ISSN 0018-2974 60. Jahrgang HSW - Hochschulwesen6 2012 60. Jahrgang Gegründet 1953 als „Das...

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UVW Das 60. Jahrgang ISSN 0018-2974 Hochschulwesen UniversitätsVerlagWebler HSW n Alle Jahre wieder…? Die neue (alte) Diskussion um den Hochschulrat n Internationale Kooperationsseminare – ein Plädoyer n Die Reading Week der Universität Bielefeld n Kompetenzerwerb durch den Einsatz von Planspielen im Studium an der Fachhochschule n Die Rolle der Lehrenden bei der Entwicklung innovativer Lehr-/Lernprozesse in den Niederlanden - Ergebnisse eines Surveys am Beispiel der Fachhochschule Saxion n Gute Lehre – empirisch geprüft: Aktivierende Forschung zur Hochschullehre. Zwischenbericht aus zwei Forschungsprojekten und einer Expert/innen-Diskussion mit wissenschaftspolitischen Empfehlungen Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik www.hochschulwesen.info www.universitaetsverlagwebler.de 6 2012

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UVW

Das

60. Jahrgang

ISSN 0018-2974

Hochschulwesen

UniversitätsVerlagWebler

HSW

n Alle Jahre wieder…?Die neue (alte) Diskussion um den Hochschulrat

n Internationale Kooperationsseminare – ein Plädoyer

n Die Reading Week der Universität Bielefeld

n Kompetenzerwerb durch den Einsatz von Planspielen im Studium an der Fachhochschule

n Die Rolle der Lehrenden bei der Entwicklung innovativer Lehr-/Lernprozesse in den Niederlanden -

Ergebnisse eines Surveys am Beispiel der Fachhochschule Saxion

n Gute Lehre – empirisch geprüft: Aktivierende Forschung zur Hochschullehre.

Zwischenbericht aus zwei Forschungsprojekten und einer Expert/innen-Diskussion mit wissenschaftspolitischen Empfehlungen

Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik

www.hochschulwesen.infowww.universitaetsverlagwebler.de

6 2012

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Christa Cremer-Renz, Prof. em. Dr. päd., Universität LüneburgGustav-Wilhelm Bathke, Prof. Dr. sc.phil., Universität Halle-

WittenbergLudwig Huber, Prof. em. Dr. phil., Dr. h.c., Universität

BielefeldClemens Klockner, Prof. em. Dr. h.c. mult., bis Dezember

2008 Präsident der Fachhochschule Wiesbaden Jürgen Lüthje, Dr. jur., Dr. h.c., HamburgBeate Meffert, Prof. Dr.-Ing., Humboldt-Universität zu

Berlin

Klaus Palandt, Dr. jur., Min. Dirig. a.D., Landesbergen b.Hannover

Ulrich Teichler, Prof. em. Dr. phil., Universität KasselWolff-Dietrich Webler, Prof. Dr. rer. soc., Institut für Wis-

senschafts- und Bildungs forschung Bielefeld (geschäfts-führend)

Andrä Wolter, Prof. Dr. phil., Humboldt-Universität zu Ber-lin, Institut f. Erziehungswissenschaften, Abt. Hochschul-forschung

Herausgeber

Herausgeber-Beirat

Christian Bode, Dr., ehem. Gen. Sekr. DAAD, Bonn Rüdiger vom Bruch, Prof. em. Dr., Berlin Michael Deneke, Dr., Darmstadt Karin Gavin-Kramer, M.A., Berlin Lydia Hartwig, Dr., stellv. Leiterin, Bayer. Staatsinstitut für

Hochschulforschung und -planungSigurd Höllinger, Prof. Dr., ehem. Sektionschef im BM. Wiss.

u. Fo., WienGerd Köhler, ehem. Leiter des Vorstandsbereichs Hochschu-

le und Forschung im Hauptvorstand der GEW, Mitglieddes Stiftungsrats der Universität Frankfurt/M. & des

Hochschulrates der Universität Halle/Saale , Frankfurt amMain

Sigrid Metz-Göckel, Prof. em. Dr., Dortmund Jürgen Mittelstraß, Prof. em. Dr., Konstanz Ronald Mönch, Prof. Dr. h.c., EmdenJan H. Olbertz, Prof. Dr. sc., Präsident der Humboldt-Univer-

sität zu Berlin, ehem. Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt

Jürgen Schlegel, Min.Dirig. a.D., ehem. Gen. Sekr. GWK,Bonn, Vorsitzender des Hochschulrates der Ruhr Univer-sität Bochum

Johannes Wildt, Prof. em. Dr. Dr. h.c., Dortmund

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Verlag und AbonnementverwaltungUVW UniversitätsVerlagWeblerDer Fachverlag für HochschulthemenBünder Str. 1-3, 33613 BielefeldTel.: (0521) 92 36 10-12, Fax: (0521) 92 36 10-22E-Mail: [email protected]

Übersetzung editorial: R. Robbel

Grafik: Ute Weber Grafik Design, MünchenGesetzt in der Linotype Syntax Regular

Druck: Hans Gieselmann, Ackerstr. 54, 33649 Bielefeld

Anzeigen:Das HSW veröffentlicht Verlagsanzeigen, Ausschreibungenund Stellenanzeigen. Aufträge sind an den Verlag zu rich-ten. Die jeweils gültigen Anzeigenpreise sind folgenderHome page zu entnehmen: „www.hochschulwesen.info”.

Erscheinungsweise: 6mal jährlichSatz: UVWRedaktionsschluss: 10.12.2012

Bezugspreis: Jahresabonnement: 92€/Einzelpreis: 16€Alle Preise verstehen sich zuzüglich Versandkosten. DasJahresabonnement verlängert sich automatisch um 1 Jahr,wenn es nicht bis 6 Wochen vor Jahresende schriftlichgekündigt wird.

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6 2012

60. Jahrgang

Gegründet 1953 als „Das Hochschulwesen”, vereinigtmit „Hochschulausbildung. Zeitschrift für Hochschulfor-schung und Hochschuldidaktik”, gegründet 1982 vonder Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik (AHD).

HSW

Das

Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik

Hochschulwesen

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Einführung des geschäftsführenden Herausgebers

Seitenbl ick auf die Schwesterzeitschr i ften

IVHauptbeiträge der aktuellen Hefte Fo, HM, ZBS, P-OE und QiW

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Marcel Schütz & Heinke RöbkenAlle Jahre wieder…?Die neue (alte) Diskussion um den Hochschulrat

Hochschulentwicklung/-pol it ik

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Sigrid Metz-Göckel, Marion Kamphans & Antonia ScholkmannGute Lehre – empirisch geprüft: Aktivierende Forschung zur Hochschullehre. Zwischenbericht aus zwei Forschungsprojekten und einer Expert/innen-Diskussion mit wissenschaftspolitischen Empfehlungen

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Karin SchweigerKompetenzerwerb durch den Einsatz von Planspielen im Studium an der Fachhochschule

159Benedikt Reusch & Philipp DrepsDie Reading Week der Universität Bielefeld

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsber ichte

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Ines Schell-KiehlDie Rolle der Lehrenden bei der Entwicklung innovativer Lehr-/Lernprozesse in den Niederlanden - Ergebnisse eines Surveys am Beispiel der Fachhochschule Saxion

Hochschulforschung

154Antje Stork & Sylwia Adamczak-Krysztofowicz Internationale Kooperationsseminare – ein Plädoyer

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HSW 6/2012

im UniversitätsVerlagWebler erhältlich:

Sandra Mittag, Rüdiger Mutz & Hans-Dieter Daniel:

Institutionelle Qualitätssicherung der Lehre auf dem Prüfstand:

Eine Fallstudie an der ETH Zürich

Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde das Qualitäts-sicherungssystem der ETH Zürich im Bereich Lehre einerumfassenden Meta-Evaluation unterzogen.

Das Qualitätssicherungssystem stützt sich auf die vier In-strumente Lehrveranstaltungsbeurteilung, Absolventen-befragung, Selbstevaluation und Peer Review.

Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass die ETHZürich über etablierte Qualitätssicherungsinstrumenteverfügt, die weitestgehend akzeptiert sind.

Allerdings bestehen bei allen vier Instrumenten Optimie-rungspotentiale.

ISBN 3-937026-74-6, Bielefeld 2012, 115 S., 19.50 EuroR

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Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

Annette Nauerth, Ursula Walkenhorst, Renate von der Heyden, Simone Rechenbach (Hg.):Hochschuldidaktik in Übergängen - Eine forschende Perspektive

Übergänge in ein unbekanntes System sind mit Unsicher-heiten und Lernbedarfen verbunden. Am Beispiel von Stu-diengängen für Gesundheitsfachberufe an der FH Bielefeldwird das Erleben der Studierenden und Absolventen in denÜbergängen in das Studium bzw. in den Beruf dargestellt.

Die Erfahrungen wurden genutzt, spezifische Unterstüt-zungsangebote zu entwickeln. Die entsprechenden Kon-zeptionen und Evaluationsergebnisse werden für die Ein-führungswochen mit den integrierten Tutorien und der Ar-beit mit Portfolios beschrieben. Im Hinblick auf den Über-gang in den Beruf werden ein Mentoring- sowie ein Beruf-seinsteiger -Programm diskutiert.

Das vorliegende Buch beruht auf Ergebnissen eines For-schungsprojektes im Rahmen der BMBF Förderlinie „empi-rische Bildungsforschung“.

ISBN 3-937026-79-7, Bielefeld 2012, 360 Seiten, 39.80 Euro

Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

Reihe:M

otivierendes Lehren und Lernen in H

ochschulen: Praxisanregungen

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E in füh rung des geschä f t s füh rend en He r ausgebe r s HSW

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sonders praxisnahem Handeln führen.Das HSW hat immer wieder Beispieleveröffentlicht. Karin Schweiger stellt inihrem Beitrag Kompetenzerwerb durchden Einsatz von Planspielen im Studiuman der Fachhochschule die Einsatzmög-lichkeiten dar und lädt zur Nachah-mung ein.

Reformkonzepte für Lehre und Stu dium,auf Bundes- oder Landesebene ent-wickelt und top down eingeführt, zeigten auch in Deutsch-land sehr eingeschränkte Erfolge (z.B. seit den 1970er Jahrendie landesweiten Studienreformkommissionen). Wie in vie-len anderen gesellschaftlichen Bereichen gilt der Satz: Nurwenn die unmittelbaren Akteure zu Trägern der Reform wer-den, entsteht etwas Nachhaltiges (zu erinnern ist an dasnordrhein-westfälische Innovationskonzept der „Rotations-projekte”, mit dem Lehrende an einigen Hochschulen desLandes mit einem eigenen Innovationsprojekt auf Zeit an einHochschuldidaktik-Zentrum wechseln konnten, um nachentsprechender Beratung als Träger der Reform mit den Er-gebnissen in die eigene Lehre zurückzukehren (vgl. Möhleu.a. 1980).1 Der Streit, ob z.B. Fachbereichsbeschlüsse in dieGestaltung der einzelnen Lehr-/Lernveranstaltung eingreifendürfen, führte sogar zu dem berühmten Urteil des Bundes-verfassungsgerichts von 1973 zur Lehrfreiheit (BVerfGE 35,79).2 In den Niederlanden bestehen ähnliche Konflikte undErfahrungen. Ines Schell-Kiehl stellt daher (quasi im Gegen-zug) eine Fallstudie über die Verbreitung und Nachhaltigkeitvon bottom-up-Prozessen vor: Die Rolle der Lehrenden beider Entwicklung innovativer Lehr-/Lernprozesse in den Nie-derlanden – Ergebnisse eines Surveys am Beispiel der Fach-hochschule Saxion.

Aussagen über die Wirkungen akademischer Lehre bewe-gen sich zwischen zwei Polen aus Alltagsbeobachtungenund empirischer Bildungsforschung. Erstere beruhen aufmethodisch ungesicherten Beobachtungen über Lernfort-schritte. Hier herrscht zwar ein Defizit an empirischer For-schung. Aber diese trifft bei dem Versuch, die Wirkung vonLernsituationen auf den Lernerfolg exakt festzustellen, aufzahlreiche methodische Schwierigkeiten in Projektdesignund Forschungsmethodik. Allzu oft wird dies (auch in derBegutachtung von Drittmittelprojekten) übersehen. DieseProbleme zu lösen, haben sich zwei umfangreiche Projektevorgenommen. Der Aufsatz von Sigrid Metz-Göckel, MarionKamphans & Antonia Scholkmann, überschrieben GuteLehre – empirisch geprüft: Aktivierende Forschung zurHochschullehre referiert Ausgangsüberlegungen und Zwi-schenergebnisse der BMBF-Projekte zur Wirksamkeit vondidaktischen Interventionen in der Lehre sowie zur Wirk-samkeit problembasierten Lernens ( PBL). Dabei werden Er-gebnisse des Symposiums „Inspiration und Intervention”aufgenommen, das im Juli 2011 über diese Projekte stattge-funden hat. W.W.

W.-D. Webler

In den Bundesländern unterschiedlich, konnten die Hoch-schulen schon seit Ende der 1960er Jahre – oft wieder ver-gessen – eigene Hochschulentwicklungspläne (z.B. inBaden-Württemberg in den Großen Senaten als den Uni-versitätsparlamenten) entwickeln und mit dem zuständigenMinisterium verhandeln. Mit wachsender Autonomie undschwindender akademischer Selbstverwaltung (wer erinnertsich noch an Große Senate bzw. Konvente?), infolge neuerLeitideen (von der Korporation zum Unternehmen) wurdenicht nur der Große Senat abgeschafft, sondern bald auchder akademische Senat entmachtet, auf den die strategi-schen Funktionen zeitweise übergegangen waren. Stattdessen wurden in den 16 Bundesländern viele Variantenvon Hochschulräten (wie ein Aufsichtsrat in Aktiengesell-schaften) als oberste Leitungsgremien für die Entwicklungs-strategie und Kontrolle eingesetzt. Der Staat hatte sich ausvielen Fragen der Detailsteuerung zurückgezogen, dieHochschulräte blieben aber umstritten. Marcel Schütz &Heinke Röbken haben in ihrem Beitrag Alle Jahre wie-der....? Die neue (alte) Debatte um den Hochschulrat dieseKontroversen sowohl auf der politischen, wie auf der wis-senschaftlichen Ebene aufgearbeitet. Der Artikel gibt einensehr guten Überblick über die Entwicklung und die ein-schlägige Literatur.

Überall wird die Internationalisierung des Studiums gefor-dert. Auf einer abstrakten Ebene besteht trotz disparaterInteressen viel Konsens. Bei der realen Einlösung im Alltagvon Studium und Lehre wird es schon deutlich schwieriger.Die Defizite sind nicht nur an den z.T. hohen Durchfallquo-ten bei Klausuren u.ä. oder niedrigen Studienerfolgsquotenunter ausländischen Studierenden abzulesen. Auch im di-rekten Gespräch klagen viele Lehrende über die Probleme,mit vertretbarem Aufwand a) ihre Lehre international zu ge-stalten und b) mit der Vielfalt der Studierenden umzuge-hen. In dieser Situation werben Antje Stork & SylwiaAdamczak-Krysztofowicz in ihrem Artikel: InternationaleKooperationsseminare – ein Plädoyer für ein erfolgverspre-chendes Modell von zeitlich parallelen Seminaren in zweiund mehr Ländern, das sich – in den Geisteswissenschaftenentstanden – im Grundsatz auf viele Studiengänge übertra-gen lässt.

Die starken Verschulungstendenzen und die Stoffverdich-tung, die in vielen Bachelor-Studiengängen herrschen,haben Gegentendenzen geweckt, die nach Möglichkeitensuchen, zumindest Elemente eines freiheren und damitselbständigeren Studiums wieder einzuführen. Einen sol-chen Freiraum stellt ein Lösungsversuch an der UniversitätBielefeld dar, den das HSW mit besonderem Nachdruck hierpubliziert. Philipp Dreps & Benedikt Reusch stellen DieReading Week der Universität Bielefeld vor, einen durchStudierende zu füllenden Freiraum – auf viele Studiengängeund Semester übertragbar.

Praxisbezug im Studium herzustellen ist an Universitätenund Fachhochschulen immer wieder eine besondere Aufga-be. Zwar gibt es objektiv viele Möglichkeiten, aber sie sindunterschiedlich aufwändig und mangels didaktischer Aus-bildung der Lehrenden wird nur ein Teil von ihnen einge-setzt. Planspiele gehören zu den erfolgreichsten Modellen,weil sie bei vertretbarem Aufwand trotz Simulation zu be-

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1 Möhle, V./Webler, W.-D./Wildt, J. (1980): „Fort- und Weiterbildung inRotationsprojekten.“ In: Huber, L. (Hg.): Hochschuldidaktische Fortbil-dung für Hochschullehrer. Aufgaben und Erfahrungen. Hamburg.

2 Das „Hochschulurteil”: zugänglich über http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BVerfG&Datum=29.05.1973&Aktenzeichen=1%20BvR%20424/71, 05.12.2012

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HSWHochschu len tw i ck lung / -po l i t i k

Der Hochschulrat hat im Laufe von gut zwanzig Jahrenin nahezu alle Hochschultypen Eingang gefunden. Vie-lerorts verstanden als „Metainstanz“ oder gar „General-direktorium“ nehmen regional Hochschulräte gewichti-gen Einfluss auf die Entscheidungsprozesse des strategi-schen Hochschulmanagements. – Mit bemerkenswer-tem Nachklang: Über keine andere Strukturinnovationder deutschen Hochschulbürokratie wurde in den letz-ten Jahren leidenschaftlicher debattiert und gestritten.Das vielfältige „Dickicht“ aus Argumenten, Erfahrungenund auch reichlich Spekulation pro und contra Hoch-schulräten gibt immer noch (und wieder) Anlass, ver-gangene und neuere Entwicklungen im Überblick aufzu-arbeiten und zu ordnen. Hierzu entfaltet der folgendeBeitrag eine breite Zusammenschau zentraler Argumen-tations- und Begründungsmuster zum Thema. Ist dabeidie Fülle der Diskussion immer nur stückweise abzubil-den, wollen wir besonders exponierte Konfliktlinienentsprechend herausarbeiten und nachfolgend abglei-chen mit neuen, kürzlich erschienenen Positionspapie-ren zum Hochschulrat. Die darin enthaltenen State-ments werden entsprechend kritisch skizziert.1

1. Grundcharakter HochschulräteHSR und entsprechende Gremienvarianten (Univer-sitätsrat, Stiftungsrat oder Kuratorium) sind komple-mentäre Beratungs- und Kontrollinstanzen des Hoch-schulmanagements, die als Pufferorgane zwischenHochschule, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik fungie-ren sollen. Dabei handelt es sich um Einrichtungen mit –nach Bundesland – sehr unterschiedliche[n] Beschrei-

bungen, Aufgabenzuweisungen und Kompetenzen(Hener 2001, S. 171). Die Spanne reicht dabei von über-wiegender Beratung bis hin zu maßgeblicher Lenkung(vgl. Hener 2001, S. 172ff; Von Coelln/Horst 2009, S.176). Die Gremien sind für die Interessen einzelner Ein-zelhochschulen tätig, in wenigen Fällen auch für mehre-re Universitäten (Schleswig-Holstein) oder als Zentralin-stanz für die Hochschulen eines Bundeslandes (Branden-burg). HSR werden grundsätzlich durch die Gesetzge-bung der Länder statuiert. Sie folgen jedoch keinen di-rekten staatlichen Weisungen. Das Gremium wird in derRegel beteiligt am Kontraktmanagement bzw. Zielver-einbarungsprozess zwischen Hochschule und Land.Hinsichtlich der akademischen Integration fehlt demHSR eine organische Einbindung in die tradierte Gre-mienstruktur der Gruppenuniversität (vgl. Lange 2010,S. 350). Stattdessen verhält sich das Gremium zur Hoch-schule als eine Art „ausgelagerte“ Organisationseinheit.De facto in mehreren Bundesländern an der Leitung derHochschule mindestens mittelbarer beteiligt, wird derHSR nur selten offiziell als „Hochschulleitung“ dekla-riert. Auch die Organigramme der meisten Hochschulenbilden ihre HSR weder als Teil des Verwaltungs- nochdes Leitungsapparates ab. In aller Regel ist seine Stel-lung innerhalb der Auf- und Ablauforganisation sichtbarexponiert – und damit symbolisch oberhalb der Rektora-te und Präsidien. Da nun nicht ohne eine gewisse Widersprüchlichkeit derHSR weder privater Natur ist noch im klassischen Sinnestaatlich in Erscheinung treten kann (vgl. Schulz/Kür-

Marcel Schütz & Heinke Röbken

Alle Jahre wieder…?

Die neue (alte) Diskussion um den Hochschulrat

Heinke Röbken

In the 16 German federal states, many variations of university councils (like a supervisory board in joint-stock com-panies) have been installed as the supreme governing body of universities for questions of development strategyand control in the past 15 years. The state partially backed away to the benefit of greater autonomy for universi-ties. However, university councils remained to be controversial. Marcel Schütz/Heinke Röbken have reviewed thiscontroversy both on the political and on the scientific level in their paper: Year After Year? The New (Old) De bateon the University Council. The article gives a very good overview of developments and the relevant literature.

Marcel Schütz

1 Im Weiteren besprochen unter dem Kürzel „HSR“.

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M. Schütz & H. Röbken n Alle Jahre wieder…? Die neue (alte) Diskussion um den ...HSWschner 1997, S. 289; Oechsler/Reichwald 1997, S. 283;Fittschen 1998, S. 85), sondern als Bindeglied eigenerForm zwischen Hochschule und Land agieren soll, wirdein solches Konstrukt oberhalb der einzelnen Hochschu-le auch beschrieben als „Puffergremium“ oder „bufferinstitution“ (vgl. Müller-Böling 1997, S. 296; Webler2001, S. 101; Hener 2001, S. 171; Lange 2010, S. 348).In Form dieser „Brückeninstanz“ sollen HSR die Interes-sen von Hochschule und Öffentlichkeit unter Berück-sichtigung des politischen Rahmens und mittels ver-bindlich definierter Zielvereinbarungen austarieren.

2. Entwicklungszusammenhängea) (Hochschul-)politischer Kontext Das Gremium HSR wurde bis Ende der 1990er Jahrezunächst in nur einigen Bundesländern – anfänglich viel-fach als Beirat (Kuratorium) oder „Modellversuch“ – in-stalliert. In Folge der schrittweisen Liberalisierung undumfänglichen Neuordnung der Hochschulverwaltungverdankt der HSR seine Verbreitung vor allem der Dele-gation ehemals ministerieller Hoheitsrechte (zum Teil in-klusive der Dienstherrenfähigkeit) in die Hände einzel-ner Hochschulen und deren Leitungsapparate (vgl. VonCoelln/Horst 2009, S. 174ff; Speckbacher, Wentges/Bi-schof 2008, S. 53ff; vgl. Schlegel 2000, S. 523). Davon nicht zu trennen ist der Umbau der Hochschulad-ministration nach der Steuerungslogik des New PublicManagements (vgl. Münch 2009, 2011). HSR sindneben anderen gewichtigen Reformschritten nur dieTeilmenge einer fortschreitenden „Entstaatlichung“ bzw.„Zerfaserung“ des Wissenschaftssystems und im Größe-ren der gesamten öffentlichen Betriebe (vgl. Bogumil etal. 2007, S. 14ff). Der Umbau der öffentlichen Verwal-tung im Sinne des New Public Managements führt eineweitreichende Reorganisation von Zuständigkeiten undAbläufen herbei. Den administrativen Rahmen hierfürbildet eine Orientierung an betriebswirtschaftlich dekla-rierter Prozesslogik (vgl. Lange 2010, S. 350; Willgerodt2002, S. 109). Im Zuge dessen verabschiedet sich derStaat weitestgehend aus der Detailsteuerung und Fein-kontrolle. Er etabliert im Staatsbetrieb neuartige „Go-vernance-Strategien“ jenseits der institutionalisiertenBehördenwege (vgl. Lanzendorf/Pasternack 2008;Kehm/Fuchs 2010). Ist die juristische Terminologie um den HSR im Bundinsgesamt noch weithin konform, unterscheiden sich inerheblichem Maße dessen tatsächlich verbriefte Kompe-tenzen durch die Länder. Infolge der neuen Steuerungs-logik für das Hochschulwesen sind in fast allen Bundes-ländern ministerielle Aufgaben zumindest in Teilen anden HSR abgetreten worden. Doch nur einige Länderhaben ihre Detailsteuerung im Hochschulwesen voll-ständig aufgegeben. So hat der Gesetzgeber Nordrhein-Westfalens seinem HSR den Rechtsstatus der „oberstenDienstbehörde“ (Hochschulgesetz NRW 2008, § 33Abs. 2, Satz 3) verliehen. In dieser Konstruktion einer„ministeriellen Ersatzaufsicht“ wird der HSR weitestge-hend von staatlichen Weisungen entbunden. Die Über-tragung ehedem hoheitlicher Funktionen an entspre-chende Gremien findet amtlich als „Beleihung“ Anwen-

dung und ist verfassungsrechtlich nicht unumstritten(Krüger 1997, S. 287f; Horst 2011, S. 289).

b) InstitutionalisierungIn einem schematischen Entwicklungsmuster der HSR inDeutschland lassen sich in den Ländern Stadien nur par-tiellen Experimentierens, allmählicher Etablierung(1990er bis Mitte 2000er Jahre) und inzwischen ersterRestrukturierung nachvollziehen.2 Überregionale Be -kannt heit erlangte die Erprobung eines 1995 als Pilot-projekt an der ehemaligen niedersächsischen Hochschu-le Vechta (heute Universität) gegründeten HSR, der vorOrt jedoch schnell in erhebliche Kritik geriet (vgl.Schulz/Kürschner 1997, S. 289ff; Kuropka 1999, S. 83ff;Fink 2001, S. 111ff). Eine breite Etablierung des HSR inDeutschland kam ab 1998 in Gang durch die Novelledes Hochschulrahmengesetzes (HRG) und damit dieweitgehende Abtretung des Bundesreglements zur inne-ren und äußeren Organisation der Hochschulen in denHoheitsbereich der Länder (HRG vom 20.08.1998). So unterschiedlich die Kompetenzen von HSR in denLändern heute gelagert sind, so verschieden sind auchdie Erfahrungswerte. Während einige Länder – so Sach-sen 1993 – bereits vor der Bundesnovelle HSR ermög-lichten, sind andere erst vor wenigen Jahren nachgezo-gen. Je nach Land befinden sich die Gremien noch in derersten Amtszeit, anderenorts wird bereits auf mehrfacheNeubildungen zurückgeblickt. Aufgrund dessen sind dieHochschulen in sehr unterschiedlicher Intensität (undQualität) an das Gremium gewöhnt und mit entspre-chendem Prozedere vertraut. Alleine Bremen hat alseinziges Bundesland bis heute keine Hochschulräte ein-geführt (vgl. Hüther 2009, S. 50). Mecklenburg-Vor-pommern hat mit Regelung einer Wahlfreiheit die In-stallation von HSR in die Hände der Einzelhochschuleübergeben (LHG v. 25.01.2011, § 86).

c) Neuordnung der HochschulbürokratieUnabhängig seiner konkreten Ausgestaltung in den Län-dern wird der HSR in der akademische Debatte überwie-gend diskutiert mit Blick auf den Umbau der öffentli-chen Verwaltung im Allgemeinen und des Hochschul-wesens im Besonderen. So sehr man damit den politi-schen Vorgang beschreibt, so wenig wird hierdurch auchschon der komplexe innerakademische und gesellschaft-liche Rahmen begriffen. Mit der Einführung von HSRverbinden sich unterschiedliche Motive. Von wirtschaft-licher Seite wird von ihm die Beförderung des Ressour-centransfers zwischen Forschung und Arbeitsmarkt er-wünscht (Lange 2010, S. 350). Die politische Rhetorikder Landesgesetzgeber verbindet mit den HSR allgemeineine Stärkung zivilbürgerlichen Engagements, demokra-tischer Teilhabe und höherer Durchlässigkeit zwischenGesellschaft und Wissenschaft. Hochschulen werden

2 Seine Wurzeln reichen weiter: Auf Wunsch der Briten sollten nach dem 2.Weltkrieg Aufsichtsräte in den deutschen Hochschulen etabliert werden.Jedoch kam es aufgrund des starken Restaurationscharakters der Univer-sitäten dazu nicht (vgl. Hüther 2009, S. 50; Kuropka 1999, S. 83ff). In Ber-lin entstanden in den 1970er Jahren Kuratorien. Der „Urtyp“ des HSRwird in den Aufsichtsräten der angelsächsischen Colleges gesehen. DieUSA kennen heute entsprechende „Boards“ (vgl. Lange 2010, S. 347).

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Hochschulentwicklung/-politik HSWhierdurch explizit ineine Rechenschafts-pflicht gegenüberdem Gemeinwesen(und damit auchnicht-akademischerÖffentlichkeit) ge-nommen. In und mitalledem geht dasGrundverständnis der„unternehmerischenHochschule“ einher,die als VersorgerDienstleistungen fürdie Gesellschaft,ihrem hauptsächli-chen Finanzier, er-bringen soll.Hinsichtlich seinerLegitimation kamdem Gremium in den1990er Jahren die all-gemeine Wahrneh-mung tief greifend or-ganisatorischer „Mi-sere“ der Hochschullandschaft zupasse. Massiv wurdeder „Reformstau“ an den deutschen Hochschulen be-klagt. Die Liste reichte vom „maroden Studiensystem“über eine unzureichend internationale Ausrichtung derStudienorte, „praxisferner Lehre“ bis hin zur Kritik ander mithin exzessiven Unwirtschaftlichkeit kameralisti-scher Haushaltpolitik. Die Defizite wurden überwiegendan die Organisation der Hochschulverwaltung adressiert(vgl. Ogger 1997, S. 286). Als ganz wesentlicher Kernder Begründungsmuster für das Gremium HSR dientedie Kritik am Nachkriegskonzept der Gruppenuniversitätund ihrer Steuerungslogik der akademischen Selbstver-waltung. Entsprechend drängte der politische Wille aufeine grundlegende strukturelle Flexibilisierung unddemgemäß die rasche Durchsetzung modernen Verwal-tungsmanagements (vgl. Webler 2001, 99ff). Die Kritikan der unzureichenden Funktionalität der Hochschulor-ganisation wurde dabei mit besonderem Fokus an dieRolle der Senate gerichtet (vgl. Landfried 2000, S. 8f;Schick 2008, S. 1ff). Zahlreiche Stimmen sahen in die-sem im Rahmen der Hochschulpolitik grundsätzlich keingeeignetes Gremium [mehr] für Strategieentwicklung(Oechsler/Reichwald 1997, S. 285).So erklärt sich die Beobachtung, dass mit Einführung derHSR zentrale Senats-Kompetenzen an das neue Gremi-um übergegangen sind. In der Folge haben die Senateweithin eine merkliche Limitierung ihres ursprünglichenKompetenzportfolios erfahren. (vgl. Von Coelln/Horst2009, S. 174; Lanzendorf/Pasternack 2008, S. 57;Schulz/Kürschner 1997, S. 289). Aus der Praxis wird da -rauf hingewiesen, dass in der neuen akademischen Or -ganstruktur der Senat – anders als Rektorat (= „Vor-stand“) und HSR (= „Aufsichtsrat“) – keine Entsprechungmehr vorweisen könne gegenüber einer vornehmlich anWirtschaftsbetrieben orientierten Gremienarchitektur.Somit hänge der Senat inzwischen, zugespitzt formu-liert, regelrecht in der Luft (Heinrichs 2010, S. 47).

d) Ausdifferenzierung statt VergleichbarkeitWir werden im Weiteren noch auf die innerakademischeDebatte um den HSR zu sprechen kommen. Mit Blickauf dessen Institutionalisierung in den Ländern lässt sichleicht nachvollziehen, woher die beachtliche Polarisie-rung innerhalb der Hochschulöffentlichkeit wesentlichrührt. Sie ist zu großen Teilen dem Umstand geschuldet,dass die eine „mustertypische Grundform“ des Gre -miums gar nicht existiert. Stattdessen finden sich imVergleich der Länder vielgestaltige Entwürfe. Zum einenhaben sich die Gestaltungsformen in den Ländern in denvergangenen Jahren mit Einführung neuer Hochschulge-setze beträchtlich ausdifferenziert. Die (derzeit 15)Hochschulgesetze, die ein entsprechendes Gremiumvorsehen, führen in praxi zu ebenso vielen Architekturendes HSR (vgl. Meyer-Guckel et al. 2010, S. 34ff). Zumanderen sind die praktischen Erfahrungen mit demOrgan empirisch bislang noch unzureichend ausgeleuch-tet worden. Werden HSR in kritischen Positionen vorallem als „Besatzungsmacht“ charakterisiert, die invasivdie Organisation umkrempelt, zeigt die Wirklichkeit inden meisten Ländern viel häufiger das Bild des HSR alsPartner der Hochschulleitung. Im bundesweiten Regel-fall agieren auch weiterhin die Rektorate und Präsidienals zentrale Instanz des operativen Hochschulmanage-ments. Gerade die aktive Ausübung operativer Leitungs-gewalt soll ausdrücklich nicht in den Händen des HSRliegen (vgl. Meyer-Guckel 2010, S. 37).Hüther (2009, S. 50ff) ist der beträchtlichen Kompe-tenz-Unterschiede zwischen den HSR nachgegangenund hat das Gremium in Form von Länderprofilen einergenaueren Bewertung unterzogen. Dabei wurden dierechtlichen Daten nach dem Aspekt der Außensteue-rung des Gremiums analysiert. Das Ergebnis fällt anhandder Bestimmung unterschiedlicher Steuerungsdimensio-nen recht heterogen aus. Zwar nehmen HSR in einigenBundesländern strategische Sachkompetenzen wahr, in

Abbildung 1: Spektrum möglicher Rollenbilder und Macht ausstattung von HSR

Quelle: Meyer-Guckel et al. 2010, S. 30

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M. Schütz & H. Röbken n Alle Jahre wieder…? Die neue (alte) Diskussion um den ...HSWdiesen Fällen jedoch bilden interne Akteure die Mehr-heit in den Räten, was eine faktische Machtbegrenzungder Externen impliziert (vgl. Lanzendorf/Pasternack2008, S. 57). In nur wenigen Bundesländern sind dieRäte nach dem Gesetz vollständig extern zu besetzen.Gleichwohl gilt die Regelung einer mindestens hälftigen,bevorzugt aber überwiegend externen Besetzung, seitvielen Jahren als „herrschende Meinung“. Die Argumen-tation stützt sich auf eine nur in solcher Konstellationerwartbare Kompetenzbereicherung durch wertvollenSachverstand jenseits der akademischen Binnenperspek-tive (vgl. Schlegel 2000, S. 521).

3. Diskussion und Meinung Über den HSR wird seit seiner „Expansion“ im Bund inregelmäßigen Konjunkturen eifrig debattiert. Seine Be-fürworter sehen ihn als bewährtes Instrument zeit-gemäßen Hochschulmanagements und Tor zur nicht-akademischen Öffentlichkeit. Seine Kritiker fürchtendurch ihn eine Ausrichtung des Wissenschaftssystemsvorwiegend an Verwertungsinteressen und fehlendesVerständnis außerakademischer Vertreter für den Cha-rakter des Hochschulbetriebs (vgl. Webler 2001, S. 108f;Groß 2010). Besonders einzelne Räte erlangten durchstrittige Personalia ein breiteres Medieninteresse (vgl.Van Bebber 2008, S. 19ff; Kreimeier 2008). Der Disputim Ganzen lässt sich – wie folgt – nach verschiedenenEbenen bzw. entsprechend Kernfragen zuordnen.

a) Akademische „Passung“ des HSRIn den Hochschulen stieß das neue Gremium von Anbe-ginn auf ein stark geteiltes Echo. Neben Kritik aus denunterschiedlichsten Fachbereichen (vgl. Meyer 1997, S.296) positionierten sich insbesondere Hochschulfunk-tionäre als Befürworter der HSR (vgl. Landfried 1999,K42/99). Demgegenüber wurde eine durch HSR forcier-te Begünstigungspolitik zum Vorteil primär anwen-dungsorientierter, marktnaher Fächer befürchtet (Kuntz-Brunner 2000, S. 31). Ein angemessen empirischer Belegfür diese Kritik wurde bis heute allerdings weder quali-tativ noch quantitativ erbracht. Hoffnungen auf einen „direkten Draht“ der HSR zu denRessourcen beziehungsweise Akteuren vor allem desWirtschaftssystems bilden das Marktargument im Plä-doyer pro Gremium. Seitens der Befürworter sollen un-ternehmerische Akteure im HSR „ihre“ Hochschulennicht nur hinsichtlich Entscheidungsfluss und Strategie-entwicklung voranbringen, auch sollen zugeschriebene„Managerqualitäten“ verbunden mit kapitaler Netz-werk-Erfahrung ein reputierliches Licht auf die Hoch-schule als „Marke“ und „Standortfaktor“ werfen (vgl. Nienhüser et al. 2007, S. 12). Im Urteil akademischerAkteure wird der HSR verbreitet als systemfremdes Ele-ment (Kuropka 1999, S. 83; vgl. ähnlich Willgerodt2002, S. 78) gedeutet, dessen Implementierung weithineinen Eingriff in die Herrschaftsstrukturen der Univer-sität darstelle. (Münch 2008, S. 8; vgl. ders. 2009, S.120f). Das von Befürwortern stark gemachte Argumenteiner strukturellen Ergänzung für die Hochschule ver-sucht die Kritikerseite als komplementäre Teilentmach-tung (Fehling 2002, S. 416) zu enttarnen. Auch wird be-

zweifelt, dass HSR überhaupt Mittel dazu aufbringenkönnten, die lose gekoppelten akademischen Experten-systeme wirksam zu „managen“ (vgl. Fittschen 1998, S.82f; Speckbacher, Wentges/Bischof 2008, S. 59ff).

b) Interessenvertretung als Funktion gesellschaftlicherTeilhabeDurch HSR werden außerhochschulische Belange in dieEntscheidungen der Hochschule implementiert (Hütheret al. 2011, S. 16). Tatsächlich verbinden sich mit demGremium hohe Erwartungen hinsichtlich einer fort-schreitenden Öffnung von Hochschulen gegenüber dernicht-akademischen Öffentlichkeit und deren Erwar-tungsträgern. So soll der HSR auch Perspektiven insbe-sondere der Spitzenvertreter (Müller-Böling/Fedrowitz1998, S. 99) aus Wirtschaft, Arbeit und Sozialleben undderen unternehmerischen Sachverstand (Hochschulbei-rat der Evangelischen Kirche in Deutschland 2009, S.13) in die Wissenschaft hinein transportieren, hierdurchvielfältig Ressourcentransfer befördern. Auch unter standortbezogenen, landes- und regionalpo-litischen Gesichtspunkten (Heinrichs 2010, S. 46) sollenexterne Kompetenzen vor allem auf die strategische Po-litik der Hochschule an Einfluss gewinnen. Gemäß dieserFunktionslogik bilden sich die Kontaktstellen zur akade-mischen Außenwelt auch in der Akteurskonstellation,also den Besetzungsprinzipien der HSR ab. Geht mandabei von einer prinzipiell gleichberechtigten Repräsen-tanz gesellschaftlicher Akteure aus, ist das Ergebnis einebreit gelagerte, etwa eine wirtschaftliche, private, öko-logische und internationale Ausrichtung (Oechsler/Reich wald 1997, S. 285) dieses Gremiums. In dieserLogik sollen HSR interessenpluralistisch (ebd.) angelegtsein, um breite gesellschaftliche Legitimation zu ge-währleisten ohne ein Präferieren nur einiger wenigerStakeholder.

c) Interessenvertretung als privilegierter Ressourcen-transferHinsichtlich einer interessenpluralistischen Gestaltungwerden jedoch Zweifel gemeldet. Tatsächlich zeigt diePraxis einen in der Summe beträchtlichen Anteil an Un-ternehmensvertretern. Daher lässt sich fragen, ob durcheine derartig gewichtige Repräsentanz nicht auch ein„mentaler ökonomischer Überhang“ (Laske et al. 2007,S. 68) in Stil und Entscheidungsfindung der HSR durch-schlägt. Die bisherigen empirischen Erhebungen hin-sichtlich der Sozialstruktur der HSR zeigen, dass etwaKirchen, Gewerkschaften und Sozialverbände nur margi-nale Anteile an HSR nehmen (vgl. Nienhüser/Jacob2008, S. 70f; Bogumil et al. 2007, S. 27ff). Nach Nienhüser/Jacob (2008) liegt die Ursache für dieBesetzungsauswahl evident am Hochschultyp. Sie bildenihre These vor dem Hintergrund der „Ressourcenabhän-gigkeitstheorie“, wonach Gremien bevorzugt solche Ak-teure kooptieren, von denen sie vermuten, dass sieFähigkeiten dazu mitbringen, der Organisation Zugängezu wichtigen Ressourcen zu öffnen. Grundlage bildendie Studien von Pfeffer/Salancik 2003. Entsprechenddieser Logik interagieren Hochschulen und ihre HSRprimär in Form eines solchen Ressourcenabhängigkeits-verhältnisses. Aufgabe der „Aufsichtsräte“ ist es, die

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Hochschulen mit Ressourcen zu versorgen, die dieseselbst nicht eigenständig generieren können, die aberunter gestiegenem akademischen Wettbewerbsdruckzwingend benötigt werden. Dabei sind es vor allem Ak-teure aus Managementpositionen, denen Kontrolle überbedeutsame Ressourcen unterstellt wird. Von diesemstrategischen (und eben nicht gesellschaftlich orientier-ten) „Recruiting“ für den HSR versprechen sich Hoch-schulen ertragreiche Investitionen. Denn mithilfe der„richtigen Leute“ können ressourcen- bzw. umweltbe-dingte Kontingenzen reduziert werden. Der Zugang zuexternen Ressourcen ist aber keine Einbahnstraße. BeideSeiten treten in einen „Deal“. Denn umgekehrt gewin-nen die externen Akteure potenziell an Einflussmöglich-keit. Die strategische Ausrichtung der Hochschule wirdso idealerweise auch passgenauer auf unternehmerischeund arbeitsmarktpolitische Interessen abgestimmt. Der potenzielle Einfluss sagt freilich noch nichts ausüber den tatsächlich ausgeübten durch entsprechendeAkteure. Gleichwohl trägt die Feststellung, dass alleindas numerische Einflusspotenzial von Wirtschaftsvertre-tern […] erheblich ist (Nienhüser/Jacob 2008, S. 72).Der Befund, wonach gerade drittmittelstarke Universitä-ten zugleich auch einen überdurchschnittlichen Anteilan Wirtschaftsvertretern in ihre HSR berufen, erhärtetdas theoretische Fundament des Ressourcenabhängig-keitsansatzes. Insgesamt scheint das Interesse der Hoch-schulen an „gestandenem“ Managementpersonal nichtgering. Für das symbolische Kapital der Hochschule sindRang und Namen prominenter Wirtschaftsakteure mehrals nur reputierlich (vgl. Handelsblatt 2010). Ein merklich hoher Anteil der Diskussion zum HSR ent-fällt auf die Theoretisierung des Möglichen und Denkba-ren, kommt aber meist nicht über die Ebene der Ein-drucksdarstellung und Mutmaßung hinaus. Anschauli-che Ergebnisse aus den österreichischen Universitätenliefert eine Studie von Laske et al. aus dem Jahr 2007.Durch die zentrale Kulturhoheit liegt die Besetzung zugleichen Teilen bei der Bundesregierung und den Uni-versitäten. Die Basis bildete eine Befragung aller Univer-sitätsräte sowie zusätzliche Experten-Interviews mitRatsmitgliedern, Rektoren, Senatoren und Betriebsrä-ten. Hinsichtlich Herkünften der Ratsmitglieder wurdein der Summe ein fast hälftiger Anteil von Wirtschaftver-tretern bestimmt (Laske et al. 2007, S. 68). Ein Verhält-nis von 1/3 Wirtschaftsvertretern wurde in Deutschlanderrechnet (Bogumil et al. 2007, S. 26). Das Ergebnis zur Qualität der Arbeit der österreichi-schen Gremien war durchwachsen. So zeigte sich, dassviele Universitätsräte offenbar nur wenig Wert auf dieKommunikation in die Universität hinein legten (Laskeet al. 2007, S. 69). Hinsichtlich der fachlichen Eignungwurde erkennbar, dass die Besetzung im Regelfall ohneOrientierung an entsprechenden Anforderungskriterienerfolgte. Die Schlussfolgerungen der Experten sinddurchaus bemerkenswert. Nicht etwa – wie häufig dis-kutiert – rechtliche Defizite an der Gremienstruktur derHSR wurden von der Studiengruppe identifiziert. Viel-mehr wurden Fehlentwicklungen gesehen in der zumTeil mangelnden Professionalität der Akteur/innen, inderen Ein- und Vorstellungen, deren Rollenverständnis

oder deren Zeitressourcen (Laske et al 2007, S. 71).Damit rückt die Frage auch der Rekrutierung in den Mit-telpunkt der Debatte. Zur organisatorischen und zeitli-chen Kapazität gibt es Erfahrungsberichte einzelnerRatsmitglieder. Hierzu wurden wiederholt eine relativniedrige Anzahl an Sitzungen sowie eine zu eilige Vor-gangsbearbeitung und Beschlussfassung moniert (vgl.Van Bebber, S. 19ff). Eine quantitative Aussage erlaubtdie (deutsche) Studie von Bogumil et al. (2007, S. 38): Inder großen Zahl der Hochschulen tritt der Hochschulratvierteljährlich zusammen und tagt dann durchschnittlichrund vier Stunden.

d) Konfliktlinien im Diskurs um den HSRWie oben dargestellt, speist sich die hochkontroverseDiskussion zum HSR aus sehr unterschiedlichen struktu-rellen bzw. steuerungslogischen Aspekten. Diese auf-greifend und weiterführend lassen sich beinahe schon„Klassiker“ in der Auseinandersetzung feststellen. Wirversuchen an dieser Stelle, die hauptsächlichen Konflikt-linien zu pointieren. In Summe werden die folgendenDispute besonders nachhaltig verhandelt:• Das Einflussvermögen (der „Machtfaktor“) der HSR be-

züglich Grundsatzfragen und Grundordnung der Hoch-schule (Richtlinienkompetenz), besonders auch dermöglichen Hoheit über Personalfragen (v.a. Bestellungund Entbindung der Präsidien).

• Das Besetzungsverfahren: Kritisch diskutiert wird zumeinen die Berufung der Mitglieder nach beruflicherHerkunft bzw. entsendenden Organisationen, zum an-deren das zahlenmäßige Verhältnis von internen undexternen Ratsmitgliedern.

• Die Vereinbarkeit beruflicher Interessen und der Um-gang mit Lobbying: Welchen Einfluss dürfen Managerund Verbandschefs in ihrer Rolle als Hochschulverwal-ter nehmen? Ist der Transfer von Ressourcen (symboli-sches und wirtschaftliches Kapital) vereinbar mit Com-pliance der Hochschule – und der Heimatorganisationder Räte?

• Die Frage einer ausgewogenen Beteiligung der Hoch-schulöffentlichkeit im Berufungsprozess der HSR: Beiwem liegt das Vorschlagsrecht, erteilen Ministeriumoder Hochschule (oder beide) den Gremien Mandat?

• Die Frage, ob dem HSR „letztinstanzliche Gewalt“ zu-kommen soll – oder aber Senat und Hochschulleitungim Zweifelsfall gegen strategische Entscheidungenwirksam „opponieren“ können?

• Das Recht auf Abberufung von Ratsmitgliedern auswichtigem Grund, durch Ministerium, Hochschulöf-fentlichkeit und Parlament (insbesondere zwecks „im-peachment“).

• Die Verfassungsgemäßheit der HSR: Sind Hoheitsrech-te des Staates übertragbar auf „ausgelagerte“ Organeund Personal – ohne formale (dienstrechtlich ver-gleichbare) Prüfung der Befähigung für die Übernahmehoheitlicher Aufgaben?

Mit Blick auf die Priorität einzelner Punkte haben sichüber die Jahre hinweg zum Teil Gewichtsverschiebungenergeben. So ist die reinweg ideelle Grundsatzfrage derVerfassungsgemäßheit des HSR eher „Nebenkriegschau-

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platz“ geworden und beschränkt sich inzwischen fastganz auf die juristische Fachpresse. Die wissenschaftli-che Kritik pocht kaum (mehr) auf einer pauschalen Ab-lehnung der HSR. Außerplanmäßige Abberufungen sindaufgrund einschlägiger personeller „Zwischenfälle“Thema geworden. Doch vor allem Fragen anteilsmäßigerBesetzung und der Einfluss des Gremiums im Ganzenbilden weiterhin die überragenden thematischenSchwerpunkte.Im Duktus insgesamt sticht konzeptionelle Optimierunghervor, das heißt praxisleitende Gestaltungsfragen, diezur „Harmonisierung“ des Gremiums innerhalb desHochschulbetriebs beitragen sollen. Jüngst erschienenvon offizieller Stelle sind zwei Positionspapiere zur Wei-terentwicklung der HSR. Deren Statements möchten wirim Folgenden knapp skizzieren und schließlich in dieGesamtdebatte einordnen.

4. Weiterentwicklung der HSR Nachdem im Zuge weitflächiger Neufassung der Lan-deshochschulgesetze die HSR in den letzten zwei Jahr-zehnten regional sehr heterogene Gestalt angenommenhaben, mehren sich in den letzten Jahren Bemühungendahingehend, den HSR einerseits als festes Strukturele-ment zu konsolidieren, andererseits seine bestehendeDiversität in den Ländern zugunsten einer weitestge-henden Standardisierung abzubauen. Infolge dessen istu.a. ein „Handbuch Hochschulräte“ (Meyer-Guckel et al.2010) erschienen, als Leitfaden für die praktische Arbeitder HSR und deren Rahmengestaltung durch die Politik.Ende 2011 hat sich die Hochschulrektorenkonferenz(HRK) mit einer Entschließung zu „Struktur und Funktio-nen von Hochschulräten“ zu Wort gemeldet. Darin wer-den die HSR als Steuerungsinstanz begrüßt, insofern sichaus ihrer Präsenz ein realer Zuwachs an Autonomie fürdie Hochschulen ergibt (HRK vom 22.11.2011, S. 2). Da-neben steht die Forderung nach einer grundsätzlich stra-tegischen Funktion des Gremiums – ohne Wahrneh-mung operativer Geschäfte. Diese sieht die HRK aus -schließlich bei den Präsidien. Weiterhin wird eine min-destens hälftige Besetzung von Externen gefordert,wobei jedoch eine akademische Kompetenz (ebd.) derRäte gewährleistet bleiben soll. Unter Externen werdenim Besonderen Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaftund Kultur (ebd.) gerechnet. Der vielfach diskutierteBezug nicht auf einzelne Bereiche sondern Personal ausder Gesellschaft im Allgemeinen wird hierbei nicht auf-gegriffen. Stark positioniert wird die Forderung, denGremien grundsätzlich nicht die (hoheitliche) Diensther-reneigenschaft zu übertragen. Mit Nachdruck heißt es,dass HSR keineswegs Vorgesetzte der Hochschulleitungwerden dürften. Bemerkenswert ist, dass die HRK in ihrer Entschließungeine Rechenschaftspflicht einseitig bei der Hochschullei-tung angesiedelt sieht. Denkbar milde wird demgegen -über der HSR selbst in die Pflicht genommen: Im Gegen-zug solle die Arbeit des Hochschulrates für die Hoch-schule transparent sein (S. 2). Vor dem Hintergrund derbisherigen Erfahrungen muss dieses Statement verwun-dern, wurde doch eindringlich die Notwendigkeit klarer

M. Schütz & H. Röbken n Alle Jahre wieder…? Die neue (alte) Diskussion um den ...HSWEvaluationsinstrumente auch für die Arbeit der HSRlängst mit guten Belegen herausgestellt (vgl. Laske et al.2007). Wird vorausgesetzt, dass HSR und Präsidien alsManagement-Partner grundsätzlich in „gleicher Ligaspielen“, wird dies ohne ein verzahntes Contolling aufgleicher Augenhöhe kaum authentisch gelingen. Auchwill die HRK in ihrer Entschließung ein Instrument ein-geführt wissen, dessen bisheriges Fehlen mancherortsschon die Praxis einzelner Gremien erschwerte: die Ab-berufung einzelner Ratsmitglieder aus wichtigem Grund(S. 3). Nach Willen der HRK soll das Initiativrecht füreine solche vorzeitige „Absetzung“ den Hochschulen zu-gesprochen werden. Zuletzt haben sich auch die HSR selbst in einer gemein-samen Stellungnahme zur Weiterentwicklung ihrer Gre-mienstruktur geäußert. Ein entsprechendes Positionspa-pier vertritt die Stellungnahme von 40 Ratsvorsitzendenunterschiedlichster Hochschultypen der Bundesländer.Die Vorsitzenden (verbunden zu einem „Forum Hoch-schulräte“3) folgen im Tenor – ohne es zu sagen – wei-testgehend den Vorstellungen der HRK-Entschließung.Auch hier wird das strategische Hochschulmanagementals Kernkompetenz der Gremien beansprucht. Danebenwird die Kontrollfunktion der Räte gegenüber der Hoch-schule insgesamt exponiert. Rein beratende Gremienlehnt das Forum grundsätzlich ab, operative Kompeten-zen sollen ebenfalls nicht wahrgenommen werden.Zudem werden Dienstherrenfunktion und Rechtsauf-sicht in eigener Sache ausgeschlossen. Während die HRKeine Rechenschaftspflicht des HSR ausspart, wird sie vonden Vorsitzenden selbst verlangt. Die Gremien sollenbeispielsweise Zwischenbilanzen gegenüber Landesre-gierung oder Landtag vorlegen. Wird auch in diesem Po-sitionspapier das Verständnis für die akademische Kulturund das nötige Verständnis für die Hochschule bei derAuswahl der Kandidaten verlangt, sollen außerdem zu-mindest einzelne Hochschulratsmitglieder über längereFührungserfahrung bzw. solide Kenntnisse der Bilanz-kunde und Rechnungslegung verfügen (Forum Hoch-schulräte 2012, S. 3). Unkommentiert lassen beide Pa-piere die in einigen Ländern – fragwürdige und dochweithin akzeptierte – gesetzliche Praxis, aktive Politikerin HSR zu entsenden.Auch der Forderung nach vorzeitiger Abberufung vonRäten pflichten die Vorsitzenden bei (S. 2). Diese solleauf gleichem Wege geschehen wie bei regulärer Wahl.Wird zwar auf die Vorgesetztenrolle des HSR gegenüberdem Präsidium verzichtet, sollen jedoch individuelleZiel- und Leistungsvereinbarungen mit ihnen abge-schlossen werden (ablehnend vgl. kürzlich Meyer 2012,S. 203). Ausdrücklich sollen die Vertragsverhandlungenmit Präsidialkandidaten unter der Regie des HSR gesche-hen. Besonderes Gewicht legen die Vorsitzenden aufeine doppelte Legitimation der HSR durch Staat undHochschule (ebd.). Der Hochschule solle das Vorschlags-recht gehören, um eine hohe Identifikation und Passge-nauigkeit der Besetzung sicherzustellen (ebd.).

3 Hierbei handelt es sich um eine Austauschplattform, die vom Stifterver-band für die Deutsche Wissenschaft, der Heinz Nixdorf Stiftung sowie demCentrum für Hochschulentwicklung organisiert wird.

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5. Einordnung und Resümee

Insgesamt pointieren beide Papiere ähnlich technischeGestaltungsfragen. Sie rücken damit die Bedeutung derGremien offensiv in den Vordergrund. Die im Zuge ver-schiedener Landtagswahlen aufkommenden Gerüchteum mögliche Novellierungen der Gesetze über den HSR,mancherorts – je nach politischer Großwetterlage – kur-sierende Pläne zur Abschaffung oder Degradierung aufreine Beratungsfunktion, machen die Intention der – of-fensichtlich abgestimmten – Papiere gut nachvollzieh-bar. Die Landesregierung Baden-Württemberg beabsich-tigt eine Umwandlung der dort so genannten „Auf-sichtsräte“ in beratende Beiräte (vgl. GRÜNE/SPD 2011,S. 12). Daraufhin brachte eine Befragung der Wirt-schaftsverteter in den HSR des Landes das Votum, dassim Falle einer Umwandlung mehr als die Hälfte der Mit-glieder ihr Mandat niederlegen würden (IHK BaWü2012). Vor diesem Hintergrund nimmt es nicht Wunder,dass die Autoren vor allem die strategischen Domänender HSR besonders nachdrücklich forcieren. Nach wie vor unbearbeitet bleiben grundsätzliche Fra-gen der gesellschaftlichen Durchmischung des Gre -miums. Augenscheinlich soll in der Rhetorik der imRaum stehenden Forderungen keineswegs einem einzel-nen Bereich besondere Priorität eingeräumt werden. Sosehr sich die Papiere damit erkennbar gegen den Ver-dacht strukturellen Lobbyings in der Hochschulpolitikrichten, so sehr stimmt es, dass Überhänge ökonomischverorteter Gruppen eine merkliche Unterrepräsentanzanderer bedingen (vgl. Laske et al. 2007; Bogumil et. al.2007). Dieses Ungleichgewicht allein mit dem Gegenar-gument der Gefahr von Proporz-Bürokratie entkräftenzu wollen, kann jedoch nicht überzeugen. Unkommentiert lassen die Papiere die in einigen Bun-desländern fragwürdige Praxis, aktive Politiker in HSR zuentsenden. Wenn es richtig ist, dass HSR vor allem vonEinflüssen außerhalb ministerialbürokratischer Gremien-kultur profitieren sollen, wäre es nur konsequent, dieobligatorische Mitgliedschaft aktiver Landespolitikerund politischer Spitzenbeamter – und damit naheliegen-de Interessenkollision und Einwirkung auf die Hoch-schulautonomie – sichtbar zu vermeiden. Weiterhinskeptisch stimmen kann auch die Option der einseitigenAbwahl des Präsidiums durch den HSR, wie es die Rek-torenkonferenz in ihrer Stellungnahme empfiehlt. Istumgekehrt keine Instanz in der Lage, auch das Präsidi-um gegenüber dem HSR in Schutz zu nehmen, wird esso in „stürmischen Zeiten“ ein leichtes, „störend“ em -pfundene Hochschulleiter wieder zu entbinden. Be-kanntermaßen waren dafür in der Vergangenheit nichtimmer sachliche Gründe maßgeblich. Das Papier ver-zichtet auf ein Mitspracherecht zugunsten etwa des Se-nates. Eben diesen – der in der Debatte besondersharsch kritisiert wurde – hätten die Rektoren kluger-maßen an dieser Stelle einbinden können. Im Rekurs auf das Papier der HSR-Vorsitzenden hat derBielefelder Organisationssoziologe Kühl (2012, S. N5)jüngst auf die Kluft hingewiesen zwischen einerseits denrhetorischen Kompetenz-Ansprüchen der HSR und an-dererseits dessen tatsächlichen Leistungskapazitäten

und das begrenzte Systemwissen externer Ratsmitglie-der. Nach Kühl profitierten von der Installation der HSRvor allem die Rektorate und Präsidien, deren Macht alsorganisationale Schaltzentrale gegenüber allen Gremiennur zusätzlich gestärkt worden sei. Daher ließe sich beiden HSR keineswegs Über- sondern „Unterwachung“beobachten: Je beschäftigter die Hochschulräte sind,desto besser lassen sie sich von unten steuern. Insofernwürden effektive Hochschulräte aus Personen bestehenmüssen, die Universitäten gut kennen und Zeit haben(ebd.). Die Diskussion zeigt deutlich, von einem abschließen-den Typus des Gremiums HSR, geschweige denn seiner„familiären Integration“ in die Organisationslogik derdeutschen Hochschulen kann noch nicht die Rede sein.Erkennbar stark ist das Bedürfnis nach deutlicher Stan-dardisierung und Abbau heterogener Sonderwege derLänder auf Seiten der Gestalter und Macher dieses Gre-miums. Nachvollziehbar ist insbesondere, dass die Auto-nomie der Hochschulen dauerhaft nicht ohne Planungs-sicherheit durch die Landespolitiken erhalten werdenkann. Ein Hochschulmanagement, dass damit kalkulie-ren muss, seine internen Steuerungs- und Kontrollzu-ständigkeiten den jeweiligen politischen Stimmungsla-gen „alle (Wahl)jahre wieder“ anpassen zu müssen, kannseine Wettbewerbs- und Innovationspotenziale fürLehre und Forschung nicht unbehindert entfalten. So sehr daher für eine angemessene Weiterentwicklungder HSR die angesprochenen Reformvorhaben eine ak-tualisierte, sachliche Diskussions- und Handlungsbasisbieten, so sehr sollten auch architektonische „Schwach-stellen“ des Gremiums deutlicher angegangen werden.Beispielsweise die Frage einer ausgewogener gestaltetenBesetzung der Gremien, die Formalisierung einer Re-chenschaftspflicht oder die Einführung wirksamer In-strumente zur personellen Sanktionierung aus wichti-gem Grund in allen Ländern (zum Konnex von Autono-mie und Revision vgl. Schlegel bereits 2000, S. 528) sindeinige konkrete und drängende „Baustellen“ für die po-litische Agenda. An nicht nur gut gemeinten sondernebenso gut begründeten Vorschlägen mangelt es jeden-falls nicht. Die neuerlichen Papiere bieten den Ländernpassende Gelegenheit, ihre Strukturen auf den Prüf-stand zu stellen und nach unterschiedlichem Bedarf kri-tisch auszubessern.

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„Nationale Grenzen zu überschreiten, gehört traditio-nell zum Alltag der Universitäten. In vielen Disziplinenist das Wissen universell, und weltweite Suche nachneuer Erkenntnis gehört dazu.“ (Teichler 2007, S. 9).Die Internationalisierung von Hochschulen erstrecktsich aber nicht nur auf die Forschung, sondern auch aufdie Lehre. Dies kann beispielsweise durch gemeinsameinternationale Studienprogramme erfolgen (zur Interna-tionalisierung der Studienangebote vgl. die Vorschlägein Webler 2002, S. 21f). Wir möchten an dieser Stelledafür plädieren, auch ohne die Einbindung in ein inter-nationales Studienprogramm die Internationalisierungvon Lehre voranzubringen, und zwar durch sog. inter-nationale Kooperationsseminare. Diese zeichnen sichdadurch aus, dass Studierende von mindestens zweiHochschulen in mindestens zwei Ländern mittels mo-derner Informa tions- und Kommunikationstechnologiegemeinsam arbeiten. Bei dieser gemeinsamen Arbeithandelt es sich idealerweise um eine Projektaufgabe,um zu ermöglichen, dass die Studierenden nicht nur ne-beneinander, sondern auch miteinander arbeiten. ImFolgenden zeigen wir zunächst anhand von zwei Bei-spielen aus dem Bereich Schulpädagogik/Fremdspra-chendidaktik, wie die Struktur eines solchen Koopera -tionsseminars aussehen kann. Anschließend gehen wirauf hochschuldidaktische Potenziale ein und behandelnmögliche Fallstricke, die bei der Seminarplanung be-dacht werden sollten.

1. Beispiele internationaler Kooperationsseminare

Die am einfachsten durchzuführende Art eines interna-tionalen Kooperationsseminars besteht aus der Zusam-menarbeit von zwei Hochschulen (bilaterales Koopera -

tionsseminar). Dabei kann das Seminar beispielsweisederart gestaltet werden, dass die beteiligten Lehrendengemeinsam ein Seminar an beiden Hochschulstandortenplanen, durchführen und evaluieren, das aus einemtheoretischen sowie einem praktischen Teil besteht. Imtheoretischen Teil werden grundlegende Seminarinhalteerarbeitet. Dies kann entweder an beiden Hochschulenin der Lingua Franca Englisch bzw. einer anderen ge-meinsamen Sprache oder jeweils in der Landesspracheerfolgen. Im praktischen Teil geht es um die Vertiefungder Seminarinhalte durch eine den Seminarzielen ange-passte Projektaufgabe, die die Studierenden beiderHochschulen gemeinsam bearbeiten. Hierzu kommuni-zieren die Studierenden in einer gemeinsamen Sprache(z.B. Englisch), und zwar mittels elektronischer Medienwie bspw. E-Mail, Lernplattformen oder Skype. Bei den folgenden Beispielen handelt es sich um zwei in-ternationale Kooperationsseminare des Instituts fürSchulpädagogik der Philips-Universität Marburg(Deutsch land) und des Instituts für Angewandte Lingui-stik der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan (Polen). InMarburg werden Studierende für das Lehramt an Gym-nasien ausgebildet, wobei das Institut für Schulpädago-gik für die Planung, Organisation, Durchführung undEvaluation des Erziehungs- und Gesellschaftlichen Stu -diums verantwortlich ist. In Poznan werden ausgebildet:Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer für alle Schulty-pen und Lernstufen, Übersetzer und Konsekutivdolmet-scher für Deutsch und Polnisch sowie Spezialisten für in-terkulturelle Kommunikation und Mediation in europäi-schen Institutionen und Organisationen, in Verlagen,Medien sowie im Tourismus (zu einer ausführlicherenBeschreibung der Studierenden beider Institute vgl.Adamczak-Krysztofowicz/Stork 2010, S. 279-282). Dadie Sprachausbildung im Deutschen einen wichtigen

The internationalisation of higher education is universally called for. On an abstract level, there is a lot of consen-sus, with disparate interests coming together well. Its realisation in the everyday life of teaching and is much moredifficult. In this situation, Antje Stork & Sylwia Adamczak-Krysztofowicz promote a promising model with syn-chronized seminars in two or more countries in their article: International Cooperation Seminars - a Plea, which –even though it originated in human sciences – can in principle be transferred to a variety of degree courses.

Antje Stork & Sylwia Adamczak-Krysztofowicz

Internationale Kooperationsseminare – ein Plädoyer

Sylwia Adamczak-Krysztofowicz Antje Stork

HSWAnregungen fü r d i e P rax i s /E r f ah rungsbe r i ch te

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A. Stork & S. Adamczak-Krysztofowicz n Internationale Kooperationsseminare – ...HSWStellenwert in Poznan einnimmt, diente das Deutsche inden beiden internationalen Kooperationsseminaren alsgemeinsame Kommunikationssprache.

1.1 Seminar „Podcasts nutzen und produzieren für denFremdsprachenunterricht“Im Wintersemester 2010/2011 wurde das Seminar„Pod casts nutzen und produzieren für den Fremdspra-chenunterricht“ an den Hochschulen in Marburg undPoznan angeboten, wobei am Seminar in Marburg Lehr-amtsstudierende für die Fächer Englisch, Französisch undSpanisch sowie Deutsch als Fremdsprache-Studierendeteilnahmen; in Poznan richtete sich das Seminar anzukünftige Deutschlehrende im 5. Studienjahr (vgl. imFolgenden auch Adamczak-Krysztofowicz/Stork imDruck). Im theoretischen Teil des internationalen Koope-rationsseminars erwarben die Studierenden an ihrem je-weiligen Studienort die notwendigen fremdsprachendi-daktischen und technischen Kenntnisse und Fertigkeitenin Bezug auf Podcasts (zur Nutzung undProduktion sowie zum didaktischen Poten-tial von Podcasts im Fremdsprachenunter-richt vgl. exemplarisch Horn/Fiene 2007,Bühler 2008, Kluckhohn 2009, Schreiber2010, Waragai/Ohta/Raindl 2010, Del Car-men Calero Ramirez 2011, Schmidt-Bern-hardt/Stork/Adamczak-Krysztofowicz/Rybszleger 2011, Kap. 6 und 7 sowie Stork2012). Dies umfasst u.a. thematischeAspekte wie Hörverstehensprozesse, Hör-stile, Schwierigkeiten beim Hörverstehen,Auswahl von Hörtexten, Produktion vonHörtexten, Erstellung von Übungsmaterialien sowie kriti-sche Analyse von Unterrichtsmaterialien. Im praktischenTeil arbeiteten die Studierenden beider Universitätendann in gemischten Gruppen an einer Projektaufgabe.Diese bestand in der Planung einer Unterrichtseinheit(inklusive der Formulierung von Lernzielen und didak-tisch-methodischer Begründungen) für den praktischenDeutschunterricht im 1. bis 3. Stu dienjahr am Institut fürAngewandte Linguistik der Adam-Mickiewicz-Univer-sität Poznan. In Absprache mit der Seminarleitung wur-den die Themen der zu erstellenden Unterrichtseinhei-ten von den Studierenden in Poz nan ausgewählt, so dassGruppen mit jeweils zwei bis drei polnischen Studieren-den entstanden. Anschließend ordneten sich jeweils einbis zwei Studierende aus Marburg den thematischenGruppen zu. Auf diese Weise bildeten sich Gruppen zuvier bis fünf Studierenden (aus Poznan und Marburg). Beididaktisch-methodischen Fragen standen ihnen die Se-minarleiterinnen sowie bei technischen Fragen eine stu-dentische Hilfskraft zur Verfügung. Begleitend zum Seminar wurde auf der LernplattformILIAS, die an der Philipps-Universität Marburg genutztwird, ein Kurs eingerichtet, der vom dortigen Hoch-schulrechenzentrum für die Studierenden und die Semi-narleiterin aus Poznan geöffnet wurde. Auf der Lern-plattform (zu den verschiedenen Funktionen von Lern-plattformen vgl. Schulmeister 2005, S. 10) wurden fol-gende Objekte den Marburger und Poznaner Seminar-teilnehmern zur Verfügung gestellt: Elektronischer Se-mesterapparat mit Fachtexten, Umfragen zu Erwartun-

gen (zu Beginn) und zur Einschätzung des Seminars (amEnde), Forum: Pinnwand (Ankündigungen, aktuelle In-formationen zum Seminar, Diskussionen), Ordner: Sit-zungen (Materialien und Informationen zu den einzel-nen Sitzungen des Seminars in Form von Powerpoint-Präsentationen und Arbeitsblättern), Ordner: Organisa-torisches (z.B. Seminarplan, Hinweise zum Leistungs-nachweis), Linksammlung: Links zu Podcasts, die fürPoznaner DaF-Lernende geeignet sind, Ordner: Unter-richtsplanungen und Materialien (von den Studierendenhochgeladen). Außerdem erhielten alle Studierendendas Recht, eine eigene Gruppe anzulegen, und zwar ent-weder als öffentliche Gruppe (für Nicht-Mitglieder sicht-bar) oder als geschlossene Gruppe (für Nicht-Mitgliederunsichtbar). Einsicht in die Gruppen hatten nur die je-weiligen Gruppenmitglieder, nicht aber die Seminarlei-tung. Die Studierenden konnten dort u.a. Ordner, Datei-en, Weblinks, Foren oder einen Chat erstellen.

1.2 Seminar „Theorie und Praxis einer interkulturellenBegegnungsdidaktik für Fremdsprachenlehrende“Im Sommersemester 2011 und im Sommersemester2012 wurde das Seminar „Theorie und Praxis einer inter-kulturellen Begegnungsdidaktik für Fremdsprachenleh-rende“ am Institut für Schulpädagogik der Philipps-Uni-versität Marburg für Fremdsprachenlehramtsstudierendeangeboten. An dem Partnerinstitut der Adam-Mickie-wicz-Universität Poznan wurde gleichzeitig ein parallelangelegtes Seminar „Ausgewählte Aspekte der interkul-turellen Glottopädagogik mit dem Schwerpunkt: Inter-kulturelle Begegnungsdidaktik für Fremdsprachenstu-dierende“ durchgeführt, das sich als fakultative Lehrver-anstaltung an polnische DaF-Studierende im 2. bis 5.Studienjahr richtete und gleiche Ziele und Inhalte sowieeinen gleichen Aufbau wie das Marburger Seminarhatte. Im Rahmen der internationalen Kooperationslehr-veranstaltung sollten Grundzüge einer interkulturellenBegegnungsdidaktik erarbeitet und Konzepte für eigenezukünftige Austauschprogramme der Seminarteilneh-menden erstellt werden. Das Hauptziel war es, die Stu-dierenden zu befähigen, als Lehrerinnen und Lehrer anallen Schultypen selbst Begegnungsprojekte zwischenpolnischen und deutschen Schülerinnen und Schülern zuinitiieren und durchzuführen und somit die interkultu-relle Zusammenarbeit (medial vermittelt) praktisch zuerproben. In diesem Zusammenhang wurden folgendethematische Schwerpunkte im theoretischen Teil des Se-minars genauer behandelt: zentrale Begriffe interkultu-rellen Lernens und interkultureller Begegnungsdidaktik,

Abbildung 1: Struktur eines internationalen Kooperationsseminars zurNutzung und Produktion von Podcasts

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Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte HSWFormen sowie Arten von Schülerbegegnungen (vgl. hier-zu exemplarisch Grau/Biechele/ Müller-Hartmann 2003,Müller-Hartmann/Grau 2004 und Kraus 2007), Pro-jektmanagement bei der Organisation von internationa-len Begegnungen in Schule, Medien und Kommunika -tion bei der Organisation von internationalen Begeg-nungen für Schule, Praxis von Schülerbegegnungen(rechtliche Grundlagen, Phasen von Begegnungsprojek-ten, vgl. hierzu z.B. Leiprecht/Winkelmann 2003 undBöinig 2007), Auswertung bereits durchgeführter Bei-spielbegegnungen (vgl. z.B. Schulze 2010), Besprechungvon Begegnungsstätten in Großpolen und in Hessensowie Übersicht über nützliche Links, Bücher, Kontakteund Organisationen, die die Lehrenden bei der Organi-sation von internationalen Begegnungswochen unter-stützen können.Im praktischen Teil arbeiteten die Studierenden beiderPartneruniversitäten in gemischten Kleingruppen (dreibis vier Marburger Studierende und zwei Poznaner Stu-dierende) via synchrone und asynchrone elektronischeMedien (wie E-Mails, Skype, Facebook, zu ihrer Begriff-lichkeit und Charakteristik vgl. Rösler 2007, S. 49f) aneiner Seminaraufgabe. Diese bestand darin, gemeinsamein ausführliches Programm für eine (fiktive) internatio-nale 5- bis 7-tägige Begegnungswoche (Klassenfahrt)zwischen Schülerinnen und Schülern einer polnischenund einer deutschen Schulklasse zu erstellen.Als Kommunikationsmedium stand ähnlich wie im Falledes bereits beschriebenen Kooperationsseminars zurNutzung und Produktion von Podcasts auch die Lern-plattform „ILIAS“ der Philipps-Universität Marburg zurVerfügung, zu der alle beteiligten Studierenden beiderUniversitäten Zugang erhielten. Die Seminarleiterinnenhatten dort für jede Kleingruppe einen eigenen Grup-penordner eingerichtet, der nur für die jeweiligen Mit-glieder sowie die Seminarleitung einsehbar war. Es han-delte sich dabei um ein Angebot, das genutzt werdenkonnte, aber nicht musste. Es war möglich, dort Dateieneinzustellen oder ein Gruppenforum (Online-Forum)einzurichten, in dem die Mitglieder schriftlich miteinan-der zu selbst gewählten Themen kommunizieren konn-ten. Durch die Online-Kooperation mit Seminarteilneh-menden auf beiden Seiten sollten verschiedene Perspek-tiven aufgezeigt und die länderübergreifende Zusam-menarbeit unter Nutzung digitaler Medien demonstriertwerden.

2. Hochschuldidaktische Potenziale

Im Anschluss an die zusammenfassende Darstellungzweier Beispiele für internationale Kooperationssemina-re möchten wir nun die hochschuldidaktischen Poten-ziale aufzeigen. Internationale Kooperationsseminarebieten im Vergleich zu traditionellen Seminaren, indenen Studierende einer Hochschule gemeinsam arbei-ten, mehrere mögliche hochschuldidaktische Vorteile:

a.) Virtuelle MobilitätStudierende können von ihrer Heimatuniversität aus mitHilfe von Informations- und Kommunikationstechnolo-gien grenzüberschreitend mit Studierenden einer ande-ren Universität in Kontakt treten und von und miteinan-der lernen. Somit ergänzt die virtuelle Mobilität die phy-sikalische Mobilität der Studierenden.

b.) Förderung der KooperationsfähigkeitKooperationsfähigkeit, eine wichtige Schlüsselkompe-tenz aller Studierenden, wird durch die produktorien-tierte Zusammenarbeit gefördert. Die Kooperation mitHilfe von Informations- und Kommunikationstechnolo-gien ist dabei besonders anspruchsvoll, da die Studie-renden – anders als bei direkten Formen der Zusammen-arbeit – einander nicht kennen und häufig schriftlich(z.B. per E-Mail) kommunizieren. Hierbei ist es oftmalserforderlich, explizit die Prozesse der Zusammenarbeitzu benennen und miteinander auszuhandeln. Zudemwerden die Studierenden im Sinne der Forderung vonWebler (2002:19) auf die „spezifischen Anforderungeneiner (nicht nur Kommunikation, sondern:) Koopera -tion“ mit Personen außerhalb Deutschlands vorbereitet.

c.) Förderung der interkulturellen KompetenzInterkulturelle Kompetenz kann durch die Auseinander-setzung der Studierenden mit einer fremden Perspektiveund durch (medial vermittelten oder direkten) Kontaktgefördert werden (zur großen Relevanz von interkultu-rellem Lernen im Hochschulbereich vgl. Queis 2002).Dies ist allerdings nicht automatisch der Fall, „da Inter-aktion immer zwischen Menschen mit ihren individuel-len Persönlichkeiten, Erfahrungen und Rollen und nichtzwischen modellhaften Vertreter/innen einer bestimm-ten Kultur stattfindet“ (Mehlhorn 2010:13). Zudem zei-gen Forschungen aus den Bereichen Schüleraustausch

und Jugendbegegnungen, dass interkultu-relles Lernen „als vielschichtiger, längerfri-stiger und von vielen Faktoren abhängigerProzess, der zudem in den meisten Fällenungenau definiert ist, (…) sowohl für dieForschung als auch die Praxis schwierig zuoperationalisieren und damit auch zu eva-luieren“ (Grau 2010, S. 314) ist (vgl. hierzuauch Boullay/Kiefer/Schneider 1995).

d.) Förderung der MedienkompetenzDurch die Nutzung von Informations- undKommunikationstechnologien wird dieMe dienkompetenz der Studierenden ge-fördert. Falls anspruchsvolle Anwendun-

Abbildung 2: Struktur eines internationalen Kooperationsseminars imBereich interkultureller Begegnungsdidaktik

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A. Stork & S. Adamczak-Krysztofowicz n Internationale Kooperationsseminare – ...HSWgen einbezogen werden, sollte den Studierenden eineentsprechende technische Beratung und/oder Unter-stützung angeboten werden.

e.) Stärkung internationaler wissenschaftlicher Bezie-hungenDurch die gemeinsame Gestaltung und Durchführungvon Kooperationsseminaren können die internationalenwissenschaftlichen Beziehungen zwischen Instituten undden Lehrenden gestärkt werden, was wiederum derLehre zu Gute kommt.

3. Mögliche FallstrickeWie gesehen gehen wir davon aus, dass internationaleKooperationsseminare viele hochschuldidaktische Vor-teile mit sich bringen können. Es gibt allerdings auch ei-nige Fallstricke, die bei der Planung bedacht werdensollte, um die Potenziale nicht im Keim zu ersticken.

a.) RahmenbedingungenProbleme bei erfolgreichen internationalen Zusammen-arbeit können unterschiedliche Rahmenbedingungen(wie abweichende Semesterzeiten, anderes Benotungs-system, ungleiche Voraussetzungen für den Leistungs-nachweis) bereiten, die mit unterschiedlichen Studien-programmen beider Partneruniversitäten eng zusam-menhängen und andere Motiviertheit bzw. ungleichesEngagement der Studierenden mit sich bringen. Dahersollte in der Vorbereitungsphase genau überlegt wer-den, wie man ähnliche Anforderungen für den Leis -tungsnachweis formulieren sowie die Praxis- und dieTheoriephase des geplanten Kooperationsseminars aufeiner Seite verlängern, verkürzen oder zum Teil mitein-ander kombinieren kann, so dass Unterschiede in denRahmenbedingungen den Kooperationsverlauf nicht be-einträchtigen.

b.) SpracheDie gegenseitige Verständigung ist nur dann möglich,wenn beide Seiten in einer gemeinsamen Sprache kom-munizieren können. Für die Projektteilnehmenden mitder Fremdsprache als Kommunikationssprache (in unse-rem Falle Poznaner Studierende, die Deutsch auf dem Ni-veau B1-B2 beherrscht haben) kann es manchmal äußerstschwierig sein, sich mit muttersprachlichen Handlungs-mustern und Diskurskompetenzen (z.B. beim Diskutierenund Überzeugen unter Nutzung digitaler Medien) aus-einanderzusetzen. Daher sollten alle Projektteilnehme-rInnen nicht nur in der Anfangsphase, sondern auch imLaufe des Arbeitsprozesses immer wieder für möglicheAsymmetrien auf sprachlicher Ebene sensibilisiert wer-den. Die Mitglieder der Gruppe, für die die Kommunika-tionssprache die Muttersprache ist, sollten zur Geduldund Offenheit gegenüber der sprachlichen Unzulänglich-keiten ihrer ausländischen PartnerInnen ermuntert unddie Nicht-MuttersprachlerInnen zum mutigen Äußernaller Ideen und Gedanken (trotz sprachlicher Befürchtun-gen) angeregt werden. Sprachliche Asymmetrien könn-ten aber auch durch die Nutzung einer für beide Seitenfremden Sprache als Kommunikationssprache (z.B. Eng-lisch als Lingua Franca) aus dem Weg geräumt werden.

c.) GruppengrößenAuch Organisationsschwierigkeiten wie unterschiedlicheöder Seminargruppen in den beteiligten Hochschulenkönnen sich im Verlauf des Kooperationsseminars zueinem Fallstrick entwickeln. Große Gruppen auf einerund kleine Gruppen auf der anderen Seite können bei-spielsweise negativ die Arbeitsstimmung beeinflussen,Integrationsprozesse beeinträchtigen oder eine unglei-che Teilung von Pflichten bewirken. Aus diesem Grundesollten die Teilnehmerzahlen auf jeder Seite bei der Pla-nung der Kooperation von den Seminarleitenden abge-sprochen werden.

d.) Mangelnde AbsprachenEine große Hürde in einer internationalen Kooperationkönnen des Weiteren mangelnde Absprachen sowohlzwischen den Seminarleitenden als auch zwischen denSeminarteilnehmenden sein, die sich beispielsweise aufverschiedene Erwartungen hinsichtlich der Zusammen-arbeit in den Gruppen (z.B. Häufigkeit des E-Mail-Kon-takts) sowie abweichende Vorstellungen des Endpro-dukts beziehen können. Hier kommt es darauf an, Er-wartungen und Vorstellungen explizit zu machen undzur Diskussion zu stellen.

e.) Probleme mit wenig bekannten Medien Die internationale Zusammenarbeit kann schließlichauch durch Schwierigkeiten im Umgang mit anspruchs-vollen Medien beeinträchtigt werden. Bei der Planungeiner internationalen Kooperation sollte daher nichtübersehen werden, dass sich die Projektteilnehmenden,für die beispielsweise die Lernplattform der Partneruni-versität eine Neuigkeit und zugleich Herausforderungdarstellt, teilweise bei der Kommunikation über solcheine komplexe und fremde Lernumgebung überfordertfühlen können. Andererseits kann eine schrittweisetechnische Beratung und Unterstützung der Seminarlei-tenden sowie die Diskussion der spezifischen Funktio-nen und Vor- und Nachteile neuer Kommunikations-technologien Probleme mit wenig bekannten Medienminimieren.

4. AusblickDa die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Zugevielfältiger Internationalisierungs- und Einigungsprozes-se innerhalb Europas, der globalen Vernetzung im beruf-lichen Bereich sowie internationaler Mobilität in Bil-dung, Arbeit und Wirtschaft immer größere Bedeutungerhält, sollte Studierenden in allen Fächern ermöglichtwerden, im Rahmen ihres Studiums an anspruchsvollenProdukten gemeinsam mit ausländischen Partnerinnenund Partnern zu arbeiten (wobei nicht außer Acht gelas-sen werden soll, dass die beteiligten Studierendengrup-pen durch Migration und Austauschstudium in sich be-reits internationalisiert sein können (vgl. Gogolin/Krü-ger-Potratz 2010, S. 74f). Besonders geeignet dafür sindverschiedene Austauschprogramme und Studienreisen,in denen sowohl Studierende als auch Lehrende unter-schiedlicher Länder (z.B. Polen und Deutschland) vongrenzüberschreitenden direkten Begegnungen profitie-

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Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte HSWren können. Ein solcher Austausch kann aber auch virtu-ell via elektronische Medien realisiert werden, so dasssich vielfältige Internationalisierungsprozesse in den re-gulären Hochschulbetrieb ohne großen zusätzlichenKos ten- und Zeitaufwand integrieren lassen. Die über-wiegende Mehrheit der Studierenden unserer medialgestützten Kooperationsseminare hielt in Evaluationenmittels Fragebögen die Durchführung weiterer Koope-rationsseminare in der Zukunft für eine sinnvolle Berei-cherung des Universitätsalltags. Dabei begründeten sieihre positiven Stimmen mit großem Interesse an inter-kulturellem Lernen und interkultureller Kommunikation,mit der Möglichkeit internationaler Bekanntschaftenund neuer Erfahrungen sowie mit interessanten Ein-blicken in andere Arbeitsweisen und Unterrichtsformen(vgl. hierzu die Diskussion von Ergebnissen der Fragebo-generhebung bei Adamczak-Krysztofowicz/Stork imDruck). Wir halten es daher für äußerst wichtig, den Stu-dierenden in allen Fächern medial gestützte Koopera -tionsseminare anzubieten, weil sie sich zum einem ohnezeitaufwändige und kostspielige Vorbereitungen in dasStudienprogramm jeder universitären Studienrichtungintegrieren lassen und zum anderen grenzüberschreiten-de Einblicke und Erfahrungen ermöglichen und einenwichtigen Beitrag zur Internationalisierung des Studiumsleisten.

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n Dr. Antje Stork, Wissenschaftliche Mitarbei-terin, Institut für Schulpädagogik, Philipps-Uni-versität Marburg, E-Mail: [email protected] Dr. Sylwia Adamczak-Krysztofowicz, Leiterindes Lehrstuhls für Interkulturelle Glot-topädagogik, Institut für Angewandte Linguis -tik, Adam-Mickiewicz-Universität in Poznan,E-Mail: [email protected]

im Verlagsprogramm erhältlich:

Wim Görts (Hg.): Projektveranstaltungen - und wie man sie richtig machtISBN 3-937026-60-6, Bielefeld 2009, 138 Seiten, 19.80 Euro

Bestellung - Fax: 0521/ 923 610-22, E-Mail: [email protected]

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B. Reusch & Ph. Dreps n Die Reading Week der Universität BielefeldHSW

Die Fakultät für Erziehungswissenschaft an der Univer-sität Bielefeld hat im Sommersemester 2011 erstmaligeine Reading Week (RW) veranstaltet. Die Implementie-rung dieses neuen Lernformates an zunächst einer Fa-kultät dient der Universitätsleitung als wissenschaftlichbegleitete Pilotstudie, um die Erfahrungen bei einerzukünftigen Ausdehnung des Formates auf die anderenFakultäten nutzbar zu machen. Aber was ist eigentlicheine Reading Week und warum erscheint es als notwen-dig, eine ganze Semesterwoche unter den Banner desLesens zu stellen, wo doch davon auszugehen ist, dassLektüre von je her eine Grundkategorie des Studierensper se darstellt? Sucht man das offene Gespräch mitheutigen Studierenden, wird deutlich, dass durch dieoutputorientierte Bolognareform zwei Faktoren aufein-andertreffen, die das möglichst autonome Studium (deman der ‚Reformuniversität‘ Bielefeld schon immer einebesondere Bedeutung beigemessen wurde) erschweren:Ein erhöhtes Prüfungspensum und eine starke Vorstruk-turierung der Studieninhalte. Es ist daher davon auszu-gehen, dass Studierende täglich ein durch die jeweiligenSeminare fremdbestimmtes und hohes Lesepensum zumeistern haben, das wenig Raum bietet für interessens-fokussierte Lektüre. Der alleinige Blick auf die Statusgruppe der Studieren-den wäre jedoch verkürzt und würde missachten, dassdie beiden genannten Faktoren nicht nur das Studieren,sondern ebenso die Lehre belasten. Leistungen wollenschließlich geprüft werden und stark zielorientierte Stu-dieninhalte machen auch vor den wohlmöglich breitge-fächerten Expertisen der Lehrenden nicht halt. Die Rea-ding Week – als Gegengewicht zur verschulten Univer-sität – dient demnach nicht nur den Studierenden als einInstrument für ein liberaleres Selbststudium, sondernkommt im gleichen Maße auch den Lehrenden zu Gute.

Beide Statusgruppen – die Studierenden und die Leh-renden – müssen daher ihren Platz in dem Konzept einerReading Week erhalten, wie sie im Folgenden skizziertwerden soll. Anschließend werden Vorgehensweise undErgebnisse der begleitenden Evaluation vorgestellt unddiskutiert.

1. Konzept Wesentliches Merkmal der Reading Week 2011 ist eszunächst, dass während dieses Zeitraumes keine Semi-nare und Vorlesungen, aber auch keine Gremien stattge-funden haben, sodass für Studierende und Lehrendegleichermaßen Freiräume geschaffen wurden. Das soentstandene Zeitkontingent konnte ganz individuell zurintrinsisch motivierten Vertiefung thematischer Interes-sensschwerpunkte oder zur Erarbeitung studienrelevan-ter Inhalte genutzt werden (vgl. Universität Bielefeld2011, S. 1). Damit wird neben dem Ziel, das eigenmoti-vierte Selbststudium zu fördern, eine weitere Intentionder Reading Week erkennbar: Möglichkeiten für ein in-dividuelles Stressmanagement zu schaffen (vgl. ebd., S.1). Als Entschleunigungsinstrument kommt die ReadingWeek somit vor allem denjenigen Studierenden gelegen,die durch Stoffmenge und Vermittlungsgeschwindigkeitinnerhalb ihres Studiums unter zeitlichen Druck geraten.Vor allem diese Subgruppe hat während der ReadingWeek die Möglichkeit, wieder Anschluss zu findenund/oder im Semester kurz innezuhalten, um Kraftreser-ven für das weitere Studium aufzutanken.Als weiteres Merkmal der Reading Week ist ihre offeneGestalt zu nennen, „d.h. die Ausgestaltung der Elemen-te, die Erweiterung des Angebotes etc. liegen in derHand der Dozent/innen und Studierenden, die verhan-deln, wie IHRE RW [Herv. im Original] realisiert werden

By the introduction and implementation of a “Reading Week” the University of Bielefeld underpins her concep-tual emphasis on the self-study of her students. This “Reading Week”, realized between June 14 and 17, 2011, hasbeen conceived and accompanied by science as a pilot project among the faculty of educational science. The cur-rent article outlines the conceptual bases and presents the most important results of the evaluation concerningthe students’ shaping of the named week.

Benedikt Reusch & Philipp Dreps

Die Reading Week der Universität Bielefeld

Philipp DrepsBenedikt Reusch

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Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte HSWsoll“ (ebd., S. 1). Die hier vom Organisationsteam the-matisierten Elemente werden als drei Bausteine be-schrieben, von denen der erste Baustein „Selbststudi-um“ obligatorisch ist. Die beiden weiteren Bausteinesind als ergänzendes Angebot zu bezeichnen und kön-nen in Zukunft jährlich den aktuellen Bedürfnissen ent-sprechend angepasst und erweitert werden (ebd., S. 2)

Baustein I: „Selbststudium“Hauptargument für die Implementierung einer ReadingWeek ist es, das Selbststudium zu fördern. Daher wirddiesem Anliegen auch der wichtigste Baustein gewid-met. Definitorisch betrachtet geht der Begriff ‚Selbststu-dium‘ über das eigenmotivierte Lesen von fachlicherLektüre hinaus und wird somit eingestehender Weiseauch nicht mehr gänzlich durch den Begriff der ReadingWeek erfasst. Denn Selbststudium impliziert neben derreinen Lektüre auch das „eigenständige Erlernen einzel-ner Studieninhalte“ (Trisl 2010, S. 3). Dass diese Stu -dien inhalte dabei auch curricularer Art seien können,beschreibt ein Online-Lexikon für Studierende. Dortheißt es, dass auch die Vor- und Nachbereitung vonLehrveranstaltungen sowie das Lernen für PrüfungenTeil des Selbststudiums seien (vgl. Behmel 2005). Somitist z.B auch das Auswendiglernen von Vorlesungsfolienals Vorbereitung auf eine Anatomieprüfung legitimerTeil dieses Bausteins. Dieser ist schon deshalb nicht wei-ter ausdifferenziert, um intrinsische Impulse nicht durchexterne Vorgaben zu behindern und somit das Ziel, neueMotivationsstrukturen aufzubauen, zu verfehlen (vgl.Universität Bielefeld 2011, S. 1). Durch eine ‚Best-of-Liste‘, die erziehungswissenschaftliche Literaturempfeh-lungen einiger Dozent/innen enthält, wurde jedoch eingezielter Impuls gesetzt, um die Studierenden zumLesen außercurricularer Fachliteratur zu motivieren;darin aufgeführt unter anderem „Erziehung nach Au -schwitz“ von Theodor W. Adorno.

Baustein II: „Innovative Lehr-Lernformate“Während das Selbststudium in Baustein I sich im Grundeselbst genügt, wird mit diesem Baustein ergänzend undunterstützend ein dezentes Rahmenprogramm angebo-ten, um das Selbststudium fakultativ zu begleiten. DerBaustein II dient dazu, das Gelernte und Erfahrene zustrukturieren und zu reflektieren, um für eine „nachhal-tige Organisation von Wissen“ zu sorgen (vgl. ebd., S.2). Dieses Element wurde deshalb den innovativen Lehr-und Lernmethoden gewidmet. Exemplarisch genannt,

bot das Projekt ‚Peer Learning‘ der Abteilung „Lehren &Lernen“ der Universität Bielefeld z.B. einen Workshopan, in dem die Studierende eine neue Methode (‚peerfacilitated learning‘) erlernen konnten, die dazu geeig-net ist, Texte in Gruppen zu lesen und zielführend zu be-arbeiten.

Baustein III: „Öffnung der EW“Dieser Baustein des Konzeptes fördert aktuelle Diskurse,die von fachwissenschaftlichem oder politischem Inte -resse sind (ebd., S. 2). Fokussiert wurden aus gegebenenAnlass vor allem zwei Bereiche: Auf der einen Seite soll-te die Internationalisierung des erziehungswissenschaft-lichen Studiums ein Schwerpunkt werden, da sich diesefür den Fachmaster in Erprobung befindet. Zum anderensollte das in der Öffentlichkeit aufkommende Themanach der ‚richtigen Erziehung‘, welches durch den Best-seller der als ‚Tigermutter‘ bekannt gewordenen AmyChua auf die mediale Agenda kam, fachwissenschaftlichdebattiert werden. Darüber hinaus konnten sich durchdie Offenheit des Konzeptes auch weitere Diskussions-foren im Rahmen dieses Bausteins entwickeln. So orga-nisierten Studierende der Fakultät z.B. eine Filmschaumit anschließender Diskussionsrunde. Gezeigt wurdeGünther Wallraffs investigative Reportage „Schwarz aufWeiß – Eine Reise durch Deutschland“. In einer sehr leb-haften und kontroversen Diskussion wurden sowohlMethode als auch Ergebnis der Reportage wissenschaft-lich beleuchtet.

Um zu überprüfen, wie die Statusgruppe der Studieren-den den offenen Rahmen des skizzierten Konzeptes an-genommen und aktiv mitgestaltet hat, wurde das Pilot-projekt für diese Gruppe evaluiert. Die methodischeVorgehensweise dieser Evaluation wird im Folgendenskizziert werden.

2. MethodeUm möglichst viele Studierende der Fakultät zeitnah imAnschluss an die Lesewoche zu erreichen, entschiedman sich für eine mit Unipark gestaltete online-Umfra-ge. Diese wurde über den entsprechenden E-Mail-Ver-teiler der Fakultät den Studierenden der Erziehungswis-senschaft zugestellt. In zwei Evaluationswellen konnteso eine für die Größenordnung der Grundgesamtheitausreichende Stichprobe (n=340) mit einer genügendenAusschöpfungsquote (10,8%) erzielt werden (vgl. Diaz-Bone 2006, S. 131). Zur Generierung sinnvoller Itemswurde im Vorfeld ein leitfadengestütztes Gruppeninter-view mit dem Organisationsteam der Reading Week ge-führt und eine Inhaltsanalyse des schriftlichen Konzep-tes durchgeführt. Die dort geäußerten Ziele, Intentionenund Wünsche an diese Reading Week, konnten so inden Fragebogen eingebaut werden. Dieses Vorgehen er-möglichte einen Abgleich zwischen intendierten Effek-ten und tatsächlichen Ergebnissen der Lesewoche. DieMethode des Gruppeninterviews wurde ausgewählt, daim Organisationsteam alle betroffenen Statusgruppenvertreten sind. Dadurch konnten sowohl die Perspekti-ven der Studierenden, der Professor/innen als auch der

Abbildung 1: Bausteine der Reading Week 2011

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B. Reusch & Ph. Dreps n Die Reading Week der Universität BielefeldHSWwissenschaftlichen Mitarbeiter/innen der Fakultät beider Konstruktion des Fragebogens beachtet werden.Das so entstandene Erhebungsinstrument umfasst ins-gesamt 30 Items, die neben soziodemografischen Datenund Fragen zur Kommunikation der Reading Week vorallem das Lese- und Teilnahmeverhalten der Proband/ -in nen sowie ihr Stressempfinden vor und während derReading Week erfragten. Die Offenheit des Konzeptesund die damit verbundene Freiheit in der individuellenGestaltung dieser Woche, kamen in vier offenen Itemszu tragen, die unter anderem Aufschluss darüber gebensollten, wie eine gelungene Reading Week aus Sicht derStudierenden gestaltet werden könnte. Die generiertenDaten wurden im Anschluss der Erhebungsphase inSPSS exportiert, dort aufbereitet und statistisch ausge-wertet. Einige so entstandene Ergebnisse werden imFolgenden vorgestellt und diskutiert.

3. Ergebnisse Die Analyse der Ergebnisse fokussierte vor allem die imGruppeninterview und dem vorliegenden Konzept ge-nannten Zielvorstellungen zur Reading Week. Die Datenwurden daher entsprechend der Subthematiken ‚stu-dentisches Leseverhalten‘ und ‚Entschleunigungspoten-zial der Reading Week‘ ausgewertet. Darüberhinausschienen die generellen studentischen Positionierungenzur und Wünsche an eine Reading Week für die Weiter-führung und Ausweitung des Projektes von besonderemInteresse.1Beginnend mit dem Leseverhalten der Student/innen,kann ein tendenziell positives Bild in Bezug auf die Er-wartungen des Organisationsteams an eine RW skizziertwerden: 48% der befragten Student/innen geben an,während der RW mehr bzw. eher mehr fachwissen-schaftliche Literatur gelesen zu haben, als in einerdurchschnittlichen Semesterwoche. Es darf also ge-schlussfolgert werden, dass – trotz oder gerade wegender ausgesetzten Pflichtlektüre in den Seminaren – eineselbstständige Auseinandersetzung mit Fachliteraturstattgefunden hat, die über die durchschnittliche Lektü-re im Semester hinaus ging. Ein weiteres interessantesErgebnis lieferte die Berechnung statistischer Zusam-menhänge. So stellte sich heraus, dass vor allem diejeni-gen Studierenden den Möglichkeitsraum der ReadingWeek für das Lesen von Fachlektüre genutzt haben, dieihr Studium subjektiv anstrengender einschätzen, wasein signifikanter und mittelstarker Zusammenhangswertvon = 0,262* belegt. Da die Ergebnisse auch unter-stützten, dass Studierende, die ihr Studium als anstren-gender empfinden, es nicht schaffen, die Pflichtlektüreim Semester zu lesen (r= -0,244*)2, kann insgesamt fest-gestellt werden, dass vor allem diejenigen Studierendendie Reading Week zum Lesen genutzt haben, die im lau-fenden Semester selbst zu wenig Zeit für die fachwissen-schaftliche Lektüre verspüren. Auf Baustein I rekurrie-rend, können die hier ausgewiesenen Ergebnisse durch-aus als Erfolg bezeichnet werden.Um das studiumsbezogene Stressempfinden und dieMöglichkeiten der RW diesem entgegenzuwirken, dar-zustellen, wurde im Erhebungsinstrument u.a. nach der

subjektiven Selbsteinschätzung der Proband/innen ge-fragt. Eine Zusammenhangsanalyse ergab dabei: Je stres-siger die Studierenden das eigene erziehungswissen-schaftliche Studium bewerten, desto stärker wird derdurch die Reading Week erzeugte Entschleunigungsef-fekt eingeschätzt (r= 0.236*). Dabei konnte vor allemherausgestellt werden, dass gerade diejenige Subgrup-pe, die ihr Studium als stressreich empfindet, die Rea-ding Week zur Aufarbeitung von Studieninhalten ge-nutzt hat ( = 0.312*). Die Annahme, dass gerade die-jenigen Studierenden von der Reading Week profitieren,die während des Semesters unter Druck geraten sind,kann somit bestätigt werden.Dieser prägnante Einblick in zentrale Intentionen derRW offenbart, dass die im Konzept eröffneten Möglich-keitsräume durch die Mehrheit der Student/innen aktivgenutzt und für ihr Studium als erwünscht betrachtetwerden. Dies untermauern eindrucksvolle 82,7% derProband/innen, die sich eine Weiterführung des Lern-formates in den weiteren Semestern wünschen.3 Auchdie überdurchschnittlich häufig ausgefüllten offenenItems stützen dieses Ergebnis: So bezeichnen die Studie-renden die erste RW als gelungen, weil „ich wirklich maldie Zeit gefunden habe, mich intensiv mit liegengeblie-benen Texten zu beschäftigen und dass ich mich eigen-ständig für weitere Literatur entscheiden konnte“ oderdamit, dass „ich genügend Zeit habe mich auch mal aus-seruniversitär [sic!] mit der Fachliteratur, die mir zusagtbeschäftigen kann“ oder auch, da „Themen, die [ich]während der Seminare/Vorlesungen interessanter fande[sic!], genauer nachzuarbeiten und neue Anregungen zubekommen“. Auch wurde die Offenheit des Konzeptesgelobt, da es ermögliche, dass die „Studierenden freientscheiden können, wie sie ihre Zeit nutzen. Ob für dasLernen für Prüfungen, für die Vertiefung in ein Fachge-biet, oder um Angebote der Reading Week in derWoche anzunehmen“. Durch die Fragen zu den Informationswegen innerhalbder Reading Week wurde zudem die besondere Rolleder Dozent/innen in diesem Format deutlich: Diese kön-nen als multiplikatorisch-katalysatorische Funktionsträ-ger/innen der RW bezeichnet werden. Ihre Bedeutungfür die Informationsweitergabe über die Lesewochewird durch den starken Zusammenhang deutlich, dassStudierende, die durch Ihre Dozent/innen über die RWinformiert wurden, sich auch insgesamt ausreichendüber dieses Projekt informiert fühlten (r= 0.67*). Darü-berhinaus ist ein starker Einfluss der Dozierenden aufdas Nutzungsverhalten der Student/innen zu identifizie-ren: Je motivierter die Student/innen sich durch die Do-zent/innen gefühlt haben die RW zu nutzen und zu ge-stalten, desto mehr Zeit haben sie in dieser Woche fürdas Lesen von Fachliteratur aufgewendet (r= 0.345*).

1 Es wird ein Signifikanzniveau von p<0,5 festgelegt. Die Bewertung derKorrelationsstärke erfolgt anhand der von Diaz-Bone beschriebenen Kon-ventionen in den Sozialwissenschaften (vgl. Diaz-Bone 2006, S. 91)

2 Das negative Vorzeichen begründet sich durch die Formulierung der Itemsim Erhebungsinstrument.

3 Kumulierte Prozente der beiden positiven Ausprägungen auf einer 5er-Skala.

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Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte HSWDie Rolle der Dozierenden ist demnach nicht nur bei derInformation über die RW bedeutsam, sondern ebensobei der Motivation der Studierenden zur aktiven Gestal-tung dieser Woche. Beachtet man die hier erkennbareRelevanz der Dozierenden für den Erfolg dieses Forma-tes, scheint folgendes Zitat einer ProbandIn darauf hin-zuweisen, dass sich die Statusgruppe der Lehrendenselbst nicht hinreichend ihrer zentralen Aufgabe be -wusst ist: Die Probandin beschreibt, „dass einige Do-zenten die Reading-Week ‚belächelten‘. Es gibt durch-aus Studenten, die sich neben den Pflichtlektüren und -kursen weiterbilden und die Zeit der Reading Weekauch dafür nutzen wollten. Für diese Studenten fand iches schade und etwas respektlos, wenn Dozenten pau-schal davon ausgingen, dass die Reading Week nur fürdie Freizeit genutzt wird“. Das in diesem Zitat dargestellte hedonistisch ausgepräg-te Studentenbild einiger hier beschriebener Dozierenderwird den Student/innen offenbar nicht gerecht, denndie Evaluation ergab, dass die Studierenden die Zeit mitAbstand eher für das Aufbereiten von Veranstaltungsin-halten (43,8%), das Lernen für Prüfungen (38,9%), dasSchreiben von Hausarbeiten (39,5%) und das Lesen vonFachliteratur (39,5%) nutzten, als sich zu erholen oderin den Urlaub zu fahren (29,4%). Diese negative Erwar-tungshaltung einiger Dozierender ist mit dem positivenund humanistisch ausgewiesenen Studentenbild, dasder Reading Week zu Grunde liegt, nicht vereinbar.

4. Abschließende Bewertung So, wie die Einschaltquoten bei einem TV-Piloten letzt-lich darüber entscheiden, ob aus diesem eine weiter-führende Serie produziert und gesendet wird, sind es dieentsprechenden Gremien auf Dekanats- und Rektorats -ebene, die anhand der hier exemplarisch skizziertenDaten über eine Fortführung der Reading Week ent-scheiden müssen. Die Ergebnisse fallen insgesamt sehrpositiv aus und veranlassen die Evaluatoren dazu, füreine Weiterführung und universitätsweite Öffnung derReading Week zu plädieren. So konnte dargestellt werden, dass die Reading Weekfür das Selbststudium messbare Impulse setzen konnteund die Studierenden gerade durch das auf Freiwilligkeitbasierende und offene Konzept motiviert, die entstan-denen Möglichkeitsräume aktiv für ihr Studium nutzten.Besonders erfreulich erscheint das Ergebnis, dass die sozur Verfügung gestellte Zeit, vor allem derjenigen Sub-

gruppe Studierender entgegenkommt, die in ihrem Stu-dium unter Druck geraten ist. Während diese Wochealso für die einen ein vertieftes Studium einzelner eigen-motivierter Studieninhalte ermöglicht, stellt sie für man-che andere einen dringend benötigten ‚Puffer‘ dar, umStudieninhalte aufzuholen und so einem potenziellenScheitern entgegenzuwirken. Es kann daher die Theseaufgestellt werden, dass die skizzierten positiven Ent-schleunigungseffekte das Potenzial der Reading Weekbeschreiben, durch instrumentelles Coping wieder fürein Selbstwirksamkeitsempfinden der Studierenden zusorgen und somit neue Motivationsstrukturen für denweiteren Studienverlauf aufzubauen. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass in einer offenenKommunikation zwischen Initiator/innen und den Do-zent/innen an den Fakultäten, die Relevanz ihrer Rolle indiesem Format zukünftig thematisiert werden müsste.Nur so kann das Potenzial der Dozierenden genutzt wer-den, um Studierende zu einer gemeinsamen und aktivenGestaltung der Reading Week zu motivieren.Die hier vorgestellte Evaluation kann über Wirkweiseund Potenziale einer Reading Week jedoch nur ersteHinweise liefern. Eine Fortführung der wissenschaftli-chen Begleitung dieses Formates ist daher zwingend er-forderlich und kann auf Grundlage dieser Studie aufbau-en und weiter ausgestaltet werden.

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n Benedikt Reusch, B.A., WissenschaftlicheHilfskraft, Bielefeld Center for Education andCapabilities Research‘, E-Mail: [email protected] n Philipp Dreps, B.A., Wissenschaftliche Hilfs-kraft, Projekt Peer Learning, Universität Biele-feld, E-Mail: [email protected]

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K. Schweiger n Kompetenzerwerb durch den Einsatz von Planspielen im Studium ...HSW

Das Lehren und Lernen an den Fachhochschulen ist aus-gerichtet auf eine wissenschaftlich fundierte Praxisaus-bildung auf Hochschulniveau. Dieser Bildungsauftragstellt sowohl für die Lehrenden als auch die Lernendeneine große Herausforderung dar. Didaktische Überlegun-gen und Veranstaltungsmodelle sollen verfügbares Wis-sen auf hohem wissenschaftlichem Niveau mit repräsen-tativen Praxiserfahrungen kombinieren (Sohm 1999, S.32ff). Dieser Auftrag soll nicht nur im Praxissemester unddurch die Praxiserfahrung der Lehrenden umgesetzt,sondern auch im täglichen Studienalltag erfüllt werden.Der Einsatz von neuen konstruktivistischen Lehr-/Lern-methoden und -modellen wie zum Beispiel dem Plan-spiel macht einen Praxistransfer im Rahmen von Übun-gen und Vorlesungen des Studienalltags möglich.

Pädagogen aller Ebenen, aber vor allem in der Erwach-senenbildung und im tertiären Bildungsbereich müssenihre pädagogische Organisation und Gestaltung derLehre neu ausrichten, sich auf eine veränderte Lehr-/Lernpraxis einstellen. Ihr Hauptaugenmerk liegt nichtmehr in der Vermittlung von Wissen, sondern auf denBedingungen und Formen des Umgangs mit Wissen (Hof2002, S. 87). Der Lehrende wird somit noch weniger alsfrüher nur als Wissensvermittler gesehen, sondern alsLernprozessberater. Sie gestalten Lernräume und Lernsi-tuationen und fungieren als aufmerksame Beobachtervon Lernprozessen (Siebert 2008, S. 15). Seine vor-nehmliche Aufgabe ist es Lernangebote zu schaffen, Li-teratur bzw. sonstige Wissensquellen bereitzustellenund nur bei Bedarf einzugreifen oder zu lenken. Leben-diges und nachhaltiges Lernen sollen verstärkt durch ge-eignete Methodik und Didaktik erreicht werden.

1. Konstruktivistische Didaktik

Die konstruktivistische Didaktik scheint ein didaktischerAnsatz zu sein, der diesem Trend Rechnung trägt. Lernen soll demnach nicht ein Reproduzieren von trä-gem Wissen sein, sondern es soll zu einem Zuwachs anWissen, der Fähigkeit der praktisch problemlösungs -orien tierten Umsetzung und damit zu einem Kompe -tenz erwerb kommen, der nicht nur im pädagogischensondern auch im außerpädagogischen Lebensraum statt-findet und somit lebenslanges Lernen möglich macht.(Reich 2005) Nicht nur „WAS ich lerne“ ist entschei-dend, sondern auch die Methode – „WIE ich lerne“ –soll erworben werden. Um diese Ziele und eine Qualitätin der Lehre der Fachhochschulen zu erreichen sind Leh-rende gefragt, die sowohl Erfahrungen aus der Praxismitbringen als auch auf eine pädagogisch-didaktischAusbildung verweisen können und den Mut haben,neue didaktische Wege zu gehen. Einen Weg, auf dem dieses neue Lernverständnis umge-setzt wird, bildet unter anderem die konstruktivistischeDidaktik. Hier wird auf den Lernenden, auf den Lernpro-zess und auf die Selbstlernkompetenz besonderes Au-genmerk gelegt. Vor allem die Selbstlernkompetenz istin unserer Berufswelt und unserer schnelllebigen Welt,wo die Halbwertszeit des Wissens immer kürzer wird,besonders wichtig. Die Fähigkeit, sich selbst neues Wissen und neue Fähig-keiten anzueignen, wird zur entscheidenden Qualifikati-on für die berufliche und persönliche Entwicklung (Ar-nold 2007).Aus dem konstruktivistischen Ansatz lassen sich Prinzi -pien ableiten, die für eine förderliche Lernumgebung

To establish practical relevance in scientific studies at universities and universities of applied sciences is againand again an extraordinary task. In all objectivity, there are indeed many options, but they are variously complexand, in absence of a didactic training of teachers, only part of them is used. Simulation games are among themost successful models, because they result in especially practice-oriented actions with reasonable effort. KarinSchweiger presents possible applications in her paper Competence Acquisition Through the Use of SimulationGames in Studies at Universities of Applied Sciences.

Karin Schweiger

Kompetenzerwerb durch den Einsatz von Planspielen im Studium an der Fachhochschule

Karin Schweiger

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Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte HSWund für die Erlangung der Selbstlernkompetenz notwen-dig sind:a. Komplexe Ausgangsprobleme, welche eine intrinsi-

sche Motivation auslösen, sollen der Ausgangspunktfür den Lernprozess sein. Der Wissenserwerb solldurch die Anwendung und das „Tun“ erworben wer-den.

b. Die Problemsituation sollte authentisch und realitäts-nah sein, damit die Distanz zwischen dem Lern- undAnwendungskontext verringert wird.

c. Damit das erworbene Wissen auch auf andere Pro-blemstellungen übertragen werden kann und eine Be-trachtungsweise aus multiplen Perspektiven möglichist, sollten multiple Lernkontexte bereitgestellt wer-den.

d. Durch Artikulation und Reflexion der Problemlö-sungsprozesse erlangt der Lernende die Fähigkeit,Wissen zu abstrahieren und Problemlösefähigkeitenzu trainieren.

e. Das Arbeiten in Gruppen – sowohl Lernende als auchExperten kooperieren gemeinsam – ermöglicht einLernen im sozialen Austausch und sollte daher in vie-len Lernphasen möglich gemacht werden (Hammerer2011).

In verschiedenen neueren Lehr-Methoden und Techni-ken kommen diese Grundprinzipien zur Umsetzung.Während das traditionelle darbietende Lehrverfahren(dozentenzentrierte Lehre) eine hohen Strukturierungs-grad aufweisen, und die Gestaltung des Lehr- und Lern-prozesses vorwiegend vom Vortragenden bestimmtwird, setzen die erarbeitenden und explorativen Lehr-verfahren auf die Eigenaktivität des Lernenden. Lernenwird in Partner- und Gruppenarbeiten und durch dieVergabe von Arbeitsaufträgen ausgelöst und der Lehren-de übernimmt die Rolle des Beobachters und Beraters.Bei diesen Lehr- bzw. Lern-Methoden gibt es weitge-hend keine oder nur geringe Strukturvorgaben, die Ler-nenden müssen Sachstrukturen selbst erarbeiten sowiekognitive Strukturen transformieren und gegebenenfallsintegrieren. Somit ist die Methode nicht ein bestimmterWeg zum Ziel, sondern Erfahrungsräume, die mehr oderweniger genutzt werden. Nach Arnold (2007) ist die Wirksamkeit einer Lehr- bzw.Lernmethode nur dann gegeben, wenn sie • die Lernenden aktiviert,• ihnen einen Freiraum für Suchbewegungen gibt,• sie zu Kooperationen ermutigt,• die eigenverantwortliche Lernfähigkeit fördert,• Problemlösungsfähigkeit fordert und • das Gefühl der Selbstwirksamkeit vermittelt.

Methoden im Studium, die sich für die Umsetzung die-ser Elemente besonders gut eignen, können Projektar-beiten, Fallstudien oder Planspiele sein.

2. PlanspielDer Begriff des Planspiels wird unterschiedlich gehand-habt. Manchmal wird er reduziert auf das Thema derUnternehmensplanspiele. Es kann aber auch im weite-

ren Sinne als Instrument verstanden werden, mit demverschiedenste Inhalte, auch zur nachhaltigen Entwick-lung von Gesellschaft, Wirtschaft, und Umwelt sowiesoziale Kompetenzen erworben werden können. Mitdem Begriff Simulationsspiel werden kurze, einfach ein-setzbare Planspiele bezeichnet. Der Einsatz von Plan-spielen ist in angloamerikanischen Ländern weit verbrei-tet, während er in Österreich oder Deutschland nocheher zögerlich ist. Daher wird auch häufig der englischeBegriff Simulation Game, verwendet, der in angloameri-kanischen Ländern auch für eine breite Palette erfah-rungsbasierter, spielerischer Lernmethoden verwendetwird (Ulrich 2003). „Der Begriff Planspiel kennzeichnetein Instrument, das zum Simulieren von planungsbe-dürftigen (Handlungs-, Ereignis-)Situationen genutztwird, um diese besser verstehen, erfahren oder einschät-zen zu können.“ (Böltz 2008, S. 14) Vor allem das Plan-spiel zeigt in seiner Gestaltungsphilosophie eine spe -zielle Lernprozesskonstruktion. Es ist ein „experimentel-ler Ort“ um Wissen zu generieren bzw. um Wissen anzu-wenden und aus den Erkenntnissen wiederum neuesWissen zu generieren. Das Planspiel kann einerseits einTransfer von theoretischem Wissen hin zur praktischenAnwendung sein und anderseits auch wichtige Lernim-pulse in unterschiedliche Richtungen setzen. Mit solchen Instrumenten der didaktischen Methodik –zu denen Planspiele, Projektarbeiten und Fallbeispielegehören – können problemorientierte Lernumgebungengestaltet werden, in denen die Balance zwischen In-struktion und Konstruktion gehalten und der aktive Ler-nende im Lernprozess angeleitet, unterstützt und bera-ten wird (Blötz 2008, S. 78). Denn die Erfahrung hat ge-zeigt, dass die Lernenden trotz einer aktiven Rolle, oftauch ein gewisses Maß an Instruktion brauchen, damites zu keiner Überforderung kommt und somit effektivesLernen möglich ist, auch wenn es erfolgreiche Modellemit selbständigerem Lernen, z.B. innerhalb des pro-blembasierten Lernens (PBL) gibt (siehe Abb. 1).Entsprechend dem System des konstruktivistischen Leh-rens und Lernens sind verschiedene Lernprozesse rele-vant, die im Planspiel ihre Anwendung finden. So istLernen ein• aktiver Konstruktionsprozess – nur ein eigenaktiver

und selbständiger Lernender kann Wissen erwerben.• konstruktiver Prozess – neues Wissen muss in eine vor-

handene Wissensstruktur eingebaut und aufgrund in-dividueller Erfahrungen interpretiert werden können.

• emotionaler Prozess – während des Wissenserwerbssind positive, freudvolle Emotionen – im Gegensatz zuAngst und Stress - für den Wissenserwerb förderlich.

• selbstgesteuerter Prozess – die Kontrolle und Überwa-chung des Lernprozesses liegt beim Lernenden.

• situativer Prozess – lernen ist stets an eine bestimmteLernumgebung bzw. einen spezifischen Kontext ge-bunden (Blötz 2008, S. 77).

Je nach Art und Aufbau des Planspiels können die jewei-ligen Prozesse auf relativ einfache Art und Weise in Ganggesetzt und durchlaufen werden. Planspiele gliedern sich in der Regel in drei Phasen. Dieerste Phase beinhaltet das Briefing zum Thema und zu

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K. Schweiger n Kompetenzerwerb durch den Einsatz von Planspielen im Studium ...HSW

den „Spielregeln“. Dies passiert noch auf einer Metae-bene – das Planspiel wird sozusagen noch von „außen“betrachtet. In der zweiten Phase – der sogenannten „Simulations-phase“ – wird diese bei anderen Methoden beibehalte-ne Metaebene verlassen und es erfolgt die Durchfüh -rung des Planspiels. Der Teilnehmer taucht in eine simu-lierte Realität ein, er handelt in den Themen. Dies ist diekonkrete didaktische Methode, die den Lernenden akti-vieren soll. Sie widerspiegelt den Prozess des erfah-rungsbasierten Lernens. Während des Spiels machensich die Studierenden mit der Situation vertraut, sam-meln Informationen, führen Verhandlungen und könnenaufgrund dieses Wissens konkrete Entscheidungen tref-fen, deren Auswirkungen im Spiel erlebt und reflektiertwerden. Diese Reflexion bewirkt eine Verankerung derLerninhalte. In der dritten Phase kehrt der Teilnehmen-de wieder in die „normale Welt“ – in die Metaebenezurück und es folgt ein Auswerten und Reflektieren undVerdichten der Erfahrungen. Nun wird die Spielrealitätmit der dem Spiel zugrunde liegenden Realität konfron-tiert, wodurch ein wichtiger Lernprozess ausgelöst wird,der einen Transfer oder eine Verwertung der Erkenntnis-se für die Wirklichkeit möglich macht und die Teilneh-menden praxisnahes Handlungswissen erwerben. Das didaktische Grundprinzip, das dem Planspiel zu-grunde liegt, beinhaltet eine Reduktion einer komple-xen Wirklichkeit unter Berücksichtigung von erwünsch-ten Lern- und Trainingszielen, nämlich durch den Kom-petenzerwerb selbst zu Erkenntnis zu kommen – selbstzu lernen, aus den eigenen Erfahrungen zu lernen. Dennwie heißt es nicht umsonst: „aus Erfahrung wird manklug“.In allen Lebensbereichen ist eine Zunahme an Komple-xität und Zusammenhängen zu erkennen, was beim han-delnden Menschen immer mehr Sys temkompetenz er-fordert. Für die Erlangung und das Training dieser Kom-petenz ist auch eine entsprechende Lernumgebung er-

forderlich (Kriz 2000) was ebenfalls durch dasPlanspiel abgedeckt werden kann. Das Planspielist geradezu prädestiniert dazu diese Komplexitätegal ob in betriebswirtschaftlichen oder sonstigenZusammenhängen abzubilden und erfolgreich zugestalten. Frei nach dem Motto „Ein Planspielsagt mehr als 1.000 Bilder“ lassen sich damitkomplexe Sachverhalte ganzheitlich kommunizie-ren. Viele unterschiedliche Facetten und einzelneAspekte, die ein komplexes System aufweist,können durch das Planspiel in ihrer Ganzheit er-fasst werden. Eine komplexe Problemstellunglässt sich auf ein überschaubares Niveau verdich-ten. Prozesse können in der Simulation beschleu-nigt oder auch verlangsamt werden. Auch „Time-outs“ sind zur Reflexion in kritischen Spielsitua-tionen möglich. Durch gefahrloses Experimentie-ren werden Lernprozesse in Gang gesetzt, was inder Realität zu riskant oder gar unmöglich wäre.Unvorhergesehene Wechsel- und Nebenwirkun-gen während oder nach dem Planspiel ermögli-chen außerdem weitere Analysen und zusätzlicheLernprozesse (Ulrich 2009, S 8-22).

Die Teilnehmer/innen eines Planspiels reden und über-denken nicht Sachverhalte, sondern sie „tun“ sie. Dabeiwerden sie in eine fiktive bzw. mögliche Situation ver-setzt, welche ein mehr oder weniger vereinfachtes Ab-bild der Realität ist. Durch die aktive Beteiligung an derSimulation der Wirklichkeit erleben die TeilnehmerIn-nen des Spiels diese Wirklichkeit sehr direkt (Ulrich et al2010).Ob Lernen stattfindet, hängt zum Großteil von der in -trinsischen Motivation der Lernenden ab. Der Lehrendesetzt in der Regel durch externale Ereignisse einen inter-nalen Lernprozess beim Lernenden in Gang. Das Plan-spiel kann nun in verschiedener Hinsicht hier einen Mo-tivationsschub leisten. Da ist zunächst der Charakter des„Spiels“ und des „Konkurrenzkampfes“, der uns Men-schen schon in den Genen liegt und anspornt. Außer-dem fordert das Spiel auf zu handeln, Entscheidungenzu treffen, sich selbst zu behaupten und Handlungsver-antwortung zu übernehmen. Der Lernende erkennt undlernt aus den Auswirkungen seiner Entscheidungen.Außerdem kann der Spieler je nach Spielart in unter-schiedliche Rollen schlüpfen. Mit unterschiedlichenSpielen und Spielvariationen können unzählige didakti-sche Lehrziele verfolgt werden, da das Planspiel eingroßes Spektrum für die Zielqualitäten „Erleben“, „Er-fahren/Erkenntnisgewinn“ und „Üben“ bietet.Aber auch die Spielleitung, respektive der Lehrende lerntmit jeder Durchführung des Planspiels, denn sie/er erhältneue Impulse und Hinweise für eine eventuelle Qua-litätsverbesserung des Planspiels und profitiert außer-dem von möglichen neuen Erkenntnissen der Teilneh-menden und reflektiert die didaktische Vorgehensweise. Wie eingangs erwähnt, sind Planspiele als experimentel-ler Ort zu sehen für die Überprüfung, inwieweit theore-tisches bzw. aggregiertes Wissen für den Handlungser-folg nützlich sind, im Besonderen deshalb, weil Wissensich hier in unterschiedlichsten neuen und auch überra-schenden Situationen bewähren muss – genauso wie im

Abbildung 1: Ausgewogenheit zwischen Konstruktion und In-struktion

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Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte HSWBerufsleben. Genau diese Planspieleigenschaft stelltsomit ein ideales Instrument oder eine Methode dar umden geforderten Praxisbezug, den Transfer von theoreti-schem Wissen auf Fachhochschulniveau in die Alltags-praxis zu gewährleisten. Das Denken bzw. vernetzteDenken wird dergestalt geschult, als damit die Förde-rung der Problemlösungskompetenz in komplexen Si-tuationen verbunden ist. Die fachhochschulische Ausbil-dung garantiert außerdem den damit verbundenen intel-lektuellen Anspruch. Diskussionen und Reflexionen derLernenden und Lehrenden unter- und miteinander lösenDenkanstöße und Lernimpulse in unterschiedliche neueRichtungen aus und es kommt zur gegenseitigen Berei-cherung.

Schließen möchte ich mit einem chinesischen Sprich-wort enden: „Ich höre und vergesse, ich sehe und erin-nere mich, ich tue und verstehe.“ Erst das Tun eröffnetuns die Welt des Wissens.

Literaturverzeichnis

Arnold, R. (2001): Kompetenz. In: Arnold R./Nolda S./Nuissl E. (Hg.): Wör-terbuch der Erwachsenenpädagogik, Bad Heilbrunn.

Arnold, R. (2007): Ich lerne, also bin ich. Eine systemisch-konstruktivistischeDidaktik. Heidelberg.

Blötz U. (2008): Planspiele in der beruflichen Bildung, Bielefeld. Capaul R., Ulrich M.(2010): Planspiele – Simulationsspiele für Unterricht und

Training, Tobler Verlag, Altstätten.

Erpenbeck J./Heyse, V. (1999): Die Kompetenzbiographie, Münster.Hof, C. (2002): Von der Wissensvermittlung zur Kompetenz, In: Nuissl, E./

Schiersmann C./Siebert H. (Hg.), REPORT H. 49, „Kompetenzentwick-lung statt Bildungsziele?“ www.die-bonn.de/publikationen/online-texte/index.asp, 27. 3. 2012.

Reich K.(2005): Konstruktivistische Didaktik In: Schulmagazin 3/2005, Ol-denburg.

Hammerer R. (2011): Selbst gelernt hält besser, WIFI Österreich, Wien. Kriz, W.C. (2000): Gestalten in/von Lernprozessen im Training von Systemko

mpetenz, Gestalttheory, www.wkriz.com/download/artikel/kriz2000_gestalttheorie_systemkompetenz training.pdf, (9. März 2012)

Siebert, H. (2008): Konstruktivistisches lehren und lernen. Augsburg.Sohm, K. (1999): Praxisbezogene Ausbildung auf Hochschulniveau – Eine

pädagogisch-didaktische Herausforderung, Wien.Ulrich M. (2003): Mit Planspielen nachhaltige Entwicklung erleben! In: DGU

Nachrichten Nr. 27/Mai 2003, www.ucs.ch/service/download/docs/artikelpsnaha.pdf (13. März 2012).

Ulrich M. (2006): Komplexität anpacken: Mit Planspielen erfolgreiches Han-deln erlernen, In: Tagungsband zur 7. Werner-Kollath Tagung „Komple-xität erkennen – Zukunft gestalten. Ernährungsökologie als integrativerAnsatz für Wissenschaft und Praxis“, Bad Soden.

n Karin Schweiger, Mag., Gesundheits -ma nagement & Gesundheitsförderung, Fach-hochschule Burgenland, E-Mail: [email protected]

Jenna Voss:

Zielgerade Promotion. Auszüge aus dem Tagebuch einer Doktorandin

Maja hat sich entschlossen, ihren beruflichen Traum wahr zu machen: Sie will eine Doktorarbeit schreiben und Wissenschaftlerin werden.

Zuversichtlich startet sie ihr Promotionsprojekt, doch der Weg zumTitel wird schon bald zu einem unberechenbaren Schlängelpfaddurch unübersichtliches Gelände. Ihr Projekt verwandelt sich in ein siebenköpfiges Ungeheuer, das siezu verschlingen droht. Doch sie gibt nicht auf.

Das Tagebuch beschreibt den Umgang mit Höhen und Tiefen beimSchreiben einer Doktorarbeit auf der Prozessebene.

Die Ich-Erzählerin, Maja, schildert ihre Erfahrungen und zeigt Mög-lichkeiten und konkrete Bewältigungsstrategien auf, mit denen sieschwierige Phasen, Zweifel, Konflikte, Blockaden und sonstige Hür-den in der Promotionsphase erfolgreich überwindet.

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Assuming that higher education should set a good example for lifelong learning and educational innovation,leads to a continued process of development and elaboration in Dutch higher education. Teachers and lecturersare thereby seen as the key persons in designing and implementing improved educational settings. 306 lecturersof a Dutch University of Applied Science participated at a web based survey about their position as ‘changeagent’ in educational innovation processes. The results show that they are very positive about developing newchallenging possibilities for their lectures and courses. However, they are uncertain about the effect educationalinnovations may have and if they really will improve the educational process. To innovate for the sake of inno-vation they do reject.

Ines Schell-Kiehl

Die Rolle der Lehrenden bei der Entwicklung innovativer Lehr-/Lernprozesse in den Niederlanden - Ergebnisse eines Surveys am Beispiel der Fachhochschule Saxion1

Ines Schell-Kiehl

Die Annahme, dass gerade die Hochschullehre eine ge-sellschaftliche Vorreiterrolle und Vorbildfunktion inBezug auf die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen undInnovation einnimmt, führt dazu, dass in den Niederlan-den die Hochschullehre kontinuierlich verändert und anneuere Entwicklungen angepasst wird. Den Lehrendenkommt beim Entwerfen und Implementieren der erneu-erten Studiensituation eine Schlüsselrolle zu. In der hierzugrunde liegenden Studie wurden 306 Dozent/inneneiner niederländischen Fachhochschule mit einem on -line Survey zu ihrer Rolle als ‚change agent‘ bei Innova-tionsprozessen befragt. Die Ergebnisse machen deutlich,dass Dozent/innen Innovationen in Lehr-/Lernprozessengegenüber positiv eingestellt sind, darüber hinaus tra-gen sie selbst zu vielen innovativen Entwicklungen per-sönlich bei. Undeutlich bleibt jedoch für viele Dozent/ -in nen ob eingeführte Veränderungen auch tatsächlich zuVerbesserungen in der Lehr-/Lernsituation führen; einVerändern ‚um des Veränderns Willen‘ wird von ihnenabgelehnt.

1. Innovative Lehr-/Lernprozesse und die Rolle der Lehrenden – Entwicklungen in der niederländischenFachhochschullandschaft

In der aktuellen Diskussion innerhalb der ‚onderwijs-kunde’ („Unterweisung”, niederländisch für Bildungs-bzw. Unterrichtswissenschaften) wird immer wieder dar-auf hingewiesen, dass Studierende und Absolvent/in -nen, aber auch bereits erfahrene Arbeitnehmer/innen inder Lage sein müssen sich auf ständig verändernde Si-tuationen in einer dynamischen Gesellschaft einzustel-len. Hierzu gehört auch, unter sich verändernden (ge-

sellschaftlichen) Bedingungen mit Hilfe der eigenenKompetenzen das von ihnen gewählte Berufsgebietfachlich weiterzuentwickeln (Schell-Kiehl/Siemer 2010).Dem Bildungssystem – insbesondere den Universitätenund dem ‚hoger beroepsonderwijs‘2 – wird dabei eineVorbildfunktion zugeschrieben: Die Hochschulen sollennicht nur dem dynamischen, gesellschaftlichen Prozessfolgen, sondern die Bereitschaft zu kontinuierlicher Ver-änderung und Erneuerung ihren Studierenden und Mit-arbeitenden vorleben. Die kontinuierliche Weiterent-wicklung bspw. von Curricula wird daher als eine derKernaufgaben des Bildungssystems angesehen, um aufallen Niveaus und in allen Bereichen aktuelle und quali-tativ hochwertige Lehre bieten zu können (de Vries2010).Auch wenn es für Angehörige des deutschen Hochschul-systems befremdlich klingen mag, in der Vergangenheitwurden als notwendig erachtete Veränderungen und In-novationen häufig durch Experten entwickelt und ‘top-down’ eingeführt, hierbei blieben die Ideen und Innova-tionen der Lehrenden selbst jedoch häufig unberück-sichtigt (Hargreaves 1998; Bolt, Studulski, Vegt/Bontje2006; Fullan 2007; García/Roblin 2008; Vodegel, Smid/van den Bosch 2011). Dies hatte zur Folge, dass die ‚vonoben‘-auferlegten Veränderungen häufig misslangen:„Teachers do not uncritically accept drastic changes totheir work when these are suggested from outside; theirreaction is one of sceptical caution” (Hargreaves 1998,

1 Der gesamte Bericht des Projekts ist einzusehen unter http://www.saxion.nl/onderwijsinnovatie/downloads/innovatief_en_effectief_onderw

2 Die hbo-Einrichtungen sind vergleichbar mit den deutschen Fachhoch-schulen und bezeichnen sich auch als Universities of applied science. IhreLehrenden sind jedoch häufig geringer qualifiziert als an deutschen Fach-hochschulen und sie werden in der Fachliteratur häufig als ‚teachers‘ be-zeichnet.

Hochschu l fo r s chungHSW

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Hochschulforschung HSW17). In den letzten Jahren hat sich daher die Einsichtdurchgesetzt, dass Dozent/innen auf allen Niveaus desBildungssystems eine wichtige Rolle bei der Entwick-lung, der Anwendung sowie der Diffusion erfolgreicherInnovationen in der Lehre einnehmen sollten. Auf dieseWeise können sie ein eingehendes Verständnis für dieNotwendigkeit von Veränderungen entwickeln und int-rinsisch motiviert an eigenen Innovationen arbeiten (Kö-nings/Brand-Gruwel/Merriënboer/van 2007; Fullan2007; Coenders/Terlouw/Dijkstra 2008; Dam/Schip-per/Runhaar 2010). Den Lehrenden aller Bildungsein-richtungen wird auf diese Weise mehr und mehr der Sta-tus eines ‚change agent‘ zuerkannt (Kwakman 2003;Bolt et al. 2006; Bakkens/Vermunt/Wubbels 2009). Vor allem Fachhochschulen haben, ergänzend zu landes-weit bildungspolitisch angestoßenen Innovationsprozes-sen, damit begonnen, komplexe Veränderungen in derLehre durch sogenannte “teacher-design-teams” ent-wickeln und umsetzen zu lassen. Dieser Trend wird inder niederländischen Forschungsliteratur (u.a. de Vries2010; Handelzalts 2009) und auf Fachkongressen (bspw.Onderwijs Research Dagen 2010) aufgegriffen und in-tensiv diskutiert. Dies bedeutet auch, dass Verände-rungsprozesse nicht mehr rein ‚top-down‘ den Lehren-den auferlegt werden können, sondern Dozent/innengebraucht werden, die ihre eigene Praxis entwerfen underforschen und damit für den Erfolg von Innovationenunentbehrlich sind.Dem entgegen steht die Tatsache, dass der Anteil derpromovierten Fachhochschullehrenden in den Nieder-landen im internationalen Vergleich sehr niedrig ist undlange Zeit auch ein Masterabschluss nicht Voraussetzungfür eine Tätigkeit als Dozent/in einer Fachhochschule im‚hoger beroepsonderwijs‘ war. Die weitere Professionali-sierung und das Anheben des Bildungsniveaus der Leh-renden wird dann auch als zentrale Voraussetzung undwichtigste Investition in die Qualität und Innovations-fähigkeit der Lehre an den Fachhochschulen gesehen(Veerman 2010, vgl. kritisch hierzu Hattie/Marsh 2004).So zentral der Begriff der Bildungsinnovation in der nie-derländischen wissenschaftlichen und fachlichen Diskus-sion auch sein mag, er wird keineswegs eindeutig defi-niert und verwendet. So steht bei einigen der vorliegen-den Definitionen die Perspektive der Bildungseinrich-tung im Vordergrund, andere formulieren aus der Per-spektive der Individuen (z.B. Nauta/Blokland 2007). Ei-nige Autor/innen betonen das planmäßige, vom Ma -nagement ausgehende Vorgehen bei der Einführung vonInnovationen, wohingegen andere den Blick auf konti-nuierliche soziale Prozesse legen, die dazu führen, dassInnovationen nach und nach aus den Ideen und Hand-lungen einzelner Lehrender entstehen. Diese Autor/in -nen nehmen eine deutliche ‚bottom-up‘ Pers pektive ein(bspw. Kappler/Knoblauch 1996). Wieder andereAutor/innen bedienen sich cybernetischer Theorien undsprechen bspw. in Anlehnung an Agyris/Schön (1978und 1996) bei der Entstehung, Umsetzung und Weiter-entwicklung praxisverändernder Ideen von single-loop-,double-loop- und deutero-learning (Bolt et al. 2006),wobei nur dem deutero-learning die Qualität einertatsächlichen Innovation zugeschrieben wird.

Übereinstimmung erzielen alle Definitionen jedoch inHinblick darauf, dass es sich bei einer wirklichen Innova-tion darum handeln muss, Ziele und Mittel in neuartiger,verbesserter Weise miteinander zu kombinieren. Die aufdiese Weise erzielten Veränderungen bzw. Verbesserun-gen von Prozessen und/oder Produkten sollten sichdabei nicht auf ein einmaliges Vorkommen beziehen,sondern grundlegender Natur sein (Blank/Haeler-mans/Hulst 2009).Innovationen im Bildungsbereich müssen grundsätzlichsehr komplex angelegt sein. Lehr-/Lernprozesse bezie-hen sich sowohl auf Produkte, Prozesse und soziale In-teraktionen. Sie müssen Veränderungen in der Umge-bung und Lebenswelt von Studierenden und Lehrendenkontinuierlich Rechnung tragen, genauso wie sich verän-dernden technologischen, fachlichen und organisatori-schen Aspekten. Dies bedeutet auch, dass die Auslöserfür Innovationen in einer Bildungsorganisation sehr di-vers sein können: Kritische Situationen, neue Arbeits-weisen, neue theoretische Erkenntnisse, neue Medien,sich verändernde Netzwerke, neues Personal etc.. Aberauch gesellschaftliche und politische Entwicklungen undAnforderungen auf der Supra- oder Makroebene, die in-nerhalb einzelner Bildungseinrichtungen umgesetzt wer-den sollen und sich auf das Mikroniveau der Lehrenden(vielleicht sogar das Nanoniveau der Lern- und Entwick-lungspläne der einzelnen Studierenden) auswirken, kön-nen ein Grund für Innovationen sein (de Vries 2010, zuden Lern- und Entwicklungsplänen in Hinblick auf dieKompetenzentwicklung einzelner Studierender im nie-derländischen Hochschulsystem (s. Schell-Kiehl/Siemer2010).In all diesen Fällen ist das Handeln und Lernen der indi-viduellen Dozent/innen bedeutsam für die Entwicklung,Umsetzung und Einführung innovativer Ideen in die täg-liche Praxis. Sie müssen Entwicklungsnotwendigkeitenerkennen und/oder Veränderungsvorschläge akzeptierenund umsetzen, sollen hieraus tatsächlich Innovationenentstehen. Damit dies gelingen kann, brauchen die Leh-renden in ihren jeweiligen Organisationen ‚reichhaltigeLernumgebungen‘ (z.B. Kessels 1997; Simons, 1999; La-kerveld 2005) und eine innovative Organisationskultur(Kappler/Knoblauch 1996; Dam et al. 2010), die siedarin unterstützt, Arbeitsweisen zu verändern und ver-besserte Lehr-/Lernprozesse mit ihren Studierenden zuerproben. Aufgrund dieser Überlegungen haben wir in dieser Stu-die einen individuellen Blickwinkel in Bezug auf die Ent-stehung und Umsetzung von Innovationen eingenom-men und die Lehrenden mit ihrer Kreativität und ihremEngagement in den Mittelpunkt der Untersuchunggerückt.Ihre Rollen in und Beiträge zu verschiedenen Innova-tionsprozessen waren von besonderem Interesse.

2. Zielsetzung und FragestellungAuf Basis des hier skizzierten theoretischen und gesell-schaftlichen Hintergrundes wollen wir an dieser Stelleherausarbeiten, inwieweit Veränderungen in den Lehr-/Lernprozessen der untersuchten Fachhochschule Saxion

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I. Schell-Kiehl n Die Rolle der Lehrenden bei der Entwicklung innovativer ...HSW

in den vergangenen zwei Jahren auf ‚bottom up‘, durchdie Lehrenden selber, entwickelt wurden und welcheAuswirkungen diese Innovationen aus der Perspektiveder Dozent/innen letztendlich auf die Lehr-/Lernprozes-se hatte.3Die zentralen zu beantwortenden Fragen sind im Kon-text dieses Artikels demnach: • Welche ‚bottom up‘ Innovationen sind von den Do-

zent/innen entwickelt worden? • Welche Rolle spielten die Lehrenden selber bei diesen

Innovationsprozessen? und • Inwiefern sind Auswirkungen dieser Veränderungen

auf die Lehr-/Lernprozesse erhoben und bekannt ge-macht worden?

3. Forschungsmethode und Daten-AnalyseIm Rahmen der Studie wurde ein digitaler Fragebogenentwickelt, der 54 sowohl nominal skalierte Fragen alsauch einige 5-Punkt Likert-Skalen sowie offene Fragenenthielt. Die persönliche Einschätzung der Dozent/in -nen zu den innerhalb der Fachhochschule Saxion ent-wickelten und durchgeführten didaktischen Innovatio-nen stand dabei im Mittelpunt des Interesses. Im März 2010 haben alle Lehrenden aller drei Standorteder Fachhochschule Saxion (Enschede, Deventer undApeldoorn) per E-Mail eine Einladung empfangen, uman der Studie mitzuwirken. Dies waren zum damaligenZeitpunkt 1.209 Personen. Mit Hilfe des webbasiertenSurvey Programms ‘Parantion’ wurde der Fragebogen er-stellt und versandt. Die Dozent/innen hatten zwei Wo-chen lang die Möglichkeit den Fragebogen online auszu-füllen. Eine Woche nach Beginn der Datenerhebungwurde eine E-Mail zur Erinnerung verschickt. 306 Do-zent/innen haben die gestellten Fragen beantwortet(25,72%).

Die quantitativen Datensind mit Hilfe des Pro-gramms SPSS deskriptiv ana-lysiert worden.Die mit Hilfe der offenenFragen erhobenen qualitati-ven Daten sind mit Hilfe derqualitativen Inhaltsanalyse(Mayring 1995; Bryman2008) kodiert und kategori-siert worden. Es ließen sichdabei Kategorien für sowohldie genannten Innovationenselber als auch die dadurcherzielten positiven Verände-rungen in den alltäglichenLehr-Lernarrangements ent-wickeln.Manche Ausführungen derDozent/innen waren soreichhaltig und komplex,dass die durch sie beschrie-benen Innovationen Auswir-kungen in verschiedenen Be-

reichen hatten und damit mehreren Kategorien zuge-ordnet werden konnten.Zwei Beispiele sollen das durch uns entwickelte Katego-rienschema verdeutlichen: siehe Tabelle 1.

4. UntersuchungsergebnisseDa es sich bei den 306 Respondenten um ein ‚convi -niant sample‘ handelt, wurde an Hand der persönlichenDaten kontrolliert, ob es sich um eine repräsentativeStichprobe der gesamten Gruppe der Lehrenden han-delt. In Bezug auf die Variablen Geschlecht, Lebensalter,Berufserfahrung und die Verteilung über alle Fakultätenbzw. Akademien der Fachhochschule konnte dies be-stätigt werden.74% der befragten Dozent/innen geben an in den letz-ten 24 Monaten selbst Innovationen in der Lehre (mit-)entwickelt zu haben. Die Rollen, die die Lehrendenwährend der Entwicklung der Innovationen gespielthaben sind divers und viele von ihnen haben in den ver-gangenen zwei Jahren in unterschiedlicher Form an In-novationsprozessen mitgewirkt. Sie waren Ausführende, Entwickelnde, Implementieren-de, Koordinierende oder Forschende in diesen Prozes-

3 Insgesamt war die Studie jedoch sehr viel umfangreicher und es wurdenDaten zu 8 Themengebieten erhoben:1. Intentionen von Lehrenden, um Unterricht zu verbessern2. Einstellungen in Hinblick auf Unterrichtsinnovationen3. Einstellungen in Hinblick auf die Möglichkeiten innerhalb der Hoch-

schule Lehr-Lern-Prozesse zu verbessern4. ‘Bottom-up’ entwickelte Innovationen5. Erfahrung und Wissen in Bezug auf ‘top-down’ eingeführte Innovatio-

nen6. Die eigene Rolle bei Innovationsprozessen7. Das Erheben von Auswirkungen ‚top-down’ und ‘bottom-up‘ ent-

wickelter Innovationen8. Die Diffusion der erzielten Ergebnisse innerhalb der Hochschule und

darüber hinaus.

Tabelle 1: Beispiele für die Kategorienbildung

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Hochschulforschung HSWsen. Häufig überlagerten sich dabeiverschiedene Funktionen. So gaben212 Dozent/innen an, fertig ent-wickelte didaktische Veränderungenin den vergangenen 24 Monatenausgeführt zu haben. Lediglich 60von ihnen beschränkten sich aufdiese Rolle, alle anderen übernah-men auch andere Funktionen in denInnovationsprozessen.Die Befragten, die selbst an Verände-rungsprozessen mitgewirkt hatten,wurden mit Hilfe des automatischen‚routing‘ innerhalb des Fragebogenszu zwei offenen und zwei geschlosse-nen Fragen weitergeleitet, die dieübrigen Befragten nicht zu sehen be-kamen. Die Fragen lauteten wiefolgt:• Nennen Sie eine Innovation im Be-

reich der Lehre, zu der Sie oder Sie gemeinsam mitIhrem Team beigetragen haben.

• Hat diese Innovation letztendlich zu einer Verände-rung innerhalb der Lehre geführt? (ja/nein)

• Wenn ja, beschreiben Sie bitte die erzielte Verände-rung. Wenn nein, beschreiben Sie bitte warum nachIhrer Einschätzung keine Veränderung erfolgte.

• Gibt es eine weitere Innovation, an der Sie mitgewirkthaben? (ja/nein)

Abhängig von der Antwort der letzten Frage (ja odernein), wurden die Befragten entweder zu einer weiterenSeite geleitet, auf der sie eine weitere Innovation be-schreiben konnten oder aber ihnen wurden direkt dieFragen aus den restlichen Themengebieten des Fragebo-gens vorgelegt.Insgesamt sind von 184 Dozent/innen 365 ‚bottom-up‘entwickelte Innovationen beschrieben worden. Abbil-dung 1 macht deutlich, auf welche vier Ebenen derLehr-/ Lernprozesse sich die genannten Innovationenbeziehen und welche 11 zentralen Themen hierbei vonBedeutung waren (in Klammern die Anzahl der Nen-nungen). So benennen die Befragten zum einen Innova-tionen, die sich auf Kontakte zu Einrichtungen oder Per-sonen außerhalb der Fachhochschule selber richten. Esgeht hier um eine engere Zusammenarbeit mit relevan-ten nationalen oder internationalen Partnern des jewei-ligen Berufsfeldes und/oder anderen Bildungseinrichtun-gen für das ein Studiengang ausbildet. Diese Zusam-menarbeit kann sich auf den Inhalt, die Form oder diePrüfungen bestimmter Lehreinheiten bzw. ganzer Studi-engänge beziehen oder aber auch den Austausch vonStudierenden und Dozierenden betreffen.Die Ebene darunter haben wir als Curriculumniveau be-zeichnet. Innovationen, die sich auf diesen Bereich be-ziehen werden zahlreich angesprochen und meist imKontext mit Veränderungen auf den darunterliegendenEbenen genannt. Hierzu gehören veränderte didaktischeKonzepte die für einen Studiengang gelten sollen genau-so wie Veränderungen im Lehrplan bzw. Basisprogrammeiner Studienrichtung.

Darunter befindet sich die Ebene der so genanntenLehrlinien, einer Besonderheit des niederländischen Bil-dungswesens. Es handelt sich um Kombinationen vonauf einander aufbauenden Studienfächern, die in ihrerGesamtheit und über die jeweiligen Studienjahre sich imSchwierigkeitsgrad steigernd, die Studierenden dazu be-fähigen sollen bestimmte Teilbereiche der für den Stu -dienabschluss notwendigen Kompetenzen zu erlernenund weiterzuentwickeln (s. hierzu auch Schell-Kiehl/Sie-mer 2010). Es werden lediglich sechs Innovationen indiesem Bereich durch die Lehrenden benannt. An ande-rer Stelle im Fragebogen wurde jedoch deutlich, dasssich 46% der Befragten in diesem Bereich Verbesserun-gen in Bezug auf die Anschlussfähigkeit der entspre-chenden Studienfächer wünschen würden.Die größte Anzahl der durch die Befragten beschriebenenFälle richtet sich auf Veränderungen auf der Ebene derkonkreten Lehr-/Lern-Situationen. Hiermit sind sprich-wörtlich Veränderungen in der Lernumgebung der Stu-dierenden gemeint (andere Lehr- und Lernorte aufsuchenbzw. den herkömmlichen eine andere Form geben oderdiese umgestalten), eine Verbesserung im Zusammen-spiel von Veranstaltungsthema und Motivationsstrukturder Studierenden bspw. durch andere Arbeitsformen er-zielen, das neu Einführen oder das verbesserte Anwen-den von (neuen) Medien sowie das Weiterentwickeln derPrüfungsformen bspw. im Kontext eines veränderten di-daktischen Konzepts. Aber auch Studierendenevaluatio-nen oder bspw. gesetzliche Änderungen können dazuführen, dass die Lehrenden in regelmäßigen AbständenVeränderungen auf dieser Ebene anbringen.Auch wenn die Innovationskategorien auf den anderenEbenen zum Teil weniger häufig benannt wurden, ma-chen die Dozent/innen in ihren Aussagen dennoch deut-lich, wie bedeutsam und effektiv in ihrer Wahrnehmungeinzelne Innovationen für den jeweiligen Studiengangsein können.So wurde bei der weiterführenden Frage, ob die ent-wickelte Innovation auch tatsächlich Veränderungen inder täglichen Lehrpraxis hervorgebracht hat, deutlich,dass lediglich in 44 (12,1%) der 365 beschriebenen Fälle

Abbildung 1: Ebenen und Themen der von Dozent/innen entwickelten Inno-vationen

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I. Schell-Kiehl n Die Rolle der Lehrenden bei der Entwicklung innovativer ...HSW

nicht die gewünschten Verbesserungen erzielt werdenkonnten. Die Lehrenden geben hierfür als Gründe vorallem eine mangelnde Unterstützung seitensKolleg/innen oder aber auch des Managements einzel-ner Fakultäten an. Zum Teil wird jedoch auch die Struk-tur der Gesamtorganisation für bestimmte Vorhaben alshinderlich angesehen.285 (78,1%) geschilderte Fälle wurden jedoch von denDozent/innen in dem Sinne als erfolgreich beschrieben,als dass die Lehrenden diese implementieren und ggf.sogar positive Veränderungen in Bezug auf die Lehr-/Lernprozesse bemerken konnten.5 Diese Innovationenhaben wir tiefergehend analysiert.Es scheint häufig vorzukommen (39%), dass Lehrendean Veränderungsprozessen (mit-)arbeiten, ohne jedochnachvollziehen zu können, ob sich die Lehre dadurch inirgendeiner Form tatsächlich grundlegend verbesserthat. Zum einen scheint ein häufiger Grund hierfür zusein, dass die Neuerungen gerade erst eingeführt wur-den und deshalb keine Erfahrungen und Vergleiche vor-liegen. Zum anderen scheinen die entwickelten Verän-derungen nicht immer systematisch auf ihre Wirkungs-weise hin überprüft zu werden. Auf diesen Punkt kom-men wir noch zurück.In einigen Fällen konnten die Befragten jedoch sehr kon-kret benennen in welchen Punkten die eingeführtenVeränderungen eine Verbesserung der Lehre hervorge-bracht hatten und damit tatsächlich den Charakter einerInnovation (siehe oben) tragen. Hierzu zählten eine ver-besserte Bezugnahme der Lehre auf die konkrete Beruf-spraxis, positive Auswirkungen auf den Lerneffekt beiden Studierenden, eine verbesserte Prüfungspraxissowie eine gesteigerte Motivation der Studierenden.Deutlich weniger häufig wurden Auswirkungen auf dieAnzahl der regelmäßigen Seminarteilnehmer/innen, dieSeminaratmosphäre oder sogar positive Effekte bei denLehrenden selber festgestellt.

Eine weitergehende Analyse der einzelnen Innovationenin Kombination mit den von den Lehrenden wahrge-nommenen Verbesserungen machte aber deutlich, dassdie einzelnen erfolgreichen Innovationen – ganz derKomplexität von Lehr-/Lernprozessen entsprechend –verschiedene Veränderungen auf mehreren Ebenen her-vorbrachten.So scheinen die mit Bezug auf die Ebene ‚Kontakteaußerhalb der Bildungsorganisation‘ entwickelten Inno-vationen sich zu allererst darauf zu richten, dass der An-schluss der Studierenden an ihr zukünftiges Berufsfeldbesser verläuft. Gleichzeitig benennen die mit den Ver-änderungsprozessen beschäftigten Lehrenden jedoch po-sitive Auswirkungen auf der Ebene der direkten Lehr-/Lern-Situation: eine erhöhte Motivation und Leistungs-bereitschaft der Studierenden, bessere Lernergebnisse,mehr Seminarteilnehmer/innen etc. Aber auch anders-herum kann gelten, dass zum Beispiel kleinteilige Verän-derungen im Bereich der Prüfungen nicht nur mehrTransparenz und Effizienz in diesem Bereich bieten, son-dern auch eine verbesserte Motivation und erhöhteLernleistungen bei den Studierenden festgestellt wer-den. Zum Teil führen die Veränderungen in den gefor-derten Prüfungen aber auch dazu, einen besseren An-schluss an das Arbeits- und Berufsfeld zu erzielenund/oder Verbesserungen in den Abläufen der Studien-organisation herbeizuführen.An dieser Stelle können nicht alle Auswirkungen der In-novationen dargestellt werden. Für eine ausführlicheAufarbeitung der Ergebnisse kann der Projektberichteingesehen werden.6Dass die Auswirkungen der benannten Innovationen fürdie Lehrenden individuell spürbar sind, ist das eine, aberwerden sie auch tatsächlich auf ihre Wirkungsweiseüberprüft und führt dies ggf. zu weiteren Verbesserun-gen? Hierüber herrscht viel Unsicherheit unter den Do-zent/innen. 23% der Befragten geben an, dass die Aus-wirkungen der eingeführten Innovationen nicht weiteruntersucht werden. 32% weiß nicht, ob dies der Fall istund knapp 45% sagt, dass dies getan wird. Von denjenigen, die davon ausgehen, dass die erzieltenEffekte der Innovationen gemessen werden, ist sich 41%nicht sicher, ob die Ergebnisse dieser Evaluationen dazuführen weitere Verbesserungen vorzunehmen und 11%geht davon aus, dass dies nicht der Fall ist.Wenn die erzielten Effekte einer didaktische Innovationerhoben werden, geschieht dies hauptsächlich durch dieBefragung der Studierenden, die Kontrolle der Prüfungs-ergebnisse oder auch mit Hilfe von Befragungen unterDozent/innen.Gefragt danach wie die Dozent/innen selber Informatio-nen über erfolgreiche Innovationsprozesse innerhalb derFachhochschule oder auch darüber hinaus verbreiten,fällt auf (siehe Tabelle 4), dass es vor allem die Teambe-sprechungen in den unterschiedlichsten Konstellationen

Tabelle 2: Auswirkungen der ‚bottom-up‘ entwickeltenInnovationen (aus der Perspektive der Lehren-den) (n = 285 Innovationen mit einem positivenErgebnis)4

4 Einige der Fälle erzielten positive Veränderungen gleich in mehreren derhier aufgeführten Kategorien.

5 Bei 36 (9,8%) der Fälle wurde diese Frage nicht beantwortet.6 http://www.saxion.nl/onderwijsinnovatie/downloads/innovatief_en_effect

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Hochschulforschung HSW

sind, die hierfür genutzt werden. Aber auch die fakul-tätsinternen Studientage, die jährlich mindestens einmalstattfinden, bieten hierfür Raum (30%). Nur selten pu-blizieren Dozent/innen über die von ihnen entwickeltenInnovationen (6%), präsentieren sie auf Kongressen undTagungen (6%) oder informieren darüber die Presse(2,6%). Die Informationen über durchgeführte Innova-tionen bleiben damit vor allem intern und auf die eigeneFakultät ausgerichet.

5. Diskussion und SchlussfolgerungenUnser Interesse richtete sich darauf, durch Fachhoch-schullehrende selbst entworfene und durchgeführte di-daktische Innovationen an dem Beispiel einer einzigenniederländischen Hochschule zu untersuchen. Uns ist be-wusst, dass diese Herangehensweise durch weitere Erhe-bungen bspw. aus Sicht der Studierenden und einer Do-kumentenstudie bspw. den jährlichen ‚Managementrap-portagen‘ zur Qualität der Umsetzungen ergänzt werdenkönnte, um die Ergebnisse aus der rein deskriptiven Per-spektive der Dozent/innen erweitern zu können.

Auch können die Ergebnisse nicht ohne weiteres als ge-neralisierbar gelten, da es sich um ein ‚conveniencesample‘ handelt, bei dem wir nicht vollkommen aussch-ließen können, dass sich vor allem Lehrende mit einembesonderen Interesse für didaktische Innovationen be-teiligt haben. Wenngleich wir noch einmal betonenmöchten, dass die Stichprobe in Bezug auf das Ge-schlecht, die Zugehörigkeit zu den Fachbereichen, dasAlter und die Erfahrung mit Lehr-/Lernprozessen als re-präsentativ für die hier untersuchte Fachhochschule gel-ten kann und unsere Zielsetzung darauf ausgerichtet warbesonders reichhaltige Informationen über stattfinden-de aktuelle Innovationsprozesse zu erhalten .Die 365 erhobenen ‘bottom-up’ Innovationen, die vonden Befragten entwickelt worden sind, zeichnen sichdann auch durch Vielfältigkeit und Komplexität aus. Eshandelt sich nicht um isolierte Verbesserungen, sondernsie wirken sich auf unterschiedliche Ebenen der Lehr-/Lernprozesse der hier untersuchten niederländischenFachhochschule aus. Diese Veränderungen sind ausSicht der Dozent/innen zudem als eingebettet in gesell-schaftliche und praxisspezifische Entwicklungen zusehen. Die Lehrenden selber übernehmen bei diesen In-novationen häufig verschiedene Rollen, nur selten sindsie auf die Durchführung der von anderen entworfenenVerbesserungen beschränkt. Allerdings werden diedurchgeführten Innovationen und damit erzielten positi-ven Veränderungen für das Studium mehr fakultätsin-tern als organisationsweit oder sogar darüber hinauskommuniziert.Die Untersuchungsteilnehmer/innen sind motiviert underfindungsreich, was die Verbesserung der eigenen Lehr-praxis betrifft. Ein wichtiger Punkt, um diese Innova -tionsfähigkeit weiter zu stärken scheint zu sein, dass dieLehrenden davon überzeugt sind, dass nicht ein ‚verän-dern um des Veränderns Willen‘ stattfindet. Dazugehört auch, dass die Ergebnisse der durchgeführtenVeränderungen überprüft werden und ggf. in weiterenAnpassungen der Innovationen an die jeweiligen Erfor-dernisse münden. In der Evaluation der eingeführten In-novationen sehen wir noch viele Entwicklungsmöglich-keiten und es sollte verstärkt darüber nachgedacht wer-den, wie die durch die Lehrenden selbst erlebten undgefühlten positiven Auswirkungen tatsächlich erfassbarund damit der Überprüfung zugänglich gemacht werdenkönnen. Dies gilt auch für die Diffusion von Erfahrungenmit eingeführten Innovationen über die Fakultätsgren-zen hinweg. Das Sammeln und Verbreiten von relevan-tem Wissen über Veränderungsprozesse ist u.E. von be-sonderer Bedeutung für die Entwicklung zukünftigergrundlegender Innovationen.

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Tabelle 3: Welche Effekte von Unterrichtsinnovationenwerden erhoben

Tabelle 4: Kommunikation in Bezug auf ‚bottom-up‘ In-novationen

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n Dr. Ines Schell-Kiehl, wissenschaftliche Mitar-beiterin, Department of Social Work, Fachhoch-schule Saxion, E-Mail: [email protected]

Peter Kossack, Uta Lehmann & Joachim Ludwig (Hg.):

Die Studieneingangsphase – Analyse, Gestaltung und Entwicklung

Der vorliegende Band versammelt eine Reihe von Arbeiten, dieim Kontext der Weiterentwicklung der Qualität von Lehre ent-standen sind.

Dabei wird im Besonderen die Studieneingangsphase als zen-trale Übergangsstelle in Bildungsbiographien in den Blick ge-nommen.

Die Arbeiten reichen von der Vorstellung einer empirisch fun-dierten Analyse typischer Problemlagen in Studieneingangs-phasen über die Darstellung von Instrumenten zur Entwick-lung von Studieneingangsphasen bis hin zur kritischen Refle -xion der Studieneingangsphasenpraxis.

Vor dem Hintergrund der Umstellung von Studiengängen imZuge des Bologna-Prozesses geben die Beiträge Einblick zu ak-tuellen Anforderungen und Problemstellungen, mit denen Stu-diengangsplanende, Hochschullehrende wie auch Studierendein der Stu dieneingangsphase konfrontiert sind.

Darüber hinaus werden für eine Entwicklung von Studiengän-gen und die Gestaltung der Hochschullehre relevante Potentia-le und Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt.R

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Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

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Hochschulforschung HSW

„Gute Lehre“ ist zum Standortfaktor geworden.“1

(HRK 2011, S. 53)

Der folgende Beitrag skizziert eine aktivierende For-schung zur Hochschuldidaktik und Ergebnisse aus zweiaktuellen Forschungsprojekten, die das Zurechnungs-problem der Effekte hochschuldidaktischer Formate un-tersuchen und in Vorstellungen zur hochschuldidakti-schen Forschungsförderung münden. Anlass ist das Sym-posium ‚Inspiration und Intervention‘, das im Juli 2011in Dortmund stattfand und bei dem Expert/innen derHochschulforschung und Qualitätssicherung Ergebnissedieser beiden Forschungsprojekte im Zusammenhangmit weitergehenden Empfehlungen für eine aktivierendeHochschulforschung diskutiert haben.

1. Aktivierende Forschung zur Hochschul -didaktik und Weiterbildung

Die Forschung zu Formaten und Vermittlungskonzeptender Hochschullehre hat durch die Projektförderung des

Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)in der Programmlinie Professionalität der Hochschulleh-re seit 2008 neuen Aufschwung erhalten – nicht zuletzthervorgerufen durch die gestufte Studienreform der Bo-logna-Reform und die Ausrichtung der Lehre an derKompetenzentwicklung der Studierenden. Seit den1990er Jahren versteht sich die hochschuldidaktischeForschung als Teil der empirischen Bildungsforschung.Ihre zentralen Fragen sind, wie Lernverhalten motiviertist und wodurch es reguliert werden kann, ebenso wiesoziale Umwelten auf die studentische Selbstregulationund ihre intrinsische Motivation einwirken. Neuere Un-tersuchungen signalisieren eine Wende von der politi-schen Einführung (umfassender) Reformen zu einer em-pirischen Forschung, deren zentrales Merkmal die Über-prüfung intendierter zieldefinierter Veränderungen inquasi experimentellen Forschungsdesigns ist. Ein Teil der

Sigrid Metz-Göckel, Marion Kamphans & Antonia Scholkmann

Gute Lehre – empirisch geprüft: Aktivierende Forschung zur Hochschullehre.

Zwischenbericht aus zwei Forschungsprojekten und einer Expert/innen-Diskussion mit wissenschaftspolitischen Empfehlungen

The scientific observation of the effects of academic teaching is difficult. Everyday observations about learningprogress are methodically unsecured. There is a lack of empirical research in this area. But research faces a num-ber of methodological difficulties when trying to exactly determine the effect of learning situations on learningsuccess. Two extensive projects have decided to solve these problems. The article by Sigrid Metz-Göckel, Marion Kamphans & Antonia Scholkmann captioned Good Teaching - Empirically Tested: Activating Research toHigher Education Teaching recounts initial considerations and preliminary results of the German Federal Minis -try of Education and Research projects on the effectiveness of educational interventions in teaching and the ef-fectiveness of problem-based learning (PBL). At the same time, the results of the symposium "Inspiration and In-tervention", which was held on these projects in July 2011, are picked up.

Marion KamphansSigrid

Metz-Göckel

Antonia Scholkmann

1 Mit der Gründung einer eigenen Fakultät für die Lehre hat die TU Mün-chen auf die Anforderungen reagiert und z.B. ein innovatives „Freiseme-ster für die Lehre“ eingerichtet, in dem die Dozent/innen Zeit finden, eineausgereifte Lehrveranstaltung zu konzipieren (HRK 2011, S. 57).

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S. Metz-Göckel, M. Kamphans & A. Scholkmann n Gute Lehre – empirisch geprüft: ...HSW• unterschiedliche Lehrformate vergleichend im Hin-

blick auf ihren studentischen Lernerfolg untersuchtwerden.

In der Zielsetzung geht es der aktivierenden Hochschul-forschung um strukturelle, kulturelle und habituelle Ver-änderungen der institutionellen Lehrangebote und umLernprozesse von Personen und Institutionen. Die kultu-rellen Veränderungen, die dabei induziert werden, sindallerdings kleinschrittig, minimalistisch und erst längerfri-stig kumuliert bemerkbar, wie wir aus der soziologischenFeldforschung von Bourdieu zur akademischen Welt an-nehmen können. Denn der wissenschaftliche Lehr-Habi-tus ist eher statisch als flexibel (vgl. Bourdieu/Wacquant2006, S. 167ff), und Lehrende sind fest in die Strukturenund Prozesse ihrer Hochschule eingebettet, die sich als„besondere Organisation“ begreift (Beckmeier/Neusel1991), weil sie sich durch eine fragmentierte Organisati-onsstruktur und akademische Kommunikationskultur(Konsensorientierung und Kollegialität auf der profes-soralen Ebene) und damit durch eine strukturelle Flexibi-lität und kulturelle Determiniertheit auszeichnet (Neusel1998, S. 106). Lehrende nehmen sich in ihrem hochschu-lischen Aktionsradius unterschiedlich stark als Akteurewahr – in einer Spanne zwischen ‘in den Verhältnissengefangen‘ bis hin zu aktiv die Prozesse in ihrer Hochschu-le und Lehre gestaltend. Sie haben sich in der Regel inihren ‚Lehr-Routinen‘ eingerichtet und beeinflussen soals zentrale Akteure und Akteurinnen die Lehrkultur inihrem Fach und ihrer Fakultät. Daher sind eine institutio-nen- und eine individuenzentrierte Forschungskonzepti-on aufeinander zu beziehen.Die Forschung zu hochschulischen Lehr- und Lernpro-zessen operiert mit einigen Gegenüberstellungen zumLehrstil bzw. zu Lehrkonzepten, die sich in den begriffli-chen und konzeptuellen Dichotomien instruktivistischvs. konstruktivistisch, studierenden-fokussiert vs. lehren-denfokussiert, institutionszentriert vs. individuumszen-triert, konstatierend vs. verändernd niederschlagen.Diese Gegenüberstellungen können dabei entweder alspolare und typische Alternativen gedacht oder aber alsin einem Kontinuum angesiedelte Differenzierungen an-gesehen werden. In der empirischen Forschung zu aka-demischen Lehr- und Lernprozessen in den aktuellen Re-formprozessen nimmt insbesondere der Vergleich einesinstruktivistischen versus konstruktivistischen Verständ-nisses von Lehr-Lernprozessen einen hohen Stellenwertein (Eder et al. 2011; Küng/Scholkmann/Ingrisani 2012;Braun 2010; Braun/Leidner 2009; Braun/Hannover2008). Mit einem instruktivistischen Lehrverständnis istdie Orientierung an den fachwissenschaftlichen Inhaltenund ihrer Vermittlung durch die Lehrenden gemeint, miteinem konstruktivistischen Verständnis die Ausrichtungam Lernprozess, dem Vorwissen und den Interessen derStudierenden. Lehrende arrangieren Lernen in sozialenZusammenhängen als Auseinandersetzung mit den wis-senschaftlichen Inhalten und den an den Prozessen be-teiligten Personen. Aus konstruktivistischer Perspektivewird Wissenserwerb als intra-individueller Prozess ausWahrnehmung, Interpretation und Anknüpfen an Vor-wissen verstanden (vgl. Mienert/Pitcher 2011, S. 47f;Winteler/Forster 2007, S. 107). Eine konstruktivistische

Forschung befasst sich mit einem weiteren Perspektiven-wechsel auf die akademische Lehre, indem die Lernfort-schritte der Studierenden in den Blick genommen undihre selbsteingeschätzten Lernzuwächse in Lehrveran-staltungen gemessen werden (Braun/Gusy/Leidner/Han-nover 2008). Diese Forschung wurde u. a. durch die Ein-führung und Evaluation alternativer Lehrformen inspi-riert, die eine entdeckende Auseinandersetzung mitLern inhalten fokussieren. Loyens/Rikers (2011) fassendiese Forschung unter den Begriff inquiry-based learningzusammen. Mit der Einführung des problembasiertenLernens an der Universität Maastricht in den 1970er Jah-ren (vgl. Moust/van Berkel/Schmidt 2005, S. 209; vander Vleuten/Wijnen 1990, S. 153) entwickelte sich eineForschungstradition, die Strukturen und Effekte dieserAuffassung vom universitären Lernen untersuchte.Als Mythos ‚gute Lehre‘ lässt sich die allseitige Vorstel-lung bezeichnen, dass die Hochschulehre mit ihren tra-ditionellen Formaten effektiv im Sinne ihrer Zielsetzungsei. Diese Wunschvorstellung steht nur teilweise auf so-lidem Fundament, denn im Grunde haben wir wenig zu-verlässiges Wissen darüber, wie viel und wie Studieren-de in den konkreten Lehrveranstaltungen wirklich ler-nen. Das Problem ist vor allem ein Zurechnungsproblem(vgl. Metz-Göckel/Kamphans/Scholkmann 2012), dennals Forschende stellen wir uns Fragen wie: Welches Ver-hältnis besteht zwischen dem Wissensangebot in einerLehrveranstaltung und seiner Rezeption bzw. Verarbei-tung durch die anwesenden Studierenden? Und wiewirksam sind Inhalte und Vermittlungsformate hoch-schuldidaktischer Angebote für Teilnehmer/innen anhochschuldidaktischer Weiterbildung? So fragt auch die dänische Hochschulexpertin AnnetteKolmos (2010, S. 1): „Why is it so difficult to change theteaching and learning in a single classroom in highereducation (HE), not to mention classroom change at theinstitutional level?” Wir versuchen, darauf eine Antwortzu geben, indem wir über einen Typ von Studien berich-ten, den wir hochschuldidaktische Interventionsstudiennennen und geben zusammenfassend die Diskussion indrei Arbeitsgruppen des Symposions wieder, da in ihnenVorstellungen einer weiteren Förderung der Hochschul-forschung formuliert wurden.

2. Theoretische Konstrukte der hochschul didaktischen Forschung

Zur empirischen Wirksamkeitsforschung zu Formatender Hochschullehre gehören die Interventionsstudien.Interventionsstudien zur Hochschullehre zeichnen sichdadurch aus, dass sie kurzfristige Veränderungen mit ge-ringem Aufwand in den Lehrformaten einführen und dieEffekte bei den Studierenden in einem Prä-Post-Ver-gleich untersuchen. Diese Untersuchungen bezeichnenwir deshalb als aktivierend für die Lehrenden wie dieStudierenden, weil sie nicht nur konstatieren, wie etwasist, sondern gleichzeitig die Lehrroutinen zu verändernversuchen. Die Bezeichnung aktivierende Hochschulfor-schung betrifft somit eine Forschungskonzeption, bei der • kurzfristige Veränderungen der Lehrformate in Abspra-

che mit der Lehrperson eingeführt und diese metho-disch kontrolliert überprüft werden oder

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Hochschulforschung HSWLehrorientierung wird als studierenden-orientierterLehrstil bezeichnet (vgl. Trigwell/Prosser 2004). Lehren-de, die ihre Lehre auf die Studierenden ausrichten, sehenihre Aufgabe vorrangig darin, den Wissens- und Kompe-tenzerwerb der Studierenden zu unterstützen und zuversuchen, die Eigenaktivitäten der Studierenden anzu-regen, um auf diese Weise bessere Lernergebnisse undein tiefenorientiertes Lernen zu erreichen. Sie verstehensich eher als Lernbegleiter denn als Instrukteure. Das hatFolgen für die Lehrformate, die dann stärker auf Interak-tionen ausgerichtet sind.2Wir unterscheiden ferner in der hochschuldidaktischenForschung eine institutionen-zentrierte bzw. strukturel-le Perspektive von einer individuenzentrierten Perspek-tive. Diese Unterscheidung ist insofern relevant, als siean die Debatte zur Struktur vs. Handeln anknüpft (vgl.z.B. Schimank 2000), in der die Reichweite der Verän-derung von Lehre und ihre Qualität thematisiert wer-den. Strukturelle Veränderungen, z.B. die gestufte Stu-dienreform, so die Annahme, haben eine größere Reich-weite als die Veränderungen, die sich an die Lernbereit-schaft der Lehrpersonen richten. Diese Gegenüberstel-lung bleibt jedoch abstrakt und formal. Denn die struk-turellen Veränderungen müssen von den Personen, diedavon tangiert werden, mitgetragen oder in Handlun-gen umgesetzt und verinnerlicht werden. StrukturelleVeränderungen, wie sie die Bologna-Reform angeregthat, sollten von den Lehrenden und Studierenden mit-vollzogen werden. Sie müssen es aber nicht, da sie un-terwandert werden können und alles beim Alten blei-ben kann, auch wenn es anders dargestellt wird, wie be-reits mit Gegenüberstellung von talk und action vonBrunsson (1989) eingeführt (vgl. hierzu auch Hanft2000, S. 4ff3). Diese kulturelle Dimension erweist sichfür eine empirische Dokumentation schwerer zugäng-lich und gerade in ihrer ‚Unfassbarkeit‘ widerstandsfähi-ger. Wir machen dennoch diese Unterscheidung zwi-schen struktureller und kultureller Dimension, weil dieEmpirie des Forschungsprojekts, von dem nachfolgendetwas ausführlicher berichtet wird, zeigt, dass selbstwenn primär die Lehrpersonen adressiert werden, auchdie institutionalisierten Lehrformen berücksichtigt undVeränderungen über sie induziert werden können. Ineinem zweiten Projekt versuchen wir, einen eher insti-tutions-zentrierten Veränderungsprozess umzusetzen,indem wir problembasiertes Lernen auf Fachebene miteinem traditionellen Lehrkonzept vergleichen. Die In-tention beider Forschungsprojekte ist es, Veränderun-gen in der Lehre sowohl über die Individuen als auchdie institutionellen Rahmenbedingungen zu induzieren.Beide Konzepte untersuchen wir auf ihre Lernwirksam-keit bei den Studierenden.

3. Effektivität der akademischen Lehre – Ergebnisse aus zwei Forschungsprojekten

Das BMBF-Projekt Lehre – Wirksamkeit – Interventionen(LeWI)4 verbindet in einem komplexen Forschungsde-sign ein ‚Lehr-Coaching‘ als hochschuldidaktische Bera-tung mit konkret handhabbaren kleinschrittigen Verän-derungen von Lehrveranstaltungen, meist in Form kurzer

interaktioneller Sequenzen. Diese ‚vereinbarten‘ Verän-derungen nennen wir Interventionen. Die ausgewähltenLehrveranstaltungen werden in ihrer veränderten Durch-führung vom Forschungsteam teilnehmend beobachtetund in einem Methodenmix (Beobachtungen und Befra-gungen sowie Gespräche/Interviews) Rückmelde-Datenaus der Perspektive der Lehrenden und Studierenden andrei Zeitpunkten erhoben und so auch die Nachhaltigkeitder umgesetzten Veränderungen überprüft. Diesenmehrperspektivischen Blick (vgl. Prengel 2000, S. 87f)auf konkrete Lehrsituationen einzunehmen, ist wichtig,um einen Überblick über die Gesamtsituation und mögli-che Zusammenhänge zu erhalten. D.h. die Lehrendenwerden nicht nur in ihrem konkreten Tun einer Lehrver-anstaltung beobachtet, sondern auch die Wirkungenihres Tuns auf das Lernen der Studierenden geprüft unddie Rahmenbedingungen vor Ort dabei berücksichtigt(z.B. Zeitstruktur und Stoffvermittlung). Der zweite Grund ist ein methodologischer. Eine me-thodisch-kontrollierte und theoretisch kontextualisierteBetrachtung kann Phänomene sichtbar machen, dievorher nicht offensichtlich waren und Implizites da-durch explizit werden lassen. Dies betrifft z.B. (Ge-schlechter-)Diskriminierungen, die Lehr-Lern-Interak-tionen durchziehen können, aber auf den ersten Blicknicht weiter auffallen, weil sie so subtil und z.T. auchunbewusst stattfinden, dass sie der Selbstwahrnehmungder handelnden Personen nicht zugänglich sind, abervon außen beobachtet werden können (vgl. Münst2002, 2003). Dies könnte auch den „Mythos guteLehre“ betreffen, denn Lehrende gehen in ihrem profes-sionellen Selbstverständnis davon aus, gute Lehre zumachen, ohne dass es zu einer Überprüfung käme (vgl.Metz-Göckel et al. 2010).Im Rahmen des LeWI-Projektes wurden 32 Coaching-Prozesse durchgeführt.5 Die Auswertung der qualitati-ven und quantitativen Untersuchung ergab sichtbareund ‚messbare‘ Ergebnisse auf Seiten der Lehrendenwie der Studierenden. Die Ergebnisse hatten in mehre-ren Fällen zur Folge, dass Lehrveranstaltungen von denLehrenden modifiziert wurden. Zusammenfassend lässtsich sagen, dass es mit dem Format „LeWI-Coaching“gelingen kann, die Lehrkompetenz von Lehrenden zufördern, ihr Methodenrepertoire zu erweitern und ihreRolle als ‚interaktiv Lehrende‘ zu stärken. Die Studie-renden können ihren Lernerfolg steigern, da es gelingt,

2 Diese konzeptionelle Vorstellung vom akademischen Lehren und Lernengreift auch die Debatte zum forschenden Lernen und Lehren und wissen-schaftlichen Prüfen auf, die bereits seit den 1970er Jahren ein relevanteshochschuldidaktisches Thema ist (Huber/Hellmer/Schneider 2009).

3 Die Autorin hat hier beispielhaft beschrieben, wie Prüfungsreformen ineiner Fakultät letztendlich an der Aushebelung durch organisationale Cha-rakteristika (irrationale Entscheidungsfindungen) scheitern.

4 Leitung Marion Kamphans/Prof. Dr. Sigrid Metz-Göckel. WissenschaftlicheMitarbeiterinnen: Christiane Ernst, Bianca Becker, Anna Funger (ehem.),Jennifer Eickelmann (ehem.). Verbundpartner sind die Technische Univer-sität München (Prof. Dr. Susanne Ihsen, Wolfram Schneider), die Techni-sche Universität Braunschweig (Prof. Dr. Elke Heise, Ute Zaepernick-Rothe) sowie die Leuphana Universität Lüneburg (Prof. Dr. Christa Cremer-Renz, Dr. Bettina Jansen-Schulz, Brit-Maren Block). Laufzeit und Förde-rung: 12/2008-07/2012.

5 Zusätzlich zu den Coachings wurden die Fragebögen in 8 Kontrollgruppen(= 8 Lehrveranstaltungen) bei Lehrenden und Studierenden eingesetzt.

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S. Metz-Göckel, M. Kamphans & A. Scholkmann n Gute Lehre – empirisch geprüft: ...HSWa) überfachliche Kompetenzen stärker geschult werden

und b) Fachwissen nachhaltiger und mit Bezug zu konkreter

beruflicher Problemlösung erworben und konsolidiertwird (vgl. Ricken/Roters/Scholkmann 2009).

Vor dem Hintergrund weitreichender curricularer undorganisationaler Veränderungen, die bei der Umstellungvon Lehre nach problembasierten Prinzipien notwendigwerden, bestand das Interesse des Forschungsprojektsdarin zu überprüfen, welche Wirksamkeit PBL-Lehre imHinblick auf diese beiden Kriterien hat. Aktivierung ent-steht im Projekt PBL dadurch, dass auf individueller undorganisationaler Ebene Ergebnisse generiert werden, dieals Handlungswissen Grundlage für eine Veränderungvon Lehre und Studium darstellen.Ergebnisse aus der Pilotstudie mit zwei deutschsprachi-gen Untersuchungsgruppen (eine davon (die Schweizer)problembasiert lernend, die andere als Vergleichsgruppemit traditionell vorlesungsbasierter Lehre) zeigen keineeindeutige Überlegenheit für problembasiertes Lernenvon Fachwissen (vgl. Eder et al. 2011). Allerdings wur-den aufgrund systematischer StichprobenunterschiedeHinweise generiert, dass Bildungsungleichheiten, d.h.schlechtere Ausgangsbedingungen durch geringer-wer-tige Schulabschlüsse, durch problemorientiertes Lehrenund Lernen ausgeglichen werden können. Eine schlech-tere Schulabschlussnote und ein Hochschulzugang, dernicht über das Abitur erfolgt, spielen für die Leistung ineinem neu konstruierten Wissenstest keine Rolle mehr.Studierende erbringen unabhängig von Schulleistungund Art der Hochschulzugangsberechtigung die gleicheLeistung im Wissenstest. Ein weiteres Forschungsergeb-nis belegt, dass problembasiert und traditionell studie-rende Versuchspersonen den überfachlichen Kompe -tenz erwerb in unterschiedlichen Bereichen sehen(Küng/Scholkmann/Ingrisani 2012). Die Erkenntnisse der Hauptstudie zeigen darüber hin-aus, dass sich die Struktur des generierten Wissens zwi-schen den problembasiert und den vorlesungsbasiertstudierenden unterscheidet (Scholkmann et al., in Vor-bereitung): Studierende aus vergleichbaren vorlesungs-basierten Curricula zeigen eine große Spannweite inihrem Fachwissenserwerb, der Wissenserwerb von pro-blembasiert Studierenden ist eher im ‚Mittelfeld‘ zwi-schen sehr guten und weniger guten Ergebnissen zu be-obachten. Dieses Ergebnis weist auf eine vorsichtigere,aber auch strukturierte Lernstrategie bei problembasiertstudierenden Personen hin. Eine weitere Erkenntnis ausder Hauptstudie ist die Prüfung von Unterschieden inder Lehr-Einstellung von Lehrenden in problembasiertenund vorlesungsbasierten Curricula (Scholkmann/Eder/Roters/Ricken, angenommen; Scholkmann/Loyens, inVorbereitung) sowie die von impliziten Annahmen über‚gute Lehre‘ in den untersuchten Studiengängen(Scholkmann, in Vorbereitung).

sie in Veranstaltungen stärker als bisher kognitiv ‚beider Stange zu halten‘ und zu einer interaktiveren Mitar-beit zu bewegen. Konsequenterweise ändern Lehrendeschon während des oder im Anschluss an das LeWI-Coa ching ihre Lehrkonzepte entweder in Teilen oder inGänze. Positive Effekte sind auch, dass die Wertschät-zung gegenüber der Lehre steigt und Lehrende sichüber das LeWI-Coaching und seine Effektivität austau-schen. Sie regen damit sich selbst verstärkende Prozes-se in der Fachkultur an. Und auch die Studierendenäußern sich positiv darüber, dass der Lehre und„gutem“ Lehren mehr Aufmerksamkeit als bisher ge-widmet wird (vgl. Block 2011; Block/Eickelmann 2011;Kamphans et al. 2011).In einer online-Befragung im Rahmen des LeWI-Projek-tes wurde zudem ein Instrument entwickelt, dass dieZufriedenheit mit der Lehre ermittelt (s. ausführlicherHeise/Zaepernick-Rothe 2012). Die allgemeine Zufrie-denheit der Wissenschaftler/innen mit ihrer Lehre zeigtsich differenzierter in den Subskalen. Sie ist groß im Ver-gleich mit der Zufriedenheit mit den Rahmenbedingun-gen und der Forschungsförderung, so dass hier positiveAnsätze zur weiteren Verbesserung möglich sind.

Das BMBF-Projekt „Wirksamkeit problembasierten Ler-nens als hochschuldidaktische Methode – PBL“6 befasstsich in einem internationalen Vergleich mit der unter-schiedlichen Implementierung des Lehr-Lernkonzepts‚Problembasiertes Lernen (PBL)‘ in den Niederlanden(Universität Rotterdam) und Schweden (UniversitätLinköping), Deutschland und der Schweiz. Hintergrund des Forschungsprojekts ist das wachsendeInteresse am konstruktivistisch geprägten Lehr-Lern-An-satz PBL – im deutschen Sprachraum auch als „Proble-morientiertes Lernen“ (PoL) bekannt – dem das Potenzi-al zugesprochen wird, eine Antwort auf die Bildungsher-ausforderungen des 21. Jahrhunderts zu sein (Christen-sen/Aarup Jensen 2008). Zur Wirksamkeitsprüfungwurde in der Werkstattphase des Projekts (Pilotstudie)ein eigenes Instrument entwickelt, welches das Tiefen-lernen der Studierenden auf verschiedenen Verständnis-niveaus misst und einen Vergleich mit der Kontrollgrup-pe ermöglicht. Das untersuchte Fachgebiet ist die Lehreder (Entwicklungs-)Psychologie. In der Hauptstudie, inder das Messinstrument eingesetzt wurde, konntenLehrveranstaltungen an deutschen Universitäten alsKontrollgruppen gewonnen werden und für die Experi-mentalgruppe eine Schweizer Hochschule, die Entwick-lungspsychologie problembasiert unterrichtet. Die Kon-trollgruppen in Deutschland studieren dieses Fachgebietnach der traditionellen Lehrmethode. Im problemorientierten Lernen erarbeiten sich Studie-rende alles Wissen konsequent in Kleingruppen durchdie Bearbeitung von authentischen Problemfällen einesFachs, die in der Regel paradigmatisch für eine berufli-che Situation sind (vgl. Barrows 1986; Barrows 1985;Barrows/Tamblyn 1980) und die Anwendung eines cur-ricular vorgesehenen Fachwissens beinhalten (Dochy etal. 2003). Dieses problembasierte Vorgehen, so die An-nahme, bereitet Studierende besser auf eine zukünftigeBerufstätigkeit vor, indem

6 Leitung Dr. Antonia Scholkmann/ Prof. Dr. Sigrid Metz-Göckel. Wissen-schaftliche Mitarbeit: Franziska Eder, Maria Paula Valk-Draad. AssoziierteProjektmitglieder: Judith Ricken, Bianca Roters. Aktuelle Laufzeit und För-derzeitraum: 04/2009-03/2012.

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Hochschulforschung HSW

4. „Inspiration und Intervention“ – zur nachhaltigen Verankerung aktivierenderHochschulforschung als Erfordernis

Eine aktivierende Hochschulforschung ist, wie Eingangsbereits skizziert, darauf angewiesen, dass die Wirksam-keit von Lehr- und Lerninnovationen über längereZeiträume untersucht werden, um fundierte Aussagenüber strukturelle, kulturelle wie auch habituelle Verän-derungen von Personen und Institutionen machen zukönnen (s. ausführlicher Metz-Göckel et al. 2012). Er-gebnisse der aktivierenden Feldforschung zur Hoch-schullehre wurden auf dem Symposion Inspiration undIntervention7 mit Expertinnen und Experten der Hoch-schuldidaktik-Forschung und Qualitätssicherung in dreiArbeitsgruppen anhand der folgenden drei Fragenkom-plexe diskutiert.1. Wie können Lehrende dafür gewonnen werden, inihren Veranstaltungen minimale Veränderungen (Lehrin-terventionen) durchzuführen und empirisch beforschenzu lassen?In dieser ersten Arbeitsgruppe8 zur Schaffung einer re-flexiven Lehrkultur wurden strukturelle und (organisa -tions-)kulturelle Bedingungen diskutiert, die die Durch-führung von Lehrinnovationen und die Bereitschaft zurTeilnahme an ihrer wissenschaftlichen Erforschung för-dern können. Wichtig ist eine klar kommunizierte konzeptuelle Tren-nung zwischen einer zu verändernden Lehrpraxis undihrer Erforschung, d.h. zwischen der umgesetzten didak-tischen Veränderung und der Beforschung dieser Prozes-se9, also die Differenzierung der unterschiedlichen Ebe-nen der Intervention (hochschuldidaktische Innovationvs. Begleitforschung). Nur wenn Lehrende größtmögli-che Klarheit und Mitsprachemöglichkeit haben, auf wel-cher Ebene sie sich bewegen – sei es eine didaktischeNeuerung, sei es eine wissenschaftliche Erforschungoder eine institutionelle Reform – könnten sie ihre Teil-nahme (ggf. auch Nicht-Teilnahme) an Interventionsstu-dien erklären. An die Freude des Lehrens zu appellieren,könnte für die Bereitschaft, die bisherige Vorgehenswei-se bzw. Didaktik zu verändern, ein lohnenswertes „Ein-fallstor“ sein. Möglichkeiten, die individuelle Arbeitszufriedenheitdurch innovative Lehre zu fördern, sind:• strukturelle Anreize, z.B. die Erweiterung von zeitli-

chen und anderen Handlungsspielräumen, • das Einräumen von Experimentiermöglichkeiten nebst

ihrem Scheitern (HRK 2011, S. 32) .• hochschuldidaktisches know how und Reflexion der

eigenen Lehrmotivation.

Ein zweiter wichtiger Stimulus für Lehrinnovationen isteine gezielte externe Steuerung von Anreizen (materiellund ideell) und die Förderung einer gemeinsamen Lehr-kultur in Universitäten und Fachbereichen. Eine dritte Ebene ist die ‚Überzeugungsarbeit‘ als Aus-einandersetzung mit wissenschaftlich generierten Befun-den und Evaluationsergebnissen. Diese können ein Sti-mulans für die Einsicht in effektive Veränderungen derLehre sein. Die Bereitschaft, die eigene Lehre und Lehr -

innovationen zum Gegenstand (externer) wissenschaftli-cher Forschung zu machen oder sich an kontrolliertenInterventionsstudien zu beteiligen, wird vor allem vomInteresse an Transparenz seitens forschungsinteressierterLehrender getragen. Am Anfang der Überzeugungsarbeitdurch die Forscher/innen steht ein Appell an die Wis-senschaftsorientierung der potenziell Teilnehmenden,da durch die kommunizierte Bedeutung der Wirksam-keit von Lehrinnovationen fundierte Erkenntnisse überihren Nutzen ermittelt werden können (vgl.Winteler/Forster 2008). Auch die transparente Darstel-lung des Untersuchungsdesigns und eine zeitnahe Rück-meldung der Forschungsergebnisse an die ‚Beforschten‘sind akzeptanzförderlich ebenso die Partizipation aufallen Ebenen des Forschungsprozesses – bei der Pla-nung, Durchführung, Auswertung und Ergebnisdarstel-lung in Form einer Koproduktion von Erkenntnissen.

2. Wie kann die Nachhaltigkeit dieser Art aktivierenderHochschulforschung institutionell und wissenschaftspo-litisch gesichert werden?Die Antworten und Ideen zu dieser Frage10 bewegensich auf der Makroebene des Verhältnisses von Politikund Wissenschaft, auf der Mesoebene von politischenund wissenschaftlichen Entscheidungen innerhalb derHochschulen sowie auf der Mikroebene der einzelnenWissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, z.B. der kon-kreten Lehr-Lern-Interaktionen und „inneren Zustände“(Prengel 2004, S. 92).Auf der Makroebene der bildungspolitischen Ausrich-tung wäre ein breites Spektrum (aktivierender) Hoch-schulforschung zu fördern und die einseitige Reduktionauf eine überwiegend quantifizierende Forschung zuvermeiden. Eine aktivierende Hochschulforschung undHochschuldidaktik-Forschung im Speziellen sollte in-haltlich wie institutionell breiter verankert werden undstabilere Rahmenbedingungen für das Hochschul- undWissenschaftssystem schaffen.11 Dafür ist der Dialogzwischen Politik und Wissenschaft weiter zu intensivie-ren, die Finanzierung der Hochschulen über mehrereJahre zu garantieren und von den politischen Wahl-Rhythmen zu lösen. Erfahrungsgemäß dauern Verände-rungsprozesse an Hochschulen länger als eine Legislatur-oder Amtsperiode von 4 bis 5 Jahren. Die Debatte umNachhaltigkeit ist für unterschiedliche Beteiligungsfor-men und Zielgruppen zu öffnen und Forschungsergeb-nisse sind übergreifend zu dokumentieren und zugäng-lich zu machen.

7 Symposion „Inspiration und Intervention: Aktivierende Hochschulfor-schung zur Hochschullehre“ am 14. und 15.07.2011 an der TU Dortmund,s. http://www.hdz.zu-dortmund.de/581.

8 Diese Arbeitsgruppe wurde von Barbara Becker moderiert. 9 Explizit ausgenommen wurde hierbei der Aspekt einer (reflexiven) Selbst-

beforschung – Personen, die didaktische Veränderungen umsetzen undderen Wirkung erheben, befinden sich nach Meinung der Gruppenteilneh-menden innerhalb eines Paradigmas autonom vollzogener Innovation.

10 Moderiert wurde sie von Prof. Dr. Christa Cremer-Renz (Leuphana Uni-versität Lüneburg).

11 Dies betrifft eine mehr oder weniger kontinuierliche Finanzierung derHochschulen sowie den Abbau prekärer Arbeitsverhältnisse (Arbeitszeit-gesetz) und eine systematische Personalentwicklung für den wissen-schaftlichen Nachwuchs.

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S. Metz-Göckel, M. Kamphans & A. Scholkmann n Gute Lehre – empirisch geprüft: ...HSWAuf der Mesoebene sind die Leitungen der Hochschulenund Fakultäten gefordert, Visionen und klare Zielsetzun-gen zu entwickeln und Veränderungsprozesse bei„allen“ Akteurinnen und Akteuren zu initiieren, auchwenn es vermessen klingt und unwahrscheinlich seinwird, dass es gelingt, „alle Akteur/innen zu aktivieren“.Dennoch ist es wichtig, so viele Personen wie möglichfür die Veränderungen zu begeistern und „mitzuneh-men“, ansonsten treten Effekte auf, die aus der Perspek-tive der (Hochschul-)forschung als „informelle Verklün-gelung“ bezeichnet werden können oder als „strukturel-le Flexibilität und kulturelle Determiniertheit“ (Beckmei-er/Neusel 1991). Oder es verstärken sich Aspekte einesmehr oder weniger statischen und trägen Habitus („Hy-steresis“, Bourdieu/Wacquant 2006, S. 164), was in derKonsequenz bedeuten würde, dass Veränderungsmaß-nahmen einmalige Aktivitäten blieben und nicht imSinne einer Organisationsentwicklung aufgegriffen undweiter verfolgt würden. Nachhaltigkeit dagegen bedeu-tet auf dieser Ebene, Forschungsergebnisse zum Lehrenund Lernen für den Transfer und für Veränderungspro-zesse innerhalb der Hochschule zu nutzen. D.h. profes-sionell agierende Hochschulen setzen auf eine wissen-schaftsbasierte Hochschulsteuerung und hier auch aufeine wissenschaftsbasierte Hochschullehre, die reflek-tiertes Genderwissen12 einbezieht.Um auf der Mikroebene der einzelnen Wissenschaftler/ -i n nen eine Einstellungsänderung und Aufgeschlossen-heit für Ergebnisse der aktivierenden Hochschulfor-schung zu erreichen, ist sowohl die Bedeutung des kol-legialen Austauschs zur Lehre als auch eine wertschät-zende Beziehung zwischen Lehrenden und Studierendenzu kommunizieren. Daher sind vielfältige Möglichkeitenzur Selbstreflexion anzubieten, wofür das LeWI-Coa-ching ein Beispiel ist.

3. Wie sollte eine optimale Hochschulforschung konzi-piert sein, um nicht triviale Ergebnisse zu ermitteln?Systematisierung, Theoriegeleitetheit, historische Bezü-ge und Methodenvielfalt sind hier wichtige Kriterien.13

Da das Forschungsfeld gegenwärtig expandiert, ist eineSystematisierung und Bündelung als Überblick, was allesin der Hochschulforschung zur Hochschullehre wo undwie geforscht wird, ein aktuelles Desiderat.14 Bisherfehlt den meisten Studien, die wertvolle Datensamm-lungen liefern, eine theoretische Fundierung. Es sollteQualität vor Quantität rangieren, individuums- und in-stitutionszentrierte Herangehensweisen verknüpft undals längerfristige, längsschnittliche und prozessorientier-te Forschung konzipiert und somit nicht nur mehr, son-dern mehr innovative Forschung in einer Kontinuität ge-fördert werden. Die akademische Lehre ist nicht los-gelöst von ihrem Kontext zu betrachten, in Vergleichenvon Strukturdaten sind auch die Kontexte und histori-schen Bezüge wichtig, z.B. kann aus einer bildungstheo-retischen Perspektive Kompetenz begriffskritisch reflek-tiert werden: Was bedeuten die Begriffe Bildung, Quali-fikation und Kompetenz in einer längerfristigen Perspek-tive für das Studium?Eine „empirische Akzentuierung“ der hochschuldidakti-schen Forschung besteht vor allem darin, die Wirksam-

keit von hochschuldidaktischen Konzepten empirisch zukontrollieren und den Begriff Hochschullehre genauer zuklassifizieren. Ob Coaching ein probates Mittel für dieProblemlösung ist, ist eine noch offene Frage. Ein „Tri-vialitätsverdacht“ liegt vor, wenn Ergebnisse, die bereitsvorher gut sichtbar waren, mit sehr großem Aufwandwiederholt werden.Zu den eingesetzten Methoden wurde festgehalten:Eine politische und eine wissenschaftliche Sicht auf dieQualität der Hochschullehre und ihre Erforschung sindstrikt zu unterscheiden. Für die wissenschaftliche For-schungsförderung ist die Methodenfundierung und Me-thodenabhängigkeit der Ergebnisse wichtig, ebenso einekritische Reflexion der Ergebnisse: Was sind die Ergeb-nisse wert? Sind sie zuverlässig? Messen sie in dem kom-plexen Zusammenhang wirklich das, was sie zu messenbeanspruchen? Wissenschaftlich sind trianguläre metho-dische Zugänge und ein systematischer Methodenver-gleich grundlegend. Ein legitimer Anspruch der Politik ist es, dass die Projek-te zur Hochschullehre Erfolg haben. Offen ist jedoch,wie „Erfolg“ von der Politik definiert wird. Ist die For-schung zur Professionalisierung der Hochschullehre ihrGeld wert, ist eine Frage der Politik, die sich so für dieWissenschaft nicht stellt.Relevante Fragen für den Transfer sind: Was bringt dieStudierenden-Zentrierung für den Studienerfolg? Einekritische Sicht auf den Kompetenzbegriff im Rückblickauf die Auseinandersetzungen zum Bildungs- und Quali-fikationsbegriff lässt die Frage offen, was ein Studium ineiner längerfristigen Perspektive tatsächlich bringt, so-lange dies nicht empirisch untersucht wird (Bülow-Schramm/Rebenstorf 2011). Ein wichtiger Aspekt beider Konzeption hochschuldidaktischer Forschungsvor-haben ist die Akzeptanzförderung von hochschuldidakti-schen Neuerungen. Lässt sich eine handhabbare Inter-vention zugunsten innovativer Methoden in einem tra-ditionellen Umfeld überhaupt sinnvoll durchführen undmit welcher Reichweite?

5. SchlussfolgerungenDas Plenum formulierte den Wunsch, eine gemeinsameMethodentagung der neuen Fachgesellschaften fürHochschuldidaktik, der Fachgesellschaft für Hochschul-forschung und der neuen Vereinigung für Hochschulma-nagement zu konzipieren, weil ein Bedarf an Längs-schnittuntersuchungen besteht, und der Blick von außensowie Kontrollgruppen sinnvoll und notwendig sind.Eine Selbstevaluation der Projekte reicht nicht aus.Die Diskussionsergebnisse auf dem Symposion zeigen:Veränderungen in Lehren und Lernen an Hochschulenkönnen selten über einmalige Querschnitt-Vergleichenachgewiesen werden. Effekte ergeben sich meist im

12 Dies umfasst professionelles Wissen über die Geschlechter im Lehr- undStudienalltag, aber auch zum Umgang mit weiteren Diversity-Kategorien.

13 Die Arbeitsgruppe 3 wurde von Prof. Dr. Carola Bauschke-Urban (Hoch-schule Rhein-Waal) moderiert.

14 Dies wurde insbesondere von den neuen Mitgliedern der hochschuldi-daktischen Community formuliert.

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Hochschulforschung HSWZusammenspiel institutioneller, kultureller und individu-eller Einflussgrößen, deren empirische Abbildung kom-plex ist. Veränderungen auf institutioneller und kulturel-ler Ebene können in der Regel ihre Wirkung erst zeitver-zögert entfalten. Personenzentrierte individuelle Aus-wirkungen neuer didaktischer Arrangements interagie-ren mit den jeweils am Standort vorhandenen oderdurch die Bildungsangebote einer Institution gesteuer-ten Charakteristika der Akteure (Lehrende wie Studie-rende). Kulturell geprägte Einstellungen habennochmals ihren eigenen Einfluss auf die Wirksamkeiteiner didaktischen Intervention. Kontrollierte Interven -tions- bzw. Umsetzungsstudien, wie sie in den ProjektenLeWI und PBL durchgeführt werden, bieten die Mög-lichkeit, diese Mechanismen auf einer Mikro- bzw. Me-soebene zu beleuchten und dadurch neue Erkenntnisseüber das Zusammenspiel und den zeitlichen Verlauf‚guter‘ Lehre zu gewinnen. Eine aktivierende Hochschulforschung, die an den kultu-rellen Veränderungen in der Lehre ansetzt, die Rahmen-bedingungen und individuelle Perspektiven miteinbe-zieht sowie intervenierend mehrperspektivisch undtheoriebezogen vorgeht, bietet die Möglichkeit, sichden zentralen Fragen der hochschuldidaktischen For-schung zu stellen. Sie stellt gleichzeitig eine Variante derhochschuldidaktischen Weiterbildung zu den Fragendar: Wie lässt sich studentisches Lernen in seinem Ler-nerfolg verbessern? Und welchen Anteil haben daranLehrende und die Studierenden selbst? Mit zuverlässige-ren Antworten, als sie bislang vorliegen, könnte es gelin-gen, nicht nur dem Mythos „guter Lehre“ auf die Spur zukommen, vielmehr könnte es gelingen, das „Zurech-nungsproblem“ hochschuldidaktischer Weiterbildungenin der Wirkung auf „gutes, effektives“ studentisches Ler-nen zu lösen.

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IIIHSW 6/2012

S. Metz-Göckel, M. Kamphans & A. Scholkmann n Gute Lehre – empirisch geprüft: ...HSWPrengel, A. (2000): Perspektivitätstheoretische Fragen an die (De-)Konstruk-

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Scholkmann, A./Eder, F./Roters, B./Ricken, J. (angenommen): Kompetenz-förderliche Lehreinstellungen beschreiben, erfassen, fördern: Die Dort-munder Befragung für Lehrende (DoBeLe). Zeitschrift für Hochschulent-wicklung.

Scholkmann, A./Loyens, S.M.M. (in Vorbereitung): Approaches to Teachingin Problem-Based and Lecture-based Curricula (AT).

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n Dr. Sigrid Metz-Göckel, Prof. em., Zentrumfür HochschulBildung, Bereich Hochschul -didaktik, TU Dortmund, E-Mail: [email protected] Marion Kamphans, Sozialwissenschaft ler inund Projektleiterin, Mitarbeiterin am Zentrumfür HochschulBildung, TU Dortmund, E-Mail: [email protected] Dr. Antonia Scholkmann, zur Zeit Vertre-tungsprofessur, Zentrum für Hochschul- undWeiterbildung, Universität Hamburg, E-Mail:[email protected]

Heinz W. Bachmann:Systematische Lehrveranstaltungsbeobachtungen an einer Hochschule

Verläufe von Lehrveranstaltungen an einer schweizerischen Fachhochschule bei Einführung der Bologna-Studiengänge – eine Fallstudie

ISBN 3-937026-65-7, Bielefeld 2009,172 Seiten, 24.90 Euro

Seit Herbst 2006 bieten alle Fachhochschulen der Schweiz Studiengänge organi-siert nach dem Bachelor-Master-System an, wie das in der Bologna-Deklarationbeschlossen worden war. Einer der Haupttriebfedern des Reformprozesses,neben der akademischen Mobilität und der Vorbereitung der Hochschulabsol-venten auf den europäischen Arbeitsmarkt, ist die Steigerung der Anziehungs-kraft der europäischen Hochschulen zur Verhinderung von brain drain und derFörderung von brain gain. Neben diesem globalen Wettbewerb wird durch diegegenseitige Anrechenbarkeit der Studienleistungen in den verschiedenen Län-dern auch die Konkurrenz der Hochschulen untereinander gefördert. Die Bologna-Reform geht von einem neuen Lehrverständnis aus von der Stoff-zentrierung hin zu einer Kompetenzorientierung, begleitet von einem shift fromteaching to learning. Der Fokus liegt also nicht beim Lehren, sondern auf derOptimierung von Lernprozessen. Vor dem Hintergrund neuerer Erkenntnisse ausder Lernforschung wird auch deutlich, dass das Vermitteln von Wissen im tradi-tionellen Vorlesungsstil nur noch bedingt Gültigkeit hat. Unter Berück¬sichti-gung der obigen Erkenntnisse müsste man heute eher vom Hochschullernen alsvon der Hochschullehre sprechen. Die vorliegende Studie wird zum Anlass ge-nommen, ein Instrument vorzustellen, mit dem Lehre systematisch beobachtetwerden kann. Mit dem beschriebenen Instrument wird der Frage nachgegan-gen, inwieweit an der untersuchten schweizerischen Pädagogischen Hochschuledie oben beschriebene Neuorientierung in der Lehre schon stattgefunden hat.Mit Hilfe des VOS (VaNTH Observational System) sollen systematisch Lehrver-anstaltungsbeobachtungen gemacht und festgehalten werden. Das Ziel dieserStudie ist es, Lehrveranstaltungsverläufe an der untersuchten PädagogischenHochschule zu erheben im Hinblick auf die Entwicklung von Kursen in Hoch-schuldidaktik. Die gefundenen Ergebnisse sollen mit der Schulleitung bespro-chen werden, vor allem auch auf dem Hintergrund des neuen Lernens an Hoch-schulen. Basierend auf den gewonnen empirischen Daten und den von derSchulleitung entwickelten Zielen können hochschuldidaktische Kurse geplantund umgesetzt werden. Zusätzlich besteht die Chance, bei einer Wiederholungder Studie in einigen Jahren mögliche Veränderungen in der Lehre festzustellen.Es wird davon ausgegangen, dass das Untersuchungsdesign und die erhobenenDaten nicht nur von Interesse für die betroffene Hochschule sind, sondern ge-nerell Fachhochschulen interessieren dürften, die in einem ähnlichen Prozessder Neuorientierung stecken.

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

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van der Vleuten, C./Wijnen, W. (Eds.) (1990): Problem-based learning: Per-spectives from the Maastricht experience. Amsterdam.

Winteler, A./Forster, P. (2007): Wer sagt, was gute Lehre ist? Evidenzbasier-tes Lehren und Lernen. In: Das Hochschulwesen. Jg. 45/H. 2, S. 102-109.

Page 42: ISSN 0018-2974 60. Jahrgang HSW - Hochschulwesen6 2012 60. Jahrgang Gegründet 1953 als „Das Hochschulwesen”, vereinigt mit „Hochschulausbildung. Zeitschrift für Hochschulfor-schung

IV HSW 6/2012

Hauptbeiträge der aktuellen Hefte Fo, HM, ZBS, P-OE und QiW

Auf unserer Homepage www.universitaetsverlagwebler.de erhalten Sie Einblick in das

Editorial und Inhaltsverzeichnis aller bisher erschienenen Ausgaben.

HM 4/2012

Thomas Schweitzer, Martin Mittelbach & Frank UhligNAWI Graz – Kooperation stattKonkurrenz. Ein Beispiel für erfolgreiches Change Management an Universitäten

Anita Engels, Stephanie Zuber,Sandra Beaufaÿs & Tina Ruschenburg Frauenanteile und Beschäftigungspraxis in der Exzellenzinitiative

Stefan Andereggen & Roman BoutellierTechnologieplattformen als Infrastruktur-basierte Kooperationen an der ETH Zürich

Heinz Ahn , Yvonne Höfer-Diehl, Ludmila Neumann & Nadia Vazquez NovoaFakultätsübergreifende Beurteilungder Lehrleistung:Eine Methodik zum Vergleich derLehreffektivität und Lehreffizienzvon Studiengängen

ZBS 4/2012Am Anfang ...

Beratungsentwicklung/-politik

Günter RietbrockFrüher war Alles ...

Ralf MahlerÜber den Seiteneinstieg zur ProfessionEin kleiner persönlicher Rückblick

Tobias Grunwald Von der Hochschule in den Profi-Fußball und zurück

Theresa EckermannQuaestia – Studieren geht über probieren

Andrea BöttcherAlles nur Marketing? Studienberatungan der privaten Zeppelin Universität

Jana Darnstädt, Ute Rossié & Heide SchmidtmannÖffnung der Hochschule – Auswirkungen auf Betreuung und Beratung

Ludger BüterMediation als neues Arbeitsfeld der psychologischen Beratung

Andreas EimerCareer Counselling – information provision or more?

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte

Gespräch zwischen Hanna Dieckmann, Andreas Eimer und Peter SchottGeprägt durch Gestaltungsmöglichkeit und -notwendigkeit: Berufsperspek tiven für Geistes- und Kulturwissenschaftler/innen

Jörn SickelmannDie Frage nach der Religiosität – (k)eine Frage für die Studienberatung?

Fo 3+4/2012

acatech - Deutsche Akademie derTechnikwissenschaften

Gespräch mit Rudolf Hielscher (Leiter acatech Brüssel-Büro) zurwissenschaftsbasierten Politikberatung bei der EU

Reinhard Hüttl „Wissenschaftsbasierte Politikberatung bei der EU“ Es gilt das gesprochene Wort

Revised draft paper after deliberation at the Euro-CASE Innovation Platform London meeting as of 11-12 October 2012Euro-CASE Policy Position Paper“EU Public-Private Partnerships inResearch and Innovation”

Anhang: Kurzbeschreibung der erwähntenInstitutionen

Wilhelm Krull Governance for Integrity and Quality in Universities – Towards aCulture of Creativity and Quality Assurance

Helene Schruff & Lutz BornmannDas Fachbeiratswesen der Max-Planck-Gesellschaft: Ein Best Practice Beispiel für eine flächendeckende und kontinuierliche Evaluation von Forschungsinstituten

Axel Philipps Ressortforschungseinrichtungen undihre Merkmale praxisorientierterWissensproduktion

HSWSeitenb l i ck au f d i e Schweste r ze i t s ch r i f t en

Page 43: ISSN 0018-2974 60. Jahrgang HSW - Hochschulwesen6 2012 60. Jahrgang Gegründet 1953 als „Das Hochschulwesen”, vereinigt mit „Hochschulausbildung. Zeitschrift für Hochschulfor-schung

Seitenblick auf die SchwesterzeitschriftenHSW

HSW 6/2012 V

POE 4/2012

Wolff-Dietrich WeblerZentren für Qualitäts- bzw. Hochschulentwicklung – ein Vergleich

Nicole Auferkorte-Michaelis & Christian GanseuerDas Zentrum für Hochschul- und Qualitätsentwicklung (ZfH) der Universität Duisburg-Essen

Philipp PohlenzDas Zentrum für Qualitäts -entwicklung in Lehre und Studium der Universität Potsdam:wissenschaftliche Dienstleistungenund Hochschulforschung

Vorstellung des Zentrums für Qualitätssicherung und -entwicklung (ZQ) der JohannesGutenberg-Universität Mainz

QiW 4/2012Hochschulmanagement und Hochschulforschung – zwei Welten?

Forschung über Qualität in der Wissenschaft

Veit Larmann & Wenzel MatiaskeVon peripheren Hochschulen lernen? Überlegungen zur Personalstrategie von Hochschulen

Nora KrzywinskiUniversitätskultur als Hemmnis und Aktivierer im strategischen Universitätsmanagement - Drei Thesen

Lena UlbrichtDie Öffnung der Hochschulen für beruflich Qualifizierte: neue Erkenntnisse über politische Prozesse

Qualitätsentwicklung/-politik

Isabel Steinhardt & Kirsten IdenFormative Studiengangevaluation: erfolgreiche Verknüpfung der doku-mentarischen Evaluationsforschung,des Expertengesprächs und universitärer Kennzahlen?

Rezension

Sandra Mittag, Rüdiger Mutz & Hans-Dieter Daniel (2012): Institutionelle Qualitätssicherung aufdem Prüfstand: Eine Fallstudie an der ETH Zürich (Philipp Pohlenz, René Krempkow)

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UVW

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im UniversitätsVerlagWebler erhältlich:

Wolff-Dietrich Webler (Hg.): Studieneingangsphase?

Das Bachelor-Studium braucht eine neue Studieneingangsphase!

ISBN-13: 978-3-937026-76-3,Doppelband im Schuber, Bielefeld 2012,

Band I: 227 Seiten, Band II: 262 Seiten, 69.50 Euro

Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

Wolff-Dietrich Webler:Internationale Konzepte zur Förderung guter Lehre

ISBN-13: 978-3-937026-73-2, Bielefeld 2011, 121 Seiten, 18.60 Euro

Reihe Hochschulwesen: Wissenschaft und Praxis

Heinz W. Bachmann:Systematische Lehrveranstaltungsbeobachtungen

an einer Hochschule

ISBN-13: 978-3-937026-65-7, Bielefeld 2009, 172 Seiten, 24.90 Euro

Peter Kossack, Uta Lehmann & Joachim Ludwig (Hg.):Die Studieneingangsphase –

Analyse, Gestaltung und Entwicklung

ISBN-13: 978-3-937026-77-X, Bielefeld 2012, 165 Seiten, 19.80 Euro

Weitere Informationen zum Klappentext und Inhaltsverzeichnis unter: www.universitaetsverlagwebler.de