit ihren Besonderheiten thematisch abgehandelt werden sollen. Aus allen Erdteilen sind Beispiele
herausgegriffen worden. Ein methodischer Hinweis hebt die Rohstoffvorkommen, Anbaugebiete sowie Wohn- und Produktionsstatten als besonders wesentlich hervor. AIle Themen sollen nach folgender Standardgliederung behandelt werden: A) Lage und Grenzen
B) 1) Die Landschaft 2) Das Klima 3) Die Besiedlung 4) Die Urproduktion 5) Bergbau und Rohstoffe 6) Die Industrie 7) Handel und Verkehr
C) Aus Kultur und Geschichte. FUr den Unterricht im Fach Erdknde lagen folgende BUcher bereit: - Erkunden und erkennen, Erdkunde Band 1, Hannover 1966, - Lander und Volker, Ausgabe C, 3 Bande, Stuttgart 1971 und 197~
- Neue Geographie, Band 5/6, DUsseldorf 1971, - Wirtschaftsgeographie, Teil II, Darmstadt 1973.
Englisch Der Englischunterricht wurde nur fUr die Jugendlichen der
Klassen 1, 3 und 16 erteilt, die bereits Vorkenntnisse besa8en und somit die Mogli'chkeit hatten, die Schulfremden-
- 167 -
prufung mit Qualifikatianszusatz erfolgreich bestehen zu
k5nnen. Auf diese Voraussetzung ist auch der Rahmenplan
aufgebaut, der von den Prufungsanforderungen im Fach Englisch
ausgeht. Es werden Sachgebiete aufgez§.hlt, deren Wortschatz
beherrscht werden sollte. AnschlieBend werden grammatikali
sche Grundbegriffe angefuhrt und Beispiele fur schriftliche
Ubungen genannt. AuBerdem solI der Gebrauch eines W5rter
buchs geubt werden. Im Gegensatz zu den anderen F§.chern sind
folgende Lehrbucher im Rahmenplan namentlich erw§.hnt:
- Englisch fur Sie, Band 1 und 2, Mtinchen 1970,
- Learning English, Modern Course, Band 1 und 2, Stuttgart
1972,
- Anyway, Band 1 und 2, Frankfurt 1974.
Zusammenfassung
Die oben dargestellten Unterrichtsinhalte zeigen auf, daB
weder die CJD-Stoffpl§.ne noch die von den Lehrkr§.ften umge
setzten Inhalte in ausreichendem MaBe den theoretischen An
spruchen des CJD genugen. Die Forderung, daB die Fachtheorie
sich an der Erfahrungswelt der Jugendlichen anlehnen solI,
indem sie die Werkpraxis und die sozialp§.dagogische Betreu
ung als Ausgangspunkt ihrer Arbeit nimmt, wurde nur teil
weise einge15st. Die Unterrichtspraxis entsprach bezuglich
der Inhalte wesentlich eher den allgemeinbildenden Schulen
als dem Versuch einer Integration von beruflichen und allge
meinbildenden Kenntnissen. Als eine der Hauptursachen hier
fur ist die mangelnde Kooperatian der Mitarbeiter in den
drei Lehrgangsbereichen zu nennen, die allerdings organisa
torisch nicht gef5rdert wurde (z.B. durch gemeinsame Arbeits
konferenzen zu bereichsubergreifenden Lehrinhalten) und von
der Eigeninitiative einzelner Mitarbeiter abh§.ngig war. Die
fehlende Abstimmung innerhalb der drei Bereiche wurde auch
von mehreren Mitarbeitern in den Intensivinterviews beklagt.
Durch den Einsatz von Werkpraktikern im fachtheoretischen
Bereich solI dieses Problem im 10. BFL ge15st worden sein.
Dadurch entstanden allerdings neue Probleme der methodisch
didaktischen Qualifikation der Werkpraktiker, die in vie len
- 168 -
Fallen nicht den Forderungen der fachtheoretischen Unterwei
sung genugte.
In vie len Fallen war der entscheidende Faktor bei der Aus
wahl der Lehrinhalte und damit der Lernziele weder der
Stoffplan noch die Einteilung in Leistungsgruppen, sondern
der Lehrer. Dies konnte sowohl positive wie negative Fol
gen bezuglich des oben formulierten Anspruchs an die fach
theoretische Unterwei&~ng haben. Einige Lehrer waren bei
der Auswahl der Unterrichtsinhalte so flexibel, daB bei den
Jugendlichen neue Lernbereitschaft geweckt wurde. Es konnte
aber auch haufig festgestellt werden, daB allein aufgrund
der ausgewahlten Themen die Teilnehmer ihre negativen Schul
erfahrungen bestatigt sahen und ihre Abneigung gegenuber
dem Kenntnisbereich verstarkt wurde. Dies spiegelt sich auch
in den Antworten auf Frage 24 in der Einzelbefragung wider,
in denen 63,9 Prozent der Jugendlichen angaben, daB sie
lieber am praktischen als am theoretischen Unterricht teil
nahmen.
Frage 24: Nimmst Dm lieber am theoretischen oder praktischen Unterricht teil?
Miinnlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Theoretisch 33 15,1 5 7,2 38 13,2
Praktisch 131 59,8 53 76,9 184 63,9
Beide gleich 53 24,2 10 14,5 63 21,9
WeiB nicht 2 0,9 1,4 3 1,0
Summe: 219 too 69 100 288 100
5.2.2.2. KuBere und innere Differenzierung
Wie bereits im Kap. 4.3.2. erwahnt, wurden die 309 Jugend
lichen, die das Arbeitsamt Dortmund bis zum 1. September 1975
als Teilnehmer dem Jugenddorf Dortmund zugewiesen hatten, einem
Schulleistungstest (Horn-Test) unterzogen, urn sie in kognitiv
- 169 -
homogene Klassenverbande zusammenfassen zu konnen. Die
Ergebnisse dieses Tests sind in Kap. 5.1. bereits dokumen
tiert worden. Auf diese Weise konnte man im Gegensatz zu
fruheren Lehrgangen die Quote der Jugendlichen, die im Ver
lauf eines Jahres einer anderen Leistungsgruppe zugeordnet
werden muBten, auf unter 5 Prozent drucken.
Die unterschiedliche Verteilung von fachtheoretischem und
werkpraktischem Unterricht, die C-Gruppen sind 8 Wochen
stunden langer in den Werkstatten als die A-Gruppen, sollte
der intellektuellen Leistungsfahigkeit der Jugendlichen
gerecht werden.
Wahrend einem Teil der Jugendlichen in den A-Gruppen durch
die Facherkombination zumindest ermoglicht werden sollte,
zusatzlich den HauptschulabschluB zu erreichen - die Klasse
12 konnte nur auf den HauptschulabschluB ohne Qualifika
tionszusatz vorbereitet werden, da sie keinerlei Englisch
vorkenntnisse besaB - war die Facherkombination der Gruppen
B und C starker auf die Bewaltigung der zukunftigen Anfor
derungen in Berufsschule und Arbeitswelt ausgerichtet.
Neben dem obligatorischen fachtheoretischen Unterricht be
kamen die 75 Jugendlichen, die von einer Gesamtkonferenz zur
Schulfremdenprufung vorgeschlagen wurden, an 7 Samstagen
vor der Prufung freiwilligen Unterricht angeboten. Dieser
Zusatzunterricht orientierte sich an den Prufungsanforde
rungen und bezog sich auf aIle Prufungsfacher.
Der Englischunterricht fur die Klassen 1, 3 und 16 wurde
nur denjenigen Jugendlichen erteilt, die ausreichende Vor
kenntnisse besaBen. Fur den Rest der Klassen wurde dieser
Unterricht in anderen Fachern organisiert, vorrangig in
Mathematik und Deutsch.
Das koedukative Prinzip konnte fur den fachtheoretischen
Bereich nicht verwirklicht werden, da man sich nach den
Einteilungskriterien der Berufsschule richten muBte. Diese
verlangt nicht nur eine Trennung von Jungen und Madchen,
- 170 -
sondern auch von Haupt- und Sonderschlilern. Eine Alternative
bestande nur, wenn man, wie es in frliheren'Lehrgangen der
Fall war, flir den Berufsschulunterricht die Klassenverbande
auflosen wlirde.
Die Klassenfrequenzen schwankten zwischen 16 und 24 Jugend
lichen, was auf organisatorische Erfordernisse und nicht
auf padagogische Uberlegungen zurlickzuflihren war.
Den Teilnehmern wurde die Existenz von drei unterschied
lichen Leistungsgruppen offiziell nicht mitgeteilt, aus
personlichen Gesprachen ging aber hervor, daB zumindest
ein Teil hiervop Kenntnis besaB. Dies flihrte in Konflikt
situationen zwischen den Teilnehmern gelegentlich zu ab
falligen ~uBerungen.
Einteilung der Jugendlichen in Leistungsgruppen:
Gruppe Milnnlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
A 61 27,9 16 23,2 77 26,7
B 104 47,4 37 53,6 141 49,0
c 54 24.7 16 23.2 70 24,3
Summe: 219 100 69 100 288 100
Die CJD-Iehrplane gehen in unterschiedlicher Farm auf die Leistungs
gruwen ein. Wcihrend in den Fachem Englisch, Biologie und Erdkunde
keinerlei Differenzierung notwendig war, da sie nur den A
Gruppen angeboten wurden, fehlte eine Anpassung der Inhalte
in den Fachern Geschichte/Politik und Sozialkunde (Angebot
flir die A- und B-Gruppen) und Technisches Zeichnen (B- und
C-Gruppen) vollig. In diesem Bereich konnte auch durch eine
Klassenbuchanalyse und unsere Unterrichtsbeobachtung keine
spezifischen Besonderheiten in der Auswahl und Aufbereitung
der Themen festgestellt werden.
In den drei Kernfachern Mathematik, C~ometrie und Deutsch,
- 171 -
die in allen Klassen mit 10 wochentlichen Unterrichtsstunden
den Schwerpunkt der fachtheoretischen Ausbildung darstellten,
konnte eine gewisse Differenzierung nach Leistungsgruppen
in Stoffplanen, Klassenbuchanalyse und Unterrichtsbeobach
tung festgestellt werden. EineAusnahme bildet die Klasse 12,
in der statt Ertglisch zwei zusatzliche Stunden Mathematik
erteilt wurden, da die Schuler als ehemalige Sonderschuler
keine Englischvorkenntnisse besaBen.
Mathematik
Der Stoffverteilungsplan fur den Mathematikunterricht weist
eine Differenzierung in bezug auf Lernziele und methodische
Hinweise auf. Als Beispiel zitieren wir hier ausfuhrlich
die Angaben zum Themenbereich Prozentrechnen:
"a) Lernziel: Prozentrechnen als rechnerische Methode des
Vergleichs fur alle Lebens- und Sachgebiete (Bevolkerungs
entwicklung, gewerbliche und industrielle Produktion, Ein
kommensverhaltnisse, etc.), Unterscheidung zwischen allge
meiner und angewandter Prozentrechnung. In der allgemeinen
Prozentrechnung soll der Jugendliche anhand von Sachbeispie
len aus seinem Erfahrungsbereich mit dem Sinn und der Ver
fahrensweise des prozentualen Vergleichs vertraut gemacht
werden (Gruppe B und C), angewandte Prozentrechnung findet
sich uberall dort, wo das Verfahren des prozentualen Ver
qleichs auf bestimmte Sachgebiete angewandt wird •.
b) Methodischer Hinweis: Unbedingt gruppenspezifische Ein
fuhrung.
Gruppe A) Alternativ alle drei Methoden anbieten, namlich
Prozentrechnen als Spezialfall der SchluBrechnung,
Einfuhrung, Einuben und Verwenden der Formeln fur
die drei Grundaufgaben, aber doch wohl besonderen
Wert legen auf: Prozentrechnen als Verhaltnisglei
chung (Bestimmungsgleichung)
Gruppe B) Ptozentsatz als Verhaltnis eines Teils des Ganzen
(Prozentwert) zum Ganzen (Grundwert), Formeln
Gruppe C) Einfuhrung des Prozentbegriffs durch Vergleichs
bruch und Hundertstelbruch, L6sung durch Messen
mit 1% oder als Sonderform des Dreisatzes mit geradem Verhaltnis" (aus: Lehrplane des CJD) •
- 172 -
Diese spezifizierte Form der Darstellung von Unterrichts
inhalten ist allerdings auch im Rahmenplan Mathematik eine
Ausnahme.
Aufgrund der Auswertung der Klassenbucheintragungen laBt
sich feststellen, daB in den A- und B-Gruppen wesentlich
mehr Themen behandelt wurden als in den C-Gruppen. Dies
war allerdings nicht nur von der Gruppenzugeh6rigkeit ab
hangig, sondern auch von der Lehrkraft. So wurden z.B.
in einigen A- und B-Klassen die binomischen Formeln, Poten
zen bzw. Wurzeln und Gleichungslehre behandelt, wogegen
der Anteil der Stunden, in denen gew6hnliche BrUche und
Prozentrechnen durchgenommen wurde, in den C-Klassen gene
rell h6her lag.
Die Ergebnisse unserer Unterrichtsbeobachtung relativieren
allerdings die o.a. Differenzierungsmodalitaten. Bei einem
punktuellen Vergleich der Unterrichtspraxis in einer A- und
einer C-Klasse lieB sich feststellen, daB in beiden Fallen
die gleichen Aufgaben in methodisch gleicher Form zum
Unterrichtsgegenstand gemacht wurden. Das im Lehrplan ge
forderte unterschiedliche Abstraktionsniveau bei Ubunqbuf
gaben wurde nur in seltenen Fallen deutlich.
Geometrie
Der Stoffverteilungsplan fUr den Geometrieunterricht weist
keine Differenzierungsvorschlage in Anlehnung an die Lei
stungsgruppeneinteilung auf. Aus der Klassenbuchanalyse
laBt sich aber entnehmen, daB die geometrischen Grundbe
griffe, Viereck, Dreieck und Kreis (ebene Geometrie) einen
bis zu 50 Prozent h6heren Anteil an Unterrichtsstunden in
den C-Gruppen im Vergleich zu den A-Gruppen einnahmen. Auch
hier wurde stattdessen in. den leistungsstarkeren Klassen
zusatzliche Inhalte vermittelt, wie z.B. quadratische
pyramide, Kegel, Artgewichtsberechnung etc. (raumliche
Geometrie) • Dies war ebenfalls nicht nur von der Entschei
dung der einzelnen Lehrkraft abhangig, sondern auch vom
Leistungsverm6gen und der Leistungsbereitschaft des jewei
ligen Klassenverbands. In den C-Gruppen ergab sich durch
- 173 -
die groBeren schulischen Defizite die Notwendigkeit der
intensiveren Behandlung von Grundlagen.
Deutsch
Der Lehrplan fUr den Deutschunterricht beinhaltet drei
Stoffplane fUr die Leistungsgruppen, die sich hinsichtlich
des Umfangs und des Schwierigkeitsgrades unterscheiden.
Wahrend fUr die A-Gruppe~ verschiedene Aufsatzformen bis
hin zu einer dialektischen Gliederung angegeben werden, be
inhalten die Aufsatzformen fUr die C-Gruppen starker den
repetitiven Aspekt und die Verbindung von werkpraktischen
Erlebnissen mit sprachlichen GestaltungsUbungen. Auf Wort
schatzUbungen soll in den leistungsstarksten Klassen ganz
verzichtet werden.
Die Klassenbuchanalyse ergibt trotz differenzierter Stoff
plane keine signifikanben Unterschiede zwischen den Lei
stungsgruppen mit Ausnahme der Tatsache, daB in den A- und
B-Gruppen grammatikalische Ubungen im Vergleich zur Analyse
von Texten die doppelte Zeit beanspruchten, wahrend in den
C-Klassen auf beide Bereiche etwa die gleiche Unterrichts
zeit verwandt wurde. Auffallig ist jedoch, daB die gleichen
Lehrer in leistung.smaBig vergleichbaren Klassen sehr unter
schiedliche Zeitkontingente fUr die Behandlung einzelner
Themenbereiche aufgewandt haben. Dies weist darauf hin, daB
der Deutschunterricht eher an den Wlinschen der Jugendlichen
orientiert war als andere Unterrichtsfacher. Durch unsere
Unterrichtsbeobachtung und durch die Auswertung der Gruppen
interviews konnten wir diese Feststellung verifizieren.
Hier stellte sich auch heraus, daB viele Lehrer den unter
schiedlichen Erwartungen, die sie an einzelne Klassen heran
trugen, auch unterschiedliche Inhalte und Methoden zuordneten.
Dies mag daran gelegen haben, daB das Leistungsniveau in
der sprachlichen Ausdrucksfahigkeit der Jugendlichen sehr
stark differierte und dieses Faktum im Unterricht nicht
Ubergangen werden konnte. Es war auch festzustellen, daB
viele Teilnehmer vom Anspruchsniveau mancher Unterrichts
inhalte Uberfordert waren und z.B. die Behandlung der Gast-
- 174 -
arbeiterproblematik zu einer Verfestigung von Vorurteilen
fUhren konn te.
In allen drei Kernfachern war eine innere Differenzierung
wahrend des Unterrichts nicht oder nur in Ansatzen vorhan
den. Es konnte vorkommen, daB sich Lehrer wahrend der
Unterrichtsstunden intensiver mit schwacheren SchUlern be
schaftigten, dies waren allerdings Ausnahmen und es war
kein System der Forderung von schulisch schwachen Teil
nehmern innerhalb der Klassenverbande zu erkennen. Diese
Problematik war den Mitarbeitern allerdings bewuBt, da in
den Intensivinterviews die Forderung nach sogenannten
Klinikklassen. geauBert wurde, in denen besonders lernbe
hinderte Jugendliche zusammengefaBt werden sollten. Die
Rahmenbedingungen, die den Mitarbeitern in der Fachtheorie
wahrend des 9. BFL vorgegeben waren, forderten gerade
nicht die Bemiihungen urn eine innere Differenzierung, da
der Handlungsspielraum durch administrative MaBnahmen ein
geschrankt wurde. So sollte z.B. in einem Lehrgang nicht
mehr als eine bestimmte Anzahl von Unterrichtsstunden mit
sogenannten "Unterrichtsgangen" verbracht werden, die den
Lehrern die M6glichkeit geboten hatten, auf Spaziergangen
in Einzel- oder Kleingruppengesprachen mehr auf die person
lichen Probleme der Teilnehmer einzugehen.
Zusammenfassend laBt sich sagen, daB der Bereich der auBeren
und inneren Differenzierung wahrend des 9. BFL zwar rein
organisatorisch berUcksichtigt wurde, die damit verknUpften
inhaltlichen Konsequenzen aber vernachlassigt wurden. Dies
gilt sowohl fUr die Lehrplane als auch fUr die Unterrichts
praxis. Den Lehrkraften laBt sich hieraus allerdings kein
Vorwurf machen, da sie organisatorischen Zwangen unterworfen
waren und ihnen nicht die Hilfen gegeben wurden, die sie
fUr die Verwirklichung eines "offenen Curriculums" benotigt
hatten.
- 175 -
5.2.2.3. Lehrkrafte und Methoden
Fur die Unterrichtung der Jugendlichen in 16 Klassen standen
insgesamt 16 Lehrkrafte zur Verfugung. Infolge des Aus
scheidens eines Lehrers wurde nach dem ersten Quartal ein
neuer Mitarbeiter eingestellt. Einige Stunden wurden ver
tretungsweise von AuBenstehenden ubernommen. Von den 16
Lehrkraften befanden sich 7 im Angestelltenverhaltnis mit
einem wQchentlichen Unterrichtsvolumen von insgesamt 162
Stunden, wahrend 9 Honorarkrafte mit einem Unterrichtsdeputat
von zusammen 106 Stunden vertreten waren. Das Durchschnitts
alter der Mitarbeiter betrug 35,9 Jahre.
Die berufliche Qualifikation der Lehrkrafte war von groBer
Heterogenitat gekennzeichnet.
Befahigung zum Lehramt
Noch im Studium befindlich
Sonstige Qualifikationen
(Ingenieure, Diakon, Sozial
padagoge, Technischer Zeich
ner Handwerksmeister)
Angestellte Honorarmitarbeiter
2 3
5
4
Bei fast al~en Mitarbeitern sind neben den o.a. Qualifika
tionen noch Zusatzqualifikationen im padagogischen Bereich
vorhanden, und zwar aufgrund von CJD-internen und anderen
MaBnahmen. Das Honorar fur die nebenberuflichen Mitarbeiter
betrug zwischen 17,-- DM und 25,-- DM pro Stunde.Die Hono
rierung erfolgte nach dem Niveau der formalen Qualifikation.
Wahrend des 9. BFL haben insgesamt neun Allgemeinkonferenzen
stattgefunden. Aus den Protokollen ist ersichtlich, daB
sich die Themen hauptsachlich auf den administrativen Be
reich beschrankten, wahrend der padagogische und konzeptio
nelle Bereich kaum zur Sprache kam. Probleme dieser Art
wurden teilweise in anderen Gremien behandelt, z.B. im
Jugenddorfbeirat. Die Kontakte zwischen den einzelnen
Fachlehrern beruhten zum Teil auf privater Initiative;
- 176 -
eine offizielle Abstimmung innerhalb der Facher wurde vor
und wahrend des Lehrgangs in mindestens drei Konferenzen
pro Fach angestrebt. Da hieruber keine schriftlichen Unter
lagen (Protokolle u.a.) vorliegen, konnen uber deren In
halte und Verlauf keine Angaben gemacht werden.
In den jeweiligen Fachern unterrichteten relativ viele
Lehrer mit Ausnahme von Englisch und Technischem Zeichne~
im Durchschnitt 5,5. Die zwOlf Doppelstunden Geschichts
unterricht wurden z.B. von 8 Lehrern erteilt. Dies unter
streicht die Notwendigkeit einer Abstimmung innerhalb der
einzelnen Facher.
Es lieB sich aus organisatorischen Grunden nicht realisie
ren, daB die Klassen von weniger als durcH3chnittlich 5
Lehrkraften betreut wurden. Damit wurde faktisch das Fach
lehrerprinzip dem Klassenlehrerprinzip vorgezogen. In
diesem Zusammenhang muB erwahnt werden, daB im 10. BFL
dem Klassenlehrerprinzip wieder Vorrang eingeraumt worden
ist.
Das Fachlehrerprinzip und die Heterogenitat der Mitarbeiter
im fachtheoretischen Bereich hatten zur Konsequenz, daB sich
die Jugendlichen auf die sehr unterschiedlichen Vorgehens
weisen und disziplinarischen MaBnahmen kurzfristig einstel
len muBten. Die damit verbundenen Schwierigkeiten traten
vor allem dann zutage, wenn innerhalb eines Vormittags oder
Nachmittags ein autoritar gefuhrter Unterricht auf einen
mehr dem laissez faire Stil zuneigendem Unterricht folgte.
Die Lehrer selbst auBerten zu diesem Problem wahrend der
Intensivinterviews unterschiedliche Meinungen. Einerseits
wurde die Belastung der Teilnehmer durch den haufigen
Wechsel der Bezugsperson als sehr hoch eingeschatzt (sh.
auch Kap. 5.2.1.3.), andererseits sah man diese Schwierig
keiten durch eine Diskussion mit den Schulern als losbar an.
- 177 -
Disziplinarische MaBnahmen
Die Durchsicht der KlassenbUcher im Hinblick auf diszipli
narische Eintragung ergab, daB die Lehrer in sehr unter
schiedlichern MaB von dieser Moglichkeit Gebrauch gemacht
haben. Unabhangig von der Anzahl der unterrichteten Wochen
stunden griffen einzelne Mitarbeiter regelmaBig zu dern
Mittel der narnentlichen Eintragung in das Klassenbuch, bei
anderen wiederurn war dies eine selten angewandte Methode
der Bestrafung. FUr die ~ugendlichen waren die Eintragungen
mit Unannehrnlichkeiten verbunden, da sie sich entweder vor
dern Ausbildungsleiter rechtfertigen oder mit ihrern jeweili
gen Hausleiter darUber ein Gesprach fUhren muBten. Die
Haufigkeit von Klassenbucheintragungen bezogen auf den
jeweiligen Klassenverband korreliert eng mit der Leistungs
gruppeneinteilung bzw. der schulischen Vorbildung. Wahrend
in den drei A-Klassen, die fast ausschlieBlich mit Haupt
schUlern besetzt waren, durchschnittlich 55 Disziplinar
strafen im Klassenbuch vermerkt wurden, ist derAnteil der
vier C-Gruppen mit ca. 10 Eintragungen nahezu bedeutungslos.
Diese Feststellung bestatigt die Aussagen der fachtheore
tischen Mitarbeiter, daB man mit den leistungsschwachsten
Klassen am wenigsten disziplinarische Schwierigkeiten habe,
wahrend ehernalige HauptschUler, vor allem in A-Gruppen, nur
sehr schlecht zur Mitarbeit zu bewegen seien.
Aus den folgenden Tabellen lassen sich die Anzahl und GrUnde
der Eintragung und die Arten der Bestrafung ersehen.
Klasse Leistungs- Anzahl der Klasse Leistungs- Anzahl der gruppe Eintragungen gruppe Eintragungen
A 55 9 C 9
2 B 54 10 B 27
3 A 57 11 B 3
4 B 76 12 A
5 C 10 13 B 18
6 B 4 14 C 11
7 C 11 15 B 22
8 B 50 16 A 52
Grande fUr die Eintragung:
Srorung des Unterrichts
Mangelnde Mitarbeit/lnaktivitat
Unerlaubtes Verlassen der Klasse
Tatlichkeiten zwischen Schfilern
- 178 -
Wider stand gegen den Lehrer
Beschadigungen des Unterrichtsmaterials
Mogeln hei Testarbeiten
Art der Bestrafung
Klassenverweis
Klasse saubern
Stoff nachholen
Zum Ausbildungsleiter geschickt
Nachsitzen am Samstag
Regressanspruch
Methodisches Vorgehen der Lehrer
Anzahl
127
78
30
27
10
6
4
Anzahl
32
3
3
2
So unterschiedlich wie die Auswahl der Lehrinhalte und
die disziplinarischen MaBnahrnen waren auch die methodischen
Vorgehensweisen der Lehrer. Auch hier trifft die Fest
stellung zu, daB die Methodenauswahl starker von der Er
fahrung und Ausbildung des jeweiligen Mitarbeiters abhangig
war als von den konzeptionellen Vorgaben des CJD und der
Leistungsgruppenzugehorigkeit der Jugendlichen. rm fach
theoretischen Bereich war der autoritare neben dem derno
kratischen und dem laissez faire Unterrichtsstil vertreten.
Dies erschwert eine zusarnrnenfassende Darstellung des metho
dischen Aspekts erheblich.
Unsere nicht-standaraisierte Unterrichtsbeobachtung er
moglichte keine Erhebung von quantitativen Daten zurn Metho
deneinsatz. Wir bekarnen aber den Eindruck, daB das Metho
denbewuBtsein bei vie len Lehrernnicht in ausreichendern MaB
vorhanden war, d.h. sie erkannten nicht die Wechselwirkung
- 179 -
von Unterrichtsstil und Reaktionsweise der Klassen. Gerade
die Mitarbeiter, die sich zu einem mehr autoritaren FUh
rungsstil verpflichtet fUhlten, hatten die greBten Schwierigkeiten bei der DurchfUhrung des Unterrichts. Sie fUhrten dies aber auf die problematische Zielgruppe generell oder auf besonder"s "aufslissige" Klassenverblinde zurUck.
tlberwiegend wurde, gerade auch von o.a. Lehrkrliften, ein
lehrerzentrierter Frontalunterricht durchgefUhrt, was
hliufig dazu fUhrte, daB vorhandene Ansatze zur Mitarbeit der SchUler 1m Unterricht Ubergangen oder falsch interpretiert wurden, da sie nicht in das vorgesehene Unterrichtskonzept paBten. Das Prinzip der Lehrerzentriertheit
traf allerdings nicht in allen Fallen zu. In einigen Fachern, vor allem im Deutschunterricht, wurden z.B. Lernspiele eingesetzt, die bei den Jugendlichen Interesse fUr
bestimmte Unterrichtsgegenstande oder einfach Freude am
Lernen wecken sollten. Ais negative Begleiterscheinun9" traten zum Teil aber Konkurrenzsituationen auf, die konfrontationsferdernd wirkten. Im Fach Deutsch wurden auch Gruppenarbeit, Rollenspiele und Medien hliufiger eingesetzt als
in anderen Bereichen, was u.a. ein Grund dafUr war, daB
die Jugendlichen wahrend der Gruppeninterviews Deutsch als
das bei ihnen beliebteste Fach nannten.
Es muB jedoch vermerkt werden, daB die Ausbildungsleitung
diesen Versuchen zur Korrektur des tradierten Lehrerver
haltens negativ gegentiberstand und nichts zu ihrer Ferderung beitrug. Dies fUhrte nach Beendigung des 9. BFL zu einigen KUndigungen bei den in dieser Hinsicht besonders
engagierten Honorarkrliften. Die Diskrepanz zwischen theoretischem Anspruch, formuliert in der Konzeption des CJD, und den Realisierungsformen im fachtheoretischen Unter
richt wurde hier besonders deutlich.
Wie sich aus den nachfolgenden Tabellen ersehen lliBt,
standen die Teilnehmer den Lehrern und Ausbildern bezUglich
ihrer methodischen Fahigkeiten zum Teil kritisch gegentiber.
- 180 -
Im Vergleich zur Werkpraxis hatten viermal mehr Jugend
liche Schwierigkeiten mit einzelnen Schulfachern, und
hierbei stehen Probleme mit dem methodischen Vorgehen
der Lehrer und Lernschwierigkeiten im Vordergrund.
Frage 25: In welchem der folgenden Bereiche hast Du im CJD schon mal Schwierigkeiten gehabt?
Miinnlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Schulfachern 127 54,0 34 45,4 161 51,9 Werkpraxis 35 14.9 7 9,3 42 13.5 Freizeitgrpn. 12 5.1 10 13,3 22 7.1 Nirgendwo 59 25,1 23 30.7 82 26.5 WeiB nicht 2 0.9 1 1.3 3 1,0 Keine Antwort
Summe: 235 100 75 100 310 100
Frage 26: Welcher Art sind diese Schwierigkeiten?
Miinnlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Lernschwierigk. 83 25.9 18 20,S 101 24.8 Kontakts ./Lehr. 21 6.6 8 9.1 29 7.1 Kon t./ Jugendliche 4 1,3 1 1. 1 5 1.2 Eingewehngsschw. 10 3,1 3 3.4 13 3,2 Schw./Method.Vorg. 62 19.4 23 26.1 85 20.8 Sonstiges 11 3.4 5 5.7 16 3.9 WeiB nicht 2 0.6 2 0,5 Keine Antwort 127 39,7 30 34.1 157 38.5
Summe: 320 100 88 100 408 100
Jeder zweite Teilnehmer war nicht mit allen Ausbildern und Lehrern zufrieden. Hier wurden vor allem Unterrichts-
stil, methodisches Vorgehen und charakterliche Eigen
schaften bemangelt. Unter Berlicksichtigung der libergrei
fenden sozialpadagogischen BetreuUng, die das CJD an-
strebt (sh. auch Kap. 5.2.3.1.), sind diese Zahlen besonders
aussagekraftig.
- 181 -
Frage 35: Bis Du mit allen Lehrern und Ausbildern zufrieden?
Mannlich Weiblich Gesamt abs. v.H. alls. v.H. abs. v.H.
Ja 106 48,4 34 49,3 140 43,6 Nein 111 50,7 35 50,7 146 50,7 WeiB nicht 2 0,9 2 0,7
Summe: 219 100 69 100 288 100
Frage 36: Was gefallt Dir an einem oder mehreren Lehrern und Ausbildern nicht so gut?
Mannlich Weiblich Gesamt abs. v.H. alls. v.H. alls. v.H.
unterrichtsstil 60 26,5 18 25,7 78 26,4 Meth.Vorgehen 36 15,9 9 12,9 45 15,2 Charaktl.Eig. 51 22,6 17 24,3 68 23,0 Sonstiges 5 2,2 1 1,4 6 2,0 Keine Antwort 74 32,8 25 35,7 99 33,4
Sunme: 226 100 70 100 296 100
Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Korre
lation zwischen dem SchulabschluB und der Frage 35. Hier
zeigt sich, daB die ehemaligen Sonderschuler den Mitarbei
tern des CJD nicht so kritisch gegenuberstanden wie die
ehemaligen Hauptschuler. Die Unzufriedenheit mit Lehrern
und Ausbi~dern war bei diesen etwa doppelt stark ausge
pragt. Dies konnte ein weiterer Beleg dafur sein, daB die
Sonderschuler dem BFL als letzte Moglichkeit zur Verbesse
rung ihrer schulischen Defizite positiver gegenuberstanden.
Frage 35: Bis Du mi t allen Lehrern und Ausbildern zufrieden?
SchulabschluB
Ja
Nein
WeiB nicht
Keine Antwort
Summe:
Hauptschiiler abs. v.H.
39
92
131
29,8
70,2
100
Sonderschiiler abs. v.H.
101 64,3
54 34,4
2 1,3
157 100
- 182 -
5.2.2.4. Beurteilung der Jugendlichen in der Fachtheorie
Die Jugendlichen im Forderungslehrgang unterlagen in der
Fachtheorie, wie in den anderen Bereichen, einer kontinuier
lichen Leistungskontrolle. Dies entspricht dem konzeptio
nellen Prinzip, den Teilnehmern tiber Erfolgserlebnisse
zu neuem SelbstbewuBtsein und verstarkter Leistungskraft
zu verhelfen (sh. hierzu auch Kap. 4). Die Beurteilungs
grundlagen entsprachen denen der schulischen Bewertungs
skala. Es konnten also Noten von "eins" bis "sechs" in
den einzelnen Unterrichtsfachern vergeben werden. Basis
dieser Benotung war eine unterschiedliche Anzahl von Klau
suren, wahrend die Gewichtung der mtindlichen Leistung
ins Ermessen der jeweiligen Lehrkraft gestellt wurde.
Wahrend des Lehrgangs wurde dreimal eine Gesamtbeurteilung
erteilt und in der Lehrerkonferenz beraten: vor dem ersten
und zweiten Elternsprechtag und gegen Ende der MaBnahme.
Die Mitarbeiter waren in ihrer Fachbeurteilung autonom,
die Konferenz beriet nur tiber den aktuellen Leistungs-
stand des einzelnen Jugendlichen. Wahrend der ersten bei
den Gesamtkonferenzen wurde ein Meinungsbild tiber die
Leistungsfahigkeit erstellt, urn im Gesprach mit den Eltern
tiber den jeweiligen Entwicklungsstand informieren zu
konnen; in der SchluBkonferenz vergab man Durchschnitts
noten, die in der Lehrgangsbescheinigung in eine formali
sierte Benotungsskala umgesetzt wurden.
Formulierungen der AbschluBbeurteilungen aus dem fachtheoretischen Lehrgangsbereich des Berufsforderungslehrganges im Jugenddorf Dortmund:
- 2,8 A = Der Lehrgangsteilnehmer nahm am theoretischen Unterricht sehr regen Anteil.
'2,9 - 3,8 B
3,9 - 4,8 C
ab 4,9 D
Seine Leistung.en waren gut.
••• nahm am theoretischen Unterricht regen Anteil. Seine Leistungen waren befriedigend.
• •• zeigte in fachtheoretischen Bereich durchschnittliche Leistungen.
hat sich im fachtheoretischen Bereich viel Mtihe gegeben und hat Fortschritte in seinen Leistungen gezeigt.
- 183 -
E ••• hat sich in fachtheoretischen Bereich Muhe gegeben.
F = ••• hat am fachtheoretischen Unterricht teilgenommen.
Die Beurteilung vor dem zweiten Elternsprechtag diente
gleichzeitig als Grundlage fur eine Zwischenbescheinigung
tiber den Lehrgangserfolg, mit der sich die ~ugendlichen
bei den Ausbildungsfirmen bewerben konnten und die auch
der Berufsberatung des Arbeitsamtes zur Verfugung gestellt
wurde.
In nahezu allen Unterrichtsfachern wurden relativ viele
Klausuren, Tests und Ubungsarbeiten geschrieben; der An
teil am gesamten Unterrichtsvolumen bewegte sich, ein
schlieBlich der Stunden fur die Besprechung der Arbeiten,
zwischen 10 und 30 Prozent. Dies bedeutet, daB in den
Hauptfachern von ca. 150 zur Verfugung stehenden Unter
richtsstunden in einzelnen Klassen zwischen 40 und 60
Stunden fur benotete Ubungsarbeiten aufgewandt wurden.
Diese Haufigkeit der Leistungsmessung fUhrte bei einzel
nen Jugendlichen zu einem KlausurenstreB, der starke Asso
ziationen zur bisherigen Schulerfahrung hervorrief. Im
Unterschied zum werkpraktischen Bereich, in dem die Beno
tung tiberwiegend anhand der manuell erstellten WerkstUcke
durchgefUhrt wurde, war in der Fachtheorie der direkte
Zugriff zu ihren theoretischen Kenntnissen fUr die Teil
nehmer deutlicher spUrbar. Wahrend unserer Unterrichts
beobachtung war die Antipathie vieler SchUler gegenUber
den praktizierten Benotungsverfahren klar zu erkennen • . Ebenso waren gleichartige Reaktionsmuster auf gute bzw.
schlechte Testergebnisse wie in den allgemeinbildenden
Schulen festzustellen. Wieweit dieser Tatbestand mit dem
konzeptionellen Ziel der Leistungssteigerung tiber Erfolgs
erlebnisse in Einklang zu bringen ist, erscheint uns frag
lich.
Eine AufschlUsselung der Leistungsentwicklung in den drei
- 184 -
Hauptfachern Deutsch, Mathematik und Geometrie in die
Kategorien leicht bzw. stark verbessert, gleichgeblieben,
leicht bzw. stark verschlechtert und ungleich positiv bzw.
negativ ergab folgendes Bild: (ausschlaggebend fUr die
Einstufung waren Veranderungen tiber die Dauer des Lehr
gangs von einer bzw. zwei und mehr Zensuren) •
Leistungsentwicklung in schulischen Fachern nach Geschlecht
Deutsch Mathematik Geometrie
Mannlich Weiblich Mannlich abs. v.H.
Weiblich abs. v.H •.
Mannlich abs. v.H •.
Weiblich abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
stark ver- 3 bessert
leicht ver-bessert 73
Gleich ge-
1,4
33,3
blieben 103 47.0
Leicht verschlecht. 35
Stark verschlecht.
Ungleich positiv
Ungleich negativ
3
2
16.0
1.4
0.9
Summen: 219 100
1.4
19 27.5
31 45.0
14 20,3
1.4
2 2.9
1 1.4
69 100
14 6.4
56 25.6
99 45.2
45 20.5
4 1.8
0.5
219 100
3 4.3 8 3.7 8 11.6
22 31.9 81 3~.0 22 31.9
35 50.8 102 46.5 36 52.2
6 8.7 23 10.5 2 2.9
1.4 2 0.9
2 2.9 2 0.9
0.5 1.4
69 100 219 100 69 100
Leistungsentwicklung in schulischen Fachern fUr das Gesamt
Deutsch Mathematik Geometrie abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
st.verb. 4 1,4 17 5.9 16 5.6
leicht verb. 92 31.9 78 27.1 103 35.8
Gleich gebl. f34 46.6 134 46.6 138 47.8
Leicht ver-schlechtert 49 17.0 51 17.7 25 8.7
stark verschl. 4 1.4 5 1.7 2 0.7
ungl.pos. 4 1.4 3 1.0 2 0.7
ungLneg. 1 0.3 2 0.7
Summen: 288 100 288 100 288 100
- 185 -
Eine Differenzierung dieser Daten nach schulischer Vorbil
dung bzw. Leistungsgruppenzugehorigkeit ergab keine signi
fikan tal Zusammenhange.
Anhand der Tabelle zeigt sich, daB in allen drei Fachern
nahezu die Halfte der Teilnehrner uber die Dauer des Lehr
gangs gleiche Noten zuerkannt bekommen hat, ca. 30 Prozent
hatten sich leicht verbessert. Auch dieses Ergebnis stellt
die o.a. konzeptionellen Grundsatze fur den fachtheoreti
schen Bereich zumindest in Frage, da sich ein m5glicherweise
durchaus vorhandener Lernfortschritt fur die meisten Jugend
lichen nicht in subjektiv spurbaren "Beurteilungssprlingen"
bemerkbar macht.
Die relativ positive Einstufung der Mehrzahl der Teilnehrner
wird auf den Einzelnen wahrscheinlich wenig motivierenden
EinfluB gehabt haben, da sie in diesen Formulierungen am
Ende des Lehrgangs - und damit fur diesen zu spat - vorge-
nommen wurde.
Endbeurteil ung im Bereich Fachtheorie:
Mannlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
A 50 22.8 17 24.6 67 23.3
B +) 143 65.2 47 68.2 190 66.0
C 24 11"'0 4 5.8 28 9.7
D 0.5 1.4 2 0.7
E 0.5 0.3
F
Summe: 219 100 69 100 288 100
+) (Beurteilungsschema sh. S.182f.)
- 186 -
5.2.2.5. Teilnahme an der Schulfremdenprlifung zum nachtrag lichen Erwerb des Hauptschulabschlusses
Wie bereits im Kap. 4.3.3. beschrieben, besaB der Erwerb
des nachtraglichen Hauptschulabschlusses im 9. BFL nicht mehr den Stellenwert wie in den vorherigen Lehrgangen.
Ausschlaggebend hierflir waren die Xnderungen der bildungspolitischen Rahmenbedingungen und vor allem die Feststellung, daB die Vermittlungsfahigkeit der Jugendlichen
nicht im direkten Zusamm~hang mit dem Nachweis des AbschluBzeugnisses der Hauptschule stand (sh. auch Kap. 5.3.)
Trotzdem war der Facherkanon im fachtheoretischen Bereich noch sehr stark durch die Anforderungen der Schulfremdenprlifung bestimmt, was beispielsweise in den A-Gruppen durch
die Facher Biologie, Erdkunde und Englisch belegt wird.
FUr die Auswahl der Jugendlichen, die zur Prlifung gemeldet wurden, war eine auBerordentliche Lehrerkonferenz der Klassen- und Fachlehrer verantwortlich. Beim Vorliegen von liberdurchschnittlichen Leistungen wurde dem einzelnen eine
Beteiligung an der Prlifung vorgeschlagen. Ohne das Votum dieser Konferenz war eine Prlifungsteilnahme zwar mOglich, das Jugenddorf riet jedoch davon ab, so daB nur drei Teil
nehmer sich auf Privatinitiative hin meldeten. Dies flihrte zu einer Unzufriedenheit bei den nicht berlicksichtigten Jugendlichen, die sich in mehrfacher Hinsicht auBerte. Auf unsere Frage in F 1, welche Informationen das Arbeitsamt
den Teilnehmern vor Beginn des Lehrgangs noch hatte geben mlissen, gaben 116 von 288 befragten Jugendlichen an, daB
sie tiber die Moglichkeit zum nachtraglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses unzureichend oder gar falsch infor
miert worden seien. (Aufgrund der differenzierten Antworten konnte die Frage 41 nur manuell ausgewertet werden). Dies
wurde in den Gruppendiskussionen bestatigt. Hier wurde auch der Vorschlag gemacht, allen interessierten Jugendlichen eine Meldung zu ermoglichen.
Nach Aussage einiger Lehrer in den Intensivinterviews ist nach erfolgter Auswahl der Prlifungsteilnehmer das Interesse
- 187 -
der Mehrzahl der Jugendlichen am fachtheoretischen Unter
richt stark zurlickgegangen, was unmittelbar auf die fehlgeleitete Motivation in diesem Bereich zurlickzuflihren ist. Der weitestgehende Vorschlag aus dem Kreis der fachtheoretischen Mitarbeiter lautete, keinen Jugendlichen mehr auf die Schulfremdenprlifung vorzubereiten, so daB bei den librigen Teilnehmern keine Frustrationen erzeugt werden konnen.
Die Prlifungsvorbereitung bestand hauptsachlich aus zu
satzlichem Unterricht am Samstagvormittag, in dem die Prli
fungsanforderungen im Mittelpunkt standen (sh. auch Kap. 5.2.2.2.). AuBerdem konnten wir in einigen Unterrichtsbeobachtungen den Eindruck gewinnen, daB die zuklinftigen Prlif
linge von den Lehrern starker gefordert wurden, was natlir
lich dazu beitrug, daB der Rest der Klasse der Fachtheorie noch ablehnender gegenliberstand als zu Beginn des Lehrgangs.
Insgesamt wurden 75 Jugendliche aus dem 9. BFL zur Schulfremdenprlifung angemeldet (sh. auch Kap. 5.1.2., S. 105). Im einzelnen waren es:
52 Jungen 35 ehemalige
Hauptschliler
23 'Madchen ,4() ehemalige
Sonderschliler
44 von den zur Prlifung gemeldeten Jugendlichen kamen aus
den A-Leistungsgruppen und 31 aus den B-Gruppen. Aus den C-Gruppen wurde kein Jugendlicher fUr die Prlifung vorgeschlagen.
Von den 75 Jugendlichen haben 26 die Schulfremdenprlifung
bestanden (34,66 Prozent). Es haben bestanden:
21 Jungen (40,38 Prozent der angemeldeten Jungen) 5 Machen (21,73 Prozent der angemeldeten Madchen)
Von den Jugendlichen, die die Prlifung bestanden haben,
waren 12 vor dem Lehrgang Hauptschliler und 14 Sonderschliler.
Dieses Ergebnis war fUr die gemeldeten Jugendlichen und
die beteiligten Lehrkrafte enttauschend. Nach Aussage der Mitarbeiter ist die relativ hohe Durchfallquote auf die
- 188 -
im Vergleich zur ehemaligen VolksschulabschluBprufung
verscharften Modalitaten der Schulfremdenprtifung zuruck
zuftihren. Besonders die weiblichen Teilnehmer zeigten sich
bei einer Durchfallquote von 78 Prozent enttauscht tiber
ihre vergeblichen Bemtihungen. Die negativen Erfahrungen
beeintrachtigten ftir die restlichen Lehrgangswochen die
die Bereitschaft zur Mitarbeit betrachtlich.
Die Verteilung der Leistungsgruppenzugehorigkeit der zur
Prtifung vorgeschlagenen Jugendlichen spiegelt nicht nur
den unterschiedlichen Kenntnisstand in den Gruppen wider,
sondern auch die starkere theoretische Forderung vor allem
der A-Gruppen durch 20 Wochenstunden Fachtheorie im Jugend
dorf. Dies mag auch ein Grund daftir sein, daB bei den mei
sten anderen Tragern der Forderungslehrgange die Vorberei
tung zur Schulfremdenprtifung kaum noch eine Rolle spielt.
Einige Mitarbeiter des Jugenddorfs bedauerten im nachhinein,
nicht mehr Jugendliche zur Prtifung gemeldet zu haben, da
man durch eine restriktive Vorauswahl moglicherweise die
Zahl der erfolgreichen Prtiflinge selbst beschrankt habe.
Gerade in der schriftlichen Prtifung sollen d.urch die Auf
gabenstellung willktirliche Ergebnisse im Vergleich zur
Leistungsfahigkeit der Teilnehmer zustandegekommen sein.
1m Durchscnitt der letzten Lehrgange wurden etwa doppelt
so viel Jugendliche zur Prtifung gemeldet. Da die Durch
fallquote sich nicht sehr verandert hatte, hatten eventuell
mehr Jugendliche die Chance gehabt, einen SchulabschluB zu
erlangen. AbschlieBend muB noch einmal betont werden, daB
die Schulfremdenprtifung im 9. BFL keine besondere Relevanz
mehr besaB, die Jugendlichen diesem kurzfristig greifbaren
Ergebnis jedoch mehr Bedeutung zumaBen als die Jugenddorf
lei tung.
- 189 -
5.2.2.6. Belastung der Jugendlichen und Beurteilung der fachtheoretischen Unterweisung durch Mitarbeiter und Te ilne hmer
Aus den bisher beschriebenen Ergebnisscn zur fachtheore
tischen Unterweisung l~Bt sich eine starke Beanspruchung
der Jugendlichen ablesen. Wir verweisen in diesem Zusammen
hang auf die AusfUhrungen zum Kapitel Werkpraxis (5.2.1.)
und Sozialp~dagogische Betreuung (5.2.3.), in denen eben
falls auf die jeweilige·Belastung der Teilnehffier hinge
wiesen wird. Auf die Ursachen im fachtheoretischen Bereich
solI im folgenden noch einmal eingegangen werden.
Die Lehrinhalte der einzelnen Unterrichtsf~cher sind, trotz
der seitens des Jugenddorfs erkannten Notwendigkeit, zuwenig
auf den Lebens- und Erfahrungshori zon t der Te ilnehmer ab
gestimmt. Eine Verzahnung von Werkpraxis und Fachtheorie
war, zumindest w~hrend des 9. BFL, nicht in ausreichendem
MaB vorhanden. Die Methoden der Lehrkr~fte differierten
sehr stark und weckten bei den Jugendlichen h~ufig Assozia
tionen an ihre bisherigen negativen Schulerfahrungen. Zudem
war der organisatorische Rahmen fur die fachtheoretischen
Mitarbeiter so eng gezogen, daB ein Eingehen auf besonders
schwierige Jugendliche, die eine intensive personliche Be
treuung auch im Unterricht benotigten, kaum moglich war.
Eine ~uBere Differenzierung war allerdings in ausreichendem
MaB vorhanden. Ein auffallender Widerspruch bestand zwi
schen Lehrgangspraxis und Lehrgangskonzeption in Bezug
auf die kontinuierliche Leistungsmessung. Der Leistungs
druck durch h~ufige Klausuren vermittelte zwar einen Ein
blick in den Kenntnisstand des einzelnen, wurde von den
Klassen aber teilweise als Disziplinierungsmittel aufge
faBt und hatte kaum positive Auswirkungen auf die Moti
vation und Leistungssteigerung. Hier sind andere Formen
der Kontrolle, beispielsweise vermehrte Unterrichtsgespr~che,
Gruppenarbeit und st~rkere Berucksichtigung der mUndlichen
Leistung zu empfehlen.
- 190
Organisatorische Faktoren fuhrten bei einigen Teilnehmer
gruppen zur Uberforderung. So hatten die A-Gruppen an einem
Tag der Woche ganztagig Unterricht, d.h. sie muBten in acht
Unterrichtsstunden die Inhalte von vier theoretischen Fachern
verarbeiten. AuBerdem konnte laut Aussage des Ausbildungs
leiters nicht verrnieden werden, daB einige Klassen im
letzten Block von 15.15 Uhr bis 16.45 Uhr Mathernatikunter
richt erhielten, der bei den Jugendlichen besondere Konzen
tration erforderte. In all unseren Unterrichtsbesuchen konn
ten wir feststellen, daB die Konzentrationsfahigkeit nach
mittags permanent abnahm und nach 16.00 Uhr kein Lehrer mehr
in der Lage war, die Klasse noch zu motivieren. AuBerdem
lag die Klassenfrequenz mit 24 Schulern in einigen Klassen
wesentlich zu hoch, von den Lehrern wurde Uberwiegend 18 als
oberste Grenze genannt. Bei der Beantwortung der Fragen 25
und 26 werden o.a. Faktoren wesentlichen EinfluB ausgeubt
haben (sh. auch Kap. 2.2.3.).
Wenn man die Leistungsgruppenzugehorigkeit mit den Antworten
auf die Frage 16 korreliert ("Fuhlst Du Dich durch Arbeit,
Unterricht und Freizeitgruppen zu sehr in Anspruch genom
men"?), stellt sich heraus, daB ein wesentlich hoherer An
teil der Jugendlichen aus den A-Gruppen diese Frage bejaht
als aus den B- und C-Gruppen. Dies belegt unsere Ansicht,
daB die fachtheoretische Unterweisung mit ausschlaggebend
ist fur die hohe Belastung der Jugendlichen im Lehrgang.
Frage 16: Fuhlst Du Dich durch Arbeit, Unterricht und Freizeitgruppe zu sehr in Anspruch genornmen?
Leistungsgruppe
Ja
Nein
Teilweise
WeiB nicht
Keine 'Antwort
Summe:
abs.
32
33
12
77
A v.H.
41,6
42.8
15.6
100
abs.
32
93
16
141
B
v.H. abs.
22.7 17
66.0 45
11. 3 8
100 70
c v.H.
24.3
64,3
11.4
100
- 191 -
Als Resumee der Einschatzung der Fachtheorie durch die
Teilnehmer geben wir einige XuBerungen wahrend der Gruppen
interviews wieder. Zwei Gruppen von mannlichen Jugendlichen
aus der Hauptschule meinten, die Fachtheorie im Lehrgang
konne ganz wegfallen, da nur die Werkpraxis ihnen fUr ihren
spateren Beruf geholfen habe. Zwei Madchenklassen und zwei
ehernalige Sonderschulerklassen sahen beide Teile als gleich
wichtig an. Auch wurde ubereinstirnrnend die eigene Motivation
in Abhangigkeit der Lehrkraft, nicht des Unterrichtsfachs,
gesehen. Uberdies kritiserten die Teilnehmer die zu groBen
Klassen und Wohngruppen. Diese Urteile mussen zwar nicht
reprasentativ fur die Gesarntzahl der Betroffenen sein, sie
geben unserer Meinung nach aber die Einschatzung der Jugend
lichen im Hinblick auf einen notwendigen Bestandteil des
Lehrgangs, die Fachtheorie, wieder.
Die Beurteilung der fachtheoretischen Unterweisung durch
die Mitarbeiter in den Intensivinterviews fiel differenzier
ter aus. Auch hier wurde ubereinstirnrnend geauBert, daB die
Klassen fUr eine effektive padagogische Arbeit zu groB
seien. Es wurde zwar die Notwendigkeit des theoretischen
Unterrichts eingesehen, aber auch eine neue Facherauswahl
gefordert, die den Interessen der Jugendlichen eher ent
gegenkommt. Hiermit musse eine Systernatisierung im Sinne
von einheitlichen Unterrichtsmaterialien und Projektunter
richt verbunden sein. Damit konne man den groBen Schwierig
keiten der Jugendlichen in der Fachtheorie entgegenwirken,
die durch die bisherigen negativen Schulerfahrungen bedingt
seien. Teilweise wurde die mangelnde padagogische Qualifi
kation einiger Mitarbeiter in Verbindung mit fehlendem sozi
alintegrativem Unterrichtsstil bemangelt. Die Prinzipien
dieser Form der Unterweisung seien fur die Zielgruppe der
nicht berufsreifen Jugendlichen nicht nur angebracht, son
dern geradezu notwendig, urn eine Entwicklung vom Schulver
sagen zur beruflichen Qualifizierung zu ermoglichen. SchlieB
lich wurde noch der Vorschlag gernacht, fur verhaltensge
storte Jugendliche "Klinikklassen" einzurichten, die eine
in.tensivere padagogische Betreuung des einzelnen ermoglichen
- 192 -
sollten (Die alleinige Auswahl der potentiellen Teilnehmer
durch das Arbeitsamt ftihrte tatsachlich dazu, daB eine gewisse Zahl von Jugendlichen in jedem Lehrgang dieser Gruppe zuzuzablen waren) .
Eine Gesamtbeurteilung der Fachtheorie durch die Mitarbeiter lieBe sich wie folgt formulieren: Trotz aller Schwachen in der bisher geubten Praxis ermBglichen die Rabmenbedingungen der Forderungslehrgange im CJD eine sinnvolle und effektive theoretische Unterweisung der Jugendlichen, wenn einige o.a. Vorstellungen in die Gestaltung zuktinftiger MaBnahmen mit einbezogen werden. Dies drtickt den Optimismus der Mitarbeiter aus, daB auch fur Jugendliche, die das allgemeinbildende Schulwesen ohne AbschluB verlassen, ForderungsmaBnabmen sinnvoll und notwendig sind, die tiber die Vermittlung von reinen Arbeitstugenden wie FleiB, Ptinktlichkeit und Ordentlichkeit hinausgehen.
- 193 -
5.2.3. Sozialpadagogische Betreuung
Nach den in Kap. 4.4. herausgearbeiteten prinzipiellen Aus
sagen sollen nun in diesem Kapitel die konkreten Merkmale und
Probleme der sozialpadagogischen Arbeit 1m Jugenddorf Dortmund
Oespel beschrieben und analysiert werden, wie sie von uns in
der Begleituntersuchung ermittelt werden konnten.
5.2.3.1. Ubergreifender Aspekt
Die in Kap. 4 umrissene Konzeption der BFL zeigt deutlich
die Intention auf, aIle Aktivitaten von der Grundlage des
sozialpadagogischen Gesamtanliegens her durchzufuhren. Das
heiBt, daB auch die primar leistungsorientierten Lehrgangs
bereiche Werkpraxis und Fachtheorie unter dem entsprechenden
didaktischen und methodischen Bezug zu gestalten sind.
Die beiden Lehrgangsbereiche sind weitgehend strukturiert
durch vorgegebene Lehrplane, die den Ablauf der Unterweisung
relativ umfassend festlegen. Sachanforderungen, die aus dem
Lehrgangsziel abgeleitet sind, manifestieren sich als Lei
stungsanforderungen an die Teilnehmer. Den Lehrkraften stellt
sich die Aufgabe, die Jugendlichen fUr die Anforderungen
ansprechbar zu machen, und zwar trotz deren negativer Er
fahrungen mit an sie gerichteten Leistungserwartungen. Sie
vertreten Sachanforderungen, mussen sich aber gleichzeitig
von dieser Rolle distanzieren und ein personliches Verhalt
nis zum einzelnen Jugendlichen aufbauen, das die individu
elle Befindlichkeit einbezieht.
Urn die Erfahrungen und die Problemlage der Jugendlichen
in die Unterrichtsgestaltung einbauen zu konnen, ist es er
forderlich, die entsprechenden Daten zu kennen. Hier stellt
sich nun ein unbefriedigender Sachverhalt heraus. Die Lehr
krafte in Werkpraxis undFachtheorie haben zum groBten Teil
keine Kenntnis vom sozialen Hintergrund der einzelnen Teil-
- 194 -
nehmer. Sie kennen zwar die Lage der Zielgruppe allgernein,
daB es sich in der Regel urn Sonderschliler und Hauptschliler
ohne AbschluB handelt, und daB bei etlichen Jugendlichen
die Schadigungen sozial bedingt sind. Doch damit haben sie
kein genaues Bild vom konkreten Lehrgang. Nur wenige Mit
arbeiter nehmen Einsicht in die Personalakten der Teil
nehmer, urn sich einen Uberblick zu verschaffen. Aufgrund sol
cher Unkenntnis kann sich leicht eine Einstellung bilden,
die den Teilnehmer nur unter dem statischen Aspekt des
Lernbehinderten sieht. Eine sich daraus akzentuierende pad
agogische Zuwendung lauft aber Gefahr, den Jugendlichen gar
nicht zu erreichen und damit erfolglos zu bleiben. Die
Jugendlichen gehen nicht auf das Angebot ein, weil sie sich
nicht betroffen flihlen. Von derSeite des Dozenten wird diese
- un~erbleibende - Reaktion nicht auf den eigenen unzurei
chenden Ansatz zurlickgeflihrt, sondern als mangelnde Lern
bereitschaft oder Lernfahigkeit interpretiert. Die Jugend
lichen werden nicht mehr als F6rderungsbedlirftige angenom
men, sondern fallen unter die Kategorie der "Schwererzieh
baren und Sonderschliler" - so ein Dozentenurteil -, flir
die sich die Investitionen an Mlihe und Kosten kaum lohnten.
Eine derartige XuBerung, dazu noch vor versammelter Klasse,
wie in diesem Fall geschehen, zeigt ein verfehltes Aufgaben
verstandnis an. Bezeichnend in dieser Situation war, daB der
Unterricht aufgrund eines unangemessenen methodischen Ansatzes
dem Dozenten zusehends auBer Kontrolle geriet und in v6lliger .
Ineffektivitat endete. Die Ursache dieser Entwicklung wurde
- siehe obiges Zitat - allein bei den Jugendlichen gesehen.
Die hier beschriebene Situation ist zwar nicht kennzeichnend
flir die fachtheoretische Unterweisung insgesamt, dennoch soll
ten die Auswirkungen einer solchen Haltung nicht unreflek
tiert bleiben. Diese ersch6pfen sich nicht allein in der
Ablehnung des betreffenden Lehrers, sondern k6nnen eine ne
gative Haltung gegen die Fachtheorie insgesamt verstarken
und darliber hinaus das Verhalten im Lehrgang allgernein be
einflussen. Es werden dann intensive Hilfen flir die Jugend
lichen in anderen Bereichen, insbesondere durch die Sozial-
- 195 -
padagogen, erforderlich, wenn der Lehrgang liberhaupt einen
Erfolg fur solche Jugendliche erbringen solI.
Die Beschreibung der hier angefuhrten Konsequenzen erhellt
die Notwendigkeit einer einheitlichen Forderungskonzeption
und -praxis durch aIle Lehrgangsbereiche. In einer Schrift
aus dem CJD wird dieses unterstrichen, wenn es dort heiBt:
"Werkstattunterweisung und Fachtheorie werden umklammert
und durchdrungen durch die sozialpadagogische Arbeit, die
vom WOhnbereich uber die Freizeitgruppenarbeit in aIle Lehr
gangsbereiche hineinreicht". (Dannenmann, a.a.O., S. 13)
Diese Forderung ist jedoch nur ungenugend verwirklicht. Die
Praxis kennzeichnet eher eine mangelnde Kooperation. In
aller Regel arbeiten die Bereiche isoliert voneinander. An
satze einer didaktischen Verzahnung sind, von den person
lichen Initiativen einiger Mitarbeiter abgesehen, allen
falls in einer Bezugnahme der fachtheoretischen Unterwei
sung auf die Inhalte der Werkpraxis vorhanden (vgl. Kap.
5.2.2.). Die Zusammenarbeit insbesondere mit dem sozial
padagogischen Bereich ist dagegen sehr schwach entwickelt
und auf einzelne Situationen beschrankt. Auftretende Pro
bleme werden zumeist von den einzelnen Lehrkraften selbst
angegangen, nur in gravierenden Fallen werden andere Mit
arbeiter, in erster Linie Sozialpadagogen, eingeschaltet.
Gerade von den Sozialpadagogen wird diese Art der Problem
losung kritisert. Nach ihrer Meinung verfolgen solche Bemuh
ungen zumeist das Ziel, gewissermaBen in einem technischen
Sinne eine Storung zu beheben, ohne auf die Ursachen einzu
gehen. Die sozialpadagogischen Mitarbeiter erheben auch
die Klage, daB die padagogischen Vorstellungen der Aus
bilder und Lehrer und das sich daraus konstituierende Han
deln oftmals ihrer Arbeit zuwiderlaufen. Andererseits kammt
von Werkpraktikern und Fachtheoretikern der Vorwurf an
die Sozialpadagogen, daB diese in ihrer Arbeit zu einseitig
auf den Freizeit- und Wohnbereich angelegt seien und darliber
die Betreuung der Jugendlichen in den anderen Bereichen
vernachlassigten.
- 196 -
Umgekehrt zeigen jedoch auch nur wenige Lehrkrafte aus Fach
theorie und Werkpraxis Interesse, die Jugendlichen aus einem
anderen Blickwinkel als dem ihrer taglichen Arbeit kennenzu
lernen und beispi~lsweise an FreizeitmaBnahmen oder Haus
abenden teilzunehmen.
Die Grtinde fUr die - wechselseitige - unzureichende Beach
tung sind verschieden. Zum einen sind sie organisatorischer
Art. Es fehlt vielfach an der erforderlichen Zeit. Anderer
seits sind etliche Mitarbeiter nicht bereit, ihre Freizeit
dafUr einzusetzen. Zum dritten zeigen einige Sozialpadagogen
kein Interesse, die Lehrer bzw. Ausbilder zu ihren Veranstal
tungen einzuladen. Erst bei den sog. berufskundlichen Ab
schluBfahrten am Ende des Lehrgangs zeigt sich eine funktio
nierende Kooperation. Auf diesen Fahrten betreuen auch Mit
arbeiter aus anderen Bereichen die Jugendlichen. Aber auch
hier ist die Basis das personliche Engagement und kein ad
ministrativ festgemachtes Prinzip.
Die Erfahrungen wahrend dieser Fahrten werden von allen Be
teiligten, Jugendlichen und Mitarbeitern, als sehr positiv
bezeichnet, konnen doch viele Probleme gemeinsam besprochen
und gelost werden. Leider konnen diese Erfahrungen wegen des
spaten Zeitpunktes nur noch bedingt auf den Lehrgangsablauf
einwirken. In diesem Zusammenhang stehen Uberlegungen, die
Fahrten schon zu Beginn des Lehrgangs durchzufUhren, urn die
gruppendynamischen Prozesse fUr den Lehrgang nutzbar zu
machen. Dem stehen jedoch Bedenken gegenUber, daB in einem
solchen FaIle der sozialpadagogische Bereich eine zu starke
Betonung erhielte. Im librigen erweist sich, daB sich an den
Fahrten nur solche Mitarbeiter (aus Werkpraxis und Fach
theorie) beteiligen, die schon wahrend des Lehrgangs urn
Zusammenarbeit bemUht sind.
Insgesamt stellt sich heraus, daB eine wirksame Kooperation
nicht realisiert ist. Die meisten Mitarbeiter artikulieren
dieses Defizit und fordern eine systematisierte und institu
tionalisierte Zusammenarbeit. Sie pladieren fUr gemeinsame
- 197 -
Konferenzen, auf denen prinzipielle Fragen und anstehende
Probleme aus der Sicht aller Beteiligten diskutiert und
einer Losung zugefuhrt werden konnen. Nur so sehen sie einen
ausreichenden InformationsfluB zwischen allen Bereichen
und eine einheitliche Arbeitsweise gewahrleisbet.
Zu dieser Forderung mussen wir bedenken, daB eine institutio
nell vorgegebene Regelung zunachst einen auBeren Bedingungs
rahmen fur Zusamrnenarbeit bildet. Eine wirksame Praktizie
rung ist wesentlich von der Bereitschaft der Mitarbeiter
abhangig. In der bisherigen Praxis ist dieser Wille nicht
imrner zu erkennen gewesen. Mithin ist hier ein entsprechen
der LernprozeB der Mitarbeiter erforderlich.
5.2.3.2. Freizeitarbeit
Wie in Kap. 4.4. bereits erlautert, stellt die Freizeit
arbeit einen zentralen Inhalt der sozialpadagogischen Be
treuung dar. In der Praxis der Lehrgange im CJD erweist
sich die Arbeit in den Freizeitgruppen als die beherrschende
Dimension der Konkretisierung sozialpadagogisch akzentu
ierter Zuwendung. Dies erscheint durchaus verstandlich und
sinnvoll, wenn man das generelle methodische Prinzip be
denkt, aufgrund von Erfolgserlebnissen den Teilnehmern den
Aufbau einer positiven Lern- und Leistungshaltung zu er
leichtern bzw. zu erm6glichen. Didaktisches Prinzip des
Freizeitgruppenangebots ist, den unterschiedlichen Neigungen
und Interessen der Jugendlichen ein entsprechendes Betati
gungs- und Realisierungsfeld bereitzustellen. Dem Jugend
lichen werden also weniger Sachanforderungen entgegenge
stellt, als vielmehr die Aufforderung, einmal die eigenen
Interessen in einem Handlungsvollzug zu thematisieren.
Sein Handeln soll nicht (so sehr) nach "richtig oder falsch"
bewertet, d.h. auf Erfullen vorgegebener Normen .bezogen
werden. Unterbleibende Reglementierung soll ihm Raum fur
spontanes Handeln bereitstellen und Kreativitat fordern.
- 198 -
Die Jugendlichen finden hier eine andere Situation vor als
im werkpraktischen und fachtheoretischen Bereich. 1m Lehr
gang sind sie in der Regel zum ersten Mal uber eine 8-Stunden
Distanz in ein System standiger Leistungsanforderung einge
gliedert, das seinerseits dem Lehrgangsziel verpflichtet
ist und ihnen permanente Konzentration abverlangt. Diese
Vorwegnahme der Anforderungssituation, wie sie sich auch
spater im Berufsleben darstellt, ist unter dem sozial
padagogisch orientierten Gesichtspunkt zu sehen, die Jugend
lichen mit den Bedingungen der Ausbildung und Arbeitswelt
bekannt zu machen.
In derEinschatzung des CJD bedeutet die ganztagige Einbin
dung in ein Le'istungssystem fur die Lehrgangsteilnehmer
eine ausgesprochene StreBsituation. In diesem Zusammenhang
erhalt der sozialpadagogische Bereich eine Ausgleichs
funktion gegenuber Werkpraxis und Fachtheorie. Die freizeit
padagogischen Betatigungen sollen die sich aufbauenden
Spannungszustande ausgleichen und den Durchhaltewillen der
Jugendlichen starken.
Der sozialpadagogische Bereich hat damit gewissermaBen eine
Service-Funktion fur die Efr:ektivitat der Arbeit in den bei
den anderen Lehrgangsbereichen. Wenn etwa verschiedenen Frei
zei tgruppen Ziele unterlegt werden wie "die Handgeschicklich
keit zu verbessern", "Wissen zu vermitteln" oder "Konzen
trationsschwachen abzubauen" (so z.B. in der Schrift "Das
Berufsvorbereitungsjahr im CJD", Faurndau o.J.), so laBt
sich hierin durchaus ein instrumentelles Verstandnis der
freizeitpadagogischen BemUhungen erkennen.
Anderersei ts werden auch Hi.rweise auf den padagogischen
Eigenwert der Arbeit in den Freizeitgruppen gegeben, die
eineBegrlindung der Aktivi taten aus sich heraus beinhal ten.
Diese Dimension zeigt sich in Uberlegungen wie der folgenden.
Nach Ansicht des CJD sind die Jugendlichen nicht in der
Lage, ihre freie Zeit sinnvoll und aktiv zu gestalten. Ihr
- 199 -
Handeln erschopfe sich vielfach in 11 Diskotheken, Fernsehen
oder Nichtstun " (Dannenmann, in: Hirsauer Blatter, Heft 26,
S. 13), d.h. in einer Konsumentenhaltung, die Vereinzelung
und mangelnde Initiative ausdruckt.
Mit den Freizeitangeboten sollen die Jugendlichen Anregungen
zur Freizeitgestaltung erhalten. Durch die Betatigung in un
terschiedlichen Gruppen sollen sie ihre "Begabungen und
Fahigkeiten in den vielfaltigsten musischen und sportli
chen Bereichen" kennenlernen und angeregt werden, ihre Frei
zeit aktiv und fur sie forderlich einzurichten (vgl. Dannen
mann, Probleme der tiberbetrieblichen Lehrwerkstatt aus der
Sicht freier Trager, in: Die Deutsche Berufs- und Fach
schule, Heft 4, 1976, S. 276).
Im Kontext solcher Uberlegungen verfolgt die Freizeitgruppen
arbeit die Zielsetzung, die Jugendlichen zu personlichem
Erigagement zu ermuntern und tiber die Erfahrung der Gruppe
aus der vom CJD angenommenen Isolierung zu fUhren. Oem ProzeB
der Gruppenintegration wird eine erhebliche Bedeutung zugemessen.
Urn aIle Jugendlichen ansprechen und zur Mitarbeit motivieren
zu konnen, wird ein extensives Angebot an Betiitigungsmoglich
keiten bereitgestellt. Es laBt sich in mehrere Teilbereiche
gliedern:
- Musische und sportliche Interessengruppen
- Politische Bildung und Mitverantwortung
- Geistliche Arbeit
- Kurse.
Die Arbeit in diesem Rahmen hat den Charakter organisierter
Freizeit. Die Veranstaltungen sind relativ fest vorgegeben.
Initiativen der Teilnehmer konnen nur in begrenztem AusmaB
Xnderungen hervorrufen. Zwar ist das Programm weniger starr
festgelegt als die Lehrgangsinhalte im werkpraktischen und
fachtheoretischen Bereich, jedoch beinhaltet dies keine
- 200 -
satzliehe Flexibilitat der Programmstruktur.
Ein wiehtiger Untersehied zu den anderen Bereiehen ist in
einem anderen Aspekt zu sehen. 1m Gegensatz zur Faehtheorie
kann der J·ugendliehe, zumal in den musisehen und sportliehen
Gruppen, sein Lern- bzw. Arbeitsternpo im eehten Sinne selbst
bestimmen, womit das Prinzip der Individualisierung ein
h6heres MaB an Realisierung erfahrt.
Die Teilnarume am Freizeitprogramm ist fur die Lehrgangs
teilnehmer verpfliehtend, innerhalb des Angebots besteht
Wahlm6gliehkeit. Die Konzeption sieht mithin keine Frei
willigkeit der Teilnahme im engeren Sinne vor, sondern laBt
nur einen gewissen individuellen Spielraum konkreter in
haltlieher Gestaltung des Betatigungskatalogs. Diese Praxis
begrundet das CJD aus seinen Erfahrungen, naeh denen die
Jugendliehen - als Folge kaum praktizierter sinnvoller
Freizeitgestaltung - sieh haufig gar nieht vorstellen k6n
nen, was in den Freizeigruppen gesehieht und deshalb nur
selten bereit sind, auf das Angebot aus eigenem EntsehluB
einzugehen (vgl. Dannenmann, in: Hirsauer Blatter, Heft 26,
S. 14).
Organisatoriseh gilt fur die Veranstaltungen, daB sie im
AnsehluB an die werkpraktisehe und faehtheoretisehe Unterwei
sung, d.h. naeh dem Abendessen, stattfinden. Das Freizeit
programm erstreekt sieh auf vier Tage in der Woehe, namlieh
montags bis donnerstags, und zwar jeweils uber 90 Minuten
von 19.00 Uhr bis 20.30 Uhr.
Die Regelung sehreibt vor, daB sieh jeder Jugendliehe an
drei Abenden in den Woehe beteiligt. Der vierte Abend steht
ihm im Sinne freier Zeit zur Verfugung. Die drei Veran
staltungsabende gliedern sieh in einen pfliehtabend (montags),
an dem ein fur aIle Jugendliehen obligatorisehes Programm
durehgefuhrt wird, und in zwei Wahlpfliehtabende, an denen
im Rahmen des bestehenden Angebots Veranstaltungen eigener
Wahl besueht werden k6nnen.
- 201 -
Pflichtprogramm
Als Pflichtprogramm bezeichnen wir einen genau festgelegten
Kanon von p~dagogischen Angeboten, der sich tiber die Dauer
des gesamten Lehrgangs erstreckt und - mit einerAusnahme -
ftir aIle Jugendlichen in gleicher Weise strukturiert ist. Es
handelt sich urn eine Abfolge unterschiedlicher Sachgebiete
mit politischen, kulturellen, sportlichen und lebensprakti
schen 1nhalten. Jedoch werden die hier genannten Beztige nicht
in jedem FaIle deutlich (sn. dazu die Beschreibung der Teil
bereiche im AnschluB an diese Ausflihrungen). Die Themen
sind jeweils in Blocke von 5 oder 10 Wochen gegliedert
und werden den Teilnehmern klassenweise vermittelt.
1m einzelnen enth~lt das Pflichtprogramm des 9. BFL folgen
de Themengebiete, die - stellvertretend ftir das gesamte
Freizeitgruppenangebot - inhaltlich beschrieben werden sollen.
1m unterschied zu den Lernbereichen der Werkpraxis und Fach
theorie gibt es ftir die Arbeit in den Freizeitgruppen - gemaB
den 1ntentionen, Kreativit~t und Spontaneit~t zu fordern
(vgl. Kap. 4.3.3.)- keine festgelegte didaktische Struktur,
sieht man von den drei Veranstaltungen ab, die als "Kurse"
firmieren und lernintensiven Charakter haben.
a) ftir Jungen und Madchen
1. Rund urn die Zeitung - 5 Wochen
2. Der einzelne in der Gemeinschaft (Politischer Arbeits-
kre is) - 5 Wochen.
Diese beiden Themen sind den Aktivi ti ten Zlr politischen
Bildung zuzurechnen. Ziel der Veranstaltungen ist, den Ju
gendlichen die gesellschaftlichen und politischen Beztige ihres
Daseins bewuBt zu machen. 1m ersten Seminar werden zus~tzlich
medienkundliche Fragen in elementarer Weise behandelt, so
z.B. Aufbau und Funktion einer Zeitung. Daneben liegt ein
praktischer Aspekt dieser Arbeit darin, daB die Jugendlichen
am Ende des Lehrgangs eine Jugenddorfzeitung erstellen, in
der sie den Lehrgang aus ihren Erfahrungen darstellen.
- 202 -
3. Hinter den Kulissen - 5 Wochen
Ziel dieser Veranstaltung zur kulturellen Bildung ist, den
Jugendlichen die Bedeutung und Arbeitsweise des Theaters zu
verdeutlichen. Es werden TheaterstUcke besprochen, deren
Aufflihrung die Teilnehmer anschlieBend besuchen. In diesen
Besprechungen, in denen auch Theaterleute mitarbeiten, geht
es nicht nur urn inhaltliche Fragen, sondern auch darum, Vor
stellungen von der Praxis und den Bedingungen einer AuffUh
rung zu vermitteln. Zu dies~a Zweck erfolgen auch Theaterbe
sichtigungen, urn einen Blick "hinter die Kulissen" zu werfen.
Im AnschluB an den Besuch eines StUckes werden in einer Nach
besprechung,einzelne Aspekte, die von den Jugendlichen ange
sprochen werden, vertiefend behandelt.
4. OLRG-Kurs - 10 Wochen
Inhalt dieser Freizeitgruppe ist die sportliche tibung im
Schwimmen. Je nach Leistungsstand wird elementarer Schwimm
unterricht erteilt oder auf die mannigfaltigen SchwimmprU
fungen vorbereitet. Es geht nur urn praktische tibung, der
theoretische Unterricht fUr die Leistungsschwimmer erfolgt
in einerWahl-Freizeitgruppe.
5. BVS (Katastrophenschutz) - 5 Wochen
In dieser Pflichtgruppe aus dem Bereich der Kurse erhalten
die Madchen und Jungen eine Grundausbildung Uber richtiges
Verhalten in Katastrophenfallen, z.B. im Falle eines Brandes.
b) fUr Madchen
6. Hausliche Krankenpflege - 10 Wochen
Der lebenspraktische Kurs w~rd durchgeftihrt, urn den Mad
chen elementare Verhaltensregeln Uber den Umgang mit kranken
Menschen zu vermitteln. Die Kenntnisse werden durch konkre
tes Tun am "Simulationsmodell" (d.h. an einer der Teilnehme
rinnen) praktisch eingeUbt.
- 203 -
e) fUr Jungen
7. Erste Hilfe - 10 Woe hen
Es handelt sieh urn den Grundkurs zur ersten Hilfe. Er
sehlieBt mit einer PrUfung ab, die den Jungen die erfolg
reiehe Teilnahme am Lehrgang bestatigt.
Die drei letztgenannten Kurse werden von externen Referenten
geleitet, wahrend die Ubrigen Veranstaltungen von Sozial
padagogen durehgefUhrt werden.
Wahlprogramm
Das Wahlprogramm an Freizeitaktivitaten urnfaBt in der Haupt
saehe das gesamte Angebot an musisehen und sportliehen In
teressengruppen. Daneben ist der Teilbereieh "Geistliehe
Arbeit" einbezogen.
Im Rahmen des Angebots sind die Teilnehmer verpfliehtet, an
zwei Gruppen teilzunehmen. Dabei ist ihnen die Wahl freige
stellt. Sie haben aueh die Mogliehkeit, jederzeit in andere
Gruppen Uberzuweehseln. Die Wahlfreiheit bringt es mit sieh,
daB die Gruppen gemisehtgesehleehtlieh und nieht klassenbe
zogen sind.
Zustandig fUr diese Veranstaltungen sind die sozialpadagogi
sehen Mitarbeiter. Sie sind aueh aussehlaggebend fUr die
Struktur des Angebots, die sieh eben naeh ihren Interessen
an Freizeitaktivitaten ergibt. Im Rahmen ihrer Ausbildung
besehaftigen sieh die angehenden Sozialpadagogen mit einer
Freizeitbetatigung, die sie in ihre spatere Praxis einbrin
gen konnen.
Die Jugendliehen konnen ebenfalls EinfluB auf das Programm
nehmen, indem sie Interessen an bestimmten Themen bzw. Tatig
keiten artikulieren. Bei hinreiehender Naehfrage, die etwa
bei 6 Teilnehmern anzusetzen ist, sowie bei entspreehenden
Befahigungen bzw. Interessen auf seiten der Sozialpadagogen
- 204 -
und unter der Voraussetzung, daB die organisatorischen Mog
lichkeiten gegeben sind, werden die gewunschten Kurse ins
Programm genommen.
Organisatorische Bedingungen erfordern eine Limitation der Teilnehmerzahl in verschiedenen Gruppen, so z.B., wenn nur eine beschr~nkte Anzahl von Arbeitspl~tzen zur Verfugung
steht. Bei hoherem·Bedarf werden Parallelgruppen (an einem anderen Wochentag) eingerichtet, urn allen Interessenten die Teilnahme zu ermoglichen.
Die Betreuung im Freizeitbereich erfolgt durch 23 Mitarbei
ter, darunter 8 Praktikanten. 7 Sozialpadagogen sind weiblichen und 16 ~nnlichen Geschlechts. Von den 15 voll ausge
bildeten Mitarbeitern haben 11 (2 weibliche und 9 m~nnliche) die Funktion eines Hausleiters, sind also auch fUr die Betreuung 1m Wohnbereich zust~dig. Die P.raktikanten arbeiten ebenfalls im Wohnbereich mit.
Das Wahlgruppen-Freizeitangebot im 9. BFL stellt sich wie folgt dar:
Thema/Gegenstand Teilnehmer (@)
l~_~y~!~gh~_~~~~~!gygg
Mundharmonika Musik Singgruppe Malen und Zeichnen Collagen
~~-~~~~~!~-ygg-~~~~~Q Makramee Batik Knupfen Fadenarbeiten Keramik Emaille/Metall Kunstglasschmelzen Peddigrohr Aktion altes Spielzeug Mode schmuck
35 7
20 10-12
10
8 10-12 8-10 10 12 14
8 7
10 8
Gruppen
2
3
2 2 2 2 2
Tanz Pantomime Laienspiel
~..:._§E2!:!:
Volleyball Tischtennis Leichtathletik FuBball Handball DLRG-Theorie
2L§2!:!§!!:.!9:~§! Foto Film Schach Biicherei Gesprache tiber den Glauben
- 205 -
30-36 8 8
16 12-14
12 16-20
20 35-40
6 8
14 8-10
15
2
2
2
Das Programm trifft bei den Jugendlichen durchaus auf Inter
esse, wie die vorstehenden Zahlen ausdrticken. Auch aus den
Antworten der Jugendlichen auf eine entsprechende Frage
wird dies ersichtlich, wie die folgende Tabelle zeigt:
Tabelle:
Frage 01: Von welchen Freizeitangeboten hier im Jugenddorf machst Du am liebsten Gebrauch?
Mfumlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Politische Diskus-sionsgruppen 2 0.6 2 0.5
Praxisrelevante Kurse 13 4.0 0.9 14 3.3
Musische Betatigung 58 18.0 27 25.7 85 19.9
Basteln und Werken 86 26.7 29 27.7 115 26.9
Spiel und Tanz 34 10.6 31 29.6 65 15.2 Sport 113 35.1 16 15.2 129 30.2
Sonstiges 11 3.4 0.9 12 2.8
WeiB nicht 5 1.6 5 1.2 Keine Antwort
Sunme: 322 100 105 100 427 100 +)
+J HCihere Antwortzahl, da Zweifachnennung m5glich.
- 206 -
Nach diesen Aussagen finden die sportlichen Veranstaltungen
den hochsten Anklang, gefolgt von Basteln und Werken, Musi
scher Betatigung sowie Spiel und Tanz. Die ubrigen Angebote
fallen kaurn ins Gewicht. Allerdings laBt die Reihenfolge der
Nennungen ausgepragte geschlechtsspezifische unterschiede
weniger deutlich hervortreten. In den Praferenzen der Mad
chen liegt z.B. Sport erst an vierter Stelle, dagegen nirnrnt
die Nennung Spiel und Tanz den ersten Rang ein.
Zu beach ten ist, daB die Antworten - fragebedingt - nur das
Angebot des Jugenddorfs widerspiegeln. Deshalb zielt eine
weitere Frage dar auf ab, die tatsachliche Interessenlage
der Jugendlichen zu erkunden. Wie die Antworten zeigen,
ergeben sich keine graBen Differenzen zurn vorhandenen An
gebot:
Tabelle:
Frage 02: Welche Freizeitangebote sollte es neben den bestehenden noch geben?
Miinnlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Diskussionsgruppen 3 1.3 2 2.8 5 1.7
Praxisrelevante Kurse 23 10.0 3 4.2 26 8.6
Musische Betatigg. 9 3.9 1.4 10 3.3
Basteln u.Werken 9 3.9 4 5.6 13 4.3
Spiel u. Tanz 4 1.7 3 4.2 7 2.3
Sport 59 25.5 13 18.3 72 23.8
Sonstiges 19 8.2 9 12,7 28 9.3
WeiB nicht 105 45.5 36 50.8 141 46.7
Sunme: 231 100 71 100 302 100
+) Hahere Antwortzahl, da Zweifachnennung m5glich.
+)
An erster Stelle steht der Wunsch nach zusatzlichen Sport
arten. Ein zusatzlicher Bedarf wird auch fur praxisrelevante
Kurse artikuliert. Dabei ist zu berucksichtigen, daB es
sich hier urn unterschiedliche Wlinsche handelt, wornit die auf
ein jeweils spezielles Therna entfallenden Nennungen sehr
gering werden.
- 207 -
Das Interesse und Engagement der Jugendlichen im Sport
drUckt sich auch in den Erfolgszahlen bei SportprUfungen
aus. Es erweist sich, daB die vom CJD in der Konzeption der
Forderungslehrgange herausgehobene Betonung des Sports im
Freizeitangebot (vgl. Dannenmann sowie Engelke, in: Hirsauer
Blatter, a.a.O.) mit den Freizeitinteressen der Teilnehmer
Ubereinstimmt. Hier seien einige entsprechende Zahlen ge
nannt: 211 Jugendliche haben das Frei- bzw. Fahrtenschwim
merzeugnis erworben. 1m Rettungsschwimmen konnten 136 Teil
nehmer den DLRG-Grundschein und 83 den Leistungsschein er
werben. 137 Jugendliche haben sich fUr das Sportabzeichen
qualifiziert.
Auffallig ist das geringe Interesse an politischen Diskus
sionsgruppen. Das kann zum einen auf ein wenig ausgepragtes
Interesse an politisch-gesellschaftlichen Fragen hinweisen.
In Gesprachen mit den Jugendlichen ergaben sich durchaus Be
statigungen in dieser Richtung. Andererseits muB aber
auch die Frage nach der Effektivitat der politischen Bil
dung im Jugenddorf gestellt werden. Offensichtlich ist
es in dieser Arbeit nicht gelungen, die Jugendlichen an
eine Aufarbeitung oder zumindest zu einer engagierten Be
schaftigung mit ihrer eigenen Problemlage zu bringen, die
in gewisser Weise fUr sie existentielle Bedeutung hat und
solchermaBen wohl ohne Zweifel eine politische Frage dar
stellt. Hier wirkt sich nachteilig aus, daB politische
Bildung von einigen Mitarbeitern weniger problembezogen,
sondern eher formal als Institutionenkunde betrieben wird,
die fUr ihre mangelnde Attraktivitat hinlanglich bekannt
ist. Zum anderen dUrfte ein Grund darin zu sehen sein, daB
einige Hausleiter nicht bereit sind, die von den Jugend
lichen in den politischen Arbeitskreisen aufgegriffenen
PDObleme in der Hausgemeinschaft aufzunehmen und praktisch
Uben zu lassen.
In C~sprachen mit den Jugendlichen stellte sich wiederholt
heraus, daB sie an gesellschaftlichen Fragen, die in ihrem
Lebens- und Erfahrungsbereich liegen, Interesse bekunden. Zu nennen sind hier etwa Fragen wie das Zusammenleben der
- 208 -
beiden Geschlechter im Jugenddorf, die Sexualitat oder die
eigene berufliche Perspektive. Einige dieser Fragen finden
sich in den "Gesprachen rund urn den Glaube;'}", jedoch nur
unter anderen und mit einem speziellen Bezugspunkt, namlich
einem religiosen.
Zusammenfassend erweist sich, daB das mangelnde Interesse
fUr politisch-gesellschaftliche Problemzusammenhange auch
ein padagogisches Problem darstellt, und zwar unter dem
Aspekt der Motivierung der Jugendlichen durch die Dozenten.
An dieser Stelle sollen kurz einige Bemerkungen zurn christ
lichen Bezug des Lehrgangs anschlieBen. Obwohl das CJD die
christliche Lehre als Basis seiner Arbeit bezeichnet, bedeu
tet dieses Grundanliegen keine religios orientierte Lehr
gangsarbeit, und das gilt fur aIle drei Bereiche. Es gibt
allerdings Veranstaltungen mit religiosem Bezug. Zu diesen
zahlt zum einen die bereits genannte Freizeitgruppe, die
sich mit Glaubensfragen befaBt, aber auch daruber hinaus
fuhrt und allgemeine Fragen des menschlichen Seins beruhrt.
Zum anderen ist die feste Einrichtung der "Woche der Be
sinnung" zu nennen, die in der Vorweihnachtszeit durchgefuhrt
wird. In ihr geht es urn Themen, die eine Auseinandersetzung
mit christlichem Gedankengut beinhalten und in diesem Zu
sammenhang Sinnfragen des Lebens erortern. Das Thema im 9.
BFL lautet "Weihnachten ohne Filter" und war darauf ange
legt, die heutige Einstellung zurn Weihnachtsfest zu er
grunden und zu diskutieren. Drittens gehoren hierher die
okumentischen Andachten und der AbschluBgottesdienst, die
von interessierten Jugendlichen mitgestaltet we~den.
Wir haben bereits im Kap. 4.4.3 darauf hingewiesen, daB das
Konzept des sozialpadagogischen Bereichs dynamische Zuge be
sitzt. An dieser Stelle sollen die Veranderungen naher be
schr ieben und in ihren BegrUndungen dargestell t werden. S ie
ergeben sich aus den Erfahrungen im Verlauf der Lehrgange.
- 209 -
Bis zum 8. Lehrgang einschlieBlich wurden an zwei Abenden
in der Woche Freizeitgruppen angeboten, ein Abend wurde als
sogenannter Hausabend durchgefUhrt, ein weiterer Abend war
als Lernabend eingerichtet, und ein Abend stand den Jugend
lichen zur freien VerfUgung. Aus diesern Konzept wurde im 9.
BFL der Lernabend gestrichen. Die Einrichtung des Lernabends
ist unter dern Gesichtspunkt zu sehen, daB in den frUheren
Lehrgangen die fachtheoretische Unterweisung einen hoheren
Stellenwert besaB. Das zusatzliche Angebot an StUtz- und
Forderunterricht sollte fUr die leistungsstarkeren Jugend
lichen die Chance vergroBern, den nachtraglichen Volks
schulabschluB zu erwerben, wahrend es in bezug auf die
schwacheren SchUler darum ging, elementare Kenntnisse und
Fertigkeiten zu verbessern.
Der Lernabend hat sich nicht bewahrt. Es gelang nicht, die
Jugendlichen nach Beendigung ihres Arbeitstages in Werkstatt
und Schule fUr den zusatzlichen Unterricht zu motivieren.
Die Leistungsanforderungen in diesem Kurs brachten fUr etli
che Teilnehmer eine zu hohe Belastung mit sich, der sie
mit Verweigerung begegneten. Auf der anderen Seite wurde
durch neue Bestimmungen zum Erwerb des nachtraglichen Haupt
schulabschlusses (vgl. Kap. 4.3.3) die Bedeutung der Vor
bereitung auf diese PrUfung erheblich reduziert.
In der nun erfolgenden Umstrukturierung des Programms
wurde das System der vier verplanten Abende beibehalten. An
die Stelle der fachtheoretischen Zusatzunterweisung wurde
ein Paket von Freizeitaktivitaten gesetzt, die von den Ju
gendlichen als Pflichtveranstaltung zu besuchen waren. Es
setzt sich ~us einigen Kursen zusammen, die bis dahin als
Wahlveranstaltungen angeboten worden waren, sowie einigen
neu eingerichteten MaBnahmen. Bei der Planung ging man
davon aus, daB die Einrichtung eines zweiten Hausabends
wenig Erfolg erwarten lassen, da es kaurn gelingen wlirde,
Uber den gesamten Lehrgang hinweg zweimal wochentlich ein
ansprechendes Programm zu gestalten.
- 210 -
Im Verlauf des 9. BFL wurde jedoch deutlich, daB auch die
neue Regelung nicht den gewUnschten Erfolg brachte. Die
Konstruktion der Pflichtgruppen konnte dem Engagement der Jugendlichen keine wesentlichen Impulse geben. Fur die Ver
anstaltungen zur politischen Bildung haben wir die Grtinde bereits dargelegt. Die Herausnahme der Theatergruppe hat
organisatorische GrUnde. Es lieB sich nicht immer Uberein
stimmung von Vorbereitung und Besuch einer TheaterauffUhrung oder -besichtigung herstellen, so daB der Erfolg die
ser Gruppe nicht gew§.hrleistet war.
Bezuglich der Kurse "Erste Hilfe", "H§.usliche Krankenpflege" und "BVS" ist die Frage berechtigt, ob nicht Veranstaltun
gen denkbar sind, die einen engeren Bezug zum Lebens- und Erfahrungszusammenhang der Jugendlichen besitzen. In dem Kurs "H§.usliche Krankenpflege" z.B. ist die praktische Bedeutung der behandelten Themen den M§.dchen durchaus klar. Auf der anderen Seite hingegen sehen sie aber keine aktuelle
Verwendungsm5glichkeit innerhalb eines Uberschaubaren Zeitraums. Sie projizieren die Anwendung weniger auf konkrete Krankheitsf§.lle in der h§.uslichen Umgebung oder 1m Jugenddorf, sondern eher auf den Zeitraum nach eigener FamiliengrUndung, womit sich die Frage der Anwendung relativiert.
Die M§.dchen zeigen nur eine oberfl§.chliche Lernhaltung in diesem Kurs. Sie sind zwar zun§.chst recht interessiert bei der Sache, doch I§.Bt die Konzentration schon sehr bald nach und wird nicht selten durch St5raktivit§.ten abgel5st.
Hinzu kommt das Problem der p§.dagogischen Qualifikation der Referenten. In den Kursen arbeiten externe Dozenten, die nicht unbedingt mit der sozialen und p§.dagogischen Situation
im Jugenddorf vertraut sind; Das methodische Vorgehen und die didaktische Aufbereitung der Inhalte sind den konkreten Bedingungen nicht angemessen. Die Referenten kennen in der Regel den Fall, daB Interessenten zu ihnen kommen, d.h.
daB sie von einer Lernbereitschaft der Teilnehmer ausgehen
k5nnen. Sie bedenken bei ihrer T§.tigkeit im Jugenddorf nur
- 211 -
unzureichend, daB es sich fUr die Jugendlichen urn Pflichtveranstaltungen handelt, und daB aus diesem Grunde ein hoheres
MaB an auBerer Motivierung erforderlich werden kann, urn den Kursmit Erfolg durchfUhren zu konnen.
Einige der hier aufgefUhrten Probleme haben zu einer er
neuten Veranderung der sozialpadagogischen Betreuung'im 10. BFL gefUbrt. Die Pflichtgruppen zurpolitischen und kulturellen Bildung sind nunmehr dem Wahlbereich zugeordnet.
Tendenziell wird nun auch die Veranstaltung eines zweiten Hausabends in der Woche gefordert, wobei dieser zweite Abend allerdings ohne festes Programm ist und den Jugendlichen somit ein groBerer Freiraurn zur VerfUgung steht, individu
ellen Interessen und BedUrfnissen nachzugehen.
In diesem Zusammenhang soll das Pflichtprinzip kurz angesprochen werden, das fUr die Freizeitgruppenarbeit kenn
zeichnend ist. Nach der Darstellung des CJD beinhaltet diese Regelung, die Jugendlichen zunachst dazu zu bringen, sich
durch die Teilnahme an unterschiedlichen Gruppen Uber ihre Interessen und Neigungen klar zu werden bzw. sie kennenzulernen. Im weiteren Verlauf der Arbeit stellt sich den
Sozialpadagogen als Gruppenleitern die Aufgabe, den Pflichtcharakter durch eine interessante Gestaltung immer weiter in den Hintergrund rUcken zu lassen und die Jugendlichen zu freiwilligem Mittun zu motivieren.
Dieses Ziel wird aber nur bedingt erreicht. Beobachtungen in
mehreren Freizeitgruppen zeigen zwar das Engagement der Teilnehmer und ibre beachtlichen Leistungen. Es ist jedoch
nicht zu libersehen, daB einige Jugendliche nicht in die
Freizeitarbeit integriert werden,konnen. Es handelt sich urn Jungen und Madchen, die haufig die Gruppen wechseln und
in den einzelnen Arbeitsgruppen kaurn Erfolge erzielen. Die StabilisierungsbemUhungen erreichen nur eingeschrankte Wir
kung. In diesen Fallen greift das Prinzip nicht, Uber grup
pendynamische P~esse eine individuelle Stabilisierung ein
zuleiten. Ein in dieser Situation sinnvollerer individual-
- 212 -
padagogischer Ansatz scheitert aber zumeist an organisa~0ri
schen Bedingungen zu groBer Gruppen.
Das aber bedeutet, daB der Lehrgang einem Teil der Jugend
lichen nicht die notwendige Forderung bietet und das ge
setzte Ziel nicht erreicht. Darnit ist das Problem der Zu
weisung zu den Lehrgangen angesprochen. Diese liegt nicht
in der Verantwortung der Trager, sondern geschieht durch die
Arbeitsverwaltung. Deren Zuweisungskriterien sind primar
leistungsorientiert und berUcksichtigen psychosoziale Pro
blerne der Teilnehrner allenfalls nachrangig. Der hier aufge
zeigte Zusarnrnenhang stUtzt, so meinen wir, die Vermutung,
daB das sozialpadagogische Anliegen nur nachgeordnete Be
deutung in der Praxis der Berufsforderungslehrgange hat.
Die Jugendlichen stehen dem Konzept der durchgeplanten
Freizeit kritisch gegenUber, wie aus unserer Befragung
hervorgeht. Vorrangig bernangeln sie einen zu geringen Raurn
an eigenverantwortlicher Gestaltung der Freizeit.
Tabelle:
Frage 19: Hast Du im Jugenddorf neben den Freizeitgruppen noch genUgend Freizeit, in der Du rnachen kannst, was Du willst?
Mannlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 84 38.4 25 36.2 109 37.9
Nein 135 61.6 43 62.4 178 61.8
WeiB nicht 1.4 0.3
Summe: 219 100 100 100 288 100
Erganzt werden diese Aussagen durch die Ergebnisse zweier
weiterer Fragen, narnlich zu den Fragen 16 und 17.
- 213 -
Tabelle: Frage 16: Ftihlst Du Dich durch Arbeit, Unterricht und
Freizeitgruppen zu sehr in Anspruch genommen?
Mlinnlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 64 29.2 17 24.6 81 28.1
Nein 130 59.4 41 59.5 171 59.4
Teilweise 25 11.4 11 15.9 36 12.5
SUDDDe: 219 100 69 100 288 100
Tabelle:
Frage 17: (Zweifachnennung m5glich, nur bei Antwort 'Ja' und ' Teilweise' in Frage 16) Was beansprucht Dich zu sehr?
Miinnlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Werkpraxis 1.0 2 6.3 3 2.2
Fachtheorie 12 11.8 5 15.6 17 12.7
Freizeitgrpn. 27 26.5 9 28.1 36 26.9
Gem.-Arbeiten 1.0 3.1 2 1.5
Schularbeiten 3 2.9 3 2.2
Ganztgg .Ausl. 52 51.0 13 40.7 65 48.5
Sonstiges 3 2.9 3.1 4 3.0
We;i.B nicht 3 2.9 3.1 4 3.0
Summe: 102 100 32 100 134 100
40 Prozent der Jugendlichen fUhlen sich durch den Lehr
gangsablauf zumindestteilweise zu sehr in Anspruch genommen.
Einen wesentlichen Faktor stellen in diesem Zusammenhang
die Freizeitgruppen dar. Dabei steht wohl in ihrem Urteil nicht so sehr die Arbeit in den Gruppen an sich im Zentrum -
denn vom Anspruch her kann man diese Arbeit kaum als groBe Belastung bezeichnen -, als vielmehr die Tatsache, daB die
Freizeitarbeit eine Verl~ngerung des Arbeitstages bedeutet.
- 214 -
Auch unter diesem Aspekt ist die Zahl vom 48.5 Prozent
der Antworten zu erklaren, die die ganztagige Auslastung
als Grund fUr eine zu hohe Belastung nennen (vgl. Kap.5.2.2.6)~
In der Tat ist der den Jugendlichen zur freien VerfUgung
stehende Zeitraum wahrend der Woche nicht sehr groB. Rech
net man die verschiedenen Hausarbeiten wie Betten machen,
Zimmer saubermachen und andere Ordnungsdienste mit den Ub
rigen, sich aus dem Lehrgang ergebenden Pflichten zusammen,
so verbleibt ein Anteil von tatsachlicher Freizeit von nur
etwa 14 Wochenstunden an den flinf Arbeitstagen. Damit ist
die zeitliche Belastung der Lehrgangsteilnehmer doch erheb
lich groBer als die eines Jugendlichen in der Ausbildung.
Ein weiterer fester Bestandteil im Programm ist der wochent
liche Hausabend, eine Veranstaltung im Rahmen der jeweili
gen Hausgemeinschaft. Der Abend wird vom Hausleiter in Zu
sammenarbeit mit den Jugendlichen geplant, die Teilnehmer
konnen also ihre Interessen in die Gestaltung einbringen.
Zentrales Anliegen der Hausabende ist das Zustandekommen
von gruppendynamischen Prozessen. Es geht urn die Integra
tion der Teilnehmer in die Hausgemeinschaften als ihren
primaren Bezugsgruppen wahrend des Lehrgangs. Im Unterschied
zu den Freizeitgruppen wird hier die Richtung des padagogi
schen Prozesses umgekehrt und auf die Gruppenformung be
zogen. tiber gemeinsames Handeln sollen die Beziehungen der
Jugendlichen intensiviert werden, damit sich ein Wir-GefUhl
bei ihnen entwickeln kann. So haben die Hausabende je nach
konkreter Situation in den einzelnen Gruppen unterschied
liche Inhalte. Es werden die Erfahrungen im Zusammenleben
diskutiert und Probleme der Gemeinschaft besprochen. Solche
Probleme tauchen etwa in H~usern auf, in denen Jugendliche
aus verschiedenen- Klassen untergebracht sind (vgl. dazu
Kap. 5.2.3.3). Andererseits werden Spiele veranstaltet zur
Entspannung vom Lehrgangsbetrieb, wobei jedoch immer das
Gemeinschaftserlebnis im Blickpunkt steht.
Die Erfahrung zeigt, daB die Hausabende weniger erfolgreich sind, wenn sie als strenge Diskussionsveranstaltungen
- 215 -
ablaufen. Die Argumente sind nach relativ kurzer Zeit aus
getauscht, und die Diskussion verflacht zusehends. Deshalb
nimmt das spielerische Moment den wichtigsten Platz im Ablauf
der Hausabende ein.
Eine zu starke Betonung des Gemeinschaftslebens kann sich je
doch auch negativ auf das Ziel auswirken, wie der Verlauf
der 90g. Pflichtwochenenden zeigt. An jedem Wochenende
bleibt ein Drittel der Lehrgangsteilnehmer im Jugenddorf,
so daB jeder Jugendliche aIle drei Wochen ein Pflichtwo
cr..e"nende hat. Die Zielsetzung ist der der Hausabende ver
gleichbar, nur ist der Rahmen der Gemeinschaftsveranstal
tung auf aIle im Jugenddorf verbliebenen Jugendlichen er
weitert.
Diese Wochenenden werden mit zunehmender Lehrgangsdauer
immer st~rker von den Teilnehmern kritisiert. Dabei steht
das st~ndige Zusammensein im Mittelpunkt, das dem einzelnen
zu wenig Raum fUr eine personliche Entfaltung lasse und
auf Dauer zu Spannungen in der Gruppe fuhre. Die Jugend
lichen pl~dieren deshalb dafUr, die Pflichtwochenenden in
der zweiten Lehrgangsh~lfte auszusetzen oder sie als frei
"willige Leistung anzubieten. (Zum Problem des personlichen
Fre iraums sh. die An two:tten in Frage 38 im folgenden Kap.)
5.2.3.3. Unterbringung; soziale Kontakte
Fur die Unterbringung der Lehrgangsteilnehmer stehen insge
samt 11 Wohnh~user zur Verfugung, und zwar 9 H~user fUr
Jungen und 2 M~dchenh~user. Die Jungenh~user haben je nach
GroBe zwischen 22 und 30 Betten, uberwiegend in 3-Bett
(vereinzelt 4-Bett)Zimmern. Von den - neueren - M~dchen
h~usern hat das eine 17 2-Bett-Zimmer und das andere 41
Betten in 2- und 3-Bett-Zimmern. AIle H~user haben einen
Gemeinschaftsraum, den die Jugendlichen oftmals, z.T. in
fruheren Lehrg~gen, selbst eingerichtet haben. In fast
- 216 -
allen Gemeinschaftsraurnen steht ein Fernsehgerat. Diese
Raurne werden auch fUr die Hausabende genutzt.
Die Zimmereinrichtung ist sehr nUchtern gehalten. Das Mobilar besteht aus Betten, z.T. in Stockwerkform, teil
weise abschlieBbaren Wandschranken sowie einem Tisch und einigen StUhlen. Zudem sind die Raurne, insbesondere in
einigen Jungenhausern, ziemlich klein und lassen wenig Bewegungsspielraurn. Die Jugendlichen konnen in einem gewissen Rahmen ihre Zimmer nach eigenen Vorstellungen ge
stalten.
GegenUber den allein nach SachgemaBheit ausgestatteten Arbeitsraumen in Schule und Werkstatt haben sie hier also
die Moglichkeit, dem Wohnbereich eine personliche Note und somit gewissen privaten Charakter zu geben. Sie tun dies, indem sie etwa Fotos und Poster an den Wanden anbrin
gen. Allerdings sind ihnen durch die Einstellung des jeweiligen Hausleiters Grenzen gesetzt. Manche Sozialpadago
gen haben bestimmte Vorstellungen, in welcher Weise die Jugendlichen ihre Zimmer gestalten sollen. Sie akzeptieren
nur Gegenstande, die die Teilnehmer im werkpraktischen
Unterricht oder in den Freizeitgruppen selbst hergestellt haben. Eine derartige Einstellung kann leicht zu Konflikten
zwischen den Jugendlichen und dem Hausleiter fUhren, wie es im 9. Lehrgang in einem Haus der Fall war. Der Streit wurde durch Einschaltung der Jugenddorfleitung beigelegt, die 1m Sinne der Jugendlichen entschied.
Die Jugendlichen bringen auch Gegenstande von zu Hause
mit, mit denen sie sich in ihrer freien Zeit befassen. Es handelt sich in erscer Linie urn Plattenspieler und Cassetten
recorder, aber auch urn Spiele bzw. Spielzeug (Autorennbahn, elektrische Eisenbahn). Das CJD ist Uber diese Praxis nicht immer glUcklich: man befUrchtet die Gefahr von Eigenturns
delikten. In der Tat sind auch Diebstahlsfalle vorgekommen.
Es ist also durchaus m6g.lich, sein Zimmer nach individuellen Vorstellungen zu gestalten. Allerdings besteht das Erforder-
- 217 -
nis, mit den Zimmerkameraden einen gemeinsamen Nenner zu
finden. Das ist jedoch relativ einfach, da die Interessen
oft gleich gelagert sind, so daB keine Kompromisse notwendig
sind. Dabei zeigen sich nicht selten Merkmale erfolgreich
verlaufender Gruppenprozesse. Einderartiger Aspekt zeigt
sich beispielsweise darin, daB Jugendliche etwa einen Laut
sprecher ihrer Stereoanlage in ein anderes Zimmer geben,
damit auch dort Musik gehort werden kann. Vielfach sitzen
sie auch zusammen, urn gemeinsam in einem Raurn Musik zu horen.
Die Wohnbedingungen werden von den meisben Teilnehmern
gut beurteilt, wie aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich
ist.
Tabelle:
Frage 14: Bist Du mit der Unterbringung im Wohnbaus zufrieden?
Miinnlich Weib1ich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 153 69.8 49 71.1 202 70.2
Nein 26 11.9 11 15.9 37 12.8
Tei 15/ tei 15 39 17.8 9 13.0 48 16.7
WeiB nicht
Keine Antwort 0.5 0.3
Summe: 219 100 69 100 288 100
In einem libergreifenden Zusammenhang geht es uns auch urn
eine generelle Einschatzung der Internatsform des Lehrgangs
durch die Teilnehmer. Als Bezugsrahmen dient die Frage
nach der Beurteilung des Gemeinschaftslebens als Kennzeichen
der Internatsunterbringung im CJD.
Das Gemeinschaftsprinzip wird von den Jugendlichen liber
wiegend positiv aufgenommen, wie aus den Antworten zu Frage
37 des Fragebogens hervorgeht.
- 218 -
Tabelle:
Frage 37: Wie findest Du es, daB ihr standig hier gemeinsarn untergebracht seid?
Mann li ch Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Gut 150 68.5 41 59.5 191 66.4
Schlecht 29 13.2 14 20.3 43 14.9
Teils/teils 32 14.6 13 18.8 45 15.6
WeiB nicht 7 3.2 7 2.4
Keine Antwort 0.5 1.4 2 0.7
Summe: 219 100 69 100 288 100
Praktisch zwei Drittel aller Teilnehrner (66,4 Prozent)
begrliBen das Gemeinschaftsleben, wobei die Jungen etwas
positiver antworten als die Madchen. Die Begrlindungen der
Jugendlichen gehen aus der nachstehenden libersicht hervor.
Tabelle:
Frage 39 (Bei Antwort 'Gut' u. 'Teils/teils' in Frage 37, Zweifachnennung moglich)
Was gefallt Dir daran besonders?
Mannlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Trenng.v.Elternhs. 2 0.8 1.5 3 1.0
Mehr Kontaktm6gl. 109 43.6 24 37.0 133 42.2
Gemeins.Freizeitg. 60 24.0 9 13.8 69 21.9
EinUben soz.Verh. 47 18.8 11 16.9 58 18.4
Erweiterg.Erf.-Hor. 10 4.0 5 7.7 15 4.8
Sonstiges 8 3.2 5 7.7 13 4.1
WeiB nicht. 9 3.6 5 7.7 14 4.4
Keine Antwort 5 2.0 5 7.7 10 3.2
Summe: 250 100 65 100 315 100
Danach wird vor allem die Moglichkeit gesehen, Kontakte mit
anderen Jugendlichen anknlipfen zu konnen. Diese Kontakte wer
den nicht nur als freundschaftliche Beziehungen gesucht,
- 219 -
sondern auch unter dem Gesichtspunkt, mit anderen tiber die
eigenen Probleme sprechen zu konnen. In den Intensivinter
views wurde mehrfach darauf hingewiesen, daB man im Freundeskreis zu Hause nicht in jedem FaIle Verstandnis fur die personliche Situation erwarten konne. So erklarten manche
Teilnehmer, daB sie ihren Freunden zu Hause verschwiegen, an einem Forderungslehrgang teilzunehmen, weil sie einen Prestigeverlust befurchten •• Im Lehrgang dagegen seien aIle in der gleichen Lage, so daB man ohne solche Angst uber
die eigenen Probleme reden konne.
Eine ebenfalls haufige Antwort hebt die gemeinsame Freizeit
gestaltung hervor. Hierin kann eine Bestatigung des weiter oben (vgl. Kap. 5.2.3.2.) dargestellten Interesses an den Freizeitangeboten gesehen werden. Andererseits verstehen wir diese Antwort auch dahingehend, daB in ihr ein generelIes Interesse der Jugendlichen an aktiver Freizeitgestaltung zum Ausdruck kommt, das vor dem Lehrgang nicht reali
siert wurde oder werden konnte.
Eine dritte BegrGndung fUr die Bejahung der Internatsunterbringung, die 18.4 Prozent aller Antworten ausmacht, geben
die Teilnehmer mit der Erklarung, daB das standige Zusammen
leben in der Jugenddorfgemeinschaft ein gutes Lern- und Ubungsfeld zur Entwicklung und Verstarkung sozialer Ver
haltensweisen darstelle. Es ist anzunehmen,daB in dieser Antwort Erfahrungen der Jugendlichen im Verlauf des Lehrgangs zum Ausdruck kommen, die ihnen Sinn und ZweckmaBigkeit
sozialer Koop~ration verdeutlicht haben.
Die ablehnenden Antworten beziehen sich vorrangig auf das Problem, daB durch die standige Gemeinschaft der personliche
Freiraum stark eingeschrankt wird. Die Tendenz der Antworten geht aus der nachstehenden Tabelle hervor.
- 220 -
Tabelle:
Frage 38 (Bei Antwort 'Schlecht' u. 'Teils/teils' in Frage 37, Zweifachnennung m6glich)
Was gefallt Dir daran nicht?
Fehl.Priv.Sph.
Trennung El ths.
Wen .Eigenini t.
Stdg.Kontrolle
Gem.Verpflegung
Gem.Dienste
Sonstiges
WeiB nicht
Keine Antwort
Summe:
Mannlich abs. v.H.
26
7
17
16
9
5
161
241
10.8
2.9
7.1
6.6
3.7
2.1
66.8
100
Weiblich abs. v.H.
11
6
5
8
14.1
7.7
6.4
10.2
1.3
4 5.1
1.3
42 53.9
78 100
Gesamt abs. v.H.
37
13
22
24
13
6
203
319
11.6
4.1
6.9
7.5
0.3
4.1
1.9
63.6
100
Es werden im wesentlichen drei Grlinde zur ablehnenden Haltung
genannt, und zwar die fehlende Privatsphare im Lehrgang
(11.6 Prozent), die standige Kontrolle(7.5 Prozent) und
der zu geringe Raum fUr Eigeninitiativen (6.9 Prozent) •
Die Antwort "fehlende Privatsphare" dUrfte auf die Wohn
situation zurUckzufUhren sein. Die Jugendlichen konnen sich
praktisch an keinem Ort aus ihren Gruppierungen in einen
Freiraum zurUckziehen und die Rolle des Lehrgangsteilnehmers
ablegen.
Die Nennungen " s tandige Kontrolle" und "ZU wenig Raum fUr
Eigeninitiative" sind unseres Erachtens im Zusammenhang
mit der vollstandigen Planung und Regelung des Tagesablaufs
und der ununterbrochenen Einbeziehung der Jugendlichen in
das Lehrgangssystem zu sehen.
Bei der Hauserbelegung verfolgt das CJD aus gruppendynami
schen Uberlegungen das Prinzip, Ubereinstimmung von Arbeits
und Wohngruppe zu erreichen. Die Hauser werden klassenweise
- 221 -
belegt, d.h. aber nach kognitiven Kriterien, da die Klassen
einteilung aufgrund der Ergebnisse im Horntest erfolgt.
Innerhalb des Hauses haben die Jugendlichen freie Zimmer
wahl bzw. Wahl der Zimmerkameraden. Ergeben s:ichaufgrund
der Zusammensetzung Probleme, werden Verlegungen einzelner
Jugendlicher inein anderes Zimmer oder Haus vorgenommen.
Ansonsten bleibt die einmal gewahlte Belegung wahrend des
ganzen Lehrgangs bestehen.
Aufgrund baulicher und organisatorischer Gegebenheiten ist
das Identitatsprinzip nicht durchzuhalten. Die Hausergr6Be
entspricht nicht immer der Klassengr6Be. Aus padagogischen
GrUnden ist es wiederum nicht sinnvoll, die Klassen auf die
Hauserverhaltnisse aufzustocken. Deshalb wohnen in den mei
sten Fallen Jugendliche aus zwei verschiedenen Klassen in
einem Haus. Fur einige Klassen bedeutet das eine Verteilung
uber zwei Hauser, in einem Fall sogar uber drei Hauser.
So muB sich eine groBe Anzahl von Jugendlichen an zwei Be
zugsgruppen orientieren. Werkstattunterweisung und Fach
theorie sowie die Freizeitpflichtgruppen werden im Klassen
verband durchgefUhrt, wahrend andere Veranstaltungen, z.B.
Hausabende und Pflichtwochenenden und ein Teil der freien
Zeit im Hausverband ablaufen. Die Trennung von Klassenverband
und Wohngemeinschaft kann zu Problemen fUhren, wenn Rivali
taten zwischen Hausern bestehen. Jugendliche, die in Schule
und Werkstatt eine Gruppe bilden, stehen sich dann gegenuber.
Daraus k6nnen sich bei ihnen Loyalitatskonflikte entwickeln.
Es besteht auch die Gefahr, daB solche Jugendliche, bei denen
die Gruppenidentitat nicht gegeben ist, zu AuBenseitern werden.
Solche Konstellationen bilden Kristallisationspunkte fUr
Konflikte, die zu ernsten Belastungen der Gruppenbeziehungen
auswachsen k6nnen und teilweise zu gewalttatigen Auseinander
setzungen fuhren. Auf der anderen Seite k6nnen sich aber auch
innerhalb einer Gruppe selbst Spannungen aufbauen. Der Wohn
bereich stellt gewissermaBen die Privatsphare fUr die Jugend
lichen dar. Sie k6nnen in diesem Bereich ihr Verhalten nach
- 222 -
personlichen MaBst~ben regeln, wobei der Rahmen durch die
Hausordnung vorgegeben ist. Da sie jedoch innerhalb einer
Wohngruppe leben, sind gewisse Konventionen des sozialen
Verhaltens erforderlich. Den Teilnehmern stellt sich die
Aufgabe, solche Regeln zu finden und zu praktizieren und
auf diese Weise auch rationale Konfliktlosung zu liben.
Sie erhalten dabei Hilfestellung und Anleitung durch die Haus
lei ter.
Die Aufgabe wird von den Jugendlichen nur teilweise gelost,
wie aus unserer Befragung hervorgeht. Auf die Frage: "Wie
werden in eurer Hausgemeinschaft Streitigkeiten normaler
weise geregelt bzw. beigelegt?" ergeben sich folgende Angaben:
Tabelle:
Frage 28: Wie werden in Eurer Hausgemeinschaft Streitigkeiten normalerweise geregelt bzw. beigelegt?
M&mlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Einig.n.Gesprach 43 19.6 31 45.1 74 25.7
Diskussion i.d.Grpe. 31 14.2 11 15.9 42 14.6
Austragg.d.Gewalt 51 23.3 7 10.1 58 20.1
Einschltg.Hausleiter 79 36.1 11. 15.9 90 31.3
Sonst .MaBnahmen 7 3.2 6 8.7 13 4.5
Gibt keinen Streit 6 2.7 1.4 7 2.4
WeiB nicht 2 0.9 2 2.9 4 1.4
SUlIIDe: 219 100 69 100 288 100
Rationale LOsung wird von ca. 40 Prozent der Jugendlichen als
norma Ie Regelung von Konflikten angegeben (Antworten 1 und 2),
wobei die Nennungen der M~dchen mit 61 Prozent erheblich tiber
denen der Jungen (33.8 Prozent) liegt. Auff~llig ist die
recht hohe Quote (20.1 Prozent) von Jugendlichen, die eine
gewaltsame Austragung von Konflikten als tiblichen LOsungsweg
nennen. Damit deutet sich an, daB die von den Sozialp~dagogen
zu Beginn des Lehrgangs gemachte Beobachtung, wonach die
- 223 -
Teilnehmer Meinungsverschiedenheiten vielfach nach dem Prin
zip des Faustrechts beilegen, im Verlauf des Lehrgangs nur teilweise abgebaut werden kann. Die tiberwiegende Zahl der Nennungen kommt von den Jungen, von denen 23.3 Prozent entsprechend antworten, w§hrend 10.1 Prozent der M§dchen die
gewaltt§tige Auseinandersetzung als normalen L5sungsweg erkl§ren.
Die Antwort "Einschaltung des Hausleiters" beinhaltet einerseits, daB die Jugendli~hen ein anstehendes Problem ohne
Hilfe nicht zu losen vermogen, andererseits jedoch auch, daB die Sozialp§dagogen in einen Streit eingreifen, urn eine Schl§gerei zu verhindern bzw. zu schlichten. Diese Antwort
weist die groBte H§ufigkeit auf und dokurnentiert, daB das Zielder selbst§ndigen rationalen Konfliktlosung nicht durch
g§ngig verwirklicht wird.
In diesem Zusammenhang machen die Sozialp§dagogen auf eine
wichtige Erfahrung aufmerksam. Bei Streitigkeiten kammt
danach den Haussprechern groBe Bedeutung zu, indem sie durch
ihr Verhalten in einer solchen Situation zur Beilegung oder Eskalation des Konflikts beitragen. Daraus lei ten die Sozialp§dagogen die wichtige Aufgabe ab, den Haussprechern deren
Funktion im Rahmen der Hausgemeinschaft zu verdeutlichen und sie zu einem entsprechenden Verhalten zu veranlassen.
Nach Aussagen der Jugendlichen in den Gruppendiskussionen und der Hausleiter in den Intensivinterviews gehen handgreifliche Auseinandersetzungen im Verlauf des Lehrgangs zurUck zugunsten einer friedlichen Losung von Problemen. Es ist
also durchaus ein Lernerfolg zu verzeichnen, der allerdings, ~~e bereits gesagt, hinter dem Anspruch zurUckbleibt. Ins
gesamt gestaltet sich das Zusammenleben der Teilnehmer recht positiv. Die Beziehungen innerhalb der Hausgemeinschaften,
aber auch in den Arbeitsgruppen, zeigen das BemUhen und den Erfolg der Jugendlichen, eine moglichst viele Gruppenmit
glieder urnfassende Vermittlung von individuellen AnsprUchen
und Gemeinschaftsforderungen zu erreichen. Diese Feststel-
- 224 -
lung wird auch durch die Beantwortung einer Frage nach den
Gruppenbeziehungen innerhalb der Hausgemeinschaften unter
stutzt, deren Antworten lauten:
Tabelle:
Frage 27: Wie kornmst Du mit den anderen Mitgliedern Deiner Hausgemeinschaft aus?
Miinnlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Gut 187 85.4 59 85.6 246 85.4
Weniger gut 27 12.3 9 13.0 36 12.5
Schlecht 4 1.8 4 1.4
WeiB nicht 0.5 1.4 2 0.7
Summe: 219 100 69 100 288 100
Hausleiter
Die Betreuung der Jugendlichen in den Hausgemeinschaften ist
neben der Arbeit in den Freizeitgruppen die andere wichtige
Aufgabe der sozialp§.dagogischen Mitarbeiter. Sie sind die
engste Bezugsperson fur die Jugendlichen und haben in einem
hoheren MaBe eine Beraterfunktion als die Mitarbeiter in
den beiden anderen Bereichen. Diese besondere Stellung wird
durch die organisatorische Regelung unterstrichen, daB die
Sozialp§'dagogen mit den Jugendlichen in einern Haus wohnen,
und zwar in einer eigenen Wohnung, die ihnen und ihrer Fami
lie zur Verfugung steht. Sie stehen somit zwar nicht in per
manentern Kontakt zur Hausgemeinschaft, sind aber jederzeit
erreichbar. Der andere Aspekt dieser Regelung ist ein Ord
nungsgesichtspunkt. Die Hausleiter sind verantwortlich fur
die Einhaltung der Hausordnung, dem institutionell vorgege
benen Orientierungsrahrnen fur das Verhalten im Wohnbereich.
In der Arbeit der Hausleiter bzw. Sozialp§'dagogen wird im
CJD das Moment der Individualisierung besonders betont.
Diese Mitarbeiter treten weit weniger als die Lehrkr§.fte in
Werkpraxis und Fachtheorie als eine Instanz von Leistungs-
- 225 -
anforderungen an die Jugendlichen heran. Aufgrund ihrer
anders akzentuierten Aufgabenstellung und der damit verbun
denen Vorgehensweisen k6nnen sie eher auf den einzelnen
Jugendlichen eingehen als individuelle Hilfe bei Problemen
und Fragen lei~ten als die Mitarbeiter in den anderen Bereichen.
Der Sozialpadagoge hat im Gegensatz zu diesen keinen durch
gangig kalkulierten Zeitraurn padagogischer Einwirkung a~f
den Jugendlichen, wiewohl auch er zu bestimmten Zeitpunkten -
etwa Freizeitgruppen, Hausabende, Pflichtwochenenden - in
den Lehrgangsablauf fest eingeplant ist. Sein Handeln er
folgt zu einem erheblichen Teil situativ, aus dem aktuellen
Bedtirfnis des Jugendlichen oder der Institution heraus. Der
Jugendleiter ist praktisch "rund urn die Uhr" tatig. Er
stellt auch in den meisten Fallen das Verbindungsglied zwi
schen Jugenddorf/Jugendlichem und der "AuBenwelt" dar. So
verlauft z.B. der Kontakt zu den Erziehungsberechtigten
oder dem Amtsvormund tiber ihn; im Kran~heitsfalle organ i
siert er die arztliche Versorgung des betreffenden Jugend
lichen.
In der taglichen Arbeit lassen sich diese Aufgaben nicht in
der gewUnschten Intensitat 16sen. Eine intensive einzelpers6n
liche Betreuung ist infolge der Gruppenstarken kaurn prakti
zierbar. Entsprechend der jeweiligen Hausgr6Be betreuen die
Sozialpadagogen im Durchschnitt etwa 25 Jugendliche. Indivi
duelle Hilfe kann nach den Aussagen der Hausleiter fast nur
dann geleistet werden, wenn Jugendliche in ihrem Verhalten
auffallig werden oder mit ihren Problemen von allein an sie
herantreten. Im ersten FaIle setzt die Hilfe sehr spat an,
zu einem Zeitpunkt namlich, zu dem die Jugendlichen bereits
beim Versuch der Problembewaltigung gescheitert sind. Damit
k6nnen sich aber negative Entwicklungen anbahnen, die den
Erfahrungen der Sozialpadagogen zufolge oftmals - wenn tiber
haupt - nur sehr schwer aufzuarbeiten und abzublocken sind.
In einigen Hausern stehen den Hausleitern Praktikanten zur
Seite, d.h. in der Ausbildung stehende Mitarbeiter. Einige
- 226 -
Sozialpadagogen sehen dar in eine gewisse personliche Ent
lastung und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Auf
der anderen Seite geben sie zu bedenken, daB die praktische
Arbeit des Praktikanten Teil seiner Ausbildung sein soll
und keine volle Arbeitsleistung eines Sozialpadagogen sein
kann. Darliber hinaus besteht fur den Mentor die Pflicht,
die Qualifizierung des Praktikanten zu fordern, was eine
zusatzliche Aufgabe ausmacht.
Im Interesse kontinuierlicher und gleichgerichteter Arbeit
ist es notwendig, daB in den Fallen, in denen Hausleiter
und Praktikant zusammenarbeiten, eine Ubereinstimmung zwi
schen beiden bezuglich des Aufgabenverstandnisses und des
padagogischen Handlungskonzepts erzielt wird, damit beide
nicht von den Jugendlichen gegeneinander ausgespielt werden.
In manchen Situationen, z.B. in der Frage, ob ein Fernseh
stuck noch in der Schlafenszeit gesehen werden darf, ver
sU'chen die Jugendlichen dies,um ihre Interessen durchzusetzen.
Das AusmaB des Erfolgs, den die Jugendleiter in ihrer Arbeit
erzielen und sanit auch die Verwirklichung der konzeptio
nellen Zielsetzung ist in hohem MaBe vom Verhalten der Gruppe
gegenliber abhangig. Die Jugendlichen lehnen einen autoritaren
Typus des Sozialpadagogen ab, der sein Handeln uberwiegend
nach seinen eigenen Interessen einrichtet. Zwar wird ein kon
sequentes Verhalten erwartet, doch verlangen die Jugendlichen
gleichzeitig, daB der Jugendleiter auch ihre Interessen und
Meinungen in seine Arbeit einbezieht.
In diesem Zusammenhang sei auf ein Problem verwiesen, das die
Wichtigkeit einer kooperativen Arbeitsweise der sozialpadago
gischen Mitarbeiter beleuchtet. Es war wiederholt zu beob
achten, daB in den einzelnen Gruppen Jugendliche in eine Fuh
rungsposition hineinwuchsen, aus der heraus sie das Gruppen
verhalten in erheblichem MaBe beeinflussen konnten.
Fur die Wirksamkeit der padagogischen Bemuhungen war es
in der Regel entscheidend, den jeweiligen Gruppenfuhrer
- 227 -
von Sinn und Zweck anstehender Entscheidungen zu uberzeugen.
Diese Jugendlichen besaBen einen derart groBen EinfluB auf
das Gruppenverhalten, daB sie gegen die ihren Uberzeugungen
zuwiderlaufenden MaBgaben eine Abwehrhaltung der Gruppe
organisieren konnten. So wurden anstehende Probleme und
deren LOsung oftmals zuerst mit diesen Jugendlichen be
sprochen, die dann ihren EinfluB auf die Gruppe positiv
gel tend machen sollten.
Aus der Beurteilung der Sozialpadagogen durch die Lehrgangs
teilnehmer geht hervor, daB deren Einstellung und Handeln
von der uberwiegenden Zahl der Befragten als ihren Vor
stellungen (und auch der Konzeption gemaB) bewertet wird.
Allerdings stellt nahezu ein Viertel der Jugendlichen die
Dominanz der Ordnungsfunktion bei ihrem Hausleiter heraus.
Tabelle:
Frage 40: Als was wurdest Du Deinen Hausleiter ansehen?
Miinnlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Einhltg.Hausordng. 44 20.1 24 34.8 68 23.6
Beratung/Hilfe 113 51.6 31 45.0 144 50.1
Beides 60 27.4 13 18.8 73 25.3
Sonstiges 1.4 0.3
WeiB nicht 2 0.9 2 0.7
Summe: 219 100 69 100 288 100
Aus den Gruppendiskussionen ergibt sich, daB haufiger die
alteren Sozialpadagogen dem Ordnungstypus zugerechnet werden,
wahrend den jungeren im allgemeinen ein groBeres Verstandnis
fur die Anliegen der Teilnehmer attestiert wird.
Besonders hervorgehoben wird der Ordnungsgesichtspunkt von
den Madchen. Dieser Befund ist insofern uberraschend, als
die weiblichen Sozialpadagogen im Durchschnitt erheblich
jlinger sind als ihre mann lichen Kollegen. Eine Erklarung
- 228 -
dUrfte darin 1iegen, daa in den Madchenhausern zum Uber
wiegenden Tei1 Praktikantinnen arbeiten, die also noch in
der Ausbi1dung stehen und noch nicht Uber die padagogischen
Qua1ifikationen verfUgen wie die 1anger tatigen, ausgebi1-
deten Mitarbeiter.
Zum anderen ist der A1tersunterschied zwischen den Madchen
und den 'Praktikantinnen nicht sehr groB, nam1ich etwa 3
Jahre. Die Praktikantinnen werden von den Madchen nicht
vo11 a1s zu ihrer padagogischen Betreuung 1egitimiert aner
kannt und versuchen desha1b eher, ihre institutione11 ge
gebenen Kompetenzen einzusetzen.
Wir wollen an dieser Stelle kurz auf die beruf1iche Qua1ifi
kation der sozia1padagogischen Mitarbeiter eingehen. Ihre
padagogische Qua1ifikation haben sie entweder durch die
interne Ausbi1dung am CJD-eigenen Sozia1padagogischen In
stitut erworben, eine nicht staat1ich anerkannte Ausbi1dung,
oder sie besitzen (zu einem ger~ngeren Tei1) die Qua1ifika
tion a1s staat1ich anerkannter Erzieher, also eine Ausbi1-
dung auf Fach- bzw. Berufsfachschu1ebene.
Von den 23 Sozia1padagogen im 9. BFL haben bzw. durch1aufen
18 die CJD-interne Ausbi1dung, und 3 haben eine staat1ich
anerkannte Ausbi1dung abso1viert. Ein Mitarbeiter ist aus
gebi1deter Sport1ehrer, und einer hat das Diakonenexamen ab
ge1egt. 14 Sozia1padagogen haben vor ihrer padagogischen
Tatigkeit eine Ausbi1dung in einem anderen Beruf abgesch10ssen.
Die CJD-interne Ausbi1dung dauert je nach Vormi1dung 3-4 Jahre
und ist ein Verbund von praktischer Tatigkeit in mehreren
Einrichtungen des CJD und einer theoretischen Unterweisung,
die in sechs Blacken von einwechiger Dauer pro Jahr durchge
fUhrt wird. Inha1t1iche Schwerpunkte der theoretischen Aus
bi1dung sind jugendpadagogische und -soziologische Frage
ste11ungen, Fragen des Jugendrechts, christliche Lebenskunde
und Freizeitgesta1tung. Durch die theoretische Unterwe~sung
soll der Praktikant in die Lage versetzt werden, die fUr
- 229 -
seine Arbeit relevante wissenschaftliche Diskussion selbst~dig mitvollziehen und seine Praxiserfahrungen in den wlssenschaftlichen Kontext einreihen zu konnen.
Es ist jedoch fraglich, ob dleses Ziel angesichts des ins
gesamt doch recht knapp bemessenen theoretisch orientierten
Ausblldungsanteils erreicht werden kann. In Gesprachen mit den Sozlalpadagogen wurde deutlich, daB sie ihr Handeln
prlmar pragmatisch orientieren und nur ein geringes MaB an Reflexion ihres padagoglschen Handelns zu entwickeln ver
m5gen.
Koedukation Die Forderungslehrg~ge des CJD werden, das wird aus den
blsherigen Ausfuhrungen ersichtlich, gemischtgeschlechtlich durchgefuhrt. Die fUr die als Zielgruppe angesprochenen Madchen und Jungen gleiche bzw. vergleichbare Ausgangslage
sowie ihre Folgeprobleme machen das koedukatlve Prlnzip in der Berufsvorbereitung sinnvoll. Es kann hler nlcht darum gehen, in eine Dlskussion um das koedukative Prinzip schlecht
hin einzutreten, sondern allein darum, den Problemzusammenhang 1m Rahmen des Lehrgangs darzustellen.
Prlnzipiell hat der Lebrgang fur Jungen und Madchen die
gleiche Struktur und gleiche Inhalte. In der Werkpraxis sind jedoch bezuglich der Unterweisung in den Berufsfeldern
erhebliche geschlechtsspezifische Differenzen gegeben (vgl. Kap. 5.2.1.1), so daB das koedukative Prinzipeingeschrankt
ist. Zur BegrUndung werden vom CJD in erster Linle die Ge
gebenheiten des Arbeitsmarktes angeflihrt, der (noch immer)
von einem Rollenverst~dnis gepragt 1st, das geschlechts
spezifische Unterschiede In der Berufswahl und -tatigkeit tradiert. Der Lehrgang kann aber nur erfolgreich im Sinne
der Konzeption sein, wenn in der padagogischen Arbeit die Strukturen des Arbeitsmarktes aufgenommen werden. Ihren
Niederschlag findet diese Bedingung in der Praxis, die
Jungen in einem kurzen Durchlauf "rnadchentypische" Berufsfelder kennenlernen zu lassen und, umgekehrt, sinngemaB fur
- 230 -
die Madchen, wobei sich in diesem Fall der ProzeB des
Kennenlernens etwas intensiver darstellt (vgl. Kap. 5.2.1.1).
Nahezu aIle Teilnehmer bejahen das koedukative Prinzip, wie
die nachstehende Tabelle ausweist.
Tabelle:
Frage 29: In dem CJD gibt es Jungen und ~dchen: findest Du das gut?
Mannlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 201 91.8 65 94.3 266 92.3
Nein 5 2.3 1.4 6 2.1
Teils/teils 9 4.1 3 4.3 12 4.2
WeiB nicht 4 1.8 4 1.4
Summe: 219 100 69 100 288 100
Sie finden es ganz normal, daB beide Geschlechter im Jugend
dorf vertreten sind, wie sie es in anderen Institutionen,
etwa in der Schule, bereits kennengelernt haben. 1m Verlauf
des Lehrgangs entwickeln sich zwischen etlichen Jungen und
~dchen freundschaftliche Beziehungen, die teilweise zu
relativ festen Bindungen werden und in einigen Fallen tiber
den Lehrgang hinaus bestehen bleiben.
Die Mitarbeiter beurteilen die gemeinsame Betreuung von Mad
chen und Jungen ebenfalls positiv. Sie he ben die padagogisch
psychologischen Vorteile hervor, die sich aus der Zusammen
setzung ergeben, so etwa den Abbau einer bei etlichen Ju
gendlichen auszumachenden Verklemmtheit in den Beziehungen
zum anderen Geschlecht. Es gibt jedoch auch Hinweise auf
Gefahren, die vorwiegend in einer frtihen Sexualisierung der
Jugendlichen gesehen werden.
Die Mehrzahl der Mitarbeiter beftirwortet eine Ausweitung
der Koedukation in dem Sinne, daB auch in Werkpraxis und
- 231 -
Fachtheorie Madchen und Jungen gemeinsam und in gleichen
Berufsfeldern unterrichtet werden sollen, wobei allerdings
die Bedingungen des Beschaftigungssystems nicht auBer acht
gelassen werden dUrfen. Sie erwarten eine Steigerung der
Leistungsmotivation in gemischten Gruppen und eine positive
Beeinflussung des Sozialverhaltens in bezug auf das andere
Geschlecht.
Bei den Jugendlichen zeigt sich ebenfalls eine deutliche
Mehrheit fUr eine durchgangige Praktizierung der Koedukation,
denn nahezu zwei Drittel der Teilnehmer befUrworten sie
(vgl. Kap. 5.2.1.1 und 5.2.2.2).
5.2.3.4. Mitbestimmung, Mitverantwortung
Die Mitbestimmung und Mitverantwortung der Jugendlichen
vollzieht sich auf mehreren Ebenen bzw. Uber mehrere Be
reiche. Den engsten Rahmen fUr mitverantwortliches Denken
und Handeln bilden die Arbeits- und Wohngruppen im Lehrgang.
In diesem Rahmen werden am ehesten personliche Eigenheiten
Gegenstand von Prozessen der Meinungsbildung. Wir sind be
reits an frUherer Stelle (vgl. Kap. 4.4.3 und 5.2.3.3) auf
den hier ablaufenden LernprozeB des Findens und Prakti
zierens von Gruppennormen eingegangen, so daB mit diesen
Aussagen der hier angesprochene Aspekt beleuchtet ist.
Einen weiteren Rahmen stellt die Beziehung zwischen Wohn
gemeinschaft und dem Hausleiter dar. Hier geht es urn die
Regelung hausinterner Fragen, d.h. urn die Umsetzung des
institutionell vorgegebenen Ordnungssystems auf die konkrete
Haussituation und urn die Vertretung der Interessen und Be
dUrfnisse der Hausgemeinschaft gegenUber dem Hausleiter als
Vertreter der Institution Jugenddorf. Diesen Bezugsrahmen
kennzeichnet schon eine starker organisierte Form der Inter
aktion.
- 232 -
Zur vertretung ihrer Interessen wahlt die Hausgemeinschaft zwei Sprecher (Tutoren), die als Gesprachs- und Verhandlungs
partner des Hausleiters die Anliegen, Vorschlage und Klagen
der Hausbewohner artikulieren. Andererseits sind die Haussprecher fUr den Hausleiter das Verbindungsglied zu den Jugendlichen, wenn es urn hausspezifische Fragen geht. An Auf
gaben undAktivitaten auf dieser Ebene seien beispielhaft genannt: Vertretung der Jugendlichen in Diskussionen zur Gestaltung der Hausabende1 BemUhungen, bei gegebenen An
lassen (etwainteressanten TV-Sendungen) die offiziellen Regelungen des Tagesablaufs (Schlafenszeit) auszusetzen.
Der Erfolg in den BemUhungen ist einerseits abhangig von den
jeweiligen Haussprechern. Wenn diese sich ihrer Funktion
und Verantwortung b~wuBt sind und entsprechend handeln, k6nnen die Jugendlichen nach den Aussagen der Sozialpadagogen in vielen Anliegen erfolgreich sein. Andererseits ist die Fruchtbarkeit der BemUhungen sehr stark vom Hausleiter
abhangig. Dieser kann aufgrund seiner gegentiber den Jugendlichen starkeren Position die Realisierung von - auch berechtigten - Teilnehmerinteressen abblocken. Von dieser M6gli~hkeit wird am ehesten Gebrauch gemacht, wenn Forderungen der Jugendlichen auf Kosten der Hausleiter gehen, z.B. als
Reduzierung ihrer Freizeit.
Die Haussprecherwahl findet zweimal wahrend des Lehrgangs
statt, so daB in der Regel die Haussprecher nach der Halfte des Lehrgangs wechseln. Die gewahlten Vertreter bilden zu
sammen den Tutorenrat. Dieses Gremium, das monatlich zusammentritt, er6rtert hauserUbergreifende Fragen und faBt
damit verbundene BeschlUsse, die allerdings nur empfehlenden Charakter besitzen. Seine BeschlUsse bzw. Vorschlage werden vom Jugenddorfrat der Jugenddorfleitung vorgetragen, von
der allein Entscheidungen getroffen werden.
Die Wahl des Jugenddorfrats ist eine zentrale Aufgabe des Tutorenrats. Jener stellt die offizielle Interessenver
tretung der Jugendlichen gegenUber der Jugenddorfleitung
- 233 -
und damit der Institution dar. Des weiteren befaBt er sich
mit Problemen der Lehrgangsteilnehmer untereinander und
bemuht sich urn eine praktische Ordnung des Zusammenlebens.
DarUber hinaus ist er bei gegebenen Anlassen das Sprachrohr
der Jugendlichen nach auBen. Wir wollen diese Funktion an
einem konkreten'Fall erlautern. In den ersten Wochen des
Lehrgangs kam es haufiger zu Reibereien zwischen Bewohnern
des Jugenddorfs und Jugendlichen aus Oespel. Der Jugend
dorfrat strebte deshalb ein Gesprach mit den Jugendlichen
an, urn das Klima zwischen den Gruppen zu verbessern.
Den Jugenddorfat bilden sieben aus dem Tutorenrat gewahlte
Mitglieder. Diese k6nnen zur Wahl des Jugenddorfsprechers
kandidieren, die ebenfalls im Tutorenrat erfolgt. In einem
zweiten Wahlgang wird ein Stellvertreter bestimmt, der dem
anderen Geschlecht angeh6rt.
Entsprechend derAmtszeit der Haussprecher erfolgt nach der
neuen Zusammensetzung des Tutorenrats eine Neuwahl des Ju
genddorfrates.
An den Sitzungen beider Gremien nimmt jeweils der 1. Jugend
leiter bzw. ein Vertreter mit beratender Stimme teil. Er
soll die Funktion eines Vertrauensdozenten einnehmen, wird
aber nicht von den Jugendlichen selbst bestimmt. Er berat
die Jugendgremien in Fragen der Durchsetzbarkeit bzw. Reali
sierbarkeit von Vorschlagen zu institutionellen Gegebenhei
ten und leistet auch Hilfestellung bezuglich der Strategie
geplanter Aktivitaten. Er vertritt aber auch die Interessen
der Organisation gegenuber den Jugendlichen und begrllndet
deren Entscheidungen bzw. erlautert bestehende, von den Ju
gendlichen problematisierte Regelungen. Der Vertrauens
dozent hat demnach einen wei ten Handlungsspielraurn, hat
damit aber auch eine groBe Verantwortung gegenUber den
Jugendlichen. Er kann je nach Interpretation seiner Rolle
die Tatigkeit der Jugendvertreter unterstutzen oder behin
dern und solchermaBen die Bereitschaft zum Engagement in
der Mitverantwortung nachhaltig beeinflussen. In bezug auf
- 234 -
den 9. BFL wird die Tatigkeit des Vertrauensdozenten von
den Jugendlichen zufriedenstellend beurteilt; ebenso be
zeichnet der Jugendleiter die Kooperation mit dem Jugend
dorfrat als gelungen.
Zur Einschatzung des politischen Gewichts des Jugenddorf
rats ist zu betonen, daB er in konzeptionellen Fragen des
Lehrgangs keinerlei Mitspracherecht besitzt. Veranderungen
in der Lehrgangsstruktur k6nnen von diesem Gremium nicht
durchgesetzt werden.
Andererseits darf seine Arbeit in einem bescheideneren
Rahmen als wirksam gel ten. So besteht nunmehr nach haufi
gen Klagen der Teilnehmer und entsprechenden Initiativen
der Jugendvertretung ein AusschuB fUr Fragen des Speiseplans
und Essensablaufs, dem Vertreter der Verwaltung und der
Jugendlichen angeh6ren. In bezug auf das padagogische Pro
gramm k6nnen die Jugendlichen auf ein erweitertes Mitsprache
r·echt bei der Gestaltung der Pflichtwochenenden verweisen.
Es gibt eine Reihe von Angelegenheiten, in denen die Mitbe
stimmung ausgesetzt ist, darunter, wie bereit.s erwahnt,
auch Fragen, die durchaus berechtigte Forderungen der Ju
gendlichen enthalten. Beispielhaft sei hier die Regelung
der Schlafenszeit genannt. Nach der Hausordnung beginnt
die Nachtruhe urn 21 Uhr, einer doch recht frUhen Zeit. AIle
BemUhungen der Teilnehmer urn eine Verschiebung dieses Zeit
punktes bleiben erfolglos, wobei die BegrUndungen seitens
der Jugenddorfleitung recht schwach klingen, wenn die Ge
fahr physischer Uberlastung der Jugendlichen durch dann
nicht mehr zureichende Ruhezeiten angefUhrt wird. Die
GrUnde fUr die Ablehnung, dies lassen Aussagen der Sozial
padagogen vermuten, sind eher darin zu sehen, daB eine
~nderung eine zusatzliche Inanspruchnahme der Hausleiter
mit sich bringt, deren Dienst sich damit verlangern wUrde.
Sie wenden sich deshalb gegen eine neue Regelung, und das
gibt den Ausschlag, die alte Ordnung beizubehalten.
- 235 -
Desweiteren besagen Angaben e~n~ger Mitarbeiter, daB der
Jugenddorfrat in der Vertretung der Teilnebmerinteressen schon zum Teil im Ansatz erfolglos bleiben muB, wenn ihm in der Diskussion von den sprachlich gewandteren Mitarbeitern eine Flut von Gegenargumenten zu seiner Position darge
legt wird. Sein Anliegen wird in diesem FaIle nicht nach sacha~quaten Gesichtspunkten, sondern nach der formalen Kategorie rhetorischer Uber- und Unterlegenheit entschieden. Das bedeutet aber, daB sich in einem solchen ~'a1le Mitbestimnung
auf ein formales Konstrukt ohne engagierte Verbindlichkeit reduziert, die einen faktischen EinfluB der Jugendlichen nur in peripheren Bereichen zulaBt und die Ernsthaftigkeit
diesbezUglicher konzeptioneller Aussagen unter ein Fragezeichen stell t.
Das Gremium mit den weitestreichenden Kompetenzen ist der Jugenddorfbeirat, der die Vertretung aller Bereiche und Gruppierungen im Jugenddorf darstellt. Entsprechend werden
hier Gesamtfragen des Jugenddorfs erortert. Zur Bespre-chung kommen Fragen der Urlaubsregelung fUr die Mitarbeiter und bauliche Fragen, wie z.B. Renovierung der Wohnhauser. Probleme aus dem padagogischen Bereich werden auch behan
delt, indem z.B. Uber die Klassen- und Gruppeneinteilung der Lehrgangsteilnebmer diskutiert wird oder tiber die Ge
staltung der Weihnachtsfreizeit fUr die Jugendlichen aus Heimen. Desweiteren ist der Beirat Anlaufstelle fUr In
formationen, die das CJD bzw. die Forderungslehrgange im CJD im ganzen betreffen. Er kann auch konzeptionelle Xnde
rungen im Lehrgang und im gesamten Jugenddorfleben beschlieBen, allerdings mit der Einschrankung, daB die Richtlinien der Arbeitsverwaltung bezUglich der Lehrgangsinhalte einge
halten werden. Personal- und Etatfragen kommen jedoch nicht in den Beirat. Diese sind der Mitbestimmung entzogen. Aller
dings kann der Beirat Schlichtungsstelle oder Berufungsinstanz in Streitfallen,z.B. bei Kompetenzabgrenzungen, sein.
AIle seine Mitglieder, 24 gehoren ibm an, sind gleichbe
rechtigt. Sie werden jeweils von ihren Gruppierungen ge-
- 236 -
wah1t. Die Jugend1ichen sind durch drei Mitg1ieder des
Jugenddorfrats vertreten.
Das po1itische Gewicht des Beirats ist dort begrenzt, wo
es urn zentra1e Interessen der Organisation geht. Wichtige
Entscheidungen, wir nann ten bereits Persona1- und Etat
fragen, werden von oben, von der Jugenddorf1eitung oder
der CJD-Zentra1e, getroffen, ohne die Mitverantwortungs
gremien einzuscha1ten. Die Funktion des Beirats ist nach den Aussagen der Mitarbeiter starker unter den Aspekten
der Mitverwa1tung und Mitheratung zu sehen denn a1s Mitbe
stimmungsorgan.
5.2.3.5 Bedeutung des E1ternhauses wahrend des Lehrgangs
Wie bereits in Kap. 4.4.3 dargeste11t, betrachtet das CJD
die Internatsform der Lehrgange a1s eine gfinstige Voraus
setzung zur Stabi1isierung der Tei1nehmer. Dennoch wird
immer wieder betont, daB die Einbeziehung des E1ternhauses
in die padagogische Arbeit ein unverzichtbarer Grundsatz
ist, wenn der Lehrgang fUr den einze1nen Jugend1ichen er
fo1greich ver1aufen soll.
In diesem Kontext ste11t sich zunachst die Frage nach dem
Einf1uB des sozia1en Milieus der Tei1nehmer auf die konkrete
Situation im Lehrgang. Wir haben dieses Problem in den Ge
sprachen mit den Lehrkraften und Sozia1padagogen themati
siert. Den Aussagen fast a11er Mitarbeiter zufo1ge lassen
sich immer wieder Momente bezeichnen, die einen Zusammen
hang zwischen dem Verha1ten der Jugend1ichen und ihren Er
fahrungen im E1ternhaus bzw. in ihrer sozia1en Umgebung aufzeigen.
Nach den Erfahrungen der Mitarbeiter sind zwei Phanomene zu
benennen, die auf diese Verbindung hinweisen. So zeigen vie1-
fach Jugend1iche aus ungUnstigen sozia1en Verha1tnissen zu
Beginn des Lehrgangs Auffa11igkeiten im Verha1ten, wie z.B.
- 237 -
totale Lernunwilligkeit oder betonte Aggressivitat, und bena
tigen eine langere Zeit zur Integration in das Lehrgangs
system als ihre Kameraden. Die zweite Beobachtung besagt,
daB die Jugendlichen nach einem Heimfahrtwochenende deutliche
Merkmale von Unruhe zeigen. Die Padagogen bezeichnen sie als
emotionale Aufgeladenheit und fuhren diese auf die unter
schiedlichen Handlungsmaglichkeiten zu Hause und im Lehr
gang und den sich daraus entwickelnden Spannungen zuruck.
In der hauslichen Umgebung kannen die Jugendlichen Verhal
tensweisen realisieren, die ihnen im Jugenddorf nicht offen
stehen. Nach Beendigung des Wochenends mussen sie sich
wieder in das leistungsbezogene Lehrgangssystem einglie
dern, das sich haufig als Gegensatz zu den nach persanlichen
Praferenzen verlaufenden Wochenendaktivitaten erweist.
Hinzu kommt das Bedurfnis, mit anderen Lehrgangsteilnehmern
uber den Verlauf des Wochenends zu kommunizieren, womit
ein zusatzliches Unruhepotential markiert ist. Es kann
mitunber den ganzen Montag dauern, bis sie sich wieder
auf die Lehrgangssituation eingestellt haben.
Der zweite Gesichtspunkt ist die Zusammenarbeit mit den
Eltern. Der Kontakt zwischen Jugenddorf und Elternhaus
konzentriert sich auf die Elternsprechtage, die im Ablauf
des Lehrgangs zweimal stattfinden. Informelle Kontaktierungs
maglichkeiten, die in ihrer Bedeutung nicht unterschatzt
werden durfen, ergeben sich an den Heimfahrtwochenenden.
Viele Jugendliche werden von ihren Eltern aus dem Jugend
dorf abgeholt bzw. dorthin zuruckgebracht. Das wird von
beiden Seiten - Eltern und Mitarbeitern - zu einem Infor
mationsaustausch genutzt. In diesen Gesprachen werden nach
den Aussagen einiger Sozialpadagogen manche Probleme infolge
der vermittelten Informationen einer L6sung nahergebracht,
Probleme, die sonst aufgrund der Unkenntnis ihrer Bedin
gungen nur sehr schwer zu lasen waren.
Die Beteiligung an den Elternsprechtagen ist sehr hoch. Fur
den ersten Sprechtag am 22.11.1975 betragt die Teilnahme
quote 80,3 Prozent, am zweiten Termin, dem 20.3.1976, liegt
- 238 -
sie mit 85,6 Prozent noch heher. Diese Zahlen dokumentieren
ein reges Interesse der Eltern an der Lehrgangsarbeit.
Zentraler Gesichtspunkt ist dar in die Sorge der Eltern urn
die berufliche Zukunft ihrer Kinder angesichts der sich
verscharfenden Situation auf dem Ausbildungs- und Arbeits
markt. Inwieweit das BewuBtsein urn die aktuelle Lage ge
wachsen ist, zeigt sich in einem Vergleich mit den Zahlen
aus dem 5. Lehrgang, fUr dessen Sprechtage Beteiligungen
von 39,5 Prozent bzw. 30,4 Prozent ausgewiesen sind.
Die Bereitschaft der Eltern zur Mitarbeit, das Lehrgangsziel
zu erreichen, ist im Vergleich zu frUheren Lehrgangen er
heblich gewachsen. Ergab sich in den vergangenen Lehrgangen
fUr die Mitarbeiter oftmals der Eindruck, daB die Eltern
die MaBnahme teilweise unter dem Blickwinkel beurteilten,
ihre Kinder gewissermaBen "abschieben" zu kennen, so ist
nupmehr ihre Bereitschaft zu registrieren, sich mit den
Problemen ihrer Kinder aktiv zu beschaftigen. Sie zeigen
mehr Offenheit z.B. in der Darstellung ihrer familiaren
und sozialen Situation und versuchen, auch die Hintergrlinde
der Schwierigkeiten ihrer Kinder zu verstehen. Parallel zu
diesen "Leistungen" lauft der Wunsch·der Eltern -zurnal beim
zweiten Sprechtag, der ja am Beginn der Vermittlungsphase
in Ausbildungsstellen liegt - nach Hilfe des CJD bei der Be
schaffung von Ausbildungsplatzen.
1m Zuge der gewandelten Einstellung sehen einige Mitarbeiter
eine greBere Chance, positiv auf die Eltern einwirken zu
kennen im Sinne einer Festigung der Zusammenarbeit sowie
einer gleichgerichteten und kontinuierlichen padagogischen
Betreuung der Jugendlichen durch die Eltern auch nach Be
endigung des Lehrgangs. Inwieweit diese optimistische Ein
schatzung berechtigt ist, kann in dieser Analyse nicht ent
schieden werden.
- 239 -
5.2.3.6. Beurteilung
Wie in den beiden anderen Lehrgangsbereichen erhalten die
Jugendlichen auch im sozialpadagogischen Bereich Beurtei
lungen. Diese erfolgen dreimal, und zwar zum ersten Eltern
sprechtag im November, beim Anlaufen d~Vermittlungsbe
mlihungen im Marz sowie als AbschluBbeurteilung zu Ende des
Lehrgangs. FUr die Beurteilungen sind die jeweiligen Haus
leiter zustandig. Sie legen eine Flihrungs-Kartei an, in
der das Verhalten der Jugendlichen registriert wird. Die
Eintragungen bilden die Basis flir die Beurteilung. Grenz
falle und schwierige Entscheidungen konnen in sozialpadago
gischen Mitarbeiterbesprechungen diskutiert und zur Losung
gebracht werden.
Die Beurteilung erfolgt nach flinf Kriterien, die in sich
eine sechsfache Abstufung von positiv nach negativ auf
weisen. lm einzelnen zeigt der Katalog folgendes Bild:
Beurteilungskriterien flir die Beurteilung im sozia!Eadagogischen Bereich
l~_~!~Q~gg~~~_!~_g!~_g~~EE~
1. Gliedert sich in natlirlicher und hilfsbereiter Weise in die Gruppe ein, tragt und unterstlitzt den Zusammenhalt.
2. Ordnet sich leicht ein; gutes Bindeglied in der Gruppe.
3. Um Einordnung bemliht, braucht Zeit, um sich in die Gruppe einzugliedern.
4. Gliedert sich nur bedingt ein, geht gerne eigene Wege, ohne jedoch storend aufzufallen.
5. Kann sich nur schwer in die Gruppe einfligen, wirkt oft storend, braucht vermehrt erzieherische Hilfe.
6. Will sich nicht in die Gruppe eingliedern, stort bewuBt, ist Ratschlagen gegenuber verschlossen.
~~_Y~~Q~!!~~_g~~~~~~~_~~~~£h~~~~~ 1. lst hoflich, zuvorkommend, taktvoll, aufgeschlossen.
2. lst einsichtig, laBt sich liberzeugen, jedoch nicht unkritisch.
3. Haltsuchend, nach Vorbild strebend, hoflich, willig, sucht eigenen Standpunkt.
4. Unsicher, zweifelnd, bedingt kritikfahig, eigenwillig aber noch zur Zusammenarbeit bereit.
- 240 -
5. Unsachlich, widersprechend, unwillig, trotzig oder nicht kritikfahig, zu angepaEt.
6. Aufsassig, standig opponierend, unterwurfig und kritiklos.
2~_~!n§~~11yug_~~~_g~~~Jn§2h~!~
1. 1st im hohem MaBe aufgeschlossen, ansprechbar und lernbereit.
2. Aufgeschlossen, hinreichend ansprechbar und bereit zu lernen und sich umzustellen.
3. Hinreichend aufgeschlossen, nach und nach ansprechbar und nach Eingewohnungszeit lern- und umstellungsfahig.
4. Versucht aufgeschlossen zu sein, ist jedoch stimmungslabil, bedarf dauernder padagogischer Begleitung.
5. Wenig aufgeschlossen, nur bedingt ansprechbar, nur unter besonderem Aufwand an Muhen lernbereit.
6. So gut wie nicht ansprechbar, trotz groBen Aufwandes nicht lernbereit (lernbereit immer im Sinne von Verhaltensanderung)
i~_~~E2§n!!2h~_QEgnyug_~ng_§e~E~E~~!~ 1. Personliche Ordnung und Sauberkeit sind eine Selbst-
verstandlichkeit.
2. Sehr auf personliche Ordnung und Sauberkeit bedacht.
3. Urn Sauberkeit und personliche Ordnung stets besorgt.
4. Hinreichend urn personliche Ordnung und Sauberkeit bemuht, reagiert auf Hinweise.
5. Personliche Ordnung und Sauberkeit lassen zu wUnschen ubrig, muE oft ermahnt werden.
6. Kann personliche Ordnung und Sauberkeit nicht einhalten. Trotz Ermahnungen - nicht zur Ordnung zu bewegen.
2~_~~~2§n1J2b~_!n!~E~2§~n vielseitig interessiert gut zu motivieren, hauptsachlich interessiert: musisch, sportlich, politisch •.. einseitig interessiert: •.. abseitsstehend wenig 1nteressen interessenlos, apathisch Aktivitaten:
Die Kriterien lassen sich einmal nach ihrem Beziehungsaspekt,
andererseits nach ihrer qualitativen Dimension in zwei
Gruppen einteilen. Unter ersterem Aspekt haben die ersten
drei Kriterien eine interpersonale und die beiden letzteren
- 241 -
eine intrapersonale Richtung. Unter dem zweiten Aspekt er
gibt sich eine Differenzierung nach formalen BezugsgroBen
(1.-4.) und einem auf lehrgangsinhaltliche Fakten bezogenen
Merkmal (5.).
Die Abstufung innerhalb der Kriterien ist so konzipiert, daB
die Auspr~gungen 1. und 2. eine uberdurchschnittliche, die
Aussagen 3. und 4. eine durchschnittliche und 5. und 6.
eine negative Beurteilung bedeuten.
Eine Analyse der Merkmale und ihrer Auspr~gungen zeigt sehr
schnell die Problematik, die mit einer solchen Beurteilung
verbunden ist. Zunachst stellt sich in diesem Zusarnrnenhang
die Frage nach der Auswahl der Kriterien. Welche Begrlindung
l~Bt sich etwa fur die Kategorie "Personliche Ordnung und
Sauberkei t" anflihren, oder, welchen S tellenwert hat .das
Merkmal "Verhal ten gegenuber Erwachsenen"? In be zug auf
die sozialp~dagogische Zielsetzung des Lehrgangs, nach der
eine personale Stabilisierung der Teilnehmer erreicht werden
solI, sind auch andere Beurteilungskriterien denkbar, so
beispielsweise die F~higkeit, Ordnungen des Zusammenlebens
mitzugestalten, oder die F~higkeit, sich zur LOsung anste
hender Probleme eines eigenen, kritisch-rationalen Urteils
zu bedienen.
Desweiteren sind die Abstufungen innerhalb der einzelnen
Kriterien nicht ohne weiteres einleuchtend, womit sich die
Schwierigkeit einer brauchbaren Operationalisierung der
Beurteilungskriterien darlegt. Wie ist etwa eine "naturliche
Eingliederung" in die Gruppe zu verstehen, wenn einerseits
der Gruppenbegriff ein theoretisches Konstrukt darstellt
und zum anderen der einzelne Jugendliche die Zugehorigkeit
zu einer Gruppe nicht unbedingt selbst bestirnmt? Es ist
auch nicht angegeben, welche Gruppierung hier angesprochen
ist, ob es sich z.B. urn die Zirnrnergruppe oder die Hausge
meinschaft handelt. In diesen unterschiedlichen Bezugs
gruppen ist durchaus unterschiedliches Verhalten denkbar.
- 242 -
Es stellt sich uns auch die Frage, warum die Aussage "Glie
dert sich nur bedingt ein, geht gerne eigene Wege, ohne
jedoch storend aufzufallen" im Kriterium "Einordnung in
die Gruppe" schon eine leicht negative Beurteilung dar
stellt. Dieses Statement laBt sich unter dem Aspekt inter
pretieren, daB sich der betreffende Jugendliche durch einen
bedingten Nonkonformismus ohne destruktive Ztige hervorhebt.
Desgleichen kann man die abstufende Differenzierung bezlig
lich des Verhaltens gegenliber Erwachsenen mit einem Frage
zeichen versehen. Nach unserer Auffassung werden in diesem
Kriterium Eigenschaften und Einstellungshaltungen gegen
libergestellt und in eine Rangfolge gebracht, die nicht
vergleichbare Qualitaten beschreiben. Besonders deutlich
zeigt sich dies an den Auspragungen 2.1 und 2.2.
Die Kriterien "Einstellung zurGemeinschaft" und "Person
liche Ordnung und Sauberkeit" haben eine in sich stimmige
Abstufung. Allerdings ist zu fragen, ob die unter "Ein
stellung zur Gemeinschaft" aufgeflihrten Aussagen gerade
dieses Kriterium definieren. Der Bezug zur Gemeinschaft ist
mittelbar herzustellen. Primar beschreiben sie eine allgemei
ne Verhaltensdisposition.
Das vierte Kriterium laBt keine eindeutige Bezugsrichtung
erkennen. Es weist keine prazise inhaltliche Fixierung auf
und ist deshalb als BewertungsmaBstab wenig aussagekraftig.
Zum anderen werden in dem Beurteilungsbogen kaum die dynami
schen Wechselbeziehungen zwischen Individuum und Gruppe be
rlicksichtigt. Die Relation wird einseitig vom Verhalten
des zu Beurteilenden her gesehen. Es wird gewissermaBen
unterstellt, daB der andere Bezugspunkt der Relation ledig
lich ein Reagens auf individuelles Handeln darstellt und
von sich aus neutral ist, eine Annahme, die nicht einsehbar
ist.
Betrachtet man die Beurteilung im sozialpadagogischen Bereich
im Zusammenhang mit der in der Werkpraxis, so ist ohne
- 243 -
weiteres ein gezieltes Beurteilungsinteresse auszumachen,
das die Bewertung der Jugendlichen primar von der Wahrschein
lichkeit ihrer reibungslosen EinfUgung in den ArbeitsprozeB
her vornimmt und zwar unter dem Aspekt, ein angepaBtes
Sozialverhalten und bestimmte Arbeitstugenden nachzuweisen.
Die AbschluBbeurteilung stellt sich gegenliber den Zwischen
beurteilungen in anderer Fo~ dar. Die Bewertung wird
nicht mehr nach einzelnen Kriterien vorgenommen, sondern
in einer generellen Aussage entsprechend der nachsbehenden
Ubersicht.
Formulierungen der AbschluBbeurteilung im Sozialpadagogischen Bereich
H 1 1m sozialpadagogischen Bereich, in seiner Freizeit, in musischen, sportlichen und allgemeinbildenden Gruppen handelte er verantwortungsbewuBt und hat an seiner Personlichkeitsentfaltung entscheidend mitgewirkt.
a) Besondere Interessen zeigte er in den musischen Gruppen
b) Besondere Leistungen zeigte er in den sportlichen Gruppen
c) Besondere Fahigkeiten entwickelte er in der Mit-veran twortung im Jugenddorf.
H 2 1m sozialpadagogischen Bereich, in seiner Freizeit, in musischen, sportlichen und allgemeinbildenden Gruppen handelte er verantwortungsbewuBt.
a) Besondere Fahigkeiten entwickelte er in den musischen Interessengruppen
b) Besondere Fahigkeiten en twickel te er in den sportlichen Interessengruppen
c) Besondere Fahigkeiten entwickel te er in der Mitverantwortung im Jugenddorf.
H 3 1m sozialpadagogischen Bereich, in seiner Freizeit, in musischen, sportlichen und allgemeinbildenden Gruppen bemUhte er sich, verantwortungsbewuBt zu handeln.
a) Besondere Fahigkeiten entwickelte er in den musischen Interessengruppen.
b) Besondere Fahigkeiten entwickelte er in den sportlichen Interessengruppen.
- 244 -
H 4 Im sozialp~dagogischen Bereich und in seiner Freizeit bemUhte er sich, den Anforderungen der Gemeinschaft gerecht zu werden.
Als Beurteilung erscheint eine der vier Kopfaussagen. Diese
kann durch einen oder mehrere der jeweils zugeh5rigen Unterpunkte erweitert werden, so daB sich insgesamt 21 unter
schiedliche Beurteilungen ergeben k5nnen.
Die Aussagen sind von H1 nach H4 negativ abgestuft, zumindest der Intention nacho In den Statements H3 und H4 ist
schon eine gewisse negative Verhaltenskritik enthalten. Allerdings mangelt es allen Formulierungen an konkretem Gehalt, aIle in die jeweiligen Zus~tze nehmen Bezug auf konkretes Handeln. Damit werden die Bewertungen aber beliebig, denn Aussagen wie liE![' handel te veran two rtung sbewuBtil oder
"er hat an seiner Pers5nlichkeitsbildung entscheidend mitgewirkt" sind Leerformeln, die mit unterschiedlichen Inhalten gefUllt werden k5nnen. Geht man davon aus, daB der
Jugendliche das AbschluBzeugnis mit dieser Beurteilung bei seinen Bewerbungen vorlegt, dann wird deutlich, daB die Beurteilung keine Hilfe bei der Einschatzung des Bewerbers sein kann. Aus den Formulierungen H3 und H4; die Xhnlich
keit mit in der Wirtschaft benutzten Aussagen haben, kann man schlieBen, daB der Teilnehmer den an ihn gestellten
Anforderungen und Erwartungen nicht gerecht geworden ist.
Die Verbindung der Zwischenbeurteilungen mit der AbschluBbeurteilung im sozialpadagogischen Bereich ist nirgendwo ersichtlich. Im Gegensatz zu den Beurteilungen in Werkpraxis und Fachtheorie, die nach einem festgelegten SchlUs
sel die Zwischenbeurteilungen aufnehmen, existiert im sozialpadagogischen Bereich keine Regelung fUr die Endbeurteilung. Das aber bedeutet, daB auch die Kriterien, nach denen die Formulierung der AbschluBbeurteilung erfolgt, beliebig sind.
Eine Einschatzung des Stellenwertes der AbschluBbeurteilung
rouB berUcksichtigen, daB diese erst zu einem Zeitpunkt erteilt wird, ?u dem die Vermittlung fUr die meisten Lehrgangs-
- 245 -
teilnehm er bereits abgeschlossen ist. Darnit hat sie fur
die Mehrzahl der Jugendlichen keine praktische Bedeutung.
Einen hoheren Stellenwert haben die Zwischenbeurteilungen.
Diese gehen dem Arbeitsarnt zu und konnen somit EinfluB auf
die Vermittlungsaktivitaten der Arbeitsverwaltung nehrnen.
Wir wollen abschlieBend die Ergebnisse der AbschluBbeurtei
lung vorstellen, halten es dabei aber aus den genannten
Grlinden nicht fur sinnvoll, eine umfassende Interpretation
zu geben.
Tabelle:
Beurteilung im sozialpadagogischen Bereich
----~-.---
Beur tei lung Miinnlich Weiblich Gesamt
abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
H 18 8.2 18 6.3
H 2 112 51.1 37 53.6 149 51. 7
H 3 61 27.9 20 29.0 81 28.1
H 4 14 6.4 6 8.7 20 6.9
H 1 + C 6 2.7 2 2.9 8 2.8
H 2 + C 8 3.7 4 5.8 12 4.2
Summe: 219 100 69 100 288 100
Die Tabelle stellt eine Zusarnrnenfassung der konkreten Einzel
beurteilungen dar, indem darin in die Formeln H1 bis H3
auch die moglichen Zusatze a) und b) eingehen. Die Formeln
H1 + e) und H2 + e) sind gesondert ausgewiesen. Es schien
uns interessant zu sein, festzustellen, in welchern AusmaB den
Jugendlichen ein Engagement in der Mitverantwortung im Jugend
dorf attestiert wlirde.
Die Ergebnisse besagen, daB 35 Prozent der Teilnehrner eine
negative Beurteilung erhalten haben. Die beste Beurteilung
(H1 bzw. H1 + e), die auch einen Hinweis auf die Person
lichkeitsentwicklung enthalt - was irnrner darunter zu ver
stehen ist -, bekornrnen nur 9.1 Prozent der Teilnehrner. Be
sondere Fahigkeiten in der Mitverantwortung (Zusatz e) zeigten
nach der Tabelle nur 7 Prozent der Jugendlichen.
- 246 -
5.2.4. Berufsschule
Wie wir bereits im Kap. 4.5 dargelegt haben, waren die
Jugendlichen wahrend des 9. BFL in Dortmund-Oespel berufs
schulpflichtig. Leider liegen uns zu diesem Unterpunkt weni
ger Untersuchungsergebnisse vor als wir geplant hatten.
Die in unserer Konzeption vorgesehene Befragung von Berufs
schullehrern mu£te fallengelassen werden, da die Bereit
schaft zur Mitarbeit an unserer Erhebung so gering war,
daB eine Auswertung der eingegangenen Fragebogen nicht
m6g1ich war. Von ca. 130 verschickten FragebOgen wurden
nur 15 zurlickgeschickt, von denen wiederum nur flinf Aussagen
zum angesprochenen Problemzusammenhang enthielten. Die
Durchsicht der Antworten ergab, daB Informationen liber die
Lehrgange bei den Lehrern so unzureichend waren, daB sich
Intensivinterviews erlibrigten. So muBten wir bei der Dar
stellung dieses Bereichs auf die XuBerungen der CJD-Mitar
beiter und der Teilnehmer zurlickgreifen.
Die Jugendlichen wurden an drei verschiedenen Berufsschulen
unterrichtet, die Madchen an den Gewerblichen Schulen IV'
(Madchenberufsschule), die ehemaligen Hauptschliler an den
Gewerblichen Schulen I und die ehemaligen Sonderschliler an
den Gewerblichen Schulen III. In allen drei Schulen wurden
die Teilnehmer als Jungarbeiterklassen eingestuft und ent
sprechend unterrichtet. Einmal wochentlich wurden die Jugend
lichen mit dem Bus in die jeweilige Berufsschule gefahren
und mittags von dort wieder abgeholt. 1m AnschluB hieran
wurde der Sportunterricht im Jugenddorf selbst durchgeflihrt,
so daB an diesen Tagen die Mitarbeit in Werkpraxis oder
Fachtheorie entfiel. Folgende Facher wurden in den Berufs
schulen unterrichtet:
- Politik 1 Std.
- Wirtschaftslehre Std.
- Religion 1 Std.
- Technische Grundbildung (Physik, Chemie, Technische Mathe-
matik, Technisches Zeichnen) 3 Std.
Der Deutschunterricht, der eine Stunde betragen solI, entfiel.
Das Fach Technisches Werken wurde aufgrund der werkprakti-
- 247 -
schen Unterweisung im Jugenddorf abgesetzt.
Bei einigen Unterrichtsbesuchen in den Gewerblichen Schulen
konnten wir feststellen, daB vor allem die weiblichen Teil
nehmer einer Stigmatisierung durch SchUler und Lehrer unter
lagen. So waren z.B. abfallige XuBerungen von MitschUlern
Uber CJD-Jugendliche zu horen, die sogar von einigen Lehrern
im Gesprach mit uns Uberoommen wurden. Dies fUhrte zu einer
Gettobildung bei den Madchen, die in Art einer Trotzreaktion
durch besonders auffalliges Verhalten noch verstarkt wurde.
Von seiten der Schulleitung horten wir, daB es kaum noch
m6glich sei, Lehrkrafte fUr die CJD-Klassen zu finden, die
eigentlibh standig Xrger verursachten und daB einige Male
Sozialpadagogen des Jugenddorfs zur Disziplinierung in die
Schule gerufen werden muBten. Der Unterricht selbst, den
wir nur teilweise beobachten konnten, da sich einige Lehrer
gegen unsere Hospitation straubten, lief im Vergfeich zur
fachtheoretischen Unterweisung wesentlich undisziplinierter
abo Von dieser Regel gab es nur wenig Ausnahmen, beispiels
weise im Fach Religion und be~ einem Lehrer, der gleich
zeitig Honorarmitarbeiter im CJD war.
Obwohl laut Konzeption der Berufsschulunterricht in Ab
stimmung mit den Tragern der Forderungslehrgange durch
zufUhren ist, konnte von einer Kooperation keine Rede sein.
Im CJD betonte man zwar, man habe in dieser Hinsicht Ver
suche unternommen, das Interesse in den Gewerblichen Schulen
sei aber zu gering, urn, von Einzelfallen abgesehen, Fort
schritte zu erzielen {Diese Einschrankung trifft auf zwei
Berufsschullehrer zu, die als Honorarmitarbeiter in der
Fachtheorie tatig waren} •
Bei der Befragung der Teilnehmer wurde Uberraschenderweise
der Nutzen des Berufsschulun~errichts sehr hoch eingeschatzt.
- 248 -
Frage 34: Findest Ou, daB Oir der Berufssehulunterrieht zusatzliehen Nutzen bringt?
Marmlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 140 63.9 45 65.3 185 64.2
Nein 63 28.8 21 30.4 84 29.2
Indifferent 15 6.8 2 2.9 17 5.9
WeiB nicht 0.5 1.4 2 0.7
Summe: 219 100 69 100 288 100
Fast zwei Orittel der Befragten meinte, daB der Unterrieht
in der Berufssehule zusatzliehen Nutzen bringen wlirde.
Dies steht in krassem Gegensatz zu den ~uBerungen der
CJD-Mitarbeiter und unseren eigenen Beobaehtungen. Eine
Erklarung hierftir mag darin begrtindet liegen, daB die
Teilnehmer den Berufssehultag als Abweehslung in ihrem
Woehenablauf begrtiBten und ihn somit aus anderen als pad
agogisehen Grtinden positiv einsehatzten.
Die Korrelation der Leistungsgruppenzugehorigkeit mit der
Frage 34 ergibt folgende Tabelle:
Frage 34: ou muB ja neben dem Unterrieht hier im Jugenddorf aueh in die Berufssehule gehen. Findest Ou, daB Oir der Berufssehulunterrieht zusatzliehen Nutzen bringt?
Leistungsgruppe A B C abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 41 53.2 90 63.8 54 17.1
Nein 31 40.3 40 28.4 13 18.6
Indifferent 4 5.2 11 7.8 2 2.9
WeiB nicht 1.3
Keine Antwort
Summe: 77 100 141 100 70 100
Hier zeigt sieh, daB die Jugendliehen der A-Gruppen, die
- 249 -
im Jugenddorf bereits 20 Wochenstunden fachtheoretische
Unterweisung erhielten, wesentlich seltener den Berufs
schulunterricht als nlitzlich einstuften als die Jugendlichen y
der C-Gruppen. Dies laBt entweder auf eine gewisse Theorie-
mlidigkeit oder auf eine andere Bewertung der Qualitat
dieses Unterrichts schlieBen. Flir eine eindeutige Analyse
der Antworten auf Frage 34 fehlen uns allerdings stich
haltige Anhaltspunkte. So mlissen wir neben der Teilnehmer
befragung vor allem auf die ~uBerungen der Mitarbeiter in
den Intensivinterviews zurlickgreifen.
Sowohl die Lehrer des fachtheoretischen Bereichs wie die
Ausbilder der Werkpraxis beurteilten libereinstimmend den
bisherigen Berufsschulunterricht negativ. Als Grlinde wurden
genannt:
- Fehlende Abstimmung der Lehrplane in CJD und Berufsschule
- Mangelnde Kooperation der Mitarbeiter
- Fehlendes Engagement der Berufsschullehrer
- Uberforderung etlicher Lehrgangsteilnehmer.
Der einzig positive Lerneffekt, der dem Berufsschultag
zugeschrieben wurde, war eine Eingewohnung bzw. Vorbe
reitung auf den zu erwartenden Unterricht wahrend der
Regelausbildung. Wlinschenswert sei eine Befreiung von der
Berufsschulpflicht bzw. eine Anerkennung der fachtheoreti
schen Unterweisung als ErsatzmaBnahme. Die bisherigen Ver
suche, mit dem Regierungsprasidenten hierliber eine Einigung
zu erzielen, sind allerdings gescheitert. Die Verlageru~g
des Berufsschulunterrichts ins Jugenddorf wurde ebenfalls
als Vorschlag genannt, der jedoch an der fehlenden Bereit
schaft der zustandigen Dortmunder Stellen scheiterte.
Aufgrund der uns vorliegenden Daten und Informationen
konnen wir uns der Gesamteinschatzung des obligatorischen
Berufsschulunterrichts durch die CJD-Mitarbeiter anschlieBen.
Flir die Zielsetzung der Forderungslehrgange konnte man
hochstens eine negative Funktion im Sinne o.a. Stigmati
sierung anflihren. Der Lerneffekt stand in keinem Verhaltnis
zum Aufwand, der durch die Fahrten zu den Gewerblichen
- 250 -
Schulen und die Storung des Lehrgangsablaufs verursacht wurde.
5.3. Verrnittlung und Berufseinrnlindung der Teilnehrner des 9. Berufsforderungslehrgangs
Der 9. Berufsforderungslehrgang wurde mit 300 Teilnehrnern
abgeschlossen. Von diesen Jugendlichen konnten 271 (90.4
Prozent) in Ausbildungsstellen, Arbeitsstellen oder auf
weiterftihrende Schulen verrnittelt werden. Wie diese Ver
rnittlung durchgeftihrt wurde und in welche Berufe die Teil
nehrner einrntindeten, solI in den folgenden Abschnitten naher
erlautert werden.
5.3.1. Verrnittlungsrnodalitaten
Die Verrnittlung der Teilnehrner an Berufsforderungslehrgangen
erfolgt prinzipiell durch die Zuweisungsarbeitsarnter. Da
neben ist es nattirlich den Jugendlichen freigestellt, sich
selbst urn eine Ausbildungsstelle zu bewerben. In einigen
Fallen berntihen sich auch Mitarbeiter des Jugenddorfes (ins
besondere die Sozialpadagogen) urn Lehrstellen ftir die Lehr
gangsteilnehrner. Bei der Nachbefragung der Teilnehrner des
9. BFL gaben etwa 55 Prozent an, sie seien durch das Arbeits
arnt zu ihrer jetzigen Ausbildungs- oder Arbeitsstelle ge
kornrnen (naheres sh. Kap. 5.3.5).
In der ersten Aprilwoche werden sarntliche Teilnehrner ftir
eine Woche vorn Lehrgang befreit, urn sich bei den Arbeits
arntern beraten zu lassen und sich bei Ausbildungsfirrnen
vorzustellen. Zu diesern Zeitpunkt beginnt also die Inten
sivphase der Verrnittlung von Lehrgangsteilnehrnern. Grund
lage der Beratung irn Arbeitsarnt ist ein vorn CJD erstelltes
Zwischenzeugnis, das Auskunft tiber die bis dahin irn Lehr
gang gezeigten Leistungen gibt. Der Berufsberater kann dern
Zwischenzeugnis entnehrne~, in welchen Lehrgangsbereichen
- 251 -
der Jugendliche besonders gute Beurteilungen erhalten hat,
und flir welche Berufsfelder er mehr oder weniger geeignet
ist. In den Gruppeninterviews auBerten viele Jugendliche
die Meinung, der Termin Anfang April sei flir die Bewerbung
urn Ausbildungsplatze zu spat, da die guten Stellen bereits
im Januar oder Februar vergeben wlirden.
5.3.2. Einstellungsmotive und Einstellungskriterien der Ausbildungsfirmen bei der Ubernahme von BFLAbsolventen +)
Wahrend der Vermittlungsphase sind wir mit einer separaten
Teilerhebung der Frage nachgegangen, welche Grlinde die Aus
bildungsfirmen dazu bewogen haben, Absolventen von Forde
rungslehrgangen den Vorzug vor anderen Schulabgangern zu
geben, und welche Auswahlkriterien dabei zugrunde gelegt
wurden. Zu diesem Zweck wurden - soweit moglich - liber CJD
und Arbeitsamt diejenigen Betriebe ermittelt, bei denen sich
Jugendliche aus dem BFL beworben hatten und die sich zu ei
nem Vorstellungsgesprach bereit erklart hatten. Dabei sollte
es keine Rolle spielen, ob ein Ausbildungsvertrag zustande
kam, da auch die evtl. Grlinde einer Ablehnung von Interesse
waren.
Es wurden insgesamt 250 Betriebe ~rnittelt, die auf schrift
lichem Wege mit einem zweiseitigen Fragebogen urn Auskunft ge
beten wurden. Da diese Ausklinfte nur freiwillig erfolgen
konnen, war von vornherein kein sehr hoher Rlicklauf zu er
warten. Immerhin haben 104 Betriebe den Fragebogen zurlick.
gesandt, von denen 99 ausgE!\'Jertet werden konnten, so daB man
durchaus von reprasentativen Ergebnissen sprechen kann, zu
mal es sich dabei urn eine Zufallsstichprobe handelt.
Da die so gewonnenen Ergebnisse nur auf den Aussagen der
Betriebe basieren, muBte die Moglichkeit von" - bewuBt oder
unbewuBt - 'beschonigenden' Aussagen in Betracht gezogen
werden. Aus diesem Grunde haben wir veranlaBt, daB die Teil-
+) Dieses Kapitel wurde unter der ~Htarbeit von Dieter Seyer verfaBt.
- 252 -
nehmer im Rahmen des Deutschunterrichts einen Aufsatz ijber
ihre Erfahrungen bei den Vorstellungsgespr~chen schreiben sollten (Thema: "Meine Erfahrungen anl~Blich der Vorstellung
bei der Firma ••• " bzw. "Meine Erfahrungen beim Arbeitsamt") • Das Ergebnis der Auswertung von 179 Aufs~tzen zu diesem Thema ist als Erg~nzung zu der vorgenannten Erhebung zu verstehen.
5.3.2.1. Entwicklung der Fragestellung
Bei der Entwicklung des Fragebogens ging es zum einen
darum, von den 250 angeschriebenen Firmen moglichst um
fassende Informationen im Sinne der Fragestellung zu er
halten, zum.anderen muBten die Fragen nach Inhalt und Umfang in einem MaBe beschr~nkt werden, das einen mOglichst
hohen Rlicklauf der Fragebogen gew~hrleistete.
Mit dem in dieser Weise vorgegebenen Rahmen sollte die
Untersuchung liber folgende Fragen AufschluB geben:
~ Es konnte davon ausgegangen werden, daB das Arbeitsamt als Zuweisungsinstanz flir die Jugendlichen in die BFL einer
seits, als institutionalisierter Vermittler zwischen Ausbilder und Auszubildendem andererseits, den HaJptteil der
V~rmittlungen von BFL-Absolventen in ein Ausbildungsverh~ltnis tr~gt. Wie groB dieser Anteil ist und wie h~ufig Jugendliche oder deren Eltern bzw. die Betriebe selbst
sich urn diese Vermittlung bemlihen, sollte die erste Frage bean twor ten •
2. Frage 2 gliedert sich in drei Teile:
a) Zunachst sollte der Teil der Bewerber ermittelt werden,
der bei den einzelnen Firmen nach der Vorstellung in ein Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhaltnis libernommen worden ist,
bzw. wieviel Prozent der Bewerber aus dem CJD in einem Betrieb eine Ablehnung erfuhren.
b) Frage 2 sollte ~uBerdem daruber AufschluB geben, w±e
groB der Anteil der eingestellten Jugendlichen aus dem CJD an der Gesamtzahl der in ein Ausbildungsverh~ltnis uber-
- 253 -
nommenen Bewerber ist, zu wieviel Prozent der einzelne
Betrieb also seinen Bedarf an Auszubildenden mit BFL-Absol
venten gedeekt hat. e) Im Hinbliek auf die Auswahl bzw. Einstellungskriterien war zu vermuten, daB diese sieh naeh der GroBe der Betriebe
und naeh der Z"ahl der Ausbildungsverhaltnisse unterseheiden.
Aus diesem Grund war die Gesamtzahl der eingestellten Jugendliehen von Bedeutung.
Oa die Anzahl der Arbeitnehmer eines Betriebes mit der An
zahl der Auszubildenden nieht notwendig korreliert, wurde
in der betreffenden Frage nur die Ausbildungsintensitat
eines Betriebes, also die Anzahl der in ein Ausbildungs
verhaltnis Ubernommenen Jugendliehen fUr relevant eraehtet. Frage 2e kann somit keinen AufsehluB Uber die BetriebsgroBe geben.
~ Frage 3 zielt auf die Kriterien, naeh denen Jugendliehe (nieht nur BFL-Absolventen) von den Betrieben in ein Aus
bildungsverhaltnis Ubernommen werden. Mit den flinf vorgegebenen Antworten dUrften erfahrungsgemaB alle infragekommenden Auswahlkriterien abgedeekt sein:
a) personlieher Eindruek 1m Vorstellungsgespraeh b) objektiver Leistungstest, z.B. Intelligenztest
e) Probezeit und praktisehe Bewahrung
d) Zeugnisse und personliehe Unterlagen des Bewerbers
e) Prufun9 sehuliseher Kenntnisse und Fahigkeiten.
Es wurde erwartet, daB Betriebe mit sehr hoher Ausbildungs
intensitat sieh bei der Auswahl der Bewerber eher objekti
ver Leistungstests bzw. standardisierter Eignungstests be
dienen wUrden, ein personliehes Vorstellungsgespraeh dagegen vor allem bei Firmen mit nur sehr geringer Ausbildungsintensitat (in denen Firmeninhaber und Ausbilder haufig
identiseh sind) eine Rolle spielen wUrde.
~ Sofern Firmen bei ihrer Auswahl und der Beurteilung der
Jugendliehen aus dem CJO und der Ubrigen Bewerber untersehiedliehe MaBstabe anlegen, sollte dies in Frage 4 ver-
- 254 -
merkt und kurz begrlindet werden.
5. Die hohe Vermittlungsquote von Jugendlichen aus dem CJD
in ein Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhaltnis kann sicher auf
eine Reihe von Grlinden zurtickgeftihrt werden.
So ist z.B. zu vermuten, daB BFL-Absolventen aufgrund der
in ihrer werkpraktischen Unterweisung erworbenen Kenntnisse
und Fahigkeiten Hauptschulabgangern vorgezogen werden. Denn
zum einen entfallt bei diesen Jugendlichen die grundlegende
Einftihrung in den Beruf, zum anderen ist die Wahrscheinlich
keit einer Berufsfehlentscheidung und damit unter Umstanden
eines vorzeitigen Abbruchs der Ausbildung sicher geringer.
Die Frage, welche der moglichen Grtinde bei den betreffenden
Firmen nun entscheidend waren, sollte mit sieben vorge
gebenen Moglichkeiten beantwortet werden:
a) Gute Erfahrungen mit frtiheren BFL-Absolventen
b) Berufspraktische Kenntnise der Jugendlichen
c) Eine bessere Einstellung der Jugendlichen zur
Arbeit bzw. eine bessere Arbeitsdisziplin
d) Sozialpolitische Erwagungen (Abbau der Jugend-
arbeitslosigkeit etc.)
e) Der gute Ruf des CJD als Institution
f) Guter Kontakt zu Mitarbeitern des CJD
g) Weltanschauliche Grunde, z.B. aus christlicher
Uberzeugung.
Da in diesem Fall nicht davon ausgegangen werden konnte, daB
aIle infrage kommenden Grunde erfaBt wurden, sollte hier
auBerdem die Moglichkeit einer freien Beantwortung gegeben
sein.
~ Laut Gesetz haben Arbeitgeber verschiedene Moglichkeiten,
finanzielle Unterstutzung fur die Ausbildung von Jugendlichen
in Anspruch zu nehmen. Von Interesse schien in diesem Zu
sammenhang die Frage nach dem Anteil der unterstutzungsbe
rechtigten Firmen und die Frage, inwieweit die Moglichkeit
der finanziellen Unterstutzung bei der Einstellung der
- 255 -
BFL-Absolventen eine Rolle gespielt hat.
~ Die letzte Frage wendete sich an diejenigen Betriebe,
die nach der Vorstellung eines Bewerbers von einer Ein
stellung Abstand genommen hatten. Gegebenenfalls sollten
die Grlinde fur diesen EntschluB dargelegt werden.
5.3.2.2. Ergebnisse der Befragung
Von den 250 verschickten Fragebogen wurden 104 zuruckge
sandt. Flinf von ihnen konnten wegen zum Teil widerspruch
licher Aussagen bei der Auswertung nicht berucksichtigt
werden.
Bei einem Rucklauf von n=99 entspricht die Haufigkeit der
Nennungen bis 54 dem Prozentwert von n (z.B. 54 Nennungen
54 Prozent von n) .
Bei einer Haufigkeit ~ 55 betragt der Prozentwert von n
immer plus 1 (z.B. 55 Nennungen = 56 Prozent von n) .
Die nur geringfugige Differenz schien fur diese Untersuchung
nicht von Bedeutung, so daB immer gilt: Anzahl der Nennungen
Prozent von n.
Bei n = 99 werden darum die Prozentwerte nicht zlBatzlich
aufgefi.ihrt.
In den Fallen, in denen die Addition der Prozentwerte nicht
100 Prozent ergibt, ist dies auf Auslassungen in den Frage
bogen zuruckzufuhren.
- 256 -
Ergebnisse zu Frage
Ergebnisse absolut:
Die Kontaktaufnahme ging zuruck auf Initiative
des CJD bei 10 Betrieben
des Arbeitsamtes bei 64 Betrieben
der Jugendlichen bzw.
deren Eltern bei 20 Betrieben
der Betriebe selbst bei 13 Betrieben.
1m einzelnen stellen sich die Ergebnisse wie folgt dar:
Die Initiative zur Kontakt~aufnahme ging zuruck auf:
ausschlieBlich das CJD bei 9 Betrieben
ausschli~Blich das Arbeitsamt bei 55 Betrieben
ausschlieBlich die Ju-gendlichen bzw. Eltern bei
ausschlieBlich die Be-triebe selbst bei
das CJD und das Arbei tsamt bei
das Arbeitsamt und die Jugendlichen bzw. Eltern bei
das Arbeitsamt und auf Eigeninitiative hin bei
die Jugendlichen bzw. El tern und den Betrieb bei
Daruber hinaus wurden genannt:
auf Empfehlung (wessen?)
16 Betrieben
7 Betrieben
Betrieb
3 Betrieben
5 Betrieben
Betrieb
auf Mitarbeiter des hiesigen (Iserlohner, d.V.l Waisenhauses.
Der hohe Anteil der Kontaktaufnahmen, der bei 55 Firmen
ausschlieBlich und bei neun Firmen auch durch das Arbeits
amt erfolgte, bestatigt die eingangs formulierte Vermutung.
Aus dieser Aussage ist jedoch nicht zu entnehmen, ob die
betreffenden Firmen von vorneherein die Ausbildung eines
- 257 -
oder mehrerer Jugendlieher geplant hatten und auf die
Kontaktaufnahme des Arbeitsamtes warteten oder ob auf die
Initiative des Arbeitsamtes hin erst eine Ausbildung in
Erw~gung gezogen bzw. ihr zugestimmt wurde.
Auffallend hoeh stellt sieh noeh die Initiative dureh
die Jugendliehen bzw. deren Eltern dar: insgesamt 20 Firmen
verweisen darauf.
Ergebnisse zu Frage 2
Von den 99 Firmen stell ten 70 aIle Jugendliehen aus dem
CJD ein, die sieh urn eine Einstellung beworben hatten. Die Zahl der Bewerber betrug hier
1 bei 61 Betrieben,
2 bei 6 Betrieben und
3 bei 3 Betrieben.
Nur bei 20 Firmen erfolgte die Einstellung eines Teils bzw.
von keinem der Bewerber.
Abgelehnt wurden bei:
Anzahl der Anzahl der Ablehnungen Firmen Bewerber absol. %
des CJD
1 1 100 8 2 1 50 1 2 2 100 3 3 1 33 2 3 2 66 1 4 3 75 1 8 5 62 1 8 6 75 1 9 2 22 1 26 14 54
12 Betriebe ~uBerten sieh nieht bzw. nur unvollst~dig zu dieser Frage.
- 258 -
Ausbildungsintensit&t:
zahl der im Untersuchungsjahr geschlossenen A.-vertr.
1 2 3 4 5 7 8
10 11 12 13 20 34 35 89
121 220
Zahl der Betriebe
30 23 13 6 2 3 4 2 1
1 1 1
% (n=92)
33 25 14
7 2 3 4 2
Sieben Betriebe machten keine Angaben.
Auffallend hoch ist hier der Teil der Firmen mit 1 bis 3
abgeschlossenen Ausbildungsvertr&gen im Jahr der Untersuchung, der zusammen immerhin 72 Prozent betr>. Ein Vergleich mit der Verteilung der Betriebe der BRD entspre
chend der Anzahl ihrer Besch&ftigten war leider nicht m5g
lich, da in vorliegenden Statistiken meist von GroB-, Mittel- oder Kleinbetrieben gesprochen wird und die Anzahl
der Besc~&ftigten diesen Klassifizierungen willkUrlich zugeordnet wird.
Hingewiesen werden solI in diesem Zusammenhang lediglich
auf eine Erhebung mit Stichtag 31.12.1974 zum Angebot an Ausbildungspl&tzen (sh. Stingel, Josef, Jugendarbeitslosig
keit, Rede zur Er8ffnung des Jugenddorfes Olpe-Eichhagen, Oktober 1973, 0.0., S. 16.)
Ihr zufolge betr> der Anteil der Auszubildenden an der
Gesamtzahl der Besch&ftigten 9,2 Prozent bei Firmen bis zu einer Betriebsgr8Be von 49 Besch~ftigten. Bei Betrieben
- 259 -
mit 5000 Beschaftigten und mehr dagegen sank der pro zen
tuale Anteil auf 3,9 Prozent. Es kann also generell davon
ausgegangen werden, daB 'kleinere' Betriebe ausbildungs
intensiver sind.
Deckung des Bedarfs an Auszubildenden durch Jugendliche
des CJD:
Bedarfs- Anzahl der % (n=89) dee kung Betriebe in %
100 33 37 67 2 2 60 1 1 50 22 25 40 1 38 1 33 9 10 25 4 4 18 1 1 14 3 3 13 2 2 10 2 2
8 3 3 6 1 1 3 3 3 0,8
keine Angabe 10
99
Eine Interpretation der ermittelten Daten erfolgt in Ver
bindung mit den Ergebnissen von Frage 5
Ergebnisse zu Frage 3
Die Auswahlkriterien fUr die Ubernahme von Jugendlichen in
ein Ausbildungsverhaltnis zeigten folgende Verteilung:
(Anzahl der Nennungen absolut)
Auswahlkriterien
(a) Peroonlieher Eindruek im Vorstellungsgespraeh
(b) Objektiver Leistungstest (z.B. Intelligenztest)
(e) Probezeit und praktisehe Bewlihrung
(d) Zeugnisse und persOnliehe Unterlagen des Bewerbers
(e) Prftfung der sehulisehen Kenntnisse und·Fil.higkeiten
Anzahl der Nenmmgen
75
11
52
36
18
- 260 -
Im einzelnen verteilen sieh die Nennungen wie folgt:
genannt wurden die Kriterien
(al (el (dl (el
(a) (b)
(al (el (a) (d) (a l (e) (b) (e) (b) (d)
(bl (e) (e) (d) (e) (e) (d) (e)
(a) (b) (d) (a) (e) (d)
(b}(e}(d)
... von: (Anzahl der Betriebel
6
1 38 17
9
3 4 8 1 3
2
Deutlieh heben sieh bei dieser Aufsehlusselung die
Kombination (al (d), vor allem aber (a) (e) hervor.
Bei 38 Prozent der Firmen ist also der personliehe Eindruek
im Vorstellungsgespraeh und die Probezeit bzw. praktisehe
Bewahrung das Hauptkriterium fur die Einstellung eines
Auszubildenden, bei 6 Prozent sogar aussehlieBlieh der
personliehe Eindruek.
Die Zeugnisse und personliehen Unterlagen der Bewerber
sind den Ergebnissen zufolge nur von naehgeordneter Bedeutung:
so sind sie aussehlieBlieh Einstellungskri t.erium bei nur
einem Betrieb, in Verbindung mit dem personliehen Eindruek
im Vorstellungsgespraeh werden sie nur 17 mal genannt und
selbst der absolute Wert von 36 Prozent liegt erst an dritter
Stelle aller Nennungen.
Relativ haufig, namlieh neun mal, findet sich auch die
Kombination von personliehem Eindruck und der Prufung der
sehulischen Kenntnisse und Fahigkeiten sowie von Probezeit/
praktiseher Bewahrung und Zeugnissen (aeht mal).
- 261 -
Mit 11 Prozent absolutem Anteil liegt die Verwendung eines
objektiven Leisbungstests an niedrigster Stelle der Kriterien.
Setzt man diese Ergebnisse in Beziehung zu denen von Frage 2, so ergeben sieh folgende Resultate:
Nennung der Auswahlkriterien, aufgesehlUsselt naeh Anzahl
der im Untersuehungsjahr eingestellten Auszubildenden (Ausbildungsintensitat) :
(Nennung der Auswahlkriterien absolut, ohne BerUeksiehtigung von Mehrfaehnennungen)
Auswahlkriterium
3 (a)
3 (b)
3(c)
Ausbi l.dungs-intensitat
1 2 3 4
5- 8 1-0- 20 34-220
1- 4 5-220
3 5- 8
34-220
1- 4 5-220
1 2 3 4
5- 8 89 (34-220)
1- 4 5-220
Anzahl der Nennungen
abs. % +)
27 90 17 74 12 92 6 100 1 11 6 100 2 40
62 86 9 45
1 8 4 44 5 100
1 1 11 55
21 70 16 9 6 46 3 50 2 22 1 20
46 64 3 1.5
+) Prozent der Gesamtzahl der Betriebe mit entsprechender Au sbildun gsin tensi tat
- 262 -
Fortsetzung von s. 261
Auswahl- Ausbildungs- Anzahl der kriterium intensitat Nennungen
abs. %
3 (d) 9 30 2 10 43 3 3 23 4 1 17
5- 8 5 56 10- 20 2 33 34- 220 3 60
1- 4 23 32 5- 220 10 50
3 (e) 1 3 10 2 2 9 3 1 8 4 2 33
5- 8 5 56 10- 20 4 67 34- 220 20
1- 4 8 II 5- 220 10 50
Bei der Auswertung der Angaben ergab sich die Schwierigkeit
der Unterscheidung nach Betrieben mit 'hoher' und 'niedriger'
Ausbildungsintensitat. Da die Differenzierung notwendiger
weise willkurlich vorgenommen werden mUBte, schies es am
zweckmaBigsten und am ehesten eine Aussage zulassend, wenn
sie an den Stellen vorgenommen wlirde, an den en sich eine
deutliche Verschiebung der ermittelten Werte ergab.
Das Einstellungskriteriurn "pers6nlicher Eindruck 1m Vor
stellungsgesprach "(a) wurde von 62 der Firmen (=86 Prozent)
mit einer Ausbildungsintensitat von 1-4 Auszubildenden ge
nannt. Bei den Firmen mit mehr als vier Auszubildenden da
gegen lag der Wert mit 45 Prozent von der Gesamtzahl dieser
Firmen fast urn die Halfte niedriger.
Wenn sich bei der feinerpn Differenzierung auch kein so
eindeutiges Bild ergibt (so nannten 100 Prozent der Betriebe
mit der Ausbildungsintensitat 10-20 das Kriterium (a», so
kann man doch von einer eindeutigen H6herbewertung dieses
Kriteriums durch Betriebe mit geringer Ausbildungsintensitat sprechen.
- 263 -
Die bei der Entwicklung der Fragestellung formulierte Ver
mutung, daB Uberwiegend groBe Betriebe sich objektiver Lei
stungstests bzw. Eignungstests (b) bedienen wlirden, wird
durch die Ergebnisse voll bestatigt.
So trifft dieses Kriteriurn fUr aIle Betriebe von 34-220
eingestellten Jugendlichen zu,und selbst bei Firmen mit
einer Ausbildungsintensitat von 5-8 liegt ae~ prozentuale
Anteil noch bei 44 Prozent.
Vollends deutlich wird da~ Ergebnis bei einer Unterteilung
in zwei Gruppen: nur 1 Prozent der Betriebe mit 1-4 Auszu
bildenden bedient sich objektiver Leistungstests, bei den
Betrieben mit 5-200 Auszubildenden sind es dagegen 55 Prozent.
Die Firmen, die "Probezeit und praktische Bewahrung" (c)
als Einstellungskriterium angaben, sind wieder liberwiegend
diejenigen mit geringer Ausbildungsintensitat. Bei Betrieben
mit nur einem eingestellten Jugendlichen betrug ihr Anteil
70 Prozent, bei denen mit 1-4 Auszubildenden 64 Prozent.
Die 15 Prozent der Gruppe 5-220 lassen die Aussage zu, daB
es sich auch hier urn ein Auswahlkriteriurn liberwiegend
'kleiner' Betriebe handelt.
Die Nennungen des Auswahlkriteriurns "Zeugnisse und person
liche Unterlagen des Bewerbers" (d) weisen die vergleichs
weise geringsten Differenzen auf.
Die Anteile der einzelnen Gruppen schwanken zwar zwischen 17
und 60 Prozent; bei der Einteilung der Betriebe in Gruppen
mit einer Ausbildungsintensitat von 1-4 bzw. 5-220 einge
stell ten Bewerbern betragen die Prozentwerte 32 bzw. 50 Pro
zent - es kann also nicht davon gesprochen werden, daB
dieses Auswahlkriteriurn liberwiegend flir Firmen einer be
stimmten Ausbildungsintensitat von Bedeutung ist.
Eine groBere Differenz ergibt sich dagegen bei der "Prlifung
der schulischen Kenntnisse und Fahigkeiten". Dieses Auswahl
kriterium wird wieder in deutlich hoherem MaBe von den Firmen
mit groBerer Ausbildungsintensitat angewandt, was sowohl
- 264 -
bei der Grob- als auch bei der Feindifferenzierung deutlich
wird. Lediglich bei den Betrieben mit sehr hoher Ausbil
dungsintensitat (34-220) verliert das Kriterium wieder an
Bedeutung.
Setzt man die zu dieser Frage dargestellten Kombina
tionen, die die haufigste Nennung aufweisen, in Beziehung
zur Ausbildungsintensitat, so ergeben sich weitere Aspekte:
Kombination Ausbildungsintensitat
(al (el 1
(al (d)
(a) (el
(e) (d)
2 3 4
2 3 4 5
10 12
I 3 4
10 11 13 20
o.Angabe I 2 8
Anzahl der
18 11
6 3
7 4 2
2 I 2
(I) 2 4
Betriebe
Die zuvor ermittelten Ergebnisse werden hier im wesentlichen
noch mal bestatigt.
Die Kombination der Kriterien (a) (e) finden sieh ausschlieB
lich bei Betrieben, die im Untersuchungsjahr nicht mehr als
vier Jugendliche eingestellt haben. Die Kombination (a) (d)
liegt schon etwas weiter gestreut, wird aber auch nur von
Betrieben bis zu 12 eingestellten Bewerbern angegeben, wo
bei die Betriebe mit geringster Ausbildungsintensitat domi
nieren. Dies ist ebenfalls, wenn auch in geringerem MaBe,
bei den Kombinationen (a) (e) und (c) (d) der Fall.
- 265 -
Ergebnisse zu Frage 4
Von den 99 Betrieben gaben 13 an, unterschiedliche MaB
stabe bei den Jugendlichen des CJD und den librigen Bewerbern
angelegt zu haben (4 machten keine Angaben); von diesen 13
Betrieben gaben 11 eine Begrlindung.
Es stellte sich jedoch heraus, daB die Aufforderung zur
Begrlindung teilweise miBverstanden worden war.
So gaben einige Firmen statt der Begrlindung den MaBstab
selbst bzw. das Kriteriurn der Einstellung an. Dessen unge
achtet sollen die relevant erscheinenden Anmerkungen stich
wortartig wiedergegeben werden.
Begrlindungen:
- Urn dern Jugendlichen die Moglichkeit einerAusbildung
zu geben
- Urn Flirsorgezogling Stellung zu geben
Angelegter MaBstab bzw. Einstellungsgrund:
- Langeres Vorstellungsgesprach
- Berlicksichtigung der personlichen Umstande
- Besondere Berlicksichtigung der Bewahrung in der Probezeit
- Hohere Bewertung der schon erworbenen Fahigkeiten
Personlicher Eindruck des Ausbilders (wurde von diesern in
Frage 3 nicht genannt)
- Schulische/berufliche Vorbildung.
Bezogen auf das Gesamtergebnis der Untersuchung dlirfte das
Ergebnis von Frage 4 nur eine nebensachliche Bedeutung haben.
Ergebnisse zu Frage 5
Die entscheidenden Grlinde, Jugendliche des CJD in ein Aus
bildungs- bzw. Arbeitsverhaltnis zu libernehrnen, zeigten
folgende Verteilung:
- 266 -
(Anzahl der Nennungen absolut)
Einstellungsgrtmd
(aa) Gute Erfahrungen mit fruheren BFL-Absol venten
(bb) Berufspraktisehe Kenntnisse der Jllgendliehen
(ee) Bessere Einstellung der Jugend lichen zur Arbei t
(dd) Sozialpolitisehe Erwagungen (z.B. Abball der Jugendarbei tslosigkeit)
{eel Der gute Ruf des CJD
(ff) Guter Kontakt Zll Mitarbeitern des CJD
(gg) WeI tanschauliehe GrGnde (z.B. aus ehristlieher tiberzeugung)
Anzahl der Nennungen
12
24
20
43
12
4
7
% (n=76)
16
32
26
57
16
5
9
.12 Betriebe gaben keinen der vorgegebenen Grlinde an, maehten
aber eine Anrnerkung.
Bei der Auswertung stell te sieh eine geringfligige Unkorrekt
heit in der Fragestellung heraus. Wahrend sieh, mit einer
Ausnahme, aIle vorgegebenen Grlinde unmittelbar auf den BFL
des CJD beziehen, kennen die "sozialpolitisehen Erwagungen"
(dd) auf jeden angenommenen Bewerber zutreffen.
Der deutlieh herausragende Anteil der sozialpolitischen
Erwagungen laBt die Megliehkeit in Betraeht ziehen, daB
einige der 43 Firmen diesen Grund zweeks "Image-Pflege"
angegeben haben.
Bei derBewertung der berufspraktisehen Kenntnisse der
Jugendliehen, sowie deren bessere Einstellung zur Arbeit,
die von 32 Prozent bzw. 26 Prozent der Betriebe genannt
wurden, seheinen doeh nieht in dem erwarteten MaBe eine
Rolle zu spielen, obwohl sie naeh den "sozialpolitisehen
Erwagungen" den greBten Anteil stellen. Einstellungsgrund
(aa) und (ee) entspreehen sieh in etwa, da der gute Ruf
- 267 -
des CJD bei Arbeitgebern zu einem sieher nieht geringen
Teil auf gute Erfahrungen mit fruheren BFL-Absolventen be
ruhen dlirfte.
1m einzelnen wurden von den jeweiligen Firmen folgende Ein
stellungsgrlinde genannt:
Einstellungsgrund
(aa) (bb) (ee) (dd) (ee) ( ff) (gg)
(aa) (bb) (aa) (ee) (aa) (dd) (bb) (ee) (bb) (dd) (bb) (ff) (bb) (gg) (ee) (dd) (ee) (ee) (dd) (ee) (dd) (ff) _(dd) (gg)
(aa) (bb) (dd) (bb) (ee) (dd) (bb) (dd) (gg) (bb) (dd) (ee) (ee) (dd) (ee) (dd) (ee) (ff) (dd) (ee) (gg)
(aa) (ee) (dd) (ee)
Anzahl der
4 6 5
17 2 1 2
2 3 4 2
1 2 2 2
3 2 2
Firrnen
Aueh bei dieser Aufsehllisselung tritt die Angabe von sozial
politisehen Erwagungen dureh 17 Betriebe deutlieh in den
Vordergrund, mit groBem Abstand gefolgt von der Nennung (aa),
(bb) und (ee).
Von den Firmen, die mehrere Grunde angaben, nann ten vier
berufspraktisehe Kenntnisse und eine bessere Einstellung zur
Arbeit. Es seheint, daB hier eine unmittelbare positive Be
wertung des Konzepts der BFL zum Ausdruek kommt.
- 268 -
Setzt man die EinstellungsgrUnde in Beziehung zur Ausbil
dungsintensit~t der einzelnen Betriebe, so ergeben sich
interessante Aspekte, die jedoch nur mit Einschr~nkungen
bewertet werden k6nnen, da ein Viertel der Betriebe keinen
der vorgegebenen GrUnde genannt hat.
(Nennung der Auswahlkriterien absolut, ohne Berticksichtigung von Mehrfachnennungen)
Einstellungsgrund Ausbildungs- Anzahl der % +) intensitat Nennun gen
(aa) 1 2 7 2 1 4 3 3 13 4 1 17
5- 8 2 22 10- 20 2 33 1- 4 7 10 5-220 4 20
(bb) 1 9 :30 2 8 35 3 3 13
5- 8 2 22 10- 20 17 1- 4 20 28 5-220 3 15
(ee) 1 8 27 2 5 22 3 5 38
5- 8 11 10- 20 1 17 1- 4 18 25 5-220 2 10
(dd) 1 18 60 2 6 26 3 5 38 4 5 83
5- 8 3 33 10- 20 4 67 34-220 20 1- 4 34 47 5-220 8 40
(ee) 1 5 17 2 2 9
5- 8 2 22 10- 20 2 33 34-220 1 20 1- 4 7 10 5-220 5 25
( ff) 2 4 4 17
5- 8 1 II 10- 20 1 17 1- 4 2 3 5-220 2 10
- 269 -
Einstellungsgrund Ausbildungs- Anzahl der intensitat Nennungen
(gg) 1 3 2 3
5- 8 1 1- 4 6 5-220
+) Prozent der Gesamtzahl der Betriebe mit entsprechender Ausbildungsintensitat
% +)
10 13 11
8 5 ------
Die prozentuale Verteilung macht deutlich, daB die Einstellungs
grlinde "Berufspraktische Kenntnisse" (bb) und "bessere Ein
stellung zur Arbeit" (cc) zum uberwiegenden Teil von den Be
trieben mit geringer Ausbildungsintensitat (1-4) angegeben
wurden, wahrend "Gute Erfahrungen" (aa), "Guter Ruf des CJD"
und "guter Kontakt zu Mitarbeitern des CJD" von den Firmen
mit hoherer Ausbildungsintensitat angegeben wurden.
Eine Ausnahrne macht der Grund "sozialpolitische Erwagungen".
Bei der Feindifferenzierung streuen die Werte zwar erheblich,
bei der Aufteilung der Firmen in zwei Gruppen unterscheiden
sich die Ergebnisse jedoch nur noch geringfugig (47 Prozent
gegen 40 Prozent) .
Von den 18 Betrieben, die nur oder auch einen nicht vorgegebe
nen Grund zur Einstellung der Jugendlichen aus dem CJD an
gaben, waren 13 fUr diese Untersuchung zu verwerten:
3 Betriebe gaben an, daB nur das Ergebnis der PrUfung aus
schlaggebend gewesen sei (Ausbildungsintensitat 222; 8; 7).
2 Betriebe teilten mit, daB die Teilnahrne des Jugendlichen
am BFL nicht bekannt gewesen sei.
Des weiteren wurde genannt:
Gesprach und Bitte der Eltern urn Einstellung
Finanzielle Unterstutzung
Guter Kontakt Zurn Arbeitsamt
Personlicher Eindruck im Vorstellungsgesprach
Auch Jugendlichen ohne SchulabschluB eine Chance zu geben
Empfehlung des Arbeitsamtes
Eignung nach Auswahlkriterien des Arbeitgebers.
- 270 -
Ergebnisse zu Frage 6
Zu Frage 6 nahmen 13 Firmen keine Stellung. Von den verble i
benden 86 gaben 25 (= 29 Prozent) an, daB fUr sie die Moglich
keit einer finanziellen UnterstUtzung nach AFG bestand, und diese Moglichkeit bei der Einstellung eine Rolle gespielt habe.
FUr 38 (= 44 Prozent) der Betriebe bestand zwar die M5glich
keit, sie spielte bei der Entscheidung, Jugendliche in ein Ausbildungsvernaltnis zu Ubernehmen, jedoch keine Rolle.
Eine Firma vermerkte nur, daB die Moglichkeit der Forderung fUr sie bestand, zwei Firmen gaben lediglich an, daB die
Moglichkeit keine Rolle spielte.
Von den Betrieben, die bei Frage 5 ausschlieBlich sozial
politische Erwagungen angegeben hatten, spiel ten fUr 6 (= 35 Prozent) auch die finanzielle UnterstUtzung eine Rolle.
Dies trifft ebenfalls fUr 2 (= 29 Prozent) derjenigen Firmen zu, die neben anderen EinstellungsgrUnden auch weltanschau
liche GrUnde genannt hatten. Ais gewissen Widerspruch konnte man schlieBlich interpretieren,
daB fUr beide Betriebe, die ausschlieBlich weltanschauliche
GrUnde angaben, auch die Moglichkeit der finanziellen UnterstUtzung bei der Einstellung von Auszubildenden eine Rolle spielte.
Ergebnisse zu Frage 7
Von den 13 Betrieben, die zu Frage 7 eine Erl§uterung gaben, lehnten zwei die Bewerber aufgrund der Test- bzw. PrUfungs
ergebnisse ab (Ausbildungsintensitat 220: 14).
Die Ubrigen Angaben sollen ledliglich stichwortartig wiedergegeben werden, da sie sich nicht weiter interpretieren lassen.
- Ein anderer Bewerber entsprach mehr den Vorstellungen
- KUndigung des Bewerbers nach zwei Tagen - Nichteignung wegen korperlicher Schwache/ Nichteigung
wegen mangelnder Rechen- und Schreibfahigkeiten
- Wegen Krankheit des Bewerbers - Ablehnung durch den Bewerber
- 271 -
- Negativer Eindruek ("stumpfsinnig")
- Niehteignung aufgrund des Auftretens des Bewerbers
- Von 6 Zuweisungen dureh das Arbeitsamt ersehien
keiner zur Vorstellung
- Kilndigung naeh einer Woehe wegen Anpassungsschwierigkeiten.
5.3.2.3. Ergebnisse des Aufsatzes "Meine Erfahrungen anUiBlieh der Vorstellung bei der Firma ••• " bzw. "Meine Erfahrungen beim Arbeitsamt"
Die Auswertung der 179 Aufsatze erwies sieh als weniger
ertragreieh.
Das lag zum einen an den qualitativ wie quantitativ au Berst
versehiedenen Arbeiten (so lag ihr Umfang z.B. zwischen weni
gen Zeilen und 3 Seiten); dadureh erwies es sieh als nur
bedi~gt moglieh, ein einheitliehes Raster gleiehlautender
Aussagen zu erstellen.
Zum anderen konnte nieht davon ausgegangen werden, daB ein
Merkmal des Auswertungsbogens nieht zutraf, wenn es in einem
Aufsatz nieht genannt wurde.
Die Ergebnisse beziehen sich daher nur auf die Anzahl der
Nennungen eines Merkmals, unabhangig von der nieht zu ermitteln
den Haufigkeit seines tatsaehliehen Vorkommens.
Wegen der nur bedingten Aussagekraft der Ergebnisse 5011 auf
eine Interpretation verziehtet werden; denn aueh das Resultat
einer vergleiehenden Gegenliberstellung der Ergebnisse von
Fragebogen und Aufsatzen ware rein zufalliger Natur.
Ergebnisse: (n = 179)
Die Kontaktaufnahme mit der Firma erfolgte
dureh Mitarbeiter des CJD bei 9 5 % ) , dureh das Arbeitsamt bei 89 50 % ) , durch den Bewerber selbst bei 20 11 % ) , dureh die Eltern bei 9 5 % ) , dureh Verwandte bei 3 1 ,7 %
der Bewerber.
- 272 -
Die Vorstellung des Bewerbers
allein bei der Firma erfolgte
bei 75 42 %)
mit Eltern(-teil) bei 36 20 %)
m1 t einem Angeh8rigen des CJD bei 5 (= 3 %)
der Bewerber.
Die Anzahl der Bewerbungen betrug
bei 85 Jugendlichen 1,
bei 25 Jugendlichen 2,
bei 7 Jugendlichen 3 und
bei je einem Jugendlichen 61 71 81 91 11 Vier Jugendliche gaben lediglich 'viele' an.
3 Bewerber gaben an, daB die Absolvierung des BFL fUr ihre
Einstellung maBgeblich gewesen sei, bei 7 Jugendlichen war sie ihrer Meinung nach von Vorteil.
37 ( = 21 Prozent) der Jugendlichen gaben an, daB ihr Berufs
wunsch erfUllt worden sei. Bei 48 FUr 11
= 27 Prozent) dagegen war dies nicht der Fall. = 6 Prozent) stellte der erw~hlte Beruf eine vorher
erwogene Ausweichm8glichkeit dar.
Die Berufswahl erfolgte durch
den Bewerber bei 55 31 Prozentl die Eltern bei 6 3 Prozent) das Arbeitsamt bei 32 18 Prozentl CJD-Mitarbeiter bei 4 2 Prozent) der Jugendlichen.
Bei derBerufswahl durch das Arbeitsamt handelt es sich urn die
jenigen FaIle, in denen Jugendliche ohne die geringste Vorstellung Uber ihren zukUnftigen Beruf zur Beratung des Arbeitsamtes gekommen waren oder die BerufswUnsche illusorisch waren
(z.B. bei den Madchen 'Kinderkrankenschwester'l. Die Berufsvorschl~ge des Berufsberaters wurden dann meist
vorbehaltslos akaeptiert, so daB von einer 'Berufswahl' nicht
mehr die Rede sein kann.
- 273 -
Neben diesen Ergebnissen scheinen noch folgende Aussagen wert,
an dieser Stelle wiedergegeben zu werden:
- Der Ausbildungsbetrieb (Gas-Wasser-Installation)
wUnschte einen Bewerber mit RealschulabschluB.
- Eine Stelle gefiel nicht, da der Ausbilder den
Auszubildenden Bfter schlug.
- Der Berufsberater teilte dem Jugendlichen mit, ihm
aufgrund seiner Zensuren keine Stelle in dem gewUnschten Beruf (bei Boesch) vermitteln zu kBnnen.
Der Jugendliche bewarb sich auf eigene Faust, bestand den Test und bekam den Ausbildungsplatz.
Der Berufsberater begrUndete die Unm5glichkeit, eine
Stelle als Elektromechaniker zu vermitteln: Strom kann man nicht sehen, sondern nur berechnen; es sieht sehr schlecht aus auf dem Lehrstellenmarkt;
auBerdem bekommt man in diesem Beruf nicht soviel Geld.
Eine h~ufig in den Aufs~tzen geschilderte BegrUBung des Berufs
beraters bestand in der Mitteilung "Es sieht sehr schlecht auf dem Arbeitsmarkt aus"
"Es ist sehr schwer, eine Stelle zu bekommen". Man mag sich nach dem Sinn dieser redundanten und sicher
nicht sehr ermutigenden KuBerung fragen.
5.3.3. Vermittlungserfolg im 9. BerufsfBrderungslehrgang
Wie bereits erw~hnt, konnten von den 300 Teilnehmern, die den 9. BerufsfBrderungslehrgang beendet haben, 271 (90,4 Prozent)
in eine Ausbildungsstelle, Arbeitsstelle oder weiterfUhrende Schule vermittelt werden. Die genauen Vermittlungszahlen sind
der folgenden Tabelle zu entnehmen:
- 274 -
Tabelle: Vermittlungserfolg 9. BFL
Miinnlich Weiblich Gesamt Vermittelt in: abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ausbildungsstelle 206 89.6 43 61.4 249 83.0
Arbeitsstelle 4 1.7 7 10.0 II 3.7
Weiterfuhr.Schule 5 2.2 6 8.6 11 3.7
Nicht vermittelt 15 6.5 14 20.0 29 9.6
Summe: 230 100 70 100 300 100
Diese Tabelle basiert auf den Angaben des CJD, das zum AbschluB
des Lehrgangs eine Berufseinmfrndungsliste erstellt, die den
Stand des Vermittlungserfolges am letzten Lehrgangstag wieder
gibt. Anhand einer Nachbefragung der Lehrgangsteilnehmer,etwa
ein halbes Jahr spater, konnten wir feststellen, daB die tat
sachlichen Vermittlungszahlen sogar noch etwas hoher lagen, da
einige Teilnehmer kurz nach Lehrgangsende noch eine Stelle be
kommen haben (naheres sh. Kap. 5.3.5.). Somit konnte auch im
9. BFL ein ahnlich hoher Vermittlungserfolg wie in den vorange
gangenen Lehrgangen erreicht werden.
Die obige Tabelle verdeutlicht aber auch, daB der Vermittlungs
erfolg bei den Jungen wesentlich hoher lag als bei den Madchen.
Von den weiblichen Lehrgangsteilnehmern konnten 20 Prozent nicht
vermittelt werden, wahrend von den Jungen nur 6.5 Prozent am
Lehrgangsende nicht vermittelt waren.
Berlicksichtigt man die allgemeine Zielsetzung der Forderungs
lehrgange, namlich die Vermittlung in ein Ausbildungsverhaltnis,
so werden die Unterschiede noch deutlicher. Fast 90 Prozent der
Jungen konnten in eine Ausbildungsstelle vermittelt werden,
wahrend nur 61.4 Prozent der Madchen einen Ausbildungsplatz
erhielten. Flir mehr als ein Drittel der Madchen (38.6 Prozent)
konnte also das Lehrgangsziel, Vermittlung in ein Ausbildungs
verhaltnis, nicht erreicht werden.
10 Prozent der weiblichen Lehrgangsteilnehmer muBten mi t. einer
Arbeitsstelle bzw. Anlernstelle vorlieb nehmen. Es handelte sich
- 275 -
dabei Uberwiegend urn Stellen als Haushaltshilfe. Auf weiter
flihrende Schulen wurden 8.6 Prozent der M~dchen vermittelt, w~hrend der Anteil bei den Jungen nur 2.2 Prozent betrug. Von
den 11 Jugendlichen, die nach dem Lehrgang in weiterfuhrende Schulen einmUndeten, besuchten 5 das Berufsgrundschuljahr, 3 besuchten VHS-Kurse zurn nachtr~glichen Erwerb des Hauptschulab
schlusses, 2 wechselten zur Handelsschule und ein Jugendlicher besuchte die Realschule.
Die 210 m~nnlichen Lehrgangsteilnehmer, die in Ausbildungs-
oder Arbeitsstellen vermittelt werden konnten, verteilten sich auf 46 verschiedene Berufe. Die 50 vermittelten weiblichen Teil
nehmer verteilten sich auf nur 12 verschiedene Berufe. Weitere Einzelheiten der BerufseinmUndung sind dem nachfolgenden Kapitel zu en tnehmen •
5.3.4. Berufswunsch und BerufseinmUndung
Einer der wichtigsten Aspekte der Berufsforderungslehrg~nge
ist der ProzeB der Berufsfindung. Viele Jugendliche haben zu
Beginn des Lehrgangs noch keine oder nur sehr vage Vorstellun
gen tiber ihre sp~tere Berufst~tigkeit. Durch das Kennenlernen der verschiedenen Berufsfelder 1m BFL sollen die Teilnehmer
Gelegenheit erhalten, ihre personliche Eignung und Neigung zu finden. Urn der Frage nachzugehen, inwieweit sich der Berufs
wunsch der Jugendlichen durch den Lehrgang ge~ndert hat, wurde bei den Einzelinterviews nach dem Berufswunsch zu Beginn des Lehrgangs (F 1, Frage 6) und zurn Zeitpunkt der Befragung gegen
Lehrgangsende (F 1, Frage 33) gefragt. Den Angaben der Jugend
lichen haben wir die tats~chliche Berufseinmtindung gegenuberge
stellt. Die sich dabei ergebenden Veranderungen sind aus der folgenden Tabelle ersichtlich.
- 276 -
Tabelle: Veranderungen des Berufswunsches und tatsachliche Berufseinmlindung:
Berufs- Berufs- Berufsein-wunsch wunsch mundung z.Beginn gegen d.Lehr- Ende d. gangs Lehrgangs
Kfz-Berufe 30 29 44
B11roberufe 6 3 2
Einzelhandelsberufe 10 20 24
Schlosserberufe 31 45 33
Installateurber. 4 9 16
Elektroberufe 43 30 5
Bauberufe 4 7
Holzberufe 9 3 14
Malerberufe 22 28 28
Bergtechnische B. 7
Huttentechnische B. 4 12
Lebensmittel-Handw. 15 15 17
Erziehungs- und Pflegeberufe 20 10
Hauswirtschaftsber. 2 4 7
Sonst.Metallberufe 9 16 17
Textilberufe 4 7 4
Haar- u.Korperpflege II 17 13
Garten- u.Forstber. 8 15 6
Sonstige Berufe II 7 5
Bei vie len Berufsbereichen zeigt sich eine relativ groBe Kon
stanz; so in den Bereichen "Schlosserberufe", "Malerberufe",
"Lebensmittelhandwerk" und "Haar- und Korperpflege". Auch im
Bereich "Kfz-Berufe" zeigten sich kaumlVeranderungen. Der hohe
Anteil in der Spalte BerufseinmUndung kommt dadurch zustande, daB
hier die Kfz-Lackierer (14 Jugendliche) mitgerechnet wurden, ob
wohl keiner diesen Berufswunsch zu Beginn des Lehrgangs auBerte.
Gravierende Unterschiede zwischen Berufswunsch und Berufsein
mlindung treten in den Bereichen "Elektroberufe" und "Erziehungs
und Pflegeberufe" auf. Es handelt sich dabei um sogenannte Mode
berufe, die z.Z. ein relativ hohes Sozialprestige haben. Von den
- 277 -
43 Jungen, die zu Beginn des Lehrgangs eine Ausbildung in der
Elektrobranche angestrebt hatten, konnten nur 5 in einen
Elektroberuf vermittelt werden. Einigen konnte bereits wahrend
des Lehrgangs verdeutlicht werden, daB die Anforderungen hier
auf einem hoheren Niveau liegen, als es voraussichtlich von
den Jugendlichen erreicht werden kann. Diese Tatsache spiegelt
sich darin wider, daB gegen Ende des Lehrgangs nur noch 30
Jungen Elektriker werden'Mollten.
Der Wunsch vieler Madchen, einen Erziehungs- oder Pflegeberuf
zu ergreifen, erwies sich ebenfalls als nicht realisierbar.
Die gewtinschten Berufe wie Kindergartnerin, Krankenschwester,
Sauglingsschwester und dergleichen erfordern ein Qualifika
tionsniveau, wie es von den Teilnehmern an den Berufsforderungs
lehrgangen nur in Ausnahmefallen erreicht wird. Gerade bei den
Madchen zeigt e's sich, daB nur eine geringe Auswahlmoglichkei t
an Berufen besteht. Mehr als die Halfte aller weiblichen Lehr
gangsteilnehmer wurden entweder Friseuse oder Verkauferin. Der
Rest der Madchen verteilt sich auf ca. 10 andere Berufe.
Bemerkenswert ist auch die Tatsache, daB einige Berufe von den
Jugendlichen zu Beginn des Lehrgangs gar nicht oder nur selten
gewtinscht wurden, in die aber letzten Endes mehrere Teilnehmer
eingemtindet sind. Dies gilt fUr die Bereiche "Bauberufe", "Berg
technische Berufe", "Holzberufe". In diese flinf Bereiche wollten
zu Beginn des Lehrgangs nur 14 Jugendliche einmlinden, zum Zeit
punkt unserer Befragung waren es 21, und vermittelt wurden in
diese Berufsgruppen 56 Lehrgangsteilnehmer. ~hnliches laBt sich
tiber den Beruf Verkauferin sagen. Vor dem Lehrgang wollten 10
Madchen diesen Beruf ergreifen, 23 mtindeten darin ein.
Uber die Grtinde, warum Berufswunsch und Berufseinmtindung haufig
nicht tibereinst immen , konnte die Nachbefragung der Teilnehmer
des 9. BFL AufschluB geben (vgl. Kap. 5.3.5.3.)
- 278 -
5.3.5. Nachbefragung der Teilnehmer des 9. BFL
Der hohe Vermittlungserfolg von 90.6 Prozent darf nicht daruber
hinwegtauschen, daB es sich bei dieser Zahl urn eine Moment
aufnahme zurn Zeitpunkt der Beendigung des Lehrgangs handelt.
Dieses auBerst positive Bild kann sich nattirlich in relativ
kurzen Zeitraumen stark verandern, zumal die ersten drei Monate
eines Ausbildungsverhaltnisses vom Gesetzgeber als Probezeit
vorgesehen sind (§ 13, Berufsbildungsgesetz). Aus diesem Grunde
schien es uns sinnvoll, im Rahmen e~ner ersten Folgeerhebung die
Absolventen des von uns begleiteten 9. BFL auf ihre wahrend der
ersten Ausbildungsmonate gemachten Erfahrungen hin zu befragen.
lm besonderen sollte es darurn gehen, in empirisch verlaBlicher
Weise die Zahl derjenigen Jugendlichen zu ermitteln, die wahrend
oder nach der Erprobungsphase den Beruf oder den Betrieb ge
wechselt haben. Die hierbei maBgeblichen Grtinde sollten in Form
einer standardisierten schriftlichen Einzelbefragung aufgedeckt
werden.
5.3.5.1. Stichprobe der Nachbefragung
lm Februar 1977, also etwa ein halbes Jahr nach Beendigung des
Lehrgangs, wurde allen 300 Teilnehmern, die den Lehrgang durch
laufen hatten, ein zweiseitiger Fragebogen zugesandt. Dem Frage
bogen war ein frankierter Rucksendungsumschlag beigefugt und ein
Anschre.iben, in dem die Jugendlichen gebeten wurden, den Er-·
hebungsbogen ausgefullt an uns zuruckzusenden. Geantwortet haben
234 Jugendliche (78 Prozent), und zwar 176 Jungen (76.5 Prozent)
und 58 Madchen (82.9 Prozent). 63 Jugendliche (21 Prozent) haben
sich auch nach einem Erinnerungsschreiben nicht gemeldet, zwei
Fragebogen waren unzustellbar und ein Jugendlicher war kurz
nach dem Lehrgang verstorben (zusammen 1 Prozent) • Der Rucklauf
von 78 Prozent ist fur eine schriftliche Befragung ein sehr
gutes Ergebnis, so daB die hier gewonnenen Befunde ein reprasen
tatives Bild uber die Erfahrungen im ersten Halbjahr nach Be
endigung des Forderungslehrgangs abgeben.
- 279 -
5.3.5.2. Fragestellung der Nachuntersuchung
Bei der Entwicklung des Fragebogens waren von vornherein
einige Beschrankungen auferlegt: zurn einen muBte die Anzahl
der Fragen so begrenzt werden, daB bei den Jugendlichen liber
haupt die Bereitschaft zurBeantwortung geweckt wurde und damit
ein hoher RUcklauf erwartet werden konnte. Zurn anderen muBten
die Fragetexte und die vorgegebenen Antwortkategorien so formu
liert werden, daB sie allen Lehrgangsteilnehmern verstandlich
waren.
Zunachst sollte festgestellt werden, welche Tatigkeit der ein
zelne Jugendliche nach dem Lehrgang tatsachlich aufgenommen hat.
Als Antwortkategorien waren die Moglichkeiten Ausbildungsstelle,
Arbeitsstelle, Schule, Arbeitslosigkeit sowie eine offene
Kategorie 'Sonstiges' vorgegeben. Diese Frage konnte auch einer
UberprUfung der Angaben in den BerufseinmUndungslisten des CJD
dienen, die ansonsten einzige Informationsquelle bezUglich der
Berufsvermittlung waren.
Der zweite Fragekomplex beschaftigt sich mit dem Problem, in
wieweit die Jugendlichen ihre personlichen WUnsche bei der Be
rufswahl verwirklichen konnten. Diejenigen Teilnehmer, die nicht
ihren Wunschberuf ergriffen hatten, wurden nach den GrUnden
fUr ihre Berufsentscheidung gefragt. Nachdem wir anhand einer
GegenUberstellung von Berufswunsch und -einmUndung feststellen
konnten, daB be ide haufig nicht Ubereinstimmten, schien es uns
notwendig, nach den GrUnden fUr diesen Sachverhalt zu forschen.
Zur Beantwortung waren ebenfalls fUnf Kategorien vorgegeben.
Bei den Fragen 3 und 4 ging es urn den eigentlichen Kern unserer
Nachbefragung: wir wollten wissen, welche Lehrgangsteilnehmer
bereits im ersten Halbjahr der beruflichen Tatigkeit die Firma
oder sogar den Beruf gewechselthatten,und welche GrUnde fUr die
Veranderung ausschlaggebend waren. Als Grlinde waren 8 Antwort
kategorien vorgegeben, wobei unter 'sonstige' solche genannt
werden konnten, die zu keiner Kategorie paBten.
- 280 -
Bei der nachsten Frage ging es urn die Zufriedenheit der Jugend
lichen mit ihrer nach dem Lehrgang aufgenornrnenen Tatigkeit. Wir
wollten wissen, ob diese Tatigkeit den Vorstellungen des Jugend
lichen entspricht, die er vorher davon hatte, oder ob ihrn im
Jugenddorf ein falsches Bild von dern Beruf verrnittelt worden war.
Diejenigen, deren Tatigkeit nicht oder nur teilweise ihren vor
herigen Vorstellungen entsprach, haben wir gebeten anzugeben,
was ihnen an der jetzigen Tatigkeit nicht so gut gefallt. Hierftir
waren keine Antwortkategorien vorgesehen.
Mit der 6. Frage wollten wir erfahren, ob das im Forderungs
lehrgang vermittelte Wissen in der anschlieBenden Berufspraxis
direkte Anwendung finden konnte. Dabei konnte nattirlich nur das
subjektive Empfinden des Jugendlichen eingefangen werden. Die
Beantwortung der Frage gibt jedoch AufschluB darUber, wieviele
Teilnehmer der Meinung sind, die Vorbereitung im Forderungslehr
gang sei fUr ihre jetzige Tatigkeit hilfreich gewesen.
Die 7. Frage sollte AufschluB daruber geben, in welchen Bereichen
der Ausbildung oder der Tatigkeit im ersten Halbjahr bereits
Schwierigkeiten bei den Jugendlichen aufgetreten sind. Bei der
Auswahl der vorgegebenen Antwortkategorien kam es uns darauf an,
eine moglichst klare Trennung zwischen Schwierigkeiten im prak
tischen Bereich (Betriebl und im theoretischen Bereich (Berufs
schulel vornehrnen zu konnen. Daneben wurde eine offene Kategorie
'Sonstiges' vorgegeben.
Zum AbschluB wollten wir von den Lehrgangsteilnehmern wissen,
wie sie an ihre erste Ausbildungs- bzw. Arbeitsstelle gekornrnen
waren. Dabei waren die Kategorien Eigeninitiative, Vermittlung
des Arbeitsarntes, Vermittlung des CJD und Eltern oder Sonstige
vorgegeben. Es ging dabei urn die Uberprufung der Frage, welchen
Anteil die Arbeitsamter und das CJD als Trager der MaBnahme am
hohen Vermittlungserfolg der Lehrgangsteilnehrner haben.
- 281 -
5.3.5.3. Ergebnisse der Nachbefragung
Bei der nachfolgenden Darstellung der Ergebnisse der Nachbe
fragung mUssen wir bei verschiedenen Fragen von abweichenden Grundgesamtheiten ausgehen, da nicht samtliche Fragen von allen
Jugendlichen beantwortet wurden. Aus diesem Grunde sind wir bei der Berechnung der Prozentwerte immer von der Zahl der jewei
ligen Antworten ausgegangen.
1. Was hast Du nach dem Lehrgang getan?
n = 23 (176 Jungen, 58 Madchen)
Mannlich Weiblich Tatigkeit: abs. v.H. abs. v.H.
Ausbildung 160 90.9 41 70.7
Arbei tsstelle 10 5.7 7 12.1
Schule 4 2.3 4 6.9
Arb~itslos 2 1.1 6 10.3
Sonstiges
Summe: 176 100 58 100
Gesamt abs. v.H.
201 85.9
17 7.3
8 3.4
8 3.4
234 100
Diese Zahlen sind ein Beleg dafUr, daB die tatsiichlichen Vennittltmgszahlen
sogar etwas h8her liegen, als es aus den Berufseinmtindungslisten des CJD hervorgeht (vgl. Rap. 5.3.3.). Vor allem bei den weib
lichen Lehrgangsteilnehmern zeigt sich eine deutliche Verbesserung gegenliber der Situation unmittelbar am Lehrgangsende. Wah
rend zunachst 20 Prozent der Madchen als nicht vermittelt vermerkt waren, kann anhand der Nachbefragung festgestellt werden,
daB nur ca. 10 Prozent nach dem Lehrgang arbeitslos waren. Ins
gesamt laBt sich der Vermittlungserfolg aufgrund der Nachbefragung mit 96.6 Prozent'vermittelt' und nur 3.4 Prozent 'nicht
vermittelt' noch positiver darstellen, als es zum Zeitpunkt der Beendigung des Lehrgangs der Fall war.
- 282 -
Frage 2. Hattest Du lieber einen anderen Beruf ergriffen?
n = 226 ( 172 Jungen, 54 Madchen)
Mannlich Weiblich Gesarnt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Nein 100 58.1 26 48.1 126 55.8
Ja 72 41.9 28 51.9 100 44.2
Surnrne: 172 100 54 100 226 100
Hier wurde von den Jugendlichen bestatigt, was sich bereits
bei der GegenUberstellung von Berufswunsch"und tatsachlicher
BerufseinmUndung erkennen lieS: fast die Halfte aller Lehr
gangsteilnehmer (44.2 Prozent) konnte keinen Ausbildungs
oder Arbeitsplatz in dem 'Wunschberuf' finden. Bei den Mad
chen ist die Unzufriedenheit mit dem ergriffenen Beruf noch
hoher. Ca. 52 Prozent der weiblichen Lehrgangsteilnehmer
hat ten lieber einen anderen Beruf ergriffen, wah rend bei den
Jungen ca. 42 Prozent einer anderen Tatigkeit den Vorzug ge
geben hatten. Uber die GrUnde fUr diesen Sachverhalt kann die
Folgefrage AufschluS geben, die den Teilnehmern gestellt
wurde, die Frage 2 mit 'Ja' beantwortet haben.
Aus welchem Grund hast Du den gewUnschten Beruf nicht er
griffen? (Zweifachnennung moglich)
n = 109 (81 Jungen, 28 Madchen)
Mannlich weiblich Gesarnt Griinde: abs. v.H. abs. v.H. abs, v.H.
Hauptschulab-schluB war Vor-aussetzung 18 22.2 8 28.6 26 23.9
Aufnahrnetest nicht bestanden 8 9.9 8 7.3
Vorn CJD/Arbeits-arnt vorn Beruf abgeraten 12 14.8 3.6 13 11.9
Trotz Bemilhen keine Lehrst.gef. 33 40.7 18 64.2 51 46.8
Sonstiges 10 12.4 3.6 II 10.1
Summe: 81 100 28 100 109 100
- 283 -
In den meisten Fallen konnte der gewlinschte Beruf also
nicht ergriffen werden, weil die Jugendlichen trotz inten
siver Bemlihungen keine Lehrstelle gefunden haben. Von den
Madchen gaben sogar fast zwei Drittel (64.2 Prozent) an,
aus diesem Grunde einen anderen als den 'Wunschberuf'
ergriffen zu haben. Aber auch der fehlende Hauptschulab
schluB war haufig der Grund, warum die Jugendlichen einen
anderen Beruf ergreifen muBten (23.9 Prozent der Nennungen) .
Es laBt sich hieraus schlieBen, daB in einigen Fallen lieber
Hauptschulabsolventen als Teilnehmer von Forderungslehr
gangen von Ausbildungsbetrieben eingestellt werden.
Frage 3. Hat sich seit August 1976 an Deiner beruflichen Situation etwas geandert?
n = 233 (175 Jungen, 58 Madchen)
-------Mfumlich Weiblich Gesarnt
abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 13 7.4 10 17.2 23 9.9
Nein 162 92.6 48 82,8 210 90.1
Summe: 175 100 58 100 233 100
Fast 10 Prozent der Lehrgangsteilnehmer haben bereits im
ersten Halbjahr nach Beendigung des Lehrgangs die Tatigkeit
gewechselt. Bei den Madchen liegt der Anteil der Wechsler
sogar bei 17.2 Prozent. Uber die Art des Wechsels gibt die
folgende Ubersicht AufschluB:
Wechsel von: in: Ges. Jung. Mad.
Ausbildungsstelle Ausbildungsstelle 6 4 2
AUsbildungsstelle Arbei tsstelle 9 7 2
Ausbildungsstelle Arbeitslos 2 2
Arbeitsstelle Arbeitsstelle
Arbeitsstelle Arbeitslos 2 2
Arbeitslos Ausbildungsstelle 1-
Arbeitslos Arbei tsstell e 2
- 284 -
Die haufigsten Veranderungen ergaben sich also durch den
Wechsel von einer Ausbildungs- in eine Arbeitsstelle
(9 Nennungen) und durch den Wechsel von einer Ausbildungs
stelle in eine andere. Es fallt auf, daB bei den 23 Jugend
lichen, deren berufliche Situation sich verandert hatte, in
13 Fallen eine Verschlechterung eingetreten ist, 7 Jugend
liche veranderten auf gleichem Niveau und nur drei Jugend
liche konnten sich verbessern. Eine negative Veranderung
der beruflichen Situation uberwiegt also.
Frage 4. Welche der folgenden Grlinde waren fur die Veranderung Deiner beruflichen Tatigkeit ausschlaggebend? (Zweifachnennung moglich)
n = 29 (15 Jungen, 14 Madchen)
Mannlich Weiblich Gesamt Griinde: abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Wohnortwechsel 6.6 7.1 2 6.9
Finanzielle GrOnde 6.6 7.1 2 6.9
Gesundheitliche Grunde 2 13.3 3 21.4 5 17.2
~rge~t dem Aus-bilder oder Lehrer 5 33.6 3 21.4 8 27.7
Lernschwierigkeiten in der Berufsschule 2 13.3 2 14.5 4 13.8
Die praktische Arbeit lag mir nicht 2 13.3 3 21.4 5 17.2
Sonstiges 2 13.3 7.1 3 10.3
Summe: 15 100 14 100 29 100
Die Grlinde fur die Veranderung der bevuflichen Situation
waren also sehr heterogen. Bei den Jungen ist ein Drittel
der Veranderungen (5 Nennungen) auf Arger mit Ausbildern
oder Lehrern zurlickzuflihren. Zu dieser Antwortkategorie
kamen die haufigsten Nennungen. Bei der geringen Grundge
samtheit von n = 29 erscheinen allerdings weitere Inter
pretationsversuche unzulassig.
- 285 -
Frage 5. Wie beurteilst Du Deine erste Ausbildungs- bzw.
Ja
Nein
Arbeitsstelle?
Sie entspricht meinen Vorstellungen nach dem Lehrgang
n = 222 (171 Jungen, 51 Madchen)
Mfumlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
126 73.7 35 68.6 161 72.5
15 8.8 5 9.8 20 9.0
Teils/teils 30 17.5 11 21.6 41 18.5
Summe: 171 100 51 100 222 100
Die Zahlen belegen, daB die meisten Jugendlichen nach dem
Lehrgang realistische Vorstellungen bezuglich der sie er
wartenden Berufs- und Ausbildungspraxis besaBen. Wir inter
pretieren diese Tabelle dahingehend, daB der Lehrgang trotz
in ihm auszumachender Elemente eines padagogischen Schonraums
in der Lage war, angemessene Informationen zur Berufswirklich
keit zu vermitteln.
Frage 6. Hilft Dir das, was Du in Oespel gelernt hast, bei Deiner jetzigen Tatigkeit?
n = 229 (174 Jungen, 55 Madchen)
Mfumlich Weiblich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 129 74.2 33 60.0 162 70.7
Nein 38 21.8 21 38.2 59 25.8
Tei lsi teils 7 4.0 1.8 8 3.5
Summe: 174 100 55 100 229 100
Uber zwei Drittel (70,7 Prozent) der Jugendlichen geben an,
daB die Lehrgangsinhalte hilfreich fur ihre Berufspraxis
sind. Trotz der haufig fehlenden Ubereinstimmung von Eig
nungsgruppe und Berufseinmtindung (ca. 45 Prozent aller
Falle) zeigt diese Tabelle, daB die berufsubergreifende
Vorbereitung den auf die Jugendlichen zukommenden Anfor
derungen der Berufstatigkeit durchaus angemessen ist.
- 286 -
Auffallig ist doch der erhebliche geschlechtsspezifische
unterschied in der Beurteilung. GegenUber den negativen
Antworten der Jungen (21.8 Prozent) verneinen 38.2 Prozent
der Madchen den Nutzen ihrer Berufsvorbereitung. Diese
unterschiede sind in engem Zusammenhang mit den stark von
einander abweichenden Vermittlungserfolgen bei mannlichen
und weiblichen Teilnehmern zu sehen (vgl. Frage 1 dieses
Kapitels) •
Frage 7. In welchen Bereichen hattest Du bis jetzt bei Deiner Ausbildung bzw. Tatigkeit Schwierigkeiten?
n = 164 (117 Jungen, 47 Madchen)
Bereiche: Jungen
abs. v.H. Madchen abs. v.H.
In einzelnen Schul- bzw. Berufsschulfachern 81
In der praktischen Ta-tigkeit im Betrieb 10
Arger mit Allsbildern oder Lehrern
Arger mit Arbeitskollegen Sonstiges
Summe:
9
12 5
117
69.3 27 57.4
8.5 7 14.9
7.6 7 14.9
10.3 6 12.8 4.3
100 47 100
Gesamt abs. v.H.
108 65.8
17 10.4
16 9.8
18 11.0 5 3.0
164 100 -----------------------------------
Die Zahlen weisen aus, daB die theoretischen Anforderungen
des Berufsschulunterrichts den Jugendlichen die meisten
Schwierigkeiten bereiten. Schwierigkeiten in der praktischen
Tatigkeit oder im Sozialverhalten geben nur wenige Jugend
liche an. Diese Punkte weisen eine so geringe Haufigkeit
auf, daB eine Interpretation nicht vertretbar erscheint.
Entgegen unserer ursprUnglichen Hypothese, die auf Aussagen
der Mitarbeiter vor allem des fachtheoretischen Bereichs be
ruhte und besagt, daB fUr die Jugendlichen Probleme bei der
Bewaltigung der theoretischen Anforderungen im zweiten
und dritten Ausbildungsjahr zu erwarten seien, deuten sich
- 287 -
schon in der ersten Phase der Berufstatigkeit diesbezUgliche
Schwierigkeiten an. Hieraus lassen sich aber noch nicht
Voraussagen im Hinblick auf Erfolg oder MiBerfolg in der
Berufsausbildung ableiten. Dasselbe gilt auch fUr die Be
urteilung der Qualitat des fachtheoretischen Unterrichts.
Frage 8. Wie bist Du an Deine erste Stelle gekommen?
n = 225 (171 Jungen, 54 Madchen)
durch Eigeninitiative
durch Vermittlung des Arbeitsamtes
durch Vermittlung des CJD
durch vermittlung der Eltern oder Sonstiger
Summe:
Jungen abs. ·v.H.
19 11. 1
95 55.6
20 11.7
37 21.6
171 100
Mad chen abs. v.H.
Gesamt abs. v.H.
7 13.0 26 11.6
31 57.4 126 55.9
4 7.4 24 10.7
12 22.2 49 21 . f\
54 100 225 100
Aus diesen Angaben geht hervor, daB die Aktivitaten des Ar
beitsamtes im VermittlungsprozeB den groBten Anteil (55.9
Prozent) einnehmen. Die BemUhungen der Teiln~hmer selbst
oder ihnen nahestehender Personen, die wir als privates
Engagement zusammenfassen, nehmen mit einem Drittel (33.4
Prozent) in der Rangfolge der Nennungen den, zweiten Platz
ein. 10.7 Prozent der Jugendlichen geben die Hilfe des CJD
als entscheidend fUr ihre Vermittlung an.
Der o.g. Anteil des Arbeitsamtes dokumentiert jedoch keinen
Uberdurchschnittlich hohen Einsatz zugunsten der Lehrgangs
teilnehmer gegenUber den 'normalen' Lehrstellenbewerbern.
FUr letztere liegt der Anteil zwischen 48 Prozent im Bundes
durchschnitt und 58 Prozent im Arbeitsamtbezirk Dortmund.
Dies widerlegt unsere ursprlingliche Hypothese, daB die hohen
Vermittlungserfolge im CJD u.a. auch auf besondere Anstren
gungen der Arbeitsverwaltung zurUckzufUhren sind.
- 288 -
Der Anteil des CJD fallt mit 10.7 Prozent geringer aus als
erwa~tet. Aufgrund inoffizieller ~uBerungen von Jugenddorf
mitarbeitern, durch deren personliche Kontakte zu Betrieben
die o.g. Quote im wesentlichen bedingt ist, hatten wir den
EinfluB dieser Institution bei der Vermittlung Uberschatzt.
Die Anzahl der Nennungen, die wir als "privates Engagement"
zusammengefaBt haben, sehen wir in Verbindung mit unseren
Aussagen zur Bedeutung des Elternhauses (vgl. Kap. 5.2.3.5.),
in denen wir auf das gestiegene Interesse der Eltern an
der beruflichen Zukunft ihrer Kinder hingewiesen haben.
- 289 -
6. Ergebnisse der Effizienzuntersuchung
An verschiedenen Stellen dieses Untersuchungsberichts
wurde bereits auf die Funktion der Effizienzuntersuchung
im Rahmen des Gesamtprojekts hingewiesen. Bisher konnte
die Effizienz dieses curricular und finanziell aufwendigen
Unternehmens, das vom Christlichen Jugenddorfwerk als Be
rufsforderungsmaBnahme in einjahrigen Lehrgangen in 15 ver
schiedenen Einrichtungen der BRD durchgeftihrt wird, nur an
den Vermittlungsquoten gemessen werden. Sporadisches und
mehr oder weniger zufalliges Feed back durch die Ausbil
dungsbetriebe tiber Erfolge oder MiBerfolge ehemaliger Ab
solventen lassen nur punktuell Rtickschltisse auf die Be
deutung der Lehrgange ftir das Berufsschicksal der Teilneh
mer zu.
Genauere Aussagen tiber die Wirksamkeit der Berufsforderungs
lehrgange sind nur dann m6g1ich, wenn der berufliche Werde
gang ehemaliger BFL-Absolventen tiber ihre Lehrzeit und darti
ber hinaus verfolgt wird. Genau dies geschieht in der Effi
zienzuntersuchung, bei der die Absolventen des 5. BFL des
Jugenddorfs Dortmund-Oespel nach einem Zeitraum von ca. vier
Jahren nach Beendigung dieses Lehrganges tiber ihr berufli
ches Schick sal und ihre Einschatzung der BFL-MaBnahmen vor
dem Hintergrund ihrer beruflichen Erlblge oder MiBerfolge
befragt we-rden. Auf die dabei auftretenden organisatorischen
und methodischen Schwierigkeiten wurde bereits im Kapitel
tiber Methoden und Ablauf der Gesamtuntersuchung ausftihrlich
berichtet.
Parallel zu der Befragung ehemaliger Teilnehmer am Lehrgang
wurde auch eine Befragung von Ausbildern der Firmen durch
geftihrt, in denen die Jugendlichen nach Beendigung der Lehr
gange zur Ausbildung vermittelt werden. Durch dieses Unter
suchungselement soll die Aussage der Jugendlichen insofern
eine Erganzung finden, als hier aus der Sicht der Ausbil
dungsbetriebe die MaBnahmen des BF,L in ihrer Bedeutung ftir
- 290 -
die Berufsausbildung der Teilnehmer eine Wertung finden.
Beide Erhebungsschritte zusammen lassen in Verbindung mit
der curricularen Konstruktion des Lehrgangs eine vorsichtige Effizienzbewertung des Berufsforderungslehrgangs zu.
Dabei ist festzustellen, daB die Ergebnisse im strengen Sinn nur Aussagekraft fUr die Dortmunder Lehrgange besitzen, weil in anderen Jugenddorfern modifizierte, den jeweiligen
sozio-okonomischen Bedingungen entsprechende Lehr- und Aus
bildungsplane zugrunde gelegt sind. Da jedoch allen Lehrgangen die gleiche Basis gemein ist, konnen die gefundenen Grundsatzergebnisse eine weitere GUltigkeit beanspruchen.
6.1. Befragung ehemaliger BFL-Teilnehmer
Wie bereits 1m Methodenteil dargelegt, wurden die Teilnehmer
des 5. Berufsforderungslehrgangs, der von 1971 bis 1972 lief, im Jahr 1977 anhand standardisierter Fragebogen interviewt.
Dabei konzentrierten sich die Fragen auf folgende Erhebungsziele:
- Teilnehmerstruktur:
- Beruflicher Werde
gang und Berufserfolg:
Nach welchen schulischen Laufbahnen kommen die Jugendlichen zumBFL; aus welchen familiaren Verhaltnis
sen stammen sie?
Auf welche Weise geschieht die Be
rufsvermittlung; wie hoch sind die Quoten fur LehrabschluB, Lehrab
bruch und Berufswechsel und welche GrUnde sind fUr Berufserfolg bzw. MiBerfolg verantwortlich; ent
spricht die im BFL zugewiesene Eignungsgruppe dem spateren Be
rufsfeld; welche MaBnahmen zur personlichen Weiterbildung werden nach dem BFL ergriffen?
- Berufswunsch und
Berufswirklichkeit:
- Bewertung des BFL:
- 291 -
Sind die Jugendlichen mit der Lehr
stellenzuweisung nach dem BFL zu
frieden und wie sieht es zum Zeit
punkt der Untersuchung mit Berufs
wunsch und Berufswirklichkeit aus?
Wie bewerten die ehemaligen Teil
nehmer Lehrgangsstruktur und
-inhalte; welche Bedeutung hat der
BFL ftir ihre Be ruf statigke it;
wie steht es mit der affektiven
Rtickerinnerung an den Lehrgang?
Es sei an dieser Stelle noch einmal daran erinnert, daB am
5. Berufsf5rderungslehrgang insgesamt 310 Jugendliche teil
nahmen, von denen 270 vier Jahre spater noch lokalisiert
werden konnten. Von diesen 270 ehemaligen BFL-Teilnehmern
erklarten sich 198 zu einem Interview bereit (vgl. Stich
proben der Effizienzuntersuchung) •
6.1.1. Teilnehmerstruktur der Befragten des 5. Berufsf5rderungslehrgangs
Von den befragten BFL-Absolventen sind 77,3 Prozent mannli
chen und 22,7 Prozent weiblichen Geschlechts, was auch der
tatsachlichen Zusammensetzung des Gesamtlehrgangs ent
spricht. Die Altersstreuung zum Zeitpunkt der Befragung
bewegt sich zwischen 19,5 und 22 Jahren, wobei tiber zwei
Drittel sich im 21. Lebensjahr befinden (vgl. Tabelle A 1
im Anhang). Genau zwei Drittel der Befragten leben noch
bei ihren Eltern, 20.7 Prozent haben bereits einen eigenen
Hausstand gegrtindet; erwartungsgemaB liegt der Prozentsatz
der Madchen mit eigenem Hausstand aufgrund ihres durch
schnittlich niedrigeren Heiratsalters weit tiber dem der
mann lichen Befragten. So sind auch von den weiblichen Teil
nehmern am 5. BFL 1977 40 Prozent verheiratet, von den
mann lichen hingegen nur 8,5 Prozent (vgl. Tabellen A 2 und
A 3).
- 292 -
Betrachtet man die Schullaufbahn und die erreichten Schul
abschlUsse der befragten Teilnehmer, so ergibt sich folgendes Bild in Tabelle 1
Tabelle 1
Schulabschlusse der befragten Teilnehmer am 5. BlL
weibl. mannl. Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
HauptschulabschluB 8 17,8 29 19,0 37 18,7
HS 9. Schuljahr 3 6,7 6 3,9 9 4,5
HS 8. Sc:huljahr 10 22,2 22 14,4 32 16,9
HS 7. Schuljahr 11 24,4 45 29,4 56 28,3
Sonderschul-abschluB 3 6,7 12 7,8 15 7,6
Sonder-Sch. 9/10 Klasse 9 20,0 29 19,0 38 19,2
Sonder-Sch. 8, Klasse u. darunter 0 6 3,9 6 3,0
Sonstiges 2,2 4 2,6 5 2,5
Summe: 45 100 153 100 198 100
Von den befragten Teilnehmern des 5. BFL besitzen 18,7
Prozent den HauptschulabschluB~ wobei sich zwischen den weib-
lichen und m2i.nnlichen Befragten kaum Unterschiede ergeben,
was auch fUr diejenigen gilt, die die Hauptschule ohne AbschluB verlassen haben, und das trifft fUr die Halfte der
ehemaligen Teilnehmer zu. Die Sonderschule haben ca. 30 Pro
zent der Befragten besucht, zum groBten Teil ohne AbschluB.
Diese von den Schullaufbahnen und schulischen AbschlUssen her ziemlich heterogene Zusammensetzung macht eine Aufteilung der Lehrgangsteilnehmer in Leistungsgruppen notwendig.
Interessant ist nun der Vergleich zwischen dem dargestellten SchulabschluBniveau der fUr die Erhebung zur VerfUgung ste-
- 293 -
henden Teilnehmer und dem der Gesamtteilnehmerschaft am 5.
BFL, weil hierdurch eventuell Rlickschllisse auf die Gruppe
der nicht Befragbaren gezogen werden konnen.
Dabei zeigt sich deutlich, daB die Gruppe der Befragten,
was das SchulabschluB-Niveau betrifft, fast kongruent mit
der ursprlinglichen Teilnehmergruppe am 5. BFL ist (vgl.
Tab. A 4). Durch den Ausfall sind also kaum Ergebnis
verzerrungen aufgrund bildungsmaBiger Saropleverschiebun
gen zu erwarten.
- 294 -
6.1.2. Beruflicher Werdegang und Berufserfolg
6.1.2.1. Berufsvermittlung
Nach Beendigung des 5. BFL im Sommer 1973 konnten, so spiegelt es sich in den Angaben der Befragten, 98.5 Prozent
der Teilnehmer in eine Lehr- oder Arbeitsstelle vermittelt
werden, die restlichen (2 Madchen und 1 Junge) konnten s~gar auf weiterfUhrende Schulen Ubergeleitet werden. DaB die Vermittlungen ohne groBe Schwierigkeiten vonstatten gingen,
laBt sich an der Tatsache able sen, daB der Ubertritt vom
Jugenddorf an den Arbeitsplatz bei 85,4 Prozent der Absolventen ohne Zeitverlust direkt im AnschluB an den Lehrgang geschah, 13,1 Prozent muBten eine Wartezeit von 2 - 3 Monaten in Kauf nehmen, nur 1.5 Prozent der befragten Jugendlichen
warteten langer als vier Monate auf die Zuweisung einer Lehr- oder Arbeitsstelle. Bei diesen Vermittlungserfolgen traten keine geschlechtsspezifischen Unterschiede auf (vgl. Tabellen A 4 und AS).
In diesem Zusan~enhang ist es natUrlich interessant, auf welche Weise dieser auch fur eine Zeit ohne erschreckend hohe
Zahlen der Jugendarbeitslosigkeit erstaunliche Vermittlungs
erfolg zustande kommt. Wie Tabelle 2 ausweist, sind 3/5 der Jugendlichen Uber das Arbeitsamt an ihre Stellen gekommen, 16.7 Prozent haben sich selbst einen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz besorgen k5nnen, 7.1 Prozent sind direkt
durch das Jugenddorf vermittelt worden.
Tabelle 2
Art der 1ermittlung
vermittelt durch: weiblich m&nnlich Gesamt abs. v. H. abs. v.H. abs. v.H.
Eigeninitiative 8 17.8 25 16.3 33 16.7 Arbeitsamt 29 64.4 88 57.5 117 59.0 Jugenddorf 3 6.7 11 7.2 14 7.1 Dtitte 5 11.1 29 19.0 34 17.2
Summe: 45 100 153 100 198 100
- 295 -
Diese Daten zeigen, daB es den Arbeitsamtern gelingt,
Jugendliche, die von ihnen als nicht berufsreif eingestuft wurden, zum greBten Teil nach einjahriger Teilnahme an berufsferdernden MaBnahmen des CJD in Ausbildungs- oder Arbeitsstellen zu vermitteln.
Betrachtet man die Qualitat der vermittelten Stellen, die danach einzuschatzen ist, ob es sich urn eine Lehr- bzw. Anlernstelle oder als Stelle als ungelernter Arbeiter
handelt, so kann bezogen zunachst nur auf diese formale Erstvermittlung auch hier ein erstaunlicher Erfolg inso
fern konstatiert werden, als uber 90 Prozent der Jugendlichen eine Lehr- und 2.5 Prozent eine Anlernstelle behalten, lediglich 5.6 Prozent mussen mit einer Stelle als
ungelernter Arbeiter vorlieb nehmen. In geringfugigem MaBe
gelingt es den mannlichen Absolventen des BFL besser eine
Lehrstelle zu finden als weibliche, die wiederum prozentual geringfugig starker Tatigkeiten als ungelernte Arbeiterinnen
ergreifen mussen (vgl. Tabelle A 6) •
Die Tabelle 3 gibt Auskunft daruber, in welche Berufs-zweige bzw. Betriebe die Jugendlichen nach dem BFL vermittelt wurden. Die zunachst nach Geschlecht undifferenzierte Betrachtung zeigt, daB uber die Halfte der BFL-Absolventen einen handwerklichen Beruf ergreifen bzw. erlernen, mit 22.7 Prozent gefolgt vom Bereich Handel und Gewerbe, wobei es sich in der Regel urn Vermittlung in Lehrstellen als Ver
kaufer handelt. Die Industrie schlieBlich nimmt 17.2 Prozent der berufssuchenden BFL-Teilnehmer auf. Diese Zahl beinhaltet zurn greBten Teil die Quote der Jugendlichen, die sich als
ungelernte Arbeiter betatigen.
- 296 -
Tabelle 3
~rmittlungsbetriebe
-------weiblich mannlich Gesamt
abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Handwerk 11 24.4 91 59.4 102 51.6 Handel/G ewerbe 23 51. 2 22 14.4 45 22.7 Industrie 2.2 33 21.6 34 17.2 offentl. Dienst 5 3.3 5 2.5 Hauswi rtschaft 4 8.9 4 2.0 Sons tiger Betrieb 5 11.1 2 1.3 7 3.5 Keine Antwort 1 2.2 1 0.5
Summe: 45 100 153 100 198 100
1m Bereich des effentlichen Dienstes und in hauswirtschaft
lichen Berufen kommen nur sehr wenige Jugendliche unter.
Diese Verteilung macht augenfallig, daB der BFL vor allen
Dingen auf handwerkliche Berufe vorbereitet und auf diesem
Sektor auch die greBten Vermittlungserfolge liegen.
Allerdings machen sich in diesem Bereich starke geschlechts
spezifische Unterschiede bemerkbar, denn ins Handwerk werden
vor allem mannliche Absolventen vermittelt (immerhin aber
noch 24.4 Prozent der Madchen), wahrend im Bereich Handel und
Gewerbe prozentual die weiblichen Jugendlichen ein deutliches
Ubergewicht besitzen. Es bleibt hier zu fragen, ob nicht die
Struktur der Berufseinmlindungen mehr ein Spiegelbild dessen
ist, was am Arbeitsmarkt angeboten wirdals daflir, was Absol
venten als Berufswunsch artikulieren. Die Ergebnisse der
folgenden Kapitel kennen dies zumindest trendmaBig belegen.
6.1.2.2. LehrabschluB, Lehrabbruch, Berufswechsel
Wir verfolgen jetzt zunachst den Entwicklungsgang der
jenigen weiter, die in erster Linie das Vermittlungser
gebnis so positiv erscheinen lassen, namlich die 181
(91.4 Prozent) Jugendlichen, die nach dem BFL Auszubildende
- 297 -
in anerkannten Lehrberufen wurden. Aufgrund der Daten in
Tabelle 4 verandert sich das positive Bild, da festge
stellt werden muB, daB nur ca. zwei Drittel dieser BFL
Absolventen ihr Ausbildungsverhaltnis auch mit dem Lehr
abschluB beenden. Ca. einem Drittel gelingt es trotz Be
rufsvorbereitung nicht, ihre Lehre mit Erfolg abzuschlieBen
und das aus mancherlei Grunden, die im weiteren Verlauf des
Ergebnisberichts noch angesprochen werden (ungewfinschter
Beruf, Konkurs der Firma, Kundigung der Firma wegen man
gelnder Leistungen usw.).
Tabelle 4
LehrabschluB
weiblich mannlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 30 76.9 94 66.2 124 68.5 Nein 9 23.1 47 33.1 56 30.9 Keine Antwort 0.7 0.6
Summe: 39 100 142 100 181 100
Uber die Halfte dieser 56 Jugendlichen, die ihr Ausbildungs
verhaltnis freiwillig oder gezwungenermaBen abbrechen, er
greifen nach Losung von der ersten Lehrstelle eine Tatig
keit als angelernter oder ungelernter Arbeiter. 12.5 Prozent
von ihnen beginne~ eine zweite, andere Lehre und schlieBen
sie ab; weitere 16.1 Prozent gehen ein zweites Ausbildungs
verhaltnis ohne AbschluBerfolg ein, 3 Jugendliche (5.4 Pro
zent) werden arbeitslos.
- 298 -
Tabelle 5
Tatigkeiten nach Lehrabbruch
Zweite Lehre begonnen und abgeschlossen
Zweite Lehre begonnen, aber nicht ahgeschlossen
Arbeitslos gewesen
Angelernter Arbeiter
Uhgelernter Arbeiter
Geheiratet (Hausfrau)
Keine Antwort
Summe:
Gesamt abs. v.H.
7 12.5
9 16.1
3 5.4
12 21.4
17 30.3
1.8
7 12.5
56 100
Hier zeigt sieh deutlieh, daB es naeh einem Lehrabbrueh
nur in Ausnahmefallen gelingt, eine andere oder Uberhaupt eine Lehre abzusehlieBen, in der Regel folgt darauf ein
Berufsleben ohne anerkannte berufsqualifizierende Zertifikate, was ebenfalls in der Regel mit sozialem Abstieg
gleiehzusetzen ist.
Wir gehen nun wieder zurUek auf die Gesamtheit der Befragten und stellen fUr sie fest, daB zum Zeitpunkt der Erhebung - also vier Jahre naeh VerlasE:en des Berufsfor
derungslehrgangs nur noeh 56.6 Prozent der BFL-Absolventen in den Berufen tatig sind, die sie naeh dem Lehrgang erlernt bzw. ergriffen haben.
Tabelle 6
Berufskonstanz
Noch im Erstberuf we iblich mannlich Gesamt tatig? abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H. ------
Ja 18 40.0 94 61.4 112 56.6 Nein 27 60.0 59 38.6 86 43.4
Summe: 45 100 153 100 198 100
- 299 -
Dies weist auf eine geringe Berufskonstanz bei den Jugend
lichen des BFL hin, die bei den Madchen sogar nur bei 40
Prozent liegt. Insgesamt haben also 43,4 Prozent der BFL
Teilnehmer innerhalb von vier Jahren nach dem Berufsein
tritt bereits zumindest eihmal ihren Beruf, nicht etwa nur
die Arbeitsstelle, gewechselt. Auch vor dem Hintergrund
der Erkenntnis, daB in der heutigen Zeit mehrfacher Berufs
wechsel im Hinblick auf Vermeidung sozialen Abstiegs er
forderlich ist, vielfach aufgrund wirtschaftlicher Entwick
lungen sogar zwangslaufig notwendig wird, konnen diese Daten
das anfanglich auBerst positive Bild tiber den Berufsforde
rungslehrgang des CJD nicht mehr aufrecht erhalten. Hier
zeigt sich, daB die enorm hohen Vermittlungsquoten zu einem
nicht geringen Teil Fassaden potemkinscher Dorfer darstel
len, hinter denen sich bedingt vielfach wohl durch falsche
Weichenstellung bei der Berufseinmtindung Lehrabbruch und
allzu frtiher Berufswechsel ereignen. Zweck von Berufsfor
derungslehrgangen kann es nicht sein, Jugendliche zunachst
einmal ftir ein Jahr vom Arbeitsmarkt fernzuhalten, urn sie
dann - aus der Sicht der aufnehmenden Betriebe betrachtet -
mit dem Signum zusatzlicher berufsqualifizierender Weihen
in Ausbildungsstellen vermitteln zu konnen, die den Jugend
lichen selbst gar nicht zusagen und in denen sie nur kurz
fristig bleiben. So geben etwa 35 Prozent der Befragten an,
nach dem BFL lieber einen anderen Beruf ergriffen zu haben;
auf dieses Verhaltnis zwischen Berufswunsch und -wirklichkeit
wird aber an anderer Stelle ausftihrlicher eingegangen. Be
rufsforderungslehrgange solI ten weder in erster Linie der
Befriedigung von Arbeitsmarktsituationen noch der im Vor
feld des eigentlichen Problems verbleibenden Erreichung
hoher Vermittlungsquoten dienen, sondern der Verbesserung
der individuellen Berufschancen des einzelnen Jugendlichen.
Dies wird, wie die Zahlen auch ausweisen, in mehr als der
Halfte der FaIle erreicht. Das ist gewiB als Erfolg des CJD
Berufsforderungslehrgangs zu werten, allerdings sollte die
MiBerfolgsquote nicht tibersehen werden, denn von denen, die
den Beruf gewechselt haben, arbeiten nur 16.3 Prozent in
- 300 -
einem Lehrberuf weiter, die Mehrzahl der Berufswechsler
verdingt sich als ungelernte Arbeiter (vgl. Tabella A 7) •
Uberhaupt kann von den ehemaligen BFL-Teilnehrnern gesagt
werden, daB ihre berufliche Mobilitat ziemlich hoch ist.
Nur 38.4 Prozent arbeiten nach vier Jahren noch in der
ersten Firma, 34.8 Prozent befinden sich auf der zweiten
Arbeitsstelle, 16.7 Prozent auf der dritten und 10.1 Prozent
haben mehr als drei Firmenwechsel hinter sich (vgl. Tabelle
A 8).
Als Grunde fur den Firmenwechsel werden an erster Stelle
mit 39.2 Prozent der Nennungen solche angegeben, die von den
Jugendlichen ihrer Meinung nach nicht selbst zu vertreten
sind (z.B. Konkurs der Firma, Kundigung); an dritter Stelle
rangieren mit 17.7 Prozent der Nennungen ebenfalls betriebs
bzw. arbeitsplatzbezogene Motive, wie schlechte Arbeitsbe
dingungen und unertragliches Arbeitsklima.
Tabelle 7
Griinde fur Firmenwechsel
weiblich mannlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Konkurs, Klindigung 14 35.0 37 41.1 51 39.2
Arbeitsbedingungen, Betriebsklima 7 17.5 16 17.8 23 17.7
Finanzielle G rlinde 8 20.0 17 18.9 25 19.2
Private G riinde 9 22.5 14 15.5 23 17.7
Sonstiges 2 5.0 6 6.7 8 6.2
Summe: 40 100 90 100 130 100
Ein zweites Motivbundel fur den Firmenwechsel umfaBt die
Grunde, die die Jugendlichen selbst zur Klindigung bewegen,
es handelt sich dabei urn finanzielle bzw. rein private
Grunde (Wohnortwechsel, Heirat etc.). Hierin spiegelt sich
- 301 -
wider, daB es sich bei der konstatierten beruflichen Mobi
litat der BFL-Absolventen in mehr als einem Drittel der
FaIle urn eine erzwungene Mobilitat handelt, die sich nicht
unbedingt zu ihrem beruflichen Vorteil auswirken muB.
6.1.2.3. Eignungsgruppen im BFL und berufliche Tatigkeit
Wie bereits an anderer Stelle angesprochen, verbringen
die Jugendlichen die letzten 12 Wochen des Lehrgangs in
sogenannten Eignungsgruppen zu folgenden Berufsfeldern:
Metall, Elektrik, Farbe, Gartenbau, Textil, Haar- und Kor
perpflege, Hauswirtschaft, Papier. Zu diesem Zeitpunkt haben
viele Jugendliche bereits eine Lehrstelle und kommen dann
nach Moglichkeit in die Eignungsgruppe, die ihrer spateren
Ausbildung entspricht. Hat der Jugendliche noch keine Lehr
stelle, so wird er nach MOglichkeit in dem Berufsfeld einge
setzt, das er in den vorangegangenen Monaten des Lehrgangs
als besonders geeignet fur sich festgestellt hat. Bei die
ser Entscheidung haben die Ausbilder ein gewichtiges Wort
mitzureden. Der Jugendliche kommt nur dann in das von ihm
gewUnschte Berufsfeld, wenn ihn auch die Ausbilder fUr ge
eignet halten. Ein weiterer Aspekt bei der Entscheidung
uber die Eignungsgruppe ist die unterschiedliche Kapazitat
der verschiedenen Bereiche. Bei den wannlichen Jugendli-
chen wird beispielsweise der Bereich Elektrik sehr haufig
gewunscht. Dort kann aber nur eine begrenzte Anzahl von Teil
nehmern aufgenommen werden, so daB viele in eine Eignungs
gruppe eingewiesen werden, die nicht ihren WUnschen ent
spricht. Aufgabe der Eignungsgruppen ist es, daB in den
Grundkursen erworbene Wissen zu vertiefen und den Jugend
lichen jetzt schon gezielter auf den spateren Beruf hin
vorzubereiten. Die MaBnahme der dreimonatigen Zuweisung
zu Eignungsgruppen kann von groBem berufsvorbereitenden
Wert sein, wenn die Eignungsgruppen auch tatsachlich den
Eignungen und den Berufseinmundungen der Jugendlichen ent
sprechen. Daran ist aber, das zeigen nie folgenden Ergeb
nisse, berechtigter Zweifel anzumelden.
- 302 -
Die Frage danach, ob die Eignungsgruppen in Ubereinstim
mung mit dem Beruf standen, den die Jugendlichen im An
schluB an den BFL ergriffen haben, konnte nur die Hglfte
der Teilnehmer bejahen; d.h. mit anderen Worten, knapp die Hglfte der BFL-Teilnehmer ist die letzten Monate konzen
triert und intensiv mit einem Berufsfeld in Theorie und
Praxis vertraut gemacht worden, das in keiner Beziehung zum spgteren tatsgchlich ergriffenen Beruf stand. Welche organisatorischen Schwierigkeiten oder KapazitgtsgrUnde
dafUr auch immer verantwortlich sein mBgen, muB festgestellt werden, daB hier eine in der Konzeption vernUnftige pgdagogische MaBnahme teilweise zum Nachteil der Beteiligten realisiert wird.
Tabelle 8
Ubereinstimmung zwischen Eignungsgruppe und Beruf
weiblich mannlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 15 33.3 89 58.2 104 52.5
Nein 28 62.3 62 40.5 90 45.5
Keine Antwort 2 4.4 2 1..3 4 2.0
Summe: 45 100 153 100 198 100
Tabelle 8 belegt weiterhin deutlich, daB insbesondere die
weiblichen BFL-Teilnehmer benachteiligt sind, denn bei ihnen stimmen nur zu einem Drittel Eignungsgruppe und BerufseinmUndung Uberein. Das 19Bt sich weitgehend damit erklgren, daB die angebotenen Berufsfelder zumindest im traditionellen Berufsrollenverstgndnis vorwiegend ~nnliehe Do~nen sind.
6.1.2,4. Weiterbildung
1m Kontext der Fragestellungen zum berufliehen Werdegang
sehien uns die Feststellung interessant, ob ehemalige BFL
Teilnehmer motiviert sind, sieh neben oder naeh der beruf-
- 303 -
lichen Ausbildung noch weiterzubilden. Dabei ergibt sich,
daB ca. ein Drittel der befragten Teilnehmer nach dern BFL
Kurse oder Lehrg~nge besucht haben, von denen sie zurn groBen Teil (70.8 Prozent) glauben, daB diese fUr ihr berufliches Weiterkommen von Bedeutung waren. Eine Analyse der
Kurse, deren Thematik genau erfragt wurde, zeigt, daB es sich dabei zu 58.5 Prozent urn allgemeinbildende, berufs
Ubergreifende und zu 40 Prozent urn direkt fach-berufsbezogene MaBnahmen handelt (Tabelle A 9, A 10 und A 11).
6.1.2.5. Wehrdienst
Eine gewisse organisatorische und befragungstechnische Schwierigkeit bereitete bei der DurchfUhrung der Erhebung die Tatsache, daB zum Zeitpunkt der Befragung genau ein Drittel der ~nnlichen BFL-Absolventen ihren Wehrdienst
ableisteten. Unter diesen 51 Befragten befanden sich zwei, die sich freiwillig zur Bundeswehr gemeldet hatten, urn Zeitoder Berufssoldat zu werden. Die 49 Wehrpflichtigen wurden gebeten, die Fragen Uber ihre derzeitige berufliche Situation
auf den Zeitpunkt vor ihrer Einberufung zu beziehen, die bei
den Freiwilligen hatten sich als in einer neuen beruflichen Ausbildung stehend zu betrachten.
Am Rande - obwohl es nicht ganz unwesentlich fUr die berufliche Entwicklung der Wehrpflichtigen ist, aber nicht nur auf BFL-Absolventen zutrifft - sei hier rnitgeteilt, daB
drei Viertel der wehrpflichten Soldaten keinerlei Verbindung zwischen der T~tigkeit in der Bundeswehr und ihrern vor der
Einberufung ausgeUbten Beruf sehen.
- 304 -
6.1.3. Berufswunsch und Berufswirklichkeit
6.1.3.1. Berufswahl und Zufriedenheit
Befragt man die Jugendlichen nach der mehr oder minder erfolgreichen Beendigung ihrer Ausbildungszeit, wie sie selbst zu
ihrem Beruf stehen, ob sie zufrieden waren mit dem, .was nicht immer ihr vBllig eigener EntschluB war, so vermBgen die Antworten das Vorhergesagte noch zu ver~rten. Auch angesichts der Tatsache, daB eine mehrjll.hrige Erfahrung in einem Beruf diesen mBglicherweise in einem anderen Licht als vorher erscheinen lll.Bt, da etliche Jugendliche von der Berufspraxis desillusioniert wurden, muB es als gravierend angesehen werden, wenn insgesamt Uber ein Drittel der Befragten, nll.mlich 34.3 Prozent angeben, sie hll.tten nach Beendigung des BFL lieber einen anderen Beruf ergriffen. Besonders Mlidchen sind in zahlreichen FlI.llen nicht uneingeschrll.nkt glUcklich mit dem, was ihnen Arbeitsamt oder Jugenddorf vermittelt haben: fast die HlI.lfte der weiblichen Befragten (48.9 Prozent) hll.tten lieber in einer anderen Branche einen Beruf erlernt. (Siehe Tabelle A. 1) Weiter oben ist schon die Tatsache angesprochen, daB den weiblichen Teilnehmern am BFL eine werkpraktische Ausbildung
oder Vorbereitung nur in solchen Bereichen geboten wird, die den Kanon tradierter Frauenberufe widerspiegeln. Hierzu Alternativen zu setzen, kBnnte eine pll.dagogisch wie soziologisch gleichermaBen begrUBenswerte Aufgabe des Jugenddorfes, des BerufsfBrderungslehrgangs sein - hier aber lll.Bt der Verdacht sich nicht von der Hand weisen, daB pragmatisch arbeitsmarktpolitische Uberlegungen die Ausgestaltung dieser MaBnahme eher bestimmen als die individuellen WUnsche der Teilnehmer, wobei zu bedenken ist, daB die hierdurch bedingte motivationale FBrderung die Effektivitll.t der Lehrgll.nge zu steigern imstande ist.
- 305 -.
6.1.3.2. Wunsch und Wirklichkeit heute
Folgerichtig hierzu geben denn auch kaum weniger - bei den
weiblichen Absolventen des BFL sogar mehr - der Befragten an,
daB sie heute lieber einen anderen Beruf als den derzeit
ausgeUbten oder erlernten ergreifen wlirden. 31.8 Prozent
aller Befragten antworteten auf unsere entsprechende Frage
eindeutig mit Ja, wobei von den weiblichen Jugendlichen so
gar rnehr als die Halfte (51.1 Prozent, siehe Tabelle A.2) in
einem anderen Beruf tatig ware. Dabei laBt sich nicht bei
den ubrigen eine grundsatzliche Berufszufriedenheit unter
stellen: die mit einem Berufswechsel verbundenen Schwierig
keiten und Umstande lassen moglicherweise auch eine groBere
Anzahl von Jugendlichen auf unsere Frage mit Nein antworten.
Wir haben nach den Grunden gefragt, die in den Jugendlichen
den Wunsch nach einem Berufswechsel oder einem Wechsel der
Tatigkeit entstehen lassen. Etwa gleichstark, zu 33.3 bzw.
30.2 Prozen~ wurden von den Befragten ihre derzeitigen Ar
beitsbedingungen bzw. nicht naher spezifizierte private
Grunde ins Feld gefuhrt, an dritter Stelle bestirnmt der
Wunsch nach hoherem Einkornmen (15.9 Prozent) den Wunsch nach
einem anderen Beruf. Nur bei mannlichen Befragten, so sei
hier noch vermerkt, wurden (mit 7.9 Prozent aller Befragten)
auch gesundheitliche Grunde genannt - also mehr als jeder
zehnte rnannliche Jugendliche fuhlt sich dem ausgelibten Be
ruf gesundheitlich nicht gewachsen.
Tabelle 9
Grande fUr den Wunsch nach einem anderen Beruf
weiblich mannlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Flnanzielle G rfulde 3 13.0 7 17.5 10 15.9 Arbeitsbedingungen 8 34.8 13 32.5 21 33.3 Betriebsklima 2 8.7 2 3.2 Private Grunde 9 39.2 10 25.0 19 30.2 G esundhei tl.G runde 5 12.5 5 7.9 Sonstige Grunde 4.3 5 12.5 6 9.5
Summe: 23 100 40 100 63 100
- 306 -
Zusammenfassend laBt sich folgern, daB es im Verlaufe des
BFL in einer groBen Anzahl von Fallen nicht gelingt, die WUnsche der Teilnehmer hinsichtlich ihres spateren Berufes und die Vermittlung in diesen WUnschen entsprechende Tatigkeiten in Ubereinstimmung zu bringen. Nun ist zwar nicht zu verlangen, daB in einer personell wie materiell nur mit begrenzten Mitteln arbeitenden Einrichtung das ganze Spektrum potentieller Berufsfelder abgedeckt wird; notwendig ware es hingegen, schon zu einem sehr frUhen Zeitpunkt durch geeignete Testverfahren die pers8nlichen Preferenzen der Teilnehmer festzustellen, urn diese dann gezielter in entsprechenden werkpraktischen Bereichen mit der Realitat ihres spateren Berufes vertrautzu machen. Effizienz einer doch verhaltnismaBig aufwendigen MaBnahme wie das Berufsf8rderungsjahr ist nicht festzurnachen an der wenig aussagekraftigen Vermittlungsquote - die Berufszufriedenheit der ehemaligen Absolventen ist ein wesentliches Kriteriurn fUr die Beurteilung solcher Kurse.
6.1.3.3. Arten des Wunschberufes
Zwei Berufsfelder werden von den veranderungswilligen Jugendlichen eindeutig bevorzugt. Die weiblichen Befragten wUrden fast zur ~lfte (48.0 Prozent) lieber in einem Beruf tatig sein, der dem Berufsfeld 'Gesundheit-Soziales-Betreuung' zuzuordnen ist. Wie Tabelle 10 ausweist, werden von den weiblichen Jugendlichen die anderen Berufsfelder annahernd gleichstark genannt, wobei wegen der jeweils geringen Anzahl der Nennungen diese Angaben mit der gebotenen Vorsicht zu betrachten sind.
Die mannlichen Absolventen des BFL hingegen waren einem Beruf des Bereiches 'Handwerk-Gewerbe-Dienstleistung' nicht abgeneigt (60.0 Prozent); die Ubrigen 40 Prozent verteilen
sich auf die anderen Berufsfelder. Auch hier macht die jeweils geringe Anzahl von Nennungen eine weitere Differenzierung schwierig. Zu vermuten ist jedoch, daB eine gewisse
- 307
Anzahl der mann lichen Arbeitnehmer mit Berufen im Bereich
Industrie/Produktion weniger zufrieden ist und eine Tatig
keit in einem uberschaubaren, kleineren Betrieb vorziehen
wlirde.
Bleibt abschlieBend noch zu sagen, daB hauswirtschaftliche
Berufe den Befra~n wenig attraktiv erschienen, denn keiner
der moglichen Berufswechsler strebt eine Tatigkeit in diesem
Bereich an. Diese Tatsache gewinnt an Bedeutung, wenn man
an den werkpraktischen Bereich des BFL denkt, in dem Haus
wirtschaft ja eines der 9 Gebiete ist, in das zumindest
die weiblichen Jugendlichen eingefuhrt werden und das sie
au~h zu ihrem Neigungsfach machen konnen. Auch hier geht
moglicherweise das Angebot des BFL an den Teilnehmerinter-
essen vorbei.
Tabelle 10
Angestrebte Tatigkei tsfe lder der Jugendlichen
weiblich mannlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Gesundheit/Soziales Betreuung 11 48.0 2 5.0 13 20.6
Kaufmannischer Bereich 3 13.0 2 5.0 5 7.9
'krwaltung/5ffentl. Dienst 3 13.0 3 7.5 6 9.5
Handwerk;Gewerbe/ Dienstleistung 3 13.0 24 60.0 27 42.9
Industrieberufe/ Produktion 2 8.7 5 12.5 7 11. 1
Hauswirtschaft
Sonstiges 3 7.5 3 4.8
Keine Antwort 4.3 2.5 2 3.2
Summe: 23 100 40 100 63 100
- 308 -
6.1.4. Bewertung des Berufsforderungslehrganges durch die Teilnehmer
6.1.4.1. Zur Einschatzung der Konzeption des Lehrganges
Mit drei Fragen wollten wir versuchen, die Einschatzung der
Lehrgangsstruktur durch die ehernaligen Teilnehmer in Er
fahrung zu bringen. Zunachst ging es darum zu wissen, welcher
Teil des BFL fUr die Jugendlichen personlich am Wichtigsten
war, die beiden anderen Fragen hoben auf von den Jugendlichen
gewlinschte Knderungen abo
Tabelle 11 zeigt, welchen Stellenwert die Befragten Lehr
gangsteilen einraumten.
Tabelle 11 (Mehrfachnennungen moglich)
Einschatzung von Lehrgangsteilen durch die Jugendlichen
weiblich abs. v.H.
AIle drei gleichwich-tig 8
Sozialpad.Bereich 5 We rkpraxis 26 Fachtheorie 15 WeiB nicht Keine Antwort
Summe: 55
14.5
9.1 47.3 27.3
1.8
100
mannlich abs.. v. H.
16
21 99 53
190
8.4
11. 1 52.1 27.9 0.5
100
·Gesamt abs. v.H.
24
26 125 68
245
9.8
10.6 51.0 27.8 0.4 0.4
100
Schon auf den ersten Blick zeigt sich die hohe Ubereinstim
mung zwischen mannlichen und weiblichen Befragten. Letztere
halten lediglich mit einem geringfUgig groBeren Anteil alle
Bereiche des BFL fUr gleich wichtig. Mehr als die Halfte
aller Befragten ist der Meinung, daB der werkpraktische Be
reich fUr sie am wichtigsten war, wahrend ein Viertel aller
Nennungen sich auf den fachtheoretischen Bereich bezieht. Die
vielfaltigen Versuche wahrend des Lehrgangs auf die Jugend
lichen auch mit sozialpadagogischen MaBnahmen einzuwirken,
scheint die Teilnehmer hingegen weniger zu berUhren: nur
etwas Uber 10 Prozent derAntworten heben auf die Bedeutung
- 309 -
dieser Lehrgangselemente fur die Jugendlichen abo Das mag
allerdings daran liegen, daB in diesem Bereich die Einflusse der Mitarbeiter des Jugenddorfes sich den Teilnehmern weniger manifest offenbaren und daB dadurch die sozialp~dagogischen Anstrengungen in ihrer realen Bedeutung fur den
Teilnehmer verkannt werden.
lUlderungen in der Struktur des Lehrganges werden von relativ wenig Teilnehmern fur notwendig befunden. Uber 60 Prozent
der Befragten hielten solche lUlderungen fur nicht notwendig, weniger als 30 Prozent hingegen waren der Meinung, Teile des
Lehrgangs anders zu verfassen. Bei dieser Einsch~tzung zeig
ten sich die ~nnlichen Befragten weniger entschlossen als ihre ehemaligen Mitschulerinnen: mehr als jeder Zehnte von ihnen konnte auf unsere Frage nach der Notwendigkeit von
Ver~nderungen keine Antwort geben (siehe Tabelle A. 3).
Dabei ist die Mehrzahl der Befragten, die lUlderungen am Berufsf5rderungslehrgang fUr notwendig halten, der Ansicht,
daB sich diese lUlderungen auf eine Erweiterung bzw. Intensivierung des Angebotes im Bereich Werkpraxis beziehen mus
sen: 38.7 Prozent ~uBerten sich in diesem Sinne, wie die
nachfolgende Tabelle zeigt.
Tabelle 12 GewGnschte Anderungen des Berufsforderungslehrgangs
Erweiterung/Intensiv. des Angebots in Werk-praxis
desgl. in lhchtheorie Bessere Qualifikation der pad.Mitarbeiter Anderung der Lehrgangs-organisation Sonstiges
Sumne:
weiblich abs. v.H.
5 41.7
8.3
8.3
5 41.7
12 100
mannlich abs. v. H.
17 38.8
9 20.0
3 6.7
14 31.1 2 4.4
45 100
Gesamt abs. v.H.
22 38.7
10 17.5
4 7.0
19 33.3 2 3.5
57 100
- 310 -
An zweiter Stelle steht der Wunsch nach einer ~derung der
Lehrgang~organisation; hier steht zu vermuten, daB sich die
ser Wunsch zum einen auf ein groBeres MaB an individuell
verfugbarer Freizeit, zum anderen aber auch auf die Eintei
lung in Neigungsgruppen bezieht. Fast jeder ftinfte Befragte
war der Meinung, daB auch die Qualifikation des padagogischen
Personals verbessert werden musse: mannliche und weibliche
Jugendliche unterschieden sich in diesem Punkte nicht.
6.1.4.2. Bedeutung des Berufsforderungslehrgangs ftir den Beruf
Ausgehend von der Uberlegung, daB die von uns befragten
Jugendlichen in ihrem Leben vier fur die Berufsfindung
relevante Ausbildungsabschnitte (Schule, Berufsforderungs
lehrgang, Lehre, Berufsschule) durchlaufen hatten, erschien
die Frage interessant, wie nun diese vier Abschnitte von
den Jugendlichen im Vergleich beurteilt wtirden, und zwar
hinsichtlich der (vermuteten) Wichtigkeit fur den Beruf.
Wahrend der BFL und die Lehre selbst annahernd gleichstark
von jeweils etwas mehr als einem Drittel der Befragten ge
nannt wurde, entfallen auf die beiden Bereiche Schule und
Berufsschule deutlich weniger Nennungen. Der Wert der Be
rufsschule fur den Beruf wird dabei insgesamt am geringsten
eingeschatzt, und zwar sowohl von den weiblichen wie den
mann lichen Mitgliedern unserer Stichprobe. Grtinde fur diese
Einschatzung wurden nicht genannt; m6glicherweise ist aber
der relativ kleine zeitliche Anteil,den die Berufsschule
am BerufsbildungsprozeB hat und der zudem im Gegensatz zu
Schule, BFL und Lehre ja nicht in dem MaBe als kontinuier
lich empfunden wird, hierfur verantwortlich.
Madchen schatzen die Bedeutung des BFL ftir ihren beruflichen
Werdegang wesentlich hoher ein als Jungen. Deutlich uber 57
prozent der weiblichen Befragten waren der Ansicht, daB der
Berufsforderungslehrgang wichtigstes Element ihrer Ausbildung
war. Dieser Meinung konnten sich nur 36.5 Prozent der Jungen
- 311 -
ansehlieBen, die demgegenUber wesentlieh starker als ihre
Kolleginnen (15.6 Prozent) mit 40.4 Prozent die Lehre als
wesentliehsten Beitrag ihres berufliehen Werdegangs betraeh
teten. Diese Einsehatzung seheint aueh realistiseher als
die der weibliehen Jugendliehen zu sein. Der BFL ist sehlieB
lieh eine MaBnahme, die die Berufsreife f5rdern und den Be
rufsfindungsprozeB erleiehtern solI, aber nieht unbedingt
Teil der eigentliehen Berufsausbildung.
Tahelle 13 Wichtigster Ausbildungsabschnitt fur den beruflichen werdegang
weiblich mannlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Schule 7 15.6 18 11.8 25 12.6 BFL 26 57.7 46 30.1 72 36.5 Lehre 7 15.6 62 40.4 69 34.8 Berufsschule 4 8.9 16 10.5 20 10.1 Sonstiges Keine Antwort 1 2.2 8 5.2 9 4.5
SUDDDe: 45 100 153 100 198 100
Diese letzte Aussage relativiert sieh etwas, wenn die Jugendlichen direkt danaeh gefragt werden, ob sie ohne den BFL
ebenfalls in ihrem derzeitigen Beruf tatig waren. Hier unter
seheiden sieh mannliehe und weibliehe Befragte nur gering
fUgig voneinander; etwas mehr bzw. etwas weniger als die
Halfte der beiden Gruppen kommt zu dem SehluB, daB ohne Ab
solvierung des BFL sie einen anderen (oder gar keinen) Beruf ausUben wUrden.
Immerhin 36.9 Prozent der Befragten meinen, aueh ohne den
Lehrgang ihren Beruf ausUben zu k5nnen, weitere 11.1 Prozent
ist sieh in der Beantwortung dieser Frage nieht sieher.
Unterstellt man einmal, daB die Befragten nieht aus GrUnden
'sozialer ErwUnsehtheit' geantwortet haben, so laBt sieh an
diesem Punkt festhalten, daB zumindest die Mehrzahl der Be
fragten dem BFL Sinn und Erfolg unterstellt.
- 312 -
Tabelle 14
Derzeitige Berufstatigkeit auch ohne B1'L
weiblich marmlich Gesamt abs. v.H. abs. v.J. abs. v.H.
Ja 16 35.6 57 37.3 73 36.9 Nein 25 55,S 73 47.7 98 49.5 WeiB nicht 1 2.2 21 13.7 22 11.1 Keine Antwort 3 6.7 2 1.3 5 2.7
Summe: 45 100 153 100 198 100
6.1.4.3. Affektive Rtickerinnerung und Zukunftseinschatzung
Dieser Befund dtirfte nicht wenig die Erinnerung an den BFL, an das gemeinsam im Jugenddorf verbrachte Jahr beeinflussen. Ein erstaunlich groBer Anteil der Befragten erinnert sich insgesamt gerne an den Lehrgang, und wenngleich mannliche Befragte ein wenig eher zu Skepsis neigen, so sagen sie doch zu 85.6 Prozent, daB sie sich an die Zeit in Dortmund-Oespel
gerne erinnern. Sieht man einmal davon ab, daB sich eine weibliche Befragte nicht mehr so an den Lehrgang erinnert, so kann man ftir die Gruppe der weiblichen Befragten fest
stellen, daB sie sich ausnahmslos gerne zurUckerinnern (Tabelle A.4).
Fast zwei Drittel der Befragten machen sich denn auch hin
sichtlich ihrer beruflichen Zukunft wenig Sorgen 68.7 Prozent der Befragten (mannlich: 71.2 Prozent, weiblich: 60.1 Prozent)
glauben nicht, in naher Zukunft von Arbeitslosigkeit bet~offen zu werden (Tabelle A.S). Immerhin beftirchten noch 14
Prozent der Jugendlichen, daB ihnen derartiges widerfahren
k5nne, wahrend einige Befragte diese Frage nicht beantworten wollten. Es ist aber mit einiger Sicherheit zu vermuten,
daB ohne den BFL diese Zahlen anders aussehen wlirden, denn
ohne diese zusatzlfche F6rderung ware es einigen Jugendlichen wohl kaum gelungen, eine Lehr- oder Anlernstelle zu finden
oder tiber die LehrabschluBprtifung hinaus beschaftigt zu werden.
- 313 -
6.2. Ergebnisse der Befragung der Ausbildungsbetriebe
6.2.1. Stichprobe und Fragebogen
Im Rahmen der Effizienzuntersuchung erwies es sich als
notwendig, nicht nur die ehemaligen Teilnehmer eines Be
rufsforderungslehrganges zu befragen, sondern auch eine Ein
schatzung durch ihre Ausbilder wahrend oder nach der Lehre
einzuholen.
In insgesamt 65 Betrieben erklarte man sich zur Beantwortung
einiger diesbezUglicher Fragen berei t; von die sen konn ten 59
(90.1 Prozent) auch ausgewertet werden. Die restlichen Inter
views wurden abgebrochen, weil die betreffenden Jugendlichen
weniger als ein Jahr im Betrieb waren, und wir davon aus
gingen,daB in diesel Fallen keine Angaben zu den uns interessieren
den Fragen gemacht werden konnten.
Etwas mehr als die Halfte der befragten Betriebenamlich 57.6
Prozent, sind Kleinbetriebe mit bis zu 50 Beschaftigten, wo
bei das Handwerk dominiert. Die Branchen Handwerk und Han
del/Gewerbe sind insgesamt zu 67.8 Prozent in der Stichprobe
reprasentiert, 11.9 Prozent gehoren der verarbeitenden In
dustrie an.
Absolventen des BFL werden zum Uberwiegenden Teil (46.5
Prozent) in Kleinbetrieben vom Firmenchef ausgebildet; einen
oder mehrere hauptberufliche Lehrlingsausbilder haben 29.6
Prozent der befragten Betriebe (eigene Lehrwerkstatten
18.3 Prozent); diese Betriebe gehoren ausnahmslos den Be
reichen verarbeitende Industrie, Schwerindustrie und dem
energiewirtschaftlichen Sektor unter EinschluB von Land- und
Forstwirtschaft an. Zum Zeitpunkt der Befragung gaben 20.3
Prozent der Betriebe an, gerade BFL-Absolventen in der Aus
bildung zu haben, 76.6 Prozent der Betriebe haben im Zeit
raum von zwei bis vier Jahren vor der Erhebung einen oder
mehrere Jugendliche aus dem Jugenddorf Dortmund-Oespel aus-
- 314 -
gebildet. In den allermeisten Fallen kann man nicht davon
sprechen, daB es typische Abnehmerbetriebe fur BFL-Absol
venten gibt: 76.2 Prozent der Betriebe bilden nur selten
solche aus.
Der Fragebogen (sh. Anlage 6) bezog sich in seinen wei
teren Fragen im wesentlichen auf einen Vergleich zwischen
den Leistungen der Lehrlinge, die einen Berufsforderungs
lehrgang erfolgreich beendet hatten und der Gesamtheit der
ubrigen Lehrlinge. Dabei ist davon auszugehen, daB die
Antworten der Befragten weniger auf empirisch abgesicher
ten Erkenntnissen als vielmehr auf der subjektiven Einschat
zung durch die Lehrlingsausbilder beruhen.
Deswegen und wegen der verhaltnismaBig klein zu nennenden
befragten Gruppe konnen die folgenden Aussagen nur mit ge
wisser Vorsicht gemacht werden. Sie sollen auch lediglich
die in den vorherigen Kapiteln getroffenen Feststellungen
tendenziell unterstreichen.
6.2.2. Erfahrungen mit BFL-Absolventen
Wie sich zeigt, haben die Befragten summarisch eher nositi
ven Erfahrungen mit den Jugendlichen gemacht - knapp drei
Viertel haben unsere entsprechenden Fragen in diesem Sinne
beantwortet. Immerhin gaben noch 2'2.0 Prozent der Befrag
ten an, vorwiegend negative Erfahrungen mit den Lehrlingen
aus dem Jugenddorf gemacht zu haben.
Allerdings glaubten die Ausbilder in den meisten Fallen,
keine auffalligen Unterschiede zwischen den BFL-Absolventen
und ihren ubrigen Auszubildenden festgestellt zu haben,
wie die nachfolgende Ubersicht verdeutlicht:
- 315 -
Tabelle 15
unterschiede zwischen BFL-Absolventen und anderen Auszubildenden (Angaben in v.H.)
2 3 4 +)
Vorkenn tnisse lin 48.3 31.0 13.8 6.9 praktischen Bereich
Vorkenntnisse im theoretischen Bereich 60.3 6.9 25.9 6.9
Sozialverhalten 53.4 34.6 8.6 3.4
Einstellung zur Arbeit 46.6 34.5 17.2 1 .7
+) Es bedeuten: 1 2
3
4
keine Unterschiede festzustellen Jugendliche aus dem CJD besser als andere andere Jugendliche besser als CJD-Absolventen WeiB nicht
Sieht man sich diese Angaben einmal naher an, so fallt zu
nachst auf, daB immerhin ein Drittel der Ausbilder glaubt,
daB die Absolventen eines Berufsferderungslehrgangs besser
als ihre vergleichbaren Kollegen seien - mit Ausnahme be
zuglich ihrer theoretischen Vorkenntnisse. In diesem Punkt
wurden von einem Viertel der Befragten solche Jugendliche
fur besser eingeschatzt, die nach der Schule unmittelbar
in einen Betrieb gingen. Jeweils annahernd doppelt so gut
wie ihre Kollegen wurden die ehemaligen Angeherigen des
Jugenddorfs hinsichtlich ihrer Vorkenntnisse im pnktischen
Bereich und hinsichtlich ihrer Einstellung zur Arbeit beur
teilt.
Den greBten Unterschied jedoch stellten wir bei der ver
gleichenden Beurteilung des Sozialverhaltens fest. Hier
ist die Differenz zwischen den Auszubildenden aus dem CJD
und ihren Kollegen am greBten.
- 316 -
Zusammenfassend: Nach Meinung der Ausbilder und Lehrherren
so laBt sich schlieBen, scheinen die Berufsforderungslehr
gange ihren Wert vor allem beztiglich des Sozialverhaltens
ihrer Absolventen zu haben - das deutet darauf, daB die
sozialpadagogischen MaBnahmen dort den Erwartungen der
Ausbildungsbetriebe durchaus gerecht werden.
Aber auch im werkpraktischen Bereich und was die Einstellung
der Jugendlichen zur Arbeit angeht, scheinen in den Augen
der Ausbilder Berufsforderungslehrgange durchaus sinnvoll
zu sein, wohingegen die Jugendlichen noch Defizite im Be
reich theoretischer Kenntnisse - also schulischer Fertig
keiten - aufweisen.
Anders herum: Zieht man die Tatsache in Betracht, daB es
sich bei den Schulentlassenen, die in das Jugenddorf kommen,
urn noch nicht berufsreife Jugendliche handelt, so muB zu
mindest aus der Sicht der sie aufnehmenden Betriebe gesagt
werden, daB es in den Lehrgangel":gelingt, Berufsunreife zu
einem groBen Teil abzubauen, daB etliche Jugendliche nach
dem BFL deutlich besser beurteilt wurden als die anderen
Lehrlinge, die ohne eine solche MaBnahme in die Arbeitswelt
eintreten.
Dieser Eindruck wird allerdings teilweise revidiert, wenn man
die Ergebnisse der AbschluBprtifungen als Beurteilungshilfe
heranzieht. Zwar gaben auf eine entsprechende Frage 57.6
Prozent der Befragten an, daB sich zwischen den beiden
Gruppen Auszubildender in dieser Prtifung keine Unterschiede
zeigten. Von den 32.2 Prozent der Befragten aber, die solche
Unterschiede zu konstatieren glaubten, gaben fast drei
Viertel (namlich 73.3 Prozent) an, daB Jugendliche aus dem
CJD schlechter als ihre Kollegen abschnitten.
Etwa die Halfte (56.0 Prozent) der Befragten - so sei noch
abschlieBend vermerkt - gaben an, tiber die Ziele und Inhalte
der im Jugenddorf durchgeftihrten MaBnahmen entweder genau
oder in groben Ztigen informiert zu sein. Annahernd ebenso vielen waren die besonderen Grlinde, die ~r Einstellung der
- 317 -
Jugendlichen beitrugen, bekannt.
Diese Ergebnisse bestatigen Aussagen in den vorangegange-
nen Kapiteln liber die eingeschrankte Effizienz der
fachtheoretischen Unterweisung in den Forderungslehrgangen.
Andererseits geht auch daraus hervor, daB die Wirksamkeit
der sozialpadagogischen MaBnahmen in nicht unbetrachtlichem
MaB auf die Herstellung von Arbeitstugenden und Arbeits
haltungen hinauslauft, die von den Ausbildungsbetrieben
geschatzt werden.
- 318 -
Anhang zur Befragung ehemaliger BYL-Teilnehmer
Tabelle A 1
Altersstruktur
Alter in Jahren Gjesamt abs. v.H.
19.5 31 15.7 20.0 72 36.4 20.5 65 32.8 21.0 22 11.1 21.5 7 3.5 22.0 0.5
Summe: 198 100
Tabelle A 2 Eamiliare Zuordnung
lebt bei: weiblich mannlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Eltern 21 46.8 111 72.5 132 66.8 Elternteil 1 2.2 15 9.8 16 8.0 sonst. Angehorige 1 2.2 1 0.7 2 1.0 eigener Haushalt 20 44,4 21 13.7 41 20.7 Heim etc. 2 4.4 5 3.3 7 3.5
Summe: 45 100 153 100 198 100
Tabelle A 3
Ia.milienstand
weiblich mannlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
ledig 27 60.0 134 87,6 161 81,3 verheiratet 18 40.0 13 8.5 31 15.7 geschieden 6 3.9 6 3.0
Summe: 45 100 153 100 198 100
- 319 -
Tabelle A 4
Vermittlungsquoten
Was haben Sie nach dem BF L als nachstes getan: eine Arbeits- oder Lehrstelle angetreten oder eine weiterfuhrende Schule (z.B. Realschule, Fachschule) besucht?
weiblich abs. v;H.
Ari>eits- oder Lehrstelle 43 95.6
Wei terfUhrende Schule 2 4.4
Summe: 45 100
Tabelle A 5
mannlich abs. v.H.
Gesamt abs. v.H.
152 99.3 195 98.5
0.7 3 1.5
153 100 198 100
Zeitraum zwischen BFL und Vlrmittlung
Wie lange hat es gedauert, bis Sie nach Beendigung des BFL eine Stelle angetreten haben?
weiblich mannlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
innerhalb eines Monats 37 82.2 132 86.2 169 85.4
innerhalb von 2-3 Monaten 7 15.6 19 12.4 26 13.1
innerhalb v. 4-6 Monaten 0.7 0.5
Langer als 6 Mon. 0.7 0.5
keine Antwort 2.2 0.5
Summe: 45 100 153 100 198 100
- 320 -
Tabelle A 6
Qualitat der vermittelten Stelle
Handelt es sich bei dieser Stelle um eine a) Lehrstelle b) Anlemstelle c) Stelle als ungelemter Arbeiter
Lehrstelle Anlemstelle Stelle als unge-lemter Arbeiter Sonstiges
Summe:
Tabelle A 7
weiblich abs. v.H.
39 86.7 1 2.2
4 8.9 1 2.2
45 100
mannlich abs. v.H.
147 92.8 4 2.6
7 4.6
153 100
Gesamt abs. v.H.
181 91.4 5 2.5
11 5.6 1 0.5
198 100
Qualit&t der Arbeitsstelle nach Berufswechsel
Handelt es sich bei dem h e ute a) einen Lehrberuf b) einen Anlernberuf c) Beruf als ungelemter Arbeiter Keine Antwort
weiblich abs, v.H.
Lehmeruf 3 11.1 Anlemberuf 1 3.7 Beruf als unge-lernter Ameiter 15 55.6 Keine Antwort 8 29.6
Summe: 27 100
ausgeGbten Beruf um
mannlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H.
11 18.6 14 16.3 9 15.3 10 11.6
29 49.2 44 51.2 10 16.9 18 20.9
59 100 86 100
- 321 -
Tabelle A 8
Anzahl der Elrmen
Bei wieviel EI rmen sind Sie insgesamt beschaftigt gewesen?
Fi rma 2 Fi rmen 3 Fi rmen Mehr als 3 Fi rmen Keine Antwort
Summe:
Tabelle A 9
weiblich abs. v.H.
14 31.1 14 31.1 10 22.2
7 15.6
45 100
Teilnahme an WeiterbildungsmaBnahmen
mii.nnlich abs. v.H.
62 40.5 55 36.0 23 15.0 13 8.5
153 100
Gesamt abs. v.H.
76 38.4 69 34.8 33 16.7 20 10.1
198 100
Haben Sie nach dem B FL an Kursen oder Lehrgangen teilgenommen?
Ja Nein
Summe:
Tabelle A 10
weiblich abs. v.H.
12 26.7 33 73.3
45 100
Berufsrelevanz der weiterbildung
mii.nnlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H.
53 34.6 65 32.8 100 65.4 133 67.2
153 100 198 100
War (en) diese(r) Kurs(e) fur Ihr berufliches Weiterkommen wichtig?
weiblich mii.nnlich Gesamt abs. v.H. abs. v.H. abs. v.H.
Ja 6 50.0 40 75.5 46 70.8 Nein 6 50.0 13 24.5 19 29.2
Sunm1e: 12 100 53 100 65 100
- 322 -
Tabelle A 11
Art der WeiterbildungsmaBnahmen
Um welche Kurse oder Lehrganqe hat es sich dabei gehandelt?
weiblich mannlich Gesamt abs. v.H. abs. V.H. abs. v.H.
BerufsGbergreifend, allgemeinbildend 9 75.0 29 54.7 38 58.5
Fa chbezogen • berufsspezifisch 3 25.0 23 43.4 26 40.0
Sonstiges 1 1.9 1.5
Summe: l2 lop 53 100 65 100
- 323 -
7. Zusamrnenfassende Kritik und Beurteilung der vorn CJD durchgeflihrten Forderungslehrgange
Die Praxis der Arbeitsverwaltung bezliglich der Auswahl der
Lehrgangsteilnehmer kann nicht sicherstellen, daB die in
der Konzeption der Forderungslebrgange angesprochene Ziel
gruppe tatsachlich erreicht wird.
Der Begriff "Berufsunreife" erfahrt durch die Arbeits
verwaltung eine pragmatische Definition. Hiernach um
faBt er aile Jugendlichen, die nach Beendigung der all
gerneinen Schulpflicht nicht oder nur schwerlich in ein
Ausbildungsverhaltnis vermittelt werden konnen. Diese
Definition fuhrt zu unterschiedlichen Abgrenzungen der
potentiellen Teilnehmergruppe. Sie unterliegen starken
Schwankungen irn Ausbildungsstellen-Angebot in Abhangig
keit von der konjunkturellen Entwicklung. Ein Beleg fur
dieses Fakturn ist in der quantitativen Ausweitung des
Angebots an berufsfordernden MaBnahrnen wahrend der
letzten 10 Jahre zu sehen.
Die Zuweisung von Jugendlichen in Berufsforderungslehr
gange erfolgt aufgrund einer Prognose der Arbeitsver
waltung, daB die Ausbildungsreife durch die MaBnahmen
erreicht werden kann. Fur diese Prognose werden uber
wiegend kognitive Merkrnale zugrunde gelegt (z.B. bis
herige Schulleistung), die wiederum in den verschie
denen Arbeitsarntsbezirken unterschiedlich gewichtet
werden. Durch diesen Auswahlrnodus kristallisiert sich
in den Forderungslehrgangen eine positive Auslese aller
potentiell Forderungsbedlirftigen hinsichtlich der kog
nitiven Fahigkeiten heraus.
Sonderpadagogische Kriterien (Lernstorungen, Verhaltens
auffalligkeiten etc.) bleiben weitgehend unberlicksich
tigt.
- 324 -
Die Beurteilung der Jugendlichen durch die Arbeits
verwaltung erfolgt nur in Ausnahmef~llen nach standar
disierten Eignungstests und wird weitgehend von der sub
jektiven Einsch~tzung des Berufsberaters abh~ngig ge
macht. Psychologische Gutachten werden nur in begrenztern Umfang erstellt. Aus dieser Selektionspraxis re
sultiert eine heterogene von pragmatisch-vordergrGn
digen Gesichtspunkten abh~gige Zusammensetzung der Lehrgangsteilnehmer.
Die aufgrund der Zuweisungspraxis in den Lehrgangen feststellbare Teilnehmerstruktur erfordert eine Differenzierung
der MaBnahme in organisatorischer und inhaltlicher Hinsicht. Dieser Anspruch wird in der Lehrgangspraxis nur teilweise erfUllt.
Die Teilnehmer der Forderungslehrgange des CJD werden in drei Leistungsgruppen eingeteilt, und zwar auf der Grundlage der Ergebnisse in einem Schulleistungstest
(Horn-Test). Weiteres Differenzierungskriterium ist bei den m~nlichen Teilnehmern die schulische Herkunft. Bei den Madchen wird dieses Merkmal wegen der relativ
niedrigen Teilnehmerrate nicht berUcksichtigt.
Die Einteilung in Leistungsgruppen wirkt sich in Form einer unterschiedlichen quantitativen Gewichtung der Anteile von werkpraktischer und fachtheoretischer Unterweisung aus. Es handelt sich urn eine formale Diffe
renzierung, die auf die Unterweisungspraxis rtur begrenzte Auswirkungen hat. lm fachtheoretischen Bereich bestehen entsprechend den Leistungsgruppen unterschiedliche Facherkombinationen. DarGber hinaus weisen die Lehrplane fUr die zentralen F~cher gruppenbezogene
lnhalte und methodische Anregungen aus. Dieser Anspruch wird in der Unterrichtspraxis jedoch nicht durch-
gangig eingelost, sondern allenfalls von einigen Lehrern.
- 325 -
BezUglich der werkpraktischen Unterweisung gibt es
keine gruppenspezifischen Unterschiede in rnethodischer und inhaltlicher Hinsicht. Ein hoherer Anteil
an werkpraktischem Unterricht wirkt sieh prirnar auf eine groBere Anzahl von durchlaufenen Berufsfeldern
aus.
Die in der Konzeption besonders der sozialpadagogischen
Begleitung zugewiesene Funktion der individuellen Betreuung kann aufgrund organisatoriseher Vorgaben
(GruppengroBe) nur eingesehrankt verwirklicht werden und ist abhangig vorn jeweiligen Grad der Verhaltens
auffalligkeit des einzelnen Jugendlichen.
Infolge der unzureichenden Differenzierungsrnodalitaten ist
eine homogene Leistungsentwicklung nieht zu konstatieren. Diese ist in starkern MaBe von schuliseher Vorbildung und individueller Motivationsstruktur abhangig.
Sowohl die Testdaten als auch die Beurteilung der Teil
nehrner durch die Lehrkr~ftp unterstreichen unsere Beobachtung, naeh der ehemalige HauptsehUler sowohl in leistungsmaBiger als aueh in rnotivationaler Hinsieht
deutlich geringere Entwicklungsfortsehritte aufweisen als Sonderschuler. In besonders hohern MaBe trifft dies auf die Gruppe von Jugendlichen zu, die bereits vor Beginn des Lehrgangs einen HauptsehulabschluB vorweisen
konnten. In diesern Zusammenhang rouB auf die fragwurdige
Praxis bezuglich der Hinfuhrung zurn externen Hauptsehul
abschluB hingewiesen werden. So zeigte sieh bei der groBen Mehrzahl der nicht zur Prufung gerneldeten Jugend
lichen ein deutlicher Abbau im Leistungsverhalten. Hier
erweist sieh, daB die konkrete Lehrgangspraxis eine
groBe Anzahl von Jugendlichen uberfordert und solehermaBen die eigene Zielsetzung gefahrdet.
Die Ergebnisse zur Leistungsentwicklung und Lernbereitsehaft lassen zwei SehluBfolgerungen zu:
- 326 -
Entweder mussen die Zuweisungskriterien der Arbeits
verwaltung so verandert werden, daB eine homogene
Teilnehmerstruktur zustande kommt, oder die Lehrgangs
struktur ist der Heterogenitat der Teilnehmer anzu
passen.
Trotz der angefGhrten Mangel in der Lehrgangsstruktur ist
die Vermittlungsfahigkeit der Teilnehmer hergestellt worden.
Die Effizienz der MaBnahme ist jedoch erst an Ausbildungs
erfolg, Berufszufriedenheit und Berufskonstanz meBbar.
Die durch den Lehrgang erreichte Vermittlungsfahigkeit
der Teilnehmer "gemessen an der Quote der beruflichen
Erstvermittlurig" kann insofern nur als begrenzter Grad
messer der Effektivitat des Lehrgangs angesehen werden,
weil darin weder zum Ausdruck kommt, daB die Jugend
lichen vielfach keinen LehrabschluB erreichen, den Aus
bildungsprozeB abbrechen und als ungelernte Arbeiter
tatig werden, noch verm6gen diese Vermittlungsquoten zu
zeigen, daB sich bei den Jugendlichen aufgrund von Dis
krepanzen zwischen Berufswunsch und -wirklichkeit teil
weise eine deutliche Berufsunzufriedenheit einstellt,
die wiederum einen haufigen Berufswechsel zur Folge hat.
Die konkreten BerufseinmUndungen sind mehr als Spiegel
bild der Arbeitsmarktsituation anzusehen denn als Aus
druck der individuellen Interessenlage der Teilnehmer.
Die BerufseinmGndung ist groBteils ebenfalls kein konse
quenter AbschluB des Lehrgangs, da nur fur die Halfte
aller Jugendlichen Eignungsgruppe und Beruf Gberein
stimmen. Die Jugendlichen werden also oft in Theorie
und Praxis auf ein Berufsfeld vorbereitet, in das sie
dann gar nicht vermittelt werden.
Wenn als wichtigstes Ziel der Lehrgange die Verbesserung
der individuellen Berufschancen auf langere Dauer ange
sehen wird, kann aufgrund der diagnostizierten Mangel bezGglich des Ausbildungserfolgs sowie der Berufszu-
- 327 -
friedenheit und Berufskonstanz dem Berufsf5rderungs
lehrgang eine eingeschrankte Effizienz zugesprochen
werden.
Die vorausgegangenen Ausflihrungen haben erkennen lassen, daB
eine eindirnensionale Auslegung des Effizienzbegriffs nicht statthaft ist. Im besonderen verbietet es die eigenttirnliche Verbindung von arbeitsrnarktpolitischer Zweckbestim
mung und berufs- bzw. sozialpadagogischen Teilfunktionen , daB die errnittelte 'Effizienz' allein beschaftigungspoli
tischen MaBstaben unterworfen wird.
Unter BerGcksichtigung der unserer Studie zugrundeliegenden
zeitlichen Perspektiven kann eine 'abgestufte' arbeitsmarktpolitische Effizienz konstatiert werden. Diese Einschrankung
ist nicht allein im Hinblick auf die zeitlich bedingten
Abbaueffekte zu treffen, denen ein ursprGnglich definiertes autobiographisches Erfolgsverhalten quasi 'naturgernaB' un
terworfen ist, sondern ergibt sich aus der engen kausalen -und damit evaluativen - Abhangigkeit beschaftigungspoli
tischer MaBnahrnen von den Strukturgegebenheiten und Entwicklungsperspektiven des volkswirtschaftlichen Organisrnus. Damit solI nicht einem arbeitsrnarktpolitischen und berufs
padagogischen Fatalismus das Wort geredet werden: Die systernabhangigen Variablen wirksarner beruflicher Eingliederung sind zwar in keiner 'Effizienzuntersuchung' auBer
acht zu lassen, hingegen enthebt diese Tatsache nicht der Notwendigkeit, die individuellen'QualifikationsschGbe' beruflicher Sozialisationsverlaufe auf die Frage hin zu
GberprGfen, ob durch sie eine BerufsertGchtigung im Sinne auch einer beruflichErl Konkurrenzfahigkeit erreicht worden
ist. Es kann nicht Gbersehen werden, daB in einem Wirt
schaftssystern, in dern die Verteilung verknappter GGter
- hier Arbeits- und Ausbildungsplatzangebote - prinzipiell
nur mit Mechanisrnen des Wettbewerbs vorgenornrnen werden kann,
die durch Berufsf5rderungsrnaBnahrnen erzielten Qualifika
tionsgewinne bei konstantern Arbeitskraftebedarf zu Verdrangungsbewegungen fGhren, die ihrerseits neue berufspadagogische
- 328 -
Problemgruppen hervorbringen.
Dies zu konstatieren bedeutet nicht, daB der Sinn indivi
dueller QualifikationsmaBnahmen schlechthin in Frage ge
stellt werden~ll. Vielmehr ist damit angedeutet, daB Effi
zienzuntersuchungen der vorliegenden Art nolens volens ihren hegrenzten Geltungsbereich anzuerkennen haben. Wenn
wir daher abschlieBend versuchen, einige der -"speziell im Rahmen der Begleituntersuchung ermittelten - konzeptionel
len und didaktisch-methodischen Grundmuster der Berufs
fBrderungslehrg~ge des CJD auf ihre padagogische Legitima
tion und Angemessenheit hin auszuleuchten, so nicht, weil wir eine Ehrenrettung des MaBnahmetragers in Anbetracht der 'effizienzfeindlichen' Rahmenbedingung seiner BemUhun
gen beabsichtigen, sondern aus der Einsicht heraus, daB die realisierten LOsungen des CJD im positiven wie im negativen zur Optimierung berufspadagogischer Modelle und
Strategien beitragen kBnnen.
Die Ergebnisse der beiden Untersuchungsteile berechtigen zu dem SchluB, daB die internatsmaBige Organisation des
BFLs eine der Zielgruppe angemessene Form der vorberuflichen Sozialisation darstellt. Nicht zuletzt die XuBerungen der Jugendlichen bezUglich der 'geschlossenen' Lehrgangscharakteristik unterstUtzen un sere Beobachtung, daB Anreiz
wert und kommunikative Vielfalt der permanentenGemeinschaftssituation die sozialkompensatorischen Intentionen, die im Lehrgangskonzept niedergelegt sind, voll zur Geltung
bringen. Obwohl das planmaBige Ausrlchten des Jugendlichen auf ein festgelegtes, wenn auch reichhaltiges Freizeitangebot durchaus problematisch ist, kann nicht geleugnet werden,
daB diese Form der sozialpadagogischen Betreuung auch in
der Bewertung durch die Jugendlichen Alternativen der Lebens- und Freizeitgestaltung aufgezeigt hat die zumin-dest potentiell der erlebten soziokulturellen Verarmung entgegenzuwirken vermag.
Auf die de facto erreichte Vermittlungsfahigkeit haben wir bereits oben hingewiesen. Unstreitig stellt die inhaltliche
- 329 -
Struktur des Lehrgangs auf Berufsfeldbasis sowie die
pOintierte Bezugnahme der Lehrgangsprogrammatik zu
beruflichen Grund tug en den eine Chance und eine Gefahrdung
der AusbildungsansprUche des Jugendlichen gleichermaBen
dar. lm gleichen MaB, wie die Vermittlung manueller
Grundfertigkeiten seine Eingliederungschancen kurzfristig
erhoht, schrankt sie seine langfristigen Qualifikations
perspektiven ein, wenn sein erreichter ErtUchtigungsgrad
auf dem Arbeitsmarkt in der bestehenden Form verwertet
wird.
Die nachgewiesenen hohen Vermittlungszahlen in handwerk
liche Klein- und Mittelbetriebe lassen den Verdacht auf
kommen, daB die polyvalente Verwertbarkeit der 'halbfertigen'
Arbeitskraft spatestens dann zum Beschaftigungsrisiko des
einzelnen wird, wenn der ausbildende Betrieb fUr den er
reichten Qualifikationsstand keine angemessene Verwendung
findet oder den darnit verbundenen Gratifikationserwartungen
nicht entspricht.
Unbeschadet der bisher angedeuteten rea'len und moglichen
Gefahrdungen der beruflichen Entwicklungschancen des Ju
gendlichen durch Zielsetzung und Praxis der Berufsforde
rungslehrgange kann die in der Einrichtung des CJD verwirk
lichte Neuorientierung des Lernens an handlungsbezogenen
lnhalten in ihrem modellhaften Charakter herausgestellt
werden. Die hohe Zufriedenheitsrate der nach herkornmlichen
MaBstaben Gescheiterten mit dieser Form des Lernens laBt
deutlich werden, daB eine pauschale VerknUpfung von schuli
scher Minderleistung und beruflichem Versagerturn - wie in
konventionellen Berufsreifedefinitionen nicht selten zu be
obachten - die realen Lernchancen dieser Zielgruppe weit
gehend auBer acht laSt. Die von uns diagnostizierten beacht
lichen Bildungsreserven gerade der hier angesprochenen
Personengruppe fUhrt die ganze FragwUrdigkeitder gangigen
Praxis schulischer Leistungsbewertung und der darnit ver
bundenen beruflichen Chancenzuweisung vor Augen. Diese
Zusammenhange bewuBt gemacht zu haben, ist mitnichten
- 330 -
das geringste Verdienst, das wir dern Berufsforderungs
lehrgang des CJD zu bescheinigen haben.
- 331 -
Literaturverzeichnis
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- 335 -
ANLAGEN
1 • Fragebogen F 1 Begleituntersuchung 336 2. Leitfaden fur die Gruppendiskussion 350 3. Lei tfaden fur die Dozenten-Intensivbefragung 352 4. Fragebogen Firmenbefragung 355 5. Fragebogen F 2 Effizienzuntersuchung 357 6. Fragebogen Ausbilder-j Firmenbefragung 366 7. Fragebogen Nachbefragung 370
Faltblatt "Organisationsplan" nach 371
I
- 336 -
Anlage 1: FRAGEBOGEN BEGLEITUNTERSUCHUNG F 1
Teilnehmer
N a me, Vorname
Datum d. Interviews I : I : I : I Geburtsdatum 7.1: 1 : I : I Alter effektiv I : I : I ~ I
JAHRE MONATE T E
Geschlecht: Weibl1ch 1 MaDl'll1ch 2
SchulabschluB ................................... Familienverhaltnisse .............................
.............................
ZWEIFACHNENNUNG MOGLICH 1. Von welchen Freizeitangeboten hier im Jugenddorf machst
Du am liebsten Gebrauch ?
Politische Diskussionsgruppen 1
Praxisrelevante Kurse 2
Musische Betatigung ~
Basteln und Werken 4
Spiel und Tanz 5 Sport 6 Sonstiges 7
WeiB nicht 8
ZWEIFACH1lENNUNG MOGLICH
2 •• elohe Freizei~angebote sollte es neben den bestehenden
noch geben?
Diskussionsgruppen- 1
Et'.U~Eire.l.evante Kur.se 2
Musische Betatigung , Basteln und Werken 1+
Spiel und Tanz 5 Sport 6
Sonstiges 7 WeiB nicht 8
Kennz1ffer
OJ,D D D D
DO
00
- 337 -
3. Als Du erfahren hast, daB Du ins Jugenddorf kommst,
hast Du Dich darauf gefreut ?
Ja
Nein
Teils/teils
War mir egal
WeiB ich nicht mehr
Keine Antwort
ZWElFACHNENNUNG MOGLlCH
2
3 4
8
9
BEl AN'rWORT 'JA - UND 'TElLS/TElLS':
4.1 Kanr.st Du Dich noch erinnern, warum Du gerne ins
Jugenddorf wolltest ?
HauptschulabschluB 1
Berufsvorbereitung 2
Ersatz fUr Ausbildungsverhalt- 3 nis
ChancenvergroBerung fUr Aus- 4 bildungsverhaltnis
Familiare Griinde 5 Gemeinschaft mit Gleichaltrigen 6
Empfehlung durch Dritte 7 Kann ich nicht mehr erinnern 8
Keine Antwort 9
ZWElFACHNENNUNG MOGLlCH
BEl ANTWORT 'NElN - UND 'TElLS/TElLS':
5.fl Kannst Du Dich noch erinnern, warum Du nicht ins
Jugenddorf wolltest ?
Familiare GrUnde
Negative Vorinformationen 2
Trennung vom Bekanntenkreis 3 Ablehnung des lnternatslebens 4
Sonstiges 7 Kann ich uicht mehr erinnern 8
Kcine Antwort 9
o
00
DO
- 338 -
6. Welchen Berufswunsch hat test Ou, alR Ou nus der Schule
entlassen wurdest ?
Gesundheit/Soziales/Betreuung 1
Kaufmannischer Bereich
Verwaltung/Offentliche Dienste
Handwerk/Gewerbe/Dienstleistung
lndustrieberufe/Produktion
Hauswirtschaft
Sonstiges: •••
WeiB nicht mehr
Keine Antwort
(ANTWORTTEXT WORTLICH EINTRAGEN):
2
3 4
5 6
7 8
9
7. lhr werdet hier in bestimmte Berufsfelder, wie z.B. Holz,
Metall, Elektrik, Malerei usw. eingefuhrt. Meinst Ou, daB
es noch weitere wichtige Berufsfelder gibt, die hier ange
boten werden sollten ?
Ja
Nein
WeiB nicht
Keine Antwort
BEl ANTWORT 'JA'
8.f Welche ?
(ANTWORTTEXT WORTLlCH ElNTRAGEN):
Gesundheit/Soziales/Betreuung
Kaufmannischer Bereich
Verwaltung/Offentliche Dienste
Handwerk/Gewerbe/Dienstleistung
1
2
8 9
1
2
3 4
lndustrieberufe/Produktion 5 Hauswirtschaft 6 Sonstiges: •••• .7
WeiB ich nicht 8
Keine Antwort 9
o
D
o
- 339 -
9. Bist Du der Meinung, daB MHdchen und Jungen grundsatz
lich Ausbildung in denselbon Berufnfeldern nngeboten
werden sollte ?
Ja
Nein
WeiB nicht
DREIFACHNENNUNG MOGLICH
1
2
8
10. Das Arbeitsamt hat Dich ausgew1ihlt, fur ein Jahr hier
ins Jugenddqrf zu kommen. Ich gebe Dir jetzt einige
Karten, auf denen mogliche Grunde fUr die Auswahl durch
das Arbeitsamt stehen. Welche GrUnde treffen fUr Dich zu?
KARTEN UBERREICHEN
01 02 03
WeiB nicht
04 05 06 17 18 19 09
FRAGEN 11., 12.f und 13.ff ENTFALLEN BEl HEIMKINDERN
11. F1illt Dir die einjahrige Trennung von zuhause schwer?
Ja
Nein
Indifferent
WeiB nicht
Keine Antwort
ZWEIFACHNENNUNG MOGLICH
BEl ANTWORT 'JA'
12.f Was fehlt Dir hier am meisten ?
Eltern/Elternteil
Geschwister
H1iusliche Umgebung
Bekanntenkreis
Gewohntes Essen
Freizeit
Sonstiges
WeiB nicht
Keine Antwort
1
2
3 8
9
1
2
3 4
5 6
7 8
9
o
[JITJITJ
D
DO
ZI1EIFACHNENNUNG MOGLICH
BEI ANTWORT 'NEIN'
- 340 -
13.ff Was erleichtert Dir die Trennung von zu Hause?
Familiare Situation 1
Wochenendurlaub 2
Gemeinschaft mit Gleichaltrigen 3
Bessere Freizeitmoglichkeiten 4
Sonstiges 7
WeiB nicht 8 Keine Antwort 9
14. Bist Du mit der Unterbringung im Wohnhaus zufrieden?
Ja 1
Nein ·2
Teils/Teils 3
WeiB nicht 8
Keine Antwort 9
ANTWORTEN VORGEBEN 15. Welcher Teil des Berufsforderungslehrganges sollte
Deiner Meinung nach starker ausgebaut werden:
Der werkpraktische Bereich 1
Der fachtheoretische Unterricht 2
Die Arbeit in den Freizeitgruppen? 3
Keiner von diesen Teilen
WeiB nicht
Keine Antwort
4 8
9
16. FUhlst Du Dich durch Arbeit, Unterricht und Freizeit
gruppen zu sehr in Anspruch genommen ?
Ja 1
Nein 2
Teilweise 3
WeiB nicht 8 Keine Antwort 9
DO
o
D
D
- 341 -
ZWElFACHNENNUNG MOGLlCH
BEl ANTWORT 'JA' UND 'TElLWElSE'
17.f Was beansprucht Dich zu sehr ?
Werkpraktische Bereich
Fachtheoretischer Unterricht
Freizeitgruppen
Gemeinschaftsarbeiten
Schularbeiten
Ganztagige Auslastung
Sonstiges
WeiB nicht
Keine Antwort
ENTFALLT BEl HElMKlNDERN
1
2
3 4
5 6
7 8
9
18. Geben/Gibt Dir Dein(e) Eltern/Mutter/Vater/Vormund Rnt
schlage oder unterstiitzt/unterstiitzen sieler Dich be
ziiglich des Lehrgangs?
Ja
Nein
WeiB nicht
Keine Antwort
1
2
8
9
19. Hast Du hier im Jugenddorf neben den Freizeitgruppen
noch geniigend Freizeit, in der Du mach en kannst, was
Du willst ?
Ja
Nein
WeiB nicht
Keine Antwort
1
2
8
9
00
o
D
- 342 -
20. In welehen der folgenden Bereiehe wUnseht Du Dir ein
Mitspraehereeht ?
ja nein weiB nieht
a) Fragen der Heimordnung, 01 11 21 also z.B. Regelung der Sehlafens~eit
b) Fragen der Bckostigung 02 12 22 (Speiseplan)
e) Diensteintcilung fUr Ge- 03 13 23 meinsehaftsarbeiten
d) Gemeinsame Freizeitge- 04 14 24 staltung
e) Tasehengeldregelung 05 15 25
f) Ausgestaltung der Raume 06 16 26
g) Leistungsbewertung/Beur- 07 17 27 teilung/Notenvergabe
h) Sonstiges 08 18 28 Antworttext wortlieh eintragen: ...........................................
i) WUnsehe kein Mitspraehe-recht
j) WeiB nicht
k) Keine Antwort
ENTFALLT BEl HElMKINDERN
ANTWORTKATEGORIEN VORGEBEN
31
38
39
21. Wie verstehst Du Dich mit Deinen/r/m Eltern/Mutter/
Vater/Vormund, seit Du hier im Jugcnddorf bist:
Besser als frUher 1
Schlechter als frUher 2
Genauso wie frUher ? 3
WeiB nicht 8 Kcine Antwort 9
OJ rn rn IT] rn [JJ OJ rn
D
- 343 -
22. Wie oft besuchst Du Deine Angehorigen?
Jedes Wochenende 1
Vierzehntiigig 2
Einmal im Monat 3
Seltener als einmal im Monat 4
Nie 5 Keine Antwort 9
ENTFXLLT BEl HEIMKINDERN
23. Unterhaltst Du Dich zu Hause tiber das, was im Lehrgang
geschieht?
Oft
Selten
Nie
Weill nicht
Keine Antwort
1
2
3 8
9
24. Nimmst Du lieber am theoretischen oder am praktischen
Unterricht teil ?
Am theoretischen
Am praktischen
An beiden gleich gern
Weill nicht
Keine Antwort
ZWEIFACHNENNUNG MOGLICH.
ANTWORTKATEGORIEN VORGEBEN
1
2
3 8 9
25. Bei jedem treten wohl im Verlauf seiner Schul- und
Beru~sausbildung einige Probleme auf. In welchem der
folgenden Bereiche hast Du hier im Jugenddorf schon
mal Schwierigkeiten gehabt:
In einzelnen Schulfachern 1
In der werkpraktischen Ausbildung 2
In den Freizeitgruppen ? 3
Nirgendwo 4 ~ieiB nicht 8
Keine Antwort 9
D
D
D
DO
ZWElFACHNENNUNG MOGLICH
BEl ANTWORT 1, 2 oder 3
- 344 -
26.f Welcher Art sind diese Schwierigkeiten?
Lernschwieriekei ten 1
Kontaktschwierigkeiten a) mit Lehrern und Ausbildern 2 b) mit anderen Jugendlichen 3 kir.g~wohnungsschwierigkeiten 4 Schwierigkeiten aufgrund des 5 methodischen Vorgehens der Lehrer und Ausbilder
Sonstiges 6 WeiB nicht 8 Keine Antwort 9
27. Wie. kommst Du mit den anderen Mitgliedern Deiner
Hausgemeinschaft aus ?
Gut 1
Weniger gut 2
Schlecht 3 WeiB nicht 8 Keine Antwort 9
28. Wie werden in Eurer Hausgemeinschaft Streitigkeiten
normalerweise geregelt bzw. beigelegt ?
Friedliche Einigung nach Gesprach der Beteiligten 1
Beilegung durch Diskussion in der Gruppe 2
Austragung des Konfliktes durch Gewalt 3
Durch Einschaltung des Hausleiters 4 Durch sonstige MaBnahmen.
Gibt keinen Streit
WeiB nicht
Keine Antwort
5 6 8
9
DO
o
o
- 345 -
29. In Eurem Jugenddorf gibt es ja Miidchen und Jungen.
Findest Du das gut ?
Ja
Nein
Teils/Teils
WeiB nicht
Keine Antwort
BEI ANT\iORT 'JA' UND 'TEILS/TEILS"
30. f Was gefiill t Dir dar an besonde'rs?
(ANTWORTTEXT WORTLICH EINTRAGEN)
1
2
3 8
9
· ....................................................... . · .................................................. . WeiB nicht
Keine Antwort
BEI ANTWORT 'NEIN' UND 'TEILS/TEILS'
31.ff Was start Dich daran?
(ANTWORTTEXT WORTLICH EINTRAGEN)
8
9
· ....................................................... . · ....................................................... . WeiB nicht
Keine Antwort
8
9
32. WUrdest Du es besser finden, wenn hier im Jugenddorf im
Unterricht und in den Werkstatten Jungen und Miidchen
gemeinsam ausgebildet werden?
Ja
Nein
Teils/Teils
WeiB nicht
Keine Antwort
1
2
3 8
9
D
D
D
D
- 346 -
33. Welchen Beruf mochtest Du nach diesem Lehrgang erlernen?
Gesundheit/Soziales/Betreuung 1
Kaufmannischer Bereich 2
Verwaltung/Offentliche Dienste 3 Handwerk/Gewerbe/Dienstleistung
Industrieberufe/Produktion
Hauswirtschaft
Sonstiges: •••
WeiB nicht mehr
Keine Antwort
(ANTWORTTEXTWORTLICH EINTRAGEN):
ZUSATZ NUR FUR INTERVIEWER:
4
5 6
7 8
9
Hat sich der Berufswunsch durch den Lehrgang geandert?
Vergleiche Antwort auf Frage 61
Ja 1
Nein 2
34. Du muBt ja neben dem Unterricht hier im Jugenddorf auch
in die Berufsschule gahen. Findeat Du, daB Dir der
Berufaschulunterricht zuaatzlichen Nutzen bringt?
Ja
Nein
Indifferent
WeiB nicht
Keine Antwort
1
2
3 8
9
35. Biat Du mit allen Lehrern und Auabildern zufriedan?
Ja 1
Nein 2
VeiB nicht 8 Kaine Antwort 9
[
ZWElFACHNENNUNG MOGLlCH
BEl ANTWORT 'NEIN'
- 347 -
36.r Was gefallt Dir an einem oder mehreren Lehrern und
Ausbildern nicht so gut?
Unterrichtsstil 1 Methodisches Vorgehen 2 Charakterliche Eigenschaften des Lehrers 3
Sonstiges 7
Wei5 nicht 8
Keine Antwort 9
37. Wie findest Du es, daB Ihr standig, also auch nach
dem Unterricht, hier gemeinsam untergebracht seid?
Gut
Schlecht
Teils/Teils
Wei5 nicht
Keine Antwort
ZWElFACHNENNUNG MOGLICH
1
2
3 8 9
BEl ANTWORT 'SCHLECHT' UND 'TEILS/TEILS'
38.f. Was gefallt Dir dar an nicht?
Fehlende Privatsphare 1
Trennung yom Elternhaus 2
Wenig Moglichkeiten.fUr Eigen-initiative r 3
Standige Kontrolle 4
Gemeinschaftsverpflegung 5 Gemeinschaftsdienste 6
Sonstiges 7
WeiB nicht 8
Keine Antwort 9
DD
D
DD
- 348 -
ZWEIFACHNENNUNG MOGLlCH
BEl ANTWORT 'GUT' UND 'TElLS/TElLS'
39.ff Was gefallt Dir daran besonders?
Trennung vom Elternhaus
Mehr Kontaktmoglichkeiten als zu Hause
Meh~ Moglichkeiten der gemeinsamen Freizeitgestaltung
Einliben von sozialem Verhalten
2
3 4
Erweiterung des Erfnhrungshorizontes 5 Sonstiges
WeiB nicht
Keine Antwort
7 8
9
40. Als was wlirdest Du Deinen Hausleiter anaehen? Eher a16
jemanden, der flir die Einhaltung der Hausordnung ver
antwortlich ist oder eher als jemanden, der Euch bei
Euren personlichen Problem en hilft ?
Einhaltung Hausordnung
Beratung/Hilfe
Beides
Sonstiges
WeiB nicht
Keine Antwort
1
2
3 7 8
9
41. Welche lnformationen hitte Dir das Arbeitsamt vor
Beginn des Lehrgangs liber das Jugenddorf unbedingt
geben mlissen ?
(ANTWORTTEXT WORTLlCH ElNTRAGEN)
........ . '. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . ... WeiB nicht
Keine Antwort
8
9
00
o
D
- 349 -
42. Sind die Erwartungen, die Du vor Beginn des Lehrgangs
hattest, hier im Jugenddorf erfUllt worden?
Ja 1
Nein 2 Teilweise ,
WeiB nicht 8 Keine Antwort 9
Name des Interviewers: ____ ~ ________________________________ __
Interview durchgefUhrt am: __________________________________ ___
Dauer des Interviews in Minuten: ____________________________ __
Besondere Anmerkungen:
D
- 350 -
Anlage 2:
Leitfaden fUr die Gruppendiskussion am 14.5.1976
Stichwort
Beruf swunsch:
Ausbildungschancen:
Eignungsgruppen:
Fragestellung
1st der derzeitige Berufswunsch Folge
der Einweisung in ein Lehrverhaltnis?
Wie weit decken sich Berufswunsch und
die tatsachlich vorgesehene Berufs
ausbildung?
Hat der Berufsforderungslehrgang Uber
haupt zu einer qualitativ besseren
Berufsausbildung gefUhrt oder liegt
die vorgesehene Berufsausbildung auf
der gleichen Ebene wie die, die den
Jugendlichen vor der Teilnahroe am Be
rufsforderungslehrgang moglich gewesen
ware?
Entspricht die Zuweisung zu Eignungs
gruppen den von den Jugendlichen
selbst empfundenen Eignungen und
Fahigkeiten?
GemeinschaftsmUdigkeit: Hat das eine Jahr 1nternatsleben dazu
gefUhrt, daB die Jugendlichen gemein
schaftsmUde geworden sind?
Disziplinierung: Welche Mittel werden im allgemeinen
eingesetzt, urn die Einhaltung von
Ordnung (im Wohnhaus, im Unterricht,
in Freizeitgruppen etc.) zu garan
tieren?
Sozialpadagogen:
Konfliktfalle:
HauptschulabschluB:
Jugenddorfra t:
Geschlechter:
Freizei t:
Gesaroturteil:
- 351 -
Wie beurteilen die Jugendlichen die
fachlichen und roenschlichen Qualita
ten der Sozialpadagogen?
WorUber und wie haufig entstehen zwi
schen den Jugendlichen Streitigkei
ten. Wie werden sie gelost?
Welche Jugendlichen sind durch wen zur
Erlangung des Hauptschulabschlusses
ausgesucht worden?
War die Auswahl gerecht? FUhlen sich
die anderen Jugendlichen benachtei
ligt?
Welche Effizienz roessen die Jugend
lichen dero Jugenddorfrat zu?
Wie ist das Verhaltnis zwischen Jun
gen und Madchen iro Dorf? Ergeben sich
Koroplikationen aus dero Zusammenleben?
Wie sieht das Freizeitverhalten der
Jugendlichen auBerhalb des Jugend
dorfes aus?
Wie bewerten die Jugendlichen insge
sarot den Lehrgang?
- 352 -
Anlage 3:
Leitfaden fur die Dozenten - Intensivbefragung im CJD
ist die Belastung durch die Tatigkeit im CJD groBer als
durch eine vergleichbare Tatigkeit in einer Schule bzw.
Firma?
Worin besteht gegebenenfalls diese groBere Belastung?
Sind nach Meinung der Dozenten auch die Schuler durch die
unterschiedlichen MaBnahmen im Jugenddorf zu stark belastet?
Wo haben die Jugendlichen die meisten Schwierigkeiten inner
halb des Jugenddorfs?
Ist die Gewichtung der drei Bereiche Werkpraxis, Fachtheorie
und sozialpadagogische MaBnahmen richtig?
Entstehen durch die Kompetenzverteilung zwischen diesen
drei Bereichen Konflikte oder Schwierigkeiten innerhalb der
Dozentenschaft?
Bestehen fur den einzelnen Dozenten MitbestimmungsmOglich
keiten bei der Planung und Gestaltung des BFL?
Welche Entscheidungen werden vollig ohne Hinzuziehung der
Mitarbeiter des CJD durch die Leitung des Jugenddorfs ge
fallt?
Findet zwischen den Mitarbeitern der einzelnen Bereiche eine
Kooperation statt?
Wenn Ja, auf welchen Gebieten?
- 353 -
Werden in den Bereichen Werktheorie und Werkpraxis auch sozialpadagogische MaBnahmen durchgefuhrt oder enthalten diese beiden Bereiche auch sozialpadagogische Elemente?
SolI fur Jungen und Madchen Ausbildung in den gleichen
Berufsfeldern s~attfinden?
Gibt es prinzipielle Schwierigkeiten durch die gemeinsame
Unterbringung oder durch die Koedukation im Unterricht?
Sollen Konflikte zwischen den Jugendlichen von diesen selbst
geschlichtet werden oder sind Lehrereingriffe vonn5ten?
Macht sich die unterschiedliche Struktur der Elternhauser
im Verhalten der Jugendlichen im CJD bemerkbar?
Werden die Jugendlichen vom Arbeitsamt nach solchen Gesichts
punkten ausgewahlt, die die Zustimmung der Dozenten finden?
Wird der mit dem BFL parallel laufende Unterricht in der Berufsschule von den Dozenten als sinnvoll angesehen?
Halten die Dozenten die Klassenstarke im fachtheoretischen
Unterricht bzw. die Gruppenstarke im Freizeitbereich fur optimal?
rst die Fehlquote bei MaBnahmen des Jugenddorfs auffallend hoch?
Wenn ja, welche Grunde sind nach Meinung der Dozenten
dafur ausschlaggebend?
Haben die Jugendlichen bei Dingen, die sie selbst betreffen, nach Meinung der Dozenten ein genugend groBes Mitspracherecht?
- 354 -
Regelt sieh die Berufseinmtindung der Jugendliehen naeh Meinung der Dozenten eher naeh dem Bedarf des Arbeitsmarktes oder naeh den individuellen Neigungen der Teilnehmer?
Zusammenfassende Beurteilung des BFL und der MaBnahmen des CJD dureh die Dozenten?
- 355 -
Anlage 4: FRAGEBOGEN Firmenbefragung
1. Sie"haben sieh in diesem Jahr bereit erklart, Jugendliehe aus dem 9.Berufsforderungslehrgang (1m folgenden BFL genannt) des Christliehen Jugenddorfwerks ( CJD ) zu einem Einstellungsgespraeh einzuladen. Auf wessen Initiative ging die Kontaktaufnahme zurtiek ?
auf wessen sonst ?
eJD • • • • • • . . . Arbeitsamt. . . . . . Jugendliehe bzw. Eltern •
Eigeninitiative • • • •
2. Wieviel Jugendliehe des CJD haben sieh bei Ihnen vorgestellt ?
Wieviele von dies en Jugendliehen haben Sie eingestellt ? .
Wieviel Jug~ndllehe haben Sie insgesamt in diesem Jahr eingestellt ?
· ·0 · ·0 · . D ·0
o D o
3. Naeh wclchen Kriterien wahlen Sie in erster Linie von allen Bewerbern die Jugendliehen aus, denen Sie einen AUbbildunsplatz anbieten ? (bitte hoehstens zwei ankreuzen)
- personlieher Eindruek im Vorstellungsgesprach. •• .[J - objektiver Lelstungstest (z.B. Intelligenztest) •••• [J - Probezeit und praktische aewahrung • • •••••• []
- Zeugnisse und personliche Unterlagen des Bewerbers •• c=r - Prtifung der schulischen Kenntnisse und Fahigkeiten,
z .B. durch Rechenaufgaben, Aufsatz usw. •.•••••• D
4. Raben Sie bei der Beurteilung der Jugendliehen des CJD und der tibrigen Bewerber untersehied~ liehe MaBstabe angelegt ?
Wenn ja, bitte kurze Begrtindung
ja D nein 0
...........................................................
- 356 -
Falls Sie Jugendliche aus dem BFL des CJD eingestellt haben, bitte Frage I}] und 0 beantworten I
Haben Sie keine Jugendlichen aus dem CJD eingestellt, direkt zu Frage 12) , Haben Sie nur einen Teil der Bewerber des CJD angenommen, Frage @] bis 0 beantworten I
5. Welche GrUnde waren fUr Sie entscheidend, Jugendliche des CJD in ein Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhaltnis zu Ubernehmen?
- Gute Erfahrungen mit frUheren BFL-Absolventen •
- Berufspraktische Kenntnisse der Jugendlichen ••
- eine bessere Einstellung der Jugendlichen zur Arbeit bzw. eine bessere Arbeitsdisziplin
- sozialpolitische Erwagungen (Abbau der Jugendarbeitslosigkeit etc.) •••••••• ~
- der gute Ruf des CJD als Institution. •
- guter Kontakt zu Mitarbeitern des CJD •
- weltanschauliche GrUnde, z.B. aus christlicher Uberzeugung • •
falls andere, welche ?
6. Besteht fUr Sie die Moglichkeit, eine finanzielle UnterstUtzung nach dem Ausbildungsforderungsgeeetz fUr die Ausbildung Jugendlicher aus dem CJD zu beantragen ?
Wenn ja, hat diese Moglichkeit bei Ihrer Entscheidung eine Rolle gespielt· ?
... 0 .0
o
.0 .. 0 .0
o
jaD
nein 0 ja 0
nein 0
7. Aus welchen GrUnden haben Sie von einer Einstellung Abstand genommen ? Bitte kurze Erlauterung !
............................................................ ~
............................................................
- 357 -
Anlage 5: Fragebogen F 2 Effizien.zuntersuchung CJp
Name, Vorname:
Geburtsdatum: ··················rn·o····· • . . • . . . .. . . Alter. . . . ....
SchulabschluB:
Familienverhalnisse: .••.•.•...•...••.•........•..
Familianstand: ledig
Anzahl der Kinder 1
verheiratet 2 geschie. 0
2 3
Wohnort: ..............•...........•.......•......
S traBe : ..•..•..•.•..••.•..........•..............
Zur Zeit bei der Bundeswehr
Interview-Termin:
Ersatz-Termin
Ja 1 Nein 2
Uhrzeit:
Uhrzeit:
Interviewer: ......•...................
Dauer des In.terviews: ..•..•...............•.....
1. Sie haben vor einigen Jahren einen Berufsforder
lehrgang (BFL) im Jugenddorf Dortmund mitgemacht.
Erinnern Sie sich daran gerne oder ungerne zurtick?
Gerne 10
Ungerne 11
weiB nicht mehr 01
Keine Antwort 00
2. ZWEIFACHNENNUNG MaGLICH
Sie wissen sicher noch, daB sich der BFL in drei
Hauptbereiche gegliedert hat: in die Fachtheorie,
in die Werkpraxis und in den sozialpadagogischen
Bereich. Was war davon fUr Sie personlich am Wich
tigsten?
AIle drei gleich wichtig 20
Sozialpad. Bereich 10
Werkpraxis 11
Fachtheorie 12
WeiB nicht 01
Keine Antwort 00
3 •. Was haben Sie nach dem BFL als nachstes getan:
eine Arbeits- bzw. Lehrstell~ angetreten oder
eine weiterftihrende Schule (z.B. Realschule,
Fachschule) besucht?
Kennziffer
, I I I CD CD I I I o D
D
IT]
IT]
rn
- 358 -
F 2 /S. 2
Arbeits- oder Lehrstelle
WeiterfUhrende Schule 2 >>-----,
Folgefrage: Sind Sie zur Zeit noch auf einer Schule?
Ja
Nein
1 •..•.. INTERVIEW ABBRECHEN
2.. • • • .• Weiter mit Frage 4
4. Wie lange hat es gedauert, bis Sie nach Beendigung des BFL eine Stelle angetreten haben?
5.
Innerhalb eines Monats Innerhalb von 2-3 Monaten Innerhalb von 4-6 Monaten Langer als 6 Monate WeiB nicht mehr Keine Antwort
Handelte es sich bei dieser a) Lehrstelle b) Anlernstelle c) Stelle als ungelernter
Arbeiter?
WeiB nicht Keine Antwort
10
11
12
01
00
Sons tiges , , , , , , , , , , , , , , , , ,
"" " , , , , , , I , , , , , , , " " ,,22
10
11
12
20
01
00
Stelle urn
NUR BEl ANTWORT a) OOER b) IN FRAGE 5:
eine
6. Urn welchen Beruf handelte es sich dabei? J •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••
7. NUR BEl ANTWORT c) IN FRAGE 5:
als was haben Sie da gearbeitet?
Kennziffer
o
o [[J
CD
CD
CD
- 359 -
F 2/S . 3
NUR BEI AN'lWORT a) IN FRAGE 5 :
8. Haben Sie diese Lehre abgeschlossen?
Ja 1
Nein 2
Keine Antwort 0
NUR BEI ANTWORT "NEIN" IN FRAGE 8:
9. Was haben Sie im AnschluB an den Abbruch
dieser Lehre gemacht?
Zweite Lehre begonnen u. abgeschlossen 10
Zweite Lehre begonnen, aber nicht abgesch. 11
Arbeitslos gewesen 12
Ange lern ter Arbe i te r 20
Ungelern ter Arbeiter 21
Geheiratet (Hausfrau) 22
Wei terfiihrende Schule 02
Keine Antwort 00
10.In welchem Betrieb haben Sie Ihre erste Stelle
angetreten?
Handwerk 10
Handel/Gewerbe 11
Industrie 12
{jfftl. Dienst 20
Hauswirtschaft 21
Sons tiger Betrieb 22
Keine Antwort 00
11. Wie sind Sie an Ihre erste Stelle gekommen?
Durch Eigeninitiative 10
Durch Vermittlung 11
a) des Arbeisamtes 20
b) des Jugenddorfes 21
c) von Dritten 22
Keine Antwort 00
12. Wenn Sie an das Ende des BFL zurUckdenken:
h!tten Sie damals lieber einen anderen Beruf
ergriffen? Ja 10 Nein 11
Kann mich nicht erinnern
Keine An twort
20
00
Kennziffer
D
OJ
OJ
OJ
OJ
- 360 -
F2/ S. 4 Kennziffer
13. Uben Sie den Beruf heute noch aus, den Sie nach dem BFL erlernt bzw. ergriffen haben?
JA 1
Nein 2
Keine Antwort 0
14. NUR BEl ANTWORT "NEIN" IN FRAGE 13: Welchen Beruf uben Sie h e ute aus?
..... ~ .............................................. . 15. NUR BEl ANTWORT "NEIN" IN FRAGE 13:
Handelt es sich beidem. h e ute ausgeUbten Beruf urn a) einen Lehrberuf 10
b) einen Anlernberuf 11
c) Beruf als ungelernter Arbeiter 12
Keine Antwort 00
16. Sie erinnern sich sicher noch daran, daB Sie in den
letzten Wochen des BFL in einer langer dauernden Eignungsgruppe waren; entsprach das Berufsfeld dieser dieser Eignungsgruppe dem Beruf, den Sie im AnschluB an den BFL ergriffen haben?
JA
NEIN 1
2
Keine Antwort 00
17. NUR AN BERUFSWECHSLER STELLEN! Entspricht das Berufsfeld der Eignungsgruppe im BFL
Ihrem derzei t ausgeUbten Beruf?
JA
NEIN 1
2
Keine Antwort 0
18. Bei wieviel Firmen sind Sie insgesamt beschaftigt gewesen?
1 Firma
2 Firmen 3 Firmen Mehr als 3 Firmen 20
10
11
12
Kebne Antwort 00
o
OJ
OJ
D
D
rn
- 361 -
F2/S. 5 Kennziffer ------------------~--------------------------~------19. Welche Grtinde haben sie zum Firmenwechsel bewogen?
Finanzielle GrUnde 01 Arbeoi tsbedingungen 02
Betriebsklima 10 Private Grtinde 11 KUndigung durch die Firma 12
Konkurs der Firma 20 Gesundheitliche GrUnde 21 Sonstige Grtinde 22
Keine Antwort 00
20. ZWEIFACHNENNUNG M~GLICH
Haben Sie heute noch Verbindung zu anderen Lehrgangsteilnehmern oder zu Lehrern und Ausbildern im Jugenddorf?
Zu anderen Teilnehmern Zu Lehrern/Ausbildern Zu niemandem Keine An twort
10 11 20 00
21. Haben Sie nach dem BFL an Kursen oder Lehrgangen teilgenommen?
Ja
Nein 2 Keine An twort 0
22.BEI ANTWORT "JA"IN FRAGE 21:
War (en) diese(r) Kurs(e) fUr Ihr berufliches Weiterkommen wichtig?
Ja Nein
10 11
WeiB nicht 01 Keine Antwort 00
23. BEl ANTWORT "JA" IN FRAGE 21:
Urn welche Kurse oder Lehrgange hat es sich dabei gehandelt?
...................................................
IT]
OJ IT]
D
IT]
IT]
- 362 -
F 2/S. 6
24. Haben Sie seit dem BFL irgendwelche Prtifungen ab
gelegt?
Ja
Nein
1
2
Keine Antwort 0
25. BEI ANTWORT "JA" IN FRAGE 24:
WELCHE?
Berufsrelevante Prtifungen
Prtifungen im Bereich Frei
zeit/Sport
Fahrprtifung Sons tige: •....•.•••.....•••.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
Keine Antwort
10
11
12
00
26. Wtirden Sie anstelle Ihres jetzigen Berufes
lieber eine andere Tatigkeit austiben?
Ja
Nein
WeiJ3 nicht
Keine An twort
10
11
20
00
27. BEI ANTWORT "JA" IN FRAGE 26:
Welche Tatigkeit ware das? ..............................................................................................
.. .. .. .. .. .. .. .. .. " ........................................................................ .. 28. BEI ANTWORT "JA" IN FRAGE· 26:
Aus welchen Grtinden wtirden Sie diese Tatigkeit
lieber austiben?
Finanzielle Grtinde
Arbeitsbedingungen
Betiebsklima Private Grtinde
Gesundhei tl. Grtinde Sonstige Grtinde: •.••...•...••
01
02
10
11
12
. . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
WeiB nicht 21
Keine Antwort 00
Kernziffer
o
IT]
IT]
IT]
CD
- 363
F 2/S. 7
29. Wenn Sie Ihren beruflichen Werdegang betrachten,
welchen der folgenden Ausbildungsabschnitte hal
ten Sie dafur am wichtigsten:
-
Schule
BFL
Lehre
Berufsschule
Sonsttges .•................
10
11
12
20
• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • . • •• 21
Keine Antwort 00
30. Glauben Sie, daB Sie ohne den BFL auch in Ihrem
derzeitigen Beruf tatig waren?
Ja
Neiil
10
20
WeiB nicht 01
Keine Antwort 00
31. NUR BEI ANTWORT "JA" OOER "NEIN" IN FRAGE 30:
Welche GrUdde konnen Sie dafur angeben?
32. Meinen Sie - jetzt einmal nur bezogen auf die
Berufsvorbereitung und Berufsforderung der
Jugendlichen - , daB am BFL wichtige Teile
geandert werden muBten?
Ja
Nein
10
20
WeiB nicht 01
Keine Antwort 00
33. BEI ANTWORT "JA" IN FRAGE 32:
Wie muBten diese Veranderungen aussehen?
Kennziffer
OJ
CD
OJ
OJ
OJ
- 364 -
F 2/S. 8
34. Glauben Sie, daB Sie personlich in nachster Zukunft von Arbeitslosigkeit betroffen werden?
Ja Nein WeiB nicht Ke ine An twort
10
20
01
00
Ende des Fragebogens regularer Teil. Zusatz nur fUr derzei tige Angehorige der Bundeswehr:
35. Wie lange sind Sie schon in der Bundeswehr? Weniger als ein Vierteljahr Ein Viertel- bis 1 halbes Jahr 1/2 - 1 Jahr
1 - 2 Jahre Langer als 2 Jahre Keine Antwort
10
11
12
20
21
00
36. Sind Sie Wehrpflichtiger oder haben Sie sich freiwillig zur Bundeswehr geme.ldet? Wehrpflichtig 10
Freiwillig 20
Weiterverpflichtet 21
37. BEl ANTWORT "WEHRPFLlCHTIG":
Haben Sie die Absicht, sich weiter zu verpflichten? Ja
Nein 1
2
Keine Antwort 0
38. BEl ANTWORT "FRElWlLLlG" OOER "WElTERVERPFLlCHTET" :
FUr wie lange haben Sie sich verpflichtet? 2 Jahre 10
4 Jahre 11
6 Jahre 12
8 Jahre 20
10 Jahre 21
Keine An twort 00 -
Kennziffer
CD
CD
CD
D
CD
- 365 -
39. Steht Ihre T~tigkeit in der Truppe in Verbindung
mit Ihrem vor der Bundeswehr ausgeUbten Beruf? Ja Nein 2
Keine Antwort 0-o
- 366 -
Anlage 6: FRAGEBOGEN AUSBILDER-/FIRMENBEFRAGUNG
1. Firma: ______________________________________ ~---
2. Branche:
2.1. Verarbei tende Industrie
2.2. Schwerindustrie
2.3. Energie, Wasser, Land- u. F.orstwirtsch., Bergbau
2.4. Verkehr- und Nachrichtenubermittlung
2.5. Dienstleistungen
2.6. Handwerk
2.7. Handel/Gewerbe
3. BetriebsgroBe Cnach Beschaftigtenzahl)
bis 10 Beschaftigte
11 - 50 Beschaftigte
51 100 Bescha ftigte
101 - 500 Be scha ftigte
501 - 1000 Beschaftigte
Uber 1000 Beschaftigte
-----1. Wie wird in Ihrem Betrieb die Lehrlingsausbildung
durchgefuhrt?
F 5
o o o o o o O·
o o o o o o
a) Durch hauptberufl. Lehrlingsausbilder 0 in eigener Lehrwerkstatt
b) Durch hauptberufl. Lehrlingsausbilder r:J c) Ausbildung durch einen nicht hauptberuflichen 0
Ausbilder (z~B. C~selle-n-)---
d) Ausbildung durch mehrerc nicht hauptberufliche 0 Ausbilder .Cz. B. Gesellen'-----
e) Durch den Firmenchef r:J f) Sonstige:
- 367 -
- 2
2. Befinden sich zur Zeit Jugendliche aus dem CJD bei Ihnen in Ausbildung?
Ja 0 Nein 0 WeiB nicht 0
2.F. Nur bei Antwort "Nein" und "Weil3 nicht": Wann wurden zuletzt Jugendliche aus dem CJD bei Ihnen ausgebildet?
a) vor einem Jahr
b) vor 2 - 4 Jahren
c) vor mehr als 4 Jahren Interview abbrechen!
d) weiB nicht
3. Bilden Sie regelmaBig Jugendliche des CJD aus?
a) regeImaBig
b) haufig
c) selten
4. Sind Ihnen Inhalte und Ziele der im CJD durchqefUhrten MaBnahmen bekannt?
Ja, genau
Ja, in groben ZUgen
Nein
5. Sind Sie Uber die GrUnde Jugendlichen aus dem CJD
Ja
Nein
o o
der EinsteIIung von informiert?
0 0 0 D
o o o
o o o
...., 368 -
- 3
5. F. Bei "Jan
Welche GrUnde waren Ihrer Meinung nach fUr die Einstellung entsche~dend?
a)· Gute Erfahrungen mit frUheren Bfz.,.J\bsolventen
b) Berufspraktische Kenntnisse der Jugendlichen
c), Eine bessere Einstellung der Jugendlichen zur Arbeit bzw. eine bessere Arbeitsdisziplin
d) Sozialpolitische Erwagungen (Abbau der Jugend.,. arbeitslosigkeit etc.)
e) Der gute Ruf des CJD als Institution
f) Guter Kontakt zu Mi tarbei tern des CJD
6. Wenn Sie alles inallem nehmen: wie wUrden Sie Sie dann Ihre Erfahrungen mit Jugendlichen aus dem CJD zusammenfassen?
a). eher positiv
b) eher negativ
Die folgenden Fragen beziehen sich auf m6gliche Unterschiede zwischen Jugendlichen aus dem CJD und anderen Auszubildenden in Ihrem Betrieb.
7. Konnten Sie wahrend der Ausbildungszeit Unterschiede zwischen Jugendl1chen aus dem CJD und anderen Auszubildenden in einem der folgenden Bereiche feststellen?
(Zusatz fUr Interviewer: Bei "JA" Richtung des Unterschiedes erfragen!) W.N. Nein
a) Vorkenntnisse im prakt.Bereich
b) Vorkenntnisse im theor.Bereich
c) Sozialverhalten (Verhaltnis zu Kollegen und Ausbildern)
d) Einste llung z ur Arbei t
o o o o
o o o o
Ja CJD
besser
o o o o
o o o o o o
o o
Ja andere besser
o o o o
- 369 -
- 4
8. Gibt es bezUglich der LehrabschluBprUfung Unterschiede zwischen Jugendlichen aus dem CJD und anderen Auszubildenden?
Ja 0 Nein 0 WeiB nicht 0
8.F. Bei Antwort "Jail: Wer schneidet bei diesen AbschluBprtifungen besser ab?
a) Jugendliche aus dem CJD 0 b) andere Auszubildende r:J
9. In welchen Berufen werden bei Ihnen Jugendliche aus dem CJD ausgebildet?
1. _____________________ ~~ ___________ - _____ - __ -_
2~ _____________________ ~~ ____________________ ~_
3~ ________________ -_____ 7.:. _____________________ _
4:. _____________________ ~:._------- _____________ _
10. Sind Sie selbst unmittelbar mit der Ausbildung Ihrer Lehrlinge befaBt?
Ja 0 Nein o 10.F. Welche Funktion haben Sie in Ihrem Betrieb?
- 370 -
Anlage 7: FRAGEBOGEN Nachbefragung F 3
Bitte die zutreffenden Antworten ankreuzen! ==============================z==========~a
1. Was hast Du nach dem Lehr~ang getan?
eine Ausbildung aufgenommen eine Arbeitsstelle angetreten eine Schule besucht
BertIf: ••••••••••••••••••••
arbeitslos gewesen, falls zutreffend, wie lange? •••••••••• sonstiges (bitte aufschreiben) •••••••••••••••••••••••••••
2. Hattest Du lieber einen anderen Beruf ergriffen?
o nein
Wenn Antwort "ja": Aus welchem Grund hast Du den gewiinschten Beruf nicht ergriffen?
c=Ja) HauptschulabschluB war fur die Stelle Voraussetzunr,. c:Jb) Ich habe den Aufnahmetest nicht bestanden. c:Jc) Mir wurde vomJugenddorf/Arbeitsamt von diesem Beruf abgeraten. c=Id) Ich habe trotz intensiver BemUhungen keine Lehrstelle in dem
gewUnschten Beruf bekommen. c:Je) sonstige Grlinde (bitte aufschreiben) •••••••••••••••••••••
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hat sich seit August 1976 an Deiner beruflichen Situation etwas
geandert (z.B. Firmen- oder Berufswechsel) ?
o nein
Venn Antwort "jail: Bitte genaue Angaben tiber Deine jetzige Tatigkeit: ...................................................
4. Welche' der folgenden Griinde waren fur die Vernnderung Deiner beruflichen Tatigkeit ausschlaggebend?
c=Ja) Wohnortwechsel c:Jb) Finanzielle Griinde c:Jc) Gesundheitliche Grlinde c:Jd) Arger mit dem Ausbilder oder Lehrer c:Je) Lernschwierigkeiten in der Berufsschule c:Jf) Die praktische Arbeit la~ mir nicht Dg) Sonstiges
- 371 -
5. Wie beurteilst Du Deine erste Ausbildungs- bzw. Arbeitsstelle? (Bitte auch beantworten, wenn Du eine weiter zur Schule gehst)
Die Arbeits- / Ausbildungsstelle / ~chule entopricht meinen Vorstellungen nach dem Lehrgang:
o nein o teils/teils
Bei Antwort "nein" und "teils/teils": Was gefiillt Dir daran nicht so. gut? ................................................
6. Hilft Dir das, was Du in Oespel gelernt hast bei Deiner jetzigen Tatigkeit?
o nein
7. In welchen Bereichen hattest Du bin jetzt bei Deiner Ausbildung bzw. Tatigkeit Schwierigkeiten?
c=J a ) In einzelnen Schul- oder Berufsschulfachern. c:Jb) In der praktischen Tatigkeit im Betrieb. Dc) Arger mit Ausbildern oder Lehrern. [Jd) Arger mit Arbeitskollegen. De) Sonstiges
8. Wie bist Du an Deine erste Stelle gekommen?
o a) durch Eigenini tiati ve []b) durch Vermittlung des Arbeitsamtes Dc) durch Vermittlung des CJD [Jd) durch Vermittlung der Eltern oder durch Sonstige
Herzlichen Dank fur die MUhe, die Ihr Euch mit dem Fragebogen gemacht habt. Bitte sendet den ausgefullten Bogen zurlick an:
"Untersuchungsprojekt Berufsforderungslehrgang"
Ruhr-Universitat Bochum
Gebaude GA 1 / 156
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