INJECT-POWER Fundraising für Forschung · 2013-11-25 · und dessen Partner wollen Wissenschaft...

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23 JOURNAL SCIENCE ECHO 12/2013 universität Innsbruck verstehen uns als Studienort für die medizininteressierten Studierenden aus Südtirol, die ja auch in unserer Quote enthalten sind. ECHO: Sie haben Kooperationen in Tirol angesprochen. Wie lautet Ihr Statement zum Thema Kooperation oder Fusion mit der Universität Innsbruck? Fritsch: Ich denke, der Standpunkt der Me- dizinuniversität ist seit Sommer deutlich, er hat sich auch nicht geändert. Wir sind eine eigenständige Universität. Zudem ist der medizinuniversitäre Standort im We- sten ganz wichtig, genauso wichtig wie die Gleichstellung zu Graz und Wien. Dem habe ich nichts Neues hinzuzufügen. ECHO: In den letzten Jahren mussten sich – nicht nur in Innsbruck – vermehrt Ärzte vor Gericht verantworten, es wurden An- zeigen gegen Ärzte erstattet, die Staatsan- waltschaft hat ermittelt. Haben sich die Ärzte oder die Patienten verändert? Fritsch: Es sind die Patienten, wie in ganz Westeuropa, aufmerksamer geworden. Wir passen uns amerikanischen Verhält- nissen an, dass die Patienten kritisch hin- terfragen, was in der Behandlung passiert. Es gibt etwa eine Patientenanwaltschaft, die hat es vor Dekaden nicht gegeben. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass ein Bewusstsein gewachsen ist, dass auch in der Behandlung von Menschen zwar nicht gewollt, aber doch manchmal Fehler passieren. ECHO: Wird das in der Ausbildung berück- sichtigt? Fritsch: Ja. Wir haben etwa die ärztliche Ge- sprächsführung, im klinisch praktischen Jahr sind solche Dinge zur Qualitätssiche- rung eingebunden. Wir werden aber die Gelegenheit der Überarbeitung unseres Curriculums beim Schopf packen und das Studium an die aktuellen Inhalte anpassen. Wir wären schlecht beraten, wenn wir das nicht täten. Die Inhalte in der Medizin ver- doppeln, verdreifachen, vervielfachen sich täglich, dem müssen wir in der Ausbildung gerecht werden. Interview: Andreas Hauser „Grundsätzlich gibt es die Tendenz, dass Medizin- standorte wachsen sollen. Das sind politische Ideen.“ Helga Fritsch B isher haben Wissenschaftler einem in- teressierten Publikum über ihre For- schung berichtet. Wir wollen einen produktiven Austausch in beide Richtungen ermöglichen und damit der gesellschaftlichen Entwicklung in Österreich einen frischen Impuls verleihen“, sagt Rüdiger Schweigrei- ter. Der Mitarbeiter des Biozentrums an der Medizinischen Universität Innsbruck wählte dafür einen eigenen Weg – und initiierte mit www.inject-power.at Österreichs erstes Portal für forschungsbezogenes Crowdfunding. Das neue Forschungsförderungsportal und dessen Partner wollen Wissenschaft und Gesellschaft stärker vernetzen. Die Plattform setzt dabei auf Förderung von Forschung und Entwicklung in Österreich durch die private Hand. Ab einem Betrag von 20 Euro kann man ausgewählte For- schungsprojekte – derzeit sind es 13 – direkt online unterstützen. Die Palette reicht dabei von Ausgrabungen in Ephesos über alliierte Abhörprotokolle von kriegsgefangenen ös- terreichischen Wehrmachtsangehörigen im Zweiten Weltkrieg oder regenerative Hei- lung mit Seide nach Kreuzbandrissen bis zur Lebensweise der Ammoniten. Die Platt- form deckt also das gesamte Spektrum der Grundlagenforschung von Natur- und Gei- steswissenschaften inklusive medizinisch- klinischer Forschung ab. Voraussetzung für eine Projektregistrierung ist die Partnerschaft der jewei- ligen Forschungsinstitution mit dem Portal. Partner von www.inject-power.at sind die Ludwig Boltzmann Gesell- schaft, das Naturhistorische Museum Wien, das Österrei- chische Archäologische Insti- tut, das Institut für Moleku- lare Biotechnologie IMBA und DEBRA Austria – Hilfe für Schmetterlingskinder. Alle Forschungsvorha- ben müssen vor der Regis- trierung auf der Plattform von der Heimatinstitution der Projektleiter genehmigt werden. Diese institutionelle Anbindung gewährleistet die nötige Transpa- renz und Qualitätssicherung bei der Auswahl der Projekte und der Verwendung der Spen- dengelder. Die Projekte sind so beschrieben, dass sie auch für den wissenschaftlich inte- ressierten Laien verständlich sind. In einer Datenbank strukturiert, können Projekte auf unterschiedliche Weise nach persönlichen Interessen gesucht werden. „Das sogenannte ‚Crowdfunding‘ ist be- sonders bei kreativen und sozialen Projekten erfolgreich. Umso schöner finde ich es, dass diese Form der Pro- jektfinanzierung nun auch in der Forschung zur An- wendung kommen soll. Gerade Grund- lagenforschung, die vorrangig nicht die wirtschaftliche Verwertbarkeit zum Ziel hat, sondern die Basis für neue Entdeckungen liefert, kann von dieser Art der Förderung profitieren“, ist Claudia Lingner, Geschäfts- führerin der Ludwig Boltzmann Gesellschaft, überzeugt. Andreas Hauser Inject-Power bietet Sponsoren die Möglichkeit, punktgenau einzelne Forschungsprojekte finanziell zu unterstützen INJECT-POWER „Mit inject-power.at wollen wir der gesellschaftlichen Entwick- lung in Österreich einen frischen Impuls verleihen.“ Rüdiger Schweigreiter Fundraising für Forschung Mit www.inject-power.at startet Österreichs erstes Portal für private Forschungsförderung.

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J O U R N A L S C I E N C E

ECHO 12/2013

universität Innsbruck verstehen uns als Studienort für die medizininteressierten Studierenden aus Südtirol, die ja auch in unserer Quote enthalten sind. ECHO: Sie haben Kooperationen in Tirol angesprochen. Wie lautet Ihr Statement zum Thema Kooperation oder Fusion mit der Universität Innsbruck?Fritsch: Ich denke, der Standpunkt der Me-dizinuniversität ist seit Sommer deutlich, er hat sich auch nicht geändert. Wir sind

eine eigenständige Universität. Zudem ist der medizinuniversitäre Standort im We-sten ganz wichtig, genauso wichtig wie die Gleichstellung zu Graz und Wien. Dem habe ich nichts Neues hinzuzufügen.ECHO: In den letzten Jahren mussten sich – nicht nur in Innsbruck – vermehrt Ärzte vor Gericht verantworten, es wurden An-zeigen gegen Ärzte erstattet, die Staatsan-waltschaft hat ermittelt. Haben sich die Ärzte oder die Patienten verändert?Fritsch: Es sind die Patienten, wie in ganz Westeuropa, aufmerksamer geworden. Wir passen uns amerikanischen Verhält-nissen an, dass die Patienten kritisch hin-terfragen, was in der Behandlung passiert. Es gibt etwa eine Patientenanwaltschaft, die hat es vor Dekaden nicht gegeben. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass ein Bewusstsein gewachsen ist, dass auch in der Behandlung von Menschen zwar nicht gewollt, aber doch manchmal Fehler passieren. ECHO: Wird das in der Ausbildung berück-sichtigt?Fritsch: Ja. Wir haben etwa die ärztliche Ge-sprächsführung, im klinisch praktischen Jahr sind solche Dinge zur Qualitätssiche-rung eingebunden. Wir werden aber die Gelegenheit der Überarbeitung unseres Curriculums beim Schopf packen und das Studium an die aktuellen Inhalte anpassen. Wir wären schlecht beraten, wenn wir das nicht täten. Die Inhalte in der Medizin ver-doppeln, verdreifachen, vervielfachen sich täglich, dem müssen wir in der Ausbildung gerecht werden. Interview: Andreas Hauser

„ Grundsätzlich gibt es die Tendenz, dass Medizin-standorte wachsen sollen. Das sind politische Ideen.“

Helga Fritsch

B isher haben Wissenschaftler einem in-teressierten Publikum über ihre For-schung berichtet. Wir wollen einen

produktiven Austausch in beide Richtungen ermöglichen und damit der gesellschaftlichen Entwicklung in Österreich einen frischen Impuls verleihen“, sagt Rüdiger Schweigrei-ter. Der Mitarbeiter des Biozentrums an der Medizinischen Universität Innsbruck wählte dafür einen eigenen Weg – und initiierte mit www.inject-power.at Österreichs erstes Portal für forschungsbezogenes Crowdfunding.

Das neue Forschungsförderungsportal und dessen Partner wollen Wissenschaft und Gesellschaft stärker vernetzen. Die Plattform setzt dabei auf Förderung von Forschung und Entwicklung in Österreich durch die private Hand. Ab einem Betrag

von 20 Euro kann man ausgewählte For-schungsprojekte – derzeit sind es 13 – direkt online unterstützen. Die Palette reicht dabei von Ausgrabungen in Ephesos über alliierte Abhörprotokolle von kriegsgefangenen ös-terreichischen Wehrmachtsangehörigen im Zweiten Weltkrieg oder regenerative Hei-lung mit Seide nach Kreuzbandrissen bis zur Lebensweise der Ammoniten. Die Platt-form deckt also das gesamte Spektrum der Grundlagenforschung von Natur- und Gei-steswissenschaften inklusive medizinisch-klinischer Forschung ab. Voraussetzung für

eine Projektregistrierung ist die Partnerschaft der jewei-ligen Forschungsinstitution mit dem Portal. Partner von www.inject-power.at sind die Ludwig Boltzmann Gesell-schaft, das Naturhistorische Museum Wien, das Österrei-chische Archäologische Insti-tut, das Institut für Moleku-lare Biotechnologie IMBA und DEBRA Austria – Hilfe für Schmetterlingskinder.

Alle Forschungsvorha-ben müssen vor der Regis-trierung auf der Plattform von der Heimatinstitution der Projektleiter genehmigt werden. Diese institutionelle

Anbindung gewährleistet die nötige Transpa-renz und Qualitätssicherung bei der Auswahl der Projekte und der Verwendung der Spen-dengelder. Die Projekte sind so beschrieben, dass sie auch für den wissenschaftlich inte-ressierten Laien verständlich sind. In einer Datenbank strukturiert, können Projekte auf unterschiedliche Weise nach persönlichen Interessen gesucht werden.

„Das sogenannte ‚Crowdfunding‘ ist be-sonders bei kreativen und sozialen Projekten erfolgreich. Umso schöner finde ich es, dass

diese Form der Pro-jektf inanzierung nun auch in der Forschung zur An-wendung kommen soll. Gerade Grund-lagenforschung, die vorrangig nicht die

wirtschaftliche Verwertbarkeit zum Ziel hat, sondern die Basis für neue Entdeckungen liefert, kann von dieser Art der Förderung profitieren“, ist Claudia Lingner, Geschäfts-führerin der Ludwig Boltzmann Gesellschaft, überzeugt. Andreas Hauser

Inject-Power bietet Sponsoren die Möglichkeit, punktgenau einzelne Forschungsprojekte finanziell zu unterstützen

INJECT-POWER

„ Mit inject-power.at wollen wir der gesellschaftlichen Entwick-lung in Österreich einen frischen Impuls verleihen.“ Rüdiger Schweigreiter

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Mit www.inject-power.at startet Österreichs erstes Portal für private

Forschungsförderung.

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