Interkulturelle Kommunikation und Management - EU-EQT · 3 dient, ist es entscheidend, die K ö...

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Petra Hauptfeld, bfi Wien Interkulturelle Kommunikation und Management 1 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2. Grundlagen interkulturellen Managens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Das interkulturelle Gespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 4. Interkulturelles über die Niederlande, Deutschland und Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4.1. Die Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4.2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4.3. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 5. Interkulturelle Trainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Lernziele Das Modul dient einer allgemeinen Einführung in das Thema „Interkulturelle Kommunikation“ und bein- haltet auch die Darstellung länderspezifischer Unterschiede hinsichtlich ihrer Kulturen und Kommunikati- onsformen – vor allem der drei Länder Deutschland, Österreich und Niederlande. Zentrale Themen dieses Moduls sind z.B. das interkulturelle/europäische Management, das interkulturel- le Gespräch und Beispiele interkultureller Trainings. Schwerpunktmäßig ist das Modul an die Zielgruppe der Fach- und Führungskräfte gerichtet, ist aber genauso für Auszubildende und Berufstätige im kaufmänni- schen Sektor geeignet und umfasst viele praxisnahe Erläuterungen und Tipps, so dass es von Dozenten als Arbeitsgrundlage genutzt werden kann. Zum Einstieg in das Thema sind folgende Informationsquellen empfehlenswert: • Jung, Schäfer, Seibel (Hg.): Vielfalt gestalten - Managing Diversity, Frankfurt/Main 1994. • Mole, John: Euro-Knigge für Manager. Gemeinsamer Markt – verschiedene Sitten, München 1995 • Trompenaars, Fons: Handbuch globales Managen. Wie man kulturelle Unterschiede im Geschäftsleben versteht, Düsseldorf, Wien 1993 EU-Dienstleistungsmanagement Schlüsselkompetenzen für den europäischen Arbeitsmarkt Teil B

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Petra Hauptfeld, bfi Wien

Interkulturelle Kommunikation und Management

1

Inhaltsverzeichnis1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22. Grundlagen interkulturellen Managens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43. Das interkulturelle Gespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104. Interkulturelles über die Niederlande, Deutschland und Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154.1. Die Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154.2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164.3. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185. Interkulturelle Trainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

LernzieleDas Modul dient einer allgemeinen Einführung in das Thema „Interkulturelle Kommunikation“ und bein-haltet auch die Darstellung länderspezifischer Unterschiede hinsichtlich ihrer Kulturen und Kommunikati-onsformen – vor allem der drei Länder Deutschland, Österreich und Niederlande. Zentrale Themen dieses Moduls sind z.B. das interkulturelle/europäische Management, das interkulturel-le Gespräch und Beispiele interkultureller Trainings. Schwerpunktmäßig ist das Modul an die Zielgruppe derFach- und Führungskräfte gerichtet, ist aber genauso für Auszubildende und Berufstätige im kaufmänni-schen Sektor geeignet und umfasst viele praxisnahe Erläuterungen und Tipps, so dass es von Dozentenals Arbeitsgrundlage genutzt werden kann.

Zum Einstieg in das Thema sind folgende Informationsquellen empfehlenswert:

• Jung, Schäfer, Seibel (Hg.): Vielfalt gestalten - Managing Diversity, Frankfurt/Main 1994. • Mole, John: Euro-Knigge für Manager. Gemeinsamer Markt – verschiedene Sitten, München 1995 • Trompenaars, Fons: Handbuch globales Managen. Wie man kulturelle Unterschiede im

Geschäftsleben versteht, Düsseldorf, Wien 1993

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Onlinedienstbietet neben dem Zugang zum Internet über sog.Gateways ein eigenes Informations- und Service-angebot mit proprietärer Oberfläche

ProviderInternetdienste-Anbieter mit regionalen Zugangs-(Einwahl-)punkten zum Internet

Proxy-ServerComputer oder Prozess auf einem Computer, derhäufig angeforderte Inhalte zwischenspeichert,um sie bei Bedarf zum schnellen Abruf bereitzu-stellen; dient der Geschwindigkeitsverbesserungund Netzentlastung

Search-Engine /Suchmaschinesog. Suchmaschinen dienen der Recherche vonInternetinhalten

Serverengl.: to serve - (be)dienen; Rechner oder Pro-zesse auf einem Host(-rechner), die über spezifi-sche Kanäle von den Clients der Benutzerseiteangesprochen werden können (Client-Server-Prinzip). Es existieren unterschiedliche Server fürjeweils spezifische Internetdienste.

Surfen (im Internet)Das „Sich-treiben-lassen“ im WWW, indem mansich, inspiriert durch die gefundenen Inhalte, voneinem Hyperlink zum nächsten bewegt, ohne einfestes Ziel zu haben.

SubjectDie Betreff-Zeile (Überschrift/Topic) eines Use-net-Artikels oder einer E-Mail

TCP/IP Transport Control Protocol/Internet Protocol;TCP dient der eindeutigen Bezeichnung der Da-tentransportmethode, IP bezeichnet die Art derAdressierung angeschlossener Rechner durchdie sog. IP-Nummer; TCP/IP stellt als Protokoll

die Basis dar, auf der alle Internetdienste aufset-zen und mit dessen Hilfe die Kommunikation zwi-schen den verschiedenartigen Rechnern imInternet erst möglich wird.

TelematikZusammengesetztes Wort aus Telekommunikati-on und Informatik; elektr. Telekommunikations-Anwendungen

TerminalBildschirmarbeitsplatz in einem Netzwerk

URL Uniform Ressource LocatorEine weltweit eindeutige Adressierung im Internet

Usenet Unix-user-network(„a poor mans's ARPANET“); thematisch struktu-rierte weltweite Hierarchie von Newsgroups; ent-standen als Alternative zum ARPANET

UserComputer- oder Netzwerkbenutzer

WAP Wireless Application ProtocolProtokoll zum Versenden und Empfangen vonWML-Seiten die auf Handys dargestellt werdenkönnen

WML Wirless Markup LanguageSprache zur Darstellung von Internetseiten z.B.auf Handys

Website / SiteSite: engl.: Platz, im Zusammenhang mit dem In-ternet wird mit Site ein komplettes Web-Angebotbezeichnet, das aus mehreren / auch sehr vielenuntereinander verbundenen Seiten bestehenkann

WWW, Web, W3 (World Wide Web)Internetdienst; ein Hypertext- und Hypermedia-System; WWW ist die grafische Benutzerober-fläche des Internet, unter der verschiedeneandere Internet-Dienste zusammengefasst sind.

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Informationen für EuropaTeil A III. Dienstleistungen mit Internationalisierungscharakter

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dient, ist es entscheidend, die Körpersprache desanderen lesen zu lernen und sich selbst (bis zu ei-nem gewissen Grad) kontrollieren zu können.

Wir haben somit die drei Hauptrichtungen und dar-aus resultierende Trainings, von denen in Teil 5 nochdie Rede sein wird, festgelegt, die ein interkulturellesManagement abdecken sollte: • Information in Bezug auf Europa (Etikette,

Sitten, Berufsregeln, Firmenorganisation...)• Interaktion in Bezug auf das interkulturelle

Gespräch (fragen, erklären, begründen...)• Wahrnehmungsgenauigkeit in Bezug auf

Partner und Kultur (nonverbaleKommunikation)

Warum eine Theorie der interkulturellen Kommuni-kation und ihre Umsetzung in der Praxis wichtigwerden, dokumentieren die verschiedenen Ebenender wirtschaftlichen Öffentlichkeit. Im Geschäftsle-ben wird die Prämisse aufgestellt, die andere Kultur,wenn schon nicht zu verstehen, dann doch zumin-dest zu akzeptieren und als Potential zu nützen.

Zukünftige europäische Manager sollen drei Krite-rien erfüllen: • Sie müssen offen sein für Kulturunterschiede

und eine Sensibilität für andere Kulturenaufweisen (Wahrnehmungsgenauigkeit,kulturorientiertes Training ).

• Sie müssen sich ihrer eigenen Kulturbewusst sein und ihre Wurzeln in dereigenen Kultur haben (Wissen,informationsorientiertes Training).

• Sie müssen kompetente Manager sein(exzellente Kommunikatoren,interaktionsorientiertes Training).

Um ein europäisches Management entwickeln zukönnen, muss folgerichtig zuerst geklärt werden,welche Kriterien ein nationales Management (deut-sches, österreichisches, niederländisches etc.)kennzeichnen. Das Problem, das sich hierbei stellt,ist jedoch, dass die Problemlösungsangebote derManagement-Bücher jeweils aus dem eigenenLand stammen und nicht aus dem „Zielland“.

Bei direkter kapitalmäßiger Kontrolle der Unterneh-men im Ausland kommen folgende interkulturelleKommunikationsebenen zum Tragen:• die Unternehmenskultur (ethnozentrisch,

polyzentrisch, geozentrisch);• die Kontrolle und Motivation von

Mitarbeitern, d.h. Kommunikation imhierarchischen Kontext, erweitert um dieinterkulturelle Komponente (Führung undManagement);

• die Zusammenarbeit von Mitarbeiternverschiedener Kulturzugehörigkeitinnerhalb von Arbeitsgruppen undzwischen hierarchisch gleichgestelltenArbeitsgruppen. Hier wird vor allem dieNutzung des kreativen Potentials wichtig(Teambildung, Projektmanagement).

Literatur-Tipps• Kressler, Herwig: Personalmanagement im neuen

Europa. Szenarien zur Jahrtausendwende.Strategien und Instrumente, Wien 1993.Obwohl 1993 erschienen bietet das Buch einenraschen, gut lesbaren und kompetenten Überblicküber die interkulturellen Problembereiche inFirmen und ist daher eine gute Ergänzung –gerade für Nicht-Betriebswissenschaftler.

• Samovar, Larry A., Porter, Richard R.:Intercultural Communication. A Reader. 8thEdition, Belmont 1997.Ein Klassiker, der kein interkult. Problemfeldoffen lässt; mit etlichen weiterenLiteraturhinweisen zur Vertiefung.Weitere Infos unter:www.thomson.com/wadsworth.html

• Jung, Schäfer, Seibel (Hg.): Vielfalt gestalten -Managing Diversity, Frankfurt/Main 1994.Siehe hier v.a. Teil II, 1.:Management in Bezug auf interkulturelleKommunikation.

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Schlüsselkompetenzen für den europäischen Arbeitsmarkt Teil B

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1. Einführung

Obwohl noch kein philosophischer Terminus, hat„Interkulturalität“ Einzug in die Humanwissen-schaften gehalten; als Wissenschaft auf dem Bo-den der Kulturtheorie bringt sie bereits guteErgebnisse. Angesiedelt zwischen Soziologie, Eth-nologie, Psychologie, Linguistik und Pädagogik istdas Thema schon in viele Richtungen hin vertieftworden. Wir werden uns auf die für unser Vorhabenwichtigsten Richtungen Kommunikation und Ma-nagement beschränken, sie seien hier in der Ein-führung kurz umrissen.

Allgemein kann für die „Kulturtheorie der Interkul-turalität“ gelten: Sie lebt durch einen Symbiosebe-griff, der Vielgestaltigkeit wie Gleich-Gültigkeit, Uni-versalismus wie Partikularismus vereint und damiterlaubt, Kulturen zu vergleichen. Um diese zu ver-stehen ist es nötig, die eigenen kulturellen Grund-lagen zu verstehen. Die Definition eines „National-charakters“ auf Basis der Kultur ist bei weitemnicht neu: Schon die „Steirische Völkertafel“, einÖlgemälde aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhun-derts, versucht, zehn europäische Völker in Bezugauf ihre Sitten, Gebräuche, Vorlieben, Untugendenzu beschreiben – eine höchst aufschlussreiche Be-standsaufnahme der um 1700 in Europa verbreite-ten Vor-Urteile, von denen viele auch heute nochnicht ausgeräumt sind (hochmütige Spanier, leicht-sinnige Franzosen, bäuerische Polen etc.) und inscherzhaften Cartoons wie „der ideale Europäersollte diskret wie ein Däne, geduldig wie ein Öster-reicher, humorvoll wie ein Deutscher...sein“ weiter-leben.

Wohlgemerkt – gegen Humor ist nichts einzuwen-den, doch sollte man sich der Tatsache bewusstsein, dass dieser Klischees zwar bricht, doch auchtradiert. Entgegen dem „typisch deutsch/nieder-ländisch/österreichisch“ ist also noch immer vielAufklärungsarbeit zu leisten. Und gerade hierfürbietet sich die Kommunikationstheorie an, da manden unbekannten oder (vermeintlich) bekanntenRaum in der Begegnung zweier Kulturen mit Fra-gen erfassen möchte. Während im englischspra-

chigen Raum „Intercultural Communication“ bereitsfest verankert in verschiedenen Studien ist, stelltsie in Europa ein Forschungsgebiet dar, welchessich in Publikationen vor allem mit „richtigem“ Ver-halten, Sitten und Gebräuchen in fremden Ländernniederschlägt. Eine Kenntnis von Regeln und Rol-len des sozialen Verhaltens sind zweifelsohne wich-tig – jedoch viel mehr noch kommunikativeFähigkeiten und Fertigkeiten in einem Gespräch,sonst können Missverständnisse, Vorurteile, Inter-pretationsfehler entstehen und den Arbeitserfolgbehindern. Teil 3 versucht Techniken an die Handzu geben, wie in einem Gespräch kommunikativeRegeln erkannt und im Weiteren eingesetzt werdenkönnen. Fink weist jedoch auch auf die Problema-tik, die sich gerade in diesem Zusammenhangstellt, hin:

„Um die Konventionen der Sprachverwendung undder sie begleitenden non-verbalen Kommunikation inder Geschäftswelt ermitteln zu können, müßte umfas-send und auf breiter Basis entsprechendes Datenma-terial gesammelt und von WissenschaftlerInnen ver-schiedener Kulturen nach ihren jeweiligen Methodenuntersucht werden. Solange dieses Material nicht vor-liegt und analysiert ist, wird man sich mit induktivenSchlüssen vom beobachteten Spezialfall auf den allge-meinen Fall behelfen müssen, wohl wissend, daß die-ser Schluß nicht unbedingt richtig sein muß“ (Gren-zenloses Österreich. Dok. 2. Workshops 1994, Wien1995).

Doch selbst wenn dieses Meisterstück gelänge –wir sind neben der Kultur, die uns zweifelsohneprägt, auch Persönlichkeiten mit individuellen Ei-genschaften, Gestimmtheiten und Verhaltenswei-sen. Deshalb ist es für uns wie für unsere Ge-sprächspartner wichtig, eine rasche Auffassungs-gabe und Wahrnehmungsgenauigkeit (awareness)in einem interkulturellen Gespräch zu entwickeln.Wir müssen erkennen können, ob die Informatio-nen, die wir senden, auch so ankommen, wie wires beabsichtigen. Denn: Den Grad der geglücktenKommunikation bestimmt der Gesprächspartner!Geht man davon aus, dass sich zumindest einePerson in einem Gespräch einer Fremdsprache be-

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dient, ist es entscheidend, die Körpersprache desanderen lesen zu lernen und sich selbst (bis zu ei-nem gewissen Grad) kontrollieren zu können.

Wir haben somit die drei Hauptrichtungen und dar-aus resultierende Trainings, von denen in Teil 5 nochdie Rede sein wird, festgelegt, die ein interkulturellesManagement abdecken sollte: • Information in Bezug auf Europa (Etikette,

Sitten, Berufsregeln, Firmenorganisation...)• Interaktion in Bezug auf das interkulturelle

Gespräch (fragen, erklären, begründen...)• Wahrnehmungsgenauigkeit in Bezug auf

Partner und Kultur (nonverbaleKommunikation)

Warum eine Theorie der interkulturellen Kommuni-kation und ihre Umsetzung in der Praxis wichtigwerden, dokumentieren die verschiedenen Ebenender wirtschaftlichen Öffentlichkeit. Im Geschäftsle-ben wird die Prämisse aufgestellt, die andere Kultur,wenn schon nicht zu verstehen, dann doch zumin-dest zu akzeptieren und als Potential zu nützen.

Zukünftige europäische Manager sollen drei Krite-rien erfüllen: • Sie müssen offen sein für Kulturunterschiede

und eine Sensibilität für andere Kulturenaufweisen (Wahrnehmungsgenauigkeit,kulturorientiertes Training ).

• Sie müssen sich ihrer eigenen Kulturbewusst sein und ihre Wurzeln in dereigenen Kultur haben (Wissen,informationsorientiertes Training).

• Sie müssen kompetente Manager sein(exzellente Kommunikatoren,interaktionsorientiertes Training).

Um ein europäisches Management entwickeln zukönnen, muss folgerichtig zuerst geklärt werden,welche Kriterien ein nationales Management (deut-sches, österreichisches, niederländisches etc.)kennzeichnen. Das Problem, das sich hierbei stellt,ist jedoch, dass die Problemlösungsangebote derManagement-Bücher jeweils aus dem eigenenLand stammen und nicht aus dem „Zielland“.

Bei direkter kapitalmäßiger Kontrolle der Unterneh-men im Ausland kommen folgende interkulturelleKommunikationsebenen zum Tragen:• die Unternehmenskultur (ethnozentrisch,

polyzentrisch, geozentrisch);• die Kontrolle und Motivation von

Mitarbeitern, d.h. Kommunikation imhierarchischen Kontext, erweitert um dieinterkulturelle Komponente (Führung undManagement);

• die Zusammenarbeit von Mitarbeiternverschiedener Kulturzugehörigkeitinnerhalb von Arbeitsgruppen undzwischen hierarchisch gleichgestelltenArbeitsgruppen. Hier wird vor allem dieNutzung des kreativen Potentials wichtig(Teambildung, Projektmanagement).

Literatur-Tipps• Kressler, Herwig: Personalmanagement im neuen

Europa. Szenarien zur Jahrtausendwende.Strategien und Instrumente, Wien 1993.Obwohl 1993 erschienen bietet das Buch einenraschen, gut lesbaren und kompetenten Überblicküber die interkulturellen Problembereiche inFirmen und ist daher eine gute Ergänzung –gerade für Nicht-Betriebswissenschaftler.

• Samovar, Larry A., Porter, Richard R.:Intercultural Communication. A Reader. 8thEdition, Belmont 1997.Ein Klassiker, der kein interkult. Problemfeldoffen lässt; mit etlichen weiterenLiteraturhinweisen zur Vertiefung.Weitere Infos unter:www.thomson.com/wadsworth.html

• Jung, Schäfer, Seibel (Hg.): Vielfalt gestalten -Managing Diversity, Frankfurt/Main 1994.Siehe hier v.a. Teil II, 1.:Management in Bezug auf interkulturelleKommunikation.

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1. Einführung

Obwohl noch kein philosophischer Terminus, hat„Interkulturalität“ Einzug in die Humanwissen-schaften gehalten; als Wissenschaft auf dem Bo-den der Kulturtheorie bringt sie bereits guteErgebnisse. Angesiedelt zwischen Soziologie, Eth-nologie, Psychologie, Linguistik und Pädagogik istdas Thema schon in viele Richtungen hin vertieftworden. Wir werden uns auf die für unser Vorhabenwichtigsten Richtungen Kommunikation und Ma-nagement beschränken, sie seien hier in der Ein-führung kurz umrissen.

Allgemein kann für die „Kulturtheorie der Interkul-turalität“ gelten: Sie lebt durch einen Symbiosebe-griff, der Vielgestaltigkeit wie Gleich-Gültigkeit, Uni-versalismus wie Partikularismus vereint und damiterlaubt, Kulturen zu vergleichen. Um diese zu ver-stehen ist es nötig, die eigenen kulturellen Grund-lagen zu verstehen. Die Definition eines „National-charakters“ auf Basis der Kultur ist bei weitemnicht neu: Schon die „Steirische Völkertafel“, einÖlgemälde aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhun-derts, versucht, zehn europäische Völker in Bezugauf ihre Sitten, Gebräuche, Vorlieben, Untugendenzu beschreiben – eine höchst aufschlussreiche Be-standsaufnahme der um 1700 in Europa verbreite-ten Vor-Urteile, von denen viele auch heute nochnicht ausgeräumt sind (hochmütige Spanier, leicht-sinnige Franzosen, bäuerische Polen etc.) und inscherzhaften Cartoons wie „der ideale Europäersollte diskret wie ein Däne, geduldig wie ein Öster-reicher, humorvoll wie ein Deutscher...sein“ weiter-leben.

Wohlgemerkt – gegen Humor ist nichts einzuwen-den, doch sollte man sich der Tatsache bewusstsein, dass dieser Klischees zwar bricht, doch auchtradiert. Entgegen dem „typisch deutsch/nieder-ländisch/österreichisch“ ist also noch immer vielAufklärungsarbeit zu leisten. Und gerade hierfürbietet sich die Kommunikationstheorie an, da manden unbekannten oder (vermeintlich) bekanntenRaum in der Begegnung zweier Kulturen mit Fra-gen erfassen möchte. Während im englischspra-

chigen Raum „Intercultural Communication“ bereitsfest verankert in verschiedenen Studien ist, stelltsie in Europa ein Forschungsgebiet dar, welchessich in Publikationen vor allem mit „richtigem“ Ver-halten, Sitten und Gebräuchen in fremden Ländernniederschlägt. Eine Kenntnis von Regeln und Rol-len des sozialen Verhaltens sind zweifelsohne wich-tig – jedoch viel mehr noch kommunikativeFähigkeiten und Fertigkeiten in einem Gespräch,sonst können Missverständnisse, Vorurteile, Inter-pretationsfehler entstehen und den Arbeitserfolgbehindern. Teil 3 versucht Techniken an die Handzu geben, wie in einem Gespräch kommunikativeRegeln erkannt und im Weiteren eingesetzt werdenkönnen. Fink weist jedoch auch auf die Problema-tik, die sich gerade in diesem Zusammenhangstellt, hin:

„Um die Konventionen der Sprachverwendung undder sie begleitenden non-verbalen Kommunikation inder Geschäftswelt ermitteln zu können, müßte umfas-send und auf breiter Basis entsprechendes Datenma-terial gesammelt und von WissenschaftlerInnen ver-schiedener Kulturen nach ihren jeweiligen Methodenuntersucht werden. Solange dieses Material nicht vor-liegt und analysiert ist, wird man sich mit induktivenSchlüssen vom beobachteten Spezialfall auf den allge-meinen Fall behelfen müssen, wohl wissend, daß die-ser Schluß nicht unbedingt richtig sein muß“ (Gren-zenloses Österreich. Dok. 2. Workshops 1994, Wien1995).

Doch selbst wenn dieses Meisterstück gelänge –wir sind neben der Kultur, die uns zweifelsohneprägt, auch Persönlichkeiten mit individuellen Ei-genschaften, Gestimmtheiten und Verhaltenswei-sen. Deshalb ist es für uns wie für unsere Ge-sprächspartner wichtig, eine rasche Auffassungs-gabe und Wahrnehmungsgenauigkeit (awareness)in einem interkulturellen Gespräch zu entwickeln.Wir müssen erkennen können, ob die Informatio-nen, die wir senden, auch so ankommen, wie wires beabsichtigen. Denn: Den Grad der geglücktenKommunikation bestimmt der Gesprächspartner!Geht man davon aus, dass sich zumindest einePerson in einem Gespräch einer Fremdsprache be-

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von Führung und Organisation innerhalb des kultu-rellen Kontextes. Er unterscheidet individuelle undgruppenzentrierte Führung sowie organische undsystematische Organisation. Ein Problem entstehedann, wenn zum Beispiel eine Firma mit gruppen-orientierter Führung und organischer Organisationund eine Firma mit individueller Führung und sy-stematischer Organisation miteinander Geschäftemachen wollen. Dazwischen sind natürlich alleSpielarten innerhalb einer Firma wie auch zwischenFirmen denkbar. Ausgehend davon entwickelt erseine Mole-Landkarte, die die einzelnen europäi-schen Länder nach Führung und Organisation ein-teilt.

Deutsche Firmen seien demnach stark systema-tisch organisiert und individuell geführt, niederlän-dische Firmen ebenfalls systematisch organisiert,aber stark gruppenorientiert geführt, Österreichscheint nicht auf (1990 erstmals erschienen), istm.E. im Mittelfeld anzusiedeln mit eher individuel-ler Führung und organischer Organisation. Allein diese Auflistung – wenn auch stark generali-sierend – macht die Unterschiede deutlich. Wennwir dann die jeweilige Firmenkultur noch mit be-rücksichtigen, wird deutlich, welche umfassendenAnforderungen interkulturelles Managen an eineFührungsperson stellt.

„Was sowohl bei einem Unternehmen als auch bei ei-nem Individuum wesentlich wichtiger ist als die for-melle Staatsangehörigkeit, ist die Fähigkeit, über geo-graphische und kulturelle Grenzen hinweg funktio-nieren zu können und aus einer Vielzahl differenzierterKraftquellen Stärken und Synergien zu entwickeln, oh-ne jene Wesenszüge zu verlieren, die seine Unver-wechselbarkeit und Einmaligkeit ausmachen, als Per-son oder als Unternehmen „ (Kressler).

Natürlich kann dies nicht auf einem kulturlosenRaum basieren – und echte Kosmopoliten sindauch heutzutage noch selten. Wichtig erscheintmir, aus einer Vielzahl kultureller Verhaltensweisendiejenigen zusammenzuspannen und zu verstär-ken, die miteinander kompatibel sind und die(scheinbar) unvereinbaren als Potential zu nützen.

Innerhalb der Kultur werden wirksam:• der Kulturkreis, in dem wir leben

(westliche Welt)• die Nationalkultur

(Deutschland, Niederlande, Österreich)• die Unternehmenskultur

(Führung, Organisation, Struktur)• der persönliche Lebensstil

(Normen, Werte, Ethik)

Ähnlich wie Mole hat auch der Niederländer FonsTrompenaars in seinem Handbuch globales Managenvier Kulturen entwickelt, die sich auf Basis der Di-mensionen Egalität-Hierarchie und personenzen-triert-aufgabenzentriert in vier Quadranten einteilenlassen:• die Familie: machtorientierte Kultur

(Griechenland, Italien, Spanien,Frankreich, Belgien)

• der Eiffelturm: rollenorientierte Kultur(Deutschland, Dänemark, Niederlande)

• die Lenkrakete: projektorientierte Kultur(Großbritannien, USA, Kanada)

• der Brüter: erfüllungsorientierte Kultur(Schweden)

Reine Typen sind hierbei selten. Ähnlich wie dieNationalkulturen jedoch kollidieren auch Firmen-kulturen miteinander. Die Hauptunterschiede in denNationalkulturen, die sich hierbei auf die Firmen-kulturen auswirken, seien im Weiteren kurz umris-sen und finden sich genauer beschrieben beiTrompenaars (1993), Hofstede (1980, 1993) und Hall(1984).

Literatur-Tipps• Huntington, Samuel P.: Kampf der Kulturen.

Die Neugestaltung der Weltpolitik im21. Jahrhunder,. München, Wien 5/1997.

• Mole, John: Euro-Knigge für Manager.Gemeinsamer Markt – verschiedene Sitten,München 1995

• Trompenaars, Fons: Handbuch globales Managen.Wie man kulturelle Unterschiede imGeschäftsleben versteht, Düsseldorf, Wien 1993

• Breidenbach, Joana, Zukrigl, Ina: Tanz der Kultu-

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2. Grundlagen interkulturellenManagens

1996 publiziert und ein Jahr darauf bereits in derfünften (!) Auflage erschienen ist das Buch „DerKampf der Kulturen“ von Samuel Huntington eben-so populär geworden wie umstritten. Der Harvard-Professor spricht sich gegen einen Mulitkulturalis-mus aus und unterscheidet neun Weltkulturen, vorallem den Westen mit seinem Rückbezug auf ein-heimische Werte, die Wiedererstarkung des Islamund den aufstrebenden chinesischen Machtbe-reich. Maßgebend für ein interkulturelles Manage-ment ist bei Huntington – wenn die Analysen auchstärker politisch als wirtschaftlich ausgerichtet sind– die Frage: „Wohin bewegt sich die Welt nach2000?“ Wir können hierbei eine Vereinheitlichungder Welt postulieren, in der Universalität, Multikul-turalismus und eine „New Global Order“ dominie-ren werden oder eine Trennung der Welt, in derPartikularismus, Multipolarität und eine Unordnungder Konflikte ihren Platz einnehmen werden.

Im ersten Fall hieße dies auf die Wirtschaft übertra-gen, dass internationale Firmen polyzentrischeStrukturen entwickeln müssen, in denen alle Toch-terfilialen gleichberechtigt nebeneinander bestehenbleiben. Der zweite Fall unterscheidet zwei Spielar-ten, die ethnozentrische Variante, bei der die Kulturdes Mutterkonzerns auch in den Filialen dominiertund die geozentrische Variante, wo sich die Filialeeines multinationalen Unternehmens an das Stand-ortland anpasst.

Während in den achtziger Jahren Stichworte wieGlobalisierung, Global Village, McDonaldisierungusw. die Diskussion um Kultur bestimmten, wurdendiese im Zuge der Ostöffnung und der EU-Erweite-rung durch eine Auseinandersetzung mit den Na-tionalkulturen (Europa der Regionen) abgelöst – sogesehen ist die These Huntingtons auch keine„Vorreiteridee“, sondern eine Zusammenfassungdieser Entwicklung. „Kampf der Kulturen“ oder„McWorld“ also? Eine weniger polarisierte Per-spektive nehmen zwei Berliner Autorinnen in ihremausgezeichneten und fundierten Buch „Tanz der

Kulturen“ – sicher eine Persiflage auf den Titel Hun-tingtons – ein. Sie gehen davon aus, dass eineweltweite Vernetzung sowieso schon längst zurRealität geworden sei, diese Vernetzung jedochwiederum neue Kulturwerte schaffe. Außerdem ha-be jede Kultur die Kraft, Einflüsse aus anderen Kul-turen aufzunehmen, durch die eigene Kultur zubrechen und schließlich zu assimilieren.

Ausgehend von diesen beiden Hauptrichtungenpasst sich die Wirtschaft (internationale Konzerne)entweder an die Heimatkultur, Standortkultur odereinen Multikulturalismus an und wirkt sich inner-halb der Firmen in erster Linie auf der Schiene Hier-archie/Teambildung aus. Ein interkultureller Mana-ger sollte sich innerhalb einer Firmenkultur – dieschließlich auch noch zu diskutieren wäre – immerdie Frage stellen: „Wie kann ich das, was gut funk-tioniert, verstärken und wie kann ich kulturelle Un-terschiede produktiv nützen?“ Der Akzent liegt hierm.E. immer noch zu sehr auf dem negativen,störenden Element durch „ausländische“ Mitarbei-ter, wenn z.B. höher gestellte Positionen in einerösterreichischen Niederlassung mit Personen ausdem Heimatland des Konzern besetzt werden usw.

Die Leiterin einer amerikanischen Radiostation inDeutschland musste z.B. aufgeben, da es ihre deut-schen Kollegen als Bevormundung empfanden, dasssie selbst die exakte Länge der Artikel festlegte – einein den USA völlig übliche Praxis. Die deutschen Jour-nalisten allerdings wollten sich des schriftlichen Dis-kurses nicht berauben lassen und waren anderer An-sicht.

Deshalb ist es unerlässlich, sich neben einem Ba-siswissen auch Wahrnehmungsgenauigkeit anzu-eignen, um Firmenkulturen wie auch Länderkultu-ren in ihrem Verhalten zu erkennen und das eigeneVerhalten darauf abstimmen zu können – dennnoch einmal: Der Grad der geglückten Kommuni-kation hängt vom Gesprächspartner ab!

John Mole beschäftigt sich in seinem erfolgreichenund witzigen Buch Euro-Knigge für Manager nebeneinem ausführlichen Länderteil mit der Problematik

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von Führung und Organisation innerhalb des kultu-rellen Kontextes. Er unterscheidet individuelle undgruppenzentrierte Führung sowie organische undsystematische Organisation. Ein Problem entstehedann, wenn zum Beispiel eine Firma mit gruppen-orientierter Führung und organischer Organisationund eine Firma mit individueller Führung und sy-stematischer Organisation miteinander Geschäftemachen wollen. Dazwischen sind natürlich alleSpielarten innerhalb einer Firma wie auch zwischenFirmen denkbar. Ausgehend davon entwickelt erseine Mole-Landkarte, die die einzelnen europäi-schen Länder nach Führung und Organisation ein-teilt.

Deutsche Firmen seien demnach stark systema-tisch organisiert und individuell geführt, niederlän-dische Firmen ebenfalls systematisch organisiert,aber stark gruppenorientiert geführt, Österreichscheint nicht auf (1990 erstmals erschienen), istm.E. im Mittelfeld anzusiedeln mit eher individuel-ler Führung und organischer Organisation. Allein diese Auflistung – wenn auch stark generali-sierend – macht die Unterschiede deutlich. Wennwir dann die jeweilige Firmenkultur noch mit be-rücksichtigen, wird deutlich, welche umfassendenAnforderungen interkulturelles Managen an eineFührungsperson stellt.

„Was sowohl bei einem Unternehmen als auch bei ei-nem Individuum wesentlich wichtiger ist als die for-melle Staatsangehörigkeit, ist die Fähigkeit, über geo-graphische und kulturelle Grenzen hinweg funktio-nieren zu können und aus einer Vielzahl differenzierterKraftquellen Stärken und Synergien zu entwickeln, oh-ne jene Wesenszüge zu verlieren, die seine Unver-wechselbarkeit und Einmaligkeit ausmachen, als Per-son oder als Unternehmen „ (Kressler).

Natürlich kann dies nicht auf einem kulturlosenRaum basieren – und echte Kosmopoliten sindauch heutzutage noch selten. Wichtig erscheintmir, aus einer Vielzahl kultureller Verhaltensweisendiejenigen zusammenzuspannen und zu verstär-ken, die miteinander kompatibel sind und die(scheinbar) unvereinbaren als Potential zu nützen.

Innerhalb der Kultur werden wirksam:• der Kulturkreis, in dem wir leben

(westliche Welt)• die Nationalkultur

(Deutschland, Niederlande, Österreich)• die Unternehmenskultur

(Führung, Organisation, Struktur)• der persönliche Lebensstil

(Normen, Werte, Ethik)

Ähnlich wie Mole hat auch der Niederländer FonsTrompenaars in seinem Handbuch globales Managenvier Kulturen entwickelt, die sich auf Basis der Di-mensionen Egalität-Hierarchie und personenzen-triert-aufgabenzentriert in vier Quadranten einteilenlassen:• die Familie: machtorientierte Kultur

(Griechenland, Italien, Spanien,Frankreich, Belgien)

• der Eiffelturm: rollenorientierte Kultur(Deutschland, Dänemark, Niederlande)

• die Lenkrakete: projektorientierte Kultur(Großbritannien, USA, Kanada)

• der Brüter: erfüllungsorientierte Kultur(Schweden)

Reine Typen sind hierbei selten. Ähnlich wie dieNationalkulturen jedoch kollidieren auch Firmen-kulturen miteinander. Die Hauptunterschiede in denNationalkulturen, die sich hierbei auf die Firmen-kulturen auswirken, seien im Weiteren kurz umris-sen und finden sich genauer beschrieben beiTrompenaars (1993), Hofstede (1980, 1993) und Hall(1984).

Literatur-Tipps• Huntington, Samuel P.: Kampf der Kulturen.

Die Neugestaltung der Weltpolitik im21. Jahrhunder,. München, Wien 5/1997.

• Mole, John: Euro-Knigge für Manager.Gemeinsamer Markt – verschiedene Sitten,München 1995

• Trompenaars, Fons: Handbuch globales Managen.Wie man kulturelle Unterschiede imGeschäftsleben versteht, Düsseldorf, Wien 1993

• Breidenbach, Joana, Zukrigl, Ina: Tanz der Kultu-

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2. Grundlagen interkulturellenManagens

1996 publiziert und ein Jahr darauf bereits in derfünften (!) Auflage erschienen ist das Buch „DerKampf der Kulturen“ von Samuel Huntington eben-so populär geworden wie umstritten. Der Harvard-Professor spricht sich gegen einen Mulitkulturalis-mus aus und unterscheidet neun Weltkulturen, vorallem den Westen mit seinem Rückbezug auf ein-heimische Werte, die Wiedererstarkung des Islamund den aufstrebenden chinesischen Machtbe-reich. Maßgebend für ein interkulturelles Manage-ment ist bei Huntington – wenn die Analysen auchstärker politisch als wirtschaftlich ausgerichtet sind– die Frage: „Wohin bewegt sich die Welt nach2000?“ Wir können hierbei eine Vereinheitlichungder Welt postulieren, in der Universalität, Multikul-turalismus und eine „New Global Order“ dominie-ren werden oder eine Trennung der Welt, in derPartikularismus, Multipolarität und eine Unordnungder Konflikte ihren Platz einnehmen werden.

Im ersten Fall hieße dies auf die Wirtschaft übertra-gen, dass internationale Firmen polyzentrischeStrukturen entwickeln müssen, in denen alle Toch-terfilialen gleichberechtigt nebeneinander bestehenbleiben. Der zweite Fall unterscheidet zwei Spielar-ten, die ethnozentrische Variante, bei der die Kulturdes Mutterkonzerns auch in den Filialen dominiertund die geozentrische Variante, wo sich die Filialeeines multinationalen Unternehmens an das Stand-ortland anpasst.

Während in den achtziger Jahren Stichworte wieGlobalisierung, Global Village, McDonaldisierungusw. die Diskussion um Kultur bestimmten, wurdendiese im Zuge der Ostöffnung und der EU-Erweite-rung durch eine Auseinandersetzung mit den Na-tionalkulturen (Europa der Regionen) abgelöst – sogesehen ist die These Huntingtons auch keine„Vorreiteridee“, sondern eine Zusammenfassungdieser Entwicklung. „Kampf der Kulturen“ oder„McWorld“ also? Eine weniger polarisierte Per-spektive nehmen zwei Berliner Autorinnen in ihremausgezeichneten und fundierten Buch „Tanz der

Kulturen“ – sicher eine Persiflage auf den Titel Hun-tingtons – ein. Sie gehen davon aus, dass eineweltweite Vernetzung sowieso schon längst zurRealität geworden sei, diese Vernetzung jedochwiederum neue Kulturwerte schaffe. Außerdem ha-be jede Kultur die Kraft, Einflüsse aus anderen Kul-turen aufzunehmen, durch die eigene Kultur zubrechen und schließlich zu assimilieren.

Ausgehend von diesen beiden Hauptrichtungenpasst sich die Wirtschaft (internationale Konzerne)entweder an die Heimatkultur, Standortkultur odereinen Multikulturalismus an und wirkt sich inner-halb der Firmen in erster Linie auf der Schiene Hier-archie/Teambildung aus. Ein interkultureller Mana-ger sollte sich innerhalb einer Firmenkultur – dieschließlich auch noch zu diskutieren wäre – immerdie Frage stellen: „Wie kann ich das, was gut funk-tioniert, verstärken und wie kann ich kulturelle Un-terschiede produktiv nützen?“ Der Akzent liegt hierm.E. immer noch zu sehr auf dem negativen,störenden Element durch „ausländische“ Mitarbei-ter, wenn z.B. höher gestellte Positionen in einerösterreichischen Niederlassung mit Personen ausdem Heimatland des Konzern besetzt werden usw.

Die Leiterin einer amerikanischen Radiostation inDeutschland musste z.B. aufgeben, da es ihre deut-schen Kollegen als Bevormundung empfanden, dasssie selbst die exakte Länge der Artikel festlegte – einein den USA völlig übliche Praxis. Die deutschen Jour-nalisten allerdings wollten sich des schriftlichen Dis-kurses nicht berauben lassen und waren anderer An-sicht.

Deshalb ist es unerlässlich, sich neben einem Ba-siswissen auch Wahrnehmungsgenauigkeit anzu-eignen, um Firmenkulturen wie auch Länderkultu-ren in ihrem Verhalten zu erkennen und das eigeneVerhalten darauf abstimmen zu können – dennnoch einmal: Der Grad der geglückten Kommuni-kation hängt vom Gesprächspartner ab!

John Mole beschäftigt sich in seinem erfolgreichenund witzigen Buch Euro-Knigge für Manager nebeneinem ausführlichen Länderteil mit der Problematik

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In den Niederlanden sollte demnach die sozialeStruktur dezentral sein; die Verantwortung gehtnach unten und ist nicht an der Spitze zentriert.

Umgekehrt sind die Befürworter individueller Frei-heit am stärksten in den Niederlanden, den USAund Dänemark zu finden und nehmen Richtung Ja-pan immer mehr ab. Immerhin 48% der Franzosenbefürworten individuelle Freiheit, stehen damit aberschon am untersten Ende der Liste! (Stichworte:kollektiv, hoher Kontext, Autorität zentriert, Grup-pen, Familien, „le patron“). Während sich die Men-schen bis zum ausgehenden Mittelalter alsMitglieder eines Kollektivs verstanden, steht demheute der rhetorische Glaube, „den eigenen Weggehen“ zu müssen im Vordergrund. „Doing one’sown thing“ wird zur metaphysischen Phrase einesZustandes, der persönliche Selbstentfaltung überkollektive Interessen stellt. Im Idealfall leisten Mit-arbeiter in einer individualistischen Kultur ihre Ar-beit als Einzelne und fühlen sich persönlichverantwortlich; in kollektiven Kulturen verrichten sieihre Arbeit in Gruppen mit gemeinsam geteilter Ver-antwortung unter einer starken Führung.

Errungener Status versuszugeschriebener Statusstellt ebenfalls ein wichtigstes Unterscheidungs-merkmal dar. Während in individualistischen, nied-rig kontextualisierten Kulturen Leistung alsMaßstab für Autorität und Vollmachten gilt, wird inhoch kontextualisierten Kulturen der Status mit derOrganisation verknüpft. Hier kann die individuelleLeistung zweitrangig sein im Vergleich zu dem Sta-tus, den jemand innerhalb eines Unternehmens be-sitzt. Wenn leistungsorientierte Kulturen annehmen,dass Status, der auf etwas anderem beruhe als Lei-stung, eine archaische Verhaltensweise sei, kannes in Verhandlungen zu Schwierigkeiten kommen,da junge, kompetente Manager weniger Status ge-nießen.

Distanzierte versus haptischeKulturenbildet ebenfalls ein wichtiges Unterscheidungskri-terium und wirken sich auf die Bereiche Raumein-teilung, Körpersprache und Temperament (affektivversus neutral) aus. Der Soziologe des öffentlichen

Raumes ist Erving Goffman. In seinem Buch Das In-dividuum im öffentlichen Austausch untersucht erdas Verhältnis des Menschen zu seinem Raum undim Wesentlichen die bestätigenden und korrektivenAustäusche, die für ein friedliches Nebeneinandermaßgebend sind:• der persönliche Raum: bezeichnet den

Bereich, dessen Betreten durch ein anderesIndividuum als Übergriff empfunden wird(3 Persönlichkeitssphären). Dies kann auchstrategisch ausgenützt werden. Derpersönliche Raum ist vom Schauplatzabhängig und von der Situation, somitvariabel. Beispiel: Warten.

• die Box: ist der Raum, auf den das Individuumtemporären Anspruch erheben kann, z. B. einbegehrter Ausblick, Reservieren des Stuhlsdurch Badetücher etc. Der räumlicheAnspruch wird im Notfall verteidigt.

• der Benutzungsraum: ist der Raum um dasIndividuum, auf welchen es auf Grund voninstrumentellen Erfordernissen Anspruchhat. Beispiel: Zwei Personen unterhaltensich über eine Entfernung hinweg, dieBlickrichtung darf von Dritten nichtgekreuzt werden!

• die Reihendisposition: ist die Ordnung,nach der ein Ansprucherhebender einbestimmtes Gut vor einem anderen erhält(„Frauen und Kinder zuerst“, „Wer zuerstkommt, mahlt zuerst“). Beispiel: Schlangestehen.

• die Hülle: bezeichnet Haut und Kleider. DerKörper wird in verschiedenen Kulturen inritueller Hinsicht verschieden aufgegliedert(Körperöffnungen!). Hier tut sich ein weitesUnterscheidungsfeld zwischen denKulturen auf.

• Besitzterritorien: sind die Dinge, die denKörper umgeben und identisch mit demSelbst sind (Hüte, Zigaretten, Handschuheetc.). Ähnlich wie Boxen markieren sieeinen Raum.

• Informationsreservat: die Reihe vonFakten, die ein Individuum in Anwesenheitanderer über seine Person kontrolliert(Inhalt von Taschen, Behältern, Briefen,biographische Daten des Ansprucher-

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ren. Kulturelle Identität in einer globalisiertenWelt, München 1998

• Hofstede, Geert: Interkulturelle Zusammenarbeit:Kulturen – Organisationen – Management,Wiesbaden 1993

• Hall, Edward T., Reed Hall, Mildred:Verborgene Signale. Studien zur internationalenKommunikation, Hamburg 1984

• Adler, Nancy J.: International dimensions of orga-nizational behavior. The Kent International Busin-ess Series, Boston 2/1991

Hoch versus niedrigkontextualisierte Kulturenbilden die wichtigste Unterscheidung und laufen aufder Trennungsschiene verbale – nonverbale Kom-munikation. Sie haben damit zu tun, wie viel manwissen muss, bevor befriedigende Kommunikationstattfinden kann, wie weit eine unausgesprocheneGemeinsamkeit im Gespräch gegeben ist. In hoch kontextualisierten Kulturen spielt die non-verbale Kommunikation eine wichtige Rolle; Stim-me, Tonalität, Mimik, Gestik und Augenkontakt sindwichtige Bestandteile eines Gesprächs. VerbaleNachrichten sind implizit, der Kontext ist wichtigerals Worte. Verbale Nachrichten werden indirekt ver-mittelt, man „redet um die Sache“ herum, da Kom-munikation als eine Kunstform betrachtet wird. Vorallem asiatische und arabische Kulturen sind hochkontextualisiert; in Europa stärker die südlichenLänder und vor allem Frankreich. In niedrig kontextualisierten Kulturen werden Nach-richten durch Worte vermittelt, der Kontext ist we-niger wichtig: Man spricht Sachverhalte direkt anund aus, wobei Kommunikation als Informations-austausch betrachtet wird, bei dem Argumente ge-winnen. Deutschland und die Niederlande sindnach diesem Schema niedrig kontextualisiert;Österreich nimmt eine Zwischenstellung ein, ist je-doch stärker hoch kontextualisiert.

In hoch kontextualisierten Kulturen sind Konfliktepersonalisiert; sie müssen demnach gelöst odervermieden werden, bevor weitergearbeitet wird.Niedrig kontextualisierte Kulturen stellen persönli-che Konflikte (eher) hinten an und arbeiten für dieSache, wiewohl ein verletzendes Verhalten zumGesprächsthema werden kann! Trompenaars nennt

die Unterscheidung auch diffus (hoher Kontext)und spezifisch (niedriger Kontext).

„ Niedrigkontextkulturen sind anpassungsfähig undflexibel; Kulturen mit hohem Kontext sind reich undsubtil, aber tragen eine Menge „Ballast“ mit sich undwerden wahrscheinlich nie bequem sein für Fremde,die nicht voll assimiliert sind. (...) Bei spezifischenKulturen gibt es die Tendenz, zuerst auf die Zwecke,die Dinge und ihre Besonderheiten zu sehen, bevorman über ihre geheimen Zusammenhänge nach-denkt.” (Trompenaars)

In hoch kontextualisierten Kulturen werden Bezieh-ungen langsam aufgebaut und sind stabil, da sieauf Vertrauen basieren. Verbindungen im Ge-schäftsleben werden durch persönliche Beziehun-gen möglich. Daraus resultiert ein hoch entwickeltesBeziehungsnetzwerk, welches Fremden erschwert,sich zu assimilieren; in niedrig kontextualisiertenKulturen beginnen und enden Beziehungen eherschnell, da die Identität im eigenen Selbst und dereigenen Leistung wurzelt und nicht in Gruppen, Fa-milien und Stämmen wie in der hohen Kontextuali-sierung.

Kollektive versus individuelleKulturenbilden ein wichtiges Unterscheidungskriterium. In-ternationales Management wird in vielen Ländernvon individualistischen oder kollektivistischen Prä-ferenzen beeinflusst, vor allem in den BereichenGeschäftsverbindungen, Entscheidungsprozesse,Motivation, Führung und Leistungsbeurteilung.

In kollektiven Kulturen sind soziale Strukturen undAutorität zentriert (Eiffelturm, Familie; hoher Kon-text); die Verantwortung liegt bei der Führungsspit-ze. Von dieser wird erwartet, im positiven Sinne fürdie Gruppe zu arbeiten. Laurent (1983) und Adler(1989) haben nationale Unterschiede in der Erwar-tung Untergebener an ihre Vorgesetzten in Bezugauf Problemlösungskompetenz herausgearbeitet;an der Spitze steht Japan (78%), gefolgt von Chi-na, Indonesien, Italien, Frankreich, Deutschland(46%), Belgien, der Schweiz, Großbritannien, Dä-nemark, den USA, den Niederlanden (17%) undSchweden (10%, niedriger Kontext, Brüterkultur).

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In den Niederlanden sollte demnach die sozialeStruktur dezentral sein; die Verantwortung gehtnach unten und ist nicht an der Spitze zentriert.

Umgekehrt sind die Befürworter individueller Frei-heit am stärksten in den Niederlanden, den USAund Dänemark zu finden und nehmen Richtung Ja-pan immer mehr ab. Immerhin 48% der Franzosenbefürworten individuelle Freiheit, stehen damit aberschon am untersten Ende der Liste! (Stichworte:kollektiv, hoher Kontext, Autorität zentriert, Grup-pen, Familien, „le patron“). Während sich die Men-schen bis zum ausgehenden Mittelalter alsMitglieder eines Kollektivs verstanden, steht demheute der rhetorische Glaube, „den eigenen Weggehen“ zu müssen im Vordergrund. „Doing one’sown thing“ wird zur metaphysischen Phrase einesZustandes, der persönliche Selbstentfaltung überkollektive Interessen stellt. Im Idealfall leisten Mit-arbeiter in einer individualistischen Kultur ihre Ar-beit als Einzelne und fühlen sich persönlichverantwortlich; in kollektiven Kulturen verrichten sieihre Arbeit in Gruppen mit gemeinsam geteilter Ver-antwortung unter einer starken Führung.

Errungener Status versuszugeschriebener Statusstellt ebenfalls ein wichtigstes Unterscheidungs-merkmal dar. Während in individualistischen, nied-rig kontextualisierten Kulturen Leistung alsMaßstab für Autorität und Vollmachten gilt, wird inhoch kontextualisierten Kulturen der Status mit derOrganisation verknüpft. Hier kann die individuelleLeistung zweitrangig sein im Vergleich zu dem Sta-tus, den jemand innerhalb eines Unternehmens be-sitzt. Wenn leistungsorientierte Kulturen annehmen,dass Status, der auf etwas anderem beruhe als Lei-stung, eine archaische Verhaltensweise sei, kannes in Verhandlungen zu Schwierigkeiten kommen,da junge, kompetente Manager weniger Status ge-nießen.

Distanzierte versus haptischeKulturenbildet ebenfalls ein wichtiges Unterscheidungskri-terium und wirken sich auf die Bereiche Raumein-teilung, Körpersprache und Temperament (affektivversus neutral) aus. Der Soziologe des öffentlichen

Raumes ist Erving Goffman. In seinem Buch Das In-dividuum im öffentlichen Austausch untersucht erdas Verhältnis des Menschen zu seinem Raum undim Wesentlichen die bestätigenden und korrektivenAustäusche, die für ein friedliches Nebeneinandermaßgebend sind:• der persönliche Raum: bezeichnet den

Bereich, dessen Betreten durch ein anderesIndividuum als Übergriff empfunden wird(3 Persönlichkeitssphären). Dies kann auchstrategisch ausgenützt werden. Derpersönliche Raum ist vom Schauplatzabhängig und von der Situation, somitvariabel. Beispiel: Warten.

• die Box: ist der Raum, auf den das Individuumtemporären Anspruch erheben kann, z. B. einbegehrter Ausblick, Reservieren des Stuhlsdurch Badetücher etc. Der räumlicheAnspruch wird im Notfall verteidigt.

• der Benutzungsraum: ist der Raum um dasIndividuum, auf welchen es auf Grund voninstrumentellen Erfordernissen Anspruchhat. Beispiel: Zwei Personen unterhaltensich über eine Entfernung hinweg, dieBlickrichtung darf von Dritten nichtgekreuzt werden!

• die Reihendisposition: ist die Ordnung,nach der ein Ansprucherhebender einbestimmtes Gut vor einem anderen erhält(„Frauen und Kinder zuerst“, „Wer zuerstkommt, mahlt zuerst“). Beispiel: Schlangestehen.

• die Hülle: bezeichnet Haut und Kleider. DerKörper wird in verschiedenen Kulturen inritueller Hinsicht verschieden aufgegliedert(Körperöffnungen!). Hier tut sich ein weitesUnterscheidungsfeld zwischen denKulturen auf.

• Besitzterritorien: sind die Dinge, die denKörper umgeben und identisch mit demSelbst sind (Hüte, Zigaretten, Handschuheetc.). Ähnlich wie Boxen markieren sieeinen Raum.

• Informationsreservat: die Reihe vonFakten, die ein Individuum in Anwesenheitanderer über seine Person kontrolliert(Inhalt von Taschen, Behältern, Briefen,biographische Daten des Ansprucher-

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ren. Kulturelle Identität in einer globalisiertenWelt, München 1998

• Hofstede, Geert: Interkulturelle Zusammenarbeit:Kulturen – Organisationen – Management,Wiesbaden 1993

• Hall, Edward T., Reed Hall, Mildred:Verborgene Signale. Studien zur internationalenKommunikation, Hamburg 1984

• Adler, Nancy J.: International dimensions of orga-nizational behavior. The Kent International Busin-ess Series, Boston 2/1991

Hoch versus niedrigkontextualisierte Kulturenbilden die wichtigste Unterscheidung und laufen aufder Trennungsschiene verbale – nonverbale Kom-munikation. Sie haben damit zu tun, wie viel manwissen muss, bevor befriedigende Kommunikationstattfinden kann, wie weit eine unausgesprocheneGemeinsamkeit im Gespräch gegeben ist. In hoch kontextualisierten Kulturen spielt die non-verbale Kommunikation eine wichtige Rolle; Stim-me, Tonalität, Mimik, Gestik und Augenkontakt sindwichtige Bestandteile eines Gesprächs. VerbaleNachrichten sind implizit, der Kontext ist wichtigerals Worte. Verbale Nachrichten werden indirekt ver-mittelt, man „redet um die Sache“ herum, da Kom-munikation als eine Kunstform betrachtet wird. Vorallem asiatische und arabische Kulturen sind hochkontextualisiert; in Europa stärker die südlichenLänder und vor allem Frankreich. In niedrig kontextualisierten Kulturen werden Nach-richten durch Worte vermittelt, der Kontext ist we-niger wichtig: Man spricht Sachverhalte direkt anund aus, wobei Kommunikation als Informations-austausch betrachtet wird, bei dem Argumente ge-winnen. Deutschland und die Niederlande sindnach diesem Schema niedrig kontextualisiert;Österreich nimmt eine Zwischenstellung ein, ist je-doch stärker hoch kontextualisiert.

In hoch kontextualisierten Kulturen sind Konfliktepersonalisiert; sie müssen demnach gelöst odervermieden werden, bevor weitergearbeitet wird.Niedrig kontextualisierte Kulturen stellen persönli-che Konflikte (eher) hinten an und arbeiten für dieSache, wiewohl ein verletzendes Verhalten zumGesprächsthema werden kann! Trompenaars nennt

die Unterscheidung auch diffus (hoher Kontext)und spezifisch (niedriger Kontext).

„ Niedrigkontextkulturen sind anpassungsfähig undflexibel; Kulturen mit hohem Kontext sind reich undsubtil, aber tragen eine Menge „Ballast“ mit sich undwerden wahrscheinlich nie bequem sein für Fremde,die nicht voll assimiliert sind. (...) Bei spezifischenKulturen gibt es die Tendenz, zuerst auf die Zwecke,die Dinge und ihre Besonderheiten zu sehen, bevorman über ihre geheimen Zusammenhänge nach-denkt.” (Trompenaars)

In hoch kontextualisierten Kulturen werden Bezieh-ungen langsam aufgebaut und sind stabil, da sieauf Vertrauen basieren. Verbindungen im Ge-schäftsleben werden durch persönliche Beziehun-gen möglich. Daraus resultiert ein hoch entwickeltesBeziehungsnetzwerk, welches Fremden erschwert,sich zu assimilieren; in niedrig kontextualisiertenKulturen beginnen und enden Beziehungen eherschnell, da die Identität im eigenen Selbst und dereigenen Leistung wurzelt und nicht in Gruppen, Fa-milien und Stämmen wie in der hohen Kontextuali-sierung.

Kollektive versus individuelleKulturenbilden ein wichtiges Unterscheidungskriterium. In-ternationales Management wird in vielen Ländernvon individualistischen oder kollektivistischen Prä-ferenzen beeinflusst, vor allem in den BereichenGeschäftsverbindungen, Entscheidungsprozesse,Motivation, Führung und Leistungsbeurteilung.

In kollektiven Kulturen sind soziale Strukturen undAutorität zentriert (Eiffelturm, Familie; hoher Kon-text); die Verantwortung liegt bei der Führungsspit-ze. Von dieser wird erwartet, im positiven Sinne fürdie Gruppe zu arbeiten. Laurent (1983) und Adler(1989) haben nationale Unterschiede in der Erwar-tung Untergebener an ihre Vorgesetzten in Bezugauf Problemlösungskompetenz herausgearbeitet;an der Spitze steht Japan (78%), gefolgt von Chi-na, Indonesien, Italien, Frankreich, Deutschland(46%), Belgien, der Schweiz, Großbritannien, Dä-nemark, den USA, den Niederlanden (17%) undSchweden (10%, niedriger Kontext, Brüterkultur).

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Im Unterschied zu den Kulturen Asiens und Afrikasgehören in unseren Breiten der Augenkontakt undder starke Händedruck zum Anstandsgebot einesBegrüßungsrituals. Der Händedruck gibt das Maßan Vitalität, Gefühl und Sachlichkeit wieder, dasman zu investieren bereit ist. In England dagegengeht man stärker auf Distanz und bleibt in einerEntfernung stehen, in der das Händeschütteln un-bequem wäre und daher auch unterlassen wird. Anseine Stelle tritt eine angedeutete Verneigung. InAmerika dagegen zeigt man den offenen Handtel-ler, verbunden mit einem leichten Anheben des Ar-mes und nennt den Namen des anderen: „Hi Jack!“

Abschließend kann gesagt werden: Wir besprechendie wichtigen Dinge zwar verbal, jedoch ist uns derKörper mit seinen nonverbalen Zeichen immer ei-nen Schritt voraus, da er die emotionale Ebene ver-körpert. Deshalb sollten wir gerade bei interkultu-rellen Kontakten, bei denen Grenzen im eigentli-chen und übertragenen Sinn „offen“ werden, auchbesonderes Augenmerk auf die Körpersprache le-gen, da 75% der Information nonverbal vermitteltwerden.

Literatur-Tipps• Molcho, Samy: Körpersprache, München 1996.

Ein Buch, das sich mit Körpersprache allgemeinbeschäftigt und auch interkulturelle Unterschiedeberücksichtigt.

• Morris, Desmond: Bodytalk. Körpersprache,Gesten und Gebärden, München 1995.Ein Muss für interkulturelle Körpersprache, da dieeinzelnen Gebärden und Gesten erklärt und dieVerbreitung dazu angegeben wird. Natürlich seidarauf hingewiesen, dass die Interpretation vonKörpersprache immer die Gesamtpersönlichkeitim Auge haben muss!

Wer sich für eine soziologische Abrundung desThemas interessiert, sei verwiesen auf:• Goffman, Erving: Das Individuum im öffentlichen

Austausch. Mikrostudien zur öffentlichenOrdnung, Frankfurt/Main 1982.Strukturen und Merkmale alltäglicherInteraktionspraktiken werden hier beschrieben.

• Bourdieu, Pierre: Die feinen Unterschiede.Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft,Frankfurt/Main 1987.

Er beschäftigt sich vor allem mit den BegriffenLebensstil, Habitus und soziale Klassen, wobeiLebensstile über Kulturgrenzen hinweggemeinsam werden können.

• Geertz, Clifford: Dichte Beschreibung. Beiträgezum Verstehen kultureller Systeme,Frankfurt/Main, 2/1992.

Polychrone versus monochroneKulturenunterscheiden sich wesentlich in der Einteilung ihrerZeit. Edward T. Hall (1984) hat eine Gegenüberstel-lung der mit unterschiedlicher Zeitauffassung ver-bundenen Verhaltensweisen aufgestellt.

Menschen in monochronen Kulturen teilen ihre Zeitein und tun eines nach dem anderen; nehmen zeit-liche Verpflichtungen ernst, haben ein schnellesKommunikationstempo, halten sich an Pläne, ha-ben eine Achtung vor Privatbesitz und empfindenUnterbrechungen ihrer Arbeit als störend. Da essich um niedrig kontextualisierte, individualistischeKulturen handelt, ist die Informationsdichte ehergering; die nötigen Zusatzinformationen werden er-fragt.

Polychrones Verhalten dagegen zeigt sich darin,dass Menschen ihre Zeit aufteilen; sie identifizierensich – da es sich um hoch kontextualisierte, kollek-tivistische Kulturen handelt – mit Familie, Freunden,Kunden. Da sie innerhalb eines Beziehungsnetz-werkes leben, empfinden sie Arbeitsunterbrechun-gen als anregend, das Kommunikationstempo isteher langsam, dafür aber mit hoher Informations-dichte ausgestattet. Daher sind diese Menschenstets gut informiert und können viele Dinge gleich-zeitig erledigen.

Wenn sich ein Deutscher als Vertreter einer mono-chronen und ein Franzose als Vertreter einer poly-chronen Kultur verabreden und sagen, „ich kommeum fünf“, wann werden die beiden erscheinen? DerDeutsche kurz vor fünf, der Franzose vielleicht zwi-schen halb und drei viertel sechs; gerade nochrechtzeitig, um den Deutschen noch anzutreffen –die Stimmung kann man sich ausmalen. Der Deut-sche ist verärgert, weil das Warten für ihn, derPünktlichkeit als Wert erworben hat, vertane Zeit

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hebenden, Recht darauf, nicht angestarrtoder untersucht zu werden)

• Gesprächsreservat: ist das Recht desIndividuums, wer es wann zu einemGespräch auffordern kann bzw. das Rechteiner Gruppe, im Gespräch nicht vonDritten gestört zu werden.

Alle Reservate sind variabel nach Macht und Sta-tus der Partner, nach territorialen und kulturellenUnterschieden. Territoriale Reservate können über-treten werden durch das Anblicken, Anschauenund Durchbohren mit den Augen (Blickdisziplin),durch ungewollte Gesprächseinmischung, durchungewollte Berührung des anderen etc. DerMensch organisiert sein Leben in räumlichen Ein-heiten. Er markiert seine Grenzen durch ver-schiedenste Verhaltensweisen und Gegenstände.Was sich innerhalb dieser Grenzen befindet, istsein Besitz und wird verteidigt. Jedes Eindringen insein Territorium durch einen anderen und umge-kehrt wirkt wie eine Herausforderung. Wenn demMenschen territoriale Rechte weggenommen wer-den, fühlt er sich irritiert; natürlich sind diese Rech-te je nach den Lebensgewohnheiten verschiedenerKulturkreise unterschiedlich angelegt, vor allem inBezug auf körperliche Grenzen, denn der Körperbildet die erste und natürlichste Intimzone:

„Die Grenzen der Intimität sind in unseren Breitenrecht eng gezogen. In den meisten Ländern des Mit-telmeeres und des Orients hat man zu diesenBerührungen ein viel freieres, weniger ängstliches undverkrampftes Verhältnis. Die Menschen berühren ein-ander gerne und häufig, um Vertrauen und Sympathiezu zeigen, sie nutzen die Ausdrucksmöglichkeiten ih-res Körpers viel selbstverständlicher. Auch unter Män-nern sind Gesten der Zuneigung und Freundschaft üb-lich, herzliche Umarmungen und innige Berührungen,die man in Mitteleuropa nur als erotische Signale gel-ten läßt und darum sehr schnell mißversteht. Ziehtsich jemand davor zurück, so wird das von Südländernleicht als persönliche Ablehnung ausgelegt, die garnicht beabsichtigt war“ (Molcho, 1996).

Um die Grenzen abstecken und ein friedliches Mit-einander schaffen zu können, hat der Mensch eineReihe von Ritualen entwickelt, durch die freundli-

che Absichten und Aggressionsverzicht bei derAnnäherung an ein fremdes Territorium signalisiertwerden. Auch wenn diese Rituale heutzutage imNiedergang begriffen sind, so lässt sich zumindestdoch eine Urform darstellen, das Begrüßen (undVerabschieden). Hier soll auf verschiedeneGrußpraktiken näher eingegangen werden, die Aus-führungen folgen im Wesentlichen Molcho (1996).

Man begrüßt in der Regel mit offener Hand, wel-ches zum einen eine friedliche Absicht und zum an-deren die Bereitschaft zu geben signalisieren soll.Mit offenen Händen präsentiert man auch Gastge-schenke, in manchen Ländern, wie zum BeispielJapan, zu einem hohen Ritual entwickelt, das imSystem des Iemoto (Lehrer-Schüler-Verhältnis) dieWertschätzung des Beschenken genau dokumen-tiert (In manchen orientalischen und östlichen Kul-turen wird heute sogar noch der Boden geküsst,auf dem der Herrscher steht!). In Russland und ei-nigen Balkanländern hält man sich mit den Händenan den Armen fest, da dadurch die Hände „außerGefecht“ gesetzt werden. Dann küsst man sichbrüderlich auf die Wangen, aber auch hier, ähnlichwie bei den Gastgeschenken, mit feinen Nuancen,die Rangordnung und Wertschätzung erkennen las-sen. In romanischen Ländern hingegen sind Wan-genkuss und Umarmung ein ganz ungezwungenesBegrüßungsritual und bedeuten lediglich einenSympathiebeweis. In Indien und anderen asiati-schen Ländern hält man die Handflächen zueinan-der und beugt leicht den Kopf - Zeichen fürKampfverzicht und Bescheidenheit. In Japan legtman die Hände flach auf die Oberschenkel,während man sich mit dem gesamten Oberkörperverbeugt, wie tief ist eine Frage des Ranges undRespekts. Auch wird die Visitenkarte gleich gelesenund nicht, wie bei uns, überflogen und wegge-steckt, oder man tippt sich mit der Visitenkarte aufdie leicht vorgebeugte Stirn.

Literatur-Tipp• Matusek, Paul: Erfolg in Japan. Ein Führer für

Manager und Unternehmer, Wien 1986.Ein (noch immer) sehr lesenswertes undfundiertes Buch über Wirtschaft und japanischeKultur. Der Autor ist Wirtschaftsjournalist undprofunder Kenner Japans.

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Im Unterschied zu den Kulturen Asiens und Afrikasgehören in unseren Breiten der Augenkontakt undder starke Händedruck zum Anstandsgebot einesBegrüßungsrituals. Der Händedruck gibt das Maßan Vitalität, Gefühl und Sachlichkeit wieder, dasman zu investieren bereit ist. In England dagegengeht man stärker auf Distanz und bleibt in einerEntfernung stehen, in der das Händeschütteln un-bequem wäre und daher auch unterlassen wird. Anseine Stelle tritt eine angedeutete Verneigung. InAmerika dagegen zeigt man den offenen Handtel-ler, verbunden mit einem leichten Anheben des Ar-mes und nennt den Namen des anderen: „Hi Jack!“

Abschließend kann gesagt werden: Wir besprechendie wichtigen Dinge zwar verbal, jedoch ist uns derKörper mit seinen nonverbalen Zeichen immer ei-nen Schritt voraus, da er die emotionale Ebene ver-körpert. Deshalb sollten wir gerade bei interkultu-rellen Kontakten, bei denen Grenzen im eigentli-chen und übertragenen Sinn „offen“ werden, auchbesonderes Augenmerk auf die Körpersprache le-gen, da 75% der Information nonverbal vermitteltwerden.

Literatur-Tipps• Molcho, Samy: Körpersprache, München 1996.

Ein Buch, das sich mit Körpersprache allgemeinbeschäftigt und auch interkulturelle Unterschiedeberücksichtigt.

• Morris, Desmond: Bodytalk. Körpersprache,Gesten und Gebärden, München 1995.Ein Muss für interkulturelle Körpersprache, da dieeinzelnen Gebärden und Gesten erklärt und dieVerbreitung dazu angegeben wird. Natürlich seidarauf hingewiesen, dass die Interpretation vonKörpersprache immer die Gesamtpersönlichkeitim Auge haben muss!

Wer sich für eine soziologische Abrundung desThemas interessiert, sei verwiesen auf:• Goffman, Erving: Das Individuum im öffentlichen

Austausch. Mikrostudien zur öffentlichenOrdnung, Frankfurt/Main 1982.Strukturen und Merkmale alltäglicherInteraktionspraktiken werden hier beschrieben.

• Bourdieu, Pierre: Die feinen Unterschiede.Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft,Frankfurt/Main 1987.

Er beschäftigt sich vor allem mit den BegriffenLebensstil, Habitus und soziale Klassen, wobeiLebensstile über Kulturgrenzen hinweggemeinsam werden können.

• Geertz, Clifford: Dichte Beschreibung. Beiträgezum Verstehen kultureller Systeme,Frankfurt/Main, 2/1992.

Polychrone versus monochroneKulturenunterscheiden sich wesentlich in der Einteilung ihrerZeit. Edward T. Hall (1984) hat eine Gegenüberstel-lung der mit unterschiedlicher Zeitauffassung ver-bundenen Verhaltensweisen aufgestellt.

Menschen in monochronen Kulturen teilen ihre Zeitein und tun eines nach dem anderen; nehmen zeit-liche Verpflichtungen ernst, haben ein schnellesKommunikationstempo, halten sich an Pläne, ha-ben eine Achtung vor Privatbesitz und empfindenUnterbrechungen ihrer Arbeit als störend. Da essich um niedrig kontextualisierte, individualistischeKulturen handelt, ist die Informationsdichte ehergering; die nötigen Zusatzinformationen werden er-fragt.

Polychrones Verhalten dagegen zeigt sich darin,dass Menschen ihre Zeit aufteilen; sie identifizierensich – da es sich um hoch kontextualisierte, kollek-tivistische Kulturen handelt – mit Familie, Freunden,Kunden. Da sie innerhalb eines Beziehungsnetz-werkes leben, empfinden sie Arbeitsunterbrechun-gen als anregend, das Kommunikationstempo isteher langsam, dafür aber mit hoher Informations-dichte ausgestattet. Daher sind diese Menschenstets gut informiert und können viele Dinge gleich-zeitig erledigen.

Wenn sich ein Deutscher als Vertreter einer mono-chronen und ein Franzose als Vertreter einer poly-chronen Kultur verabreden und sagen, „ich kommeum fünf“, wann werden die beiden erscheinen? DerDeutsche kurz vor fünf, der Franzose vielleicht zwi-schen halb und drei viertel sechs; gerade nochrechtzeitig, um den Deutschen noch anzutreffen –die Stimmung kann man sich ausmalen. Der Deut-sche ist verärgert, weil das Warten für ihn, derPünktlichkeit als Wert erworben hat, vertane Zeit

EU-Dienstleistungsmanagement

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hebenden, Recht darauf, nicht angestarrtoder untersucht zu werden)

• Gesprächsreservat: ist das Recht desIndividuums, wer es wann zu einemGespräch auffordern kann bzw. das Rechteiner Gruppe, im Gespräch nicht vonDritten gestört zu werden.

Alle Reservate sind variabel nach Macht und Sta-tus der Partner, nach territorialen und kulturellenUnterschieden. Territoriale Reservate können über-treten werden durch das Anblicken, Anschauenund Durchbohren mit den Augen (Blickdisziplin),durch ungewollte Gesprächseinmischung, durchungewollte Berührung des anderen etc. DerMensch organisiert sein Leben in räumlichen Ein-heiten. Er markiert seine Grenzen durch ver-schiedenste Verhaltensweisen und Gegenstände.Was sich innerhalb dieser Grenzen befindet, istsein Besitz und wird verteidigt. Jedes Eindringen insein Territorium durch einen anderen und umge-kehrt wirkt wie eine Herausforderung. Wenn demMenschen territoriale Rechte weggenommen wer-den, fühlt er sich irritiert; natürlich sind diese Rech-te je nach den Lebensgewohnheiten verschiedenerKulturkreise unterschiedlich angelegt, vor allem inBezug auf körperliche Grenzen, denn der Körperbildet die erste und natürlichste Intimzone:

„Die Grenzen der Intimität sind in unseren Breitenrecht eng gezogen. In den meisten Ländern des Mit-telmeeres und des Orients hat man zu diesenBerührungen ein viel freieres, weniger ängstliches undverkrampftes Verhältnis. Die Menschen berühren ein-ander gerne und häufig, um Vertrauen und Sympathiezu zeigen, sie nutzen die Ausdrucksmöglichkeiten ih-res Körpers viel selbstverständlicher. Auch unter Män-nern sind Gesten der Zuneigung und Freundschaft üb-lich, herzliche Umarmungen und innige Berührungen,die man in Mitteleuropa nur als erotische Signale gel-ten läßt und darum sehr schnell mißversteht. Ziehtsich jemand davor zurück, so wird das von Südländernleicht als persönliche Ablehnung ausgelegt, die garnicht beabsichtigt war“ (Molcho, 1996).

Um die Grenzen abstecken und ein friedliches Mit-einander schaffen zu können, hat der Mensch eineReihe von Ritualen entwickelt, durch die freundli-

che Absichten und Aggressionsverzicht bei derAnnäherung an ein fremdes Territorium signalisiertwerden. Auch wenn diese Rituale heutzutage imNiedergang begriffen sind, so lässt sich zumindestdoch eine Urform darstellen, das Begrüßen (undVerabschieden). Hier soll auf verschiedeneGrußpraktiken näher eingegangen werden, die Aus-führungen folgen im Wesentlichen Molcho (1996).

Man begrüßt in der Regel mit offener Hand, wel-ches zum einen eine friedliche Absicht und zum an-deren die Bereitschaft zu geben signalisieren soll.Mit offenen Händen präsentiert man auch Gastge-schenke, in manchen Ländern, wie zum BeispielJapan, zu einem hohen Ritual entwickelt, das imSystem des Iemoto (Lehrer-Schüler-Verhältnis) dieWertschätzung des Beschenken genau dokumen-tiert (In manchen orientalischen und östlichen Kul-turen wird heute sogar noch der Boden geküsst,auf dem der Herrscher steht!). In Russland und ei-nigen Balkanländern hält man sich mit den Händenan den Armen fest, da dadurch die Hände „außerGefecht“ gesetzt werden. Dann küsst man sichbrüderlich auf die Wangen, aber auch hier, ähnlichwie bei den Gastgeschenken, mit feinen Nuancen,die Rangordnung und Wertschätzung erkennen las-sen. In romanischen Ländern hingegen sind Wan-genkuss und Umarmung ein ganz ungezwungenesBegrüßungsritual und bedeuten lediglich einenSympathiebeweis. In Indien und anderen asiati-schen Ländern hält man die Handflächen zueinan-der und beugt leicht den Kopf - Zeichen fürKampfverzicht und Bescheidenheit. In Japan legtman die Hände flach auf die Oberschenkel,während man sich mit dem gesamten Oberkörperverbeugt, wie tief ist eine Frage des Ranges undRespekts. Auch wird die Visitenkarte gleich gelesenund nicht, wie bei uns, überflogen und wegge-steckt, oder man tippt sich mit der Visitenkarte aufdie leicht vorgebeugte Stirn.

Literatur-Tipp• Matusek, Paul: Erfolg in Japan. Ein Führer für

Manager und Unternehmer, Wien 1986.Ein (noch immer) sehr lesenswertes undfundiertes Buch über Wirtschaft und japanischeKultur. Der Autor ist Wirtschaftsjournalist undprofunder Kenner Japans.

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Schlüsselkompetenzen für den europäischen ArbeitsmarktTeil B

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werden, welche Antworten, welches Feedbackzurückkommt, denn nur zu leicht - und gerade iminterkulturellen Kontext - entstehen im Grunde ver-meidbare Missverständnisse. Zu einer Kommuni-kation gehören immer zwei und der Weg zu einerKorrektur oder Anpassung des Verhaltens an dieErfordernisse der Situation muss frei bleiben.

Ein wesentliches Prinzip, sensitiv auf die Situationzu reagieren, besteht darin, die Äußerungen inihrem Vollzug auf den jeweiligen Adressaten „zuzu-schneidern“. Das kann natürlich nur insofern vonErfolg sein, als wir die Persönlichkeit des Adressa-ten kennen und bereits über die Kultur bestimmteInformation haben. Da dies in den meisten Fällenmehr auf Annahmen als auf Fakten beruht, kann esgeschehen, dass der „Zuschnitt“ einer Äußerungnicht angemessen ist, weil der Sprecher sowohlsein eigenes Wissen über den Gesprächspartnerals auch das Vorwissen seines Gesprächspartnersüber ihn entweder über- oder unterschätzt hat.

Trotzdem erscheint mir im Anschluss daran eineausgezeichnete Möglichkeit für interkulturelle Kom-munikation das derzeit sehr moderne Neuro-Lin-guistische Programmieren zu sein, das besagt,dass Verhaltensänderung jederzeit möglich ist. DasElement mit der größten Flexibilität (!) bestimmthierbei die Situation. Ein Manager von heute kannsich nicht fünf unterschiedlichen Kulturen anpas-sen – er muss vielmehr danach trachten, in denVerhandlungen effiziente Ergebnisse zu erzielen.„Behandle die Menschen dabei so, wie sie behan-delt werden möchten“ (und nicht, wie du behandeltwerden willst, denn genau darin liegen ja die Miss-verständnisse!) ist der Leitgedanke des NLP.

Wir brauchen dafür folgende Fähigkeiten:• gut zuhören zu können und frei von

Interpretationen zu bleiben• Wahrnehmungsgenauigkeit zu entwickeln• eine gute Beziehung herstellen zu können• auf eigene und fremde Körpersprache zu

achten• sich in Sprache und Sprechen dem Partner

anpassen zu können

Literatur-Tipp• Ulsamer, Bertold, Blickhan, Claus:

NLP für Einsteiger. Neuro-LinguistischesProgrammieren leicht gemacht,Offenbach 9/1996.Das Buch bietet eine erste gründlicheOrientierung und widmet sich in einemeigenen Kapitel dem Thema NLP undManagement.

Da ein Gespräch, und damit immer auch ein Ge-sprächsverhalten, im interkulturellen Kontext in ho-hem Maß vor dem Hintergrund zweier Kulturenabläuft, die Persönlichkeiten der Gesprächsteilneh-mer eine wichtige Rolle spielen und der Kontextmitbestimmend ist, wäre es wenig sinnvoll, sprach-liche Techniken zu entwickeln. Dies ist lediglich beirituellen Gesprächssequenzen sinnvoll, wie Be-grüßen-Gegengrüßen, Fragen-Antworten, Einla-dung-Annahme/Verweigerung etc. und hier umsowichtiger, da sich gerade in diesen rituellenSprechhandlungen die Merkmale einer Kultur be-sonders deutlich zeigen. Ein Manager sollte sichüber diese rituellen Sprechhandlungen informieren!Dass man in Japan Visitenkarten bei der Be-grüßung nicht einfach wegsteckt, sondern liest,muss man einfach wissen oder dass man ein Kom-pliment höflich zurückweist und nicht, wie in denUSA, dankend annimmt.

Da Gespräch und Gesprächskontext immer mitein-ander korrelieren, sind sie wechselseitig füreinan-der konstitutiv und somit variabel. Das heißt für deninterkulturellen Kontext ganz allgemein: Bei vielenvariablen Bedingungen, wie kann ein Gespräch„funktionieren“, d.h. beruflich, wie kann ich meineInteressen durchsetzen? Ist eine Informationsver-mittlung 1:1 hier überhaupt möglich, wenn man be-denkt, dass es in „bekannten“ Gesprächssituatio-nen im eigenen Land schon oft zu Missverständ-nissen kommen kann und ich mich im Auslandmeist noch einer anderen Sprache bedienen muss?Gerade bei diesem Punkt stellt sich die Frage, wiesich die Kompetenz des Sprechers auf die Kompe-tenz des Gesprächspartners beziehen kann, wennder Sprecher in seiner zweiten oder dritten Sprache

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Schlüsselkompetenzen für den europäischen Arbeitsmarkt Teil B

10

ist; der Franzose fühlt sich durch diese unausge-sprochene Nichterfüllung der Erwartung von Pünkt-lichkeit unter Druck gesetzt.

Die unterschiedliche Kodierung des Zeitbegriffs –der schließlich auch ein Sprachbegriff ist! - definiertdie Realität unterschiedlich. Auf diese verschiede-nen Zugriffe auf die Welt durch Sprache im inter-kulturellen Gespräch sei im Folgenden nähereingegangen.

3. Das interkulturelle Gespräch

Tipp• In Frankfurt sitzt der Verlag für Interkulturelle

Kommunikation, in dessen Titelverzeichnis essich zu schmökern lohnt, da die Bandbreiteder Publikationen zu diesem Thema groß [email protected] (Verlag),[email protected] (Auslieferung).Im Internet zu finden unter:www.iko-verlag.de

Im fremdkulturellen Kontext, wo wir unser Verhal-ten korrigieren und anpassen müssen, wird die Fra-ge nach der Zielgerichtetheit im interkulturellenVerhandeln umso bedeutender. Wir nennen ein Ver-halten effizient, wenn wir es als gewinnbringendempfinden, Verstöße gegen Gewohnheiten und Er-wartungen, die in einem fremden Land anders ab-laufen, können einen Manager dagegen inVerlegenheit und auch Selbstzweifel versetzen. Wirhaben eingangs bereits erwähnt, dass interkulturel-le Manager kompetente Manager und exzellenteKommunikatoren sein müssen. Jedoch ist nicht nurdie Erwartungshaltung an andere maßgebend, son-dern auch eine korrekte Einschätzung des eigenenVerhaltens in der Selbstwahrnehmung, indem wirerkennen, welchen Veränderungen unser Verhaltenin bestimmten Situationen unterliegt. Wenn Verhal-tensänderungen der eigenen Person notwendigwerden, so kann dies auch nicht über Nacht ge-schehen, da sie in Übereinstimmung mit demnatürlichen Gesamtverhalten bleiben müssen. An-passung an eine fremde Kultur ja - Leugnung dereigenen Identität nein! Durch Überzeugungen, An-schauungen und andere Menschen kann ich meinVerhalten ändern, denn „wenn ich zu dem Schlußkomme, daß diese Wirkung auf andere nicht meinenAbsichten oder Vorstellungen entspricht, so suche ichsie zu korrigieren - verbal oder durch die Sprache mei-nes Körpers“ (Molcho). Dies weist auf eine weiterewichtige Komponente in Bezug auf Verhalten undVerhaltensänderung hin: Diese kann nur in einemkommunikativen Prozess mit anderen stattfinden,und hierbei muss sich das Individuum fragen, wel-che Reize es aussendet und wie diese interpretiert

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werden, welche Antworten, welches Feedbackzurückkommt, denn nur zu leicht - und gerade iminterkulturellen Kontext - entstehen im Grunde ver-meidbare Missverständnisse. Zu einer Kommuni-kation gehören immer zwei und der Weg zu einerKorrektur oder Anpassung des Verhaltens an dieErfordernisse der Situation muss frei bleiben.

Ein wesentliches Prinzip, sensitiv auf die Situationzu reagieren, besteht darin, die Äußerungen inihrem Vollzug auf den jeweiligen Adressaten „zuzu-schneidern“. Das kann natürlich nur insofern vonErfolg sein, als wir die Persönlichkeit des Adressa-ten kennen und bereits über die Kultur bestimmteInformation haben. Da dies in den meisten Fällenmehr auf Annahmen als auf Fakten beruht, kann esgeschehen, dass der „Zuschnitt“ einer Äußerungnicht angemessen ist, weil der Sprecher sowohlsein eigenes Wissen über den Gesprächspartnerals auch das Vorwissen seines Gesprächspartnersüber ihn entweder über- oder unterschätzt hat.

Trotzdem erscheint mir im Anschluss daran eineausgezeichnete Möglichkeit für interkulturelle Kom-munikation das derzeit sehr moderne Neuro-Lin-guistische Programmieren zu sein, das besagt,dass Verhaltensänderung jederzeit möglich ist. DasElement mit der größten Flexibilität (!) bestimmthierbei die Situation. Ein Manager von heute kannsich nicht fünf unterschiedlichen Kulturen anpas-sen – er muss vielmehr danach trachten, in denVerhandlungen effiziente Ergebnisse zu erzielen.„Behandle die Menschen dabei so, wie sie behan-delt werden möchten“ (und nicht, wie du behandeltwerden willst, denn genau darin liegen ja die Miss-verständnisse!) ist der Leitgedanke des NLP.

Wir brauchen dafür folgende Fähigkeiten:• gut zuhören zu können und frei von

Interpretationen zu bleiben• Wahrnehmungsgenauigkeit zu entwickeln• eine gute Beziehung herstellen zu können• auf eigene und fremde Körpersprache zu

achten• sich in Sprache und Sprechen dem Partner

anpassen zu können

Literatur-Tipp• Ulsamer, Bertold, Blickhan, Claus:

NLP für Einsteiger. Neuro-LinguistischesProgrammieren leicht gemacht,Offenbach 9/1996.Das Buch bietet eine erste gründlicheOrientierung und widmet sich in einemeigenen Kapitel dem Thema NLP undManagement.

Da ein Gespräch, und damit immer auch ein Ge-sprächsverhalten, im interkulturellen Kontext in ho-hem Maß vor dem Hintergrund zweier Kulturenabläuft, die Persönlichkeiten der Gesprächsteilneh-mer eine wichtige Rolle spielen und der Kontextmitbestimmend ist, wäre es wenig sinnvoll, sprach-liche Techniken zu entwickeln. Dies ist lediglich beirituellen Gesprächssequenzen sinnvoll, wie Be-grüßen-Gegengrüßen, Fragen-Antworten, Einla-dung-Annahme/Verweigerung etc. und hier umsowichtiger, da sich gerade in diesen rituellenSprechhandlungen die Merkmale einer Kultur be-sonders deutlich zeigen. Ein Manager sollte sichüber diese rituellen Sprechhandlungen informieren!Dass man in Japan Visitenkarten bei der Be-grüßung nicht einfach wegsteckt, sondern liest,muss man einfach wissen oder dass man ein Kom-pliment höflich zurückweist und nicht, wie in denUSA, dankend annimmt.

Da Gespräch und Gesprächskontext immer mitein-ander korrelieren, sind sie wechselseitig füreinan-der konstitutiv und somit variabel. Das heißt für deninterkulturellen Kontext ganz allgemein: Bei vielenvariablen Bedingungen, wie kann ein Gespräch„funktionieren“, d.h. beruflich, wie kann ich meineInteressen durchsetzen? Ist eine Informationsver-mittlung 1:1 hier überhaupt möglich, wenn man be-denkt, dass es in „bekannten“ Gesprächssituatio-nen im eigenen Land schon oft zu Missverständ-nissen kommen kann und ich mich im Auslandmeist noch einer anderen Sprache bedienen muss?Gerade bei diesem Punkt stellt sich die Frage, wiesich die Kompetenz des Sprechers auf die Kompe-tenz des Gesprächspartners beziehen kann, wennder Sprecher in seiner zweiten oder dritten Sprache

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ist; der Franzose fühlt sich durch diese unausge-sprochene Nichterfüllung der Erwartung von Pünkt-lichkeit unter Druck gesetzt.

Die unterschiedliche Kodierung des Zeitbegriffs –der schließlich auch ein Sprachbegriff ist! - definiertdie Realität unterschiedlich. Auf diese verschiede-nen Zugriffe auf die Welt durch Sprache im inter-kulturellen Gespräch sei im Folgenden nähereingegangen.

3. Das interkulturelle Gespräch

Tipp• In Frankfurt sitzt der Verlag für Interkulturelle

Kommunikation, in dessen Titelverzeichnis essich zu schmökern lohnt, da die Bandbreiteder Publikationen zu diesem Thema groß [email protected] (Verlag),[email protected] (Auslieferung).Im Internet zu finden unter:www.iko-verlag.de

Im fremdkulturellen Kontext, wo wir unser Verhal-ten korrigieren und anpassen müssen, wird die Fra-ge nach der Zielgerichtetheit im interkulturellenVerhandeln umso bedeutender. Wir nennen ein Ver-halten effizient, wenn wir es als gewinnbringendempfinden, Verstöße gegen Gewohnheiten und Er-wartungen, die in einem fremden Land anders ab-laufen, können einen Manager dagegen inVerlegenheit und auch Selbstzweifel versetzen. Wirhaben eingangs bereits erwähnt, dass interkulturel-le Manager kompetente Manager und exzellenteKommunikatoren sein müssen. Jedoch ist nicht nurdie Erwartungshaltung an andere maßgebend, son-dern auch eine korrekte Einschätzung des eigenenVerhaltens in der Selbstwahrnehmung, indem wirerkennen, welchen Veränderungen unser Verhaltenin bestimmten Situationen unterliegt. Wenn Verhal-tensänderungen der eigenen Person notwendigwerden, so kann dies auch nicht über Nacht ge-schehen, da sie in Übereinstimmung mit demnatürlichen Gesamtverhalten bleiben müssen. An-passung an eine fremde Kultur ja - Leugnung dereigenen Identität nein! Durch Überzeugungen, An-schauungen und andere Menschen kann ich meinVerhalten ändern, denn „wenn ich zu dem Schlußkomme, daß diese Wirkung auf andere nicht meinenAbsichten oder Vorstellungen entspricht, so suche ichsie zu korrigieren - verbal oder durch die Sprache mei-nes Körpers“ (Molcho). Dies weist auf eine weiterewichtige Komponente in Bezug auf Verhalten undVerhaltensänderung hin: Diese kann nur in einemkommunikativen Prozess mit anderen stattfinden,und hierbei muss sich das Individuum fragen, wel-che Reize es aussendet und wie diese interpretiert

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Folgende Tipps stammen aus Kommunikationstrai-nings und lassen sich im interkulturellen Kontextm.E. sehr gut anwenden, da Frage- und Feedback-techniken ohnehin als wichtige Managementfähig-keiten gelten:

• Ich kann bei Unsicherheiten nachfragen:„Ich bin mir nicht sicher, wie ich dasverstehen soll?“

• Ich kann Feedback verlangen undFeedback geben: „Verstehen Sie das auchso?“ „Das habe ich anders verstanden.“

• Ich kann um Definitionen bitten:„Was bedeutet das in Ihrer Kultur genau?“

• Ich kann um Klärung des Sachverhaltesbitten: „Wie muss ich das einordnen?“

• Ich kann Informationen über die fremde Kulturerfragen und eigene geben: „Bei uns ist dasso. Wie ist das in Ihrer Kultur?“

• Ich kann Verhaltensweisen, eigene undfremde, korrigieren auf Basis des neuerworbenen Kulturwissens:„Entschuldigen Sie, aber bei unswürde das so aufgenommen.“

Ob unsere Handlungsziele zum Erfolg führen, hängtim Wesentlichen auch davon ab, inwieweit wir Un-klarheiten, Vagheiten, Vermutungen, Interpretatio-nen in einem Gespräch in Kauf nehmen oder denMut haben, diese notfalls zu korrigieren. Es kannauch ein folgenschwerer Fehler sein, eine unvoll-ständig gebliebene Äußerung eines Gesprächs-partners zu vervollständigen durch interpretativeAnnahmen darüber, was er hätte sagen wollen -gerade, wenn diese Unvollständigkeit oder Schwei-gen stilistisch eingesetzt werden zu interaktivenZwecken. Natürlich muss hier ein Gespür dafürentwickelt werden, wo man definierend eingreifenmuss, um das Gespräch nicht zu gefährden undwo dies für einen erfolgreichen Gesprächsverlaufnicht nötig ist. Konversationsanalyse beinhaltet im-mer auch - das haben wir vorausgesetzt - die Ana-lyse sprachlicher Handlungen. Denn nur einOrdnungsprinzip ermöglicht es schließlich, kultu-

relle Phänomene miteinander zu vergleichen, sonstbleiben sie in ihrer Intersubjektivität stecken. Mit ei-nem Ordnungsprinzip eröffnet sich auch die Mög-lichkeit, ein Gespräch genauer zu untersuchen. Davor allem Statuspositionen in Gesprächen und Ver-handlungen wichtig werden, sollte die Wahrneh-mungsgenauigkeit darauf gerichtet werden, wer

• das Gespräch beginnt und dieGesprächsordnung aufbaut

• die führende/unterlegene Gesprächsrolleübernimmt

• das Thema bestimmt und den größerenGesprächsanteil hat

• der Dominantere ist/ der Mächtigere ist• der höher Positionierte ist• seine Interessen besser durchsetzt

Sind Gesprächstechniken angeeignet und wissenManager auch, wie sie Status und Wertvorstellun-gen der Gesprächsteilnehmer identifizieren können,gibt ihnen dieser Rahmen Sicherheiten, innerhalbderer sie sich bewegen können und fördert zu-gleich Konzentration und Aufmerksamkeit, verbun-den mit Analysefähigkeit (aktives Zuhören undHinsehen!). Es gibt keine klare Methode - auchnicht in der wissenschaftlichen Forschung (!) -, wiediese Gesprächsordnung erkannt werden kann,doch lassen sich zumindest Haltungen nennen, diebei konsequenter Anwendung zu einem Erfolgführen können:

• Zeigen Sie Interesse und Respekt für dieandere Kultur.

• Seien Sie sensibel für Interaktionsvorgänge!• Seien Sie flexibel in Ihren Reaktions-

möglichkeiten!• Entwickeln SieWahrnehmungsgenauigkeit

für Details und für Zusammenhänge• Haben Sie Ausdauer bei der detektivischen

Verfolgung der Spuren Ihres Gesprächspartners• Sie können eine Art „Rasterfahndung“

betreiben, indem Sie Bekanntes vonUnbekanntem trennen.

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spricht, im Gegensatz zum Gesprächspartner, derseine Muttersprache verwendet? Und umgekehrtgilt dies natürlich auch: Wie kann sich jemand aufdie Kompetenz seines Gesprächspartners bezie-hen, wenn er seine Muttersprache verwendet, derPartner jedoch eine für ihn fremde Sprache?

Wilhelm von Humboldt hat zum ersten Mal die The-se von der sprachlichen Weltansicht geäußert, undzwar in der Weise, dass die außersprachliche Wirk-lichkeit ein ungegliederter Stoff ist, der erst durchdie Sprache Form erhält. Der Sprache kommt so-mit gegenstandskonstituierende Funktion zu. Dieamerikanischen Ethnolinguisten Edward Saphir undBenjamin Whorf erforschten Indianersprachen undstellten dabei unterschiedliche Zeitabläufe fest.Daraus resultiert die Formel: Verschiedene Sprach-gemeinschaften erfassen die Wirklichkeit sprach-lich in ganz verschiedener Weise.

In das gleiche System fallen die verschiedenen Be-zeichnungen (zum Beispiel für Reis im Japanischen,Schnee im Finnischen oder Bezeichnungen für Pfer-de im Arabischen) und das Fehlen dieser Bezeich-nungen in anderen europäischen Sprachen.

Fazit: Die Wirklichkeit wird nicht in gleicher Weiseaufgeteilt, es herrscht das Prinzip der sprachlichenRelativität und des sprachlichen Determinismus.Jede Sprache ist ein Netz, das über die Wirklichkeitgeworfen wird, die Maschen dieses Netzes sind je-doch nicht gleich groß. Sprachen sind somit keineuniverselle Nomenklatur.

Da über die Sprache auch der Großteil der Kulturvermittelt wird, spielt diese Tatsache im Kontakt mitfremdkulturellen Partnern eine große Rolle. WennBegriffe nicht deckungsgleich sind bzw. nichtdeckungsgleich verwendet werden bzw. verschie-dene Interpretationen zulassen (wobei hier negativeund positive Konnotationen eine wichtige Rolle spie-len), ist dies eine Quelle für Missverständnisse. BeiÜbersetzungen bekommt diese Tatsache insofernBedeutung, da gewisse Begriffe in der Zielsprache

zum Beispiel fehlen oder aber aus verschiedenenBegriffen der adäquate ausgewählt werden muss.

Als Beispiel mag das Wort „Kompromiss“ dienen,das im Persischen z.B. keinen so positiven Klanghat wie im Englischen, wo man darunter eine „Lö-sung auf dem Mittelweg, mit der beide Seiten lebenkönnen“, versteht. Im Persischen dagegen bedeutet„Kompromiss“ eine „Herabsetzung des eigenenWertes“ oder „Kompromittierung unseres Anse-hens“. Ein „Vermittler“ ist dort jemand, der sich un-eingeladen in etwas hineindrängt:

„Anfang 1980 flog UN-Generalsekretär Waldheimin den Iran zu Verhandlungen über die Geiselfrage.Das gesamte Anliegen wurde alsbald durch eineMeldung des iranischen Rundfunks und Fernse-hens behindert, die einen Ausspruch Waldheimsals Nachricht verbreiteten, er habe bei seiner An-kunft gesagt, dass er als Vermittler kommt auf derSuche nach einem Kompromiß. Bereits wenigeStunden nach der Sendung warfen verärgerte Ira-ner mit Steinen auf das Auto Waldheims“ (Fisher,Ury: Das Harvard-Konzept, New York, Frank-furt/Main 5/1986).

In Anbetracht dieser Unmenge von Faktoren, dienicht immer berechenbar sind, bzw. der Gespräch-spartner nicht immer konform, d.h. meinen Wün-schen entsprechend, reagieren muss, scheint essinnvoll, kulturelle Orientierungsschemata in Ge-sprächen zu erkennen und darauf eingehen zu kön-nen, mit anderen Worten: die Mechanismen derProduktion von sozialer Wirklichkeit zu erkennen.Zentral dabei ist, die soziale Wirklichkeit nicht alsgegeben vorauszusetzen (im Unterschied zur Kul-tur!), sondern Bezug auf die jeweiligen situativenund kontextuellen Gegebenheiten, in denen ein Ge-spräch stattfindet, zu nehmen. Auf der einen Seitebeinhaltet eine solche Vorgehensweise Unsicher-heiten, Unbekanntes, keine festgefügten Raster,kein „Handlungsprogramm“, auf der anderen Seitewird jedoch dadurch der „Raum“ geschaffen, in-nerhalb dessen Verständigung erst möglich wird.

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Folgende Tipps stammen aus Kommunikationstrai-nings und lassen sich im interkulturellen Kontextm.E. sehr gut anwenden, da Frage- und Feedback-techniken ohnehin als wichtige Managementfähig-keiten gelten:

• Ich kann bei Unsicherheiten nachfragen:„Ich bin mir nicht sicher, wie ich dasverstehen soll?“

• Ich kann Feedback verlangen undFeedback geben: „Verstehen Sie das auchso?“ „Das habe ich anders verstanden.“

• Ich kann um Definitionen bitten:„Was bedeutet das in Ihrer Kultur genau?“

• Ich kann um Klärung des Sachverhaltesbitten: „Wie muss ich das einordnen?“

• Ich kann Informationen über die fremde Kulturerfragen und eigene geben: „Bei uns ist dasso. Wie ist das in Ihrer Kultur?“

• Ich kann Verhaltensweisen, eigene undfremde, korrigieren auf Basis des neuerworbenen Kulturwissens:„Entschuldigen Sie, aber bei unswürde das so aufgenommen.“

Ob unsere Handlungsziele zum Erfolg führen, hängtim Wesentlichen auch davon ab, inwieweit wir Un-klarheiten, Vagheiten, Vermutungen, Interpretatio-nen in einem Gespräch in Kauf nehmen oder denMut haben, diese notfalls zu korrigieren. Es kannauch ein folgenschwerer Fehler sein, eine unvoll-ständig gebliebene Äußerung eines Gesprächs-partners zu vervollständigen durch interpretativeAnnahmen darüber, was er hätte sagen wollen -gerade, wenn diese Unvollständigkeit oder Schwei-gen stilistisch eingesetzt werden zu interaktivenZwecken. Natürlich muss hier ein Gespür dafürentwickelt werden, wo man definierend eingreifenmuss, um das Gespräch nicht zu gefährden undwo dies für einen erfolgreichen Gesprächsverlaufnicht nötig ist. Konversationsanalyse beinhaltet im-mer auch - das haben wir vorausgesetzt - die Ana-lyse sprachlicher Handlungen. Denn nur einOrdnungsprinzip ermöglicht es schließlich, kultu-

relle Phänomene miteinander zu vergleichen, sonstbleiben sie in ihrer Intersubjektivität stecken. Mit ei-nem Ordnungsprinzip eröffnet sich auch die Mög-lichkeit, ein Gespräch genauer zu untersuchen. Davor allem Statuspositionen in Gesprächen und Ver-handlungen wichtig werden, sollte die Wahrneh-mungsgenauigkeit darauf gerichtet werden, wer

• das Gespräch beginnt und dieGesprächsordnung aufbaut

• die führende/unterlegene Gesprächsrolleübernimmt

• das Thema bestimmt und den größerenGesprächsanteil hat

• der Dominantere ist/ der Mächtigere ist• der höher Positionierte ist• seine Interessen besser durchsetzt

Sind Gesprächstechniken angeeignet und wissenManager auch, wie sie Status und Wertvorstellun-gen der Gesprächsteilnehmer identifizieren können,gibt ihnen dieser Rahmen Sicherheiten, innerhalbderer sie sich bewegen können und fördert zu-gleich Konzentration und Aufmerksamkeit, verbun-den mit Analysefähigkeit (aktives Zuhören undHinsehen!). Es gibt keine klare Methode - auchnicht in der wissenschaftlichen Forschung (!) -, wiediese Gesprächsordnung erkannt werden kann,doch lassen sich zumindest Haltungen nennen, diebei konsequenter Anwendung zu einem Erfolgführen können:

• Zeigen Sie Interesse und Respekt für dieandere Kultur.

• Seien Sie sensibel für Interaktionsvorgänge!• Seien Sie flexibel in Ihren Reaktions-

möglichkeiten!• Entwickeln SieWahrnehmungsgenauigkeit

für Details und für Zusammenhänge• Haben Sie Ausdauer bei der detektivischen

Verfolgung der Spuren Ihres Gesprächspartners• Sie können eine Art „Rasterfahndung“

betreiben, indem Sie Bekanntes vonUnbekanntem trennen.

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spricht, im Gegensatz zum Gesprächspartner, derseine Muttersprache verwendet? Und umgekehrtgilt dies natürlich auch: Wie kann sich jemand aufdie Kompetenz seines Gesprächspartners bezie-hen, wenn er seine Muttersprache verwendet, derPartner jedoch eine für ihn fremde Sprache?

Wilhelm von Humboldt hat zum ersten Mal die The-se von der sprachlichen Weltansicht geäußert, undzwar in der Weise, dass die außersprachliche Wirk-lichkeit ein ungegliederter Stoff ist, der erst durchdie Sprache Form erhält. Der Sprache kommt so-mit gegenstandskonstituierende Funktion zu. Dieamerikanischen Ethnolinguisten Edward Saphir undBenjamin Whorf erforschten Indianersprachen undstellten dabei unterschiedliche Zeitabläufe fest.Daraus resultiert die Formel: Verschiedene Sprach-gemeinschaften erfassen die Wirklichkeit sprach-lich in ganz verschiedener Weise.

In das gleiche System fallen die verschiedenen Be-zeichnungen (zum Beispiel für Reis im Japanischen,Schnee im Finnischen oder Bezeichnungen für Pfer-de im Arabischen) und das Fehlen dieser Bezeich-nungen in anderen europäischen Sprachen.

Fazit: Die Wirklichkeit wird nicht in gleicher Weiseaufgeteilt, es herrscht das Prinzip der sprachlichenRelativität und des sprachlichen Determinismus.Jede Sprache ist ein Netz, das über die Wirklichkeitgeworfen wird, die Maschen dieses Netzes sind je-doch nicht gleich groß. Sprachen sind somit keineuniverselle Nomenklatur.

Da über die Sprache auch der Großteil der Kulturvermittelt wird, spielt diese Tatsache im Kontakt mitfremdkulturellen Partnern eine große Rolle. WennBegriffe nicht deckungsgleich sind bzw. nichtdeckungsgleich verwendet werden bzw. verschie-dene Interpretationen zulassen (wobei hier negativeund positive Konnotationen eine wichtige Rolle spie-len), ist dies eine Quelle für Missverständnisse. BeiÜbersetzungen bekommt diese Tatsache insofernBedeutung, da gewisse Begriffe in der Zielsprache

zum Beispiel fehlen oder aber aus verschiedenenBegriffen der adäquate ausgewählt werden muss.

Als Beispiel mag das Wort „Kompromiss“ dienen,das im Persischen z.B. keinen so positiven Klanghat wie im Englischen, wo man darunter eine „Lö-sung auf dem Mittelweg, mit der beide Seiten lebenkönnen“, versteht. Im Persischen dagegen bedeutet„Kompromiss“ eine „Herabsetzung des eigenenWertes“ oder „Kompromittierung unseres Anse-hens“. Ein „Vermittler“ ist dort jemand, der sich un-eingeladen in etwas hineindrängt:

„Anfang 1980 flog UN-Generalsekretär Waldheimin den Iran zu Verhandlungen über die Geiselfrage.Das gesamte Anliegen wurde alsbald durch eineMeldung des iranischen Rundfunks und Fernse-hens behindert, die einen Ausspruch Waldheimsals Nachricht verbreiteten, er habe bei seiner An-kunft gesagt, dass er als Vermittler kommt auf derSuche nach einem Kompromiß. Bereits wenigeStunden nach der Sendung warfen verärgerte Ira-ner mit Steinen auf das Auto Waldheims“ (Fisher,Ury: Das Harvard-Konzept, New York, Frank-furt/Main 5/1986).

In Anbetracht dieser Unmenge von Faktoren, dienicht immer berechenbar sind, bzw. der Gespräch-spartner nicht immer konform, d.h. meinen Wün-schen entsprechend, reagieren muss, scheint essinnvoll, kulturelle Orientierungsschemata in Ge-sprächen zu erkennen und darauf eingehen zu kön-nen, mit anderen Worten: die Mechanismen derProduktion von sozialer Wirklichkeit zu erkennen.Zentral dabei ist, die soziale Wirklichkeit nicht alsgegeben vorauszusetzen (im Unterschied zur Kul-tur!), sondern Bezug auf die jeweiligen situativenund kontextuellen Gegebenheiten, in denen ein Ge-spräch stattfindet, zu nehmen. Auf der einen Seitebeinhaltet eine solche Vorgehensweise Unsicher-heiten, Unbekanntes, keine festgefügten Raster,kein „Handlungsprogramm“, auf der anderen Seitewird jedoch dadurch der „Raum“ geschaffen, in-nerhalb dessen Verständigung erst möglich wird.

EU-Dienstleistungsmanagement

Schlüsselkompetenzen für den europäischen ArbeitsmarktTeil B

Sprechhandlungen Status Status Sprechhandlungen

Kommandos geben Machtverhältnis Machtposition Befehlen, Kommando

Bitten unterlegenes Verhältnis Solidarität Bestätigen

Aufforderungen überlegenes Verhältnis Unabhängigkeit freie Meinungsäußerung

Suggestivfragen scheinbare Verbrüderung sex. Distanz Zurückweisung

Befehlen Machtverhältnis Intimität Scherze, Bitten, Humor

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Literatur-Tipps• Bergemann, Nils, Sourisseaux Andreas L.J. (Hg.):

Interkulturelles Management, Heidelberg 2/1996.Siehe hier insbesondere Kapitel 3:Interpersonale und interkulturelleKommunikation. Sehr empfehlenswert miteiner großen Themenbandbreite.

• Apfelthaler, Gerhard:Interkulturelles Management, Wien 1999.Topaktuell und informativ, mit vielen Übungen!Internet: www.fortis-verlag.de(in Öst. Vertrieb über MANZ-Verlag)

• Rehbein, Jochen.:Interkulturelle Kommunikation, Tübingen 1985

• Amt für Multikulturelle Angelegenheitender Stadt Frankfurt am Main (Hg.):Begegnen – Verstehen – Handeln. Handbuch fürInterkulturelles Kommunikationstraining,Frankfurt/Main 2/1995

• Friedenthal-Haase, Martha (Hg.):Erwachsenenbildung interkulturell:Berichte, Materialien, Planungshilfen,Frankfurt/Main 1992

• Burgen, Stephen:Bloody hell, verdammt noch mal! Eineeuropäische Schimpfkunde, München 1998:Sehr witzig, aufschlussreich und voll vonDetailkenntnissen!

• Institut für Auslandsbeziehungen (Hg.):Interkulturelle Kommunikation undinterkulturelles Training, Nr. 33,Stuttgart 1993a

• Dutfield, Mike; Eling, Chris:Gesprächsführung für Manager. Mitarbeiterkompetent beraten und beurteilen,Frankfurt, New York 1993:Sehr gut übertragbar auf interkulturelleKommunikation, da Kontextbezug inGesprächen stark berücksichtigt wird!

4. Interkulturelles über dieNiederlande, Deutschlandund Österreich

Neben einer geschärften Wahrnehmungsfähigkeitim interkulturellen Gespräch und einem Wissenüber globale kulturunterscheidende Merkmale soll-te ein Manager selbstverständlich auch über dieKultur des Ziellandes informiert sein. Informations-orientierte Trainings im Bereich des interkulturellenManagements widmen sich vor allem dieser Tatsa-che und bereiten Manager auf einen Auslandsauf-enthalt oder eine Zusammenarbeit mit demZielland vor. Dies kann von einem Sprachtrainingbis zur allgemeinen Information über Sitten undGebräuche reichen. Im Weiteren sei auf die Nieder-lande, Deutschland und Österreich näher einge-gangen; Literatur zu den einzelnen Ländern ist hierbreit gefächert und reicht von guten Reiseführernbis zu literarischen Texten; deshalb wird hier nurauf die wesentlichen Punkte Verhalten, Unterneh-mensorganisation und Kommunikation näher ein-gegangen.

4.1. Die Niederlande

Tipp• Für die Niederlande gibt das

Centre for International Business Studies(CIBS), dessen Direktor Fons Trompenaarsist, weitere Auskünfte. Das CIBS bietetManagementberatung für Firmen, diemit unterschiedlichen Kulturen umgehenmüssen und darüber hinaus Seminare,Workshops und spezielle Themenarbeitzu Interkulturalität & Wirtschaft.CIBSAmsterdamseweg 4981181 BW Amstelveen, Niederlande++31 20/640 33 11

Verhalten und EinstellungenGeht man die Literatur dazu durch und greife ichauf eigene Erfahrungen zurück, so lässt sich ein (fürmich) komplementärer Wesenszug besonders her-ausstreichen: die Bereitschaft, Neues auszuprobie-ren und gleichzeitig mit traditionellen, erprobtenVerfahren zu verknüpfen. Konservativismus ist hier

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Schlüsselkompetenzen für den europäischen Arbeitsmarkt Teil B

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• Vertrauen Sie auf Ihr intuitives Verständnis.• Hören Sie auf das Gesagte und

interpretieren Sie nicht.• Seien Sie offen genug, um den Partner auf

Sie zukommen zu lassen, und kritischgenug, um Sie selbst zu bleiben.

• Entwickeln Sie allgemein eine „analytischeMentalität“ im Umgang mit einer fremdenKultur.

• Bilden Sie keine vorschnellen Urteile:understand – think – judge!!!

Sprechen ist, wie wir postuliert haben, nicht nurMitteilen, sondern immer auch Handeln, d.h. be-fehlen, fragen, bestreiten, erklären, behaupten, be-glückwünschen etc., ausgerichtet auf eine Reak-tion. Diese werden als Sprechhandlungen bezeich-net. Warum diese in einem interkulturellen Ge-spräch von Bedeutung sind, wird leicht erkennbar,da durch die Wahl der Äußerung der Gespräch-spartner in eine bestimmte (gewünschte) Richtunggelenkt werden kann. Sprechhandlungen sind so-mit zum einen intentional, wollen den Angespro-chenen in eine bestimmte Richtung lenken, zumanderen drücken sie ein Status- und Rollenverhält-nis, d.h. ein Machtverhältnis, aus. Jedoch sind dieSprechhandlungen in zwei Kulturen nicht immerdeckungsgleich: Wo wir z.B. danken, weil wir demanderen eine Mühe gemacht haben, entschuldigensich die Japaner für eben diese Mühe beim Ge-sprächspartner.

Maßgeblich in einem Gespräch ist die Positionie-rung einer Äußerung innerhalb eines Gesprächs, dasie die interaktive Bedeutung entscheidend prägenkann. Welcher Gesprächspartner an welchen Stel-len als nachfolgender Sprecher in Aktion tretenkann, ist kulturell unterschiedlich geprägt aufGrund von verschiedenen Auffassungen über Zeit,Sprechtempo, Toleranz, Höflichkeit, Hierarchie etc.So ist es in Deutschland durchaus erlaubt, einenRedner zu unterbrechen, während es in Spanien alsgroße Unhöflichkeit gilt, dem Sprecher vor dem En-de seiner Ausführungen ins Wort zu fallen. Der„turn“, d.h. der einzelne Redezug, wird nicht alleinvom Sprecher, sondern interaktiv bestimmt. In ara-bischen und afrikanischen Kulturen wird z.B. dieLautstärke als Mittel des Sprecherwechsels einge-setzt. Wird dieses zentrale Strukturmerkmal desSprecherwechsels innerhalb von Gesprächen igno-riert, kommt es zum „Monologisieren“ (in der Regelnegativ aufgefasst). Für die Konstruktion und Absi-cherung von Redezügen sind zwei Dinge maßgeb-lich, Blickkontakt und eine minimale, bestätigendeReaktion auf eine Äußerung.

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Sprechhandlungen Status Status Sprechhandlungen

Kommandos geben Machtverhältnis Machtposition Befehlen, Kommando

Bitten unterlegenes Verhältnis Solidarität Bestätigen

Aufforderungen überlegenes Verhältnis Unabhängigkeit freie Meinungsäußerung

Suggestivfragen scheinbare Verbrüderung sex. Distanz Zurückweisung

Befehlen Machtverhältnis Intimität Scherze, Bitten, Humor

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Literatur-Tipps• Bergemann, Nils, Sourisseaux Andreas L.J. (Hg.):

Interkulturelles Management, Heidelberg 2/1996.Siehe hier insbesondere Kapitel 3:Interpersonale und interkulturelleKommunikation. Sehr empfehlenswert miteiner großen Themenbandbreite.

• Apfelthaler, Gerhard:Interkulturelles Management, Wien 1999.Topaktuell und informativ, mit vielen Übungen!Internet: www.fortis-verlag.de(in Öst. Vertrieb über MANZ-Verlag)

• Rehbein, Jochen.:Interkulturelle Kommunikation, Tübingen 1985

• Amt für Multikulturelle Angelegenheitender Stadt Frankfurt am Main (Hg.):Begegnen – Verstehen – Handeln. Handbuch fürInterkulturelles Kommunikationstraining,Frankfurt/Main 2/1995

• Friedenthal-Haase, Martha (Hg.):Erwachsenenbildung interkulturell:Berichte, Materialien, Planungshilfen,Frankfurt/Main 1992

• Burgen, Stephen:Bloody hell, verdammt noch mal! Eineeuropäische Schimpfkunde, München 1998:Sehr witzig, aufschlussreich und voll vonDetailkenntnissen!

• Institut für Auslandsbeziehungen (Hg.):Interkulturelle Kommunikation undinterkulturelles Training, Nr. 33,Stuttgart 1993a

• Dutfield, Mike; Eling, Chris:Gesprächsführung für Manager. Mitarbeiterkompetent beraten und beurteilen,Frankfurt, New York 1993:Sehr gut übertragbar auf interkulturelleKommunikation, da Kontextbezug inGesprächen stark berücksichtigt wird!

4. Interkulturelles über dieNiederlande, Deutschlandund Österreich

Neben einer geschärften Wahrnehmungsfähigkeitim interkulturellen Gespräch und einem Wissenüber globale kulturunterscheidende Merkmale soll-te ein Manager selbstverständlich auch über dieKultur des Ziellandes informiert sein. Informations-orientierte Trainings im Bereich des interkulturellenManagements widmen sich vor allem dieser Tatsa-che und bereiten Manager auf einen Auslandsauf-enthalt oder eine Zusammenarbeit mit demZielland vor. Dies kann von einem Sprachtrainingbis zur allgemeinen Information über Sitten undGebräuche reichen. Im Weiteren sei auf die Nieder-lande, Deutschland und Österreich näher einge-gangen; Literatur zu den einzelnen Ländern ist hierbreit gefächert und reicht von guten Reiseführernbis zu literarischen Texten; deshalb wird hier nurauf die wesentlichen Punkte Verhalten, Unterneh-mensorganisation und Kommunikation näher ein-gegangen.

4.1. Die Niederlande

Tipp• Für die Niederlande gibt das

Centre for International Business Studies(CIBS), dessen Direktor Fons Trompenaarsist, weitere Auskünfte. Das CIBS bietetManagementberatung für Firmen, diemit unterschiedlichen Kulturen umgehenmüssen und darüber hinaus Seminare,Workshops und spezielle Themenarbeitzu Interkulturalität & Wirtschaft.CIBSAmsterdamseweg 4981181 BW Amstelveen, Niederlande++31 20/640 33 11

Verhalten und EinstellungenGeht man die Literatur dazu durch und greife ichauf eigene Erfahrungen zurück, so lässt sich ein (fürmich) komplementärer Wesenszug besonders her-ausstreichen: die Bereitschaft, Neues auszuprobie-ren und gleichzeitig mit traditionellen, erprobtenVerfahren zu verknüpfen. Konservativismus ist hier

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• Vertrauen Sie auf Ihr intuitives Verständnis.• Hören Sie auf das Gesagte und

interpretieren Sie nicht.• Seien Sie offen genug, um den Partner auf

Sie zukommen zu lassen, und kritischgenug, um Sie selbst zu bleiben.

• Entwickeln Sie allgemein eine „analytischeMentalität“ im Umgang mit einer fremdenKultur.

• Bilden Sie keine vorschnellen Urteile:understand – think – judge!!!

Sprechen ist, wie wir postuliert haben, nicht nurMitteilen, sondern immer auch Handeln, d.h. be-fehlen, fragen, bestreiten, erklären, behaupten, be-glückwünschen etc., ausgerichtet auf eine Reak-tion. Diese werden als Sprechhandlungen bezeich-net. Warum diese in einem interkulturellen Ge-spräch von Bedeutung sind, wird leicht erkennbar,da durch die Wahl der Äußerung der Gespräch-spartner in eine bestimmte (gewünschte) Richtunggelenkt werden kann. Sprechhandlungen sind so-mit zum einen intentional, wollen den Angespro-chenen in eine bestimmte Richtung lenken, zumanderen drücken sie ein Status- und Rollenverhält-nis, d.h. ein Machtverhältnis, aus. Jedoch sind dieSprechhandlungen in zwei Kulturen nicht immerdeckungsgleich: Wo wir z.B. danken, weil wir demanderen eine Mühe gemacht haben, entschuldigensich die Japaner für eben diese Mühe beim Ge-sprächspartner.

Maßgeblich in einem Gespräch ist die Positionie-rung einer Äußerung innerhalb eines Gesprächs, dasie die interaktive Bedeutung entscheidend prägenkann. Welcher Gesprächspartner an welchen Stel-len als nachfolgender Sprecher in Aktion tretenkann, ist kulturell unterschiedlich geprägt aufGrund von verschiedenen Auffassungen über Zeit,Sprechtempo, Toleranz, Höflichkeit, Hierarchie etc.So ist es in Deutschland durchaus erlaubt, einenRedner zu unterbrechen, während es in Spanien alsgroße Unhöflichkeit gilt, dem Sprecher vor dem En-de seiner Ausführungen ins Wort zu fallen. Der„turn“, d.h. der einzelne Redezug, wird nicht alleinvom Sprecher, sondern interaktiv bestimmt. In ara-bischen und afrikanischen Kulturen wird z.B. dieLautstärke als Mittel des Sprecherwechsels einge-setzt. Wird dieses zentrale Strukturmerkmal desSprecherwechsels innerhalb von Gesprächen igno-riert, kommt es zum „Monologisieren“ (in der Regelnegativ aufgefasst). Für die Konstruktion und Absi-cherung von Redezügen sind zwei Dinge maßgeb-lich, Blickkontakt und eine minimale, bestätigendeReaktion auf eine Äußerung.

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Verhalten und EinstellungenEinmal abgesehen davon, dass Deutschland zuviele „Regionalkulturen“ aufweist, um einen „Ein-heitsdeutschen“ definieren zu können, so lässt sichdoch als Hauptmerkmal die sprichwörtliche „Tüch-tigkeit“ herausstreichen – im Unterschied zur öster-reichischen „Gemütlichkeit“. Tüchtigkeit kann alssocial pattern angesehen werden, welches in ho-hem Maß kulturelle Werte transportiert. So impli-ziert dieses Wort Geradlinigkeit, Aufrichtigkeit,Direktheit, aber auch Humorlosigkeit, Inflexibilitätund Undifferenziertheit anderen gegenüber.

Deutsche sind von Leistungs- und Konkurrenzden-ken geprägt und räumen den Statussymbolen vielPlatz ein. Ein eher formales Geschäftsgebarenkann Ausländer abschrecken, jedoch ist dies regio-nal sehr unterschiedlich. Die Leistungs- und Kar-riereorientierung deutscher Unternehmen lässt demEinzelnen nicht viel Freiraum, „Kollegialität“ (eben-falls ein „pattern“) wird geschätzt und Nonkonfor-mismus und Exzentrik werden abgelehnt. Privatesund Berufliches werden strikt getrennt, nach demArbeitstag ist „Feierabend“. Dies impliziert einenkorrekten Umgang mit Zeit; Pünktlichkeit und zeit-gerechtes Erledigen der Arbeit werden als hoherWert geschätzt.

Führung und OrganisationNach Mole sind deutsche Unternehmen in der Re-gel systematisch organisiert, jedoch viel individuel-ler geführt als die der Niederlande. Die bedeuten-den Entscheidungen werden von Geschäftsführernund Vorstandsmitgliedern getroffen, dann geht dieHierarchie strikt nach unten.Status und Hierarchie spielen eine wichtige Rolle;Autoritätspersonen werden als solche akzeptiert;Beziehungen zwischen Vorgesetzen und Unterge-benen sind eher distanziert und schwierig, der PDIliegt eindeutig höher als in den Niederlanden, denndiejenigen, die Macht haben, zeigen diese auchstärker. Trompenaars setzt Deutschland bezeich-nenderweise an die Spitze der Eiffelturm-Kulturen,wo jeder seine spezifische Rolle in einem bestimm-ten System zu erfüllen hat. Der Status wird denübergeordneten Rollen zugeschrieben, deren Inha-ber über Macht verfügen, jedoch distanziert blei-

ben. Deutsche Firmen sind in vielen Bereichenstark bürokratisiert, deshalb können sie auf Uner-wartetes weniger gut und schnell reagieren, da eineUmschichtung der Strukturen notwendig wird (ähn-lich in Österreich).

KommunikationSchon Karl Kraus stellte das Bonmot auf, dass dieÖsterreicher und Deutschen sich durch nichts sosehr unterschieden wie durch die gemeinsameSprache. So sind auch das Sprachverhalten unddie Kommunikation unterschiedlich ausgeprägt.Der Deutsche kommuniziert direkt und auf das Zielzu, sagt, was er sich denkt, ohne seine Aussagenin euphemistische Schnörkel zu kleiden. Historisch gesehen hat diese Verhaltensweise ihreWurzeln im Kaiserreich, welches sich mit verschie-denen Nationen nicht „herumschlagen“ musste wieder Vielvölkerstaat Österreich. Ein Österreicher da-gegen kommuniziert eher „kreisend“, bevor er zurSache kommt und legt mehr Wert auf die nonver-balen Elemente der Kommunikation, um zu sehen,wie das Gesagte aufgenommen wird. So gesehenist Deutschland der niedrigen Kontextualisierungzuzurechnen, Österreich mit Sicherheit einer vielhöheren. Hintergründiger Humor oder Inhalte, diein Österreich auf nonverbaler Ebene transportiertwerden, bleiben einem Deutschen unverständlich –für ihn zählt das Wort.

Wurzelnd in der philosophischen Tradition des Dis-kurses teilt der Deutsche seine Vorliebe des Argu-mentierens, Diskutierens und Analysierens mit denNiederländern, weniger mit den Österreichern. Dieskann zu der irrigen Annahme führen, dass ein tref-fendes Argument doch zählen müsste – der Deut-sche reagiert erstaunt, wenn dem nicht so ist, weilin einer anderen Kultur z.B. Beziehungen stärkergeschätzt werden. In Österreich ist ein Deutscherimmer mit der Interpretation des Gesagten be-schäftigt, und dies empfindet er als Unsicherheit,während ein Österreicher in (Nord)Deutschland ander eindeutigen Kommunikation geradezu „ver-zweifelt“ – nicht, weil er ihrer nicht mächtig wäre,im Gegenteil: Dem Österreicher fehlt das Hinter-gründige an dieser Kommunikationsart.

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gepaart mit Toleranz und Aufgeschlossenheit. Je-doch geht es nicht so sehr um Integration als viel-mehr um Koexistenz („Säulenbildung“) der gesell-schaftlichen Gruppen. Dies wird auch möglich,weil die Niederländer von egalitärem Denken ge-prägt sind und den Dialog als Mittel der Problemlö-sung suchen. So sind sie auch die Nation mit denbesten Fremdsprachenkenntnissen in der EU. Aufdie Außenwirtschaft in hohem Maße angewiesenhaben sie neben den Belgiern die offenste Wirt-schaft Europas und werden so zu einem interkultu-rellen Konsens fast schon „gezwungen“. Multis wiePhilips, Shell und Unilever stehen stellvertretend fürdie Werte interkulturelle Zusammenarbeit, Toleranz,Teamgeist, Entwicklung und Kundenorientierung;jedoch sind sie nicht gleichzusetzen mit der nie-derländischen Wirtschaft, die wie in Österreich -aus Mittel- und Kleinbetrieben besteht.

Mole beschreibt die Niederländer als eine „mariti-me, koloniale, Handel treibende Nation“, die vomKontakt mit anderen Nationen lebt: „Daher ist dieWahrscheinlichkeit, mit einem niederländischenUnternehmen eine Partnerschaft einzugehen, sogroß wie mit Geschäftsleuten aus viel größerenLändern“. Denn Partnerschaften werden gegenü-ber Fusionen bevorzugt.

Führung und OrganisationDie Unternehmensorganisation ist systematisch beigruppenorientierter Führung (Mole); nach Trom-penaars sind die Niederländer zwar der „Eiffelturm-kultur“ zuzurechnen, jedoch mit einem guten Anteilan der „Lenkrakete“. Demnach sind die Niederlän-der logisch, analytisch, rational und effizient, indemsie sich auf gemeinsame Ziele festlegen. Werdendiese Ziele geändert, ändert sich auch die Vor-gangsweise, da die Niederländer problemorientiert,praktisch und professionell ausgerichtet sind. Da-neben werden in den Niederlanden jedoch auchRolle und Status insofern wichtig, da formale Re-geln für einen reibungslosen Geschäftsablauf ein-gehalten werden müssen. Höhere Positionen sindsomit eine Zweckmäßigkeit; ihre Macht wird jedocheher getarnt als zur Schau gestellt. Hofstede ent-wickelte einen so genannten PDI (power distanceindex), der Macht in Bezug auf die Verteilung unter

der Bevölkerung als Kriterium definiert. Demnachherrscht in den Niederlanden ein niedriger PDI vor,der dadurch gekennzeichnet ist, dass Vorgesetzteleicht zugänglich sind, Hierarchie besagte Rollenbedeutet und nicht Ungleichheit und Gleichberech-tigung wichtig ist.

KommunikationDie Beziehungen sind offen und tolerant, mündli-che wird schriftlicher Kommunikation vorgezogen,auch nach oben. Das Brainstorming und Durch-diskutieren von Ideen teilen die Niederländer mitder Argumentationslust der Deutschen, deshalbwerden die beiden Länder zu den niedrig kontex-tualisierten Kulturen gezählt. Ideen müssen gutdurchdacht sein, bevor sie umgesetzt werdenkönnen. Vor allem Meetings dienen der Überprü-fung solcher Ideen zur Entscheidungsfindung.Erst nachdem ein aktiver Konsens erzielt wurde,kann eine Idee – dann jedoch schnell und effizient– umgesetzt werden. Vertretern hierarchischerKulturen mag diese Vorgangsweise eher langwie-rig erscheinen, doch werden Kooperation undVertrauen höher geschätzt als schnelle Entschei-dungen. Ein „Lassen Sie uns die Sache noch ein-mal besprechen“ bedeutet demnach ein Ja, ein„Dies könnte Probleme bringen“ eher ein Nein.Dass gute Konversation geschätzt wird, beruflichwie privat, findet sich in der interkulturellen Litera-tur über die Niederlande wieder – nicht zuletztschlägt sich diese Lust am Fabulieren auch in ei-ner ausgeprägten, aber wenig bekannten Litera-turszene nieder.

4.2. Deutschland

Literatur-Tipp• Die Industrie- und Handelskammer zu Lübeck

hat im April 1999 einen Leitfaden mit demTitel Auslandsknigge: Verhaltensregeln,Geschäftssitten, Etikette herausgegeben.Die Publikation enthält eineAuswahlbibliografie und interessanteInternet-Adressen; zu bestellen bei:Abteilung Außenwirtschaft der Industrie- undHandelskammer zu Lübeck, Breite Straße 6-8,23552 Lübeck E-Mail: [email protected]

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Verhalten und EinstellungenEinmal abgesehen davon, dass Deutschland zuviele „Regionalkulturen“ aufweist, um einen „Ein-heitsdeutschen“ definieren zu können, so lässt sichdoch als Hauptmerkmal die sprichwörtliche „Tüch-tigkeit“ herausstreichen – im Unterschied zur öster-reichischen „Gemütlichkeit“. Tüchtigkeit kann alssocial pattern angesehen werden, welches in ho-hem Maß kulturelle Werte transportiert. So impli-ziert dieses Wort Geradlinigkeit, Aufrichtigkeit,Direktheit, aber auch Humorlosigkeit, Inflexibilitätund Undifferenziertheit anderen gegenüber.

Deutsche sind von Leistungs- und Konkurrenzden-ken geprägt und räumen den Statussymbolen vielPlatz ein. Ein eher formales Geschäftsgebarenkann Ausländer abschrecken, jedoch ist dies regio-nal sehr unterschiedlich. Die Leistungs- und Kar-riereorientierung deutscher Unternehmen lässt demEinzelnen nicht viel Freiraum, „Kollegialität“ (eben-falls ein „pattern“) wird geschätzt und Nonkonfor-mismus und Exzentrik werden abgelehnt. Privatesund Berufliches werden strikt getrennt, nach demArbeitstag ist „Feierabend“. Dies impliziert einenkorrekten Umgang mit Zeit; Pünktlichkeit und zeit-gerechtes Erledigen der Arbeit werden als hoherWert geschätzt.

Führung und OrganisationNach Mole sind deutsche Unternehmen in der Re-gel systematisch organisiert, jedoch viel individuel-ler geführt als die der Niederlande. Die bedeuten-den Entscheidungen werden von Geschäftsführernund Vorstandsmitgliedern getroffen, dann geht dieHierarchie strikt nach unten.Status und Hierarchie spielen eine wichtige Rolle;Autoritätspersonen werden als solche akzeptiert;Beziehungen zwischen Vorgesetzen und Unterge-benen sind eher distanziert und schwierig, der PDIliegt eindeutig höher als in den Niederlanden, denndiejenigen, die Macht haben, zeigen diese auchstärker. Trompenaars setzt Deutschland bezeich-nenderweise an die Spitze der Eiffelturm-Kulturen,wo jeder seine spezifische Rolle in einem bestimm-ten System zu erfüllen hat. Der Status wird denübergeordneten Rollen zugeschrieben, deren Inha-ber über Macht verfügen, jedoch distanziert blei-

ben. Deutsche Firmen sind in vielen Bereichenstark bürokratisiert, deshalb können sie auf Uner-wartetes weniger gut und schnell reagieren, da eineUmschichtung der Strukturen notwendig wird (ähn-lich in Österreich).

KommunikationSchon Karl Kraus stellte das Bonmot auf, dass dieÖsterreicher und Deutschen sich durch nichts sosehr unterschieden wie durch die gemeinsameSprache. So sind auch das Sprachverhalten unddie Kommunikation unterschiedlich ausgeprägt.Der Deutsche kommuniziert direkt und auf das Zielzu, sagt, was er sich denkt, ohne seine Aussagenin euphemistische Schnörkel zu kleiden. Historisch gesehen hat diese Verhaltensweise ihreWurzeln im Kaiserreich, welches sich mit verschie-denen Nationen nicht „herumschlagen“ musste wieder Vielvölkerstaat Österreich. Ein Österreicher da-gegen kommuniziert eher „kreisend“, bevor er zurSache kommt und legt mehr Wert auf die nonver-balen Elemente der Kommunikation, um zu sehen,wie das Gesagte aufgenommen wird. So gesehenist Deutschland der niedrigen Kontextualisierungzuzurechnen, Österreich mit Sicherheit einer vielhöheren. Hintergründiger Humor oder Inhalte, diein Österreich auf nonverbaler Ebene transportiertwerden, bleiben einem Deutschen unverständlich –für ihn zählt das Wort.

Wurzelnd in der philosophischen Tradition des Dis-kurses teilt der Deutsche seine Vorliebe des Argu-mentierens, Diskutierens und Analysierens mit denNiederländern, weniger mit den Österreichern. Dieskann zu der irrigen Annahme führen, dass ein tref-fendes Argument doch zählen müsste – der Deut-sche reagiert erstaunt, wenn dem nicht so ist, weilin einer anderen Kultur z.B. Beziehungen stärkergeschätzt werden. In Österreich ist ein Deutscherimmer mit der Interpretation des Gesagten be-schäftigt, und dies empfindet er als Unsicherheit,während ein Österreicher in (Nord)Deutschland ander eindeutigen Kommunikation geradezu „ver-zweifelt“ – nicht, weil er ihrer nicht mächtig wäre,im Gegenteil: Dem Österreicher fehlt das Hinter-gründige an dieser Kommunikationsart.

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Schlüsselkompetenzen für den europäischen Arbeitsmarkt Teil B

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gepaart mit Toleranz und Aufgeschlossenheit. Je-doch geht es nicht so sehr um Integration als viel-mehr um Koexistenz („Säulenbildung“) der gesell-schaftlichen Gruppen. Dies wird auch möglich,weil die Niederländer von egalitärem Denken ge-prägt sind und den Dialog als Mittel der Problemlö-sung suchen. So sind sie auch die Nation mit denbesten Fremdsprachenkenntnissen in der EU. Aufdie Außenwirtschaft in hohem Maße angewiesenhaben sie neben den Belgiern die offenste Wirt-schaft Europas und werden so zu einem interkultu-rellen Konsens fast schon „gezwungen“. Multis wiePhilips, Shell und Unilever stehen stellvertretend fürdie Werte interkulturelle Zusammenarbeit, Toleranz,Teamgeist, Entwicklung und Kundenorientierung;jedoch sind sie nicht gleichzusetzen mit der nie-derländischen Wirtschaft, die wie in Österreich -aus Mittel- und Kleinbetrieben besteht.

Mole beschreibt die Niederländer als eine „mariti-me, koloniale, Handel treibende Nation“, die vomKontakt mit anderen Nationen lebt: „Daher ist dieWahrscheinlichkeit, mit einem niederländischenUnternehmen eine Partnerschaft einzugehen, sogroß wie mit Geschäftsleuten aus viel größerenLändern“. Denn Partnerschaften werden gegenü-ber Fusionen bevorzugt.

Führung und OrganisationDie Unternehmensorganisation ist systematisch beigruppenorientierter Führung (Mole); nach Trom-penaars sind die Niederländer zwar der „Eiffelturm-kultur“ zuzurechnen, jedoch mit einem guten Anteilan der „Lenkrakete“. Demnach sind die Niederlän-der logisch, analytisch, rational und effizient, indemsie sich auf gemeinsame Ziele festlegen. Werdendiese Ziele geändert, ändert sich auch die Vor-gangsweise, da die Niederländer problemorientiert,praktisch und professionell ausgerichtet sind. Da-neben werden in den Niederlanden jedoch auchRolle und Status insofern wichtig, da formale Re-geln für einen reibungslosen Geschäftsablauf ein-gehalten werden müssen. Höhere Positionen sindsomit eine Zweckmäßigkeit; ihre Macht wird jedocheher getarnt als zur Schau gestellt. Hofstede ent-wickelte einen so genannten PDI (power distanceindex), der Macht in Bezug auf die Verteilung unter

der Bevölkerung als Kriterium definiert. Demnachherrscht in den Niederlanden ein niedriger PDI vor,der dadurch gekennzeichnet ist, dass Vorgesetzteleicht zugänglich sind, Hierarchie besagte Rollenbedeutet und nicht Ungleichheit und Gleichberech-tigung wichtig ist.

KommunikationDie Beziehungen sind offen und tolerant, mündli-che wird schriftlicher Kommunikation vorgezogen,auch nach oben. Das Brainstorming und Durch-diskutieren von Ideen teilen die Niederländer mitder Argumentationslust der Deutschen, deshalbwerden die beiden Länder zu den niedrig kontex-tualisierten Kulturen gezählt. Ideen müssen gutdurchdacht sein, bevor sie umgesetzt werdenkönnen. Vor allem Meetings dienen der Überprü-fung solcher Ideen zur Entscheidungsfindung.Erst nachdem ein aktiver Konsens erzielt wurde,kann eine Idee – dann jedoch schnell und effizient– umgesetzt werden. Vertretern hierarchischerKulturen mag diese Vorgangsweise eher langwie-rig erscheinen, doch werden Kooperation undVertrauen höher geschätzt als schnelle Entschei-dungen. Ein „Lassen Sie uns die Sache noch ein-mal besprechen“ bedeutet demnach ein Ja, ein„Dies könnte Probleme bringen“ eher ein Nein.Dass gute Konversation geschätzt wird, beruflichwie privat, findet sich in der interkulturellen Litera-tur über die Niederlande wieder – nicht zuletztschlägt sich diese Lust am Fabulieren auch in ei-ner ausgeprägten, aber wenig bekannten Litera-turszene nieder.

4.2. Deutschland

Literatur-Tipp• Die Industrie- und Handelskammer zu Lübeck

hat im April 1999 einen Leitfaden mit demTitel Auslandsknigge: Verhaltensregeln,Geschäftssitten, Etikette herausgegeben.Die Publikation enthält eineAuswahlbibliografie und interessanteInternet-Adressen; zu bestellen bei:Abteilung Außenwirtschaft der Industrie- undHandelskammer zu Lübeck, Breite Straße 6-8,23552 Lübeck E-Mail: [email protected]

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schriebene Regeln und Gesetze erkannt werdenmüssen. Historisch gesehen resultiert dieses Ver-halten aus dem jahrhundertelangen Umgang mitFremdkulturen, der ein direktes Kommunizieren innur einer Sprache (Deutsch) unmöglich machte undzu Kompromissen zwang. Von diesem „Austarie-ren“ und vorsichtigem Verhalten ist heute ein Groß-teil in der Kommunikation erhalten geblieben.Bevor man nicht ganz sicher ist, überlässt man lie-ber dem anderen die Interpretation und hofft, dasser die gemeinte trifft. Kommunikation bewegt sichin Österreich kreisend und eher umschreibend aufdas Ziel zu und wird in hohem Maß vom Kontextmitbestimmt.

Führung und OrganisationFür Ausländer sind geschäftliche Kontakte mitösterreichischen Firmen aus diesem Grund schwie-rig. Das Arbeitsleben ist in Österreich geprägt vonBeziehungen, Netzwerken und persönlichen Kon-takten. Einer eher organischen Organisation stehteine eher individuelle Führung gegenüber, das letz-te Wort hat der Vorgesetzte oder Chef, Teambil-dungsprozesse gedeihen eher langsam undschwerfällig und am stärksten unter den neuen,„modernen“ Berufen (Designer, Grafik, Computer-spezialisten). Aus diesem Grund reiht TrompenaarsÖsterreich zu den Eiffelturm-Kulturen, da die Klein-und Mittelbetriebe, die in Österreich den Großteilder Wirtschaftskraft ausmachen, vom Chef domi-niert werden. Aus demselben Grund jedoch zeigtÖsterreich m.E. einen starken Anteil an der Famili-en-Kultur mit hoher Kontextualisierung, verschlun-genem und fehlerkorrigierendem Denken, wo„Väter“ den Kurs berichtigen.

„Macht und Statusunterschiede werden als „natür-lich“ angesehen, als eine persönliche Eigenschaft desLeitenden und ohne Bezug auf ihre mehr oder weni-ger erfolgreich bewältigten Aufgaben, etwa so, wie El-tern Eltern bleiben, auch wenn sie bestimmte Pflich-ten vernachlässigen“ (Trompenaars).

Je größer und multinationaler ein Konzern, destoweniger gelten natürlich diese Familienstrukturen.Im Gegenteil: Österreicher machen gerne im Aus-land Karriere, denn sie sind durch das kulturbe-

dingte Vielvölkererbe anpassungsfähig, gewitzt inder Kommunikation und innovativ.

FirmenkommunikationJe größer die Firma, desto mehr wird die Wichtig-keit von funktionierender Kommunikation erkannt.Schriftliche Kommunikation nimmt einen verhält-nismäßig breiten Raum ein, wenn auch Ämter be-reits versuchen, Bürokratie abzubauen undkundenfreundlicher zu werden. In Firmen nimmt dieschriftliche Kommunikation durch Intranet und E-Mail wieder zu; die persönlichen Beziehungen sindeher informell, Konflikte werden schnell personali-siert (ebenfalls ein Kennzeichen hoher Kontextuali-sierung) und selten offen ausgeredet. Nicht dasAnsehen oder ein Machtspiel zu verlieren, kann füreinen Österreicher entscheidend sein. Mit der Eif-felturm-Kultur hat Österreich gemein, dass sich dieKritik an Irrationalem ausrichtet, wenn man Konflik-te nicht ausräumen kann.

Kontakte für Österreich• Kontakt Österreich

E-Mail: [email protected]• Institut für Wissenschaft und Kunst,

Berggasse 17, 1090 Wien(Tel. ++43 1/317 43 42 oder 315 76 88)hält in regelmäßigen Abständen eineVorlesungsreihe über Interkulturalität.

• KulturKontakt Austria.Kulturförderung und Bildungskooperation,Spittelberggasse 3, 1070 Wien(++43 1/523 87 65) ist eine Auslagerungdes Unterrichtsministeriums und fördertinterkulturelle Projekte und gibtInformationen (Schwerpunkt Osteuropa).www.kulturkontakt.or.at

• Kulturkonzepte.Institut zur wissenschaftlichen Erforschung,Erstellung und Vermittlung kulturellerKonzepte,Gumpendorferstraße 9, 1060 Wien(++43 1/585 39 88, 585 39 99)

• Kulturmanagement BeratungsgesmbH,Kirchengasse 18,1070 Wien(++43 1/526 41 84...0)

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Im Unterschied zu den Niederlanden wird mündli-che Kommunikation auch schriftlich festgelegt,dafür ist wiederum eine ausgeprägte Telefonkulturnicht vorhanden. Dieses Schicksal teilt Deutsch-land mit Österreich. Meetings laufen streng formellab mit Tagesordnung und Protokollen und dienender Ratifizierung von Entscheidungen mehr als derEntscheidungsfindung selbst, die vorher von denzuständigen Experten getroffen wurde. Ingleichrangigen Meetings dagegen gibt es viel mehrDiskussion und Debatten; die Argumente müssenjedoch fundiert sein und dürfen nicht abschweifen.

Kontakte und Trainings für DeutschlandPrivatinstitute• Institut für interkulturelle Kommunikation

ww.iik.com.de• Interkulturelle Kommunikation und Kompetenz

Sabine Okruch M.Awww.berufsethik.de/page8.html

Wer sich für weitere Institute interessiert, sei aufdie Suchmaschine www.apollo7.de verwiesen, dieinteressante Nennungen zur „InterkulturellenKommunikation“ bietet mit Internet-Adressen undLinks, die ein Weitersuchen ermöglichen.Interessante Links:• International Academy for Intercultural Relations• The Web of Culture – Beratungs-Netzwerk für

interkulturelle Kommunikation• Interneg – Ein Netzwerk für Verhandlungen

in interkulturellen Kontexten• Getting through Customs. Eine Datenbank für

die internationale GeschäftsweltHochschuleinrichtungen, vor allem:• Studiengang Interkulturelle Kommunikation

Uni München: www.fak12.uni-muenchen.de• Institut für Interkulturelle Kommunikation TU

Chemnitz www.tu-chemnitz.de• Interfakultatives Institut für Angewandte

Kulturwissenschaft Universität Karlsruhe• Interkulturelle Germanistik Universität

Bayreuth• Interkulturelle Psychologie Universität

Regensburg• Institut für Bildung und Kommunikation in

Migrationsprozessen der UniversitätOldenburg

• Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

4.3. Österreich

Literatur-Tipp• Die Wirtschaftskammer Wien gibt in

regelmäßigen Abständen einen Führer herausfür den richtigen Umgang mit ausländischenGeschäftspartnern mit dem TitelAchtung Kultur. Ein praktischer Wegweiser fürinternationale Geschäftsreisen.Die aktuelle Auflage ist die von Juni 1997und zu beziehen beim Mitgliederservice,Wiedner Hauptstraße 63,1045 Wien.

Verhalten und KommunikationUm „das Österreichische“ zu definieren, müssteman die Geschichte der Monarchie studieren – undselbst dann ist nicht zu definieren, was man darun-ter zu verstehen hat. So ist z.B. bis jetzt trotz vielerAnläufe der Versuch gescheitert, eine österreichi-sche Literaturgeschichte zu schreiben. In der Lite-ratur gibt es etliche Passagen über den Österrei-cher und seinen angeblichen Charakter. Die brillan-teste stammt sicher von Robert Musil. Im Mann ohneEigenschaften heißt es unter anderem:

„Man handelte in diesem Land – und mitunter bis zuden höchsten Graden der Leidenschaft und ihren Fol-gen – immer anders als man dachte, oder dachte andersals man handelte. Unkundige Beobachter haben das fürLiebenswürdigkeit oder gar für Schwäche des ihrer Mei-nung nach österreichischen Charakters gehalten.“

Auch wenn wir es nicht so extrem interpretieren, istes sicher richtig, dass das Verhalten eines Öster-reichers immer einen Spielraum offen lässt, der mitInterpretation gefüllt werden muss – für Ausländerein höchst strapaziöses Unterfangen. Die Bot-schaften eines Österreichers sind immer mehrdeu-tig – man entscheide sich für die „richtige“! Soexistieren in Österreich z. B. mindestens fünf Vari-anten des Ja, die von einem strikten Nein, das ge-meint ist, über ein Vielleicht bis zu einem Ja reichenkönnen. Wie dieses Ja wirklich gemeint ist, wirdüber nonverbale Elemente wie Körpersprache undTonalität vermittelt. In diesem Sinne ist Österreichein sehr hoch kontextualisiertes Land, wo unge-

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schriebene Regeln und Gesetze erkannt werdenmüssen. Historisch gesehen resultiert dieses Ver-halten aus dem jahrhundertelangen Umgang mitFremdkulturen, der ein direktes Kommunizieren innur einer Sprache (Deutsch) unmöglich machte undzu Kompromissen zwang. Von diesem „Austarie-ren“ und vorsichtigem Verhalten ist heute ein Groß-teil in der Kommunikation erhalten geblieben.Bevor man nicht ganz sicher ist, überlässt man lie-ber dem anderen die Interpretation und hofft, dasser die gemeinte trifft. Kommunikation bewegt sichin Österreich kreisend und eher umschreibend aufdas Ziel zu und wird in hohem Maß vom Kontextmitbestimmt.

Führung und OrganisationFür Ausländer sind geschäftliche Kontakte mitösterreichischen Firmen aus diesem Grund schwie-rig. Das Arbeitsleben ist in Österreich geprägt vonBeziehungen, Netzwerken und persönlichen Kon-takten. Einer eher organischen Organisation stehteine eher individuelle Führung gegenüber, das letz-te Wort hat der Vorgesetzte oder Chef, Teambil-dungsprozesse gedeihen eher langsam undschwerfällig und am stärksten unter den neuen,„modernen“ Berufen (Designer, Grafik, Computer-spezialisten). Aus diesem Grund reiht TrompenaarsÖsterreich zu den Eiffelturm-Kulturen, da die Klein-und Mittelbetriebe, die in Österreich den Großteilder Wirtschaftskraft ausmachen, vom Chef domi-niert werden. Aus demselben Grund jedoch zeigtÖsterreich m.E. einen starken Anteil an der Famili-en-Kultur mit hoher Kontextualisierung, verschlun-genem und fehlerkorrigierendem Denken, wo„Väter“ den Kurs berichtigen.

„Macht und Statusunterschiede werden als „natür-lich“ angesehen, als eine persönliche Eigenschaft desLeitenden und ohne Bezug auf ihre mehr oder weni-ger erfolgreich bewältigten Aufgaben, etwa so, wie El-tern Eltern bleiben, auch wenn sie bestimmte Pflich-ten vernachlässigen“ (Trompenaars).

Je größer und multinationaler ein Konzern, destoweniger gelten natürlich diese Familienstrukturen.Im Gegenteil: Österreicher machen gerne im Aus-land Karriere, denn sie sind durch das kulturbe-

dingte Vielvölkererbe anpassungsfähig, gewitzt inder Kommunikation und innovativ.

FirmenkommunikationJe größer die Firma, desto mehr wird die Wichtig-keit von funktionierender Kommunikation erkannt.Schriftliche Kommunikation nimmt einen verhält-nismäßig breiten Raum ein, wenn auch Ämter be-reits versuchen, Bürokratie abzubauen undkundenfreundlicher zu werden. In Firmen nimmt dieschriftliche Kommunikation durch Intranet und E-Mail wieder zu; die persönlichen Beziehungen sindeher informell, Konflikte werden schnell personali-siert (ebenfalls ein Kennzeichen hoher Kontextuali-sierung) und selten offen ausgeredet. Nicht dasAnsehen oder ein Machtspiel zu verlieren, kann füreinen Österreicher entscheidend sein. Mit der Eif-felturm-Kultur hat Österreich gemein, dass sich dieKritik an Irrationalem ausrichtet, wenn man Konflik-te nicht ausräumen kann.

Kontakte für Österreich• Kontakt Österreich

E-Mail: [email protected]• Institut für Wissenschaft und Kunst,

Berggasse 17, 1090 Wien(Tel. ++43 1/317 43 42 oder 315 76 88)hält in regelmäßigen Abständen eineVorlesungsreihe über Interkulturalität.

• KulturKontakt Austria.Kulturförderung und Bildungskooperation,Spittelberggasse 3, 1070 Wien(++43 1/523 87 65) ist eine Auslagerungdes Unterrichtsministeriums und fördertinterkulturelle Projekte und gibtInformationen (Schwerpunkt Osteuropa).www.kulturkontakt.or.at

• Kulturkonzepte.Institut zur wissenschaftlichen Erforschung,Erstellung und Vermittlung kulturellerKonzepte,Gumpendorferstraße 9, 1060 Wien(++43 1/585 39 88, 585 39 99)

• Kulturmanagement BeratungsgesmbH,Kirchengasse 18,1070 Wien(++43 1/526 41 84...0)

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Im Unterschied zu den Niederlanden wird mündli-che Kommunikation auch schriftlich festgelegt,dafür ist wiederum eine ausgeprägte Telefonkulturnicht vorhanden. Dieses Schicksal teilt Deutsch-land mit Österreich. Meetings laufen streng formellab mit Tagesordnung und Protokollen und dienender Ratifizierung von Entscheidungen mehr als derEntscheidungsfindung selbst, die vorher von denzuständigen Experten getroffen wurde. Ingleichrangigen Meetings dagegen gibt es viel mehrDiskussion und Debatten; die Argumente müssenjedoch fundiert sein und dürfen nicht abschweifen.

Kontakte und Trainings für DeutschlandPrivatinstitute• Institut für interkulturelle Kommunikation

ww.iik.com.de• Interkulturelle Kommunikation und Kompetenz

Sabine Okruch M.Awww.berufsethik.de/page8.html

Wer sich für weitere Institute interessiert, sei aufdie Suchmaschine www.apollo7.de verwiesen, dieinteressante Nennungen zur „InterkulturellenKommunikation“ bietet mit Internet-Adressen undLinks, die ein Weitersuchen ermöglichen.Interessante Links:• International Academy for Intercultural Relations• The Web of Culture – Beratungs-Netzwerk für

interkulturelle Kommunikation• Interneg – Ein Netzwerk für Verhandlungen

in interkulturellen Kontexten• Getting through Customs. Eine Datenbank für

die internationale GeschäftsweltHochschuleinrichtungen, vor allem:• Studiengang Interkulturelle Kommunikation

Uni München: www.fak12.uni-muenchen.de• Institut für Interkulturelle Kommunikation TU

Chemnitz www.tu-chemnitz.de• Interfakultatives Institut für Angewandte

Kulturwissenschaft Universität Karlsruhe• Interkulturelle Germanistik Universität

Bayreuth• Interkulturelle Psychologie Universität

Regensburg• Institut für Bildung und Kommunikation in

Migrationsprozessen der UniversitätOldenburg

• Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

4.3. Österreich

Literatur-Tipp• Die Wirtschaftskammer Wien gibt in

regelmäßigen Abständen einen Führer herausfür den richtigen Umgang mit ausländischenGeschäftspartnern mit dem TitelAchtung Kultur. Ein praktischer Wegweiser fürinternationale Geschäftsreisen.Die aktuelle Auflage ist die von Juni 1997und zu beziehen beim Mitgliederservice,Wiedner Hauptstraße 63,1045 Wien.

Verhalten und KommunikationUm „das Österreichische“ zu definieren, müssteman die Geschichte der Monarchie studieren – undselbst dann ist nicht zu definieren, was man darun-ter zu verstehen hat. So ist z.B. bis jetzt trotz vielerAnläufe der Versuch gescheitert, eine österreichi-sche Literaturgeschichte zu schreiben. In der Lite-ratur gibt es etliche Passagen über den Österrei-cher und seinen angeblichen Charakter. Die brillan-teste stammt sicher von Robert Musil. Im Mann ohneEigenschaften heißt es unter anderem:

„Man handelte in diesem Land – und mitunter bis zuden höchsten Graden der Leidenschaft und ihren Fol-gen – immer anders als man dachte, oder dachte andersals man handelte. Unkundige Beobachter haben das fürLiebenswürdigkeit oder gar für Schwäche des ihrer Mei-nung nach österreichischen Charakters gehalten.“

Auch wenn wir es nicht so extrem interpretieren, istes sicher richtig, dass das Verhalten eines Öster-reichers immer einen Spielraum offen lässt, der mitInterpretation gefüllt werden muss – für Ausländerein höchst strapaziöses Unterfangen. Die Bot-schaften eines Österreichers sind immer mehrdeu-tig – man entscheide sich für die „richtige“! Soexistieren in Österreich z. B. mindestens fünf Vari-anten des Ja, die von einem strikten Nein, das ge-meint ist, über ein Vielleicht bis zu einem Ja reichenkönnen. Wie dieses Ja wirklich gemeint ist, wirdüber nonverbale Elemente wie Körpersprache undTonalität vermittelt. In diesem Sinne ist Österreichein sehr hoch kontextualisiertes Land, wo unge-

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auch die Lehr- und Lernmethoden sind danachausgerichtet. Die Probleme bei der Anpassung aneine fremde Kultur, der so genannte Kulturschockund das persönliche Erleben der Anpassung wer-den in diesen Trainings thematisiert. Der Vorteil be-steht in einer dichten Bandbreite von Information,nur kann ein solches Training allein dazu verleiten,sich nach einer Liste „richtiger“ Verhaltensregeln zuorientieren, die in spezifischen Situationen nicht im-mer funktionieren müssen. Deshalb ist diese Trai-ningsart als Abrundung anderer Trainings oder„Blitzinformation“ bereits erfahrener Kollegen ge-eignet, sollte sonst jedoch eingebettet sein in fol-gende Trainings:

Das kulturorientierte Traininggilt in der amerikanischen Literatur als „culturalawareness training“ und dient vor allem der ge-schärften Selbst- und Fremdbeobachtung in Aus-landssituationen. Dass eine hohe Wahrnehmungs-genauigkeit (als Übersetzung von „awareness“) be-deutungsvoll im interkulturellen Kontext ist, habeich bereits an verschiedenen Stellen betont. DasTraining kreist um Begriffe wie Bewusstheit, Ein-stellungsänderung, Selbstverständnis, Bewer-tungskriterien etc. und spielt sich zwischen affek-tiver und kognitiver Lernebene ab. Hier werdenbereits grundlegende Prozesse interkulturellen Ler-nens vermittelt. In Simulations- und Rollenspielenwerden Missverständnisse und Kommunikations-störungen thematisiert; das Entstehen und Verste-hen kultureller Verhaltensweisen ist Ziel dieser Trai-nings, so dass die eigene Handlungskompetenzangepasst und erweitert wird.

Tipp• Das bekannteste Kultur-Simulationsspiel ist:

Shirts, G: Bafa Bafa. Boxed Material andDirections, Intercultural Press 1978.Yarmouth

Das interaktionsorientierte Trainingbietet den Teilnehmern die Möglichkeit, das Ziel-land durch ausländische Gäste kennen zu lernen.In Rollenspielen werden kritische Interaktionssitua-tionen simuliert und analysiert, um Missverständ-nisse auf beiden Seiten zu vermeiden. Vor allemKommunikationsübungen, wie in anderen Kommu-

nikationstrainings auch, werden hier verstärkt ein-gesetzt (aktives Zuhören, Feedbacktechniken, Fra-getechniken). Kapitel 3, „das interkulturelleGespräch“, findet hier breiten Raum. Da die aktiveKommunikation mit den Menschen des Ziellandesaktiviert wird, sollte das Training auch einen„Sprach-brush-up“ enthalten. Meist werden auchsog.“ resource people“ des Ziellandes eingesetzt,die als Vertrauenspersonen die Teilnehmer in ihrLand einführen.

Literatur-Tipp• Der Klassiker: Landis D; Brislin R.W.:

Handbook of Intercultural Training, Vol I, II,III, New York 1983.

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Trainings und AusbildungenIn Österreich gibt es derzeit noch kein breitgefächertes Angebot an Ausbildungsmöglichkeitenim Bereich interkulturelle Kommunikation undManagement. Dieses stellt vielmehr ein Fachinnerhalb eines Vollstudiums dar. Um sich darüberzu informieren, sei auf folgende Institute bzw.Studien verwiesen:• Fachhochschulstudiengang Europäische

Wirtschafts- und Unternehmensführung,Molkereistraße 1,1020 Wienwww.fh-vie.at,E-Mail: [email protected]

• Fachhochschulstudiengang für InternationaleWirtschaftsbeziehungen,Abteilung Auslandsprojekte,Joseph-Haydn-Gasse 1,7000 Eisenstadt

• Fachhochschulstudiengang fürKommunikationswirtschaft,Währinger Gürtel 97,1181 WienE-Mail: [email protected]

• Wirtschaftsuniversität Wien,Augasse 2-6, 1090 Wienwww.wu-wien.ac.at

• Centre for Culture and Management,Linzwww.iccm.co.at/poeschl-cv.html

• Institut für Sprachwissenschaft,Berggasse 17,1090 Wienwww.univie.ac.at

• Institut für Publizistik undKommunikationswissenschaft,Wienwww univie.ac.at/publizistik

• Institut für Soziologie,Alserstraße 33,1090 Wienwww.soz.univie.ac.at

5. Interkulturelle Trainings

Die im vorigen Kapitel angeführten Adressen stel-len freilich nur eine Auswahl von Kontakten undTrainings dar. Da die gesamte Thematik der inter-kulturellen Kommunikation in hohem Maß interdis-ziplinär angelegt ist, ist eine vertiefende Orientie-rung, wie in der Einführung erwähnt, in viele Rich-tungen hin möglich. Einige Schlagworte zur weite-ren Orientierung seien hier aufgelistet:

• Soziologie:Verhaltensforschung, Kulturtheorie,Feldforschung

• Psychologie:Selbst- und Fremdwahrnehmung,Verhältnis Kultur-Individuum

• Kommunikationswissenschaft:Gesprächs- und Verhandlungsführung

• Sprachwissenschaft:Semantik, Pragmatik, Sprechakttheorie,

• Wirtschaftswissenschaften:Management, Führung, Firmenkulturen

Die Entwicklung von geeigneten Trainingsprogram-men ist fächerübergreifend und daher sehr umfas-send, denn „die Erkenntnisse der kulturvergleichen-den Forschungen in den Sozial- und Humanwissen-schaften sowie das im internationalen Managementgesammelte Erfahrungswissen müssen für die Zweckeder Trainingsentwicklung und der Trainingseva-luierung systematisch aufbereitet, analysiert und mit-einander verglichen werden „ (Thomas, Hagemann)

So ist man bei uns auf der Suche nach guten Trai-ningsprogrammen immer noch in erster Linie aufdie englischsprachige Literatur angewiesen. Dieseunterscheidet im Wesentlichen drei Trainingsarten,die in Landis/Brislin zu finden sind.

Das informationsorientierte Trainingdient dazu, den Teilnehmern die nötigen Daten undFakten über das Zielland zu vermitteln, gibt Tippsund Hinweise zur Etikette (je fremder das Land, de-sto wichtiger) und richtigem Verhalten. Erfahrungs-berichte auslandserfahrener Landsleute undFallbeispiele runden dieses, sich vor allem auf derkognitiven Lernebene bewegende Training ab;

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auch die Lehr- und Lernmethoden sind danachausgerichtet. Die Probleme bei der Anpassung aneine fremde Kultur, der so genannte Kulturschockund das persönliche Erleben der Anpassung wer-den in diesen Trainings thematisiert. Der Vorteil be-steht in einer dichten Bandbreite von Information,nur kann ein solches Training allein dazu verleiten,sich nach einer Liste „richtiger“ Verhaltensregeln zuorientieren, die in spezifischen Situationen nicht im-mer funktionieren müssen. Deshalb ist diese Trai-ningsart als Abrundung anderer Trainings oder„Blitzinformation“ bereits erfahrener Kollegen ge-eignet, sollte sonst jedoch eingebettet sein in fol-gende Trainings:

Das kulturorientierte Traininggilt in der amerikanischen Literatur als „culturalawareness training“ und dient vor allem der ge-schärften Selbst- und Fremdbeobachtung in Aus-landssituationen. Dass eine hohe Wahrnehmungs-genauigkeit (als Übersetzung von „awareness“) be-deutungsvoll im interkulturellen Kontext ist, habeich bereits an verschiedenen Stellen betont. DasTraining kreist um Begriffe wie Bewusstheit, Ein-stellungsänderung, Selbstverständnis, Bewer-tungskriterien etc. und spielt sich zwischen affek-tiver und kognitiver Lernebene ab. Hier werdenbereits grundlegende Prozesse interkulturellen Ler-nens vermittelt. In Simulations- und Rollenspielenwerden Missverständnisse und Kommunikations-störungen thematisiert; das Entstehen und Verste-hen kultureller Verhaltensweisen ist Ziel dieser Trai-nings, so dass die eigene Handlungskompetenzangepasst und erweitert wird.

Tipp• Das bekannteste Kultur-Simulationsspiel ist:

Shirts, G: Bafa Bafa. Boxed Material andDirections, Intercultural Press 1978.Yarmouth

Das interaktionsorientierte Trainingbietet den Teilnehmern die Möglichkeit, das Ziel-land durch ausländische Gäste kennen zu lernen.In Rollenspielen werden kritische Interaktionssitua-tionen simuliert und analysiert, um Missverständ-nisse auf beiden Seiten zu vermeiden. Vor allemKommunikationsübungen, wie in anderen Kommu-

nikationstrainings auch, werden hier verstärkt ein-gesetzt (aktives Zuhören, Feedbacktechniken, Fra-getechniken). Kapitel 3, „das interkulturelleGespräch“, findet hier breiten Raum. Da die aktiveKommunikation mit den Menschen des Ziellandesaktiviert wird, sollte das Training auch einen„Sprach-brush-up“ enthalten. Meist werden auchsog.“ resource people“ des Ziellandes eingesetzt,die als Vertrauenspersonen die Teilnehmer in ihrLand einführen.

Literatur-Tipp• Der Klassiker: Landis D; Brislin R.W.:

Handbook of Intercultural Training, Vol I, II,III, New York 1983.

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Trainings und AusbildungenIn Österreich gibt es derzeit noch kein breitgefächertes Angebot an Ausbildungsmöglichkeitenim Bereich interkulturelle Kommunikation undManagement. Dieses stellt vielmehr ein Fachinnerhalb eines Vollstudiums dar. Um sich darüberzu informieren, sei auf folgende Institute bzw.Studien verwiesen:• Fachhochschulstudiengang Europäische

Wirtschafts- und Unternehmensführung,Molkereistraße 1,1020 Wienwww.fh-vie.at,E-Mail: [email protected]

• Fachhochschulstudiengang für InternationaleWirtschaftsbeziehungen,Abteilung Auslandsprojekte,Joseph-Haydn-Gasse 1,7000 Eisenstadt

• Fachhochschulstudiengang fürKommunikationswirtschaft,Währinger Gürtel 97,1181 WienE-Mail: [email protected]

• Wirtschaftsuniversität Wien,Augasse 2-6, 1090 Wienwww.wu-wien.ac.at

• Centre for Culture and Management,Linzwww.iccm.co.at/poeschl-cv.html

• Institut für Sprachwissenschaft,Berggasse 17,1090 Wienwww.univie.ac.at

• Institut für Publizistik undKommunikationswissenschaft,Wienwww univie.ac.at/publizistik

• Institut für Soziologie,Alserstraße 33,1090 Wienwww.soz.univie.ac.at

5. Interkulturelle Trainings

Die im vorigen Kapitel angeführten Adressen stel-len freilich nur eine Auswahl von Kontakten undTrainings dar. Da die gesamte Thematik der inter-kulturellen Kommunikation in hohem Maß interdis-ziplinär angelegt ist, ist eine vertiefende Orientie-rung, wie in der Einführung erwähnt, in viele Rich-tungen hin möglich. Einige Schlagworte zur weite-ren Orientierung seien hier aufgelistet:

• Soziologie:Verhaltensforschung, Kulturtheorie,Feldforschung

• Psychologie:Selbst- und Fremdwahrnehmung,Verhältnis Kultur-Individuum

• Kommunikationswissenschaft:Gesprächs- und Verhandlungsführung

• Sprachwissenschaft:Semantik, Pragmatik, Sprechakttheorie,

• Wirtschaftswissenschaften:Management, Führung, Firmenkulturen

Die Entwicklung von geeigneten Trainingsprogram-men ist fächerübergreifend und daher sehr umfas-send, denn „die Erkenntnisse der kulturvergleichen-den Forschungen in den Sozial- und Humanwissen-schaften sowie das im internationalen Managementgesammelte Erfahrungswissen müssen für die Zweckeder Trainingsentwicklung und der Trainingseva-luierung systematisch aufbereitet, analysiert und mit-einander verglichen werden „ (Thomas, Hagemann)

So ist man bei uns auf der Suche nach guten Trai-ningsprogrammen immer noch in erster Linie aufdie englischsprachige Literatur angewiesen. Dieseunterscheidet im Wesentlichen drei Trainingsarten,die in Landis/Brislin zu finden sind.

Das informationsorientierte Trainingdient dazu, den Teilnehmern die nötigen Daten undFakten über das Zielland zu vermitteln, gibt Tippsund Hinweise zur Etikette (je fremder das Land, de-sto wichtiger) und richtigem Verhalten. Erfahrungs-berichte auslandserfahrener Landsleute undFallbeispiele runden dieses, sich vor allem auf derkognitiven Lernebene bewegende Training ab;

EU-Dienstleistungsmanagement

Schlüsselkompetenzen für den europäischen ArbeitsmarktTeil B