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Irische Märchen Herausgegeben und übersetzt von Käte Müller-Lisowski Anaconda

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Irische Märchen

Herausgegeben und übersetztvon Käte Müller-Lisowski

Anaconda

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Der vorliegende Text folgt der Ausgabe Irische Volksmärchen.Hrsg. von Käte Müller-Lisowski. Mit einemVorwort von JuliusPokorny.Verlegt bei Eugen Diederichs. Jena 1923.Vorwort undAnmerkungen wurden nicht übernommen.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2018 Anaconda Verlag GmbH, KölnAlle Rechte vorbehalten.Umschlagmotiv:Wayne Anderson, »Spider Web Tightrope« (1982),Private Collection / Bridgeman ImagesUmschlaggestaltung: www.katjaholst.deSatz und Layout: www.paque.dePrinted in Czech Republic 2018ISBN [email protected]

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1. König Eochaidh hat Pferdeohren, 52. Connlas Meerfahrt, 113. Die Festung des Curaoi, 154. Balor, 205. Der Palast des Cronnán, 256. Goban der Zimmermann und sein Sohn, 327. Fionn Mac Cumhaill und seine Mutter, 458. Die Geschichte von Diarmuid und Gráinne, 469. Der »große Rote«, 6010. Fionn und Lorcán, 6311. Diarmuid Donn und die Zauberflöte, 7612. Fionn im Land der Riesen, 7813. Fionn und Gráinne, 8314.Oscar mit der Geißel, 8415. Der Tod des Fionn Mac Cumhaill, 8616. Caoilte Cosfhada, 8717. Seághan mit den beiden Schafen, 9918. Die drei Raben, 10719. Croch-gheal, 11120. Mórín, 12621. Die drei Hemden aus Wollgras, 14222. Páidin O’Dalaigh, 15723. Der große Narr aus Cuasan, 17824. Seághans Geschichte, 21325. Die Magd der Alten von Béara, 22326. Der Pfeifer und der Puka, 22827. Lügenmärchen, 232a) Lügenkünste von Irland (Connachtfassung), 232b) Der Lügenkönig (Munsterfassung), 245c) Der Lügenkünstler von Irland (Ulsterfassung), 24828. Der Königssohn und der Vogel mit dem lieblichen Gesang, 25029. Die Seejungfrau oder der große Dubhdach, 26230. Der Berg der lichten Frauen, 26731. Der Planet, 28132. Der Ritter mit dem finsteren Lachen, 28533. Der hinterlistige Adler, 30434. Die Insel mit den fünf Buchten, 31135. Der graue Braimin, 32636. Máire Ní Rógáin, 33337. Die Geschichten vom blitzenden Schwert und vom verräterischen Weib, 34038. DerWeiße Hund vom Gebirge, 348

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1. König Eochaidh hat Pferdeohren

inst regierte ein berühmter König über dieUi Fáilghe1. Er hieß Eochaidh. Dieser Kö-nig hatte ein großes Schandmal, nämlichzwei Pferdeohren. Um diese zu verbergen,trug er eine goldene Krone auf demHaupt.Wenn er sich die Haare schneidenließ, suchte er die Wildnis und Einsamkeit

auf und ließ sich in aller Verborgenheit scheren. Aber derBarbier kehrte niemals zurück. Er wurde getötet. Dies warder Lohn für seine Arbeit.Nun hatte der König in seinem Haushalt einen Bru-

dersohn, der Aonghus hieß. So wurde der aber nicht ge-nannt, sondern Mac Dichaoimhe (d. i. der Sohn der Un-schönen). Seine Mutter hieß nämlich Dichaoimh undnach ihr der Sohn. Die Frau war gut, obwohl nicht schön.Er war ein prächtiger, kühner und kluger Jüngling. SeinAmt war, die Kriegerscharen zu rasieren und ihre Pferdezu striegeln. Er schmiedete und schärfte außerdem ihreSpeere und Dolche, ihre Klingen und scharfen, breitenLanzen. Er pflegte sie auch zu unterhalten mit Pfeifen undHarfenspiel, mit Liedern und Gesängen, mit Liebesge-dichten und Spottversen. Er war flink, gewandt und be-hende im Schwimmen und Jagen; er war berühmt für sei-ne Kunstfertigkeit im Waffenspiel. So kam es, daß er beiMännern und Frauen beliebt und verwöhnt wurde. Selbstdie Königin, EochaidhsWeib, verschmähte nicht seine Er-zählungen und hätte auch willig bei ihm geschlafen, wäredas ebensosehr ihres Gatten Wunsch gewesen wie ihr ei-gener. Nun ward der Name der Königin mit dem des ed-len Sohnes der Dichaoimh zusammengebracht, so daß ein

1 Danach Offaly in Kildare.

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jeder es hörte. Auch dem König kam es zu Ohren. Erwurde auf seinen Brudersohn eifersüchtig und wünschteihn zu töten.Jedoch, er hielt es für eine Schande, ihn wegen Eifer-

sucht zu töten. So schickte er Boten zu ihm und forderteihn auf, ihn in eine abgelegene wilde Gegend zu beglei-ten. Aus zwei Gründen schickte er hauptsächlich zu ihm.Er wollte sich die Haare schneiden lassen (denn es warwieder die Zeit dazu) und hinterher seinen Zorn und sei-ne Eifersucht an ihm auslassen und sich rächen. DieKriegsscharen hielten das für einen großen Schaden.Dennsie waren sicher, Dichaoimhs schöner Sohn würde nichtwiederkehren, nachdem er den König geschoren hatte. Eswar ja keiner wiedergekommen.Der Jüngling begleitete den König in dieWildnis. Dort

fanden sie ein leeres Haus.»Nun, da wir allein sind«, sprach der König, »wäre es das

beste, mich zu rasieren.«»Das kann ich wohl besorgen«, sagte der Jüngling.Dann

schnitt er ihm die Haare.»Ist nun mein Haupt wieder schön und stattlich, nach-

dem es geschoren ist?« fragte der König.»Es ist wirklich gut so, und möge es immer besser wer-

den!«Der König streckte die Hand nach dem Schwert, um

den Jüngling zu erschlagen.»Ich will es nehmen«, rief der Jüngling, »und nach dei-

nem Haupt einen Schlag austeilen, duVerwandtenmörder,damit du nicht noch andere nach mir hinmorden kannst!Von heute an sollst du auf dein Weib und dein Erbe, aufdein Land und dein Königtum verzichten, du großohrigesPferd mit dem scheußlichen Kopf! Heerhaufen undVolks-mengen sollen dein Haupt sehen, sobald ich es dir abge-schlagen habe!«

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Damit zog der Jüngling das Schwert aus der Scheideund schwang es über seinem Kopf, um es auf den Königniedersausen zu lassen und ihn zu töten.»Mag Gottes rechte Hand dazwischenfahren!« rief Eo-

chaidh. »Laß es nicht also zwischen uns sein, Jüngling! Dusollst mit mir gleichen Rang einnehmen, und solange dudas Geheimnis von dem, was du an mir sahst, bewahrenwirst, sollst du mich rasieren.«»Ich will’s bewahren«, sagte der Jüngling, »und aus die-

sem Geschehnis soll Freundschaft erwachsen!«Damit gingen beide heim, und die Gefolgsscharen wa-

ren voll Freude darüber.Indessen war es eine bittere Not für den Jüngling, das

Geheimnis zu bewahren. Es warf ihn auf ein langes ver-zehrendes Krankenlager, in Fieber, Aussatz und Elend. Erhatte nicht mehr Kraft und Mark in sich.Eines Tages ging er zu einem gewissen Seher und Arzt

nach Geashill, um dort Hilfe und Heilung zu suchen. Alser über das Moor kam, das Moin Caoimthechta1 heißt, fieler auf sein Antlitz, so daß ihm drei Ströme Blut aus Mundund Nase flossen. Dadurch ward er geheilt.An einem andern Tag, am Ende des Jahres, kam die Krie-

gerschar und Dichaoimhs Sohn an dieselbe Stelle, wo erhingestürzt war und sein Geheimnis ausgebrochen hatte. Erteilte der Schar mit: »Seht, hier ward ich geheilt und brachdrei Ströme Blut aus.« Und dann sang er die Strophen:

»Hier ward geheiltDichaoimhs Sohn,Weil er sein Geheimnis auswarf (in heftigem Strom),Das Geheimnis über den schrecklichengrausamen Eochaidh.

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1 Moor des Zusammenlaufs.

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