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Institut für Geophysik Die Errichtung des Institutes erfolgte nach mehr jährigen Beratungen und Bestrebungen im Herbst des Jahres 1964, und zwar mit der Bezeichnung „Institut für Erdölgeologie und Angewandte Geo physik“. Die in der internationalen Hochschulstruc- tur eher ungewöhnliche Synthese der Geophysik mit einem anderen Fach entsprang zunächst einmal den begrenzten Ressourcen einer kleinen Hochschule, war aber andererseits als ein Auftrag zu einer engen Zusammenarbeit mit den übrigen Geowissenschaf ten zu verstehen. Die Angewandte Geophysik hat an der Montan universität Leoben eine längere Tradition. An erster Stelle ist hier Prof. Dr. Hugo Scheuble zu nennen, der nicht nur als Ordinarius für Elektrotechnik wirkte, sondern auch als Dozent für Angewandte Geophy sik (Habilitation im Jahr 1924) das Fach lange Jahre bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1953 vertrat. Prof. Scheuble hatte weitgespannte naturwissenschaftli che Interessen und war auch ein hochbegabter In strumentenbauer. Bei den Wegbereitern der Geo physik ist auch Prof. Dr. Wilhelm Petrascheck, Ordi narius für Geologie und Lagerstättenlehre, zu nen nen. Er hat bereits Anfang der 20er Jahre refraktions seismische Messungen für die Alpine Montangesell schaft in mehreren steirischen Kohlehoffnungsge bieten initiiert. Auch die Bedeutung der Geophysik für die Erdölsuche wurde richtig eingeschätzt, und die magnetischen Messungen im Wiener und Steiri schen Tertiärbecken sind als Pionierarbeiten in wirt schaftlich schwierigen Zeiten hoch zu bewerten. Eine neue Entwicklung setzte im Jahre 1954 ein, als es gelang, Prof. Dr. Bruno Kunz, damals Chefgeo physiker der Rohöl Gewinnungs AG, als Dozent für Angewandte Geophysik zu gewinnen. Dadurch konnte der Bereich der Montan- und Ingenieurgeo physik in der Lehre durch viele praktische Erfahrun gen bereichert werden, und es wurde vor allem die immer mehr an Bedeutung gewinnende Anwen dung der Angewandten Geophysik bei der Erdölsu che, mit der Reflexionsseismik als Basis, verankert. Die im Jahre 1956 erfolgte Einführung einer Studien richtung Erdölwesen strahlte auch auf unser Fachge biet aus: ab demjahre 1958 wurden die geophysika lischen Bohrlochmessungen vom Dir. Dipl.Ing. E. Vögl als eigenständige Lehrveranstaltung gelesen. Bereits wenige Jahre vorher hat Prof. Dr. H. Wiesene- der einen Lehrauftrag „Erdölbetriebsgeologie“ wahr genommen, der sodann 1957 von Prof. Dr. H. Sto- wasser weitergeführt und ausgebaut wurde. Das Naheverhältnis der Geophysik zur Geologie und die Unterstützung durch das Institut für Geolo gie und Lagerstättenlehre wurden - man kann sagen traditionellerweise - unter Prof. Dr. Dr.h.c. W. E. Petrascheck fortgesetzt. Seine Verdienste als Promo tor für die Errichtung eines eigenen Geophysikinsti tuts und für die bis zum Jahre 1970 erfolgte räumliche Unterbringung am Geologischen Institut verdienen es, besonders hervorgehoben zu werden. Der An stoß und die Unterstützung bei der Etablierung der Paläomagnetik als eigene Forschungsrichtung, die Initiativen für die partnerschaftliche Mitwirkung der Geophysik am Studienzweig Montangeologie und am Hochschulkurs für Prospektion und Bergbau in Entwicklungsländern sind bleibende Verdienste um die Geophysik. Im Zuge des generellen Ausbaus der montanisti schen Wissenschaften wurde als langfristiges Ziel die Einführung einer Studienrichtung „Angewandte Geopyhsik“ angestrebt und im einschlägigen Bun desgesetz im Jahre 1969 verankert. In Anbetracht der zunehmenden Bedeutung der Erdölwissenschaften schien es gerechtfertigt, ein eigenes Ordinariat für Erdölgeologie zu beantragen, womit dieselbe Struk

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Institut für Geophysik

Die Errichtung des Institutes erfolgte nach mehr­jährigen Beratungen und Bestrebungen im Herbst des Jahres 1964, und zwar mit der Bezeichnung „Institut für Erdölgeologie und Angewandte Geo­physik“. Die in der internationalen Hochschulstruc - tur eher ungewöhnliche Synthese der Geophysik mit einem anderen Fach entsprang zunächst einmal den begrenzten Ressourcen einer kleinen Hochschule, war aber andererseits als ein Auftrag zu einer engen Zusammenarbeit mit den übrigen Geowissenschaf­ten zu verstehen.

Die Angewandte Geophysik hat an der Montan­universität Leoben eine längere Tradition. An erster Stelle ist hier Prof. Dr. Hugo Scheuble zu nennen, der nicht nur als Ordinarius für Elektrotechnik wirkte, sondern auch als Dozent für Angewandte Geophy­sik (Habilitation im Jahr 1924) das Fach lange Jahre bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1953 vertrat. Prof. Scheuble hatte weitgespannte naturwissenschaftli­che Interessen und war auch ein hochbegabter In­strumentenbauer. Bei den Wegbereitern der Geo­physik ist auch Prof. Dr. Wilhelm Petrascheck, Ordi­narius für Geologie und Lagerstättenlehre, zu nen­nen. Er hat bereits Anfang der 20er Jahre refraktions­seismische Messungen für die Alpine Montangesell­schaft in mehreren steirischen Kohlehoffnungsge­bieten initiiert. Auch die Bedeutung der Geophysik für die Erdölsuche wurde richtig eingeschätzt, und die magnetischen Messungen im Wiener und Steiri­schen Tertiärbecken sind als Pionierarbeiten in wirt­schaftlich schwierigen Zeiten hoch zu bewerten.

Eine neue Entwicklung setzte im Jahre 1954 ein, als es gelang, Prof. Dr. Bruno Kunz, damals Chefgeo­physiker der Rohöl Gewinnungs AG, als Dozent für Angewandte Geophysik zu gewinnen. Dadurch konnte der Bereich der Montan- und Ingenieurgeo­physik in der Lehre durch viele praktische Erfahrun­

gen bereichert werden, und es wurde vor allem die immer mehr an Bedeutung gewinnende Anwen­dung der Angewandten Geophysik bei der Erdölsu­che, mit der Reflexionsseismik als Basis, verankert. Die im Jahre 1956 erfolgte Einführung einer Studien­richtung Erdölwesen strahlte auch auf unser Fachge­biet aus: ab dem jahre 1958 wurden die geophysika­lischen Bohrlochmessungen vom Dir. Dipl.Ing. E. Vögl als eigenständige Lehrveranstaltung gelesen. Bereits wenige Jahre vorher hat Prof. Dr. H. Wiesene- der einen Lehrauftrag „Erdölbetriebsgeologie“ wahr­genommen, der sodann 1957 von Prof. Dr. H. Sto- wasser weitergeführt und ausgebaut wurde.

Das Naheverhältnis der Geophysik zur Geologie und die Unterstützung durch das Institut für Geolo­gie und Lagerstättenlehre wurden - man kann sagen traditionellerweise - unter Prof. Dr. Dr.h.c. W. E. Petrascheck fortgesetzt. Seine Verdienste als Promo­tor für die Errichtung eines eigenen Geophysikinsti­tuts und für die bis zum Jahre 1970 erfolgte räumliche Unterbringung am Geologischen Institut verdienen es, besonders hervorgehoben zu werden. Der An­stoß und die Unterstützung bei der Etablierung der Paläomagnetik als eigene Forschungsrichtung, die Initiativen für die partnerschaftliche Mitwirkung der Geophysik am Studienzweig Montangeologie und am Hochschulkurs für Prospektion und Bergbau in Entwicklungsländern sind bleibende Verdienste um die Geophysik.

Im Zuge des generellen Ausbaus der montanisti­schen Wissenschaften wurde als langfristiges Ziel die Einführung einer Studienrichtung „Angewandte Geopyhsik“ angestrebt und im einschlägigen Bun­desgesetz im Jahre 1969 verankert. In Anbetracht der zunehm enden Bedeutung der Erdölwissenschaften schien es gerechtfertigt, ein eigenes Ordinariat für Erdölgeologie zu beantragen, womit dieselbe Struk­

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tur wie an der TU Clausthal erreicht wäre. Ein weite­rer Gesichtspunkt war auch in der Absicht gelegen - einem Wunsch der Industrie entsprechend - eine eigene Ausbildung der Erdölgeologen anzubieten, die ansonsten in Österreich nicht vorhanden ist.

Anläßlich der Reform der Hochschulstruktur im Gefolge des UOG war Anfang der achtziger Jahre eine Zusammenlegung mit anderen Instituten ge­plant, die jedoch nicht durchgeführt wurde. Die Um­benennung des Instituts für Erdölgeologie und An­gewandte Geophysik in „Institut für Geophysik“ un­terstrich auch die faktische Entwicklung hin zu einer breiter gefächerten experimentellen Zielsetzung.

In den vergangenen 24 Jahren wurden 120 Diplomarbeiten und 20 Dissertationen angefertigt; ferner erfolgten 3 Habilitationen.

INSTITUTSPERSONAL

O.Univ.Prof. Dr.phil. Dr.rer.nat.h.c.Franz WEBER, Institutsvorstand Ao.Univ.Prof. Dipl.Ing. Dr.mont.Hermann MAURITSCHtit.Ao.Prof. Univ.-Doz. Dipl.Ing. Dr.mont.Rupert SCHMÖLLER, Assistenzprofessor Univ.Doz. Dipl.Ing. Dr.mont.Georg WALACH, Assistenzprofessor Dipl.Ing. Dr.mont. Erich NIESNER, Universitätsassi­stentIng. Hans Jörg ATZMÜLLER, Amtssekretär Adelheid TEIBTNER, Kontrollor Franz PUSTERWALLNER, Kontrollor Dipl.Ing. Elmar POSCH, Vertragsbediensteter Dr. Bernhard HOLUB, Vertragsbediensteter Mag. Wolfgang ZEISSL, Vertragsbediensteter Dr. Johannes REISINGER, Vertragsbediensteter Ruth GURTNER, Vertragsbedienstete Brigitte HOLLINGER, Vertragsbedienstete

Dem Institut fachlich zugeordnet sind:

Lehrbeauftragte:Dir. Prof. Dipl.Ing. Dr.mont. Heinrich JANSCHEK Prof. Dr.phil. Arthur KRÖLLUniv.Doz. Dipl.Ing. Dr.mont. Roland MARSCHALL

LEHRE

Die Lehraufgaben des Instituts sind dadurch gekennzeichnet, daß diese in die Ausbildungserfor­dernisse mehrerer Studienrichtungen, nämlich Erd­ölwesen, Bergwesen, Markscheidekunde, Montan­geologie und Angewandte Geowissenschaften, ein­gebunden sind. Dabei besteht seit der Errichtung des Instituts ein Schwerpunkt im Erdölwesen, der durch die Errichtung einer W ahlfachgruppe „Spezielle Angewandte Geophysik“ im Jahre 1970 unterstri­chen wurde. Auch bei der Studienrichtung Erdwis­senschaften/Montangeologie und in jüngerer Zeit beim Studium irregulare Angewandte Geowissen­schaften erfolgte die Einrichtung der Wahlfachgrup­pe „Angewandte Geophysik“.Bild 1: Schweremessung (Gravimeter) im Montafon/Vorarlberg,

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Demnach lassen sich folgende Lehrgebiete un­terscheiden:

Vorlesung Angewandte Geophysik (2-semestrig) mit Spezialvorlesungen der Angewandten Geophy­sik für Erdölwesen, Übungen und Seminare, Mon­tangeophysik für Bergleute, Bohrlochgeophysik, Einführungsvortrag mit Übungen. Ferner Spezial­vorlesungen für montanwissenschaltliche Ingenieur­geophysik, Petrophysik, Gesteins- und Paläomagne- tik, geophysikalische Gerätekunde, Erdölbetriebs­geologie, Erdöl und Erdgas in Österreich sowie geophysikalische Phänomene und Plattentektonik.

Diese Lehrveranstaltungen werden in den höhe­ren Semestern des Zweiten Studienabschnitts abge­halten.

ARBEITSGEBIETE

Der Aufbau der vom Institut heute vertretenen Arbeitsbereiche erfolgte im wesentlichen nach zwei Gesichtspunkten:

1. Aus der Zusammenarbeit mit den wissen­schaftlichen Nachbarfächern, zu deren Problemstel­lungen Beiträge geliefert w erden sollten.

2. Aus den Anforderungen der Praxis, vor allem auch der Industrie, wobei sich wegen des Fehlens einschlägiger Institutionen in Österreich, die Ange­wandte Geophysik betreiben, ein weites Tätigkeits­feld anbot.

Da das Institut das einzige seiner Art in Öster­reich ist, dessen Schwerpunkt auf der Angewandten Geophysik liegt, war die Zielvorstellung von Anfang an auf die Einrichtung eines möglichst breiten Spek­trums geophysikalischer Aufschlußverfahren ausge­richtet. Der Ausbau erfolgte unter den begrenzten Rahmenbedingungen personeller und räumlicher Knappheit zunächst mit den weniger aufwendigen Verfahren Magnetik, Geoelektrik, Refraktionsseis­mik, Geothermie. Ab dem Jahre 1974 konnte die Gravimetrie etabliert werden, 1976 die Reflexions­seismik, 1978 die Bohrlochgeophysik sowie 1983 die induzierte Polarisation. Ein wesentlicher Schwer­punkt in der Forschung betraf die geophysikalische Lagerstättenprospektion unter alpinen Gegebenhei­ten, wobei die integrierte Arbeitsmethodik von der

Verfahrensanwendung bis zur Interpretation beson­deres Gewicht hatte. Von der Aufgabenstellung her erstreckten sich die Forschungen auf Erze, Braun­kohle, Industriemineralien und Baurohstoffe. Be­deutende Forschungsergebnisse in methodischer Hinsicht wurden bei den Problemkreisen Untertage­gravimetrie, dreidimensionale Störkörperberechnung in den Potentialverfahren, Hochfrequenzreflexions­seismik, Seismostratigraphie kohleführender Sedi­mente, Lithologieerkundung, induzierte Polarisation auf der Basis der Elektroosmose (Nichterze) erzielt. Ein wichtiger Zweig der Grundlagenforschung des Instituts ist die Paläomagnetik. Zu Fragen über den Alpenbau, die tektonische Rekonstruktion des alpin­mediterranen Raumes, die magnetostratigrafische Einstufung geologischer Ereignisse sowie bei den Bewegungsabläufen von Afrika und Europa konn­ten wichtige Beiträge erarbeitet werden.

Ausgehend von jahrelangen praxisorientierten Arbeiten gewann die geophysikalische Grundwas­serforschung zunehmende Bedeutung. Dabei stan­den neben einer Strukturerkundung hoher Genau­igkeit die Erweiterung des Auflösungsvermögens seismischer und geoelektrischer Verfahren, Litholo- gieerkennung, Porositätsbestimmung in situ, bohr­lochgeophysikalische Forschungen und Auffindung von Aquiferen in tertiären Schichtgliedern im Mittel­punkt.

Die Ingenieurgeophysik nahm bei der Anwen­dung auf Fragen des Kraftwerksbaus, Autobahnbaus in alpinen Bereichen und Tunnelbaus ihren Aus­gang. Auch hier zeigte sich die Notwendigkeit der Ergänzung durch grundlagenorientierte Forschun­gen in Richtung Gesteinsklassifikation, Methodik der Auffindung von Störungszonen. In den letzten Jahren kamen dazu Forschungen über Deponiefra­gen, wie Standortsuche und Altlastenerkundung (Unterscheidung des Deponieinhalts), Nachweis des Erfolges von technischen Maßnahmen, Abschätzung der Folgewirkungen.

Die Geophysik im Kohlenwasserstoffbereich hat international gesehen den Charakter einer Großfor­schung. Durch die Kontakte mit der Erdölindustrie war es auch möglich, unter den bescheidenen Rah­menbedingungen Forschungsarbeiten auf bestimm-

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Bild 2: Tiefenreflexionsseismische Aufnahme mit 48-kanäliger Apparatur vom Schußpunkt Säntis/Schweiz, Entfernung ungefähr 30 km.

ten Spezialgebieten durchzuführen. Zu erwähnen sind Untersuchungen zum Blindzonenproblem in der Refraktionsseismik, der Einfluß tektonischer und lithologischer Faktoren auf die seismischen Ge­schwindigkeiten in der Molasse, die Anwendung der komplexen seismischen Spurenanalyse zur Litholo- gieerkennung, Optimierung der Planung 3-D seismi­scher Messungen, Auswertungsmethodik des Gam- maraylogs.

Eine systematische geophysikalische Landesauf­nahme gibt es in Österreich - mit Ausnahme der Aeromagnetik - noch nicht, was in krassem Gegen­satz zu allen anderen europäischen Staaten ist. Durch die Zusammenfassung und Ergänzung von Projek­ten verschiedenen Ursprungs sowie durch instituts­eigene Arbeiten konnten größere Gebiete systema­tisch vermessen und nach einheitlichen Gesichts­

punkten ausgewertet und in Kartenform dargestellt werden. So sind die Steiermark, das südliche Bur­genland und der Ostteil von Kärnten in der Gravime­trie mit Detailkarten im Maßstab 1:50.000 fertigge­stellt, für Vorarlberg, größere Teile der Böhmischen Masse und die Molassezone in Oberösterreich ste­hen die Arbeiten vor dem Abschluß. In der Magnetik sind große Teile des Oststeirischen Tertiärbeckens und des Südburgenlandes sowie das Gebiet Rotten- manner und Niedere Tauern und Seetaler Alpen fer­tiggestellt. Ebenso w urden die größeren inneralpi­nen Quartärbecken der Steiermark mittels Gravime­trie, Magnetik, Refraktionsseismik und Geoelektrik untersucht.

Im Rahmen der an der Montanuniversität beste­henden montanarchäometrischen Arbeitsgruppe, die sich hauptsächlich der Erforschung der ur- und früh­geschichtlichen M etallgewinnung in Österreich widmet, wurden seit 1976 spezielle archäogeophysi- kalische Untersuchungsmethoden entwickelt und angewendet. Hauptsächlich mit geomagnetischen und geoelektrischen M eßmethoden w urde eine Anzahl von bronzezeitlichen Kupferverhüttungsplät­zen, Bergbauen und Bergbausiedlungen nachge­wiesen und im Detail erkundet. In Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorium und Universitätsinstituten wird die Archäogeophy- sik in steigendem Maße allgemein zur Vorerkun­dung und Sicherung kulturell bedeutender Boden­denkmäler im Bereich größerer Bodeneingriffe (Verkehrsbauten) eingesetzt.

Die Erfahrungen in der praxisorientierten An­w endung geophysikalischer Verfahren in größeren Tiefenbereichen legten es nahe, auch bei der Lösung von grundlegenden Fragen des Baus der Ostalpen mitzuwirken. Das Institut hat daher an den beiden geowissenschaftlichen Schwerpunkten des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung „Geologischer Tiefbau der Ostalpen“ und „Frühalpi­ne Geschichte der Ostalpen“ (Leitung: Prof. Dr. H. Flügel) in den Jahren 1974-1983 laufend mit Projek­ten mitgewirkt. Beim ersten Schwerpunkt erfolgten die Forschungsarbeiten auf einer bis 50 km breiten Traverse, die von den Kalkalpen im Norden über die Grauwackenzone, mittelostalpines Kristallin bis in

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den Bereich Koralpe-Saualpe im Süden reichte. Der zweite Schwerpunkt erstreckte sich räumlich auf den Nordostrand der Ostalpen und war den Fragen des Tiefbaues und der geodynamischen Entwicklung im ostalpin-pannonischen Übergangsbereich gewidmet. Die Grenzzone von Ostalpen zu Südalpen - die alpin-dinarische Naht - wurde intensiv mit der Me­thode der Anisotropie der magnetischen Suszeptibi­lität bearbeitet.

Große Bedeutung hatten für das Institut jene längerfristigen Forschungen, die in internationaler Zusammenarbeit ausgeführt wurden. Hier ist zu­nächst die Beteiligung am Internationalen Geodyna­mik-Projekt in den Jahren 1972-1979 zu erwähnen, wo eine größere österreichische Arbeitsgruppe (Leitung: Prof. Dr. F. Steinhauser) aus allen einschlä­gigen geophysikalischen Institutionen tätig war. Dieses Geodynamikprojekt brachte einen enormen Ansporn für die Österreichische Geophysik, die erstmals als geschlossene Forschergruppe von einer auch mit dem Ausland vergleichbaren Größenord­nung auftrat, wobei auch die systematische Verbes­serung der instrumentellen Ausstattung entschei­dend vorangetrieben wurde. Die Leobner Arbeits­gruppe bearbeitete gravimetrische und magnetische Traversen vom oststeirischen Tertiär bis ins südliche Wiener Becken, die wichtige Erkenntnisse zur Litho- logie der Oberkruste brachten. Es erfolgten refrak­tionsseismische Untersuchungen in Schlüsselgebie­ten am Alpenostrand zur Klärung des Deckenbaus, Forschungen zum geothermischen Zustand im Ost­teil der Ostalpen und gesteinsphysikalische Untersu­chungen und paläomagnetische Messungen. Wis­senschaftlich besonders ergiebig war die Beteiligung am Alpenlängsprofil 1975, einer von den französi­schen Westalpen bis nach Westungarn etwa im Strei­chen des Alpenkörpers angelegten refraktionsseis­mischen Linie zur Untersuchung der Struktur von Kruste und oberem Mantel. Dabei war Leoben Ein­satzzentrale für die Arbeiten im Ostabschnitt. Bei reflexionsseismischen Messungen einer Großspren­gung im Lavantsee konnten erstmals Reflexionen nicht nur aus der Unterkruste und von der Mohoro- vicic-Diskontinuität, sondern auch aus dem oberen Erdmantel registriert werden.

Die Europäische Geotraverse (EGT) ist ein seit 1982 laufendes Großforschungsprojekt im Rahmen der European-Science Foundation, bei der eine brei­te Geotraverse vom Nordkap bis Nordafrika (Tunis) interdisziplinär mit allen zur Verfügung stehenden Methoden untersucht wird. Es w erden hierbei ver­schieden alte Gebirgsstämme von den alten Schilden im Norden bis aus jüngster geologischer Zeit gequert und somit wesentliche Beiträge zum Bauplan und zur Geodynamik der Erde insgesamt erzielt. Die Leobner Arbeitsgruppe ist im Übergangsbereich Westalpen-Ostalpen tätig (Bildl).

Bei den gravimetrischen Messungen konnte neben den problem orientierten Fragestellungen hinsichtlich der Tiefenstruktur eine gravimetrische Übersichtskarte von Vorarlberg-Westtirol erstellt werden, die zusammen mit den analogen Karten­werken der Schweiz und Oberitaliens die Basis für weiterführende regionale Forschungen bietet. Durch die Einbindung von Absolutschweremessungen eröffnen sich neue Möglichkeiten zur internationa­len Zusammenarbeit. Sehr ergebnisreich hinsicht­lich des Baus der Unterkruste und der Mohorovicic- Diskontinuität waren tiefenreflexionsseismische Messungen im Weitwinkelbereich, bei denen Groß­sprengungen auf benachbarten Schweizer Profilen als Energiequelle genutzt wurden (Bild 2).

WIRKUNGSBEREICH DES INSTITUTES

Die Angewandte Geophysik untersucht die Erdkruste mit spezifischen physikalischen Meßver­fahren im Hinblick auf die Lösung von angewandten Fragestellungen, insbesonders einer wirtschaftichen Nutzung. Das Fach ist somit mit jenen montanisti­schen und geotechnischen Fächern auf das engste verknüpft, deren Tätigkeit ebenfalls in einem Kon­nex zur Erdkruste steht, insbesondere der Rohstoff­forschung. Dies ist bereits bei der Darstellung der Lehraufgaben angeklungen, wo das Institut in 5 Studienrichtungen eingebunden ist. Im Bereich des Erdölwesens ist die Angewandte Geophysik, insbe­sonders die Reflexionsseismik, die wichtigste Pro­spektionsmethode. Jede Tiefbohrung auf Erdöl und

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Erdgas wird heute nur nach gründlicher geophysika­lischer Voruntersuchung abgeteuft. Die weltweit sicher nachgewiesenen großen Reserven an Kohlen­wasserstoffen sind ein überzeugender Beweis für die Leistungsfähigkeit der Geophysik. Durch die zuneh­mende Verbesserung von Instrumenten und Aus­wertungsverfahren hat sich aber die Reflexionsseis­mik auch neue Anwendungsmöglichkeiten bei der Untersuchung bereits entdeckter und produzierter Vorkommen geschaffen. Die Bohrlochgeophysik endlich ist heute eine weitgehend eigenständige Disziplin, deren Entstehung und wissenschaftliche Anwendung auf das engste mit dem Erdölbereich verbunden ist. Die Paläomagnetik ermöglicht letzt­lich die paläogeografische Rekonstruktion von La­gerstättenbildungsräumen. Diese Projekte erfolgten in breiter internationaler Kooperation, wobei die Partner aus Großbritannien, Frankreich, Italien, Schweiz, Bundesrepublik Deutschland, DDR, Un­garn und CSFR kamen.

Die Tätigkeit des Angewandten Geophysikers im Bergbau auf feste mineralische Rohstoffe wird als eigenes Fachgebiet „Montangeophysik“ definiert. Es ist in der Arbeitsweise dadurch gekennzeichnet, daß im Gegensatz zum Erdölwesen keineswegs eine Dominanz einer Methode existiert, sondern viel­mehr ein großes Spektmm von Meßverfahren sich entwickelt hat und heute zur Anwendung gelangt. Der Aufgabenbereich des Geophysikers umfaßt heute keineswegs nur die Aufsuchung und Abgrenzung von Lagerstätten, sondern auch Untersuchungen während der Abbauphase (Gesteinsklassifikation, Stabilitätsfragen, Erschütterungsmessungen etc.) und nach der Einstellung des Betriebes (Wirkung von Sanierungsmaßnahmen, Halden und Hohlraumpro­bleme).

Das Gebiet der Markscheidekunde ist von der wissenschaftlichen Grundlage her vor allem mit der Gravimetrie verbunden. In zunehmendem Maße w erden geophysikalische Meßverfahren auch bei der Bergschadenkunde eingesetzt und haben sich bei Fragen der Hohlraumerkundung, Absenkungs­beobachtungen, Rutschungen, hydrologischen Pro­blemstellungen bewährt.

Die Rohstoffgewinnung ist heute in viel größe­rem Ausmaß als in früheren Jahren mit der Umwelt­problematik konfrontiert. Hier hat sich für die Ange­wandte Geophysik ein neuer Aufgabenbereich erge­ben, für den speziell angepaßte Meß- und Auswer­tungsroutinen geschaffen werden mußten. Am wei­testen fortgeschritten ist die Entwicklung bei den Deponiefragen, angefangen von der Standortsuche bis zu Langfristbeobachtungen.

ZUKÜNFTIGE FORSCHUNGSVORHABEN UND ENTWICKLUNG DER INSTITUTSSPEZIFISCHEN ARBEITSBEREICHE

In der angewandten Forschung mußte in den letzten Jahren kurzfristig eine Profiländerung vorge­nommen werden. Von der öffentlichen Hand wird

Bild 3: Untertägige geophysikalische Bohrlochmessung mit trag­barer Apparatur.

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Bild 4: Paläo- und gesteinsmagnetisches Labor in Gams bei Rothleiten.

die Aufsuchung wichtiger Rohstoffe (Kohle, Erze) nicht mehr gefördert, für die aber ein beachtliches Forschungspotential aufgebaut worden war. Um dieses auch in Zukunft nutzen zu können, wird in verstärktem Maße eine Kooperation mit ausländi­schen Partnern gesucht. Weiters wird forciert auf die geophysikalische Grundwassersuche, insbesonders auf Tiefengrundwässer, und auf Probleme der Um­welt eingegangen. Es ist auch beabsichtigt, in ver­stärktem Maße die Ingenieurgeophysik auszubauen, zumal bei den für die Zusammenarbeit in Frage kom­m enden Instituten und der Industrie Partner gege­ben sind, die die Bedeutung der Geophysik richtig einzuschätzen wissen.

Das Erdölwesen wird auch in Zukunft in Anbe­tracht seiner großen wirtschaftlichen Bedeutung ein besonders wichtiger Arbeitsbereich sein. Auf dem Gebiet der reflexionsseismischen Akquisition wer­den sich die Forschungsvorhaben - allein wegen der hohen Kosten - auf Spezialfragen beschränken, wobei die Scherwellenseismik und Hochfrequenzreflexions­seismik hervorzuheben sind. Zügig ausgebaut wird der Bereich des Processings, der wegen der be­schränkten Rechnerkapazität erst in den Anfängen steht. Die Forschungsvorhaben beziehen sich auf die seismische Modellierung, synthetische Seismogram-

me, komplexe seismische Spurenanalyse, Absorp­tion seismischer Wellen, lithofazielle Untersuchun­gen.

Die Bohrlochgeophysik ist ein äußerst zukunfts­trächtiges Forschungsgebiet, das zu den spezifischen Arbeitsbereichen des Leobener Geophysikinstituts zählt (Bild 3).

Wie bereits eingangs erwähnt, konnte die Selb­ständigkeit des Instituts gewahrt werden, eine Glie­derung in Abteilungen wegen der Beschränktheit an personellen und räumlichen Ressourcen wurde als unzweckmäßig erachtet, obwohl entsprechende qualifizierte Leitungsstrukturen vorhanden sind. Es w urden vielmehr Arbeitsgruppen für folgende Fach­gebiete installiert, die sich w egen ihrer Flexibilität sehr gut bewährt haben: Petrophysik, Paläomagne- tik, Bohrlochgeophysik, Ingenieurgeophysik, Ar- chäogeophysik.

Da der Personalstand des Instituts seit dem Jahre 1972 unverändert ist und keine Aussicht auf Erfül­lung der diesbezüglichen Wünsche besteht, wurde seit zwei Jahrzehnten versucht, durch Forschungs­projekte der Grundlagen- und Auftragsforschung eine Erweiterung des Personalstandes zu erreichen. Dadurch war es möglich, die Arbeitsgruppen in der erforderlichen Mindestgröße einzurichten, was aber bezüglich der notwendigen Kontinuität mit erhebli­chen Belastungen der Projektleiter verbunden war.

Bild 5: Apparatur zur thermischen Reinigung von Gesteins­proben im Labor Gams.

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Auch die Gründung des Instituts für Angewandte Geophysik der Forschungsgesellschaft Joanneum, das derzeit in Personalunion geleitet wird, erfolgte unter diesem Gesichtspunkt, da dadurch die kriti­sche Mindestgröße für wichtige Arbeitsbereiche er­reicht werden konnte.

Seit 1976 ist in Gams bei Rothleiten eine Außen­stelle des Instituts für Geophysik der Montanuniver­sität in Betrieb (Bild 4).

Es werden dort besonders empfindliche Mes­sungen der magnetischen Eigenschaften natürlicher und synthetischer Gesteine durchgeführt (Bild 5).

Der Paläomagnetismus der natürlichen Gestei­ne wird benützt, um paläogeografische Rekonstruk­tionen von Krustenteilen vorzunehmen. Dazu ist das Labor mit drei Spinnermagnetometern, vier Reini- gungsapparaten (Wechselfeld und thermisch), Sus­zeptibilitätsbrücken, Sättigungsmagnetsystemen und ab 1989 einem Cryogenmagnetometer ausgestattet. Ebenso werden die Änderungen des Erdmagnetfel­des gemessen. Das Instrumentarium wurde über Forschungsprojekte beim Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung sowie des Jubiläums­fonds der Nationalbank angeschafft.