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W ir purzeln unfertig in die Welt und dann werden wir nicht selten fertiggemacht. Tieri- scher Ernst verfinstert zu oft unsere Gesichter. Aber unser inneres Kind, der Clown in uns, wehrt sich dagegen und lacht dem Leben ins Gesicht. Denn mit Witz überlisten Kinder tie- risch ernste Erwachsene. Etwa so: Der Vater sagt erbost zu seinem Zehnjährigen, der nur durchschnittli- che Noten heimbringt: „Als ich so alt war wie du, hab ich wie ein Irrer ge- büffelt und gebüffelt und gebüffelt!“ – „Okay, Papa“, sagt der Kleine: „Und wann bist du zur Vernunft ge- kommen?“ Kultivierte Kindlichkeit Die Quelle aller Lebenslust ist kulti- vierte Kindlichkeit: „Glück ist ein Wort aus der Kinderwelt“, sagte einst Sigmund Freud. Und Erich Kästner warnt: „Lasst euch die Kindheit nicht austreiben. Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch.“ Nach einer Studie der Stanford Uni- versity lachen Kinder täglich etwa 400 Mal, Erwachsene nur noch 20 Mal. Was passiert da, dass uns so oft das Lachen vergeht? Sicherlich ist das Le- ben nicht leicht. Der Zeitgeist be- wirkt durch Leistungsdruck, dass Ver- gleichs- und Versagens-Ängste bei im- mer mehr Menschen zu großer An- spannung führen. Die Balance zwi- schen Anspannung und Entspannung geht verloren. Trotzdem: Es gibt zumindest vier ko- mische Gesellen – Witz, Spaß, Spott und Humor – die uns helfen, das La- chen nicht gänzlich zu verlernen. Sie helfen uns, das Leben ernst aber nicht tierisch ernst zu nehmen. Es ist auf- schlussreich, dass es ohne Probleme keinen Witz und keinen Humor gäbe. INHALTSVERZEICHNIS Seite Die heilsame Wirkung des Lachens 1–2 Resolution der Generalsynode der Kirche A.u.H.B. zu antisemitischen Vorfällen der jüngsten Zeit / Militärsuperintendent Trauner in sein Amt eingeführt 3 WGRK – Umzug nach Hannover / dorothea 4 Jede Predigt ist politisch 5 Gottesdienste und Veranstaltungen 6–7 Religion im Radio / Ungarische Ehrendoktorwürde für Ulrich Körtner 8 „Glück“ macht Schule 9 Nelson Mandela (1918–2013) 10 Buchrezensionen 11 Andacht 12 Reformiertes Kirchenblatt Wien/Österreich 92. Jg Februar 2014 Heft 2/2014 Euro 1,10 Die heilsame Wirkung des Lachens „Es ist leicht, das Leben schwer zu nehmen. Und es ist schwer, das Leben leicht zu nehmen.“ Erich Kästner Yue Minjun: „A-maze-ing Laughter“, Vancouver 2009 © Wikipedia, the free encyclopedia

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W ir purzeln unfertig in die Weltund dann werden wir nichtselten fertiggemacht. Tieri-

scher Ernst verfinstert zu oft unsereGesichter. Aber unser inneres Kind,der Clown in uns, wehrt sich dagegenund lacht dem Leben ins Gesicht.Denn mit Witz überlisten Kinder tie-risch ernste Erwachsene. Etwa so:Der Vater sagt erbost zu seinemZehnjährigen, der nur durchschnittli-che Noten heimbringt: „Als ich so altwar wie du, hab ich wie ein Irrer ge-büffelt und gebüffelt und gebüffelt!“– „Okay, Papa“, sagt der Kleine:„Und wann bist du zur Vernunft ge-kommen?“

Kultivierte KindlichkeitDie Quelle aller Lebenslust ist kulti-vierte Kindlichkeit: „Glück ist einWort aus der Kinderwelt“, sagte einstSigmund Freud. Und Erich Kästner

warnt: „Lasst euch die Kindheit nichtaustreiben. Nur wer erwachsen wirdund Kind bleibt, ist ein Mensch.“Nach einer Studie der Stanford Uni-versity lachen Kinder täglich etwa 400Mal, Erwachsene nur noch 20 Mal.Was passiert da, dass uns so oft dasLachen vergeht? Sicherlich ist das Le-ben nicht leicht. Der Zeitgeist be-wirkt durch Leistungsdruck, dass Ver-gleichs- und Versagens-Ängste bei im-mer mehr Menschen zu großer An-spannung führen. Die Balance zwi-schen Anspannung und Entspannunggeht verloren. Trotzdem: Es gibt zumindest vier ko-mische Gesellen – Witz, Spaß, Spottund Humor – die uns helfen, das La-chen nicht gänzlich zu verlernen. Siehelfen uns, das Leben ernst aber nichttierisch ernst zu nehmen. Es ist auf-schlussreich, dass es ohne Problemekeinen Witz und keinen Humor gäbe.

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S Seite

Die heilsame Wirkung des Lachens 1–2Resolution der Generalsynode der KircheA.u.H.B. zu antisemitischen Vorfällen derjüngsten Zeit / Militärsuperintendent Trauner in sein Amt eingeführt 3WGRK – Umzug nach Hannover / dorothea 4Jede Predigt ist politisch 5Gottesdienste und Veranstaltungen 6–7Religion im Radio / UngarischeEhrendoktorwürde für Ulrich Körtner 8„Glück“ macht Schule 9Nelson Mandela (1918–2013) 10Buchrezensionen 11Andacht 12

ReformiertesK i r chenb la t t

Wien/Österreich 92. Jg Februar 2014Heft 2/2014Euro 1,10

Die heilsame Wirkung des Lachens

„Es ist leicht, das Leben schwer zu nehmen.

Und es ist schwer, das Leben leicht zu nehmen.“

Erich Kästner

Yue Minjun: „A-maze-ing Laughter“, Vancouver 2009

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THEMA

Mark Twain hat diese Einsicht sinnge-mäß so formuliert: Im Himmel gibt esdefinitionsgemäß keine Probleme.Daher gibt es dort auch keine Witzeund keinen Humor. Aber wir Erd-krustenbewohner haben lebensläng-lich mit Problemen zu tun.

Heilsames LachenLachen ist grundsätzlich gesund, dochnicht jedes Lachen ist heilsam, das istklar. Es gibt ein wohlwollendes,freundliches, heiteres und befreiendesLachen. Und es gibt ein boshaftes, ge-meines, verletzendes, ja tödliches La-chen. Herzhaftes Lachen ist mit tieferAtmung verbunden. Es wirkt wie eineerfrischende Sauerstoffdusche für un-ser Großhirn und den ganzen Leib.Denn der ganze Mensch lacht, mitLeib, Seele, Geist und in Gemein-schaft. Dieses afrikanische Sprichwortgibt zu denken: „Lachen reinigt dieSeele, und wenn man lacht, bekommtman Lachen zurück.“ Lachen kann durch verschiedene An-lässe ausgelöst werden: durch Kitzelnoder durch eine komische Situation,durch einen Witz oder eine unerwar-tete Reaktion. Aber auch Lachen ohneGrund ist sehr heilsam und gesund.

In Lachclubs wird es oft als Lach-Yogapraktiziert. Denn Lach-Yoga bewirktin der Gruppe ein wohlwollendes undbefreiendes Lachen. Ernsthaftigkeitund Verspannungen aller Art werdengemeinsam weggelacht. In Gruppenwird etwa 30 Mal mehr gelacht alswenn man allein ist. Das liegt daran,dass Lachen hochgradig ansteckendist. Ein grundloses Lachen, das eineAnimateurin durch ein „ha“ eröffnet,wird bald zu einem spontanen La-chen. Wer sich so von der üblichenLachhemmung befreit, kann durch-aus mal einen Lachmuskelkater be-kommen.

Humor ist eine WeltanschauungDas Lachen oder Lächeln des Humorsist etwas Besonderes. Echter Humorist eine Welt-Anschauung, die vonHeiterkeit begleitet wird. Denn mitHumor betrachten wir alle wider-lichen Dinge des Lebens wie durchein umgedrehtes Fernrohr – und ge-winnen heilsame Distanz. Karl Valen-tin blickt weise auf die Dinge des Le-bens, wenn er sagt: „Jedes Ding hatdrei Seiten, eine positive, eine negati-ve und eine komische.“Gerhard Bronner hat das Wesen des

Humors mit zwei Wortenbeschrieben: „Tränen ge-lacht.“ In der humorvollenEinstellung kann mannoch unter Tränen lachen.Schmerzen werden durchscherzen gelindert. Wie einAirbag verhindert Humorbei Zusammenstößen allzuschwere Verletzungen. Erschafft heilsame Distanz zuden vielen widerlichenDingen des Lebens. Das Zwerchfell verbindetBrustraum und Bauch-raum. Es ist der wichtigsteAtemmuskel und Lach-muskel. In der Antike wur-de das Zwerchfell als See-lenmuskel bezeichnet.Man vermutete dort denSitz der Seele. Denn derZustand dieses Muskels istAusdruck der Lebendigkeit

oder der Erschöpfung. Hüpft dasZwerchfell munter herum, fühlt mansich total lebendig, ist es verspanntoder schlaff, leidet man unter Stress,Angst und Bedrücktheit. Treffend hatder Theologe Romano Guardini denAtem als das schwingende Band zwi-schen Leib, Seele und Geist bezeich-net.

Aus der LachforschungWas spielt sich beim Lachen alles ab.Sehen wir uns kurz die Ergebnisse derLachforschung (Gelotologie) an: In-tensives Lachen bewirkt Heiterkeitund bringt die Glückshormone (En-dorphine) zum Tanzen. Lachenschafft Nähe zu Menschen undDistanz zu Problemen. Es ist Gesund-heitsvorsorge mit Spaß. Es stimuliertdie Immunabwehr, aktiviert das Herz-Kreislauf-System, senkt den Blut-druck, erhöht die Schmerztoleranz,baut Spannungen auf allen Ebenen abund fördert soziale Kontakte, Lebens-lust und Lebensfreude.Eine alte Weisheit wurde auch wissen-schaftlich bestätigt: „Wir lächeln, weilwir glücklich sind, aber wir könnenauch glücklich werden, weil wir lä-cheln.“ Das Leben ist kostbar! Mansoll es daher nicht dem tierischenErnst opfern. Denn wenn der „Jam-merlappen“ unseres Großhirns zusehr genährt wird, verkümmert der„Freuden- und Lachlappen“ – undmit ihm der Humor, der geistreicheWitz und das befreiende Lachen. DiePflege der „heiteren Dreifaltigkeit“,nämlich Leichtigkeit, Lockerheit undLachen, ist eine erfreuliche Christen-pflicht. Schließlich wird das Christen-tum als „frohe Botschaft“ bezeichnet,die oft allzu ernsthaft verkündet wird.Dazu gibt es ein tiefsinniges Bibel-wort (Mt 18, 5):

„Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihrnicht umkehrt, euren Sinn ändert undwieder werdet wie Kinder, könnt ihrnicht in das Himmelreich kommen.“

ALFRED KIRCHMAYR

r. k. Theologe und Psychotherapeut

REFORMIERTES KIRCHENBL ATT 2/2014

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BERICHT

Resolution der Generalsynode der EvangelischenKirche A.u.H.B. zu antisemitischen Vorfällen derjüngsten Zeit

75 Jahre nach dem Novemberpo-grom von 1938 können wir aggressiveJudenfeindschaft immer noch erle-ben. In zeitlicher Nähe zum 9. No-vember 2013 gab es in ÖsterreichVorfälle, die uns als evangelische Kir-chen veranlassen, unsere Solidaritätmit den Jüdinnen und Juden in unse-rem Land öffentlich zu bezeugen:In Salzburg wurden wiederholt „Stol-persteine“, die an vertriebene und er-mordete Salzburger Jüdinnen und Ju-den erinnern, beschmiert, ebenso derEingangsbereich der Salzburger Syn-agoge. Plakatwände wurden mit Nazi-Parolen verunstaltet. An der Evangeli-schen Kirche am Tabor in Wien wur-de auf eine Gedenktafel an die vomNaziregime deportierten und ermor-deten Jüdinnen und Juden ein Ha-kenkreuz geritzt.Wir als Evangelische Kirche in Öster-reich haben nicht vergessen, in wel-ches Chaos und Barbarei eine Politikdes Antisemitismus, der Aggression

gegen Minderheiten, der Ausgren-zung und Abwertung Anderer im Na-tionalsozialismus geführt hat. Darummahnen wir nachdrücklich, die ak-tuellen Taten nicht zu verharmlosen.Wir erinnern an die Erklärung „Zeitzur Umkehr“, mit der sich unsere Kir-chen im Jahr 1998 verpflichtet haben,„jeglichem gesellschaftlichen und per-

sönlichen Antisemitismus zuwehren.“ Wir schließen unsder aktuellen Erklärung desÖkumenischen Rates derKirchen in Österreich vom7. November an, in der esheißt: „Wir sind wachsamgegenüber jeglicher Formvon Politik, die auf Abwer-tung und Ausgrenzung vonMinderheiten setzt. Insbe-sondere sind wir hellhörigim Hinblick auf jede Formdes Antisemitismus undwerden ihr entschieden ent-gegen treten.“

Zu dieser Wachsamkeit und zum Einsatzgegen den Antisemitismus fordern wiralle Menschen im Land, insbesondereauch die politischen Parteien auf. Die Er-eignisse des Jahres 1938 sollen uns einebleibende Mahnung sein! Verabschiedetdurch die Generalsynode am 14. Dezem-ber 2013 in Wien. ■

REFORMIERTES KIRCHENBL ATT 2/2014

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In Wiener Neustadt wurde am 27.November 2013 der neue Militär-superintendent Karl-Reinhart Trau-ner durch Bischof Michael Bünker insein Amt eingeführt und sein Vor-gänger Oskar Sakrausky durch Lan-dessuperintendent Thomas Henne-feld verabschiedet. Der feierlicheGottesdienst fand in der katholi-schen St. Georgs-Kathedrale statt,was die guten ökumenischen Bezie-hungen innerhalb des Militärs unter-streicht. Bünker betonte in seinerAnsprache, dass Trauner sich bereitsals Fachmann für Fragen der österrei-

chischen Geschichte, und insbeson-dere als „engagierter Meinungsbild-ner“ in der Grundlegung der Militär-seelsorge erwiesen habe.

Trauner, der nun im österreichischenBundesheer die evangelische Militär-seelsorge leitet, tritt sein Amt am 1.Dezember an.

Prof. Mag. S. CLAUS/Pressereferent MilRG

Pfarrerin Arnold: „Wir wollen nicht wegsehen wie vor 75 Jah-ren“. In die Gedenktafel für jüdische Opfer des Naziregimeswurde ein Hakenkreuz eingeritzt. Umrahmt wird das Haken-kreuz mit dem NS-Gruß: „Heil-Hitler“.

Militärsuperintendent Trauner in sein Amt eingeführtVerabschiedung des scheidenden Militärsuperintendenten Sakrausky

Der neue Militäsuperintendent Trauner

LSI Hennefeld verabschiedet den scheidendenMilitärsuperintendenten Sakrausky

© Theresianische Militärakademie

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BERICHT/DOROTHEA

Neustart für dieWeltgemein-schaft Refor-

mierter Kirchen – abJanuar 2014 befindetsich ihr internationa-ler Hauptsitz im Cal-vin-Haus in der Kno-chenhauerstrasse inHannover. Finanziel-le Gründe haben zurVerlegung des Sitzesvon Genf in der Schweiz nach Deutschland geführt.Doch Hannover ist nicht nur in finanzieller Hinsichtein Gewinn für die WGRK. Der Weg zu zwei Mit-gliedskirchen – der Evangelisch-Reformierten Kircheund der Lippischen Landeskirche -, zum ReformiertenBund (Dachverband der eineinhalb Millionen refor-mierter Christen in Deutschland), zur Union Evange-lischer Kirchen (UEK), zur Evangelischen Kirche inDeutschland (EKD) und zu den Partnern Brot für dieWelt in Berlin und Evangelisches Missionswerk inHamburg ist nun nicht mehr weit. Für eine „Draufgabe“ am neuen Standort hat die Re-gierung des Bundeslandes Niedersachsen gesorgt. Sieverlieh der WGRK den Status einer Körperschaft öf-fentlichen Rechts. Dadurch hat die WGRK z.B. dieMöglichkeit zu einem Abkommen mit der deutschenBundesregierung, das den Erhalt von Aufenthalts- undArbeitsbewilligungen für ihre MitarbeiterInnen unddie Befreiung von Sozialversicherungsauflagen undAnstellungsbeschränkungen zusichert.Doch nicht nur mit einem neuen Ort geht die WGRKins Jahr 2014 – auch ihre Website www.wcrc.ch wur-de neu gestaltet. In Deutsch, Englisch, Spanisch undFranzösisch bietet sie Informationen zu Geschichte,Arbeit, Regionen und Nachrichten aus der WGRK,bietet Gottesdienstmaterialien an und vieles mehr.Durch die Neugestaltung soll die Website auch fürSmartphones und Tablets besser zugänglich sein. Da-bei ist die Neugestaltung nicht abgeschlossen – anWebsites in arabischer, chinesischer, koreanischer undindonesischer Sprache wird gearbeitet.

Red. ■

REFORMIERTES KIRCHENBL ATT 2/2014

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Kein Zweifel, das Wort Reform klingt positiv. Esbedeutet Erneuerung, es bedeutet zu handeln,wo Verbesserungsbedarf besteht. Das war auch

der Sinn der Reformation, und wir sind stolz, Refor-mierte zu sein. Auch heute wird viel von Reformengesprochen, aber gemeint sind Reformen im wirt-schaftlichen Bereich. Die sind auch notwendig in ei-ner Welt, wo die Reichen immer reicher und die Ar-men immer ärmer werden. Aber diese Reformen sindnicht gemeint.Wer entscheidet heute, was eine Reform ist? DieWeltbank und der IWF nach den Ideen von MiltonFriedman und Professor Hayek. Und jedes Land, dasKredite braucht, muss diese Reformen durchführen.Sie lauten: Privatisierung, Sparen beim Gesundheits-wesen, Bildung, Pensionen, und vor allem: Deregu-lierung. Das heißt: Der Staat soll sich ja nicht einmi-schen. Außer, wenn es einer Bank schlecht geht.Dann muss er sie retten. Wenn es ihr wieder gutgeht, ist alles wie vorher. Denn Private wirtschaftenbesser, und der Markt regelt alles von selber. Und werdas nicht einsieht, wird von den Ratingagenturenherabgestuft und zahlt noch mehr Zinsen.Ja, das firmiert unter „Reformen“, und die müssennatürlich abgesichert werden, denn Leistung musssich wieder lohnen. Und damit sie sich wieder lohnt,müssen die Leistungsträger belohnt werden. Wernichts leistet, ist selbst schuld. Das muss jeder einse-hen. Selbst christliche Utopisten. Eher geht das Ka-mel durch das Nadelöhr, als dass ein Reicher insHimmelreich kommt? Braucht er auch nicht, dennsein Himmelreich ist schon auf Erden. Sogar derPapst muss klarstellen, dass er kein Marxist ist, dannkann er weiter von einer gerechteren Welt schon imDiesseits träumen.Wenn auch die „Reformen“ anscheinend nur einerMinderheit nützen, sollte doch auch die Mehrheitfroh sein, dass alles so schön geregelt ist. Sonst wür-de ja das Chaos herrschen. Und wenn sie zufällig im-mer nur den Reichen nützen, sollten wir nie den Hu-mor verlieren. Denn Reform ist, wenn man trotzdemlacht!

dorothea ■

dorothea

Reform ist, wenn man trotzdem lachtWeltgemeinschaftReformierter Kirchen

Umzug nach Hannover

Calvin-Haus Hannover

Auflage kontrolliert – NormalprüfungVeröffentlichung im Pressehandbuch

Verband Österreichischer Zeitungsherausgeber und Zeitungsverleger

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INTERVIEW

Jede Predigt ist politisch Der Reformierte Bund in Deutschland öffnet Türen Ein Interview mit Peter Bukowski

Der Reformierte Bund in Deutschlandheißt die Weltgemeinschaft ReformierterKirchen in Hannover willkommen. Undum ein weiteres positives Zeichen zu setz-ten, hat er die Generalversammlung derWGRK eingeladen, im Sommer 2017 ihrenächste Generalversammlung in Leipzigabzuhalten. Dies ist im Rahmen der all-gemeinen Reformationsfeierlichkeitenein wichtiges Ereignis. Der Moderator desReformierten Bundes, Dr. h. c. PeterBukowski, äußert sich zu Chancen undHerausforderungen der neuen Nachbar-schaft ebenso wie zur politischen Bewegt-heit im Gottesdienst in einem Interviewmit reformiert-info.

Politisch predigenDie Reformationsdekade begeht das Kir-chenjahr 2013/14 unter der ÜberschriftReformation und Politik. Eine Thesedazu lautet: „Jede Predigt ist politisch“.Was meinst du?Bukowski: Die Antwort hängt davonab, wie man den Begriff der „politi-schen Predigt“ versteht. In einem wei-teren Sinne ist tatsächlich jede Predigtpolitisch. Denn auch wenn sie zu po-litischen Fragen nicht ausdrücklichStellung bezieht, wirkt sie natürlich inden Bereich des Politischen hinein,indem sie z.B. Menschen zur Nachfol-ge ermutigt oder ihre Gewissenschärft. Allerdings sehe ich das Pro-blem solch implizit politischer Predigtdarin, dass sie – gerade indem sie diekonkrete Stellungnahme ausspart –die jeweils herrschende Meinung be-stätigt oder gar verstärkt.Im engeren Sinne verstehe ich die„politische Predigt“ als eine solche,die in Auslegung des biblischen Textesausdrücklich Bezug nimmt zu heuteaktuellen Fragen. Dass sich die Heili-gung auch in den Bereich des öffent-lichen und politischen Lebens hinein

auswirkt, ist gute reformierte Tradi-tion. Und so kann ich mir eine Pre-digt, sagen wir zu Jesaja 58, kaum vor-stellen, die nicht zur heute drängen-den Frage nach sozialer GerechtigkeitStellung bezieht. Und eine Predigtüber das Wort: „Herberget gern“,wird vom derzeitigen Flüchtlingsdra-ma und unserer notorischen Selbstab-schottung nicht absehen können. Da-bei will aber die Unterscheidung zwi-schen Glaubens- und Ermessensfra-gen beachtet sein. Dass es Menschenmöglich sein muss, von ihrem Lohnein genügendes Auskommen zu ha-ben, halte ich für biblisch wohl be-gründet. Wohingegen die einst ausge-gebene Parole: „Gott will die 35-Stun-den-Woche“ Glaubens- und Ermes-sensfragen zu sehr in eins setzt.Schließlich: Ich wünsche mir im Jahr

2014 solche politischen Predigten, dieneben aller notwendigen Kritik undAufforderung zum Handeln die posi-tive Verstärkung nicht unterschlagen.Es gibt in unseren Gemeinden hinge-bungsvolle, tapfere, richtungsweisen-de und ermutigende Taten. Das darfnicht verschwiegen werden. DasKompliment ist ein notwendiger Mo-dus politischer Predigt.Zuletzt: Mir fällt immer wieder auf,

wie nachlässig wir darin sind, in unse-ren Gottesdiensten für die „Obrigkeit“zu beten. Dabei ist das der besondereDienst der christlichen Gemeinde fürden Bereich des Politischen.

Die Reformierten im Jahr 2014Wagst du einen Blick in die Zukunft?Ins Jahr 2014? Was siehst du – für dieReformierten, den Reformierten Bund?Bukowski: Was den ReformiertenBund betrifft spontan einen gewalti-gen Berg Arbeit. Denn mit dem Her-zug der Geschäftsstelle der Reformier-

ten Weltgemeinschaft nach Hannoverobliegt uns deren institutionelle Ver-netzung in den deutschen Kontext,mit allem, was das an logistischen undkommunikativen Aufgaben mit sichbringt. Aber es überwiegt bei Weitemdie Freude, die sich mit dieser Aufga-be verbindet: Durch den noch enge-ren Kontakt mit der Weltgemein-schaft wird sich unser theologischerund ökumenischer Horizont weiten –das wird für uns und unsere Mit-gliedsgemeinden gewiss eine Berei-cherung sein. Sollte das Exekutivko-mitee der Weltgemeinschaft die vomReformierten Bund ausgesprocheneEinladung annehmen, wird die näch-ste Generalversammlung 2017 inLeipzig/Wittenberg stattfinden. Dar-in sehen wir eine Riesenchance für dieWeltgemeinschaft, aber auch für dieReformationsfeierlichkeiten. Immer-hin brächten wir weit über tausendNicht-Europäer zu den Reformations-stätten und könnten im ökumeni-schen Geist die reformatorischen Ent-scheidungen für unsere heutige Zeitbedenken.

Das ganze Interview ist nachzulesen im Internetpor-tal des Reformierten Bundes in Deutschland e.V.:reformiert-info.de

REFORMIERTES KIRCHENBL ATT 2/2014

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Dr. h.c. Peter Bukowski, Moderator des Reformier-ten Bundes und Direktor des Seminars fürpastorale Aus- und Fortbildung in Wuppertal

Foto (bearb.): Karlfried Petri

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REFORMIERTES KIRCHENBL ATT 2/2014

Gottesdienste Februar/Vorschau März 2014T E R M I N E

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WIEN – Innere StadtReformierte Stadtkirche

I, Dorotheerg. 16

10:00 Langhoff/AM

Liebert

Kluge – Empfang

Langhoff

Kluge/AM

Langhoff

WIEN – WestZwinglikirche

XV, Schweglerstr. 39

10:0018:00 Németh

Juhász

Hennefeld + TeamFaGD

Hennefeld/AM + Predigtnachgespräch

18:00 Juhász Musikal. GD mit Koreanern

Hennefeld

WIEN – SüdErlöserkirche

X, Wielandg. 9

10:00PK Juhász

Wittich, AMKiGo

PK Juhász

Adzokatse* /Wittich

Körtner

Lintner/AMKiGo

OBERWART7400 Oberwart

Ref. Kircheng. 16

09:30Gúthy

(dt.spr.)Gúthy

(ung.spr.) anschl. KKGúthy

(dt.spr.)Gúthy

(ung.spr.) Gúthy

(dt.spr.)Gúthy

(ung.spr.)

LINZ4060 Leoding

Haidfeldstraße 6

09:3017:00 Schreiber/Konfi.

KKSchreiber

Feichtinger

Benz

SchreiberKK

Schreiber

Datum02.02.

09.02.

16.02.

23.02.

02.03.

09.03.

WIEN-SÜD: *) Pfr. der ghanaischen Gemeinde

BREGENZKreuzkirche am Ölrain

Kosmus-Jenny-Str.1

09:30Stoffers

Par. KinderfrühstückS. Neumann/AM

Stoffers & WittichChor! KKStoffers

anschl. GD- NachgesprächOlschbaur

Stoffers & WedamChor! KK

DORNBIRN Heilandskirche

Rosenstr. 8

10:00 Meyer

Meyer/AMKiGo

MeyerFaGo/KK

Meyer/AM

Meyer

Meyer/AMKiGo

FELDKIRCHPauluskirche

Bergmanng. 2

09:30 WedamFaGD

Wedam

Wedam

Wedam/AM*KiGo

WedamFaGD

Jaquemar

BLUDENZKirche zum guten Hirten

Oberfeldweg 13

10:00Franke

gleichz. KiGoFranke

gleichz. KiGo/anschl. KKFranke/AM

gleichz. KiGo

18:00 Franke

Frankegleichz. KiGo

Frankegleichz. KiGo/anschl. KK

Datum02.02.

09.02.

16.02.

23.02.

02.03.

09.03.

LUSTENAU: 09.und 23.02. und 09.03. Meyer GD, 8:30HOHENEMS: 02.02. und 02.03. Meyer GD, 8:30

WIEN Innere StadtReform. Stadtkirche

I , Dorotheerg.16

VIENNACOMMUNITY

CHURCHSunday 12:00 a.m.

Service in English

GOTTESDIENST INTAIWANESISCHER

SPRACHEjeden So 14:00

UNGARISCHERGOTTESDIENST

jeden So 17:00(außer 1. So im Monat)

FELDKIRCH: *) 11:00 Mini-GD

GD = Gottesdienst KiGo = KinderGD FaGD = FamilienGD AM = Abendmahl KK = Kirchenkaffee TeeGo = TeeGD TeeniGo = TeenagerGD

MOTIVEaus dem evangelischen Leben Ö1

Jeden So 19:05 bis 19:30

ERFÜLLTE ZEITJeden 1. So/Mo Evang. Predigt

textauslegung 7:04–8:00 2.02. Paul Weiland

2.03. Marianne Grohmann

ZWISCHENRUFfrüher Das Evangelische Wortjeden So Ö1 06:55 bis 07:002.02. Thomas Hennefeld

9.02. Christoph Weist16.02. Christine Hubka

23.02. Johannes Wittich2.03. Olivier Dantine

Evangel ische Morgen-gedanken

Öreg

Mo–Sa 05:40 bis 05:42So 06:05 bis 06:07

9.–15.02. Jutta Henner

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REFORMIERTES KIRCHENBL ATT 2/2014

7Veranstaltungen Februar/Vorschau März 2014 T E R M I N E

WIEN – INNERE STADT Tel.Nr. 01 / 512 83 93

MUSIK AM 12tenDuoabend: Violine + Violoncelloin der Reformierten Stadtkirche, 1010 Wien, Dorotheergasse 16Klara Flieder, Violine | Christophe Pantillon, VioloncelloWerke von Wolfram Wagner, Ernst Toch, Darius Milhaud, Zoltán Kodály Mi 12.02. 19:30

WIEN – WEST Tel.Nr. 01 / 982 13 37LESUNG Axel Karner „Und das Wort ward Fleisch“ Fr 21.02 19:00

WELTGEBETSTAGVorbereitung: Vortrag: Univ.-Prof. Dr. Wolfram Reiss„Ägypten auf dem Weg in ein neues Zeitalter?“ Mo 17.02. 18:00Generalprobe Mo 03.03. 18:00Weltgebetstag der Frauen in Österreich 2014 Fr 07.03. 18:00

WIEN – SÜD Tel.Nr. 01 / 604 22 86 CHORFEST d. evang. Gemeinden WiensWeinbergkirche, Börnergasse 16, 1190 Sa 22.02. 17:00

OBERWART im Alten Pfarrhaus Tel.Nr. 03352 / 32 416Bibelstunde, Singkreis, Kindergottesdienst und Konfistunde wie im Vorjahr.

WELTGEBETSTAG DER FRAUEN Fr 07.03. 19:00

LINZ Tel.Nr. 0732 / 38 08 03

BREGENZ im Clubraum Tel.Nr. 05574 / 42 3 96Kontaktgruppe: „Strömen – die eigene Heilkraft entdecken und stärken“. Referent: Siegfried Karg Do 20.2. 19:00

DORNBIRN Tel.Nr. 05572 / 22 0 56

ÖKUMENISCHER GOTTESDIENST in der Gebetswoche in Lustenau, St.Peter u. Paul Sa 25.01. 18:30

ÖKUMENISCHER WELTGEBETSTAG Fr 07.03. 19:30in Lustenau ev. Kirchlein

BIBELGESPRÄCH: 10 GEBOTE Mi 05.02. 19:00 Dornbirn Saal

FELDKIRCH Tel.Nr. 05522 / 72081

Liebe Abonnenten des Reformierten Kirchenblattes!An alle Zahlerinnen und Zahler!

Durch Ihre Unterstützung kann unser Reformiertes Kirchenblatt zehnMal im Jahr erscheinen. Und dafür wollen wir uns an dieser Stelleherzlich bedanken. Leider ist uns im vergangenen Jahr ein bedauer-licher Fehler unterlaufen. Der der März-Ausgabe beigelegte Zahl-schein enthielt nämlich eine falsche Kontonummer und war zudemnicht normgerecht gedruckt. Wahrscheinlich haben viele von Ihnenden erbetenen Betrag von 11 EURO mit diesem fehlerhaften Z-Schein(auf ein altes OKR-Konto) eingezahlt und waren verärgert, als sie imNovember eine „Erinnerung“ mit einem neuen, korrigierten Zahl-schein erhielten.

Für diesen Fehler möchten wir uns als Redaktion bei Ihnen herzlichentschuldigen, und wir danken Ihnen im voraus für Ihre weitereTreue.

HARALD KLUGEChefredakteur

Die Redaktion hat der Tatsache Rechnung getragen, dass alle Pfarrgemeinden eigene Gemeindeblätter

haben, in denen alle regelmäßigen Veranstaltungen angekündigt werden.

Daher werden wir in Zukunft nur noch auf spezielle einmalige Veranstaltungen hinweisen.

Weltgebetstag der Frauen in Österreich 2014

ÄGYPTEN

Frauen aller Konfessionen laden zum Mitfeiern ein

Freitag, 7. März

„Ströme in der Wüste“– aktueller denn je …

Christliche Frauen aus Ägypten bereiten vorIhre Themen sind:

– Grenzen überwinden– Frieden leben

– Gemeinsam die Zukunft gestalten

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REFORMIERTES KIRCHENBL ATT 2/2014

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Debrecen/Wien (epdö) – Ulrich Körtner,reformierter Ordinarius für Systemati-sche Theologie an der Evangelisch-Theo-logischen Fakultät der Universität Wien,erhielt am 21. November die Ehrendok-torwürde der Reformierten Theologi-schen Universität Debrecen. Die Ehren-promotion fand im Rahmen der Feier-lichkeiten zum 475-jährigen Bestehender Universität statt.Die Theologische Universität Debre-cen würdigt die Breite in Körtnerstheologischer Arbeit. Vor allem wur-

den seine Leistungen auf den Gebie-ten der theologischen Ethik und derMedizinethik ausgezeichnet. Gewür-digt wurde ausserdem sein Engage-ment im Bereich der GemeinschaftEvangelischer Kirchen in Europa(GEKE). Die Theologische Universität Debre-cen ist eine Teileinrichtung des Re-formierten Collegiums zu Debrecen,das 1538 gegründet wurde. Seit derReformation ist das Collegium nichtnur das geistige Zentrum des ungari-

schen reformierten Protestantismus,sondern eine bedeutsame Institutionin der ungarischen Kultur- und Wis-senschaftsgeschichte. Es konnte seineFunktion bis heute ununterbrochenausüben, auch in der Zeit der kom-munistischen Herrschaft. ■

Gedanken für den Tag

Mo 3.2. – Sa 8.2. um 6:57„Ich will meinen Kampf beten“ – Zum25. Todestag von Thomas Bernhard von Cornelius Hell, Literaturkritiker und ÜbersetzerBevor Thomas Bernhard mit Romanen und The-aterstücken berühmt wurde, schrieb er Gedichte.Einige haben die Form von Gebeten, die Gottihre Wut, Verzweiflung und Trauer entgegenschreien. In Bernhards erstem Gedichtband „Aufder Erde und in der Hölle“ steht der Zyklus„Neun Psalmen“. Um Thomas Bernhard zu ver-stehen, ist es wichtig, diese Anfänge seinesWerkes zu kennen. Und es irritiert und fasziniertauch heute noch, ihren ganz eigenen Tonfall zuhören. Cornelius Obonya liest die Texte von Tho-mas Bernhard. Gestaltung: Alexandra Mantler

Mo 17.2. – Sa 22.2. um 6:57„Nicht Meißeln und nicht Malen ver-schaffen Seelenfrieden“ – Zum 450. To-destag von Michelangelo Buonarroti von Hu-bert Gaisbauer, Publizist und KunstexperteMichelangelos Kampf mit dem Marmor war dernach außen getragene Kampf mit der eigenenNatur. Ein Sklave, der sich aus den Fesseln rin-gen will, ein Gefangener, der dem Dunkel ent-rinnen will. Einer, der sich nicht fügt, sondernaufbegehrt. Gegen den Vater, gegen die Brüder,gegen die Päpste. Michelangelo fürchtet nurGott. In Briefen und Sonetten spürt man seinenüchterne und schwermütige Frömmigkeit. Sei-ne Werke reden eindringlich davon, wie sehr derMensch der Erlösung bedarf. Michelangelo sym-pathisierte mit der geistlichen Bewegung der

„Spirituali“, die reformatorischen Gedankensehr nahe waren.Gestaltung: Alexandra Mantler

Mo 24.2. – Sa 1.3. um 6:57„Vom Wunder der Sprache“ – von PhilippHarnoncourt, Liturgiewissenschaftler und Ökumeniker„Im Anfang war das Wort“, beginnt der Prologaus dem biblischen Johannes-Evangelium. DasWort, die Sprache, steht auch im Zentrum der„Gedanken für den Tag“ von Philipp Harnon-court, der lange Jahre Professor für Liturgiewis-senschaft an der Katholisch-Theologischen Fa-kultät der Universität Graz war. Er greift dabei verschiedene Aspekte von Spra-che heraus: etwa die Poesie, die Unaussprechli-ches zur Sprache bringt, die Sprache als Klang-welt, aber auch den Verfall der Sprache. Jederund jede Einzelne trage, so Harnoncourt, Ver-antwortung für das Wunder der Sprache. Gestaltung: Alexandra Mantler

TAO – aus den Religionen der Welt

Sa 8.2. um 19:05„Erwartung des Verborgenen“ – Glaube,Philosophie und Politik im schiitischen IslamVon Schiiten ist im Allgemeinen die Rede, wennzwischen den beiden größten Konfessionen im Is-lam, den Sunniten und Schiiten unterschiedenwird. Doch die Schiiten bilden ein vielgestaltigesSpektrum. Die größte Gruppe umfasst die soge-nannten „Zwölfer-Schiiten“, die im Iran und Irakdie Mehrheit bilden, aber auch in Afghanistan, Pa-kistan und dem Libanon vertreten sind. Ihre Glau-benslehre bezieht sich auf den Propheten Moham-med und zusätzlich auf die Linie seiner Nachkom-men, der zwölf Imame, die von Fatima, der Toch-ter Mohammeds abstammen.

Mit der Rationalphilosophie hat die schiitischeDenkschule nie gebrochen. Die zeitgemäße Aus-legung von Koran und prophetischen Überliefe-rungen nimmt einen zentralen Stellenwert einund reicht bis in soziale, politische und wirt-schaftliche Fragen. Als messianische Gestalt se-hen die Schiiten den sogenannten verborgenen,zwölften Imam an. Mit seiner Rückkehr vor demEnde der Zeiten soll in der Welt Frieden und Ge-rechtigkeit Einzug halten. Was diese Hoffnungim realen Leben bedeutet, hat Lise Abid u.a. imIran und im Libanon recherchiert.Gestaltung: Lise Abid

LOGOS – Theologie und Leben Sa 1.2. um 19:05

„Auf der Suche nach dem guten Leben“– Impulse von Marianne Gronemeyer und

Friedhelm HengsbachLeistungsdruck, Produktionsdruck, Zeitdruck:Statt eines erfüllten Lebens erreichen viele nurein gefülltes Leben. In dieser Zeit, die von ei-nem Gefühl des ständigen Mangels und derAngst des Nicht-Genügens geprägt ist, wird eineneue seelische Armut sichtbar. Dabei belegenviele Studien, dass es uns an nichts mangelnmüsste. Es ist genug von allem da. Menschenbrauchen aber die Chance, ein eigenständigesLeben zu führen: in gelingenden Partnerschaf-ten und Familien, im Einklang mit sich selbst,ihrer natürlichen Umwelt und in einem Wohn-umfeld, in dem Erwachsene mit Kindern ebensowie ältere Menschen vorkommen. Vor allem je-doch brauchen wir Zeit für uns selbst, für einan-der und für unsere Kinder. Wie entkommen wirdem konsumistischen Lebensmuster der indus-triellen Warenwelt?Gestaltung: Johannes Kaup

Ö1Religionim Radio … Weitere Programmpunkte auf Seite 6

Ungarische Ehrendoktorwürde für Ulrich Körtner

© Homepage Körtner

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THEMA

„Glück“ macht SchuleAuf dem Weg zum glücklichen Glauben?

Ein neues Schulfach stellt sich vor – esnennt sich „Glück“. In Wien werden dieersten Lehrgänge für Lehrkräfte angebo-ten. In der Steiermark hat sich das Fachan einigen Schulen bereits etabliert,ebenso wie in mehr als 100 Schulen inDeutschland. Ist Glück also lern und lehr-bar? Ein solches Unterfangen baut auf derAnnahme auf, dass Glück auf irgendeineArt und Weise erarbeitet werden kann.

Stärken fördernMargot Maaß, Leiterin der „InitiativeSchulfach Glück Österreich“, weistallerdings darauf hin, dass es imUnterricht nicht um das EndproduktGlück geht, sondern um die Grundla-gen des glücklichen, erfüllten Lebens.So wird im Schulfach Glück gelehrt,

was durch den immer stärker werden-den Focus auf die alleinige Leistungverloren ging: das soziale Miteinan-der, die Achtung des Gegenübersebenso wie die Arbeit am Selbstwert.Im Schulfach Glück werden ganz-heitliche Methoden eingesetzt, in de-nen Bewegung und gesunde Ernäh-rung genauso wichtig sind wie derpersönliche Austausch der Schülermiteinander. Der Schwerpunkt liegtauf der Förderung der Stärken derSchüler und Schülerinnen und nichtauf dem Aufzeigen und Beheben derDefizite.

Arbeit am SelbstDie Initiatoren des Schulfaches Glücklehnen sich in der Definition vonGlück an Aristoteles an. Dieser gingdabei von einem sinnerfüllten Lebenaus. Jedes Lebewesen hat eine Aufga-be, die sich aus dessen Möglichkeitenund Fähigkeiten ergibt. Glück ist,dieser Aufgabe nachzukommen.Glück ist also kein Selbstzweck, son-dern folgt als Hinzugabe zu einemsinnerfüllten Leben. Nicht das erlebteGlück gibt dem Leben Sinn, sondernumgekehrt: Die eigene Bestimmung

zu finden und zu leben ist die Basis ei-nes geglückten Lebens.

GlücksforschungDie Glücksforschung, die sich seit et-was mehr als dreißig Jahren auch anden Universitäten etabliert hat, unter-sucht die Bedingungen, unter denensich Menschen als glücklich bezeich-nen. Sie orientiert sich also am sub-jektiven Glücksgefühl Einzelner undversucht daraus auf die Gesellschaft zuschließen. Ihr Ziel ist es, zur Glücks-maximierung beizutragen.

Glück versus HeilAus christlicher Perspektive liegt dieFrage nahe, ob das Streben nachGlück in einer immer säkularer orien-tierten Welt die Suche nach Heil ab-gelöst hat. Das Glück scheint ganzweltlich gebunden – Heil dagegenmeint Höheres, meint Erlösung undErfüllung, die die Welt transzendiert.So ist gerade das Heil mit der Sinnfra-ge unauflöslich verbunden. Heil wirddort erfahren, wo ich mich, meinTun, mein Sein oder auch mein Leid,als angenommen erfahre. Das sindMomente, die tragen und Sinn schen-ken.Aber weder Glück noch Heil könnenals Endprodukt eines Lehrganges an-geboten werden. Wir können zwardarauf zugehen, aber beides ist imLetzten nicht machbar, sondern wirduns geschenkt.Allerdings kann Heil im Gegensatz zuGlück auch jenseits weltlichen Wohl-ergehens erfahren werden. Gerade inder Tiefe von Schmerz und Leid ist esmöglich, die Welt zu transzendierenund Gottes Gegenwart zu erfahren.

Glück in der TheologieDass Heil selbst an den dunkelstenOrten unseres Lebens erfahren wer-den kann, heisst aber nicht, dassSchmerz als Heilmittel gesucht wer-

den soll. Leider ist das oft missver-standen worden und resultierte auchin einem Desinteresse der Theologieam Phänomen Glück. Dieses Desin-teresse oder manchmal sogar Ableh-nung, ist sicher ungerechtfertigt.Umso mehr, als die moderne Glücks-forschung eindeutig bestätigt, dass re-ligiöse und spirituell lebende Men-schen glücklicher sind – mir scheinthier der Ausdruck „zufriedener“ eherpassend, aber die Glücksforschung istin ihrer Wortwahl wohl gebunden –im Vergleich mit anderen Gruppen.Über die Gründe gibt es unterschied-liche Spekulationen:

Glücklicher GlaubeZum einen scheint ein fester Glaubeglücklich zu machen. Daneben führthäufig die Einbindung in eine Ge-meinschaft zu positiven Gefühlen,unabhängig davon, welcher religiösenRichtung jemand angehört. Verbun-denheit mit der Schöpfung, verstan-den als Natur, Menschheit undSchöpferkraft, kann ebenfalls zuGlück führen. Weitere Gründe, warum der Glaubeglücklich machen kann, werden daringesehen, dass gläubige Menschen häu-figer Lebenshaltungen in ihr Lebenintegrieren, die Glück fördern. Sowerden uneigennütziges Handeln,Vergeben und Verzeihen, dankbarsein von der Psychologie als glücksför-dernd bezeichnet. Ebenso kann Medi-tieren Glücksgefühle hervorrufen. Insofern eröffnen diese Überlegungenzum Thema „Glück“ auch einen mög-lichen Zugang zur Jahreslosung 2014:Gott nahe zu sein ist mein Glück ( Ps73,28). Glück nicht im Sinne einesstets überschäumenden Glücksemp-findens verstanden oder eines glück-lichen Zufalles, sondern eines enga-gierten, als sinnvoll empfundenenund gelebten Lebens.

SONJA BREDEL ■

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NACHRUF

Nelson Mandela (1918–2013)Ein Nachruf von Walter Sauer

Zehn Tage nach seinem Tod, am15. Dezember 2013, wurde Nel-son Mandela in der östlichen

Kapprovinz, seiner Heimat, zu Grabegetragen. Bei zahlreichen Feierlichkei-ten hatten Bevölkerung und Staats-führung zuvor die Möglichkeit ge-habt, unter Teilnahme vieler ausländi-scher Staatsoberhäupter Abschiedvom Gründer des „Neuen Südafrika“zu nehmen. Nelson Mandela: Eineder bedeutendsten Persönlichkeitendes 20. Jahrhunderts ist nicht mehr.

Staatspräsident SüdafrikasAm 10. Mai 1994 hatte er als ersterdemokratisch gewählter Staatspräsi-dent Südafrikas den Amtseid abgelegt.Vorangegangen waren dramatischeJahre, in denen die vom AfrikanischenNationalkongress geführte Wider-standskoalition mit dem bisherigenRegime – das seit 1948, eng angelehntan die Nürnberger Rassengesetze, denAusschluss der nicht-weißen Bevölke-rungsmehrheit von politischen, wirt-schaftlichen und sozialen Rechten be-trieben hatte – einen friedlichenMachtwechsel verhandelte. Im April1994 fanden die ersten freien Wahlenin der Geschichte des Landes statt.

Mandelas Werdegang1918 als Nachkomme einer Adelsfa-milie in der Transkei geboren, warRohlihlala – so sein traditionellerName – 1940 im Konflikt mit Erzie-hungsberechtigten und Lehrern nachJohannesburg geflüchtet, wo er in derAnwaltskanzlei von Walter Sisulu seinAuskommen fand. Sisulu führte ihn indie Politik des Widerstands ein, in dendamals sehr gemäßigten AfrikanischenNationalkongress. Gemeinsam mit Si-

sulu, Tambo und Sobukwe gehörteMandela 1944 zu den Gründern derANC-Jugendliga, die ein radikaleresVorgehen gegen die immer schärfereRassendiskriminierung forderte. 1952wurde Mandela zum Vizepräsidentendes ANC gewählt und engagierte sichseither in der „Widerstandskampag-ne“, der Missachtung rassistischer Ge-setze nach dem Vorbild Gandhis.Vor allem vier elementare Weichen-stellungen im Widerstand wurdenmaßgeblich von Mandela beeinflusst:• die Freiheitscharta von 1955, in

der erstmals das gemeinsameRecht aller Südafrikaner/innen –egal welcher Hautfarbe – auf dieTeilhabe am politischen LebenSüdafrikas und dem Reichtum desLandes proklamiert wurde;

• der Übergang zum bewaffnetenKampf 1961, den Mandela orga-nisierte, nachdem das Apartheid-regime im Jahr zuvor jegliche de-mokratische politische Betätigungverboten hatte; in Folge wurdeMandela 1962 verhaftet;

• seine Ablehnung von Angebotender Regierung ab 1985, ihn gegenBedingungen – die praktisch derAnerkennung der politischen Situ-ation gleichgekommen wären – aus„lebenslanger“ Haft freizulassen;

• schließlich die Politik der Nationa-len Versöhnung, die Mandela undder ANC nach seiner Freilassung1990 als Leitlinie für die Verhand-lungen vorgaben und er als Präsi-dent umsetzte.

Kein EinzelkämpferMandela war allerdings kein Einzel-kämpfer. Nur durch das millionenfa-che Engagement von – meist, aber

nicht ausschließlich schwarzen – Süd-afrikaner/innen wurden die Bedin-gungen für seine Tätigkeit an derSpitze des Widerstands, für seine Frei-lassung und letztlich für den Wahlsiegdes ANC geschaffen. Und nur durchden politischen Mut einiger DritteWelt-Regierungen, der Vereinten Na-tionen und von Anti-Apartheid-Be-wegungen in aller Welt konnte dasRegime in Pretoria international zu-mindest einigermaßen isoliert und ge-schwächt werden. (Speziell für Öster-reich ist daran zu erinnern, dass diehiesige Anti-Apartheid-Bewegunglange Zeit von der evangelischen Reli-gionslehrerin Ingrid Gaisrucker gelei-tet wurde und evangelische Aktivis-tinnen und Aktivisten in ihr einewichtige Rolle spielten).Mandela selbst hat – u. a. in seinerAntrittsrede – den Beitrag der inter-nationalen Gemeinschaft zum Kampfgegen die Apartheid gewürdigt. Inderselben Rede sprach er weiters voneiner neuen Herausforderung fürSüdafrika: „Wir verpflichten unsdazu, unser ganzes Volk von den an-haltenden Fesseln der Armut, derEntehrung, des Leidens, geschlecht-licher und anderer Diskriminierungenzu befreien. Es soll Arbeit, Brot, Was-ser und Land für alle geben.“Dieses Regierungsprogramm ist zu-gleich Mandelas Vermächtnis. Esbleibt eine Herausforderung für dasheutige Südafrika, aber auch für dieinternationale Gemeinschaft – dieVereinten Nationen, Regierungenund Nichtregierungsorganisationen.Und ebenso für uns in Österreich.

WALTER SAUERProf. am Institut für Wirtschafts- und

Sozialgeschichte, Mitarbeiter von Sadocc ■

Weitere Infos: Zur Geschichte der Anti-Apartheid-Bewegung:http://museum.evang.at/content/aktion-fruechteboykott-suedafrikaMöglichkeiten von Solidarität heute: www.sadocc.at

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Nelson Mandela, 2008

Foto: South Africa The Good News

Die Reformierte Kirche war im Widerstand gegen das Apartheidregime sehr aktiv.In Österreich beteiligte sich die Reformierte Kirche beim Früchteboykott und bei an-deren Aktionen gegen das Apartheid-Regime. Die Reformierte Kirche unterstützteauch das Antirassismusprogramm des Ökumenischen Rates der Kirchen. Der Reformierte Weltbund erklärte 1982 Apartheid zur Sünde und machte sie da-mit zur Bekenntnisfrage.

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Ilija Trojanow: Der überflüssige Mensch.Residenz Verlag 2013, 90 S., EUR 16,90

Eine schockierende, aber realistischeBeschreibung des bekannten bulga-risch-stämmigen Schriftstellers überdie Lage der Menschen, die überflüs-sig geworden sind. Roter Faden desBuches ist die Erkenntnis, dass heutenur derjenige als Mensch gilt, derkonsumiert, und wer nicht konsu-miert oder konsumieren kann, der ge-hört zu den überflüssigen Menschen.Die neue Descarte'sche These lautetalso: Ich konsumiere, also bin ich.Trojanow illustriert diese Grunder-kenntnis mit dem Slogan der dm-Werbung: Hier bin ich Mensch, hierkauf' ich ein. Zu den überflüssigenMenschen gehören nach Trojanow dieArbeitslosen und diejenigen, die nurein prekäres (precare = betteln) Ar-beitsverhältnis habe. Und ihre Zahlsteigt von Tag zu Tag, da die Automa-tisierung und der Einsatz von Robo-tern viele in diese Kategorie der Über-flüssigen drängen. Gleichzeitig wer-den die Löhne ständig gedrückt, wasdiese Kategorie erneut erhöht. Diegroße Zahl der überflüssigen Men-schen befindet sich im Süden unsererErdkugel, wo Hunger, Armut undKrankheit dafür sorgen, dass ihreZahl reduziert und damit die Lösungdes Problems der Überbevölkerungvon den Reichen an die Armen dele-giert wird. Der niedrige Energiever-brauch des Südens ermöglicht es je-doch, dass die Reichen das für sichselbst gutschreiben können. Dazu fälltmir unwillkürlich der Spruch des So-ziologen Jean Ziegler ein: Ein Kind,das an Hunger stirbt, wird ermor-det … Auf der anderen Seite, schreibt Troja-now, leben auf der Butterseite derWelt die sogenannt „wertvollen“Menschen, die weitgehend auf Kostender Überflüssigen existieren. Vomüberflüssigen ist es nicht weit zum„unwerten Leben“ Und dem gegenü-ber steht der „Übermensch“. Diesevon Nietzsche stammende Bezeich-nung ist in der NS-Zeit zu einer tod-

bringenden Ideologie geworden, dieheute leider wieder herumgeistert.Viele Menschen haben Angst,schreibt der Autor, dass sie zu denÜberflüssigen hinunterrutschen. Des-halb optimieren sie sich, damit sie „alsGewinner auf der Bühne bleiben“.Viele populäre apokalyptische Filmemachen schon heute vertraut mit demzu erwartenden Kampf, und daher:„Rette sich, wer kann“. Hier liegt derSchlüssel für jene egoistische Haltung,die als Freiheit verkauft wird. DieHerrschaft der Satten kann nur durchGewalt erhalten werden, stellt Troja-now fest. Ob das vielleicht etwas mitden sogenannten Interventionskrie-gen zu tun hat…? Der Autor lässt erst zum Schluss einenSpalt der Hoffnung aufgehen, wenner schreibt: Ohne Empathie [Einfüh-lungsvermögen] ist die Realität derüberflüssigen Menschen nicht zu be-kämpfen. Daneben sieht der Autor ei-nen möglichen Ausweg in der ge-meinschaftlichen Organisierungskraftder Menschen. Das ist umso wichti-ger, weil die Systemerhalter sich be-mühen, durch Isolierung eine Desoli-darisierung zu erreichen und so einenbreiten Widerstand zu verhindern.Einfühlungsvermögen, Solidaritätund Gemeinschaft sind auch dieGrundbausteine einer vorbehaltlosenchristlichen Nächstenliebe. Darum istdieses Buch für jeden engagiertenChristen ein Muss! B.N.

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Kristlieb Adloff: Paulus – Prophet desGottesreiches, Kohlhammer 2013. 126 S., EUR 19,90

„Wenn es zutrifft, dass Paulus histo-risch gescheitert ist, dann sollte man

es besser unterlas-sen, ihn zum Stif-ter einer neuenReligion zu ma-chen.“ Das ist eineder anregendenAussagen vonKristlieb Adloff inseinem neuenBuch „Paulus –

Prophet des Gottesreiches“. Das Werkbietet viele interessante, für mancheLeser wohl auch eher unbekannte As-pekte rund um die Person des Paulusund seine Theologien. Adloff folgtKarl Barth, wenn er Paulus nicht auftheologische Aussagen reduzierenmöchte, sondern ihn zuerst und zu-letzt als biblischen Propheten wahr-nehmen helfen will. Dabei liest Adloffdie Briefe kreuz und quer, auch daund dort gegen den Strich, und bleibtimmer „ganz Ohr für die Stimme desEinen“. Paulus wandelt sich in derPerspektive von Adloff vom sitzendenund nachdenklichen Gelehrten undSchreiber zu einem „reisenden Gesel-len auf der Walz“, dessen Werk ebenHand und Fuß hat. Der 1934 gebore-ne deutsche evangelische TheologeAdloff, Pfarrer und Dozent für NeuesTestament und Homiletik am Mis-sionsseminar Hermannsburg, bemühtsich, wie er betont, um das Verständ-nis für die Verwurzelung des christ-lichen Glaubens in der jüdischen Re-ligion. Im Fokus bleibt auch immerdas Bewusstsein der unermesslichenchristlichen Schuld an den Juden undJüdinnen „nach Auschwitz“. In Blickauf das große Vermächtnis des Paulusmeint Adloff gelassen: „Das brieflicheWerk des Paulus … kann warten, bises den Leser findet, den es sucht,nämlich jeden, der sich von GottesHänden ergreifen lässt“. „Paulus –Prophet des Gottesreiches“ reiht sichso in das seit 40 Jahren laufende Pro-jekt „New Perspective on Paulus“ ein,das diesen Denker, Organisator undReisenden uns heutigen Menschenwieder näher bringen will.

H.K.■

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11BücherBücher

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P.b.b. – Verlagspostamt 1010 Wien – 11Z038962MErscheinungsort Wien

Andacht

Hat man Spaß im Übermaß,spricht der Volksmund bis heu-te gerne vom „Heidenspaß“.

Und spricht damit den Gottfernenund Ungläubigen die Gabe des Hu-mors und die Freude am Lachen zu. Doch lacht Gott denn nicht und be-weist nicht schon die Bibel selbst einordentliches Maß an Humor? Nein,lautet die erste Vermutung, denn nur17 Mal wird in der gesamten Bibelvom Lachen geschrieben. So ist z.B.kein einziges Lachen Jesu überliefert.Doch führt man sich manch Aussagevon ihm zu Gemüte – dass z. B. eherein Kamel durch ein Nadelöhr geht,als ein Reicher ins Reich Gotteskommt – lässt sich schon auch ein ge-wisses Augenzwinkern dahinter able-sen. Aber immerhin der Gott desAlten Testamentes lacht: dreimal be-richten die Psalmen von einem la-chenden Gott (vgl. Ps 2,4); allerdingslacht Gott dort über jemanden, kon-kret über seine Gegner, die sich anma-ßen, sich über ihn erheben zu wollen.Es ist ein überlegenes, spöttisches La-chen eines Gottes, der sich seinerMacht sicher ist.Doch Gott sei Dank: Er lacht nichtnur über, sondern auch mit den Men-schen, z. B. mit Abraham und Sara,jenem betagten Ehepaar, denen dieNachkommenschaft durch Kinder solange verwehrt blieb. Als Abraham derbiblischen Überlieferung nach jedoch99 Jahre und seine Frau Sara 90 Jahrealt ist, prophezeit ihnen Gott: „Ichwill Sara segnen und Dir, Abraham,

von ihr einen Sohn geben.“ Da lachtzuerst Abraham und in seinem La-chen schwingt heidnische Ungläubig-keit, ja vielleicht auch Bitterkeit ange-sichts soviel vermeintlicher Ironie mit.Deswegen wiederholt Gott seine Pro-phezeiung, indem er drei Männer zudem Ehepaar schickt. Und über dieseBegegnung steht geschrieben:

Da sprachen die Männer zu ihm: Woist Sara, deine Frau? Abrahamantwortete: Drinnen im Zelt. 10 Da sprach Gott: Ich will wieder zudir kommen in einem Jahr; siehe,dann soll Sara, deine Frau, einen Sohnhaben. Das hörte Sara hinter der Tür desZeltes. 11 Und sie waren beide, Abraham undSara, alt und hochbetagt, sodass es Saranicht mehr ging nach der FrauenWeise. 12 Darum lachte sie bei sich selbst undsprach: Nun da ich alt bin, soll ichnoch der Liebe pflegen, und mein Herrist auch alt! 13 Da sprach der HERR zu Abraham:Warum lacht Sara und spricht: Meinstdu, dass es wahr sei, dass ich nochgebären werde, die ich doch alt bin? Sollte dem HERRN etwas unmöglichsein? Gen 18,9-14

Auch Sara bricht zuerst in ungläubi-ges, verhohlenes Lachen aus. DochMonate später wandelt sich dieses La-chen noch einmal und es bricht einfreudiges Lachen aus tiefstem Herzen

aus ihr, das sich im Namen ihres Soh-nes niederschlägt: denn Isaak wurdegeboren. Und Isaak – der Name be-deutet aus dem Hebräischen über-setzt: Gott lacht.Gott lacht mit den Eltern über ihrspätes Glück. Gott lacht, weil einKind geboren ist. Gott lacht, weil erdie Freude der beiden teilt und nichtzuletzt lacht Gott, weil ihm nichts un-möglich ist. Deswegen: mit Sara lachen heißt, dasUnwahrscheinliche in Gedanken zudenken wagen, mit Sara lachen heißt,den Unsicherheiten, der Resignationund Aussichtslosigkeit den Rücken zukehren.Und nicht zuletzt heißt, mit Sara la-chen, mit Gott zu lachen, denn Gottist es, der möglich macht, weil ernicht über, sondern mit uns lachenmag. Darum darf und soll an allenOrten – auch in Kirchen und unterChristen – ruhig öfter gelacht wer-den.

IRMI LANGER■

Mit Gott lachen:Heidenspaß nach Christenmaß

Impressum: Medieninhaber & Herausgeber: Evangelischer Ober-kirchenrat H.B. in Wien. E-mail: [email protected]: Pfr. Mag. Harald Kluge ([email protected]), Pfrn. Sonja Bredel, Pfrn. MMaga. Irmi Langer, Pfr. Mag. Thomas Hennefeld,Pfr. Mag. Peter Karner, Pfr. Dr. Balázs NémethVerwaltung und Anzeigenannahme: Alle in 1010 Wien,Dorotheerg.16, Tel. 01/513 65 64, Fax 01/512 44 90Medienhersteller: Donau Forum Druck, 1230 Wien. Layout und Grafiken: Eva GeberBank:Schoellerbank AG, 1010 Wien, BIC: SCHOATWWIBAN: AT95 1920 0615 1117 9004Jahresabonnement 11 Euro. Erscheint 10 Mal im Jahr.DVR. 0418056(005)Medienrichtung: Ein Verkündigungs-, Informations- undDiskussionsforum, vorwiegend für evangelische Christen. Alle namentlich gezeichneten Beiträge geben nicht unbe-dingt die Meinung der Redaktion wieder und fallen in dieVerantwortung des Autors/der Autorin. AuszugsweiserNachdruck gegen Zusendung von zwei Belegexemplaren.