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1 Erstattet von: Ass.-Prof. DI Dr. Karl Svardal Prof. Dr.-Ing. Dr. Peter Krebs DI Dr. Brigitte Nikolavcic Dr.-Ing. Volker Kühn DI Dr. Gerald Wandl Dipl.-Ing. Markus Ahnert (alle TU Wien) Dipl.-Ing. Norbert Günther (alle TU Dresden) Projektkoordinator: Dipl.-Ing. Gerhard Spatzierer (Amt der Bgld. Landesregierung) Eisenstadt, im Februar 2007 Interreg IIIC-Projekt SiTaR Sub-Projekt 19: „Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken“ ENDBERICHT Technisches Sekretariat: RMB GmbH A-7000 Eisenstadt, Marktstraße 3, Tel. +43(0)2682/704 2440 Fax +43(0)2682/704 2410, [email protected], www.sitar.co.at

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Erstattet von: Ass.-Prof. DI Dr. Karl Svardal Prof. Dr.-Ing. Dr. Peter Krebs DI Dr. Brigitte Nikolavcic Dr.-Ing. Volker Kühn DI Dr. Gerald Wandl Dipl.-Ing. Markus Ahnert (alle TU Wien) Dipl.-Ing. Norbert Günther (alle TU Dresden) Projektkoordinator: Dipl.-Ing. Gerhard Spatzierer (Amt der Bgld. Landesregierung)

Eisenstadt, im Februar 2007

Interreg IIIC-Projekt SiTaR

Sub-Projekt 19:

„Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken“

ENDBERICHT

Technisches Sekretariat: RMB GmbH

A-7000 Eisenstadt, Marktstraße 3, Tel. +43(0)2682/704 2440

Fax +43(0)2682/704 2410, [email protected], www.sitar.co.at

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Inhaltsverzeichnis Seite

1 Einleitung 5

2 Grundlagen des Bypass-Verfahrens 6

2.1. Verfahrensprinzip 7

2.2 Vorteile des Verfahrens 10

3 Laborversuche 11

3.1 Grundlagen 11

3.2 Durchführung 12

3.3 Ergebnisse 14

3.4 Zusammenfassung 20

4 Halbtechnische Versuche 21

4.1 Beschreibung der Versuchsanlage 21

4.2 Durchführung der Untersuchungen 23

4.3 Ergebnisse 25

4.4 Zusammenfassung 40

5 Großtechnische Untersuchungen auf der Kläranlage Wulkatal 41

5.1 Beschreibung der Kläranlage 41

5.2 Untersuchung von Mischwasserereignissen 44

5.3 Feststoffmanagement – Schlammverlagerung 46

5.4 Frachtreduktion durch Mischwasserbehandlung 55

5.5 Auswirkungen auf die Ablaufkonzentration 60

5.6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 62

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6 Modellentwicklung und dynamische Simulation der Adsorption

mit Belebtschlamm 65

6.1 Charakterisierung der Prozesse 65

6.2 Langzeit-Modellabgleich der Versuchsanlage 66

6.3 Modellentwicklung 69

6.4 Dynamische Simulation von Phosphat 82

6.5 Fazit 84

7 Untersuchungen zur Implementierung des Bypassverfahrens 85

7.1 Umsetzung auf der Kläranlage Bergheim (Gemeinde Edertal) 85

7.2 Umsetzung auf der Kläranlage Sarnthein 87

7.3 Umsetzung auf der Kläranlage Sopron 90

7.4 Weitere Umsetzungen 101

8 Einsatzbereich und Schlussfolgerungen 102

9 Zusammenfassung 104

9.1 Labortechnische Versuche und halbtechnische Versuche,

Modellbildung 104

9.2 Großtechnische Anwendungen 105

10 Literatur 108

Danksagung 110

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1 Einleitung Hauptanliegen des immissionsbasierten Ansatzes der neuen EU-Wasserrahmen-richtlinie ist die gesamthafte Minimierung der Gewässerbelastung. Dies kann durch verschiedene Maßnahmen, wie z.B. Verbesserung der Reinigungsleistung von Kläranlagen und Erhöhung der zu behandelnden Mischwassermenge mittels Kanalnetzsteuerung usw. realisiert werden.

Im Rahmen des durch die EU geförderten Interreg IIIC Projektes SiTaR wurde ein Verfahren zur Mischwasserbehandlung in Nachklärbecken untersucht. Ziel der Untersuchungen war es, im Regenwetterfall einen über die bisher übliche Abwassermenge hinausgehenden Anteil an Mischwasser auf der Kläranlage zu behandeln und so die anthropogen verursachten Einleitungen ins Gewässer insgesamt zu minimieren. Dazu wird mittels einer Bypassführung mehr Mischwasser direkt in den Zulauf zum Nachklärbecken eingeleitet und so einer Behandlung zugeführt. Durch die Mischung von Rohabwasser mit dem belebten Schlamm im Einlaufbauwerk des Nachklärbeckens wird ein hoher Anteil der partikulären Stoffe entfernt und zudem ein Teil der gelösten Abwasserinhaltsstoffe durch Adsorption gebunden.

Die folgenden Partner arbeiteten in diesem Projekt zusammen:

• Land Burgenland – Österreich • Landkreis Waldeck-Frankenberg – Hessen/Deutschland • Autonome Provinz Bozen - Südtirol/Italien • Region Nord - West Transdanubien – Ungarn

Externe Partner waren:

• Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft (TU Wien)

• Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft (TU Dresden) • Regional Management Burgenland - RMB

Ziel der Untersuchungen war es, wissenschaftliche und betriebliche Grundlagen für die Anwendung des Verfahrens zu gewinnen und im Wirkungsbereich der beteiligten Regionalpartner die Implementierung der Mischwasserbehandlung auf Kläranlagen zu untersuchen.

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Das Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft der TU Dresden (ISI) führte im Rahmen dieses Projekts Laborversuche zur Charakterisierung der Adsorption der im Mischwasser enthaltenen Abwasserinhaltsstoffe und halbtechnische Versuche, die die Erstellung eines Bemessungsmodells für dieses Verfahren zum Ziel hatten, durch. Daneben wurde die Implementierung des Verfahrens bei der Erweiterung der Kläranlage Bergheim (Gemeinde Edertal)/ Hessen (8.000 EW), im Rahmen der Anpassung der Anlage an den Stand der Technik untersucht.

Das Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft der TU Wien (IWAG) führt gemeinsam mit der Gewässeraufsicht Burgenland (GWA) Messungen an der Kläranlage Wulkatal im Burgenland durch, wo das Verfahren im großtechnischen Maßstab untersucht wurde. Ein weiteres Projektsziel war die Implementierung des Verfahrens auf den Kläranlagen in Sopron/Ungarn (165.000 EW) und in Sarntal - Südtirol/Italien (7.000 EW), bei der die TU Wien die wissenschaftlichen Begleitung durchführte.

Der vorliegende Endbericht umfasst alle Teilbereiche des Projekts, vom Labormaßstab über halbtechnische Versuche und der großtechnischen Anwendung. Auch die Grundlagen für die Umsetzung des Verfahrens auf den Kläranlagen Bergheim und Sopron werden dargestellt.

2 Grundlagen des Bypass - Verfahrens Das bei Niederschlags- und Schmelzwasserereignissen anfallende Mischwasser kann im Regelfall nicht zur Gänze in der Kläranlage behandelt werden. Das über die hydraulische Kapazität der Kläranlage hinaus anfallende Mischwasser wird entweder in Regenbecken zwischengespeichert oder direkt in den Vorfluter abgeschlagen, wo es durch den Eintrag von Sauerstoff zehrenden Stoffen (Kohlenstoff- und Nährstoffverbindungen) eine zusätzliche Belastung des Gewässers bewirkt.

Soll weniger Mischwasser in das Gewässer entlastet werden, muss entweder zusätzliches Regenbeckenvolumen errichtet werden oder es muss das in flachen Kanalnetzen häufig zur Verfügung stehende Stauraumvolumen aktiviert werden (Kanalnetzbewirtschaftung). Alternativ kann – falls dies die Konfiguration der Kläranlage erlaubt - eine hydraulische Mehrbelastung der Kläranlage in Erwägung gezogen werden. Die letzte Maßnahme erfordert die geringsten Adaptierungen bei bestehenden funktionierenden Systemen.

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Der Zufluss der Kläranlage wird im Allgemeinen auf den doppelten Schmutzwasserabfluss zuzüglich dem Fremdwasserabfluss (2 Qs + Qf) begrenzt. Wird mehr Abwasser über die gesamte Anlage geleitet, wird ein großer Anteil des Belebtschlammes aus den Belebungsbecken in die Nachklärbecken verdrängt, von wo er aufgrund der hydraulischen Limitierung der Anlage nicht mehr in ausreichendem Maß zurückgeführt werden kann. Dadurch wird einerseits die biologische Reinigungsleistung der Anlage vermindert und andererseits das Nachklärbecken durch die Einleitung einer zu großen Menge Belebtschlamm überlastet, wodurch es zu Schlammabtrieb kommt und die erforderliche Reinigungsleistung nicht mehr gewährleistet ist.

Bei dem in diesem Projekt untersuchten Verfahren wird mittels Bypassführung ein bestimmter Anteil des Mischwassers dem Einlaufbauwerk der Nachklärbecken direkt zugeführt, ohne vorher in die Belebungsbecken eingeleitet zu werden. Mit dieser Maßnahme werden die NKB-Bemessungsparameter Oberflächenbeschickung (qA) und Schlammvolumenbeschickung (qSV) (ATV-DVWK, 2000) entkoppelt und somit die im Allgemeinen vorhandene hydraulische „Reserve“ von Nachklärbecken besser genutzt, ohne die Nachklärbecken mit Schlamm zu überlasten.

Durch die Mischung des Rohabwassers mit dem belebten Schlamm im Einlaufbauwerk des Nachklärbeckens werden ein hoher Anteil der partikulären Stoffe und ein Teil der gelösten Abwasserinhaltsstoffe des Rohabwassers entfernt. Das Belebungsbecken wird durch das zusätzlich übernommene Abwasser hydraulisch nicht höher belastet.

Durch die Erhöhung des Kläranlagendurchflusses bei Mischwasser kann somit Volumen zur getrennten Mischwasserspeicherung und -behandlung gespart werden (ökonomischer Vorteil) bzw. kann die entlastete Mischwassermenge reduziert werden (geringere Restbelastung für den Vorfluter).

2.1 Verfahrensprinzip

Der Bypassstrom führt Mischwasser an dem Belebungsbecken vorbei in das Einlaufbauwerk des Nachklärbeckens. Dort erfolgt eine Vermischung mit dem aus dem Belebungsbecken zugeführten belebten Schlamm. Die Vermischung gewährleistet, dass partikuläre und gelöste Stoffe des Mischwassers in Kontakt mit den Flocken des belebten Schlammes kommen. Dies führt einerseits zu einer Einlagerung bzw. Einbindung der partikulären Stoffe in die Belebtschlammmatrix und

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andererseits zu einer Sorption von gelösten Stoffen in bzw. an den Flocken des belebten Schlammes.

Der Bypass in die Nachklärbecken kann grundsätzlich an drei verschiedenen Punkten entnommen werden (

Abbildung 1).

max. 2Qs+Qf

GewässerMW-

Entlastung KA-Ablauf

3 1 2 Bypassstrom

1-3: Varianten der Bypassentnahme

max. 2Qs+Qf

GewässerMW-

Entlastung KA-Ablauf

3 1 2 Bypassstrom

1-3: Varianten der Bypassentnahme

3 1 2 Bypassstrom3 1 2 Bypassstrom

1-3: Varianten der Bypassentnahme

Abbildung 1: Mögliche Varianten der Bypassentnahme Variante 1: Entnahme nach RÜB:

Die Entnahme nach dem RÜB gewährleistet eine gewisse mechanische Reinigung des Mischwassers hinsichtlich einer Teilentfernung von Grob- und Störstoffen sowie von partikulären absetzbaren Stoffen. Im Idealfall wird das RÜB als hydraulischer Puffer genutzt um die hydraulische Belastung der NKB langsam auf den Maximalwert zu steigern (keine stoßartige Beschickung!). Sofern die Nachklärung ausreichende hydraulische Reserven besitzt, kann die gesamte Überlaufmenge vom RÜB zum Nachklärbecken weitergeleitet werden, anderenfalls muss in der Bypassleitung eine Drosselung vorgenommen werden.

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Variante 2: Entnahme nach Sandfang:

Bei ausreichender Dimensionierung der Rechenanlage und des Sandfanges besteht die Möglichkeit, den zusätzlich behandelten Bypassstrom erst an dieser Stelle zu entnehmen und dementsprechend die Vorteile der mechanischen Vorbehandlung zu nutzen. In diesem Fall kann oftmals der Bau eines zusätzlichen RÜB vollständig eingespart werden, sofern die Nachklärung entsprechende Kapazitäten aufweist. Diese Verfahrenskombination ist bereits seit ca. 30 Jahren auf der Kläranlage des Wasserverbandes Wulkatal (Österreich) in Betrieb.

Variante 3: Entnahme vor dem RÜB:

Ein Großteil der Mischwasserereignisse ist erfahrungsgemäß nur von kurzer Dauer und überschreitet den maximalen Zufluss von 2•Qs + Qf nur geringfügig (z. B. 10 – 20 %).

Vor diesem Hintergrund ist diese Variante vorteilhaft, weil das RÜB wesentlich seltener in Betrieb genommen werden muss wodurch zusätzliche Reinigungsarbeiten und Geruchsemissionen reduziert werden. Es ist aber zu bedenken, dass die Entnahme vor jeglicher mechanischen Behandlung erfolgt und somit eine erhöhte Zufuhr von Grob- und Störstoffen erfolgt, wodurch eine erhöhte Gefahr von Verzopfungen, Störung von Messeinrichtungen etc. gegeben ist. Durch die erhöhte Zufuhr mineralischer Stoffe können zusätzliche Ablagerungen im Belebungsbecken auftreten. Daher wird die Anwendung dieser Variante auf wenige Fälle beschränkt bleiben.

Der Bypassstrom muss bei dieser Variante jedenfalls auf einen maximal zulässigen Durchfluss mit einem Drosselorgan begrenzt werden, weil der Bypassstrom in diesem Fall bei jedem Mischwasserereignis aktiv ist. Die Festlegung dieser Maximalbeschickungsmenge über den Bypass ist u. a. von der Dimensionierung der Nachklärbecken abhängig. Erst nach Erreichen der maximalen Bypassleistung wird das RÜB befüllt.

Bei der Entnahme vor dem RÜB kann sich ggf. eine geringfügig erhöhte Gesamtemission ergeben, da weniger starke Regenereignisse lediglich eine Teilbefüllung des RÜB bewirken und demzufolge das Speichervolumen des RÜB nicht vollständig genutzt wird (ggf. Nachweis erforderlich).

Die Variante 3 wird daher aus der Sicht des Gewässerschutzes sowie aus betrieblichen Gründen nicht empfohlen.

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2.2 Vorteile des Verfahrens

Die Bypassführung von Mischwasser in das Einlaufbauwerk der Nachklärbecken hat folgende Vorteile:

• Adsorption eines beträchtlichen Anteils der mit dem Bypass in den Zulauf zum Nachklärbecken eingeleiteten organischen Stoffe

• Die Adsorption gelöster Stoffe an die Schlammflocke und deren Rückführung in das Belebungsbecken durch den Rücklaufschlamm führt einerseits zum Abbau der adsorbierten Stoffe und andererseits zur Intensivierung der Denitrifikation im Belebungsbecken durch die vermehrte Rückführung von Kohlenstoffverbindungen.

• Die Bypassführung leitet Mischwasser nicht in sondern um das Belebungsbecken. Die Schlammverlagerung vom Belebungs- ins Nachklärbecken steigt dadurch nicht zusätzlich an.

• Durch eine optimierte Verfahrensführung kann die Belastung der Nachklärbecken bei Mischwasser langsam gesteigert werden.

• Die Behandlung der Mischwässer erfolgt zentral auf der Kläranlage, wodurch eine verbesserte Überwachung der Einleitung möglich ist.

• Aus der Mehrbehandlung von Mischwasser ergibt sich eine Reduzierung der Restbelastung für das Gewässer.

• Durch die Mehrbehandlung an Mischwasser kann eventuell eine Verkleinerung des erforderlichen Regenrückhaltevolumens im Kanalnetz erreicht werden.

3 Laborversuche

3.1 Grundlagen

Für die Laborversuche zur Bestimmung der Adsorptionskapazität des belebten

Schlammes bzgl. abwasserrelevanter Parameter erfolgt eine Mischung von

Trockenwetter- bzw. Mischwasserzulauf von verschiedenen Kläranlagen mit deren

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Belebtschlamm. Dabei wird für eine hinreichend genaue Beschreibung der stattfin-

denden Prozesse die Differenzierung der Stoffgruppen partikulär und gelöst durch-

geführt. Die mathematische Beschreibung der Adsorption von gelösten Abwasserin-

haltsstoffen, wie gelöster CSB und Ammonium und der Entfernung der partikulären

Stoffe erfolgt hinsichtlich einer ggf. zeitlichen und stofflichen Abhängigkeit.

Die Adsorption von gelösten Kohlenstoffverbindungen, messtechnisch erfasst als

gelöster CSB, wird in verschiedenen Literaturquellen dokumentiert. Erste Grundlagen

werden in Hunken (1960) und Wuhrmann (1964) dargestellt. Reimann (1969) be-

schreibt die Differenzierung von echtem Abbau und Adsorptionsvorgängen, wobei

bereits nach 1-2 Minuten nach dem Kontakt von Abwasser und Belebtschlamm 30

bis 50 % der organischen Substanz aus der freien Lösung entfernt werden. Zeitliche

Abhängigkeiten der Adsorptionsfähigkeit des belebten Schlammes werden von

Theophilou et al. (1979) sowie Schulze-Rettmer und Yawari (1978) dargestellt. Die

Beschreibung der Speichervorgänge einer kontinuierlich betriebenen Anlage erfolgt

in Kroiss (1981) und van der Beld (1981). Weitere Untersuchungen wurden von

Klopp und Koppe (1991), Uhlenhut et al. (1999) und Rosenwinkel und Phan (2005)

durchgeführt. Zusammenfassend sind folgende Merkmale für die Beschreibung der

Adsorptionsvorgänge von gelösten organischen Verbindungen an belebtem

Schlamm maßgebend:

• Die starke Anfangsabnahme der CSB-Konzentration wird durch die rasche Ad-

sorption an die Belebtschlammmatrix hervorgerufen.

• Die erhöhte Atmungsaktivität durch die Zuführung von leicht abbaubarem Sub-

strat ist bei Vorhandensein von Sauerstoff während der Adsorptionsvorgänge

bzw. der Versuchsdurchführung konstant.

• Der zeitliche Verlauf der Adsorption erreicht nach 2 bis 5 Minuten einen maxi-

malen Wert, der die Adsorptionskapazität des belebten Schlammes charakte-

risiert.

• Die Hydrolyse von partikulären Stoffen ist wegen der kurzen Versuchsdauer

vernachlässigbar.

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Im Gegensatz zur Adsorption von gelösten organischen Verbindungen beschränken

sich die Literaturstellen bzgl. einer Ammoniumadsorption vorrangig auf Ionenaus-

tauschvorgänge mit Zeolithen (vgl. Papp, 1992). Nielsen (1996) weist auf die Ammo-

niumadsorption an belebtem Schlamm hin. Dabei wird der extrahierbare Ammoni-

umanteil des Belebtschlammes mit dem Extraktionsmittel Kaliumchloridlösung be-

stimmt. Als Ergebnis seiner Untersuchungen weist Nielsen (1996) eine maximale

Adsorption von 0,3 bis 0,4 mg NH4-N/g TS bei einer Feststoffkonzentration von etwa

4 g/l in den untersuchten Denitrifikationsbecken nach. Dies entspricht einer NH4-N-

Adsorption von 2 mg/l bei einer maximalen Konzentration von 15 mg/l im Becken.

Kühn (1999) macht die im Schlamm enthaltenen künstlichen Zeolithen für die Fähig-

keit der Ammoniumadsorption verantwortlich.

Für die partikulären Stoffe liegen hauptsächlich Ergebnisse hinsichtlich der Absetz-

barkeit in Absetzbecken wie z. B. Regenspeicherbecken und Vorklärbecken vor und

nicht für die Einbindung in die Belebtschlammmatrix.

3.2 Durchführung

Allgemeines

Im Hinblick auf die erwähnte Stoffgruppendifferenzierung und die sich daraus erge-

bende Betrachtung der Adsorptions- bzw. Entfernungskapazität für den gelösten

CSB, Ammonium und der partikulären Stoffe erfolgt dementsprechend eine ange-

passte Versuchsdurchführung.

Partikuläre Stoffe

Für die Bestimmung der Entfernung partikulärer Stoffe, messtechnisch bestimmt als

abfiltrierbare Stoffe (AFS) und partikulärer CSB (CSBpar), wurde der belebte

Schlamm mit dem Abwasser derselben Kläranlage gemischt. Nach einer intensiven

Rührphase erfolgt eine 30-minütige Absetzphase des Gemisches. Im Anschluss

wurde eine Probe des Überstandes genommen. Mit dieser Probe erfolgte eine Be-

stimmung der zuvor dargestellten Parameter.

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Gelöste Stoffe

Für die Bestimmung der Eliminationsrate der gelösten Abwasserinhaltsstoffe CSBgel

und Ammonium wird der belebte Schlamm ebenso mit dem Abwasser der jeweiligen

Kläranlage gemischt, wobei im Vorfeld eine Ermittlung der Ausgangsparameter

beider Mischungsbestandteile erfolgt. Durch kontinuierliches Rühren des Gemisches

wird einerseits ein vollständiges Vermischen der beiden Bestandteile gewährleistet

und andererseits dem Absetzen des belebten Schlammes entgegengewirkt. Die

Probenahme wird nach der Rührphase von bis zu 10 min durchgeführt, wobei durch

die sofortige Filtration eine Trennung von der Biomasse erfolgt. Die filtrierte Probe

wird auf die gelösten Substratkonzentrationen CSBgel und NH4-N untersucht.

Gleichzeitig erfolgt für das jeweilige Mischungsverhältnis eine Respirationsmessung,

die den Sauerstoffverbrauch für die Kohlenstoffatmung (OVC) und Stickstoffatmung

(OVN) bestimmt. Die Ermittlung des abgebauten Anteils während der Versuchphase

erfolgt mittels der in Abbildung 2 dargestellten Respirationsmessung des belebten

Schlammes, die für das Gemisch die Abnahme des Sauerstoffgehaltes aufzeichnet.

Abbildung 2: Darstellung der Respirationsmessung (vgl. Lützner, 2002)

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3.3 Ergebnisse

Allgemeines

Für die Untersuchungen der jeweiligen Abwasserinhaltsstoffe wurde belebter

Schlamm und Kläranlagenzulauf von verschiedenen Kläranlagen verwendet. Tabelle

1 zeigt die Auflistung der durchgeführten Untersuchungen hinsichtlich der Anzahl der

Kläranlagen und der jeweiligen Abwasserinhaltsstoffe.

Tabelle 1: Anzahl der untersuchten Kläranlagen und durchgeführten Versuche

Abwasserinhaltsstoff Anzahl der untersuchten KA Anzahl der Versuche

Partikuläre Stoffe 21 51

CSBgel 22 99

Ammonium 8 28

Partikuläre Stoffe

Mit der zuvor beschriebenen Versuchsdurchführung wurden insgesamt 51 Versuche

zur Bestimmung der Entfernung bzgl. partikulärer Stoffe durchgeführt. Mittels der

Einstellung von verschiedenen Mischungsverhältnissen von belebtem Schlamm und

Kläranlagenzulauf wurde die Variabilität des Bypassverfahrens im Hinblick auf die

Anwendung an unterschiedlichen Kläranlagen und mit unterschiedlicher By-

passkapazität untersucht. Abbildung zeigt die Korrelation zwischen der partikulären

CSB- und AFS-Konzentrationen im Rohwasser des Mischungsansatzes, wobei sich

ein Bestimmtheitsmaß von R² = 0,83 ergibt.

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y = 1,34xR2 = 0,83

0

300

600

900

1200

1500

1800

0 200 400 600 800 1000 1200 1400AFS - Konzentration [mg/l]

CSB

par -

Kon

zent

ratio

n [m

g/l]

Abbildung 3: Korrelation zwischen AFS und partikulärem CSB im Rohwasser des Mischungsansatzes

In Abbildung 4 sind die Abhängigkeiten der Entfernung von partikulärem CSB und

AFS vom organischen Trockensubstanzgehalt dargestellt. Vom Ausgangsgehalt des

Kläranlagenzulaufes werden durch die Mischung mit Belebtschlamm mindestens

65% bezogen auf die partikulären Stoffe und über 70 % bezogen auf die AFS

entfernt. Als Mittelwert ergeben sich 86 % für den partikulären CSB und 89 % für die

AFS. Eine signifikante Abhängigkeit der Entfernung vom organischen Trocken-

substanzgehalt ist dahingehend nachweisbar, dass sich die Minimum-Absetzleistung

mit steigendem oTS-Gehalt erhöht und deutlich über der theoretischen

Absetzleistung von ca. 50 % eines reinen Absetzbecken liegt.

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Abbildung 4: Wirkungsgrad der Entfernung von AFS und CSBpar in Abhängigkeit vom organischen Trockensubstanzgehalt

Gelöster CSB

Für die gelösten Abwasserinhaltsstoffe sind für den kurzzeitigen, zuvor beschriebe-

nen Batchversuch die Prozesse der Adsorption und des Abbaus maßgebend, da der

Anteil der Hydrolyse von partikulären in gelöste Bestandteile für den kurzzeitigen,

maximal 10-minütigen Versuch vernachlässigbar ist. Abbildung 5 zeigt einen typi-

schen Verlauf der CSB-Substratelimination, die sich durch die Mischung von beleb-

ten Schlamm und Kläranlagenzulauf einstellt, und die durch eine rasche

Anfangsabnahme der CSB-Konzentration gekennzeichnet ist. Des Weiteren ist in

Abbildung 5 zu sehen, dass sich über die Versuchszeit eine lineare Abnahme durch

den Substratabbau einstellt. Die Differenz zwischen der messtechnisch erfassten

Substratelimination und des Substratabbaus ergibt den zeitlichen Adsorptionsverlauf.

Dieser ist durch einen starken Anstieg gekennzeichnet und zeigt, dass die von der

0

20

40

60

80

100

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5

organischer Trockensubstanzgehalt [g/l]

partikulärer CSB AFSreine Absetzleistung Entfernungsrate - Minimum

Entfe

rnun

gsgr

ad [%

]

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Gleichgewichtskonzentration abhängige Maximaladsorption in Form einer

Gleichgewichtsreaktion sich nach wenigen Minuten einstellt.

0

80

160

240

320

0 5 10 15 20 25 30 35Versuchszeit [min]

CSB

- K

onze

ntra

tion

[mg/

l]

Substratabbau

Substratelimination

Adsorption

Abbildung 5: Zeitlicher Verlauf des CSB-Abbaus, -Elimination und -Adsorption

Dieser typische Verlauf der Adsorption wird durch verschiedene Autoren, wie z. B.

Theophilou et al. (1979), Schulze-Rettmer und Yawari (1978) bestätigt und zeigt,

dass für die Bestimmung der Adsorptionskapazität eine Versuchsdauer von ca. 10

Minuten als ausreichend erscheint. Die Gleichgewichtsreaktion beruht auf der These,

dass durch die organische Substanz eine maximale Anzahl der Adsorptionsplätze für

eine Gleichgewichtskonzentration vorhanden sind. Die Normierung der adsorbierten

CSB-Fracht auf den organischen Trockensubstanzgehalt trägt dem zuvor

dargestellten Sachverhalt Rechnung. Die Abhängigkeit der normierten, adsorbierten

CSB-Fracht von der Gleichgewichtskonzentration zeigt Abbildung 6. Weiterhin wird

diese Abhängigkeit von einer so genannten Langmuir-Isotherme (R² = 0,83)

beschrieben, die als Sättigungsfunktion durch einen maximalen Sättigungswert, die

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Halbsättigungskonstante und den Adsorptionsnullpunkt, der den inerten und nicht

adsorbierbaren Anteil des CSB darstellt, gekennzeichnet ist (vgl. Günther, 2003). Der

mittlere Entfernungsgrad der gelösten organischen Kohlenstoffverbindungen

bezogen auf den Ausgangsgehalt in der Mischung beträgt ca. 34 %.

0

50

100

150

200

0 150 300 450

CSB-Gleichgewichtskonzentration [mg/l]

CSB

Ad/o

TS [m

g/g]

Messwerte

Langmuir-Isotherme (R² = 0,83)

Abbildung 6: Abhängigkeit der oTS bezogenen CSB-Adsorption von der Gleichgewichtskonzentration

Ammonium

Die Untersuchung der Adsorption von Ammonium erfolgte in ähnlicher Weise, wie die

der gelösten organischen Kohlenstoffverbindungen. Die Bestimmung der Gleich-

gewichtsreaktionszeit für Ammonium ist in Abbildung 7 zu erkennen und zeigt, dass

nach ca. 6 Minuten die maximale Adsorptionskapazität für diese Gleich-

gewichtskonzentration erreicht ist.

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19

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

0 5 10 15 20 25 30Versuchszeit [min]

Am

mon

ium

konz

entr

atio

n [m

g/l]

Substratelimination

Substratabbau

Adsorption

Abbildung 7: Zeitlicher Verlauf von NH4-N-Abbau, -Elimination und -Adsorption

Die auf die organische Trockensubstanz bezogene Ammonium-Adsorptionsfracht

zeigt Abbildung 8. Die Adsorptionskapazität in Abhängigkeit von der Gleichgewichts-

konzentration ist ebenfalls mittels einer Langmuir-Isotherme beschreibbar, die ein

Bestimmtheitsmaß von R² = 0,56 aufweist. Es ist zu beachten, dass die adsorbierte

Ammoniumfracht deutlich geringer ist im Vergleich zum gelösten CSB. Des Weiteren

ist die Hydrolyse von organischen Stickstoffverbindungen während der Ver-

suchsdauer nicht vernachlässigbar. Diese Problematik ist ausführlich in Krafft (2005)

dargestellt.

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20

0

100

200

300

400

500

600

0 15 30 45 60 75

Ammonium-Gleichgewichtskonzentration [mg/l]

NH

4-N

Ad/o

TS [m

g/kg

]

Messwerte

Langmuir-Isotherme (R² = 0,56)

Abbildung 8: Abhängigkeit der oTS-bezogenen NH4-N-Adsorption von der Gleichgewichtskonzentration

3.4 Zusammenfassung

Die partikulären Stoffe des Kläranlagenzulaufes wurden durch die Mischung mit

belebtem Schlamm und anschließender Sedimentation im Mittel zu über 85 %

(nachgewiesen als CSBpar und AFS) entfernt. Die maximal mögliche

Adsorptionskapazität von belebtem Schlamm ist für die Parameter Ammonium und

gelösten CSB nach einer Adsorptionszeit von ca. 5 Minuten erreicht und ist in

Abhängigkeit von der Gleichgewichtskonzentration durch eine Sättigungsfunktion

beschreibbar. Für die Adsorption von gelösten organischen Verbindungen (gemes-

sen als CSBmf) ergibt sich eine mittlere Entfernung von 34 %. Weiterführende

Literatur und detailliertere Auswertungen sind in Günther (2003), Günther et al.

(2005) und Krafft (2005) enthalten.

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21

4 Halbtechnische Versuche

4.1 Beschreibung der Versuchsanlage

Die halbtechnischen Untersuchungen wurden an der Versuchskläranlage des Insti-

tutes für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft der TU Dresden durchgeführt. Die

halbtechnischen Versuchsanlage (HTVA) ist in Abbildung 9 schematisch dargestellt.

Die Rohwasserzuführung erfolgt ganglinienproportional zum Zufluss der Kläranlage

Dresden-Kaditz im Verhältnis 1:15500.

Abbildung 9: Schematische Darstellung der halbtechnischen Versuchsanlage der TU Dresden

Das durch Rechen und Sandfang mechanisch vorgereinigte Abwasser wird nach

Pumpwerk der Kläranlage Dresden-Kaditz entnommen. Danach erfolgt ein weiterer

mechanischer Reinigungsschritt in Form eines Trommelsiebes mit einer Spaltweite

von 0,5 mm. Aus dem nachfolgenden Vorklärbecken mit einem Volumen von 1,6 m3

Überschussschlamm-Abzug

Interne Rezirkulation Primärschlamm-

Abzug

Zulauf Kläranlage

Trommel-sieb

Vorklär-becken Nachklär-

becken

Rücklaufschlamm

Ablauf

Luft

Belebungsbecken

Bypassführung

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werden die absetzbaren Stoffe (Primärschlamm) aus zwei in Längsrichtung des

Beckens hintereinander angeordneten Trichtern kontinuierlich abgezogen.

Die biologische Stufe der Anlage besteht aus fünf Belebungsbeckenkaskaden mit

einem Gesamtvolumen von ca. 6,3 m3 und einem Nachklärbecken. Die erste

unbelüftete Kaskade dient der vorgeschalteten Denitrifikation. Das Verhältnis von

Denitrifikationsvolumen zu Gesamtvolumen VD/V beträgt 0,2. Während der

Versuchsphase erfolgte keine Kaskadierung der Nitrifikation (Mischbeckenkaskade),

welches somit als Mischbecken betrachtet werden kann. Der Abzug des beim

biologischen Reinigungsprozess anfallenden Überschussschlammes erfolgt aus der

letzten belüfteten Kaskade des Belebungsbeckens.

Im vorwiegend vertikal durchströmten Nachklärbecken mit einer Oberfläche von ca.

0,72 m² trennt sich das gereinigte Abwasser vom belebten Schlamm. Das

Nachklärbecken ist als Dortmundbrunnen mit einem Durchmesser von 1 m und einer

Tiefe von 2,8 m ausgebildet, wobei das Einlaufbauwerk einen Durchmesser von 0,27

m aufweist. Der Klarwasserablauf wird über zwei getauchte, gelochte Rohre (DN 40,

je 12 Löcher DN 20) 0,55 m unterhalb des Wasserspiegels realisiert. Der

Rücklaufschlamm wird in die erste denitrifizierende Kaskade des Belebungsbeckens

zurückgeführt.

Die Anlage ist mit Mess-, Steuer- und Regelmöglichkeiten ausgestattet. Durchflüsse

und die Sauerstoffkonzentration in der letzten Belebungsbeckenkaskade werden

kontinuierlich erfasst und aufgezeichnet. Bei Bedarf ist eine kontinuierliche

Ammoniumkonzentrationsmessung im Anlagenablauf verfügbar. Im Nachklärbecken

erfolgen darüber hinaus Trübungsmessung und Schlammspiegellagenmessung

mittels Ultraschall.

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23

4.2 Durchführung der Untersuchungen

Allgemeines

Für die halbtechnischen Versuche wurde der Bypassstrom mit Hilfe einer regelbaren

Pumpe realisiert. Diese förderte aus der Vorklärung direkt in den Ablauf des Bele-

bungsbeckens (vgl. Abb. 9 und 10), wobei der maximale Fördervolumenstrom dieser

Pumpe bis zu 1000 l/h beträgt. Im Ablauf der letzten Belebungsbeckenkaskade sowie

im Einlaufbauwerk des Nachklärbeckens erfolgte eine ausreichende Vermischung

des Bypassstromes mit dem zum Nachklärbecken fließenden belebten Schlamm.

Bypassstrom QBY

QZV

Rücklaufschlammstrom QRS

QZB+ QRS

BB NKBVKBQAN

Abbildung 10: Schematischer Aufbau zur Versuchsdurchführung

Für die Quantifizierung des Bypassverfahrens wurden werktägliche Beprobungen der

Versuchsanlage durchgeführt und während der Bypassversuche einerseits Stichpro-

ben der bilanzierbaren Volumenströme (Ablauf Belebung, Bypass, Rücklaufschlamm

und Ablauf Nachklärung) und andererseits mittels Probenehmer zeitproportionale

Stundenmischproben aus dem Kläranlagenablauf entnommen und analysiert. Die

stichprobenartig untersuchten Parameter waren Ammoniumstickstoff (NH4-N), CSB

der membranfiltrierten Probe (CSBmf), Trockensubstanzgehalt des Belebtschlammes

sowie dessen Glühverlust (TS/oTS), pH-Wert, Temperatur und Leitfähigkeit (LF). Zur

Bestimmung der jeweiligen Atmungsaktivität erfolgten vergleichende Atmungsmes-

sungen des belebten Schlammes der Belebungsbeckenkaskade 5 und der Mischung

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von Bypassvolumenstrom und belebten Schlammes. Gleichzeitig fand eine Prozess-

überwachung und Datenerfassung mit Online-Messgeräten statt.

Bypassversuche unter Mischwasserbedingungen

Die eigentlichen Anwendungsfälle der Bypassführung zur vermehrten Mischwasser-

behandlung im Nachklärbecken werden durch die Bypassversuche unter Mischwas-

serbedingungen untersucht. Insgesamt erfolgten 7 Versuche mit Mischwasser, wobei

die Charakteristika der Versuche bzw. der Anlagenkonfiguration nachfolgend zu-

sammengefasst werden:

• 3 Versuche: Für die Verifizierung der Eliminationsleistungen bei hohen Ablauf-

konzentrationen wurden drei Versuchseinstellungen bei Trockenwetter mit

einem konstanten Bypassvolumenstrom von 330 l/h eingestellt, wobei die Ver-

suchsanlage lediglich eine Teilnitrifikation aufwies.

• 1 Versuch: Die Versuchseinstellung wurde zur Simulation der Überlastung des

Nachklärbeckens gewählt. Der Versagensfall wurde durch die frachtmäßige

Überlastung des Nachklärbeckens mit belebtem Schlamm im Hauptstrom er-

reicht und äußerte sich in Form von massivem Schlammabtrieb.

• 2 Versuche: Nach einem wiederholten Einfahrbetrieb der Versuchsanlage

wurden 2 Versuche mit einem Bypassvolumenstrom von 470 l/h durchgeführt.

• 3 Versuche: Zur Beurteilung der Bypassführung mit erhöhtem

Bypassvolumenstrom und dementsprechende Erhöhung der Oberflächenbe-

schickung an bzw. über den Bemessungswert erfolgten abschließend drei

Versuchseinstellungen.

Für die Quantifizierung und Beurteilung der Bypassversuche unter Mischwasserbe-

dingungen stehen somit 5 relevante Versuche zur Verfügung. Diese sind nachfol-

gend mit der Bezeichnung ’MW_A bis E’ gekennzeichnet.

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25

4.3 Ergebnisse

Allgemeines

Die Bypassversuche mit Trockenwetterzulauf wurden hinsichtlich der Untersuchungs-

und Auswertungsmethodik ausführlich in der Arbeit von Krafft (2005) beschrieben.

Diese Ergebnisse sind ausreichend dokumentiert und werden lediglich für verglei-

chende Betrachtungen herangezogen. Nachfolgend werden die Ergebnisse der By-

passversuche unter Mischwasserbedingungen dargestellt und interpretiert.

Typische Parameterverläufe unter Mischwasserbedingungen

Für die Auswertung der Bypassversuche wird nachfolgend ein Mischwasserversuch

detailliert interpretiert, die Veränderung der Ablaufparameter dargestellt und die Eli-

minations- und Adsorptionsraten ermittelt.

Die mittleren Volumenströme des Mischwasserversuches MW_C sind der im nach-

folgenden Kapitel aufgelisteten Tabelle 2 zu entnehmen. Der zeitliche Verlauf der

Volumenströme ist in Abbildung 11 dargestellt. Für diesen Versuch wurden Misch-

wasserbedingungen in Form des erhöhten Volumenstromes zum Belebungsbecken

über ca. 20 Stunden eingestellt. Der Rücklaufschlammstrom wurde nicht verändert

und betrug ca. 400 l/h. Das Verhältnis von Bypassvolumenstrom zu Kläranlagen-

zulauf betrug im Mittel ca. 0,87.

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0

100

200

300

400

500

600

700

800

29.08. 00:00 29.08. 12:00 30.08. 00:00 30.08. 12:00 31.08. 00:00

Volu

men

stro

m [l

/h]

KläranlagenzulaufBypassvolumenstromRücklaufschlammstrom

Abbildung 11: Bypassversuch MW_C: Volumenstromverläufe

In Abbildung 12 ist der Verlauf der Ammoniumablaufkonzentration dargestellt. Der

Bypassvolumenstrom mit einer mittleren Ammoniumkonzentration von ca. 20 mg/l

verursacht nach einer Zeitspanne, die etwa der mittleren Verweilzeit des Nachklär-

beckens entspricht, ein rasches Ansteigen der Ammoniumkonzentration im Ablauf

des Nachklärbeckens sowie den so genannten Nachlauf, der durch ein langsameres

Verringern der Ablaufkonzentration nach Bypassabschaltung über mehrere Stunden

gekennzeichnet ist. Dies wird durch den zugehörigen Onlinekonzentrationswert und

anhand der Stich- bzw. Stundenmischprobenanalysen dokumentiert. Die Erhöhung

der Ammonium-Ablaufkonzentration durch den Bypass wurde bei allen Versuchen

nachgewiesen. Eine Überschreitung der Überwachungswerte bzw. einer Ablaufkon-

zentration von größer als 6 mg/l stellte sich nicht ein.

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0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

29.08. 00:00 29.08. 12:00 30.08. 00:00 30.08. 12:00 31.08. 00:00

Abl

auf-A

mm

oniu

mko

nzen

trat

ion

[mg/

l]

0

150

300

450

600

750

Byp

assv

olum

enst

rom

[l/h

]

Ammoniumablaufkonzentration_OnlinewertAmmoniumablaufkonzentration_StichprobeAmmoniumablaufkonzentration_StundenmischprobeBypassvolumenstrom

Abbildung 12: Bypassversuch MW_C: Ablauf Ammonium

Abbildung 13 zeigt die Auswirkungen des Bypassvolumenstromes und des erhöhten

Kläranlagenzulaufes auf die Leitfähigkeit im Ablauf der Nachklärung. Dabei verur-

sacht das durch den Bypass in die Nachklärung geführte Mischwasser ein rasches

Absinken der Leitfähigkeit im Ablauf.

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28

0,0

0,3

0,6

0,9

1,2

29.08. 00:00 29.08. 12:00 30.08. 00:00 30.08. 12:00 31.08. 00:00

Leitf

ähig

keit

[mS/

cm²]

0

300

600

900

1200

Byp

assv

olum

enst

rom

[l/h

]

Ablauf LF_OnlinewertAblauf LF_StundenmischprobeAblauf LF_StichprobeBypassvolumenstrom

Abbildung 13: Bypassversuch MW_C: Ablauf Leitfähigkeit

Den Einfluss des Bypasses auf die Ablaufwerte des membranfiltrierten CSB

zeigtAbbildung 14. Der ausgeprägte Verlauf hinsichtlich der raschen Erhöhung der

Ablaufkonzentration und des Nachlaufes ist nicht so deutlich wie bei der

Ammoniumablaufkonzentration ausgeprägt. Es stellt sich somit nur eine geringe

Erhöhung der gelösten CSB-Ablaufkonzentration ein.

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29

0

10

20

30

40

50

29.08. 00:00 29.08. 12:00 30.08. 00:00 30.08. 12:00 31.08. 00:00

mem

bran

filtr

iert

er C

SB [m

g/l]

0

150

300

450

600

750

Byp

assv

olum

enst

rom

[l/h

]

Ablauf CSBmf_Stundenmischprobe

Ablauf CSBmf_Stichprobe

Bypassvolumenstrom

Abbildung 14: Bypassversuch MW_C: Ablauf gelöster CSB

In Abbildung 15 sind der Onlinewert der Trübung und die AFS als Stich- bzw.

Stundenmischprobe dargestellt. Der Bypass verursacht eine ähnliche Erhöhung der

Ablaufwerte wie z. B. des Ammoniums, die durch den verzögerten und steilen An-

stieg gekennzeichnet ist. Des Weiteren ist der ausgeprägte Nachlauf zu sehen. Das

sich nach dem Nachlauf einstellende Trübungsniveau, welches deutlich höher als

das Ausgangsniveau ist, wird durch den erhöhten Kläranlagenzulauf von über 20

Stunden hervorgerufen. Trotz der nicht quantifizierten Korrelation zwischen Trübung

und AFS, die sich vorrangig durch die Diskrepanz der korrekten Bestimmung der

AFS hinsichtlich der benötigten Filtriermenge ergibt, zeigen beide Parameter einen

vergleichbaren Verlauf. Für die halbtechnischen Versuche ergeben sich hinsichtlich

der Entfernbarkeit der partikulären Stoffe dementsprechend Auswertungsschwierig-

keiten.

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30

0

5

10

15

20

25

29.08. 00:00 29.08. 12:00 30.08. 00:00 30.08. 12:00 31.08. 00:00

Kon

zent

ratio

n Tr

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g [F

NU

] und

AFS

[mg/

l]

0

150

300

450

600

750

Byp

assv

olum

enst

rom

[l/h

]

Ablauf_AFS_Stichprobe

Ablauf_AFS_Stundenmischprobe

Ablauf_Trübung_Onlinewert

Bypassvolumenstrom

Abbildung 15: Bypassversuch MW_C: Ablauf AFS und Trübung

Das Verhalten der Phosphatkonzentration während bzw. durch die Bypasszugabe

konnte nicht eindeutig identifiziert werden, da das Dresdner Abwasser durch teil-

weise hohe und stark schwankende Eisengehalte durch Wasserwerkschlämmen ge-

kennzeichnet ist. Des Weiteren ist im Hinblick auf eine großtechnische Umsetzung

des Verfahrens zu beachten, dass die Mehrzahl der Kläranlagen eine chemische

Phosphorelimination mit z. T. deutlicher Überdosierung (vgl. ß-Wert) vorgesehen

haben und demzufolge die Untersuchungen an der halbtechnischen Versuchsanlage

nicht übertragbar wären, da diese ohne P-Fällung betrieben wurde. Eine ausführli-

chere Betrachtung der Phosphatproblematik ist im Kapitel der Bypassmodellierung

enthalten.

Für die Auswertung der Bypassversuche hinsichtlich Ammonium, partikulärem und

gelöstem CSB ist die Tatsache zu beachten, dass der erhöhte Kläranlagenzulauf

durch die Verlagerung von belebtem Schlamm in die Nachklärung ggf. eine

Erhöhung der Ablaufparameter auch ohne Bypassbeeinflussung bewirkt.

Dementsprechend wird für die Bilanzierung der Adsorptions- und Eliminationsraten

des Bypassverfahrens die in Kapitel 6 dargestellte Simulation der stattfindenden

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Prozesse und Prozessraten genutzt. Dies ist mit der hohen Simulationsgüte

hinsichtlich der Ablaufparameter zielführend und beachtet zuverlässig die auftretende

Dynamik der Belastungszustände und der jeweils aktuellen Verweilzeitcharakterisitk.

Ergebnisse der Bypassversuche

Die Randbedingungen der ausgewerteten Bypassversuche unter Mischwasserbedin-

gungen sind in Tabelle 2 dargestellt. Es wird deutlich, dass der Anteil des

Bypassvolumenstromes im Vergleich zum Nachklärbeckenzulauf sowie die Belas-

tungsparameter des Nachklärbeckens für jeden Versuch unterschiedlich ist. In den

Versuchen MW_D und MW_E wurde die Belastbarkeit des Nachklärbeckens hin-

sichtlich der Überschreitung der maximalen Oberflächenbeschickung von 2,0 m/h

getestet.

Tabelle 2: Randbedingungen der Versuche unter Mischwasser-bedingungen

Parameter MW_A MW_B MW_C MW_D MW_E

QKA l/h 550 780 760 950 950

QRS l/h 400 400 400 400 400

QBY l/h 470 470 660 600 800

qA m/h 1,4 1,5 1,9 2,1 2,4

qSV l/(m²*h) 180 210 250 460 450

ISV ml/g 55 50 60 70 70

Bypasszeit h 4,03 2,45 3,15 3,25 4,52

Für die Ermittlung der Adsorptions- und Eliminationsvorgänge wird einerseits die Er-

höhung der Ablauffracht durch die Bypassführung, die sich aus der Bewertung der

Versuchsanlage unter Mischwasserbedingungen mit und ohne Bypass ergibt, vergli-

chen und andererseits der Anteil, der durch adsorptive Vorgänge hervorgerufen wird,

ausgewertet.

Abbildung 16 zeigt die frachtmäßige Betrachtung des partikulären CSB während des

Versuches MW_C. Es sind die partikulären CSB-Ablauffrachten mit und ohne By-

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passführung sowie die in das Nachklärbecken gegebene Bypassfracht dargestellt.

Die Ablauffracht inklusive der Bypassführung ist gegenüber ’normalem’ Misch-

wasserbetrieb der Versuchsanlage deutlich erhöht und spiegelt somit den in

Abbildung 15 dargestellten Konzentrationsverlauf hinsichtlich der raschen Erhöhung

und des langsamen Abklingens der Konzentration wieder. Die zugeführte Bypass-

fracht entspricht im Maximum mehr als dem doppelten der entlasteten Fracht im

Kläranlagenablauf.

0

300

600

900

1200

1500

1800

2100

29.08. 00:00 29.08. 12:00 30.08. 00:00 30.08. 12:00 31.08. 00:00

Abl

auffr

acht

CSB

par [

g/d]

0

700

1400

2100

2800

3500

4200

4900

Byp

assf

rach

t CSB

par [

g/d]

Ablauf partikulärer CSB -mit BypassAblauf partikulärer CSB -ohne BypassBypassfracht partikulärerCSB

Abbildung 16: Bypassversuch MW_C: CSBpar Bypass- und Ablauffracht mit und ohne Bypass

In Abbildung 17 sind die Bypassversuche unter Mischwasserbedingungen

zusammengefasst. Es zeigt pro Bypassversuch die aufsummierte partikuläre CSB

Bypassfracht, die während des Versuches in das Nachklärbecken gegeben wurde

und die Frachtelimination des Verfahrens, die sich durch die Einbindung der Stoffe in

die Belebtschlammmatrix und deren Sedimentation bzw. durch den Anteil der

Rücklaufschlammführung ergibt. Da die beiden Versuche MW_D und MW_E

hinsichtlich des erhöhten Bypassvolumenstromes die für das Nachklärbecken

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vorgegebene maximale Oberflächenbeschickung von 2,0 m/h z. T. deutlich

überschreiten, ergeben sich relativ geringe prozentual bezogene Frachteliminationen.

Die ersten 3 Versuche weisen im Mittel eine Eliminationsleistung von über 50 % auf.

0

30

60

90

120

150

180

MW_A MW_B MW_C MW_D MW_EBypassversuche

part

ikul

äre

CSB

-Fra

cht [

kg/d

]

partikulärer CSB_Bypassfracht

partikulärer CSB_Frachtelimination

Abbildung 17: Zusammenfassung der Mischwasserbypassversuche hinsichtlich partikulärem CSB

In Abbildung 18 ist die Frachtbetrachtung des Versuches MW_C für die gelösten

organischen Verbindungen messtechnisch als CSB dargestellt. Die Frachterhöhung

mit Bypass fällt deutlich geringer aus im Vergleich zum partikulären CSB, da wie

Abbildung 14 zeigt, die gelöste CSB Konzentrationserhöhung infolge der Bypassfüh-

rung weniger ausgeprägt ist.

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0

500

1000

1500

2000

29.08. 00:00 29.08. 12:00 30.08. 00:00 30.08. 12:00 31.08. 00:00

gelö

ste

CSB

-Fra

cht [

g/d]

Ablauffracht gelösterCSB - mit BypassAblauffracht gelösterCSB - ohne BypassBypassfracht gelösterCSB

Abbildung 18: Bypassversuch MW_C: CSBgel Bypass- und Ablauffracht mit und ohne Bypass

Die aufsummierten Frachten des gelösten CSB der Bypassversuche zeigt Abbildung

19. Es ist zu sehen, dass unter den in Tabelle 2 dargestellten Bedingungen der

Rücklaufschlammführung im Mittel 45 % des gelösten CSB durch das Verfahren eli-

miniert und 25 % adsorptiv an den belebten Schlamm angelagert werden.

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0

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50

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MW_A MW_B MW_C MW_D MW_EBypassversuche

gelö

ste

CSB

-Fra

cht [

kg/d

]

gelöster CSB_Bypassfrachtgelöster CSB_Frachtverringerunggelöster CSB_Adsorptionsfracht

Abbildung 19: Zusammenfassung der Mischwasserbypassversuche hinsichtlich gelöstem CSB

In Abbildung 20 ist die frachtbezogene Betrachtung für Ammonium des Versuches

MW_C dargestellt. Die in Abbildung 12 beschriebene Konzentrationserhöhung

infolge der Bypassführung verursacht den deutlichen Unterschied zwischen der

Ablauffracht mit und ohne Bypass sowie den ausgeprägten Nachlauf.

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0

50

100

150

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29.08. 00:00 29.08. 12:00 30.08. 00:00 30.08. 12:00 31.08. 00:00

Abl

auffr

acht

Am

mon

ium

[g/d

]

0

100

200

300

400

Byp

assf

rach

t Am

mon

ium

[g/d

]

Ablauffracht Ammonium -mit BypassAblauffracht Ammonium -ohne BypassBypassfracht Ammonium

Abbildung 20: Bypassversuch MW_C: Ammonium Bypass- und Ablauffracht mit und ohne Bypass

Die sich aus Abbildung 20 ergebenden Ammoniumfrachten für die einzelnen Ver-

suchstage (vgl. Tabelle) zeigt Abbildung 21. Die Frachtverringerung durch das By-

passverfahren liegt bei allen Versuchen in einem vergleichbaren prozentualen Be-

reich, der sich vorrangig durch die Rücklaufschlammführung ergibt. Im Mittel werden

39 % des Ammonium eliminiert, wobei die Adsorptionsrate bei ca. 4 % liegt.

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0

3

6

9

12

MW_A MW_B MW_C MW_D MW_EBypassversuche

Am

mon

ium

frac

ht [k

g/d]

Ammonium_BypassfrachtAmmonium_FrachtverringerungAmmonium_Adsorptionsfracht

Abbildung 21: Zusammenfassung der Mischwasserbypassversuche hinsichtlich Ammonium

Vergleich der Bypassversuche unter Trockenwetter- und Mischwasserbedingungen

Nachfolgend werden vergleichende Betrachtungen der Eliminations- und Adsorp-

tionsraten der Bypassversuche unter Trockenwetter- und Mischwasserbedingungen

für die gelösten organischen Verbindungen in Form von gelöstem CSB dargestellt.

Abbildung 22 zeigt die Abhängigkeit der auf die organische Trockensubstanz be-

zogenen Eliminations- und Adsorptionsfracht von der normierten Gleichgewichts-

konzentration. Die normierte Gleichgewichtskonzentration ergibt sich aus der Sub-

traktion der Ablaufkonzentration des Nachklärbeckens, die die jeweilige Gleich-

gewichtskonzentration darstellt, und der Ausgangskonzentration des Nachklär-

beckenablaufes, die der inerten CSB-Ablaufkonzentration entspricht. Für beide Ab-

hängigkeiten ergeben sich signifikante Zusammenhänge, die mit einer linearen

Funktion und einem Bestimmtheitsmaß von R² > 0,9 charakterisiert werden. Es ist zu

sehen, dass bei höherer normierter Gleichgewichtskonzentration die adsorbierte

Fracht und dementsprechend die gesamte Elimination größer ist.

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38

y = 1,80xR2 = 0,95

0

10

20

30

40

0 5 10 15 20 25normierte CSB-Gleichgewichtskonzentration [mg/l]

CSB

-Elim

inat

ion

[g /

kg o

TS]

Werte HTVA_Trockenwetter

Werte HTVA_Mischwasser

y = 1,56xR2 = 0,92

0

10

20

30

40

0 5 10 15 20 25normierte CSB-Gleichgewichtskonzentration [mg/l]

CSB

-Ads

orpt

ion

[g /

kg o

TS]

Werte HTVA_Trockenwetter

Werte HTVA_Mischwasser

Abbildung 22: Elimination und Adsorption der gelösten organischen Verbindungen bezogen auf die normierte CSB-Gleichgewichtskonzentration

Die gesamte Elimination von gelösten organischen Kohlenstoffverbindungen bein-

haltet die Abbau- und Adsorptionsprozesse sowie die Elimination infolge der Rück-

laufschlammführung. Abbildung 23 zeigt die prozentuale Elimination der gelösten

organischen Verbindungen durch das Bypassverfahren, wobei sich bei höherer nor-

mierter Gleichgewichtskonzentration eine höhere Gesamtelimination einstellt.

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39

R2 = 0,84

0

20

40

60

80

100

0 5 10 15 20 25normierte CSB-Gleichgewichtskonzentration [mg/l]

Elim

inat

ions

rate

[%]

Werte HTVA_Trockenwetter

Werte HTVA_Mischwasser

Abbildung 23: Abhängigkeit der Eliminationsrate der Bypassversuche von der normierten Gleichgewichtskonzentration

Dieser Sachverhalt ist mit der in den Batchversuchen ermittelten Sättigungsfunktion

(Langmuir-Isotherme) bzgl. der adsorbierten Fracht an gelösten organischen Verbin-

dungen erklärbar, da bei höherer Gleichgewichtskonzentration mehr Adsorptions-

plätze ausgenutzt werden. Abbildung 24 zeigt die Anteile der in Abbildung 23 darge-

stellten Eliminationsraten für die Rückführung mit dem Rücklaufschlamm und der

Adsorption. Es ist zu sehen, dass bei höherer normierter Gleichgewichtskonzentra-

tion der prozentuale Anteil der Rückführung sinkt und der adsorbierte Anteil steigt.

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40

R2 = 0,90

0

10

20

30

40

50

60

0 5 10 15 20 25normierte CSB-Gleichgewichtskonzentration [mg/l]

Elim

inat

ions

ante

il de

r Rüc

kfüh

rung

[%]

Werte HTVA_Trockenwetter

Werte HTVA_Mischwasser

R2 = 0,90

0

20

40

60

80

100

0 5 10 15 20 25normierte CSB-Gleichgewichtskonzentration [mg/l]

Elim

inat

ions

ante

il de

r Ads

orpt

ion

[%]

Werte HTVA_Trockenwetter

Werte HTVA_Mischwasser

Abbildung 24: Abhängigkeit der Eliminationsanteile der Rückführung und

der Adsorption von der normierten

Gleichgewichtskonzentration

4.4 Zusammenfassung

Die halbtechnischen Versuche wurden zur Bewertung der Eliminationsleistung des

Bypassverfahrens, hinsichtlich der Bestätigung der Batchversuche, und zur Bereit-

stellung einer Datenbasis für die Bypassmodellierung durchgeführt. Der Vergleich der

Bypassversuche unter Trockenwetter- und Mischwasserbedingungen zeigt, dass die

Eliminations- und Adsorptionsraten bzw. -frachten der gelösten organischen Verbin-

dungen mit linearen Funktionen in Abhängigkeit von der normierten Gleichgewichts-

konzentration beschreibbar sind. Es wurde herausgearbeitet, dass sich der Anteil der

Rücklaufschlammführung für die Eliminationsleistung des Verfahrens vor allem bei

Mischwasserereignissen, die den eigentlichen Anwendungsfall des Bypassver-

fahrens darstellen, mindestens gleichwertig im Vergleich zu den Adsorptionsprozes-

sen ergibt.

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5 Großtechnische Untersuchungen auf der Kläranlage Wulkatal

Die Abwicklung der geplanten Aufgaben der TU Wien war nur mit einer engen Kooperation der entsprechenden Partner vor Ort möglich. Dies betraf das Amt der Burgenländischen Landesregierung, Abt. Gewässeraufsicht und den Wasserverband Wulkatal.

Für die Untersuchungen auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf ist eine umfangreiche analytische Unterstützung des Amts der Burgenländischen Landesregierung, Abt. Gewässeraufsicht erfolgt. Dadurch stehen viele hinsichtlich Menge und Qualität erfasste Regenereignisse zur Verfügung.

Die Zusammenarbeit mit der Leitung des Wasserverbandes Wulkatal war zufrieden stellend. Die Kläranlage hatte während des Projektzeitraumes betriebliche Probleme im Zulaufkanal und bei der Schlammbehandlung, wodurch die maximale Mischwassermenge reduziert war und das Schlammvolumen im Belebungsbecken über lange Zeiträume sehr hoch war. Dies hat sich z.T. ungünstig auf die Randbedingungen der Untersuchungen des vorliegenden Projekts ausgewirkt.

5.1 Beschreibung der Kläranlage

Auf der Kläranlage des Wasserverbandes Wulkatal wird die Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken seit etwa 30 Jahren mit Erfolg eingesetzt. Die Kläranlage entwässert ein Einzugsgebiet über drei Sammelkanäle (Wulkatal-Sammler, Hirmerbach-Sammler und Nodbach-Sammler).

Die Kläranlage ist eine einstufige Belebungsanlage, die am Ende eines großen Kanalnetzes mit mehreren Verbandssammlern und Regenüberlaufbecken situiert ist. Das empfangende Gewässer, die Wulka, mündet etwa 20 km unterhalb der Kläranlage in den Neusiedler See. Bei Mittelwasser trägt die Kläranlage etwa 15 - 20 % zur Wasserführung in der Wulka bei. Aufgrund der sensiblen Lage müssen im Ablauf der Kläranlage erhöhte Anforderungen eingehalten werden.

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42

Abbildung 25: Einzugsgebiet der Kläranlage Wulkaprodersdorf.

Tabelle 3: Emissionsgrenzwerte der Kläranlage des WV Wulkatal

Parameter Konzentration Mindestwirkungsgrad mg/l % BSB5 10 95 CSB 50 85 TOC 15 85 NH4-N 3 Ges.N 80 Ges.P 0,5

Bei der Kläranlage handelt es sich um eine „klassische“ einstufige Belebungsanlage ohne Vorklärung. Wesentliche Bestands- und Belastungskennwerte für die Anlage sind in den folgenden Tabellen enthalten.

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Tabelle 4: Anlagenkennwerte der Kläranlage des WV Wulkatal

Belebungsbecken BB 1+2 2 x 7500 m³ Nachklärbecken NKB 1+2 2 x 6840 m³ Tiefe Nachklärbecken 1+2 4,3 m

Nachklärbecken NKB 3 (im Normalfall außer Betrieb) 3800 m³

Tiefe Nachklärbecken 3 ca. 2 m

Tabelle 5: Mittlerer Zulauf, mittlere Tagesspitze und maximale Mischwassermenge im Zeitraum 2004 – 10/2006

Parameter 2004 2005 1-10/2006 Q TW,d, mittel 18.000 18.400 21.000 m³/d

QTW, maxh, mittel 1.500 1.400 1.500 m³/h Qh, max 3.600 3.700 3.300 m³/h

1000 1030 930 L/s

Tabelle 6: Mittlere Zulauffrachten und Ablaufkonzentrationen 2004 – 10/2006

Zulauffracht Ablaufkonzentration 2004 2005 1-

10/2006 2004 2005 1-

10/2006

CSB 6.800 6.750 6.000 Kg/d 15 15 16 mg/LTOC 2.300 2.300 2.050 Kg/d 5 6 6 mg/LTotal N 451 422 436 Kg/d 5 4 2 mg/LNH4-N Kg/d 0,2 0,4 0,4 mg/LTotal P 53 48 53 Kg/d 0,4 0,3 0,3 mg/L

Das gesamte an der Kläranlage ankommende Abwasser wird mit Schneckenpumpen und bei hohen Zuflüssen zusätzlich mit Tauchmotorpumpen gehoben und in Grobrechen und Sandfang einer mechanischen Grobreinigung unterzogen. Im Beschickungskanal zu den Belebungsbecken ist ein Wehr eingebaut, über welches bei hohen Zuflüssen ein Teil des Mischwassers in einen Bypasskanal überläuft. Dieser Kanal mündet in ein Verteilbauwerk, in welchem sich der Bypassstrom allein durch die vorhandene Turbulenz mit dem Ablauf der Belebungsbecken durchmischt und wo das Abwasser-Schlamm-Gemisch auf die Nachklärbecken aufgeteilt wird. Zur Überwachung der Sedimentation werden Schlammspiegelsonden in den Nachklärbecken und eine Trübungsmessung im Ablauf der Kläranlage eingesetzt.

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44

5.2 Untersuchung von Mischwasserereignissen Bei Mischwasserereignissen mit Bypass wurden vom Zu- und Ablauf 2-Stunden-Mischproben und die Datenaufzeichnungen des Prozessleitsystems der Kläranlage ausgewertet. Im Verlauf des Projekts wurden für insgesamt 55 Mischwasserereignisse an 82 Tagen Proben entnommen.

Die Ereignisse werden tabellarisch angeführt, und entsprechend der Auswertequalität (Betriebsbedingungen und Datenverfügbarkeit) bewertet.

Tabelle 7: Überblick über die Mischwasserereignisse

Nr Datum Tage Bypass-DauerAblaufmenge

m³ Bypassmenge

m³ Qualität

1 21.01.2005 1 10 42.052 6.512 2,5

2 12.02.2005 1 7 39.899 3.527 2,5,6

3 22.02.2005 3 4+2+5 88.622 1.564 2,5

4 12.03.2005 1 7 33.177 1.351 2,5

5 19.03.2005 1 11 41.273 2.780 2,5

6 09.04.2005 1 12 40.981 6.712 2,5,6

7 18.04.2005 3 5+8+6 87.100 6.642 2,5

8 25.04.2005 3 11+8 99.257 10.304 2,4,5

9 03.05.2005 2 2 + 3 49.532 980 2

10 17.05.2005 3 7+2+5+24 141.973 27.839 2,5,6

11 04.06.2005 1 6 33.407 2.812 2

12 09.06.2005 1 8 34.513 2.618 2

13 29.06.2005 1 2 20.878 397 2,3

14 01.07.2005 1 5+4 38.553 3.119 2

15 05.07.2005 1 14 44.424 3.918 2

16 08.07.2005 2 21+6+3+3+1 97.737 9.963 2

17 11.07.2005 2 12+5 88.203 7.986 2

18 17.07.2005 1 2 12.800 242 2,3

19 19.07.2005 1 3 27.598 1.297 2,5

20 25.07.2005 1 7 31.203 2.500 2

21 03.08.2005 1 11 40.444 4.155 2

22 10.08.2005 1 5 29.386 2.042 2

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Nr Datum Tage Bypass-DauerAblaufmenge

m³ Bypassmenge

m³ Qualität

23 14.08.2005 4 16+5+8+10 171.877 21.891 2,5,6

24 21.08.2005 2 6+16 91.149 9.978 2,6

25 12.09.2005 1 6 28.071 2.108 2,5,6

26 16.09.2005 2 21 74.568 6.736 2,5

27 20.09.2005 1 14 38.783 4.531 2,5

28 26.11.2005 2 17 61.300 4.092 2

29 05.12.2005 2 8+6 84.339 4.531 2,6

30 02.01.2006 2 35 98.191 9.547 2,5

31 08.02.2006 1 6 31.289 826 2,3

32 17.02.2006 2 48 186.264 42.099 5

33 26.03.2006 1 10 29.811 1.338 1

34 28.03.2006 2 37 98.191 5.155 6

35 11.04.2006 1 7 27.247 1.530 1

36 23.04.2006 1 5 24.070 1.168 1

37 27.04.2006 5 4+80 225.777 58.005 5,6

38 18.05.2006 1 12 4,7

39 27.05.2006 3 5+4+3 87.762 5.346 5

40 02.06.2006 2 26 101.827 22.062 1

41 10.06.2006 1 9 37.725 4.714 5

42 22.06.2006 1 7 33.230 3.325 2

43 27.06.2006 1 6 34.124 4.053 2

44 29.06.2006 1 17 53.668 11.745 2,5

45 07.07.2006 2 7 2,4,7

46 29.07.2006 1 5 23.131 664 2,3

47 01.08.2006 1 6 21.222 2.472 2,5

48 03.08.2006 1 12 46.064 6.991 2,5

49 07.08.2006 0,3 16+ >20 2,4,7

50 20.08.2006 1 8 33.201 3.418 2,5

51 25.08.2006 1 9 33.089 3.398 2

52 19.09.2006 1 12 34.477 2.139 2

53 24.10.2006 1 7 34.552 3.986 2,5

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Nr Datum Tage Bypass-DauerAblaufmenge

m³ Bypassmenge

m³ Qualität

54 29.10.2006 1 11 35.531 4.018 2,5

55 22.11.2006 1 2,7

Legende: 1 – alle Daten auswertbar, 2- RS-Menge nicht bekannt, 3 - wenig Bypassmenge, 4 – Analysen nicht vollständig, 5 – online-TS fehlerhaft oder nicht vorhanden, 6 – während Ereignis zusätzliches Nachklärbecken in Betrieb genommen, 7 – PLS-Daten nicht vollständig.

5.3 Feststoffmanagement - Schlammverlagerung Auswertung der Einzelereignisse mit Datenqualität „1“

Überblick Für die Ereignisse mit Datenqualität „1“ wird eine detaillierte Auswertung des

Schlammhaushaltes und der Frachtreduktion aus dem Bypass durchgeführt. In der

folgenden Tabelle sind die wesentlichen Betriebsparameter für die betreffenden

Ereignisse angegeben.

Tabelle 8: Betriebskennwerte für die Ereignisse mit Datenqualität „1“

Ereignis 33 35 36 39* 40 SVBB [mL/L] 900 1000 850 570 550

maxQab [L/s] (Spitzenstd.)

700 680 640 720 890

maxQBy (Spitzenstd.) 88 L/s13 %

135 L/s 20 %

130 L/s 20 %

150 L/s 24%

300 L/s 34%

max qA [ m/h] 0,81 0,77 0,72 0,8 1,0

max qSV [L/(m².h)] 580 550 400 ca. 350 350

Schlammbett 1/2 [m] 2,2/2,5 2,1/1,6 0,8/0,9 < 0,7 1,9/2,4

verlagerte Schlammmenge als TS [kg]

40.000 35.000 22.000 k.A. 45.000

Aufenthaltszeit des Schlammes in NKB

2 h 1,5 h 1,1 h k.A. 4 h

*… Ereignis 39 hat Datenqualität „5“, d.h. die online-TS-Werte sind fehlerhaft. Da dieses Ereignis jedoch im Kapitel 5.4 mit den anderen Ereignissen mitbehandelt wird, sind an dieser Stelle die wesentlichen Kennwerte mit angegeben.

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47

Ereignis 33 (26-27.03.2006)

Die betrieblichen Randbedingungen für dieses Ereignis sind ungünstig. Das Schlammvolumen im Belebungsbecken beträgt zu dieser Zeit mehr als 900 mL/L. Dies hat zur Folge, dass das Nachklärbecken bei einem Trockenwetterzulauf von ca. 200 L/s schon mit einer Schlammvolumenbeschickung von 200 L/(m².h) betrieben wird. Eine plötzliche Erhöhung der Wassermenge bringt auch eine entsprechend höhere Schlammvolumenbeschickung.

Die maximale Schlammvolumenbeschickung für horizontal durchströmte Nachklärbecken bei Bemessung lt. ATV-DVWK A 131 beträgt 500 L/(m².h). Dieser Wert wird bei dem Schlammvolumen von 900 mL/L bereits erreicht, wenn 500 L/s Abwasser über die Belebung genommen werden.

In den Ganglinien ist zu erkennen, dass der Schlammspiegel bei diesen hohen Schlammmengen kontinuierlich ansteigt.

0

100

200

300

400

500

600

700

800

26.03.06 00:00

26.03.06 06:00

26.03.06 12:00

26.03.06 18:00

27.03.06 00:00

27.03.06 06:00

27.03.06 12:00

27.03.06 18:00

28.03.06 00:00

L/s

Q abl Q RS L/s Q_Bypass

Abbildung 26: Ereignis 33. Ganglinien der Wassermengen – Ablauf, Rücklaufschlamm und Bypass.

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48

0

5000

10000

15000

20000

25000

30000

26.03.200600:00

26.03.200606:00

26.03.200612:00

26.03.200618:00

27.03.200600:00

27.03.200606:00

27.03.200612:00

27.03.200618:00

28.03.200600:00

[kg

TS/h

]

0

5000

10000

15000

20000

25000

30000

35000

40000

45000

50000

[kg

TS]

TS-BB-Fr kg/h TS-RS-Fr kg/h Speicher korrigiert

Abbildung 27: Ereignis 33. Schlammfrachten im Ablauf des Belebungsbeckens und im Rücklaufschlamm, gespeicherte TS-Fracht im Nachklärbecken.

0

100

200

300

400

500

600

700

26.03.200600:00

26.03.200606:00

26.03.200612:00

26.03.200618:00

27.03.200600:00

27.03.200606:00

27.03.200612:00

27.03.200618:00

28.03.200600:00

qSV

[L/m

².h]

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

4

m S

chla

mm

bett

qSV [L/m².h] M3_L_42_03_1 M3_L42_03_2

Abbildung 28: Ereignis 33. Verlauf der Schlammvolumenbeschickung qSV und Höhe des Schlammbetts in den Nachklärbecken 1 und 2 (min. Messwert 0,7m).

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49

Aus betrieblicher Sicht ist daher darauf zu achten, dass das Schlammvolumen im Belebungsbecken so eingestellt wird, dass bei maximalen Durchfluss die maximale Schlammvolumenbeschickung nicht überschritten wird.

Die Frage, inwiefern ein höherer Bypass für diesen Betriebsfall sinnvoll wäre, ist in Hinblick auf die Ablaufwerte zu klären und kann z.B. durch eine dynamische Simulation abgeschätzt werden. Dies ist jedoch nur zu erwägen, wenn aus betrieblichen Gründen (z.B. Ausfall der Entwässerungseinheit) kurzfristig kein Schlamm abgezogen werden kann. Grundsätzlich ist zu vermeiden, dass das SV im Belebungsbecken zu hoch wird.

Ereignis 35 (11-12.04.2006)

Auch bei diesem Ereignis ist das Schlammvolumen im Belebungsbecken mit mehr als 1000 mL/L deutlich zu hoch. Das Schlammbett im Nachklärbecken steigt durch die hohe Schlammfracht bei Mischwasser deutlich an, die maximale Schlammvolumenbeschickung beträgt 550 L/m².h.

0

100

200

300

400

500

600

700

800

11.04.06 00:00

11.04.06 06:00

11.04.06 12:00

11.04.06 18:00

12.04.06 00:00

12.04.06 06:00

12.04.06 12:00

12.04.06 18:00

13.04.06 00:00

L/s

Q Abl Q RS L/s Q_Bypass

Abbildung 29: Ereignis 35. Ganglinien der Wassermengen – Ablauf, Rücklaufschlamm und Bypass.

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50

0

5000

10000

15000

20000

25000

30000

35000

11.04.200600:00

11.04.200606:00

11.04.200612:00

11.04.200618:00

12.04.200600:00

12.04.200606:00

12.04.200612:00

12.04.200618:00

13.04.200600:00

kg/h

0

5000

10000

15000

20000

25000

30000

35000

40000

kg

TS-BB-Fr kg/h TS-RS-Fr kg/h Speicher korrigiert

Abbildung 30: Ereignis 35. Schlammfrachten im Ablauf des Belebungsbeckens und im Rücklaufschlamm, gespeicherte TS-Fracht im Nachklärbecken.

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12.04.200606:00

12.04.200612:00

12.04.200618:00

13.04.200600:00

qSV

[L/m

².h]

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3,5

4

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chla

mm

bett

qSV [L/m².h] M3_L_42_03_1 M3_L42_03_2

Abbildung 31: Ereignis 35. Verlauf der Schlammvolumenbeschickung qSV und Höhe des Schlammbetts in den Nachklärbecken 1 und 2 (min. Messwert

0,7m).

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51

Ereignis 36 (23-24.04.2006)

Der maximale Zulauf bei diesem Ereignis ist mit 640 L/s relativ gering. Das Schlammvolumen im Belebungsbecken ist mit 850 mL/L bereits deutlich niedriger als in den Zeiträumen davor. Dadurch ist die Schlammvolumenbeschickung mit 400 L/(m².h) in einem normalen Betriebsbereich. Das Schlammbett in den Nachklärbecken steigt nur geringfügig an, und bleibt deutlich unter 1 m.

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24.04.06 06:00

24.04.06 12:00

24.04.06 18:00

25.04.06 00:00

[L/s

]

Q Abl Q_Bypass Q RS L/s

Abbildung 32: Ereignis 36. Ganglinien der Wassermengen – Ablauf, Rücklaufschlamm und Bypass.

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TS-BB-Fr kg/h TS-RS-Fr kg/h Speicher korrigiert

Abbildung 33: Ereignis 36. Schlammfrachten im Ablauf des Belebungsbeckens und im Rücklaufschlamm, gespeicherte TS-Fracht im Nachklärbecken.

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24.04.200606:00

24.04.200612:00

24.04.200618:00

25.04.200600:00

qSV

[L/m

².h]

0

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2,5

3

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4

m S

chla

mm

bett

qSV [L/m².h] M3_L_42_03_1 M3_L42_03_2

Abbildung 34: Ereignis 36. Verlauf der Schlammvolumenbeschickung qSV und Höhe des Schlammbetts in den Nachklärbecken 1 und 2 (min. Messwert 0,7m).

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53

Ereignis 40 (02-04.06.2006)

Es handelt sich um ein langes Regenereignis mit ca. 18 Stunden Bypassbetrieb. Die Zulaufmenge beträgt über mehrere Stunden fast 900 L/s, die Bypassmenge ca. 300 L/s. Die Oberflächenbeschickung der Nachklärbecken erreicht 1 m/h, und die maximale Schlammvolumenbeschickung ist zu Beginn des Ereignisses 300-350 L/(m².h).

Es kommt zu einer Ausbildung eines mehr als 2 m hohen Schlammbetts, das sich während des Ereignisses stabil hält.

Die Trockensubstanzkonzentrationen des Belebtschlammes gehen während des Ereignisses auf die Hälfte zurück, die Trockensubstanzkonzentration des Rücklaufschlammes reduziert sich auf drei Viertel des Ausgangswertes vor dem Regen.

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03.06.0606:00

03.06.0612:00

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04.06.0600:00

04.06.0606:00

04.06.0612:00

04.06.0618:00

05.06.0600:00

[L/s

]

Q Ablauf Q RS L/s Q_Bypass

Abbildung 35: Ereignis 40. Ganglinien der Wassermengen – Ablauf, Rücklaufschlamm und Bypass.

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54

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02.06.06 00:00

02.06.06 06:00

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kg

TS-RS-Fr kg/h TS-BB-Fr kg/h Speicher korrigiert

Abbildung 36: Ereignis 40. Schlammfrachten im Ablauf des Belebungsbeckens und im Rücklaufschlamm, gespeicherte TS-Fracht im Nachklärbecken.

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02.06.0606:00

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04.06.0606:00

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05.06.0600:00

qSV

[L/m

².h]

0

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4

m S

chla

mm

bett

qSV M3_L_42_03_1 M3_L42_03_2

Abbildung 37: Ereignis 40. Verlauf der Schlammvolumenbeschickung qSV und Höhe des Schlammbetts in den Nachklärbecken 1 und 2 (min. Messwert 0,7m).

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55

Verhältnisse im Nachklärbecken

Aus den Ganglinien der Wassermengen und der Feststofffrachten ist zu erkennen, dass die Feststofffracht im Rücklaufschlamm bei Erhöhung der Rücklaufschlammmenge nicht ansteigt. Selbst nach Ausbilden eines nennenswerten Schlammbettes von 1-2 m Höhe ist keine Erhöhung der Trockensubstanzkonzentration im Rücklaufschlamm festzustellen.

Zufolge der Erhöhung des Schlammbettes erhöht sich die Eindickzeit des Schlammes im Nachklärbecken. In den gängigen Modellen über die Funktion von Nachklärbecken steigt die Trockensubstanz des Rücklaufschlammes mit der Eindickzeit. Da dies bei den beobachteten Ereignissen nicht zu beobachten war, muss vermutet werden, dass es bei erhöhtem Zufluss zu einer erhöhten Kurzschlussströmung kommt und der besser eingedickte Bodenschlamm im Trichterbereich verdünnt wird.

Daher ist es erforderlich, dass die ins Nachklärbecken geleitete Schlammfracht begrenzt wird. Dies untermauert die Notwendigkeit der Bypassführung auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf.

5.4 Frachtreduktion durch Mischwasserbehandlung

Darstellung anhand von Ganglinien eines Ereignisses

Bei der Behandlung des Mischwassers wird ein Teil der Abwasserinhaltsstoffe in den Belebtschlamm aufgenommen bzw. gemeinsam mit dem Rücklaufschlamm in das Belebungsbecken transportiert.

Exemplarisch werden Ganglinien für ein mehrtägiges Mischwasserereignis dargestellt, die wesentlichen Frachten sind in der folgenden Tabelle angegeben.

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mg

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L/s

CSB-Konzentration Zulauf CSB Konzentration Ablauf Ablaufmenge L/s Bypassmenge

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2-h-

CSB

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m³CSB Ablauffracht

Summenlinie Bypass

CSB-Ablauffracht (theoretisch)ohne Bypassbehandlung

Abbildung 38: Ganglinien der Wassermengen und CSB-Konzentrationen für eine Serie von Mischwasserereignissen (14.-18.8.2005); CSB-Frachten (2-Stunden Intervall) mit und ohne Bypass.

Der Spitzenabwasserzufluss betrug ca. 950 l/s. Davon wurden drei Viertel über die biologische Stufe und ein Viertel über den Bypass direkt in der Nachklärung behandelt. Die CSB-Konzentrationen im Ablauf der Anlage sind durch die direkte Beschickung nicht angestiegen. Auch die Ammonium- und die Phosphorkonzentrationen im Ablauf waren trotz der Mischwassereinleitung ins Nachklärbecken sehr gering.

Die dunkelgraue Fläche in Abbildung 38 zeigt den Verlauf der CSB-Fracht (2-h-Werte) im Ablauf bei Bypassbetrieb. Zum Vergleich dazu ist jene (theoretische) CSB-Fracht dargestellt, die bei direkter Einleitung des Bypasses ins Gewässer entlastet würde.

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57

Tabelle 9: Gesamtfrachten für eine Serie von Mischwasserereignissen

(14.-18.8.2005) und die zugehörigen Ablaufkonzentrationen

Parameter Zulauf KA

Zulauf Biologie

Bypass Ablauf Ablauf-konzentration

Wirkungs-grad

Q [m³] 193.800 171.900 21.900 194.000 CSB [kg] 23.200 20.900 2.300 1860 11 mg/L 92,0 % NH4-N 1.085 kg 1005 kg 80 kg 49 kg 1,3 mg/L 95,5 % Ges.-P 230 kg 206 kg 24 kg 43 kg 0,3 mg/L 81,3 %

Frachtreduktion – Überblick über alle Ereignisse

Die Beurteilung der Frachtreduktion durch die Mischwasserbehandlung beruht auf den folgenden Annahmen:

• Die Ablaufkonzentration bei Mischwasser (ohne Bypass) entspricht jener mit Bypass.

• In Hinblick auf Tagesmittelwerte der Ablaufkonzentrationen müssen die Mischungsverhältnisse im Nachklärbecken nicht simuliert werden.

Zur generellen Beurteilung der Frachtentfernung werden die CSB-Tages-Frachten im Ablauf der Kläranlage bei Betrieb des Mischwasser-Bypasses dargestellt (graue Balken). Diese gemessenen Ablauffrachten werden mit jenen Frachten verglichen, die ohne Bypassbehandlung in die Wulka eingeleitet würden. Diese theoretischen Frachten setzen sich aus den abgeschätzten Ablauffrachten der Kläranlage ohne Bypass (weiße Balken) und den gemessenen Frachten im Mischwasser-Bypass (schwarze Balken) zusammen.

Für diese Auswertung wurden die Frachten mehrtägiger Ereignisse auf mittlere Tagesfrachten je Ereignis umgerechnet.

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4951

5355

CSB-Fr kg/dC

SB-F

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CSB

-Abl

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s)C

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Von den aufgenommenen 55 Ereignissen konnten für 49 Ereignisse die Zu- und Ablauffrachten ermittelt werden. Aus diesen Frachten können die minimalen,

Abb

ildun

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für C

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mittleren und maximal erreichten Wirkungsgrade der Frachtentfernung für die Parameter CSB, NH4-N, Ges.geb.N, AfS und Gesamt-P ermittelt werden.

Tabelle 10: Mittlere Bypass-Frachten und Wirkungsgrad der Entfernung bei der Mischwasserbehandlung. Auswertung von 49 Ereignissen, für die die

Zu- und Ablauffrachten ermittelt werden konnten.

Parameter CSB NH4-N Ges.geb.N AfS Ges.P

mittl. Bypass-Fracht

980 kg/d 21 kg/d 49 kg/d 1088 kg/d 7,6 kg/d

Minimum 75% 16% 38% 92% 25% Mittelwert 92% 88% 78% 98% 79% Maximum 98% 98% 96% 99,9% 97%

Es sind unterschiedliche Prozesse, durch die Stoffe aus dem Bypassstrom entfernt werden. Ein Teil der Bypass-Fracht wird entsprechend dem Anteil des Bypasses am Rücklaufschlammstrom in das Belebungsbecken gepumpt, und ein Teil der Abwasserinhaltsstoffe lagert sich an den Belebtschlamm an. Zur Abschätzung der Relevanz der unterschiedlichen Transportprozesse werden Einzelereignisse, für die die Rücklaufschlammförderung bekannt ist, ausgewertet.

Frachtreduktion – Auswertung der Einzelereignisse mit Datenqualität „1“

Unter der Annahme, dass keine zusätzliche Entfernung von Abwasserinhaltsstoffen in der Nachklärung stattfindet, kann die Entfernung der im Bypass enthaltenen Frachten allein durch die Rückführung mit dem Rücklaufschlamm ermittelt werden. Wird über das Regenereignis eine höhere Fracht entfernt, als anteilsmäßig dem Rücklaufschlamm entspricht, so kann die zusätzliche Entfernung (Anlagerung an die Schlammflocken) quantifiziert werden.

Analysenergebnisse stehen nur für die Zu- und Ablaufmischproben zur Verfügung. Die Zusammensetzung der gelösten Phase im Ablauf des Belebungsbeckens konnte wegen des hohen Schlammgehalts nicht routinemäßig erfasst werden. Es werden zwar Online-Analysatoren für NH4-N, NO3-N und PO4-P betrieben, die den Ablauf des Belebungsbeckens überwachen, die Parameter sind jedoch für eine gesicherte Bilanzierung nicht ausreichend (die organische Fracht fehlt), und die Genauigkeit dieser Geräte ist für die vorliegende Fragestellung nicht ausreichend.

Für die Berechnung wird daher davon ausgegangen, dass die Konzentrationen der Stoffe im abgesetzten Ablauf des Belebungsbeckens gleich groß sind wie die Ablaufkonzentrationen der Nachklärbecken in den Tagen vor Beginn des Regenereignisses.

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Tabelle 11: Rechnerische Entfernung von Abwasserinhaltsstoffen aus dem Bypassstrom durch Einbindung in die Schlammflocken (Positive Werte

= Entfernung, negative Werte = Erhöhung.)

Ereignis 33 35 36 39 40

CSB 79 kg 309 kg 71 kg 521 kg 604 kg

NH4-N -14,5 kg -0,1 kg 4,2 kg 15 kg 29 kg

AfS 17,3 kg 288 kg 51 kg 487 kg 254 kg

Ges-P 1,7 kg -0,4 kg 1,2 kg 4,1 kg -3,2 kg

Tabelle 12: Prozentuelle Entfernung von Inhaltsstoffen aus dem Bypass durch Einbindung in die Schlammflocken.

Ereignis 33 35 36 39 40

CSB 26 % 32 % 29 % 36 % 52 %

AfS 7% 32 % 34 % 40 % 29 %

Beim Ereignis 33 ist die mit dem Bypass behandelte Fracht relativ gering, was bei der Berechnung zu Differenzen großer Zahlen und damit zu geringer Genauigkeit der Ergebnisse über die „zusätzliche“ Entfernung aus dem Bypass führt. Daher werden die Ergebnisse dieses Ereignis nicht als repräsentativ angesehen.

Aus den Ergebnissen der anderen Ereignisse kann festgestellt werden, dass aus der Bypassfracht ca. ein Drittel des CSB und der abfiltrierbaren Stoffe über den Kontak mit dem Belebtschamm aus dem Abwasser entfernt werden.

Die rechnerischen Differenzen bei den Nährstoffparametern sind zu gering, um zuverlässige Aussagen zu machen.

5.5 Auswirkungen auf die Ablaufkonzentrationen Die Ablaufanforderungen für die Kläranlage Wulkaprodersdorf sind in Tabelle 3 (Seite 42) angegeben. Da die Feststoffe und die organischen Inhaltsstoffe ein gutes Adsorpionsverhalten haben, ist für die maximale Bypassmenge der Emissionswert von 3 mg/L NH4-N im Ablauf maßgebend.

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61

Die Anforderungen an Ablaufkonzentrationen sind in den Europäischen Staaten national unterschiedlich geregelt. In Österreich ist die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte in der Tagesmischprobe gefordert.

Im Jahr 2005 betrug die maximale CSB-Ablaufkonzentration in der Tagesmischprobe 32,9 mg/L, im Folgejahr 2006 betrug sie 27,3 mg/L. Somit kann festgestellt werden, dass der Emissionswert von 50 mg/L auch bei Bypassereignissen nie erreicht wurde.

Da für diese Untersuchungen 2-h-Mischproben vorliegen, wird die Einhaltung von NH4-N in der 2-h-Mischprobe dargestellt. Um festzustellen ob eine erhöhte Ammoniumkonzentration aus dem Bypass kommt oder bereits durch zu geringe Belüftung im Belebungsbecken verursacht wurde, werden auch die Ergebnisse des online-Analysators im Ablauf des Belebungsbeckens herangezogen.

Tabelle 13: Ablaufkonzentrationen in den 2-h-Mischproben. Anzahl der Ereignisse mit Überschreitung von „kritischen“ Konzentrationen im

Kläranlagenablauf und im Belebungsbecken (online-Analysator).

NH4-N Ablauf KA

k.A. 0 – 1 mg/L >1 mg/L davon > 2 mg/L

Anzahl Ereignisse

1 34 20 7

NH4-N Ablauf BB

davon > 2 mg/L

Anzahl Ereignisse

5

In der folgenden Tabelle werden die Ereignisse mit Messwerten über 2 mg NH4-N aufgelistet. Dabei zeigt sich, dass bei 5 von 7 Ereignissen bereits im Belebungsbecken das Ammonium nicht vollständig abgebaut wurde. Nur bei 2 Ereignissen lag die NH4-N-Konzentration im Ablauf des Belebungsbeckens unter 1 mg/L, nämlich bei den Ereignissen 2 (NH4-N online konstant Null, also vermutlich auch nicht richtig) und 26 (sprunghafter Verlauf von NH4-N online, relativ unglaubwürdig).

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Tabelle 14: Ereignisse mit erhöhten NH4-N-Ablaufkonzentrationen.

Nr. max, NH4-N TMP max. NH4-N 2-h-MP

max. NH4-N online BB

2 1,7 mg/L 2,7 mg/L 0 mg/L

4 1,3 mg/L 2,3 mg/L 3 mg/L

26 1,9 mg/L 2,4 mg/L 0,2 mg/L

29 2 mg/L 2,8 mg/L 4 mg/L

30 5 mg/L 6 mg/L 10 mg/L

31 2,3 mg/L 3,9 mg/L 5 mg/L

32 4,1 mg/L 5 mg/L 6 mg/L

Auf Grund dieser Ergebnisse kann festgestellt werden, dass der Bypass-Betrieb auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf zu keiner kritischen Erhöhung der NH4-N-Ablaufkonzentrationen geführt hat.

5.6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die detaillierte Aufnahme von 55 Mischwasserereignissen auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf konnte dazu genutzt werden, einen besseren Einblick in das Verfahren der Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken unter Betriebsbedingungen zu gewinnen.

Im regulären Betrieb einer Abwasserreinigungsanlage müssen die Ablaufgrenzwerte zu jeder Zeit eingehalten werden. Bei einer Anlage dieser Größenordnung ist es ohne große Umbauten nicht möglich, zu Versuchszwecken große Bypassdurchflüsse einfach in die Nachklärbecken umzuleiteten. Daher war es nicht möglich, wie bei der Versuchsanlage in Dresden Grenzbelastungen einzustellen.

Durch die erhöhte hydraulische Belastung im Mischwasserfall steigt die ins Nachklärbecken geleitete Schlammmenge. Um die notwendige Eindickung des Schlammes zu erreichen, ist in jedem Fall eine gewisse Aufenthaltszeit im Nachklärbecken notwendig. Um die Schlammmenge aus dem Nachklärbecken auch wieder zu entfernen, ist daher eine bessere Eindickung oder eine höhere Rücklaufschlammförderung erforderlich.

Die Untersuchungen auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf haben gezeigt, dass eine Erhöhung der Rücklaufschlammmenge nicht zum gewünschten Ergebnis führt. Es

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63

scheint, dass dadurch der Kurzschlussstrom im Nachklärbecken verstärkt wird und der eingedickte Schlamm durch den Nachklärbeckenzulauf zunehmend verdünnt wird. Die ins Belebungsbecken zurückgeführte Schlammfracht steigt durch die Erhöhung der Rücklaufschlammförderung nicht.

Für die Kläranlage Wulkaprodersdorf kann die Rücklaufschlammförderung daher auf ca. 500 L/s begrenzt werden. Das Rücklaufverhältnis bezogen auf die im Belebungsbecken behandelte Abwassermenge beträgt dann im Mischwasserfall etwa 70 %.

Für die Ausbildung der Kurzschlussströmung ist die Ausbildung des Mittelbauwerks des Nachklärbeckens von entscheidender Bedeutung. Daher kann der auf dieser Anlage festgestellte sinnvolle Maximalwert für die Rücklaufschlammförderung nicht verallgemeinert werden. Das für die Bemessung empfohlene Rücklaufverhältnis von maximal 0,75 (bzw. 75%) lt. ATV-DVWK A131 (2000) kann in diesem Fall bestätigt werden. Zufolge des Bypassbetriebes muss die Rücklaufschlammförderung nicht erhöht werden, weil der Bypass die in das Nachklärbecken transportierte Schlammfracht nicht erhöht. Eine Erhöhung der Rücklaufschlammförderung hatte bei der Anlage in Wulkaprodersdorf sogar einen eher negativen Effekt.

Die Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken führt zu einer Reduktion der in das empfangende Gewässer eingeleiteten Frachten. Der Bypass auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf betrug beim maximalen Mischwasserzufluss etwa 30% des gesamten Abwasserzuflusses. Unter diesen Bedingungen wurden im Mittel 92 % des CSB, 88 % des NH4-N und 98 % der abfiltrierbaren Stoffe aus dem Bypass entfernt. Der Wirkungsgrad für CSB und abfiltrierbare Stoffe entspricht durchaus jenen, die bei biologischer Reinigung erreicht werden.

Ein Teil der Entfernung der Abwasserinhaltsstoffe erfolgt durch eine direkte Rückführung von Mischwasser mit dem Rücklaufschlamm. Zusätzlich kommt es bei der Vermischung von Belebtschlamm mit dem Bypass zu einer Aufnahme von Abwasserinhaltsstoffen in die Belebtschlammflocke. Unter regulären Bedingungen, wie sie auf der Großanlage vorliegen, ist nur eine Abschätzung des adsorbierten Frachtanteils möglich. Anhand von fünf auswertbaren Ereignissen wurde festgestellt, dass ca. ein Drittel des CSB und der abfiltrierbaren Stoffe durch Adsorption aus dem Bypassstrom entfernt wurden.

Wegen der ungünstigen Immissionssituation – die Wulka mündet in den Neusiedler See – sind die einzuhaltenden Ablaufgrenzwerte der Kläranlage Wulkaprodersdorf mit 3 mg NH4-N/L und 50 mg CSB/L niedriger als die Mindestanforderungen laut Emissionsverordnung für kommunalen Kläranlagen in Österreich. Trotzdem konnten diese niedrigen Werte für CSB bei allen beobachteten Mischwasserereignissen eingehalten werden. Beim Parameter NH4-N kam es zu zwei Überschreitungen bei

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Mischwasser, wobei festzustellen ist, dass in diesen Fällen bereits die Ammonium-Konzentration im Belebungsbecken erhöht war, was auf eine nicht ausreichende Sauerstoffzufuhr für die Nitrifikation zurückzuführen ist. Durch den Bypass wurde die Einhaltung der Ablaufgrenzwerte bei keinem der untersuchten Fälle gefährdet.

Die Untersuchungen der Mischwasserereignisse auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf legen die Basis für die Beurteilung dieses Verfahrens in Hinblick auf die Reinigungsleistung und die erreichbaren Ablaufkonzentrationen. Die bei Mischwasser auf der Kläranlage behandelte Abwassermenge kann durch Bypassführung um etwa die Hälfte erhöht werden, ohne dass sich signifikante Auswirkungen auf die Reinigungsleistung feststellen lassen.

Die Grenze für die maximal mögliche Bypassführung, bei der eine Verschlechterung des Ablaufs eintritt, konnte aufgrund der lokalen Gegebenheiten und des hohen Schlammvolumens im Belebungsbecken nicht ausgetestet werden.

Die Nachklärung ist ein essentieller Prozess bei der biologischen Abwasserreinigung mit dem Belebungsverfahren. Der Belebtschlamm muss im Nachklärbecken eindicken, damit er auch wieder ins Belebungsbecken zurückgefördert werden kann. Bei erhöhtem Abwasserzufluss kommt es daher zuerst zu einer Speicherung von Schlamm im Nachklärbecken, das Schlammbett steigt und damit die Eindickzeit. Dies führt zu einer besseren Eindickung des Schlammes. Die maximal erzielbare Eindickung des Schlammes im Nachklärbecken ist jedoch begrenzt. Je höher die Schlammkonzentration im Belebungsbecken ist, desto geringer wird die Konzentrationserhöhung des Schlammes durch Eindickung. Dadurch wächst das Schlammbett und die Gefahr von Schlammabtrieb steigt.

Die bei den Untersuchungen aufgetretenen Ereignisse, bei denen die Leistungsfähigkeit der Nachklärbecken erreicht wurde und daher ein zusätzliches Nachklärbecken in Betrieb genommen wurde, waren immer auf zu hohen Schlammgehalt im Belebungsbecken zurückzuführen. Daher ist es nicht sinnvoll, eine Belebungsanlage mit mehr Schlammvolumen zu betreiben, als der Bemessung der Anlagen zugrunde gelegt wurde..

Wurde die Belebungsanlage mit bemessungskonformem Schlammvolumen betrieben, so war auch bei Bypassbetrieb die Funktion der Nachklärbecken gewährleistet.

Durch die Bypassführung konnten etwa 200.000 m³ Mischwasser pro Jahr zusätzlich behandelt werden, wobei die Reinigungswirkung deutlich über jener von konventionellen Mischwasserbehandlungsanlagen lag.

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65

6 Modellentwicklung und dynamische Simulation der Ad-

sorption mit Belebtschlamm

Einführung

Die Zugabe von (Misch)-Wasser in den Einlaufbereich eines Nachklärbeckens (NKB) führt zu vielfältigen Prozessen innerhalb des NKB selbst sowie nachfolgend im biolo-gischen Reaktor durch Rückführung von Abwasserinhaltsstoffen über den Rücklauf-schlamm. Die mathematische Beschreibung dieser Prozesse ist durch die gegensei-tige Abhängigkeit und Beeinflussung komplex. Es bietet sich an, durch den Einsatz eines biologischen Modells diese Abhängigkeiten mathematisch zu beschreiben so-wie durch die erzeugte Transparenz Quantifizierungsmöglichkeiten zu schaffen, die durch alleinige Messungen nicht möglich sind. Als Modellgrundlage für die Entwick-lung des Bypassmodells wurde das Activated Sludge Model No. 3 (ASM 3) gewählt (Gujer et al., 1999). Das ASM 3 beschreibt die Umwandlungsprozesse, die unter aeroben und anoxischen Bedingungen auf die verschiedenen Fraktionen der organi-schen Verbindungen sowie der Stickstoffverbindungen in kommunalem Abwasser einwirken. Die Prozesse werden mittels verschiedener Monod-Schaltfunktionen über kinetische Parameter beeinflusst. Im Gegensatz zum weiter verbreiteten ASM 1 (Henze et al., 1987) weist die Modellstruktur Vorteile für eine Einbeziehung der Ad-sorptionsprozesse beim Bypassverfahren auf. Die Implementierung des entwickelten Modells sowie die Durchführung der Simulationsrechnungen werden mit der Kompo-nentenbibliothek SIMBA© unter dem System Matlab/Simulink© realisiert.

6.1 Charakterisierung der Prozesse

Ausgangspunkt für dieses Forschungsprojekt waren die Laborversuche von Günther (2003). Eine Beschreibung ist in Kapitel 3 zu finden. Aus diesen Batchversuchen wurden folgende Prozesse abgeleitet, die bei Zugabe von Rohwasser zu einer Be-lebtschlammsuspension aktiviert werden:

• Verringerung von gelöstem CSB (CSBgel) im Überstand.

• Verringerung partikulärer CSB-Verbindungen (CSBpar) im Überstand.

• Verringerung von Nitrat in der gelösten Phase.

• Verringerung von Ammonium in der gelösten Phase.

Der Abbau von Nitrat erfolgt durch Denitrifikation, nachdem der Sauerstoff im Reak-tor nahezu verbraucht ist. Die anderen Prozesse sind auf eine Kombination aus Ab-

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bau sowie Speicherung im Belebtschlamm zurückzuführen. Detailausführungen dazu sind in Kapitel 3 dargestellt. Die Ergebnisse der Batchversuche wurden zur Modell-entwicklung sowie Parameterschätzung wie folgt genutzt:

• 4 detaillierte Zeitreihen für die CSBgel- sowie NH4-N-Eliminierung.

• 37 Batchversuche für die CSBpar-Elimination.

An der halbtechnischen Versuchsanlage (HTVA) im Technikum des Instituts für Siedlungswasserwirtschaft der TU Dresden wurden mehrere Bypassversuche unter echten Mischwasserbedingungen durchgeführt. Nähere Erläuterungen sowie eine Anlagenbeschreibung sind in Kapitel 4 zu finden. Um diese Versuche zur Modellent-wicklung bzw. -validierung zu nutzen, ist es notwendig, für jeden Versuch den ent-sprechenden Anlagenzustand bezüglich der Zusammensetzung sowie Aktivität des Belebtschlamms zu generieren. Die höchste Genauigkeit wird erreicht, wenn die An-lage kontinuierlich über den gesamten Zeitraum mit Bypassversuchen simuliert wird. Dabei kann die Datendichte der Eingangsinformationen in den „Überbrückungspha-sen“ zwischen den Bypassversuchen geringer sein, da die Anlage in einem quasista-tionären Zustand gefahren werden kann.

Die ersten Test-Bypassversuche wurden Anfang Juni 2006 durchgeführt, so dass ab diesem Zeitpunkt eine Langzeitsimulation der HTVA bis zum Abschluss der Bypass-versuche Anfang Oktober 2006 aufgebaut und berechnet wurde. Die für den Mo-delleingang notwendigen Zulaufanalysen wurden aus den Zulaufdaten (24h-Misch-proben) des Rohwasserstromes zur Großkläranlage, die mit dem gleichen Abwasser beschickt wird, generiert. Daneben wurden die Volumenströme (QZU, QRS, QÜS) über Magnetisch-Induktive Durchflussmesser an der HTVA ermittelt. Die Anlage wird mit-tels der Analyse auf Feststoffgehalt, Sauerstoffkonzentration im Belebungsbecken und Ammoniumkonzentrationen im Ablauf auf eine ordnungsgemäße Funktion ge-prüft. Das eingestellte Schlammalter betrug in diesem Zeitraum konstant 15 Tage. Die Anlage ist in einem Temperaturbereich um 20 °C betrieben worden.

Während der Bypassversuche erfolgte eine intensive Beprobung der Anlage mittels Misch- bzw. Stichproben. Außerdem wurden Ammoniumkonzentration und Trübung im Ablauf mit Online-Analysatoren bestimmt.

6.2 Langzeit-Modellabgleich der Versuchsanlage

Als Ausgangspunkt für den Nachweis der gewünschten Funktionsweise des ent-wickelten Modells dient die Simulation der kontinuierlichen Bypassversuche an der

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HTVA. Die Prozessparameter Stickstoff- und Kohlenstoffabbaus des zugrunde lie-gende ASM 3 wurden auf dieser Grundlage an die vorliegenden Verhältnisse ange-passt. Die durchgeführte Langzeitsimulation basiert auf bereits im vorigen Kapitel beschriebenen Vereinfachungen und Annahmen in der Zulaufdatenbasis. Dies führt zu einer akzeptierbaren Unsicherheit bezüglich der Genauigkeit des Modellabgleichs. In Abbildung ist die Ablaufkonzentration für Ammonium an der HTVA sowie im Simu-lationsmodell dargestellt. Die einzelnen Spitzenwerte in den Simulationswerten in den folgenden Abbildungen sind durch die einzelnen Bypassversuche und die da-durch verstärkte Systemdynamik entstanden.

0

1

2

3

4

5

01.08. 11.08. 21.08. 31.08. 10.09. 20.09. 30.09.

NH

4-N

[mg/

L]

NH4-N Simulation NH4-N Stichproben

Abbildung 40: Mess- und Simulationswerte der Langzeitsimulation der HTVA (Ammonium)

Unter Reinwasserbedingungen wurden an der HTVA aufgrund der eingeschobenen Zwischenwände teilweise erhebliche Kurzschlussströmungen mittels Tracermessun-gen quantifiziert. Dadurch erhöht sich der Anteil an nicht oxidierten Abwasserinhalts-stoffen im Ablauf. Abbildung 40 zeigt die Langzeitsimulation mit einem solchen Kurz-schlussstrom, der eine entsprechende Ablaufkonzentrationserhöhung unabhängig von der eigentlichen Leistungsfähigkeit der Anlage bezüglich Stickstoffoxidation be-wirkt.

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350

400

01.08.06 11.08.06 21.08.06 31.08.06 10.09.06 20.09.06 30.09.06

OV

[g O

2/(m

³*d)

]

OV Simulation OV Routine

Abbildung 41: Mess- und Simulationswerte der Langzeitsimulation der HTVA (Sauerstoffverbrauch)

Für den Modellabgleich der Kohlenstoff- und Stickstoffoxidation ist in Abbildung 41 die Gegenüberstellung von gemessenem und simuliertem Sauerstoffverbrauch dargestellt. Die Messungen sind stichprobenartige Respirationsmessungen im Rahmen der Routineüberwachung der Anlage. Die Übereinstimmung ist ausreichend genau.

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0,0

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01.08. 11.08. 21.08. 31.08. 10.09. 20.09. 30.09.

TS B

B [g

/L]

TS_BB Simulation TS_BB Stichproben

Abbildung 42: Mess- und Simulationswerte der Langzeitsimulation der HTVA (Feststoffkonzentration)

Der Abgleich für die ÜS-Produktion ist in Abbildung 42 dargestellt. Der Trend sowie die Absolutwerte der HTVA werden durch die Simulationsergebnisse bestätigt.

6.3 Modellentwicklung

Modellanpassung für gelösten CSB

Als Ausgangsmodell für die Entwicklung wurde, wie bereits erwähnt, das ASM 3 ge-wählt. Dieses enthält einen Adsorptionsprozess, der im weiter verbreiteten ASM 1 nicht enthalten ist. Durch verschiedene Autoren wurde nachgewiesen, dass unter bestimmten Voraussetzungen Adsorptionsprozesse geschwindigkeitsbestimmend sein können (z.B. Novak et al., 1995). Das ASM 3 beruht im Gegensatz zum ASM 1 nicht auf dem „Death-Regeneration“-Konzept (Dold et al., 1980), bei dem abgestor-bene Biomasse zum Teil wieder in den Substratkreislauf zurückgeführt wird. Die Pro-zessverkettung im ASM 3 ist linear aufgebaut und die Absterbeprozesse werden mit der endogenen Atmung zusammengefasst. Der Biomasseaufbau erfolgt über die Speicherung von leicht abbaubarem Substrat SS in einer zellinternen Struktur XSTO, bevor anschließend der eigentliche Biomasseaufbau erfolgt (vgl. Abbildung3).

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SS XSTO

O2 / NO3-N

XBH

O2 / NO3-N

Abbildung 43: Prozessverkettung im ASM3

Dies geschieht unter Nutzung von Sauerstoff bzw. Nitrat als Elektronenakzeptor. Die Prozessgleichungen enthalten entsprechende Monod-Schaltfunktionen für Substrat SS sowie Sauerstoff (aerobe Substratspeicherung):

XBHSSKHSS

SS2O2KHO

2Oksto ⋅+

⋅+

⋅ bzw.

eine Schaltfunktion für Nitrat und eine Hemmfunktion für Sauerstoff bei der anoxi-schen Substratspeicherung mit einer generellen Abminderung der Prozessgeschwin-digkeit durch den Parameter ηHNO3:

XBHN3NO3KHNO

N3NOSSKHSS

SS2O2KHO

2KHO3HNOksto ⋅−+

−⋅

+⋅

+⋅η⋅

In den Gleichungen stellt XBH die heterotrophe Biomasse dar, während KHNO2, KHSS sowie KHNO3 Halbsättigungskonstanten des Modells sind.

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CSB

mf [

mg/

L]CSBmf Simulation CSBmf Stichproben

Abbildung 44: Mess- und Simulationsergebnisse des Batchversuchs Nr. 9 für gelösten CSB

Eine Anpassung des maximalen Speicherrate ksto war für die Simulation der Batch-experimente sowie der Bypassversuche an der HTVA nicht erforderlich. Abbildung 44 zeigt beispielhaft die Übereinstimmung der Simulation mit Experiment Nr. 9. Die Einstellung des Endwertes im Simulationsmodell erfolgt durch die Vorgabe des iner-ten gelösten CSB SI im Zulauf, der keinem Abbau bzw. Adsorption unterliegt. Neben den Batchversuchen zeigen auch die Simulationsergebnisse der einzelnen Bypass-versuche eine sehr gute Übereinstimmung mit den gemessenen Stichproben.

Die Bypassversuche an der HTVA (Bezeichnung MW_A/B/C/D/E) werden in den Diagrammen jeweils in 4 Einzeldiagramme verteilt dargestellt. Dabei sind die beiden letzten Versuche (MW_D und MW_E) in einem Diagramm aufgrund der zeitlichen Abfolge gemeinsam dargestellt. In Abbildung 45 ist die Ablaufkonzentration für ge-lösten CSB dargestellt. Mit den gestrichelten Linien ist der Zeitraum markiert, in dem der Bypass aktiv war.

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06.08.12:00

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CSB

mf [

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L]SimulationStichprobenQ_BP

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CSB

mf [

mg/

L]

Simulation

Stichproben

Q_BP

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30.08.06:00

30.08.12:00

30.08.18:00

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CSB

mf [

mg/

L]

SimulationStichprobenQ_BP

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05.10.12:00

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CSB

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Simulation

Stichproben

Q_BP

Abbildung 45: Mess- und Simulationsergebnisse der Langzeitsimulation im Ablauf des NKB (CSBgel)

Trotz der großen Streuung in den Messwerten ist erkennbar, dass die Dynamik innerhalb der HTVA mit dem im ASM 3 enthaltenen Adsorptionsprozess sehr gut wiedergegeben wird. Dies gilt ebenso für die CSBgel-Konzentrationen im Ablauf des Belebungsbeckens vor Bypasszugabe (Abbildung 46).

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CSB

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L]Q_BP

Simulation

Stichproben

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CSB

mf [

mg/

L]

Q_BP

Simulation

Stichproben

Abbildung 46: Mess- und Simulationsergebnisse der Langzeitsimulation im Ablauf des Bebebungsbeckens vor Bypasszugabe (CSBgel)

Modellanpassung für Ammonium

Neben der Elimination gelöster CSB-Verbindungen ist in den Batchversuchen auch eine Abnahme der Ammoniumkonzentration festgestellt worden. Generell erfolgt keine Adsorption bzw. Einlagerung von Ammonium an organischer Materie. Deshalb sind solche Prozesse auch nicht in den Belebtschlammmodellen integriert. Es wurde festgestellt, dass eine Adsorption von Ammonium an anorganischen Abwasser-inhaltsstoffen wie z. B. Zeolithen möglich ist (Kühn, 2000 und Krafft, 2005). Da solche Verbindungen derzeit nicht als Modellfraktion in den ASM-Modellen enthalten und im Hinblick auf die vorliegenden Massenströme bisher nicht ausreichend dokumentiert sind, wurde ein einfacherer Modellansatz gewählt. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass die anorganischen Ionenaustauscher (Zeolithe) im Belebtschlamm (Biomasse) in einem korrelierenden Verhältnis enthalten sind, da sie ebenfalls als Einwohner-äquivalent anfallen. Dabei ist die im Belebungsbecken vorrätige Fracht vom Schlammalter abhängig. Die NH4-N-Adsorption wird deshalb an die Modellbiomasse gekoppelt.

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y = 0,06x + 9,64R2 = 0,98

y = 0,08x + 2,16R2 = 0,98

y = 0,06x + 1,42R2 = 0,98

y = 0,06x + 1,60R2 = 0,99

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0 20 40 60 80 100 120CSBmf [mg/L]

NH

4-N

[mg/

L]Mittelwert:

rel. Abw:

0,066

17%

Abbildung 47: Zusammenhang zwischen CSBgel und NH4-N-Eliminierung

Aus den Ergebnissen der 4 vorliegenden detaillierten Zeitreihen der Batchversuche ist die Darstellung in Abbildung 47 entstanden. Die jeweils zueinandergehörigen CSBgel- und NH4-N-Konzentrationen im Überstand der entnommenen Probe sind ge-genübergestellt. In allen 4 Versuchen zeigt sich ein signifikanter Zusammenhang. Im ursprünglichen Modellkonzept des ASM 3 wird beim Speicherprozess für SS eine Ammoniumfreisetzung postuliert (vgl.Abbildung 48).

NH4-N

SS XSTO XBH

NH4-N

SS XSTO XBH

original ASM 3: modifiziert für NH4-N-Adsorption:

Abbildung 48: Implementierung der Ammoniumadsorption

Dieses Konzept wurde mit den Ergebnissen der Batchversuche umgekehrt (Abbildung 49). Bei der Speicherung von SS durch Adsorption wird in ein Massen-anteil von ca. 6 % als Ammonium gleichfalls adsorbiert. Mit dieser Modifikation ist auch die Ammoniumelimination in den Batchversuchen sehr gut nachgebildet (Abbildung 49).

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SNH

[mg/

L]

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CSB

mf [

mg/

L]

SNH Simulation SNH StichprobenCSBmf Simulation CSBmf Stichproben

Abbildung 49: Mess- und Simulationsergebnisse des Batchversuchs Nr. 9 für gelösten CSB und Ammonium

Die Prozesskalibrierung erfolgt demzufolge mit einem Anteil von 6 % in Bezug auf den gelösten CSB.

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NH

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[mg/

L]

SimulationStichprobenOnlineQ_BP

Abbildung 50: Mess- und Simulationsergebnisse der Langzeitsimulation im Ablauf des NKB (Ammonium)

Neben der Batchversuchssimulation zeigt auch die Langzeitsimulation der Bypass-versuche im Ablauf des NKB eine sehr gute Übereinstimmung von Mess- und Simu-lationswerten (Abbildung 50). Lediglich beim Versuch am 15.08.2006 ist ein geringfügiger Unterschied in der Phase nach der Bypasszugabe festzustellen. Der hohe Grad der Übereinstimmung von Messung und Simulation lässt sich für den Ab-lauf aus dem Belebungsbecken so nicht bestätigen (Abbildung 51). Für die Versuche am 05.08.2006 und 29.08.2006 werden die erhöhten Ammoniumwerte durch das Modell nicht getroffen. Als Ursache wird an dieser Stelle die unzureichend genaue Nachbildung der Sauerstoffkonzentrationen in den einzelnen belüfteten Kaskaden angesehen.

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Q_BP

Abbildung 51: Mess- und Simulationsergebnisse der Langzeitsimulation im Ablauf des Belebungsbeckens vor Bypasszugabe (Ammonium)

Die Dynamik der Ammoniumkonzentration in der Anlage beeinflusst auch die davon abhängige Denitrifikation bzw. die Nitratkonzentration. Abbildung 52 zeigt den Ver-gleich der Ablaufkonzentrationen zwischen Messung und Simulationsrechnung.

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Stichproben

Q_BP

Abbildung 52: Mess- und Simulationsergebnisse der Langzeitsimulation im Ablauf des NKB (Nitrat)

Die Dynamik und die Absolutwerte stimmen sehr gut überein. Damit wird geschluss-folgert, dass die Prozesse der Stickstoffelimination im Rahmen der realisierten By-passversuche ausreichend genau abgebildet werden.

Modellanpassung für partikulären CSB

Im Gegensatz zu den beiden bisher beschrieben Eliminationsprozessen für gelöste Stoffe wird die Entfernung partikulärer Verbindungen beim Kontakt mit Be-lebtschlamm oft mit Flockungsprozessen beschrieben. Diese Prozesse werden ver-schiedentlich als „Enmeshment“ (Novak, 1995; Haider, 2004) - Einschluss dieser Verbindungen in der Belebtschlammflocke - bezeichnet. Folgende Annahmen sind Ausgangbasis für die Prozessentwicklung:

• Die Prozessgeschwindigkeit ist abhängig von der Anzahl der Adsorptions-

plätze. D. h. die Kinetik ist an die Hydrolyse partikulärer Verbindungen ange-

lehnt.

• Die Prozessgeschwindigkeit unterliegt keiner Abhängigkeit hinsichtlich der

Konzentration an O2 bzw. NO3-N.

• Nicht im Einlaufbereich des NKB adsorbierte partikuläre Stoffe gelangen direkt

in den Ablauf.

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Als Ergebnis der Batchversuche wurde festgestellt, dass es, unabhängig von der Kontaktzeit, zu keiner vollständigen Elimination partikulärer CSB-Verbindungen kommt. Die Abhängigkeit der Eliminationsrate hat vorwiegend physikalische Gründe (z. B. Partikelgröße und -struktur) und kann mit der vorhandenen Modellvariante nicht ausreichend beschrieben werden. Der Adsorptionsprozess ist somit nicht zeitlich be-grenzbar. Dies ist für den Einsatz zur Nachbildung der Bypassversuche weitgehend unproblematisch, da die Adsorption von partikulärem CSB nur im Einlaufbereich des NKB abläuft. Dies hat lediglich Konsequenzen für die Verwendung des Modells für Prognosesimulationen. Es kann mit dem Simulationsmodell nicht im Voraus geprüft werden, welche Größe des Einlaufbereichs eines NKB im konkreten Anwendungsfall zu den höchsten Eliminationsraten führt. Es muss in jedem Fall eine Parameteran-passung von Ort erfolgen.

y = 1,0009xR2 = 0,66

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0 500 1000 1500 2000CSBpart eliminiert [mg] Messwerte

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elim

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g] S

imul

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Abbildung 53: Ergebnis der Parameteranpassung für die Eliminierung von partikulärem CSB

Zur modelltechnischen Umsetzung werden drei zusätzliche "nicht absetzbare" Frak-tionen (SXS, SXI sowie SXH) eingeführt. Dies ist notwendig, da in den nutzbaren Nachklärbeckenmodellen alle partikulären Fraktionen weitgehend abgeschieden werden. Die autotrophe Biomasse sowie gespeichertes Substrat im Bypass-Zulauf werden vernachlässigt. Die Prozessgeschwindigkeit wird mit einer Reaktion erster

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Ordnung erweitert um einen Monod-Schaltterm für die Berücksichtigung der Anzahl der Adsorptionsplätze für alle drei neuen Fraktionen realisiert.

XBHXBH/SXSkXX

XBH/SXSkhX ⋅+

In der Literatur sind verschiedentlich andere Kinetiken anzutreffen (z. B. Haider, 2004). Aufgrund der begrenzten Aufenthaltszeit im Einlaufbereich des NKB ist die Art der Kinetik von untergeordneter Bedeutung. Nach diesem „Adsorptionsreaktor“ werden die drei neuen Fraktionen in die entsprechenden partikulären Fraktionen transformiert. Damit können die Adsorptionsprozesse von partikulärem CSB lediglich im Einlaufbereich des NKB ablaufen.

Die beiden Modellparameter khX sowie KXX sind aus den Batchversuchen durch automatisierte Parameteroptimierung ermittelt worden. In Abbildung 53 ist für die ver-wendeten Experimente die Korrelation zwischen gemessener und simulierter CSB-Elimination dargestellt. Mit den beiden daraus gewonnenen Parametern ist eine Durchführung der Langzeitsimulation mit Elimination partikulärer CSB-Verbindungen möglich (Abbildung 54). Neben den Stichprobenwerten steht auch die Trübung als Kenngröße für den Gehalt an partikulären Verbindungen im Ablauf zur Verfügung. Auf eine Kalibrierung dieses Geräts an den Analysenwerten wurde verzichtet. Des-halb ist die Achse mit den Trübungswerten unterschiedlich skaliert. Es wird deutlich, dass eine sehr gute Übereinstimmung der Dynamik zwischen Trübung und simulier-ter Feststoffkonzentration erreicht wird.

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Abbildung 54: Mess- und Simulationsergebnisse der Langzeitsimulation im Ablauf des NKB (CSBpar)

Ähnlich der Ammoniumkonzentration ist der Grad der Übereinstimmung zwischen Messung und Simulation sehr hoch. Lediglich am 15.08.2006 ist wieder die Phase nach der Bypasszugabe nur unzureichend wiedergegeben. Das Plateau der Trü-bungswerte am 29.08.2006 in der Nachlaufphase kann ursächlich auf Sondenverun-reinigungen zurückgeführt werden. Während der Bypassversuche wurde aus der HTVA Belebtschlamm entnommen und die Respirationsrate gemessen. Die gewon-nenen Werte sind in Abbildung 55 den Simulationsergebnissen gegenübergestellt.

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OV

[g O

2/(m

3 *d)]

OV mit BP OV SP

Abbildung 55: Mess- und Simulationsergebnisse der Langzeitsimulation für den Sauerstoffverbrauch

Aufgrund der geringen Anzahl an Messwerten sind Aussagen zur Übereinstimmung weniger belastbar. Ungeachtet dessen ist offensichtlich, dass die Respirationsrate ausreichend genau simuliert wird.

6.4 Dynamische Simulation von Phosphat

Neben der Betrachtung der Kohlenstoff- und Stickstoffentfernung durch die Bypass-zugabe in das NKB ist ebenso das Verhalten von Phosphorverbindungen von Inte-resse. Im Rahmen dieses Projektes wurde die Auswirkung der Bypasszugabe auf die Phosphatkonzentration untersucht. Eine vorhergehende Quantifizierung einer evtl. Adsorption gelöster P-Verbindungen mittels Batchversuchen konnte nicht mit eindeu-tigen Ergebnissen belegt werden. Grund dafür ist der teilweise hohe und stark schwankende Eisengehalt im Dresdner Abwasser durch Zugabe von Wasserwerk-schlämmen.

Die HTVA wurde ohne P-Elimination betrieben, d. h. biologisch induzierte Phosphat-entfernung wurde verfahrenstechnisch vermieden und die Entfernung mittels chemi-scher Fällung wurde nicht explizit durchgeführt. Lediglich durch den Eisengehalt im

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Zulauf sind sporadische Fällungsprozesse aufgetreten. Aus diesen Gründen wird das Modell im entsprechende Fraktionen und Prozesse für Phosphat bzw. die Fällung mit Eisen erweitert. Im ASM 2d (Henze et al., 1999) ist eine geeignete Prozesskinetik enthalten. Diese wurde in das modifizierte ASM 3 integriert. Die kinetischen Para-meter bezüglich der P-Gehalte der einzelnen Fraktionen wurden wiederum dem bioP-Modul des ASM 3 entnommen (Rieger et al., 2001).

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Simulation

Q_BPStichprobenSimulation mit P-Fällung

Abbildung 56: Mess- und Simulationsergebnisse der Langzeitsimulation im Ablauf des NKB (PO4-P)

Für die Zulaufdatenbasis wurde eine Korrelation zwischen TKN und Pges aus verfüg-baren Datensätzen der HTVA erstellt und damit der P-Zulauf für das Simulations-modell generiert. Die Simulation der einzelnen Bypassversuche ist in Abbildung 56 dargestellt. Die schwarz dargestellte Datenreihe stellt die Simulationsergebnisse dar. Diese stimmen sehr gut mit den Stichproben aus der HTVA überein. Die Simula-tionswerte ergeben sich aus der Dynamik in den Konzentrationsverläufen sowie den entsprechenden Volumenströmen. Eine Aufnahme von Phosphat im Rahmen der CSB-Speicherung erfolgt entsprechend den Parametervorgaben vergleichbar der Stickstoffaufnahme. Durch die Bypassversuche kommt es zu einer Verdünnung des Anlagenablaufes und somit zu einer Abnahme der PO4-P-Konzentration im Nach-gang jedes Bypassversuches. Um die Auswirkung eines Bypassversuches bei che-mischer P-Fällung zu quantifizieren, wurde eine Simulationsrechnung mit einer

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Grunddosierung an Eisen durchgeführt. Die Dosierung wurde auf einen mittleren Ablaufwert für PO4-P im Bereich kleiner 0,5 mg/L eingestellt. An den grau darge-stellten Simulationsergebnissen in Abbildung ist die Wirkungsweise der Fällung sehr gut erkennbar. Durch die Bypasszugabe erfolgt jeweils eine geringfügige Erhöhung der Phosphatkonzentration. Grund ist die geringe Kontaktzeit des Phosphats aus dem Bypassstrom mit dem eisenhaltigen Belebtschlamm lediglich im Einlaufbereich des Nachklärbeckens. Für eine Vertiefung der Problematik der P-Adsorption sind ggf. Versuche zielführend, die durch die Eisenproblematik in den meisten Abwässern als schwierig in der Durchführung einzuschätzen sind.

6.5 Fazit

Das verwendete modifizierte Belebtschlammmodell ASM 3 ist im Anhang dokumen-tiert. Dabei sind zwei Versionen enthalten. Neben der modifizierten Fassung für Kohlenstoff- und Stickstoffelimination wurde eine Erweiterung dieser Version für Verfahren mit Phosphatelimination erarbeitet. Die Darstellung ist dabei an die be-währte Matrixform für Belebtschlammmodelle angelehnt. Die verwendeten Parameter sind beschrieben und quantifiziert. Damit steht für die HTVA ein Simulationsmodell zur Verfügung, mit dem die Prozesse der Elimination von Abwasserinhaltsstoffen durch Kontakt mit Belebtschlamm ausreichend genau in ihrer Dynamik beschrieben werden können. Eine Übertragung dieses Modells auf andere Kläranlagen ist mög-lich. Es ist zu beachten, dass in diesem Fall eine Prüfung der adsorptionsspezifi-schen Modellparameter durchzuführen ist, um belastbare Simulationsergebnisse zu gewährleisten. Dies schränkt die Anwendung des Bypassmodells für Prognosesimu-lationen entsprechend ein. Ungeachtet dessen ist das Modell ein wertvolles Werk-zeug, um die komplexen Zusammenhänge in einer Kläranlage im Mischwasserfall und zusätzlichem Bypassvolumenstrom transparent zu gestalten und entsprechend zu analysieren bzw. zu bilanzieren.

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7 Untersuchungen zur Implementierung des Bypassverfahrens

7.1 Umsetzung auf der Kläranlage Bergheim (Gemeinde Edertal)

Im Rahmen des Projektes wurde seitens des Institutes für Siedlungs- und

Industriewasserwirtschaft der TU Dresden die Implementierung des

Bypassverfahrens auf der Kläranlage Bergheim (Gemeinde Edertal) meßtechnisch

geprüft und bewertet (siehe Abschlussbericht ’Umsetzung auf der Kläranlage

Bergheim’ Krebs et. al, 2006). Dabei wurde einerseits die Analyse der derzeitigen

Betriebsbedingungen sowie der Entlastungsereignisse vorgenommen und

andererseits die Randbedingungen für den Einsatz der Bypasslösung quantifiziert.

Nachfolgend werden die wichtigsten Untersuchungserkenntnisse aus diesem Bericht

zusammengefasst:

• Durch die installierte Volumenstrommessung am Überlauf des vorhandenen

Regenspeicherbeckens wurde die Entlastungssituation hinsichtlich des Ent-

lastungsvolumens, -dauer und -volumenstromes bestimmt.

• Die analysierten Konzentrationen der Mischwasserentlastung stellen Stichpro-

ben dar, variieren stark und sind somit im Hinblick auf die Dynamik der

Mischwasserkonzentration bedingt für die entlasteten Frachtberechnungen

verwendbar.

• Durch das vorhandene große Zulaufpumpwerk, welches einen maximalen

Volumenstrom von 150 l/s fördern kann, und der hydraulischen Gegeben-

heiten des Hauptzulaufkanals stellt sich bei Mischwasser ein ’sägezahnartiger’

Verlauf des Entlastungsvolumenstromes ein. Durch die starken hydraulischen

Stöße werden der Wirkungsgrad des Absetzvorganges bzgl. partikulärer

Stoffe im RÜB ggf. eingeschränkt und unerwünschte Belastungsgradienten in

der Nachklärbeckenbeschickung erzeugt. Es wir empfohlen dies im Rahmen

des Kläranlagenumbaus durch geeignete Maßnahmen, wie z. B. Verringerung

des maximalen Volumenstromes des Pumpwerkes, zu beheben.

• Die technische Umsetzung der Bypassführung ist schematisch in Abbildung

dargestellt, wobei einerseits die neu konzipierte Kläranlage zu sehen ist und

andererseits die beiden zu installierenden Schächte sowie die benötigte By-

passleitung farblich hervorgehoben sind.

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86

Abbildung 57: Schematische Darstellung der Bypassumsetzung auf der KA Bergheim

• Durch diesen geringen bautechnischen Aufwand ist die Bypassumsetzung auf

der Kläranlage Bergheim möglich. In diesem Zusammenhang würde das vor-

handene Regenüberlaufbecken erhalten bleiben und somit kein Neubau bzw.

keine Vergrößerung des Regenbeckenvolumens auf 600 m³ notwendig sein,

was mit einer deutlichen Kostenersparnis verbunden ist.

• Der maximale Bypassvolumenstromes, der sich aus der stofflichen und

hydraulischen Kapazität des neu konzipierten Nachklärbeckens berechnet,

beträgt maximal 69 l/s.

• Für die Implementierung des Bypassverfahrens wird empfohlen, den Pumpen-

volumenstrom des Bypasses für einen Bereich von 30 bis 65 l/s auszulegen,

wobei unter den gegebenen Bedingungen im Betrieb ein Volumenstrom von

45 l/s vorzusehen ist.

• Die Auswirkungen auf das Entlastungsvolumen und den daraus abgeleiteten

Vergleich von großem RÜB und Bypassverfahren werden für einen maximalen

Bypassvolumenstrom von 45 l/s dokumentiert. Es zeigt sich, dass einerseits

die direkte Bypassentlastung erst ab einem Mischwasservolumenstrom von

Denitrifikation oder ggf.

Nitrifikation

Rechen / Sandfang

RÜB

Zulauf-

pumpwerk

Entlastung KA-Ablauf

Denitrifikation 2

Denitrifikation 1

NKB Bypassleitung A

B

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87

110 l/s auftritt und andererseits das Bypassverfahren bei größerem Mischwas-

servolumenstrom und längerer Mischwasserdauer zu einer stärkeren Entlas-

tungsvolumenstromreduktion im Vergleich zum großen RÜB führt. Die sich

daraus ergebende Frachtverringerung des Bypassverfahrens für das Gesamt-

system Kanalnetz und Kläranlage ist hinsichtlich verschiedener nicht vorher-

sagbarer Prozesse und Reinigungsmechanismen für den zukünftigen Kläran-

lagenausbau derzeit nicht quantifizierbar.

• Für den Betrieb der Neuanlage ist zu beachten, dass sich rechnerisch, auch

ohne die Bypassimplementierung, ein sehr geringes Geschwindigkeitsverhält-

nis der Absetzgeschwindigkeit des belebten Schlammes zur Oberflächenbe-

schickung des Nachklärbeckens ergibt und im Mischwasserfall ggf. zu Be-

triebsproblemen führt.

Zusammenfassend ergibt sich durch die Implementierung des Bypassverfahrens auf

der Kläranlage Bergheim die Möglichkeit, finanzielle Mittel durch das nicht zu bau-

ende Regenspeichervolumen einzusparen und durch die Behandlung und Teilreini-

gung von bereits entlastetem Mischwasser eine Entlastung des Gewässers zu

erzielen. Die Mehrbehandlung von Mischwasser in der Kläranlage führt zu einer

Verringerung des Frachteintrages in das Gewässer und bewirkt bei

ordnungsgemäßem Betrieb keine Überschreitung der Überwachungswerte der

Kläranlage.

7.2 Umsetzung auf der Kläranlage Sarnthein

Seitens der TU Wien wurde vorerst die Implementierung des Verfahrens auf der

Kläranlage Tramin untersucht. Da sich diese Anlage als nicht geeignet erwies (kein

Abwurf von Abwässern im Mischwasserfall) wurde das Verfahren auf der Kläranlage

Sarnthein eingesetzt (siehe Abschlussbericht „Umsetzung auf der Kläranlage

Sarnthein).

Vom Abwasserverband wurde mit Unterstützung der Provinz Bozen eine Tauchmotorpumpe im Bypassschacht installiert, mittels der bei Anspringen der Umgehung Mischwasser in den Verteilschacht zu den Nachklärbecken gefördert wird.

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88

Im Normalfall werden 2 Belebungsbecken (OKI Belüfter, V jeweils 667 m³) und 2 Nachklärbecken (V jeweils 300 m³, O jeweils 133 m², mittlere Tiefe ca. 2,2 m) betrieben. Ein weiteres Belebungsbecken (V = 667 m³) steht leer.

Tabelle 15: Flächenbeschickung der Nachklärbecken

Q in L/s Q in m³/h qA in m/h

QTW 12 43 0,16

QRW,Bio 40 144 0,54

QRW,Bio+Bypass 58 209 0,79

QRW,max 100 360 1,35 Anmerkung: QTW – Trockenwetterzulauf

QRW,Bio – Mischwassermenge, die über die Belebungsbecken genommen wird. QRW,Bio+Bypass – gesamte Mischwassermenge, die über die Nachklärung genommen wird. QRW,max - Mischwasserzulauf, der zu Beginn des Ereignisses (10 min) maximal übernommen wird, bevor der Bypass anspringt.

Tabelle 16: Schlammbeschaffenheit KA Sarntal

01-08/2006 2005

SV BB 300 -950 400 – 900 mL/L

TS BB 2,5 – 6,5 3 - 5 g/L

SVI 100 -180 100 - 230 mL/g

Tabelle 17: Schlammvolumenbeschickung qSV und Schlammvolumen-Raumbeschickung qSV,R bei den verschiedenen Lastfällen, für niedriges und hohes Schlammvolumen

max qSV max qSV,R

SVBB 400 mL/L

SVBB 900 mL/L

SVBB 400 mL/L

SVBB 900 mL/L

QTW 60 140 L/(m².h) 20 50 L/(m³.h)

QRW,Bio 200 500 L/(m².h) 70 150 L/(m³.h)

QRW,Bio+Bypass 200 500 L/(m².h) 70 150 L/(m³.h)

QRW,max >500 1200 L/(m².h) 180 400 L/(m³.h)

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89

Bei einem Regenereignis wird ab einem SV > 600 mL/L bereits ein kritischer Zustand im Nachklärbecken erreicht!

Die Mischwasserbehandlung war ab 2006 in Betrieb, mangels Niederschlag kam es jedoch nur zu wenigen Mischwasserereignissen.

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

2000

01.07.05 31.08.05 31.10.05 31.12.05 02.03.06 02.05.06 02.07.06

Q [m

³/d]

0

50

100

150

200

250

300

Sich

ttief

e in

cm

Qzu m3 Q By m3 Sichttiefe NKB in cm

Abbildung 58: Betriebswerte Kläranlage Sarnthein. Ganglinie der Zulauf- und Bypassmengen und Sichttiefe in der Nachklärung. Zeitraum 1.7.2005 – 31.8.2006.

Eine gezielte Betriebsdatenauswertung von Mischwasserereignissen – ähnlich wie für die Kläranlage Wulkaprodersdorf - konnte nicht stattfinden, weil die entsprechenden Daten nicht ausreichend zur Verfügung standen. Eine Erfassung der im Bypass enthaltenen Frachten war nicht möglich, weil die detaillieren Aufzeichnungen des Prozessleitsystems nicht ausgelesen werden konnten.

Die folgende Tabelle zeigt die erreichte Reinigungsleistung bei Mischwasserereignissen aus dem Jahr 2006, als der Bypass-Betrieb bereits installiert war.

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90

Tabelle 18: Sonderbeprobung der Zu- und Abläufe der Kläranlage Sarnthein bei Mischwasser

Datum 09.05.2006 03.08.2006 17.08.2006 24.10.2006 Q Zulauf 1242 m³ 1248 m³ 2026 m³ k.A.

Q Bypass 81 m³ 273 m³ 693 m³ k.A.

ZULAUF

CSB 629 mg/L 340 mg/L 552 mg/L

AfS 164 mg/L 112 mg/L 196 mg/L

NH4-N 24mg/L 24 mg/L 21 mg/L

ABLAUF

CSB 41 mg/L 30 mg/L 38 mg/L 37 mg/L

AfS 16 mg/L 11 mg/L 15 mg/L 15 mg/L

NH4-N 0,2 mg/L 0,4 mg/L 0,3 mg/L 0,3 mg/L

Anhand der Messwerte kann jedenfalls festgestellt werden, dass die Bypass-Ereignisse nicht zu erhöhten Ablaufkonzentrationen geführt haben.

7.3 Umsetzung auf der Kläranlage Sopron

Im folgenden werden die auf der Kläranlage Sopron/Ungarn (165.000 EW) seitens der TU Wien durchgeführten Untersuchungen dargestellt und daraus Vorschläge für die Implementierung des Bypass - Verfahrens im Rahmen des derzeit stattfindenden Anlagenausbaues abgeleitet.

Nachfolgend sind diesbezüglich mögliche Varianten beschrieben.

Bestehendes Ausbaukonzept

Das vorliegende Ausbaukonzept für die Kläranlage Sopron (AQUINNO Kft., 2004) sieht im Regenwetterfall eine Abwasserbehandlung gemäß folgendem Schema vor (Abbildung 59):

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91

Abbildung 59: Betrieb der Kläranlage Sopron im Regenwetterfall gemäß

vorliegendem Ausbaukonzept Im bestehenden Ausbaukonzept werden über das Zulaufpumpwerk Zuflüsse bis 2.500 m³/h in die Anlage gefördert. Das darüber hinaus zufließende Abwasser wird bei einem Regenüberlauf vor dem Zulaufpumpwerk direkt in das empfangende Gewässer, den Fluss „Ikva“, abgeschlagen.

1.250 m³/h des der Kläranlage zufließenden Abwassers werden über das Vorklärbecken, die Belebungsbecken und die beiden Nachklärbecken geleitet und somit mechanisch/biologisch gereinigt.

Weitere 300 m³/h werden nach Passage des Rechens und des Sandfangs in die beiden Regenbecken mit einem Volumen von gesamt 6.000m³ eingeleitet. Das in den Regenbecken zwischengespeicherte Abwasser soll nach dem Regenereignis zurück in den Anlagenzulauf geleitet und somit ebenfalls biologisch behandelt werden.

Abwasserzuflüsse zwischen Qzu = 1.500 m³/h und 2.500 m³/h werden nach dem Sandfang direkt in den Vorfluter „Ikva“ entlastet.

Mögliche Varianten zur Implementierung des Verfahrens auf der Kläranlage Sopron

Alternative 1:

Abbildung 60: Alternative 1 Ein Teil des mechanisch gereinigten Rohabwassers (abhängig von der zulässigen Belastung der beiden Nachklärbecken etwa 400 – 1000 m³/h) wird mittels Bypass in

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92

den Ablauf der Belebungsbecken geleitet. Kommt mehr Abwasser, so werden auch die Regenbecken befüllt und als Sedimentationsbecken bzw. Speicherbecken genutzt.

Alternative 2:

Abbildung 61: Alternative 2

Bei Regenwetter wird das Mischwasser (> 1250 m³/h) in die Regenbecken geleitet. Der Ablauf der Regenbecken wird bis zu einer gewissen Menge (etwa 400 – 1000 m³/h) in den Ablauf der Belebungsbecken geleitet. Darüber hinaus ankommendes Mischwasser wird nach Passage der Regenbecken (CSB-Reduktion um ~ 30 %) in den Vorfluter „Ikva“ entlastet.

Alternative 3:

Abbildung 62: Alternative 3

Alle Sedimentationsbecken werden als Nachklärbecken genutzt. Die gesamte Wassermenge von 2500 m3/h kann biologisch behandelt werden.

Gewählte Variante

Nach Vorstellung der möglichen Varianten bei einer Besprechung in Sopron durch das Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft der TU

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93

Wien (IWAG) wurden vom Planer und dem Wasserwerk Sopron Möglichkeiten zur Implementierung einer der drei Alternativen beim Ausbau der Kläranlage Sopron geprüft.

Aufgrund der geringsten Änderungen am Projekt mit den geringsten Auswirkungen auf die Projektkosten wurde vom Planer ausschließlich die beschriebene Alternative 1 (1.250 m³/h über Biologie; 400 bis 1000 m³/h über Bypass in den Zulauf NKB, 250 bis 850 m³/h direkt in das RÜB bzw. Reserve-NKB) als mögliche Variante für die Implementierung des Verfahrens in Betracht gezogen (zusätzliche Kosten ca. 40.000 €).

In weiterer Folge wurde vom Planungsbüro eine Kostenvergleichsrechnung angestellt und ein Antrag auf Projektsänderung bei den zuständigen Ministerien und Förderstellen gestellt.

Untersuchungen auf der Kläranlage Sopron

Da bisher auf der bestehenden Kläranlage nicht die gesamte zufließende Abwassermenge erfasst wurde, sondern nur jene Mengen, die mit dem Zulaufpump-werk tatsächlich in die Anlage gefördert wurden, wurden die abgeschlagenen Abwassermengen mittels einer zusätzlichen Mengenmessung im bestehenden Entlastungskanal erfasst. Außerdem wurden während dieser Entlastungen Stichproben entnommen, um die bisher entlastete Schmutzfracht erfassen zu können. Die Details der Untersuchungen und die gesamten Ergebnisse sind im Detailbericht „Implementierung des Verfahrens auf der Kläranlage Sopron – Auswertung der Messdaten“ zusammengestellt.

Abwasserdurchflüsse

Bei größeren Regenereignissen wurden im Entlastungskanal sehr hohe Durchflüsse gemessen, die teilweise 40 % der in die Kläranlage geförderten Abwassermengen entsprechen (18.-20.5.2005 in Abbildung 63).

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94

WWTP Sopron

0

5000

10000

15000

20000

25000

30000

35000

4000030

.03.

2005

06.0

4.20

05

13.0

4.20

05

20.0

4.20

05

27.0

4.20

05

04.0

5.20

05

11.0

5.20

05

18.0

5.20

05

25.0

5.20

05

01.0

6.20

05

08.0

6.20

05

15.0

6.20

05

22.0

6.20

05

29.0

6.20

05

06.0

7.20

05

13.0

7.20

05

20.0

7.20

05

27.0

7.20

05

03.0

8.20

05

10.0

8.20

05

17.0

8.20

05

24.0

8.20

05

31.0

8.20

05

QW

WTP

+BY [

m³/d

]

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Prec

ip. [

mm

/d]

NS Uni Sopron [mm/d] Q-WWTP [m3/d] (inductiv instrument) Q-Bypass [m³/d] (NIVUS instrument)

Umbau Bypasskanal => keine Mengenmessung!!(Annahme: 5.000 m³/d)

Abbildung 63: Zulaufwassermenge und vor der Kläranlage entlastete

Wassermenge im Vergleich mit den Niederschlagsdaten

In Abbildung 64 sind die stündlichen Wassermengen im Zulauf zur Kläranlage und im Entlastungskanal für den Beobachtungszeitraum 30.3. – 22.8.2005 und daran anschließend für die Ereignisse am 18.5.2005 (Abbildung 65) und 8.7. bis 12.7.2005 (Abbildung 66) dargestellt. Zusätzlich sind in diesen Abbildungen die gemäß existierendem Ausbaukonzept maximalen Durchflüsse, die in die Biologie (1.250 m³/h) und in die Regenbecken (313 m³/h) eingeleitet werden können bzw. der maximale Durchfluss, der in die Kläranlage gefördert werden kann (2.500 m³/h) eingezeichnet.

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95

WWTP Sopron

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

5000

9.4.

05

9.4.

05

18.4

.05

19.4

.05

25.4

.05

27.4

.05

18.5

.05

4.6.

05

9.6.

05

10.6

.05

15.6

.05

1.7.

05

5.7.

05

8.7.

05

9.7.

05

10.7

.05

11.7

.05

12.7

.05

25.7

.05

25.7

.05

3.8.

05

4.8.

05

10.8

.05

15.8

.05

16.8

.05

17.8

.05

18.8

.05

21.8

.05

22.8

.05

22.8

.05

QW

WTP

+BY

[m³/h

]

Qzu_KA bei Bypassbetrieb [m³/h] Q_By [m³/h]

maxQbio existing concept

maxQCSO existing concept

maxQalternative1 = maxQWWTP

Umbau Bypasskanal => keine Mengenmessung!!

Abbildung 64: Stündliche Wassermengen im Zulauf zur Kläranlage und im

Entlastungskanal für die Regenereignisse im Zeitraum 30.3. bis 22.8.2005

WWTP Sopron

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

5000

18.5

.05

1:00

18.5

.05

2:00

18.5

.05

3:00

18.5

.05

4:00

18.5

.05

5:00

18.5

.05

6:00

18.5

.05

7:00

18.5

.05

8:00

18.5

.05

9:00

18.5

.05

10:0

0

18.5

.05

11:0

0

18.5

.05

12:0

0

18.5

.05

13:0

0

18.5

.05

14:0

0

18.5

.05

15:0

0

18.5

.05

16:0

0

18.5

.05

17:0

0

18.5

.05

18:0

0

18.5

.05

19:0

0

18.5

.05

20:0

0

18.5

.05

21:0

0

18.5

.05

22:0

0

18.5

.05

23:0

0

19.5

.05

0:00

QW

WTP

+BY

[m³/h

]

Qzu_KA bei Bypassbetrieb [m³/h] Q_By [m³/h]

maxQbio existing conceptmaxQCSO existing concept

maxQalternative1 = maxQWWTP

Abbildung 65: Stündliche Wassermengen im Zulauf zur Kläranlage und im

Entlastungskanal für das Regenereignis am 18.5.2005

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WWTP Sopron

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

50008.

7.05

1:0

0

8.7.

05 5

:00

8.7.

05 9

:00

8.7.

05 1

3:00

8.7.

05 1

7:00

8.7.

05 2

1:00

9.7.

05 1

:00

9.7.

05 5

:00

9.7.

05 9

:00

9.7.

05 1

3:00

9.7.

05 1

7:00

9.7.

05 2

1:00

10.7

.05

1:00

10.7

.05

5:00

10.7

.05

9:00

10.7

.05

13:0

0

10.7

.05

17:0

0

10.7

.05

21:0

0

11.7

.05

1:00

11.7

.05

5:00

11.7

.05

9:00

11.7

.05

13:0

0

11.7

.05

17:0

0

11.7

.05

21:0

0

12.7

.05

1:00

12.7

.05

5:00

12.7

.05

9:00

12.7

.05

13:0

0

12.7

.05

17:0

0

12.7

.05

21:0

0

QW

WTP

+BY

[m³/h

]

Qzu_KA bei Bypassbetrieb [m³/h] Q_By [m³/h]

maxQbio existing conceptmaxQCSO existing concept

maxQalternative1 = maxQWWTP

Abbildung 66: Stündliche Wassermengen im Zulauf zur Kläranlage und im

Entlastungskanal für die Regenereignisse im Zeitraum 8.7. bis 12.7.2005

Der gemäß Projekt maximale Zufluss von 2.500 m³/h wurde im dargestellten Beobachtungszeitraum 5 -mal zumindest für eine Stunde überschritten, an den dargestellten Tagen auch über mehrere Stunden hinweg. Die darüber hinausgehenden Zuflüsse können weder im existierenden Ausbaukonzept noch bei Implementierung der Alternative 1 zur Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken behandelt werden, weil die Förderleistung des Zulaufpumpwerks mit max. 2.500 m³/h begrenzt ist.

Jene Zulaufffrachten, die zwischen 1.563 m³/h und 2.500 m³/h liegen, können bei Implementierung der Alternative 1 im Unterschied zum derzeitigen Konzept in der Kläranlage behandelt und müssen nicht in das Gewässer entlastet werden.

Schmutzfracht

Im Zeitraum 30.3. bis 30.9.2005 wurden Tagesmischproben vom Zulauf sowie Proben während der Entlastungsereignisse entnommen und von der Gewässeraufsicht Burgenland analysiert.

Die Messergebnisse zeigten, dass auch bei Niederschlagsereignissen sehr hohe CSB-Konzentrationen im Zulauf zur Kläranlage auftreten. Die Stichproben, die während des Mischwasserzuflusses entnommen wurden, weisen teilweise höhere Konzentrationen auf, als die entsprechende Tagesmischprobe.

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Mithilfe dieser Analysen und der gemessenen Durchflüssen wurden die CSB-Frachten abgeschätzt, die im derzeitigen Betrieb sowie bei Umsetzung des derzeitigen Ausbaukonzepts und bei Implementierung der Alternative 1 zur Mischwasserbehandlung in Nachklärbecken in den Vorfluter „Ikva“ entlastet werden. In den folgenden Darstellungen wurde zwischen den Frachten im Ablauf der Kläranlage und jenen Frachten unterschieden, die gänzlich ohne Reinigung bzw. nach Grobreinigung mittels Rechen und Sandfang in das Gewässer abgeschlagen werden. Die dargestellten Frachten wurden mit der CSB-Konzentration der jeweiligen Stichprobe errechnet und stellen daher lediglich eine Momentaufnahme dar. Es ist nicht auszuschließen, dass die CSB-Konzentrationen im Zulauf zur Kläranlage bei länger andauernden Regenfällen von den in der Stichprobe ermittelten Konzentrationen abweichen, womit sich gegenüber den in den folgenden Abbildungen dargestellten Ergebnissen abweichende Werte ergeben würden.

Abbildung 67 vergleicht die CSB-Frachten, die im Regenwetterfall bei der existierenden Kläranlage einerseits und beim bestehenden Ausbaukonzept andererseits entlastet werden. Die Berechnung der Ablauf CSB-Fracht für das Ausbaukonzept erfolgte unter der Annahme, dass während eines Regenereignisses eine mittlere CSB-Konzentration im Ablauf von 40 mg/l vorliegt und dass das in den Regenbecken (V = 6.000 m³) gespeicherte Mischwasser (max. 313 m³/h) nach dem Ereignis ebenfalls mit einer CSB-Konzentration im Ablauf von 40 mg/l über die Biologie abgearbeitet werden kann.

Man erkennt die deutlich bessere Reinigungsleistung des Ausbaukonzepts im Vergleich mit der bestehenden Kläranlage.

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98

WWTP Sopron

0

2000

4000

6000

8000

10000

12000

14000

16000

1800009

.04.

2005

18.0

4.20

05

19.0

4.20

05

25.0

4.20

05

27.0

4.20

05

18.0

5.20

05

04.0

6.20

05

09.0

6.20

05

15.0

6.20

05

01.0

7.20

05

05.0

7.20

05

08.0

7.20

05

09.0

7.20

05

10.0

7.20

05

11.0

7.20

05

12.0

7.20

05

25.0

7.20

05

03.0

8.20

05

04.0

8.20

05

CO

D-lo

ad [k

g C

OD

/d]

exist WWTP COD load to Ikva existing concept COD-load to Ikvaexist WWTP COD load effluent existing concept COD-load-eff + CSOtreated

Abbildung 67: Vergleich der CSB-Frachten im Ablauf und im

Entlastungskanal der bestehenden Kläranlage mit den Frachten, die sich bei den vorliegenden Zulaufwassermengen aufgrund des derzeitigen Ausbaukonzept ergeben

Die Reduktion der CSB-Fracht ins Gewässer ergibt sich vor allem aufgrund der besseren CSB-Entfernung im biologischen Teil der Anlage. Jene CSB-Fracht, die direkt (Q > 2.500 m³/h) oder nach mechanischer Grobreinigung (Q = 1.563 – 2.500 m³/h) ins Gewässer entlastet wird, verändert sich bei ca. 40 % der Regen-ereignisse kaum.

In Abbildung 68 werden die beim bestehenden Ausbaukonzept im Regenwetterfall ins Gewässer eingeleiteten CSB-Frachten mit jenen Frachten verglichen, die sich bei Implementierung der Alternative 1 zur Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken ergeben würden.

Bei der Frachtberechnung für Alternative 1 wurde ebenfalls davon ausgegangen, dass die CSB-Konzentration im Ablauf Biologie im Mittel über das Regenereignis 40 mg/l beträgt.

Des weiteren wurde angenommen, dass die gesamten 1.250 m³/h, die sich als Differenz zwischen dem in die Kläranlage geförderten Zulauf von 2.500 m³/h und dem maximal zulässigen Zulauf in die Belebungsbecken von 1.250 m³/h ergeben, als Bypass in den Zulauf zu den beiden Nachklärbecken eingeleitet werden können. Damit würde sich eine Oberflächenbeschickung der Nachklärbecken von

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99

qA = 2.500 m³/h / ca. 1.500 m² (d = 32 m) = ca. 1,6m/h ergeben. Die Frage, ob die Nachklärbecken eine derart hohe hydraulische Belastung tatsächlich erlauben, kann derzeit aber nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Außerdem muss bei einer Mischung von gereinigtem Abwasser und zufließendem Mischwasser im Verhältnis 1:1 (wie bei dieser Berechnung zugrunde gelegt) darauf Bedacht genommen werden, dass es vor allem hinsichtlich des Ammoniums nicht zu einer Überschreitung des Ablaufgrenzwerts kommt.

Für die Frachtberechnung von Alternative 1 wurde weiters die Annahme getroffen, dass 80 % der über den Bypass eingeleiteten CSB-Fracht während der Passage des Nachklärbeckens eliminiert werden können. Diese Annahme ist durch die Betriebsergebnisse der Kläranlage Wulkatal im Burgenland abgesichert, allerdings beträgt dort die Abwassermenge im Bypass lediglich 50 % der Menge im Ablauf der Belebungsbecken und somit ergeben sich im Vergleich mit den hier getroffenen Annahmen andere Mischungsverhältnisse zwischen Abwasser und Belebtschlamm.

Jedenfalls würde sich unter den oben angeführten Annahmen durch die Implementierung der Alternative 1 eine messbare Reduktion der bei Regenwetter ins Gewässer eingeleiteten CSB-Fracht gegenüber dem bestehenden Ausbaukonzept ergeben (Abbildung 68). Die Fracht im Anlagenablauf würde wegen der Einleitung des Bypasses gegenüber dem bestehenden Konzept zwar steigen, die direkt ins Gewässer entlastete Fracht würde aber erheblich reduziert.

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WWTP Sopron

0

2000

4000

6000

8000

10000

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14000

16000

1800009

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05

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4.20

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6.20

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6.20

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7.20

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09.0

7.20

05

10.0

7.20

05

11.0

7.20

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7.20

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25.0

7.20

05

03.0

8.20

05

04.0

8.20

05

CO

D-lo

ad [k

g C

OD

/d]

existing concept COD-load to Ikva alternative 1 COD-load to Ikvaexisting concept COD-load-eff + CSOtreated alternative 1 COD-load-eff

Abbildung 68: Vergleich der CSB-Frachten im Ablauf der Kläranlage und

der direkt in den Vorfluter entlasteten CSB-Frachten gemäß derzeitigem Ausbaukonzept und jener Frachten, die sich bei Implementierung der Alternative 1 zur Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken ergeben würden

Lediglich bei jenen Starkregenereignissen, bei denen mehr als 2.500 m³/h die Kläranlage erreichen, wird auch bei der Alternative 1 Rohabwasser ins Gewässer abgeleitet, weil die Förderkapazität des Zulaufpumpwerks mit 2.500 m³/h limitiert ist.

Über den Beobachtungszeitraum vom 30.3. bis 10.8.2005 ergibt sich bei Regenwetter im Vergleich mit dem bestehenden Ausbaukonzept in Summe eine Reduktion der in die „Ikva“ entlasteten CSB-Fracht von ca. 15.000 kg (vgl. Balken 1 und Balken 2 in folgender Abbildung 69).

Die ohne biologische Reinigung ins Gewässer eingeleitete CSB-Fracht würde sich um 22.000 kg von 30.000 kg auf 8.000 kg d.h. um über 70 % reduzieren!

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101

WWTP Sopron: comparison of existing concept and alt. 1

0

10000

20000

30000

40000

50000

60000

sum 30.3.-10.8.2005

CO

D-lo

ad [k

g C

OD

]

existing concept COD-load to Ikva

alternative 1 COD-load to Ikva

alternative 1 when CSO is fullyused COD-load to Ikva

existing concept COD-load-eff +CSOtreated

alternative 1 COD-load-eff

alternative 1 when CSO is fullyused COD-load-eff + CSOtreated+effl.By

Abbildung 69: Summe der bei Regenwetter entlasteten CSB-Fracht gemäß

derzeitigem Ausbaukonzept und der Alternative 1 zur Mischwasserbehandlung in Nachklärbecken (Zeitraum 30.3. bis 10.8.2005)

Berücksichtigt man zusätzlich, dass das Regenbeckenvolumen von gesamt 6.000 m³ auch bei Implementierung der Alternative 1 zusätzlich zur Verfügung steht, könnte die entlastete CSB-Fracht weiter reduziert werden. Würde der Bypass in die Nachklärbecken erst nach vollständiger Füllung der Regenbecken in Betrieb genommen (deren Inhalt wie beim bestehenden Ausbaukonzept nach dem Ereignis über die Biologie abgearbeitet wird), ergäbe sich für Alternative 1 eine zusätzliche Reduktion der CSB-Fracht im Ablauf der Kläranlage von weiteren 3.500 kg (Balken 3 in Abbildung 69), d.h. in Summe von ca. 19.000 kg bzw. von knapp 40 %.

Die durchgeführten Messungen zeigen, dass bei Umsetzung der Bypasslösung bei Niederschlagsereignissen in jedem Fall eine Verringerung der Restbelastung eintritt. Aus der Sicht des Gewässerschutzes (Vorfluter mit geringer Wasserführung, große Kläranlagenkapazität) wurde eine Umsetzung der Bypasslösung zur Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken empfohlen.

7.4 Weitere Umsetzungen

Die durch die im Rahmen des Projektes durchgeführte Öffentlichkeitsarbeit konnten

Kläranlagenbetreiber und die dafür zuständigen Behörden im sächsischen Raum für

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102

eine Umsetzung des Bypassverfahrens außerhalb des Projektrahmens gewonnen

werden. Geplant sind die Umsetzungen auf der Kläranlage Wünschendorf und

Schönfeld, wobei für die Kläranlage Schönfeld eine großtechnische Untersuchung

angeboten wurde. Dabei soll einerseits die Bewertung des Verfahrens für die Anlage

Schönfeld und die Herausarbeitung von allgemeinen Bemessungs- und Umsetzungs-

richtlinien des Bypassverfahrens erfolgen und insbesondere durch eine Langzeit-

schmutzfrachtberechnung nachgewiesen werden, unter welchen Voraussetzungen

vergleichende Betrachtungen von 'Bypasslösung' und 'Mischwasserspeicher' möglich

sind.

8 Einsatzbereiche und Schlussfolgerungen Die Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken ist eine Alternative oder eine Ergänzung zur Mischwasserbehandlung in Regenbecken. Der entscheidende Vorteil dieses Verfahrens ist die einfache Realisierbarkeit auf vielen Kläranlagen. Um dieses Verfahren zu installieren, ist im Wesentlichen eine Verbindungsleitung erforderlich, über die mechanisch gereinigtes Mischwasser zum Zulauf der Nachklärbecken geführt wird.

Fenz (2002) stellt den Einfluss des maximalen Kläranlagenzuflusses auf die entlastete Wassermenge anhand einer einjährigen Niederschlagsreihe auf ein Modelleinzugsgebiet mit 774 mm Jahresniederschlag dar. Dabei wurde eine befestigte Fläche von 10 ha und eine Einwohnerdichte von 100 EW/haAred angenommen. Der durchschnittliche Schmutzwasseranfall wurde mit 200 L/EW.d angesetzt.

Die Berechnung der entlasteten Wassermengen für unterschiedliche maximale Kläranlagenzuflüsse und verschiedene Speichervolumina für Mischwasser ergeben eine Kurvenschar, die in der folgenden Abbildung dargestellt ist.

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0

5000

10000

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20000

25000

30000

35000

40000

45000

0 5 10 15 20 25 30 35 40spez. Speichervolumen (m3/ha)

Ent

last

ungs

volu

men

(m3 /a

)

Qm = 6 QTWm

Qm = 4 QTWm

Qm = 2 QTWm

Abbildung 70: Entlastetes Mischwasservolumens in Abhängigkeit vom spezifischen Regenüberlaufbeckenvolumen (Fenz, 2002).

Dabei bezeichnet QTWm den mittleren Trockenwetterzufluss zur Kläranlage. Ein üblicher maximaler Mischwasserzufluss von 2 QTW (Spitze) entspricht dabei etwa einem 4-fachen QTWm.

Für die weiteren Überlegungen wird für den Standardfall eines Einzugsgebiets vom maximalen Kläranlagenzulauf von 4 QTWm und einem spezifischen Speichervolumen von 15 m³/haAred ausgegangen.

Die großtechnischen Untersuchungen auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf haben gezeigt, dass es durch eine Erhöhung der Zulaufwassermenge um 50 % Bypass zu keiner signifikanten Verschlechterung der Ablaufqualität kommt.

Eine Erhöhung des Kläranlagenzuflusses bei Mischwasser um 50 % (durch Bypassführung ins Nachklärbecken) auf 6 QTWm bedeutet nach Abbildung 70, dass die entlastete Wassermenge von ca. 22.000 m³/a auf 17.000 m³/a sinkt. Dies entspricht der Wirkung eines spezifischen Speichervolumens von ca. 26 m³/haAred.

Anders interpretiert würde man mit einer Behandlung von zusätzlichen 50 % Mischwasser durch Bypassführung mit einem spezifischen Speichervolumen von 7 m³/haAred das Auslangen finden, um die in Österreich üblichen Anforderungen bezüglich Mischwasserbehandlung zu erfüllen.

Dieses Beispiel soll demonstrieren, dass die Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken dazu genutzt werden kann, um die aktuellen Anforderungen mit geringeren Bauinvestitionen zu erreichen, oder um bei bereits ausreichend vorhandenem Speichervolumen die Emissionen bei Mischwasser weitergehend zu reduzieren. Für jeden Anwendungsfall müssen natürlich die lokalen Gegebenheiten

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des Entwässerungssystems und der Niederschlagsverhältnisse herangezogen werden.

In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass viele Belebungsanlagen mit deutlich höherem Schlammvolumen betrieben werden, als ihrer Dimensionierung entspricht. Eine Umfrage des Österreichischen Wasser- und Abfallwirtschaftsverbandes ÖWAV (Emde, 2004), bei der die Nachklärbeckenbelastung von 439 Kläranlagen ausgewertet wurde, hat gezeigt, dass bereits bei ca. 20 % der Kläranlagen bei Mischwasser die maximale Schlammvolumenbeschickung der Nachklärung überschritten wird. Bezogen auf die Schlammvolumenraumbeschickung überschreiten sogar 40 % der Anlagen den maximalen Wert von 125 L/(m³.h). Bei dieser Betriebsweise ist nicht gesichert, dass bei der bemessungskonformen maximalen Mischwassermenge eine ordnungsgemäße Funktion der Nachklärbecken gegeben ist. Lt. der ÖWAV-Umfrage wurden bei 15 % der erfassten Kläranlagen CSB-Ablaufwerte von ≥ 75 mg/L angegeben. Freie Kapazitäten, die eine erhöhte Übernahme von Mischwasser ermöglichen würden, werden durch den Betrieb mit hohem Schlammvolumen blockiert.

Daher wird empfohlen, dass Belebungsanlagen maximal mit dem der Bemessung entsprechenden Schlammvolumen betrieben werden. Die geforderte Reinigungsleistung muss unter diesen Betriebsbedingungen erfüllt werden können. So kann eine sichere Betriebsweise bei Mischwasserzufluss gewährleistet werden, und in den meisten Fällen stehen hydraulische Reserven zur Verfügung. Bei entsprechender Gestaltung besteht die Möglichkeit diese Reserven für eine Bypassführung zur weitergehenden Mischwasserbehandlung zu nutzen.

9 Zusammenfassung

9.1 Laborversuche und halbtechnische Versuche, Modellbildung

Im Rahmen von Laborversuchen mit Standzylindern wurde die Entfernung von partikulären und gelösten Parametern bei Einmischung von Mischwasser in Belebtschlamm und anschließender Sedimentation untersucht. Dabei wurden die partikulären Stoffe des Kläranlagenzulaufes (als partikulärer CSB bzw. als abfiltrierbare Stoffe AFS) im Mittel zu mehr als 85 % entfernt.

Die Adsorption von Ammonium und gelöstem CSB an den Belebtschlamm war nach ca. 5 Minuten beendet. Die auf die organische Trockensubstanzkonzentration bezogene adsorbierte CSB-Fracht (mg CSBmf/g oTS) kann als Sättigungsfunktion nach Langmuir in Abhängigkeit der Gleichgewichtskonzentration vom CSB der membranfiltrierten Probe beschrieben werden. Im Mittel wurde bei den Versuchen

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34 % des membranfiltrierten CSB entfernt. Die Adsorption vom Ammonium erfolgt in deutlich geringerem Ausmaß als jene von organischen Verbindungen.

Zur Bewertung der Eliminationsleistung und für die Bestätigung der Laborversuche wurden halbtechnische Versuche in einer Pilot-Kläranlage auf der Kläranlage Dresden-Kaditz durchgeführt. Auf der halbtechnischen Versuchsanlage wurden Bypassversuche mit Trockenwetterzulauf und mit Mischwasserzulauf durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass bei diesen Versuchen die Entfernung des gelösten CSB etwa zu gleichen Teilen durch Rückführung mit dem Rücklaufschlamm und durch Adsorption an den Belebtschlamm erfolgte. Ammonium-Stickstoff wurde fast ausschließlich mit dem Rücklaufschlamm entfernt.

Die Ergebnisse dieser Versuche dienen zusätzlich als Datenbasis für die Kalibration eines numerischen Modells für die Eliminationsprozesse bei Bypassbetrieb. Als Modellgrundlage wurde das Belebtschlammmodell Activated Sludge Model No. 3 (ASM 3) der IWA angewendet.

Im Modell wird die Adsorption von gelöstem CSB nicht über Langmuir-Terme sondern über Speicherung mit Monod-Termen für Sauerstoff und Nitrat und in linearer Abhängigkeit von der heterotrophen Biomasse angesetzt. Die Adsorption von NH4-N wird proportional zur CSB-Speicherung angesetzt. Eine Nachmodellierung der Prozessdynamik ist möglich, wobei die kinetischen Parameter für die Adsorption Anlagen-spezifisch und nicht unmittelbar auf andere Anlagen übertragbar sind. Das Modell war anfangs nicht geeignet, um Aussagen über die Entfernung von partikulären Stoffen aus dem Bypass zu treffen. Eine Verbesserung für die Abbildung der Entfernung partikulärer Stoffe (als CSB) wurde durch Einführung von zusätzlichen partikulären, nicht absetzbaren Stoffkomponenten erreicht.

9.2 Großtechnische Anwendungen

Auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf wird die Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken im normalen Kläranlagenbetrieb seit mehr als 30 Jahren angewendet. Die detaillierte Aufnahme von 55 Mischwasserereignissen im Rahmen des Forschungsprojekts diente dazu, einen besseren Einblick in das Verfahren unter Betriebsbedingungen zu gewinnen.

Da im regulären Betrieb einer Großanlage die Ablaufwerte zu jeder Zeit eingehalten werden müssen, war es nicht einfach möglich Grenzbelastungen einzustellen.

Bei Mischwasser steigt die ins Nachklärbecken geleitete Schlammmenge. Um die notwendige Eindickung des Schlammes zu erreichen, ist in jedem Fall eine gewisse Aufenthaltszeit im Nachklärbecken notwendig. Um die Schlammmenge aus dem Nachklärbecken auch wieder zu entfernen, ist daher eine bessere Eindickung oder

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eine höhere Rücklaufschlammförderung erforderlich. Die Untersuchungen auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf haben gezeigt, dass eine Erhöhung der Rücklaufschlammförderung nicht zum gewünschten Ergebnis führt. Es scheint, dass dadurch der Kurzschlussstrom in Nachklärbecken verstärkt wird und der eingedickte Schlamm durch den Nachklärbeckenzulauf zunehmend verdünnt wird. Die ins Belebungsbecken zurückgeführte Schlammfracht steigt durch die Erhöhung der Rücklaufschlammförderung nicht.

Für die Kläranlage Wulkaprodersdorf kann die Rücklaufschlammförderung daher auf ca. 500 L/s begrenzt werden. Das Rücklaufverhältnis bezogen auf die im Belebungsbecken behandelte Abwassermenge beträgt dann im Mischwasserfall etwa 70 %. Das für die Bemessung empfohlene Rücklaufverhältnis von maximal 0,75 (bzw. 75%) lt. ATV-DVWK A131 (2000) kann in diesem Fall bestätigt werden. Zufolge des Bypassbetriebes muss die Rücklaufschlammförderung nicht erhöht werden. Ein höherer Wert hat eher einen negativen Effekt.

Die Mischwasserbehandlung im Nachklärbecken führt zu einer Reduktion der in das empfangende Gewässer eingeleiteten Frachten. Der Bypass auf der Kläranlage Wulkaprodersdorf beim maximalen Mischwasserzufluss betrug etwa 30% des Gesamtzuflusses. Unter diesen Bedingungen wurden im Mittel 92 % des CSB, 88 % des NH4-N und 98 % der abfiltrierbaren Stoffe aus dem Bypass entfernt. Die beobachtete Reinigungsleistung in der praktischen Anwendung ist somit deutlich höher als bei den Laborversuchen und bei den halbtechnischen Versuchen. Der Wirkungsgrad der Entfernung von CSB und abfiltrierbaren Stoffen entspricht jenen, die bei biologischer Reinigung erreicht werden.

Ein Teil der Entfernung erfolgt durch eine direkte Rückführung von Mischwasser mit dem Rücklaufschlamm. Zusätzlich kommt es bei der Vermischung von Belebtschlamm mit dem Bypass zu einer Aufnahme von Abwasserinhaltsstoffen in die Belebtschlammflocke. Unter regulären Bedingungen, wie sie auf der Großanlage vorliegen, ist nur eine Abschätzung des adsorbierten Frachtanteils möglich. Anhand von fünf auswertbaren Ereignissen wurde festgestellt, dass ca. ein Drittel des CSB und der abfiltrierbaren Stoffe durch Adsorption aus dem Bypass entfernt wurden.

Wegen der ungünstigen Immissionssituation – die Wulka mündet in den Neusiedler See – sind die einzuhaltenden Ablaufgrenzwerte der Kläranlage Wulkaprodersdorf mit 3 mg NH4-N/L und 50 mg CSB/L niedriger als die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Reinigungsleistung kommunaler Kläranlagen in Österreich. Trotzdem konnten diese Werte für CSB bei allen beobachteten Mischwasserereignissen eingehalten werden. Beim Parameter NH4-N kam es zu zwei Überschreitungen bei Mischwasser, die jedoch auf einen nicht optimalen Betrieb der Belüftung im Belebungsbecken zurückzuführen sind. Durch die Bypassführung

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wurde die Einhaltung der Ablaufgrenzwerte nicht gefährdet. Der bei Mischwasser auf der Kläranlage behandelte Abwasserzufluss kann durch Bypassführung um etwa die Hälfte erhöht werden, ohne dass sich signifikante Auswirkungen auf die Reinigungsleistung feststellen lassen.

Die Grenze für die maximal mögliche Bypassführung, bei der eine Verschlechterung des Ablaufs eintritt, konnte aufgrund der lokalen Gegebenheiten und des hohen Schlammvolumens im Belebungsbecken nicht ausgetestet werden.

Die bei den Untersuchungen aufgetretenen Ereignisse, bei denen die Leistungsfähigkeit der Nachklärbecken erreicht wurde und daher ein zusätzliches Nachklärbecken in Betrieb genommen wurde, waren immer auf zu hohen Schlammgehalt im Belebungsbecken zurückzuführen. Daher ist es nicht sinnvoll, eine Belebungsanlage mit mehr Schlammvolumen zu betreiben, als der Bemessung zugrunde liegt.

Wurde die Belebungsanlage mit Bemessungs-konformem Schlammvolumen betrieben, so war auch bei Bypassbetrieb die Funktion der Nachklärbecken gewährleistet.

Durch die Bypassführung konnten im Einzugsgebiet der Kläranlage Wulkaprodersdorf etwa 200.000 m³ Mischwasser pro Jahr zusätzlich behandelt werden, die Reinigungswirkung lag deutlich über jener von konventionellen Mischwasserbehandlungsanlagen.

Die Installation der Mischwasserbehandlung auf der Kläranlage Sarnthein zeigte bei vier dokumentierten Ereignissen im Jahr 2006 keine Verschlechterung des Ablaufs.

Für die Anlagen Sopron/Ungarn und Bergheim/Deutschland wurde die Anwendbarkeit des Verfahrens untersucht. Für die Mischwasserbehandlung auf den beiden Anlagen wurden die verfahrenstechnischen Kennwerte als Basis für die Erweiterungsplanungen erarbeitet. Auf der Kläranlage Sopron wird das untersuchte Verfahren im Zuge des aktuellen Ausbaus implementiert.

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Abwasserreinigung. Haus der Technik, Heft 28, S. 7-22.

Danksagung Dank gilt der Europäischen Union und den Projektpartnern für die Förderung der Untersuchungen im Rahmen des Interreg IIIC-Programmes SiTaR.

In diesem Zusammenhang soll auch allen projektbeteiligten Gemeinden, allen Institutionen und den Mitarbeitern der Universität Sopron für Ihre umfangreiche Unterstützung gedankt werden.

Grundvoraussetzung für das Projekt waren die Überlegungen von Prof. Dr. Dr.-Ing. Wilhelm von der Emde, der vor mehr als 40 Jahren maßgeblich an der Planung der Kläranlage Wulkatal mitgewirkt und dabei den Bypass erstmals umgesetzt hat. Für die zahlreichen Anregungen im Zuge des Projektes darf besonders gedankt werden.

Des Weiteren gilt Dank den im Folgenden aufgeführten Firmen, die durch z. T. kostenlose bzw. kostengünstige Bereitstellung von Messgeräten und Leistungen das Projekt unterstützten:

Firma Adresse NIVUS Austria Föhrenhaingasse 6, A - 2201 Gerasdorf Dr. Bruno Lange GmbH Industriestraße 12, A - 3200 Obergrafendorf Schubert Elektroanlagen Industriestraße 3, A - 3200 Obergrafendorf Syro-GmbH Schmiedestraße 3, D - 57234 Wilnsdorf-

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