Innovative Wasserinfrastrukturen in der Umsetzung auf Quartiersebene. Zur Notwendigkeit von...

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 Institut für sozial-ökologische Forschung ISOE-Diskussionspapiere 38 Heide Kerber, Engelbert Schramm, Carolin Völker, Martina Winker Innovative Wasserinfrastrukturen in der Umsetzung auf Quartiersebene Zur Notwendigkeit von integrierter Koordination und Innovationsmanagement

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Kerber, Heide/Engelbert Schramm/Carolin Völker/Martina Winker (2015): Innovative Wasserinfrastrukturen in der Umsetzung auf Quartiersebene. Zur Notwendigkeit von integrierter Koordination und Innovationsmanagement. ISOE-Diskussionspapiere, Nr. 38. Frankfurt am MainInnovative Wasserinfrastrukturen, wie sie etwa mit den Neuartigen Sanitärsystemen entwickelt worden sind, versprechen Effizienzgewinne. Ihre Anwendung bedeutet nicht nur, den Einsatz neuer Techniken, sondern auch, dass sich die im konventionellen System erprobten Arbeitsteilungen zwischen verschiedenen Akteuren verändern. Ebenso können sich Beweggründe und Motivationen der beteiligten Akteure wandeln. Die Innovations- und Umsetzungsschritte werden dabei komplexer. Die Konstellationen der verschiedenen (heterogenen) Akteure und ihre Zusammenarbeit haben dabei hohe Relevanz für die Umsetzung innovativer Infrastrukturkonzepte. Das vorliegende Diskussionspapier zeigt – aufbauend auf Ergebnisse aus zwei BMBF-Forschungsvorhaben – welcher Koordinationsbedarf bei einer Umsetzung auf der Quartiersebene zu erwarten ist. Zudem werden Hinweise gegeben, wie sich die Koordination zwischen den beteiligten Akteuren optimieren lässt.

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  • Institut frsozial-kologische

    Forschung

    I S O E - D i s k u s s i o n s p a p i e r e 38

    Heide Kerber, Engelbert Schramm, Carolin Vlker,Martina Winker

    Innovative Wasserinfrastrukturen inder Umsetzung auf Quartiersebene

    Zur Notwendigkeit von integrierter Koordination und Innovationsmanagement

  • ISOE-Diskussionspapiere, Nr. 38 ISSN 1436-3534

    Heide Kerber, Engelbert Schramm, Carolin Vlker, Martina Winker

    Innovative Wasserinfrastrukturen in der Umsetzung auf Quartiersebene

    Zur Notwendigkeit von integrierter Koordination und Innovationsmanagement Herausgeber: Institut fr sozial-kologische Forschung (ISOE) GmbH Hamburger Allee 45 60486 Frankfurt am Main

    Frankfurt am Main, 2015

  • Zu diesem Text

    Innovative Wasserinfrastrukturen, wie sie etwa mit den Neuartigen Sanitrsystemen entwickelt worden sind, versprechen Effizienzgewinne. Ihre Anwendung bedeutet nicht nur, den Einsatz neuer Techniken, sondern auch, dass sich die im konventionel-len System erprobten Arbeitsteilungen zwischen verschiedenen Akteuren verndern. Ebenso knnen sich Beweggrnde und Motivationen der beteiligten Akteure wan-deln. Die Innovations- und Umsetzungsschritte werden dabei komplexer. Die Konstel-lationen der verschiedenen (heterogenen) Akteure und ihre Zusammenarbeit haben dabei hohe Relevanz fr die Umsetzung innovativer Infrastrukturkonzepte.

    Das vorliegende Diskussionspapier zeigt aufbauend auf Ergebnisse aus zwei BMBF-Forschungsvorhaben welcher Koordinationsbedarf bei einer Umsetzung auf der Quartiersebene zu erwarten ist. Zudem werden Hinweise gegeben, wie sich die Koor-dination zwischen den beteiligten Akteuren optimieren lsst.

    About this text

    Innovative water infrastructures like the novel sanitary systems that have been de-veloped are promising efficiency gains. Their application does not only mean the use of new technologies but it also means that proven divisions of labor as they were established between various actors within the conventional system are subject to change. Similarly, motives and motivation of the actors involved may shift. Thus, the required steps necessary for innovation and application are becoming more complex. That is why the constellation of the various (heterogeneous) actors and their coope-ration are of high relevance for the implementation of innovative infrastructural concepts.

    Based on the results of two research projects of the Federal Ministry of Education and Research, the discussion paper at hand shows to what extent cooperation needs are to be expected with respect to the implementation on a local level. Furthermore, information is provided as to how the coordination between the actors involved can be optimized.

  • Inhalt

    1 Einleitung ...................................................................................................................................... 4

    2 Vorgehensweise ......................................................................................................................... 5

    Zentrale Annahmen .................................................................................................................... 5

    3 Integrierte Koordination in der Planungsvorbereitung (Screeningprozess) ................... 6

    4 Koordiniertes Innovationsmanagement zur Entwicklung geeigneter Systemlsungen ..................................................................................................... 9

    5 Integrierte Koordination in der Umsetzungsphase ............................................................ 10

    6 Koordination in der Betriebsphase ....................................................................................... 11

    7 Folgerungen ............................................................................................................................... 12

    Literatur ................................................................................................................................................. 14

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    1 Einleitung

    Innovative Wasserinfrastrukturen, wie sie etwa mit den neuartigen Sanitrsystemen (NASS) entwickelt worden sind, versprechen Effizienzgewinne. Die getrennte Behand-lung von Teilstrmen ermglicht beispielsweise, aus leicht verschmutztem Abwasser (sog. Grauwasser) Betriebswasser sowie Wrme zu gewinnen. Damit geht ein grund-legender Perspektivwechsel einher: Abwasser wird zur Ressource (Kluge/Libbe 2010).

    NASS wurden auf Haus- oder auf Blockebene entwickelt (DWA 2008). Inzwischen werden sie auch auf der Ebene von Stadtquartieren erprobt und z.T. mit Energiever-sorgungssystemen verknpft (Augustin et al. 2013). Eine gesamtstdtische Perspekti-ve wird damit erstmals erffnet (vgl. Kluge/Libbe 2010). Die Innovationen werden hier nicht nur in einen anderen Mastab bertragen, sondern es verndert sich auch im Vergleich zu Planung, Umsetzung und Betrieb konventioneller Wasserinfra-struktursysteme die Konstellation der beteiligten Akteure. In Insellagen (Stadtrand, periphere innerstdtische Gebiete) und auch in kleinen Modellvorhaben ist weniger institutionell zu regeln als auf der Ebene stdtischer Wohnquartiere oder Viertel. Ent-sprechend ist es nun wichtig, sich rechtzeitig vor Planung einer Umsetzung nicht nur auf deren technische Aspekte zu beschrnken, sondern auch organisatorische und institutionelle Punkte ausreichend zu beachteten und vorzubereiten.

    Bei der Anwendung von innovativen Wasserinfrastruktursystemen werden Planungs- und Umsetzungsprozesse komplexer (vgl. DWA 2014a). Gelungene Umsetzungen zeichnen sich dadurch aus, dass trotz einer zunehmenden Arbeitsteilung die Aktivit-ten der unterschiedlichen Akteure gut abgestimmt bzw. koordiniert werden knnen. Ergebnisse aus zwei BMBF-Forschungsvorhaben1 legen nahe, dass ein bewusst ge-staltetes Kooperationsmanagement hier untersttzend wirken kann. Im Folgenden zeigen wir anhand der Ergebnisse exemplarisch auf, welcher Koordinationsbedarf auf der Quartiersebene zu erwarten ist, sowie erste Ideen, wie die Koordination zwischen den einzelnen Akteuren optimiert werden kann.

    Ziel der vorliegenden Arbeit ist, darauf aufmerksam zu machen, dass die Konstellati-onen der verschiedenen (heterogenen) Akteure und ihre Zusammenarbeit hohe Rele-vanz fr die Umsetzung innovativer Infrastrukturkonzepte hat. Das Papier ist eher essayistisch angelegt. Die Forschungsergebnisse werden in erzhlerischen Beschrei-bungen aufgearbeitet, wichtige Akteure und ihre Rollen im Innovations- und Umset-zungsgeschehen skizziert.

    1 Die diesem Text zugrunde liegenden Projekte netWORKS 3: intelligente wasserwirtschaftliche Sys-

    temlsungen in Frankfurt am Main und Hamburg und KREIS Kopplung von regenerativer Ener-giegewinnung mit innovativer Stadtentwsserung frdert bzw. frderte das Bundesministerium fr Bildung und Forschung (BMBF) unter den Frderkennzeichen 033W006A (netWORKS 3) und 033L047F (KREIS). Verantwortlich fr die Darstellung sind alleine die Autorinnen und Autoren. Wir danken insbesondere unseren Kollegen Thomas Giese und Wolfgang Kuck (HAMBURG WASSER).

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    2 Vorgehensweise

    Die Ergebnisse basieren auf einer Literaturanalyse, die institutionenkonomische und organisatorische Aspekte bercksichtigt (vgl. Cichorowski 2009, Neskovitch et al. 2014) sowie einer literaturbasierte Stakeholderanalyse (vgl. auch Lienert et al. 2013, Nlting/Daedlow 2012). Um die Erkenntnisse der Stakeholderanalyse zu unterfttern, wurden zwlf Experten der Siedlungswasserwirtschaft (bspw. grere Wasserver-bnde, kommunale Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsunternehmen und Aufsichtsbehrden, wie die untere Wasserbehrde) interviewt. Die Interviews sind entsprechend der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet (vgl. Kerber/Schramm 2015, in Vorbereitung). Zugleich bestand ein enger transdisziplinrer Wissensaustausch mit Praxisakteuren, u.a. dem Projektpartner HAMBURG WASSER, mit welchen die Er-gebnisse diskutiert wurden.

    Zentrale Annahmen

    Der Beschreibung der Koordinationserfordernisse und den Hinweisen fr eine verbes-serte Zusammenarbeit im Transformationsprozess liegen zentrale Annahmen zugrun-den, die resultativ aus den Interviews sowie ber den engen Wissensaustausch mit Praxisakteuren gewonnen wurden.

    Aufgrund der Ergebnisse der Interviews und der Diskussionen mit den Praxispartnern wurden in diesem Prozess insgesamt vier Phasen unterschieden, die fr die Innovati-onen in der Wasserinfrastruktur auf Quartiersebene von Belang sind. Dabei handelt es sich um Planungsvorbereitung und Planungsverfahren, Entwicklung der geeigne-ten Systemlsung, deren Umsetzung im Quartier und dessen Betrieb. Diese Phasen werden im Folgenden idealtypisch getrennt dargestellt, da sich bereits in der Stake-holderanalyse zeigte, dass dort jeweils unterschiedliche Akteure von Bedeutung sind. Exemplarisch werden die Phasen Planungsvorbereitung sowie Entwicklung der ge-eigneten Systemlsung ausfhrlicher diskutiert; fr die hier knapper skizzierten Pha-sen Umsetzung im Quartier und Betrieb vgl. auch Schramm et al. 2015.

    Initiatoren fr den Planungsprozess lassen sich folgendermaen charakterisieren: Der Systemfhrer vermarktet als Anbieter neuartige Systemlsungen, bspw. die Innova-tion Stoffstromtrennung/Teilstrombehandlung mit anschlieendem Recycling von Teilstrmen (z.B. Grauwasser), als Infrastrukturkonzept. Hier gibt es bislang wenige, die diesen Lead bernehmen knnten (vgl. Schramm 2012). In Betracht kommt bspw. ein grostdtisches Wasserver- und Abwasserentsorgungsunternehmen. Der System-fhrer wird also meist ein externer (ortsfremder) Akteur im stdtischen Innovations-prozess sein, welcher Innovationswissen und Kompetenzen zur Realisierung eintrgt. Damit entsteht die Konstellation, dass Systemfhrer und Systembetreiber vor Ort (z.B. Stadtwerk bzw. kommunale Siedlungswasserwirtschaftsunternehmen) nicht in einer Unternehmenshand liegen; eine enge Abstimmung ist entsprechend wichtig, damit (Kompetenz-)Konflikte mglichst nicht entstehen, dafr aber ein vertrauens-

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    voller Wissensaustauch. Systemfhrer und Systembetreiber mssen also in der Ko-operation eine win-win-Situation erkennen. Der Systemanbieter kann jedoch als Sys-temfhrer hegemonial einen groen Einfluss auf die Innovation in der jeweiligen Kommune nehmen.

    Koordinatoren bringen die unterschiedlichen Akteure im stdtischen Planungsprozess zusammen, stoen Kooperationen an und moderieren eine transparente Kommunika-tion. Wichtig ist hierbei, dass die Koordinatoren ber eine hohe fachliche Kompetenz verfgen, Entscheidungsmacht haben, anerkannt sind und sich freiwillig fr diese Aufgabe gemeldet haben. Nach den von uns durchgefhrten Interviews knnten hier mglicherweise Experten aus der Umweltplanung, Gewsserplanung und -bewirt-schaftung (untere Wasserbehrden, Wasserverbnde) oder der Stadtplanung als Koor-dinatoren wirken.

    Motivatoren sind berzeugungstter, die die Innovation unbedingt auch gegen Widerstnde durchsetzen wollen und hierfr an der richtigen institutionellen Stelle in einer Kommune sitzen. Motivator knnte z.B. das Umweltamt sein, wenn ein innovatives Wasserinfrastruktursystem aus Grnden der Umweltvorsorge unbedingt sinnvoll ist oder spezifische Gestaltungen fr die grne Infrastruktur (Grnflchen) oder die blaue Infrastruktur (Gewsserflchen) ermglicht (z.B. durch dezentrales Einspeisen von aufbereitetem Grauwasser).

    3 Integrierte Koordination in der Planungsvorbereitung (Screeningprozess)

    Fr die Umsetzung von innovativen Wasserinfrastruktursystemen wie NASS sind zunchst im stdtischen Planungsprozess geeignete Stadtquartiere zu identifizieren: In der Regel wird ber ein verndertes Regime im Abwasserbereich mit einer Teil-strombehandlung nachgedacht, wenn Flchen nachverdichtet werden oder Konvertie-rungsmanahmen anstehen. Weitere Gelegenheitsfenster entstehen im Rahmen des Nutzungszyklusmanagements von lteren Wohnquartieren oder bei der Erschlieung neuer zusammenhngender Siedlungsgebiete (etwa in einer Auenrandlage). Mit in-novativen Wasserinfrastruktursystemen kann im Vergleich zu konventionellen Sys-temen eine hhere Effizienz erreicht werden (Kluge/Libbe 2010, Felmeden et al. 2011). Zugleich lsst sich ggf. der Gesamtabfluss im Kanal, als Nebeneffekt von Re-genwasserabkopplung oder Grauwasserrecycling, reduzieren. Auch knnen mit inno-vativen Wasserinfrastruktursystemen gesamtstdtisch Investitionskosten vermieden werden, wenn sonst bspw. bei Neubauvorhaben Kanalisationssysteme nachgerstet werden mssten, um ein greres Schmutzwasseraufkommen abzuleiten. Immer wie-der werden diese Aspekte in den frhen Phasen eines stdtischen Planungsprozessen vernachlssigt, weil die technischen Infrastrukturen (wie bspw. Wasser, Abwasser, Energie) als nachrangig gelten. Ihre Betreiber haben, so zeigt es sich in Interviews und Fachgesprchen, das Image kommunaler Erfllungsgehilfen. Sie sollen die vor-

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    handenen Planungen ermglichen und werden folglich erst relativ spt an den ein-zelnen Planvorhaben beteiligt. So aber fehlt wichtige Expertise, um den gebietsrum-lichen Kontext innovativer (Wasser-)Infrastrukturanstze frhzeitig in der Planung von Nachverdichtungs- und Konversionsflchen mitzudenken.

    Daher spielen kommunale Ver- und Entsorgungsunternehmen, die idealerweise spar-tenbergreifend zu einem Stadtwerk zusammengeschlossen sind, bei der Vorerkun-dung eines geeigneten Quartiers eine entscheidende Rolle. Vereinen sie wenngleich in der Praxis eine groe Ausnahme Wasser/Abwasser, Energie und Abfall, lassen sich hier wichtige Synergien schaffen, die die Etablierung innovativer Wasserinfra-strukturen begnstigen. Wenn die Wasser- und Abwassersparte nicht in einem Un-ternehmen vereint sind, sollten sich die beiden Sparten(unternehmen) in der Bewer-tung von Grau- bzw. Betriebswasser mglichst einig sein auch im Hinblick darauf, wer das neue Geschftsfeld bernimmt. Andernfalls ist eine kommunalpolitische In-tervention und Richtungsvorgabe erforderlich. Ein Energieversorger muss, wenn nicht Teil eines spartenbegreifenden Stadtwerkes, als Partner gewonnen werden, denn Energie ist ein wichtiges Element von innovativen Wasserinfrastruktursystemen (Wrmerckgewinnung aus z.B. Grauwasser, Energieerzeugung) und zentrales Thema klimaresilienter Stadtkonzepte (vgl. Brgow et al. 2014). Die Kommunalunternehmen knnen, sofern sie engagiert sind, die Innovation auf kommunaler Ebene pushen und wichtiger Motivator werden (siehe Augustin et al. 2013, Schramm et al. 2015). Als zentrale Player fllt es den Kommunalunternehmen der Siedlungswasserwirt-schaft zu, die technologischen und kologischen (Ab-)Wasseraspekte einzutragen und damit entscheidend den Planungsprozess zu prgen; mglicherweise kann diese Auf-gabe alleine vom Abwasserbeseitiger bernommen werden.

    Neuartige Sanitrsysteme lassen sich in den Quartieren auf die bestehende bzw. ge-plante Grnsituation und die vorhandenen Gewsser beziehen, so dass sich folglich mit ihrer Einfhrung zugleich Verbesserungen fr den lokalen Natur- und Wasser-haushalt erreichen lassen (Winker/Schramm 2015). Damit diese Integrationsperspek-tive eingenommen werden kann, mssen die verschiedenen Akteure, die fr die kommunale Grn- und Gewsserplanung verantwortlich sind, sich mit den Betreibern der kommunalen Wasserinfrastruktursysteme ber die lokalen Potenziale verstndi-gen und abstimmen, welche Auswirkungen spezifische Umsetzungen innovativer Systeme auf die unterschiedlichen Netze und Anforderungen (Kanalisation, Trink- und Lschwasserbereitstellung, Gewsser, Grnflchen) haben knnen.

    Ohne die Aufsichts- bzw. wasserrechtlichen Genehmigungsbehrden ist eine erfolg-reiche Umsetzung avancierter Planungen nicht mglich. Innovative Wasserinfra-strukturen fordern die bestehende Genehmigungspraxis heraus, indem die Teilstrom-behandlung bisher ungewhnliche Optionen mglich macht, z.B. ein Recycling von Grauwasser als Betriebswasser in den Siedlungen oder die mglichst ortsnahe Einlei-tung von aufbereitetem Grauwasser in Flie- oder Standgewsser. Fr den Umwelt-schutz ist die Umweltbehrde, fr Hygiene und Gesundheitsbelange die Gesundheits-behrde zustndig. Mit ihnen sollten bereits zu Beginn des Planungsverfahrens Auf-

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    lagen ausgelotet werden. Als weitere Genehmigungsbehrde nimmt auch die untere Wasserbehrde Einfluss auf die Ausgestaltung der anvisierten technischen Systeml-sung fr das Gebiet. Werden die Genehmigungsbehrden frhzeitig in den Prozess integriert, lsst sich mglicherweise auch die eine oder andere bislang noch beste-hende rechtliche Unsicherheit gemeinsam gut umschiffen.

    Das zu beplanende Gebiet wird nur in wenigen Fllen berwiegend oder ausschlie-lich im stdtischen Eigentum sein. Dem Eigentmer groer Flchen kommt damit eine tragende Rolle im Planungsprozess zu; eine frhzeitige Abstimmung mit ihm ist daher erforderlich. Gemeinsam mit Stadtplanungsamt und Tiefbauamt mssen die verschiedenen Optionen auf ihre Eingriffstiefe in bestehende Strukturen, ihre Poten-ziale und Risiken abgewogen werden. Die Koordination eines solchen abgestimmten Planungsprozesses knnte die Stadtplanung bernehmen.

    Fr die Planungsbehrden oder auch fr innovative Infrastrukturunternehmen, die proaktiv den Planungsprozess mitgestalten, ist es erforderlich, sich frhzeitig mit potenziellen Innovatoren (den Umsetzern der Wohnungsbauvorhaben) abzustimmen, hufig auch schon vor Beginn des eigentlichen Planungsverfahrens. Dabei ist es sinnvoll, sich an jenen Regeln zu orientieren, die in den letzten Jahrzehnten fr das erfolgreiche Stakeholdermanagement, etwa in Bauprojekten, entwickelt worden sind. Dazu gehrt aufbauend auf einer Analyse der jeweiligen Stakeholder (u.a. Abscht-zung ihres Einflusses, ihrer Konfliktfreudigkeit und ihrer Netzwerke) insbesondere die proaktive Kommunikation mit den (potenziellen) Innovatoren und das Aushan-deln von gemeinsamen Zielen und Projektprioritten (Yang et al. 2009).

    Bisher sind die Verbindungen und Synergien einer integrierten Planungsperspektive auf das Wasser fr Nicht-Fachleute (d.h. auch die beteiligten Experten aus den Res-sorts der gesamtstdtischen Planung) kaum bekannt. Die Akteure aus dem Wasser-fach knnten Workshops zu einzelnen Plangebieten nutzen, um abgestimmt den Stel-lenwert integrierter Systemlsungen fr eine integrierte Stadtplanung sichtbar zu machen (vgl. auch Adam 2010, BMU 2015). In Scoping-Terminen sollte abgestimmt werden, welche Themen von Relevanz sind und in der Planung eine Rolle spielen sollten. Nach den Erfahrungen der interviewten Fachleute kann es sinnvoll sein, ei-gene Koordinationsstellen zu haben.

    Der Prozess kann bereits zu Beginn scheitern, wenn sich (Unternehmens-)Interessen gegenberstehen (Stichworte hier: Kannibalisierung, Rosinenpickerei). Damit zeigt sich, wie sehr das Kooperationsmanagement von Persnlichkeiten beeinflusst wer-den kann.

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    4 Koordiniertes Innovationsmanagement zur Entwicklung geeigneter Systemlsungen

    Wird zwischen Prozess- und Produktinnovationen unterschieden, hat die kommunale Siedlungswasserwirtschaft das Problem, dass sie in der Regel nur geringen Kontakt zu den Endverbrauchern hat, da (Ausnahme Hamburg) nicht der Haushalt Kunde ist, sondern der Hausbesitzer bzw. die Hausverwaltung. Aufgrund der fehlenden Nhe zu den KundInnen knnen insofern Wnsche der Nutzenden nur unzureichend erfasst und auf Innovationspotenziale abgeklopft werden. Inkrementelle Innovationen (d.h. Verbesserungsideen in einer bereits bestehenden Innovationslinie) in diesen Unter-nehmen werden bisher, soweit sie sich nicht den Erfahrungen der Beschftigten im betrieblichen Verbesserungswesen oder zugekauften Komponenten verdanken, hufig durch die Diskussion in den technisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften (DVGW2 bzw. DWA3) angestoen. Realisierte Sprunginnovationen beziehen sich bis-her fast ausschlielich auf die Behandlungstechnik und haben ihren Ursprung in den letzten 80 Jahren fast immer in gesundheits- bzw. umweltpolitischen Vorgaben ge-habt (vgl. Tauchmann et al. 2007).

    Die Sprung- bzw. Systeminnovationen, die durch die neuen technischen und organi-satorischen Mglichkeiten erffnet werden, beziehen sich hingegen sowohl auf die Behandlungsanlagen als auch auf die Netze. Im Fall von Innovationen, die NASS bercksichtigen, muss deren Konstellation verndert werden, um die gewnschten Teilstrme zu transportieren. Sie sind zudem nicht alleine als Prozessinnovation zu verstehen, da hier auch neue Produkte wie Betriebswasser, Nahwrme oder Biogas entstehen, fr die in der Regel Absatzmglichkeiten entwickelt und folglich Kunden-beziehungen aufgebaut werden mssen. Werden die sich ergebenden integrierten Systemlsungen zudem noch lokal in den stdtischen Wasser- bzw. Naturhaushalt eingefgt, so ist schon aus diesem Grund ein Kooperationsmanagement erforderlich, das zumindest die Unternehmen der kommunalen Siedlungswasserwirtschaft und die Kommunalverwaltung umfasst. Mglicherweise sind aber auch noch Kooperationen mit Unternehmen aufzubauen, die neuartige Anlagen oder andere technische Lsun-gen (z.B. Unterdruckentwsserung) anbieten, fr die das Unternehmen keine Kompe-tenzen fr eine eigene Entwicklung hat oder sich die Eigenentwicklung nicht lohnt, weil es gnstiger ist, auf die komplementren Kompetenzen zurckzugreifen.

    In der Regel liegen, wenigstens derzeit, innovative Systemlsungen nicht fertig vor, sondern mssen noch entwickelt werden. Hierfr ist eine betriebsbergreifende Zu-sammenarbeit immer dann erforderlich, wenn der Systemfhrer (z.B. ein Kommunal-unternehmen der Siedlungswasserwirtschaft) keine eigene Entwicklungsabteilung hat.

    2 Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.

    3 Deutsche Vereinigung fr Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.

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    Whrend in Stdten wie Hamburg oder Berlin hnlich wie im Ruhrgebiet die kom-munalen bzw. regionalen Wasserunternehmen eigene Entwicklungsabteilungen besit-zen, die integrierte Systemlsungen eigenstndig entwickeln knnen, fehlt es insbe-sondere in kleineren Stdten sowohl an den Personalkapazitten als auch dem Kapi-tal, das fr solche Entwicklungen erforderlich ist. Aus Sicht der Kommune verein-facht sich das Innovationsmanagement, wenn hier mit einem Systemanbieter zu-sammengearbeitet werden kann. Selbst mit einer eigenen Entwicklungsabteilung kann es aber erforderlich werden, sich durch andere Partner (z.B. Hochschulen, In-dustrie, beratende Ingenieure) im konkreten Forschungs- und Entwicklungsprozess untersttzen zu lassen. Dann mssen die Kooperationsbeziehungen zu den vorgela-gerten Teilen der Wertschpfungskette selbst hergestellt und whrend der Innovation aufrecht erhalten werden (vgl. Schramm 2012).

    Eine derartige Koordination des Innovationsgeschehens ist wichtige Voraussetzung fr das Gelingen von Innovationen. Auf betrieblicher Ebene gibt es dafr das Innova-tionsmanagement, das meint die bewusste Wahrnehmung aller Aufgaben, die zu In-novationen fhren (Stern/Jaberg 2007: 7). Ein entscheidender Faktor fr das Ermg-lichen von Innovationen ist das Engagement innerbetrieblicher Akteure. Denn ohne den Willen der Mitarbeitenden zur Umsetzung lassen sich Neuerungen nicht verwirk-lichen. Auch in rein privatwirtschaftlichen Unternehmen knnen, wie Untersuchun-gen ber das betriebliche Innovationsmanagement zeigen, deren Mitarbeiter das grte Innovationshemmnis darstellen (Stern/Jaberg 2007: 20). Unsicherheiten durch die anvisierten Vernderungen sowie Befrchtungen vor Umstellungen und dem Verlust von Besitzstnden fhren dazu, dass viele in den Innovationsprozess involvierte Mitarbeitende von Kommunalunternehmen und der Kommunalverwaltung Neuerungen skeptisch gegenberstehen (vgl. auch Stern/Jaberg 2007: 20). Entschei-dend sind innerbetriebliche Promotoren der Innovation; in der Literatur werden hier in Abhngigkeit von der Funktion im Innovationsprozess Macht-, Fach-, Prozess- und Beziehungspromotoren unterschieden (vgl. Schrader 2008: 175).

    Das Innovationsmanagement sollte nicht nur darauf zielen, dass ein neues Wasserin-frastruktursystem erfolgreich entwickelt wird, sondern in gleicher Weise bercksich-tigen, dass das regionale bzw. kommunale Unternehmen der Siedlungswasserwirt-schaft sich die Innovation aneignen und auch ber sie verfgen kann.

    5 Integrierte Koordination in der Umsetzungsphase

    Die ffentliche Wasserinfrastruktur ist nur voll funktionsfhig, weil sie mit einem Komplementr, der huslichen Wasserinfrastruktur, verbunden ist. Die husliche In-frastruktur versorgt die HausbewohnerInnen einerseits mit Frischwasser, andererseits wird ber sie das Abwasser abgeleitet. Ein Umbau der Wasserinfrastruktur in einem Stadtquartier kann sich daher nicht alleine auf die ffentlichen Netze und Anlagen beschrnken, sondern muss auch in den Husern erfolgen. Die Verschrnkung zwi-

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    schen ffentlicher und huslicher Infrastruktur kann am einfachsten in Neubau- oder Nachverdichtungsgebieten geschehen. Die Kommunikation des Betreibers der ffent-lichen Wasserinfrastruktur mit den dort planenden Architekten bzw. Planern der Hausinfrastruktur vereinfacht sich, wenn der Systemfhrer bzw. das kommunale Wasserunternehmen ihnen ein Bauhandbuch berlsst, in dem konkrete technische Regeln und Anforderungen an die huslichen Leitungssysteme beschrieben werden (vgl. Oldenburg et al. 2015). Auf diese Weise lassen sich die Koordinationserforder-nisse mit diesen Akteursgruppen frhzeitig verringern (vgl. Schramm et al. 2015). Zugleich gibt es mglicherweise spezifische Anforderungen an das Installationsge-werbe, das durch die kommunalen Wasserunternehmen bzw. die einschlgigen wis-senschaftlich-technischen Fachverbnde DVGW und DWA akkreditiert ist. Weiterge-hende Anforderungen bestehen beispielsweise hinsichtlich der Dokumentation von Betriebswasserleitungen innerhalb eines Gebudes, damit es spter in der Betriebs-phase zu keinen Fehlanschlssen kommt sowie hinsichtlich einer einwandfreien Aus-fhrung der getrennten Teilstromsysteme im Abwasserbereich (z.B. Grauwasser, Schwarzwasser). Diese Bereiche sind bisher nur z.T. durch technische Normen abge-deckt (vgl. DWA 2014b) und keinesfalls gngiger Lehrstoff in den Berufs- und Fach-schulen. Wo beispielsweise Vakuumtoiletten eingebaut werden, ist es erforderlich, die Installationsbetriebe gesondert einzuweisen, auch damit beim Einbau Krperschall-probleme vermieden werden (auch hier kann ein Bauhandbuch gute Dienste leisten, vgl. Oldenburg et al. 2015). Daher werden die kommunalen Wasserunternehmen die bestehenden Kooperationsbeziehungen zum Sanitrgewerbe intensivieren mssen und gezielt auf die Neuerungen aufmerksam machen.

    6 Koordination in der Betriebsphase

    In der Betriebsphase werden die Kommunalunternehmen zum Betreiber der ffentli-chen Netze und Anlagen. Ab dem Bezug werden die Bewohnenden (und auch die Hausmeistereien) weitere Schlsselakteure, mit denen gleichfalls Kooperationsbezie-hungen aufzubauen sind. Ziel des Kooperationsmanagements ist, dass diese Akteurs-gruppen so abgestimmt mit dem Betreiber handeln, dass die innovative Wasserinfra-struktur erwartungsgem betreibbar ist.

    Soweit die neuen Wasserinfrastrukturen auf Transporttechnologien wie Vakuum be-ruhen, ist es sinnvoll, eine einheitliche Strfallkommunikation einzufhren. Dies ist Aufgabe des Betreibers der ffentlichen Abwasserinfrastruktur; entsprechende Str-flle sollten nicht nur den Immobilienbesitzern und Endnutzenden mitgeteilt werden, sondern mglichst zeitgleich auch den von diesen mit dem Kundendienst an den huslichen Wasser- und Abwasserleitungen betrauten Installationsfirmen. Es ist emp-fehlenswert, hier eine redundante Kommunikationsstruktur aufzubauen (z.B. E-Mail, Internet mit begrenztem Zugang, Telefonhotline).

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    Vielfltige Formen innovativer Wasserinfrastrukturen sind entwickelbar. So kann NASS mit dem Smart Water Grid intelligenter Wasserinfrastruktur kombiniert wer-den: Smart Grids, die sowohl die Netzlast, Speicherung und Erzeugung steuern, aber auch Rckkopplung bei erhhtem Bedarf geben (vgl. Hill/Symmonds 2013). Vermut-lich besteht bei den BewohnerInnen der Quartiere die Nachfrage nach zahlreichen Wasser- und Energiedienstleistungen, fr die hufig das Interesse besteht, sie mg-lichst aus einer Hand zu erhalten (vgl. Stern/Jaberg 2007: 170f.). Grundstzlich knnten daher Tchter der Kommunalunternehmen im Quartier whrend der Be-triebsphase die folgenden Dienstleistungen anbieten:

    Sinnvoll wre es aus Kundensicht, zum Thema Wasser und Energie gemeinsam (also die Sparten bergreifend) zu beraten, beispielsweise, wenn es um den Neukauf von Wasch- und Geschirrsplmaschinen geht. Es ist davon auszugehen, dass zahlreiche Neubewohner sich bei Einzug mit neuen Gerten ausstatten, aber ihnen unklar ist, welche Gerte sie tatschlich bentigen. Eine integrierte Wasser- und Energiebera-tung baut dann auf den bisherigen Energie- und Wasserverbrauchsdaten sowie weite-ren Kennzahlen, z.B. Anzahl der Wasch- und Geschirrmaschinengnge pro Woche, Zeitbudget der Haushaltsverantwortlichen usw. auf und bietet bspw. Alternativen zu den haushaltsuntypischen Normwaschgngen. Insbesondere in Neubaugebieten kann eine integrierte Wasser- und Energieberatung die Kooperation mit den KundInnen verbessern und zu ihrer Bindung an das Unternehmen fhren. Denkbar ist auch der Abschluss eines andauernden Beratungs- und Versorgungsvertrages, der u.U. zu ei-nem Smart Metering fhren kann. Ferner kann zur Energieberatung auch gehren, ber Mglichkeiten der huslichen Eigenproduktion von Energie zu informieren).

    Die Tchter von Kommunalunternehmen mssen sich bei Angeboten zur Energiebe-ratung dem Wettbewerb mit anderen Anbietern stellen. Ein Vorteil kann sich insbe-sondere dann ergeben, wenn sie mglichst viele Dienstleistungen aus einer Hand anbieten knnen und gleichzeitig noch ihr gutes Image als Tochter eines zuverlssi-gen und gemeinntzigen Kommunalunternehmens geltend machen knnen.

    Weitere Mglichkeiten, mit denen sich Akteurskonstellationen zwischen den Kom-munalunternehmen und den Bewohnern gnstig gestalten lassen knnten, sind im Prinzip denkbar:

    Durchfhrung von Haus- und Grundstcksverwaltungen (inkl. Hausmeisterdienste), Ablesen des Nahwrme- und des Warmwasserverbrauchs, Contracting von Wasser- und Energietechnologien (einschlielich Hausgerten), Smart Home Technologies.

    7 Folgerungen

    Neben dem Betreiber/Systemfhrer haben sowohl in der Umsetzungs- als auch in der Betriebsphase die Eigentmer der huslichen Installationen und deren Erbauer (Bau-

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    und Sanitrhandwerk) eine groe Mitverantwortung fr adquate Nutzungen der vernderten Wasserinfrastrukturen und damit fr das Gelingen der Innovation. In Pilotprojekten wirken sehr unterschiedliche Akteuren zusammen, so dass sich die Frage stellt, ob zwischen ihnen die Verantwortung angemessen geteilt wird sowohl hinsichtlich der konomischen Risiken, als auch der Nutzen, die aus der Zusammen-arbeit erwachsen knnen. Eine Kooperation kann als Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren unterschiedlichen Unternehmen, wo ein geteiltes Risiko und Kontrolle vorliegt, operationale Integration und gegenseitige Abhngigkeit (Ernst/Bamford 2005) besteht, definiert werden. Es stellt sich folglich die Frage danach, ob die Risi-ken tatschlich geteilt werden oder ob fr die meisten Akteure (fast) keine Risiken bestehen, sondern die wesentlichen Risiken alleine beim Betreiber der ffentlichen Wasserinfrastruktur und den angeschlossenen Nutzern liegen.4 Proaktives Kooperati-onsmanagement erlaubt es dem Betreiber, diese Frage nicht beantworten zu mssen, sondern die Innovation zu betreiben: Aus der Kenntnis der mglichen Risiken werden praktische Koordinationserfordernisse abgeleitet und im Akteursnetzwerk realisiert.

    Innovative Wasserinfrastruktursysteme haben vielfltige Potenziale, aber keine starke Lobby in den Stdten und Gemeinden. Bisher verschrnken sich konomischen Risi-ken, die beim Einsatz neuer Technologien zu erwarten sind bspw. aufgrund von Pfadabhngigkeiten , mit Einwnden aus der Praxis so, dass es zu Innovationsblo-ckaden kommen kann. Zu deren berwindung wird eine bewusste Koordination be-reits in der Frhphase der Quartiersplanung erforderlich.

    Eine innovative Wasserinfrastruktur erlaubt integrierte Systemlsungen und damit effizientere Verknpfungen zwischen Wasser und Energie, aber auch zwischen grau-er (bauliche Elemente, wie Leitungen), grner (Grnflchen wie Parks, landwirt-schaftliche Flchen) und blauer (Gewsserflchen, bspw. Teiche, Flsse) Infrastruk-tur (Winker/Schramm 2015). In konkreten Planungsprozessen fr eine Stadt der Zukunft knnen die neuen Bezge zwischen Wasserinfrastruktur und Energieinfra-struktur errtert werden. Ein integrierter Stadtplanungsprozess ist nicht nur die Vo-raussetzung fr die (gemeinsame) Identifikation nachhaltiger Planungsalternativen, sondern auch fr eine mglichst frhzeitige Umsetzung von innovativen Wasserin-frastrukturen.

    Wird die Einfhrung integrierter Systemlsungen entsprechend angegangen, entste-hen gute Chancen fr eine nachhaltige Stadtentwicklung. Dabei sollten nach Mg-lichkeit Gelegenheitsfenster, d.h. Ersatzinvestitionen (z.B. Erneuerung von Hausin-stallationen), genutzt werden, um auf Quartiersebene die Vernderungen im ffentli-

    4 Fr die Bauherren bzw. die Wohnungswirtschaft besteht vermutlich bestenfalls das Risiko, dass bei

    einer hufigen Unterbrechung der Vakuumableitung eine solche Akzeptanzkrise erwachsen knnte, dass die Wohnungen keine Mieter bzw. Kufer mehr finden bzw. der Miet- bzw. Kaufpreis verfllt. Fr einzelne Firmen des Sanitrhandwerks und des Hochbaus besteht das Risiko, dass sie von den Hausherren bzw. den Facilitymanagern nicht ausgewhlt worden sind, so dass sie bestenfalls unn-tigerweise in die Fort- und Weiterbildung investiert haben. Das sind jedoch keine gemeinsamen Risiken.

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    chen und privaten Bereich (ffentliche Netze/Hausinstallationen) zu synchronisieren. Unterstzen knnen den Prozess Akteure, die Innovationen offen gegenberstehen und daher gleich zu Beginn Barrieren (mental, psychologisch, organisatorisch) auf-brechen, indem sie die Iniative fr Kooperationen ergreifen und erforderliche Akteure gezielt einbinden. Solange die Etablierung der innovativen Wasserinfrastrukturen kei-ne selbstverstndliche Angelegenheit ist, bei der auf Planungsroutinen zurckgegrif-fen werden kann, ist es wnschenswert, wenn es einen Kmmerer gibt, der den Pro-zess antreibt und andere Akteure motiviert, mitzuwirken. Weiterhin begnstigend kann hier auch ein politisches Votum wirken (z.B. Rckendeckung durch kommunale Wahlbeamte, soweit diese nicht selbst die Rolle als Motivator einnehmen).

    Die Interessen der unterschiedlichen Akteure bereits frhzeitig zu ermitteln und den Rahmen von Kooperationen auszuloten und zu gestalten, erlaubt das Vertrauen in die Entwicklung und den Betrieb innovativer Wasserinfrastrukturen als tragfhige L-sungen. Es sind Dialoge und Formen der Zusammenarbeit jenseits der blichen Rou-tinen erforderlich. Diese sind zwar mit Aufwand verbunden, geben aber Richtungssi-cherheit und vermindern das Risiko langfristiger Konflikte und einer mglicherweise kostenintensiven Verschleppung der Einfhrung von NASS und anderen infrastruktu-rellen Innovationen im Wassersektor. Mit Hilfe von Kooperationsmodellen knnen die Motivatoren gnstige Konstellationen zwischen den unterschiedlichen lokalen Akteuren ermitteln und ein bewusstes Kooperationsmanagement aufbauen (vgl. Schramm et al. 2015).

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    Heide Kerber, Engelbert Schramm, Carolin Vlker,Martina WinkerInnovative Wasserinfrastrukturen in der Umsetzung auf QuartiersebeneFrankfurt am Main, 2015 Zu diesem TextAbout this textInhalt1 Einleitung 42 Vorgehensweise 5Zentrale Annahmen 53 Integrierte Koordination in der Planungsvorbereitung (Screeningprozess) 64 Koordiniertes Innovationsmanagement zur Entwicklung geeigneter Systemlsungen 95 Integrierte Koordination in der Umsetzungsphase 106 Koordination in der Betriebsphase 117 Folgerungen 12Literatur 141 Einleitung2 VorgehensweiseZentrale Annahmen

    3 Integrierte Koordination in der Planungsvorbereitung (Screeningprozess)4 Koordiniertes Innovationsmanagement zur Entwicklung geeigneter Systemlsungen5 Integrierte Koordination in der Umsetzungsphase6 Koordination in der Betriebsphase7 FolgerungenLiteratur