ISSN 0018-2974 60. Jahrgang HSW · Christa Cremer-Renz, Prof. em. Dr. päd., Universität Lüneburg...

44
UVW Das 60. Jahrgang ISSN 0018-2974 Hochschulwesen UniversitätsVerlagWebler HSW n Auf dem Weg zur Promotion: Zur Benachteiligung von Fachhochschul-Absolventinnen und -Absolventen n Akademisches Konfliktmanagement: Ein Beitrag zur Qualitätssicherung der Promotionspraxis? n Rahmenbedingungen für einen guten Studiengang Erkenntnisse aus dem Wettbewerb „Cum Laude“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft n Kann der Studienerfolg durch zusätzliche Tutoriumsangebote gesteigert werden? Fallstudie Chemie – Thermodynamik n Hochschulentwicklung als Lernkontext: Studierende zu Mitgestaltenden machen durch Forschendes Lernen Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik www.hochschulwesen.info www.universitaetsverlagwebler.de 5 2012

Transcript of ISSN 0018-2974 60. Jahrgang HSW · Christa Cremer-Renz, Prof. em. Dr. päd., Universität Lüneburg...

UVW

Das

60. Jahrgang

ISSN 0018-2974

Hochschulwesen

UniversitätsVerlagWebler

HSW

n Auf dem Weg zur Promotion: Zur Benachteiligung von Fachhochschul-Absolventinnen und -Absolventen

n Akademisches Konfliktmanagement: Ein Beitrag zur Qualitätssicherung der Promotionspraxis?

n Rahmenbedingungen für einen guten StudiengangErkenntnisse aus dem Wettbewerb „Cum Laude“

des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft

n Kann der Studienerfolg durch zusätzliche Tutoriumsangebote gesteigert werden?

Fallstudie Chemie – Thermodynamik

n Hochschulentwicklung als Lernkontext: Studierende zu Mitgestaltenden machen durch Forschendes Lernen

Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik

www.hochschulwesen.infowww.universitaetsverlagwebler.de

5 2012

Christa Cremer-Renz, Prof. em. Dr. päd., Universität LüneburgGustav-Wilhelm Bathke, Prof. Dr. sc.phil., Universität Halle-

WittenbergLudwig Huber, Prof. em. Dr. phil., Dr. h.c., Universität

BielefeldClemens Klockner, Prof. em. Dr. h.c. mult., bis Dezember

2008 Präsident der Fachhochschule Wiesbaden Jürgen Lüthje, Dr. jur., Dr. h.c., HamburgBeate Meffert, Prof. Dr.-Ing., Humboldt-Universität zu

Berlin

Klaus Palandt, Dr. jur., Min. Dirig. a.D., Landesbergen b.Hannover

Ulrich Teichler, Prof. em. Dr. phil., Universität KasselWolff-Dietrich Webler, Prof. Dr. rer. soc., Institut für Wis-

senschafts- und Bildungs forschung Bielefeld (geschäfts-führend)

Andrä Wolter, Prof. Dr. phil., Humboldt-Universität zu Ber-lin, Institut f. Erziehungswissenschaften, Abt. Hochschul-forschung

Herausgeber

Herausgeber-BeiratChristian Bode, Dr., ehem. Gen. Sekr. DAAD, Bonn Rüdiger vom Bruch, Prof. em. Dr., Berlin Michael Deneke, Dr., Darmstadt Karin Gavin-Kramer, M.A., Berlin Lydia Hartwig, Dr., stellv. Leiterin, Bayer. Staatsinstitut für

Hochschulforschung und -planungSigurd Höllinger, Prof. Dr., ehem. Sektionschef im BM. Wiss.

u. Fo., WienGerd Köhler, Mitglied des Stiftungsrats der Universität

Frankfurt/M. & des Hochschulrates der UniversitätHalle/Saale (ehem. Leiter des Vorstandsbereichs Hoch-

schule und Forschung im Hauptvorstand der GEW),Frankfurt am Main

Sigrid Metz-Göckel, Prof. em. Dr., Dortmund Jürgen Mittelstraß, Prof. em. Dr., Konstanz Ronald Mönch, Prof. Dr. h.c., EmdenJan H. Olbertz, Prof. Dr. sc., Präsident der Humboldt-Univer-

sität zu Berlin, ehem. Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt

Jürgen Schlegel, Min.Dirig. a.D., ehem. Gen. Sekr. GWK,Bonn, Vorsitzender des Hochschulrates der Ruhr Univer-sität Bochum

Johannes Wildt, Prof. em. Dr. Dr. h.c., Dortmund

Hinweise für die AutorenIn dieser Zeitschrift werden i.d.R. nur Origialbeiträge publi-ziert. Sie werden doppelt begutachtet. Die Autor/innenversichern, den Beitrag nicht zu gleicher Zeit an andererStelle zur Publikation angeboten zu haben. Beiträge werdennur dann angenommen, wenn die Autor/innen den Gegen-stand nicht in vergleichbarer Weise in einem anderen Me-dium behandeln. Senden Sie bitte das Manuskript alsWord-Datei und Abbildungen als JPG-Dateien per E-Mailan die Redaktion (Adresse siehe Impressum).

Wichtige Vorgaben zu Textformatierungen und beigefügtenFotos, Zeichnungen sowie Abbildungen erhalten Sie in den„Autorenhinweisen” auf unserer Verlags-Homepage:„www.universitaetsverlagwebler.de”.

Ausführliche Informationen zu den in diesem Heft aufge-führten Verlagsprodukten erhalten Sie ebenfalls auf derzuvor genannten Verlags-Homepage.

ImpressumVerlag und AbonnementverwaltungUVW UniversitätsVerlagWeblerDer Fachverlag für HochschulthemenBünder Str. 1-3, 33613 BielefeldTel.: (0521) 92 36 10-12, Fax: (0521) 92 36 10-22E-Mail: [email protected]: UVW, E-Mail: [email protected]Übersetzung editorial: R. Robbel

Druck: Hans Gieselmann, Ackerstr. 54, 33649 Bielefeld

Anzeigen:Das HSW veröffentlicht Verlagsanzeigen, Ausschreibungenund Stellenanzeigen. Aufträge sind an den Verlag zu rich-ten. Die jeweils gültigen Anzeigenpreise sind folgenderHome page zu entnehmen: „www.hochschulwesen.info”.

Bezugspreis: Jahresabonnement: 92 Euro/Einzelpreis: 16 EuroAlle Preise verstehen sich zuzüglich Versandkosten. DasJahresabonnement verlängert sich automatisch um 1 Jahr,wenn es nicht bis 6 Wochen vor Jahresende schriftlichgekündigt wird.

Erscheinungsweise: 6mal jährlichRedaktionsschluss: 05.11.2012

Grafik: Ute Weber Grafik Design, MünchenGesetzt in der Linotype Syntax Regular

Copyright: UVW UniversitätsVerlagWeblerDie mit Verfassernamen gekennzeichneten Beiträge gebennicht in jedem Falle die Auffassung der Herausgeber bzw.Redaktion wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskrip-te/Rezenzionsexemplare wird keine Verpflichtung zur Veröf-fentlichung/Besprechung übernommen. Sie können nurzurückgegeben werden, wenn dies ausdrücklich gewünschtwird und ausreichendes Rückporto beigefügt ist. Die Urhe-berrechte der hier veröffentlichten Artikel, Fotos und Anzei-gen bleiben bei der Redaktion. Der Nachdruck ist nur mitschriftlicher Genehmigung des Verlages gestattet.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhe-berrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages un-zulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfälti-gungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein-speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

5 2012

60. Jahrgang

Gegründet 1953 als „Das Hochschulwesen”, vereinigtmit „Hochschulausbildung. Zeitschrift für Hochschulfor-schung und Hochschuldidaktik”, gegründet 1982 vonder Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik (AHD).

HSW

Das

Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik

Hochschulwesen

109

Einführung des geschäftsführenden Herausgebers

Seitenbl ick auf die Schwesterzeitschr i ften

IVHauptbeiträge der aktuellen Hefte Fo, HM, ZBS, P-OE und QiW

110

Sascha Czornohus, Katrin Dobersalske, Fabian Heuel & Nina Petrow Auf dem Weg zur Promotion: Zur Benachteiligung vonFachhochschul-Absolventinnen und -Absolventen

Hochschulentwicklung/-pol it ik

138

Julia Weitzel & Daniel FischerHochschulentwicklung als Lernkontext: Studierende zuMitgestaltenden machen durch Forschendes Lernen

125

Helen KnaufRahmenbedingungen für einen guten StudiengangErkenntnisse aus dem Wettbewerb „Cum Laude“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft

118

Justus LentschAkademisches Konfliktmanagement: Ein Beitrag zur Qualitätssicherung der Promotionspraxis?

Meldung

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsber ichte

III

130

Petra Eichenseher, Hubert Motschmann &Maria-Anna Bäuml-RoßnaglKann der Studienerfolg durch zusätzliche Tutoriumsangebote gesteigert werden?Fallstudie Chemie – Thermodynamik

HSW 5/2012

im UniversitätsVerlagWebler erhältlich:

Jenna Voss: Zielgerade Promotion. Auszüge aus dem Tagebuch einer Doktorandin

Maja hat sich entschlossen, ihren beruflichen Traum wahr zu machen:

Sie will eine Doktorarbeit schreiben und Wissenschaftlerin werden.

Zuversichtlich startet sie ihr Promotionsprojekt, doch der Weg zumTitel wird schon bald zu einem unberechenbaren Schlängelpfaddurch unübersichtliches Gelände.

Ihr Projekt verwandelt sich in ein siebenköpfiges Ungeheuer, das siezu verschlingen droht.

Doch sie gibt nicht auf.

Das Tagebuch beschreibt den Umgang mit Höhen und Tiefen beimSchreiben einer Doktorarbeit auf der Prozessebene.

Die Ich-Erzählerin, Maja, schildert ihre Erfahrungen und zeigt Mög-lichkeiten und konkrete Bewältigungsstrategien auf, mit denen sieschwierige Phasen, Zweifel, Konflikte, Blockaden und sonstige Hür-den in der Promotionsphase erfolgreich überwindet.

Sie nutzt ihre Erkenntnisse für eine tiefgreifende Persönlichkeitsent-wicklung. Ihre beharrliche Selbstreflexion führt sie durch alle Hinder-nisse hindurch bis zum Ziel.

Reihe C

ampus-Literatur

3-937026-75-4, Bielefeld 2012, 124 S., 18.90 Euro

Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

Peter Kossack, Uta Lehmann & Joachim Ludwig (Hg.):Die Studieneingangsphase – Analyse, Gestaltung und Entwicklung

Der vorliegende Band versammelt eine Reihe von Arbeiten, die imKontext der Weiterentwicklung der Qualität von Lehre entstandensind.

Dabei wird im Besonderen die Studieneingangsphase als zentraleÜbergangsstelle in Bildungsbiographien in den Blick genommen.

Die Arbeiten reichen von der Vorstellung einer empirisch fundier-ten Analyse typischer Problemlagen in Studieneingangsphasenüber die Darstellung von Instrumenten zur Entwicklung von Studi-eneingangsphasen bis hin zur kritischen Reflexion der Studienein-gangsphasenpraxis.

Vor dem Hintergrund der Umstellung von Studiengängen im Zugedes Bologna-Prozesses geben die Beiträge Einblick zu aktuellenAnforderungen und Problemstellungen, mit denen Studiengangs-planende, Hochschullehrende wie auch Studierende in der Stu -dieneingangsphase konfrontiert sind.

Darüber hinaus werden für eine Entwicklung von Studiengängenund die Gestaltung der Hochschullehre relevante Potentiale undHandlungsmöglichkeiten aufgezeigt.

Rei

he: H

ochs

chul

wes

en W

isse

nsch

aft

und

Prax

is

3-937026-77-0, Bielefeld 2012165 Seiten, 19.80 Euro

Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

E in füh rung des geschä f t s füh rend en He r ausgebe r s HSW

109HSW 5/2012

ten. Ein unter diesen günstigen Aus-gangsbedingungen entwickelter Stu-diengang hat in einem WettbewerbChancen. Helen Knauf stellt in ihremBeitrag Rahmenbedingungen füreinen guten Stu diengang. Erkennt-nisse aus dem Wettbewerb „CumLaude“ des Stif ter verbands für dieDeutsche Wissenschaft den Gewin-ner vor und zieht daraus verallgemei-nerungsfähige Schlussfolgerungen.

Tutorenprogramme gelten geradezu als Allheilmittel beiunbefriedigenden Studienleistungen. Das haben dieAutor/innen Petra Eichenseher, Hubert Motschmann &Maria-Anna Bäuml-Roßnagl zunächst auch angenom-men. In sehr vielen Fällen werden die Erwartungen aucheingelöst, wenn die Tutor/innen über Fachwissen hinausgut ausgebildet wurden und die Lerngruppen kleingenug sind, um ausreichend auf unterschiedliche Lern-voraussetzungen ein gehen zu können. Mit dem BegriffTutorenprogramm wird allerdings eine weite Spanne un-terschiedlicher Ziele (Orientierungs-, Studieneingangs-,Fach- und Prüfungstutorien) sowie Ansprüche an dieLehr-/Lernvorgänge und das methodische Vorgehen ver-bunden. Letzteres reicht (bei Fachtutorien) von der Dop-pelung des Vorlesungsstoffes, d.h. seiner Wiederholungüber arbeitsteiliges Vorgehen im Stoff, von Nachhilfe-stunden im Demonstrationsstil der Vorlesung in größe-ren Plena bis zu intensivem, individuellem, aktiven Ler-nen der Studierenden in Kleingruppen. Das Autorenteampräsentiert in seinem Beitrag Kann der Studienerfolgdurch zusätzliche Tutoriumsangebote gesteigert werden?die Ergebnisse einer empirischen Begleitung von Tuto -rien in der Thermodynamik mit z.T. überraschenden Er-gebnissen. Die Auswertung führt auf grundlegende Fra-gen von Studium und Lehre.

Immer wieder lohnt sich, über die Wissenschaftlichkeitder Studiengänge nachzudenken. Es reicht nicht, dassLehrinhalte wissenschaftlich gewonnen worden sind unddie Studierenden Techniken wissenschaftlichen Arbeitenserlernen. Sie müssen Erkenntnisprozesse kennen lernen –lernen, wie wissenschaftliche Erkenntnisse entstehen(und inwiefern sie irrtums- und fehleranfällig sind) – undsie müssen sie selbst erprobt haben. Die ideale Methodedafür ist das Forschende Lernen. Wenn dieses Forschenin frühen Semestern thematisch auch noch auf die eigeneHochschule angewandt wird, dient es obendrein einemvertieften Verständnis der Einrichtung, an der nahezu diewichtigste Zeit im Leben verbracht wird. Julia Weitzel &Daniel Fischer zeigen in dem Beitrag Hochschulentwick-lung als Lernkontext: Studierende zu Mitgestaltendenmachen durch Forschendes Lernen anhand ihres Veran-staltungskonzepts, wie Prozesse forschenden Lernensaufgebaut werden können.

W.W.

W.-D. Webler

Das Team aus Sascha Czornohus, Katrin Dobersalske,Fabian Heuel und Nina Petrow bearbeitet mit seinemAufsatz Auf dem Weg zur Promotion: Strukturelle (??)Benachteiligung von Fachhochschul-Absolventinnenund -Absolventen ein hochschulpolitisch brisantes unddaher sensibles Thema, das die Hochschulpolitik inzwi-schen in offener Auseinandersetzung beschäftigt. Seitdie Forschung unstreitig zu den Aufgaben der Fachhoch-schulen zählt, Promotion zu den Berufungsvorausset-zungen an ihnen gehört und alle Professoren an Univer-sitäten ausgebildet wurden, wurde die Forderung nachPromotionszugängen für die Master-Absolventen derFachhochschulen immer lauter. Teillösungen wurden ge-funden, aber die Debatte wird breiter und umfasst in-zwischen (auf dem Hintergrund der Profil- und Schwer-punktbildung mit sehr unterschiedlichem Ausbau derFächer) die Frage, ob überhaupt ganzen Hochschulendas Promotionsrecht verliehen werden sollte oder vonFachbereich zu Fachbereich verschieden – auch bei Uni-versitäten. Die Überzeugung, dass die Verteilung desPromotionsrechts in Deutschland überprüft werden soll-te, breitet sich aus. Das HSW ist an der breiteren Diskus-sion dieses Themas interessiert.

Promotionsvorgänge und deren Betreuung sind Prozes-se, die neben der Auseinandersetzung mit dem wissen-schaftlichen Gegenstand u.U. von beiden Seiten – Pro-movenden und Betreuer/innen – emotional hoch aufge-laden sein können. Der Fortgang der Forschung undseine Betreuung werden häufig entweder in freudigerÜberraschung und Verstärkung oder in konflikthafterAuseinandersetzung erlebt. Fehler können dabei aufbeiden Seiten gemacht werden. Durch die damit ver-bundene Statuspassage gewinnt der Vorgang noch mehran Bedeutung. Die Promovenden haben das zutreffendeGefühl, sich an hohen Maßstäben zu messen (und ge-messen zu werden). An dieser Hürde wollen sie auf kei-nen Fall scheitern (wegen der Folgen für ihr Selbstwert-gefühl und als soziale Blamage). Justus Lentsch unter-sucht das Konfliktpotential und stellt lösungsorientiertdie Frage Akademisches Konfliktmanagement: Ein Bei-trag zur Qualitätssicherung der Promotionspraxis?

Die Fachbereiche der Hochschulen traf es unvorberei-tet: Mit der Einführung der Bologna-Reformen solltengestufte und modularisierte Studiengänge neu konzi-piert werden. Aber die Entwicklung von Studiengängenist nicht Gegenstand der akademischen Ausbildung. DieKenntnislage war durchaus vermischt. Da nicht nur cur-riculare Fragen der Lernorientierung und der Optimie-rung des Lernerfolgs, sondern viele Fragen der prestige-trächtigen Gewichtung der Lehrgebiete und der Res-sourcenverteilung die Studiengangsentwicklung beein-flussen, waren die Verhandlungsergebnisse in ihrer Aus-richtung auf die Lernbarkeit eher suboptimal. Da hatdie Neuentwicklung eines Studienganges in einemgänzlich neuen Lehrgebiet mit einem neu aufzubauen-den Kollegium vergleichsweise leichtere Ausgangsda-

Seite 110

Seite 130

Seite 118

Seite 125

Seite 138

110 HSW 5/2012

HSWHochschu len tw i ck lung / -po l i t i k

In der fünften Datenerhebung zur Promotionsentwick-lung von Fachhochschul-Absolventen in der Bundesre-publik Deutschland verzeichnet die Hochschulrektoren-konferenz (HRK) für die Jahre 2006 bis 2008 mit 570Promotionsabschlüssen einen Anstieg um 41% im Ver-gleich zum vorherigen Dreijahreszeitraum (HRK 2011, S.5 und 16f, Anlage 2, S. 6f). Ansgar Keller untersuchte2008 rund 300 Promotionsordnungen von mehr als 70Universitäten und konstatierte, dass von allen Promo-vierenden kaum mehr als 100 (entspricht 0,8%) ihr Stu-dium an einer Fachhochschule absolvierten (Keller2011, S. 9). Die Zahlen steigen nur langsam an. Ange-sichts einer Studierendenquote von über 33% an Fach-hochschulen (Wintersemester 2008/ 2009) (Statisti-sches Bundesamt 2011)3 ist dieser Anteil gering.Bei der Auseinandersetzung mit dem Promotionszugangist zunächst zu fragen, welche wissenschaftliche Leis -tung eine Promotion unter Beweis stellt. Die Antwortfindet sich in den jeweiligen Hochschulgesetzen (HG)der Bundesländer wieder. So heißt es beispielsweise in §67 Abs. 1 im HG NRW: „Durch die Promotion wird an

Universitäten und an Kunsthochschulen in musik- undkunstwissenschaftlichen Fächern eine über das allgemei-ne Studienziel gemäß § 58 Abs. 1 hinausgehende Be-fähigung zu selbstständiger wissenschaftlicher Arbeitnachgewiesen. Die Befähigung wird auf Grund einerwissenschaftlich beachtlichen schriftlichen Arbeit (Dis-sertation) und weiterer Prüfungsleistungen festgestellt”(HG NRW).Nicht alle deutschen Hochschultypen haben das Rechtzur Vergabe des Doktorgrades. Universitäten begründenihr Privileg mit einer besonders hohen Qualität in Lehreund Forschung zur Gewinnung wissenschaftlichen Nach-wuchses. Generell erfüllen Fachhochschulen in ihrer Ar-gumentation nicht die entsprechenden, umfassendenQualitätsstandards, um dem Anspruch ausreichender

Sascha Czornohus, Katrin Dobersalske, Fabian Heuel & Nina Petrow1

Auf dem Weg zur Promotion: Zur Benachteiligung von Fachhochschul-Absolventinnen und -Absolventen2

Katrin Dobersalske

The team of Sascha Czornohus, Katrin Dobersalske, Fabian Heuel and Nina Petrow worked with their essay On theWay to the Doctorate: Structural Discrimination Against Graduates of Universities of Applied Sciences on a politi-cally charged and therefore sensitive issue of higher education, which is openly discussed in higher education po-licy now. Ever since research has indisputably belonged to the duties of universities of applied sciences and a doc-torate has been part of the appointment requirements at them and all the professors have been qualified at uni-versities, the claim for access to doctoral studies for master graduates of universities of applied sciences has grownlouder. Partial solutions have been found, but the debate broadens and now includes the question (on backgroundof specialization and the formation of a profile with very different development of subjects) whether entire schoolsof higher education should even be vested with the right to award doctorates or whether this should vary from de-partment to department - even in universities. The belief spreads that the distribution of the right to award doc-torates should be reviewed in Germany. HSW is interested in the broader discussion of this topic.

Sascha Czornohus

Nina Petrow Fabian Heuel

1 Die Autoren haben gleichberechtigt an dem Artikel gearbeitet und diesengemeinsam verfasst.

2 Zugunsten einer besseren Lesbarkeit wird im Folgenden nur die männlicheBezeichnung aufgeführt, die aber die weibliche Anrede beinhaltet.

3 Die Angaben zu Fachhochschulen schließen auch theologische, pädagogi-sche sowie Kunst- und Verwaltungshochschulen ein.

111HSW 5/2012

S. Czornohus, K. Dobersalske, F. Heuel & N. Petrow n Auf dem Weg zur Promotion: ...HSWwissenschaftlicher Qualität nachkommen zu können.Solche Standards werden an Universitäten flächen-deckend als gegeben betrachtet und keiner weiterenPrüfung unterzogen.Mit dem folgenden Beitrag wird auf die Problematik inder deutschen Hochschullandschaft hinsichtlich einesregulierten Promotionswesens eingegangen. Nicht alleAspekte können Berücksichtigung finden, da die födera-le Bildungsstruktur Deutschlands ein komplexes Ge-flecht an Möglichkeiten und Hindernissen länderspezifi-scher Ungleichheiten umfasst. Entsprechend konzen-triert sich der Aufsatz auf die Fachhochschule als for-schende Einrichtung und die damit verbundenen Her-ausforderungen auf dem Weg zur Promotionsvergabe,insbesondere in Nordrhein-Westfalen.

1. Stellenwert der Promotion in DeutschlandIn Deutschland existieren über 50 verschiedene Doktor-titel (o. A. 2009, S. 3). Mit 25.084 abgeschlossenen Pro-motionen in 2009 und einem Anteil von 1,8% promo-vierter Bundesbürger liegt Deutschland im internationa-len Vergleich auf der Spitzenposition (Schulze-Cleven2011).4 Gefragt nach den Motiven für die Anfertigungeiner Dissertation sind es – neben dem Interesse amwissenschaftlichen Arbeiten sowie an Fach und Thema(o. A. 2009, S. 5) – zunehmend bessere Berufsaussich-ten, die für die Anfertigung einer Dissertation sprechen(Briedis 2007, S. 91f und 122). Generell erleichtert derTitel als der höchste akademische Grad die Teilnahmeam wissenschaftlichen Arbeitsmarkt und gilt als Voraus-setzung für wissenschaftliche Karrieren. Solche werdenjedoch zunehmend unattraktiv, insbesondere da befris -tete Beschäftigungsverhältnisse unterhalb der Professurinzwischen die Regel sind (Destatis/Statistisches Bun-desamt 2011, S. 26). Entsprechend ist der Wissen-schaftssektor nicht der wichtigste Beschäftigungsbereichfür Promovierte. Für Berufskarrieren außerhalb der For-schung stellt der Doktortitel inzwischen ein entschei-dendes Qualitäts- und Abgrenzungsmerkmal gegenüberMitbewerbern dar (Jaksztat u.a. 2010, S. 1 und 21). EinGroßteil der Promovierten findet sich in den Führungse-tagen der deutschen Privatwirtschaft wieder (Die Bun-desregierung 2008, S. 121); zwei Drittel der Vorständein DAX-Unternehmen tragen einen Doktortitel (o. A.2009, S. 4). Meist steigt das Gehalt entsprechend demakademischen Grad, ebenso nimmt die gesellschaftlicheAnerkennung zu: Als Teil des Namens steht der Doktor-titel in Deutschland in offiziellen Dokumenten wie demPersonalausweis (Strack 2011) und sein Erwerb gilt bisheute als „[…] ein wichtiger Mechanismus für die Re-produktion gesellschaftlicher Eliten“ (Schulze-Cleven2011). In diesem Kontext stellt ein erschwerter Promo -tionszugang für Fachhochschul-Absolventen eine Be-nachteiligung ebendieser dar. Es ist somit zu prüfen,welche Berechtigung diese Erschwerung hat.Ungeachtet dieser Trends stellen Universitäten eine an-dere Begründung in den Vordergrund: Sie verstehenForschung als internationale und vernetzte Tätigkeit.Eine Dissertation verkörpert hierbei die erste Stufe imForscherberuf (Wintermantel 2010, S. 13). Ihnen alleinist die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses

zugewiesen (z.B. § 3 Abs. 1 HG NRW). Die Bundesmi -nis terin für Bildung und Forschung, Annette Schavan,betonte jüngst hingegen mit Blick auf die Forschungs -leis tung und Drittmittelerfolge der Fachhochschulenderen tragende Rolle auch „als Ausbildungsstätten fürhochqualifizierten wissenschaftichen Nachwuchs“(BMBF 2012) und sieht die Entwicklung hin zum Erwerbder Promotion an einer Fachhochschule als evolu-tionären Prozess (Osel 2012).

2. Grundlagen des universitären Promotionsprivilegs

In den vergangenen 40 Jahren hat sich die Rolle derFachhochschulen über ihre ursprüngliche Funktions-weise als berufsvorbereitende Institution hinaus weiter-entwickelt. Dies ist inzwischen auch in der Hochschul-gesetzgebung anerkannt: „Die Fachhochschulen [...]nehmen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben [...]wahr“ (z.B. § 3 Abs. 2 Satz 2 HG NRW). Sie sehen For-schung zunehmend als einen Kernbereich ihrer Akti-vitäten. Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 2010) ist Forschung auch Aufgabe von Fach-hochschul-Professoren.5Mit der Einführung gleichwertiger Master-Studiengängean Universitäten und Fachhochschulen, stellt sich fürFachhochschul-Absolventen die Frage des Zugangs zurPromotion dringlicher als zuvor. Nach § 67 Abs. 4 Buch-stabe c HG NRW haben sie sogar Anspruch auf Zulas-sung. Dennoch existieren zahlreiche Hürden für Fach-hochschul-Absolventen. Die vom Wissenschaftsrat (WR)geforderte Transparenz und Gleichbehandlung (WR2010a, S.11 und 86) steht weiter aus.Damit das Fachhochschul-Studium nach dem Masternicht in der akademischen Sackgasse zu enden droht, istder Gesetzgeber – ohne dabei das Promotionsrecht derUniversitäten anzurühren – in NRW beispielsweise denWeg kooperativer Promotionsstudien gegangen: „DieUniversitäten und Fachhochschulen entwickeln in Ko-operation Promotionsstudien im Sinne des Absatzes 4Satz 1 Buchstabe b), bei denen die Erbringung der Pro-motionsleis tungen gemeinsam betreut wird” (HG NRW§ 67 Abs. 6).Dieser Forderung wird bislang aber nur vereinzelt nach-gekommen. Immer noch beruhen Kooperationen viel-mehr auf persönlichen Kontakten der Professoren als aufvertraglich abgesicherten Beziehungen (WR 2010a, S.11 und 86f).Es gibt große Vorbehalte, Fachhochschulen ein eigen-ständiges Promotionsrecht einzuräumen. Für den Vorsit-zenden der Landesrektorenkonferenz der Universitäten,Axel Freimuth, ist das Privileg Markenzeichen der Uni-versitäten. Er bezweifelt, dass Fachhochschulen über dienotwendigen Voraussetzungen für qualitativ hochwerti-ge Dissertationen verfügen (LT NRW 2011, S. 3f). Trans-parente und überprüfbare Kriterien, welche Vorausset-zungen erfüllt sein müssen, um eine Einrichtung zur Pro-

4 Die Zahl von über 25.000 Promotionen beinhaltet rund 7.700 Promotio-nen im Bereich Medizin, die als Standardabschluss für das Fach gelten(Des tatis/Statistisches Bundesamt 2011, S. 25).

5 Vgl. auch Hochschulpolitischer Blog (2011).

HSW 5/2012112

Hochschulentwicklung/-politik HSWmotionsvergabe zu ermächtigen, sind für öffentlicheHochschulen nicht gebräuchlich und werden trotz Pla-giatshäufungen nicht entwickelt beziehungsweise einge-führt, da sie auf alle Hochschultypen gleichermaßen an-gewendet werden müssten – auch auf Universitäten.Unter Berücksichtigung gleicher wissenschaftlicher Stan-dards erscheinen die Zweifel an der wissenschaftlichenQualität der Fachhochschulen und ihrer Absolventennicht gerechtfertigt. Die akademische Qualifikation derProfessoren hat sich gegenüber der Gründungsgenera -tion, die noch vielfach aus den höheren Berufsfachschu-len kam, mit der Promotion als Berufungsvoraussetzunginzwischen dem akademischen Niveau der Universitätenangenähert. Zudem weisen Professoren häufig vieleJahre Forschungserfahrung als wissenschaftliche Mitar-beiter an Universitäten vor. Entsprechend verstehen sieForschung als ihre Dienstaufgabe (Hochschule NRW/LRK der Fachhochschulen 2011, S. 1). „Heute gestattetdie Mehrheit der Bundesländer in ihren Hochschulge-setzen den Fachhochschulen nicht lediglich zu forschen,Forschung wird den Fachhochschulen vielmehr als Auf-gabe […] ausdrücklich zugewiesen“ (BVerfG 2010).Und obwohl diese Annäherung zwischen Fachhochschu-len und Universitäten stattgefunden hat, besteht weiter-hin eine Differenzierung in Bezug auf das Recht zur Ver-gabe von Promotionen. Statt einer rechtlichen Gleich-stellung kommt es lediglich zu Kompromissvorschlägen,wie etwa den vom WR geforderten Kooperationsplatt-formen (WR 2010a, S. 11 und 86). Der StandortDeutschland wird dadurch im europäischen Wissen-schafts- und Innovationsraum geschwächt. Hinsichtlichdes Bologna-Prozesses und der damit verbundenen An-gleichung von Studienabschlüssen wäre im Zuge der zu-nehmenden und notwendigen Forschungsaktivitäten vonFachhochschulen das eigenständige Promotionsrecht dielogische Konsequenz. Da Professoren an Fachhochschu-len in ihrer eigenen Karriere an Universitäten ausgebildetund promoviert worden sind, zum Teil über jahrelangeForschungserfahrung an Universitäten verfügen undgrundsätzlich die Examen prüfen können, die sie selbsterfolgreich absolviert haben, wären sie an Universitätenin vielen Fächern bei Promotionen auch prüfungsberech-tigt. Wenn zudem Fachhochschul-Professoren als Zweit-gutachter in Promotionsverfahren an Universitäten fun-gieren, die der Dissertation zugrunde liegende Forschungin Laboren der Fachhochschulen oder ihrer kooperieren-den Industriepartner stattfindet und die Fachhochschul-Professoren dort selbst die Betreuer sind, dann gibt eskeine substanziellen Gegenargumente mehr.6So existiert für den Präsidenten des Hochschullehrer-bundes7, Nicolai Müller-Bromley, nur ein Argumentgegen das Promotionsrecht für Fachhochschulen: derSchutz der Universitäten, die ihren durch das bestehen-de Promotionsrecht verbrieften Wettbewerbsvorteil zuverteidigen versuchen (LT NRW 2011, S. 29). Eine neueVariante hat der frisch gewählte Präsident der HRK,Horst Hippler, unmittelbar nach seiner Wahl im April2012 in die Debatte eingebracht. Gefragt, wie er esdenn mit dem geforderten Promotionsrecht für Fach-hochschulen halte, antwortete er, dies komme für ihnnicht in Frage – sehr wohl denkbar sei es allerdings, diebesten Fachhochulen in Universitäten umzuwandeln.8

3. Die Zugangssituation von Fachhochschul-Absolventen

Seit 1992 besteht für Fachhochschul-Absolventen dieMöglichkeit, zu promovieren (Keller 2011, S. 135). Reinformal ist für sie eine Bewerbung im Ausland, in struktu-rierten Programmen oder als Individualpromotion anUniversitäten im Inland denkbar. Im Inland erfolgt sieentweder ohne nennenswerten Einbezug der Fachhoch-schule oder im kooperativen Verfahren unter Einbezie-hung eines Gutachters von einer Fachhochschule, zu-

Absolventin: Guten Tag, ich möchte promovieren. Ichverfüge über Berufserfahrung, habe das Bache-lor- und Master-Studium als eine der besten ab-geschlossen und zudem vor Beginn meines Stu-diums in Forschung und Lehre gearbeitet.

Professor: Guten Tag, das klingt ja sehr gut, genausolche Leute suchen wir. Wir möchten qualifi-zierten wissenschaftlichen Nachwuchs fördern.[…] Zeigen Sie mir mal Ihre Unterlagen. [...] Umwas für einen Master handelt es sich denn?

Absolventin: Ich habe einen forschungsorientiertenMaster und beide Abschlussarbeiten mit einemempirischen Teil versehen.

Professor: Sehr gut. […] Ach so, Sie waren an einerFachhochschule? Oje, das ist aber schlecht.

Absolventin: Ich war an einer renommierten Fach-hochschule und dort sehr erfolgreich.

Professor: Wie haben Sie denn abgeschlossen?Absolventin: Das Bachelor-Studium habe ich mit 1,5

und das Master-Studium mit 1,3 abgeschlossen.Professor: Mmh, unser schlechtester, den wir bei-

spielsweise letztes Jahr aufgenommen haben,hat mit 1,1 abgeschlossen und war Universitäts-absolvent. Aber Sie sind ja auch Fachhochschul-absolventin. Wir arbeiten hier mit abstraktenForschungsmethoden und davon werden Siekeine Ahnung haben. Sie kommen ja aus derPraxis, qualifizierte Forschung ist etwas anderes.Sie kennen ja keine Forschungsmethoden undwissen gar nicht, wie ein Forschungsdesign auf-gebaut wird. Wir forschen hier auf hohem Ni-veau und ich möchte Sie nicht überfordern.

Absolventin: Ich habe jahrelang an Forschungsprojek-ten mitgearbeitet, selbst empirisch geforscht,als eine der besten abgeschlossen und ich binbereit, sollte ich eine Methode nicht kennen,mich einzuarbeiten.

Professor: Naja, das halte ich für keine gute Idee. Siekönnen hier einfach nicht mithalten. Sie werdenSchwierigkeiten haben hier etwas zu verstehen.Sie hätten an der Universität studieren müssen.Als Fachhochschulabsolventin kann ich Sie lei-der nicht bei Ihrer Promotion unterstützen, dieZeit dafür fehlt mir einfach. Ich müsste mitIhnen ja bei den wissenschaftlichen Basics be-ginnen. Auf Wiedersehen!

Quelle: Persönliche Erfahrung einer der Autoren (Ge-dächtnisprotokoll)

HSW 5/2012 113

S. Czornohus, K. Dobersalske, F. Heuel & N. Petrow n Auf dem Weg zur Promotion: ...HSWmeist als Zweitgutachter oder in jüngster Zeit in gemein-samen Promotionskollegs. Andere Modelle ermöglichendie Forschung an der Fachhochschule und Promotion imAusland über den Fachhochschul-Professor, der dortprüfungsberechtigt ist. Daher sollte angenommen wer-den, dass für Fachhochschul-Absolventen Wege zur Pro-motion durchaus offen stehen. Dies trifft nur bedingt zu,wie das Fallbeispiel einer Fachhochschul-Absolventinzeigt, die sich auf die Suche nach einem Promotionsbe-treuer an einer Universität begeben hat (siehe Kastenauf Seite 111).Im konkreten Einzelfall stehen Fachhochschul-Absol-venten den festgefahrenen und oft subjektiven Argu-mentationslinien zumeist hilflos gegenüber.In Bezug auf die strukturellen Rahmenbedingungen fan-den in den letzten 20 Jahren nur rudimentäre Verände-rungen statt. Bei Betrachtung der nordrhein-westfäli-schen Gesetzeslage gestalten sich die Strukturen im na-tionalen Vergleich gut, so Müller-Bromley (LT NRW2011, S. 6). Laut § 67 Abs. 4 des HG NRW steht Master-Absolventen der Zugang zum Promotions-Studiumgrundsätzlich offen. Jedoch räumt § 67 Abs. 2 den Uni-versitäten das Recht ein, weitere Qualifizierungsnach-weise von Promotionswilligen einzufordern.Dabei haben sich Fachhochschulen in den 40 Jahrenihres Bestehens9 grundlegend verändert. Mit dem Bo -log na-Prozess und dem Beschluss der Kultusminister-konferenz (KMK) aus dem Jahr 2003 sind Master-Absol-venten unabhängig vom Hochschultyp zur Promotionberechtigt (KMK 2010, S. 4). Dementsprechend fordertder WR den Übergang in die Promotion zu erleichternund nach dem Beschluss der KMK „in der Realität“ zuvollziehen (WR 2010a, S. 87). Auch die HRK sprach2007 Empfehlungen aus, förderliche Voraussetzungen inden Promotionsordnungen für Fachhochschul-Absol-venten zu schaffen, um damit eine gleichberechtigte Re-gelung bei der Zulassung von Fachhochschul- und Uni-versitäts-Absolventen sicherzustellen (HRK 2007). Zwarsind seitdem nach Keller „die Zugangshürden insgesamtetwas gesunken“ (Keller 2010, S. 23), dennoch bestehtnach wie vor kein Konsens über die Qualifikationsanfor-derungen. Seiner Untersuchung zufolge ist der Promo -tionszugang ohne oder mit nur geringen Auflagen fürMaster-Absolventen von Fachhochschulen die Ausnah-me. Fachhochschul-Absolventen müssen sich über Eig-nungsfeststellungsverfahren wissenschaftlich beweisen.Keller zeigt zudem auf, dass Fachhochschul-Absolventenüberwiegend ein ‚sehr gut‘ vorweisen müssen. Hingegenkönnen Universitäts-Absolventen ihr vorangegangenesStudium schlechter abgeschlossen haben. Im Zuge desBologna-Prozesses wurden zwar teilweise die Promo -tionsordnungen überarbeitet, doch bleiben häufig nochdas Eignungsfeststellungsverfahren und eine Benachtei-ligung aufgrund der vermeintlich schlechteren methodi-schen Ausbildung der Fachhochschul-Absolventen be-stehen. Keller beanstandet jedoch auch die geringen Be-werberzahlen von Fachhochschul-Absolventen undmahnt ein noch ausbaufähiges Engagement seitens derFachhochschulen an (Keller 2010, S. 23).Birgit Mager, Professorin an der Fachhochschule Köln,kritisiert daher, es entspreche nicht der Realität, wennUniversitäten behaupten, Fachhochschul-Absolventen

entstünden keine Nachteile aus der Verankerung desPromotionsrechts an Universitäten. „Die Absolventenvon Fachhochschulen stehen oft als Bittsteller da, müs-sen oft einen unglaublichen Zusatzaufwand leisten, umzur Promotion zugelassen zu werden. Sie haben nichtdie Möglichkeit, an ihren Lehrstühlen an den Drittmit-telprojekten zu promovieren, in denen sie eigentlich in-haltlich verortet sind“ (LT NRW 2011, S. 14). Weiterhinlässt sich eine Abwanderung von Promotionswilligen insAusland konstatieren. Und noch mehr: „Die derzeitigeRegelung hält qualifizierte Studierende von dem Stu -dium an einer Fachhochschule fern. Denn wenn ich mirspäter die Promotionsmöglichkeit offenhalten möchte[…], dann gehe ich heute nicht an eine Fachhochschu-le“, äußerte Müller-Bromley (LT NRW 2011, S. 6). Alsweitere Hürde stellt sich die Suche nach einer Promo -tionsbetreuung heraus. Fachhochschul-Absolventenwerden als externe Bewerber nachrangig behandelt(siehe Kasten). Zudem kennen sich die Promotionsinter-essierten und potenziellen Promotionsbetreuer nicht.Letztere rekrutieren ihre Promovenden daher lieber ausdem ‚eigenen Pool‘.Insgesamt bleiben „Fachhochschulen […] abhängig vomguten Willen der Universitäten, der auf Hochschullei-tungsebene oft durchaus vorhanden ist“ (HochschuleNRW/LRK der Fachhochschulen 2011, S. 1). Dieser er-weist sich allerdings als wirkungslos, wenn Fakultätenüber ihre Promotionsordnungen eine Beteiligung vonFachhochschul-Professoren im Verfahren verhindernund bei der Promotionszulassung zwischen Universitäts-sowie Fachhochschul-Absolventen unterscheiden.

4. Strukturelle Rahmenbedingungen für Fachhochschul-Absolventen

Der begrenzte Promotionszugang von Fachhochschul-Absolventen ist im Wesentlichen systembedingt. Des-halb gilt es einen Blick auf die strukturellen Rahmenbe-dingungen zu werfen.

6 Gespräch geführt mit Wolff-Dietrich Webler am 17. Mai 2012.7 Berufsverband der Lehrenden an Fachhochschulen.8 Laut Tagesspiegel hatte Hippler nach seiner Wahl Ende April 2012 in Ham-

burg erklärt: „Wir würden etwas falsch machen, wenn wir unseren Fach-hochschulen das Promotionsrecht geben würden, weil gar nicht alle in derLage sind, das durchzuführen.“ Ihm zufolge könnten allerdings leistungs-starke Fachhochschulen nach einer Prüfung in Universitäten umgewandeltwerden. Micha Teuscher, Rektor der Hochschule Neubrandenburg undSprecher der Gruppe der Fachhochschulen in der HRK bewertet diesenVorschlag als „[…] ein[en] Versuch, das primäre Promotionsrecht der Uni-versitäten zu retten […]“. Auch ohne Universitätsrang steht für ihn for-schungs- und leistungsstarken Fachhochschulen das Promotionsrecht zu.Die Argumentation, dass sie anwendungsbezogen forschen und eine ge-ringere Fächervielfalt vorweisen als Volluniversitäten, lehnt er als Hinde-rungsgrund ab. Technische Universitäten forschen ebenfalls anwendungs-bezogen und private Universitäten bieten teilweise nur bestimmte Fächeran, so seine Gegenargumentation. Ferner verweist er auf die Plagiatsskan-dale, die die Universitäten weiter erschüttern. „Es ist also nicht per se dieInstitution Universität, die es besser kann.“ Vielmehr sei es die Qualitätder Betreuung und des Forschungsumfeldes, die ausschlaggebend sind.Laut Teuscher können diese Umstände an ausgewählten Fachhochschulendurchaus bestehen (Burchard 2012). Auch die LRK NRW hat sich vonHipplers Aussage distanziert (Hochschule NRW/LRK der Fachhochschulen2012).

9 Grundlage ist das Abkommen der Länder zur Vereinheitlichung auf demGebiet des Fachhochschulwesens vom 31.10.1968.

HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSW

114

Akteursvielfalt im WissenschaftssystemDie Bereitschaft von Universitäten, mit Fachhochschu-len zu kooperieren, ist unterschiedlich stark ausgeprägt.Auf beiden Seiten weichen die Interessenlagen vonein-ander ab. Während sich Fachhochschulen systembe-dingten Nachteilen im Wettbewerb um Studierende und(Nachwuchs-)Wissenschaftler ausgesetzt sehen, empfin-den Universitäten häufig keinen Handlungsbedarf. Esgehe zwar „mit dem exklusiven Promotionsrecht […]eine Kooperationspflicht einher“ (WR 2010b), so derehemalige Vorsitzende des WR Peter Strohschneider,doch wird die Kooperationsbereitschaft der Universitä-ten maßgeblich durch Rechtsnormen, in Einzelfällenauch durch externe Ressourcenzuweisungen, herbeige-führt. So ist es nicht verwunderlich, wenn die „gesetz-lich festgeschriebene Kooperation […] an der dafür not-wendigen Partnerschaft auf Augenhöhe“ (LPKwiss-NRW2011, S. 2) scheitert.Über alle Hochschularten hinweg lässt sich in traditio-nell promotionsstarken Bereichen, wie den Naturwis-senschaften, eine verhältnismäßig größere Koopera -tionsbereitschaft ausmachen als etwa in den Geistes-und Sozialwissenschaften (HRK 2009). Promotionsrechtist Fakultätsrecht und damit durch einzelne Personenbeeinflussbar. Deshalb können innerhalb einer Univer-sität unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen und Ko-operationsbereitschaften existieren (Keller 2011, S. 14und 104ff). Kooperationen – insbesondere in räumlicherNachbarschaft – kommen aufgrund von Berührungs-oder Konkurrenzängsten somit nur schwer zustande,selbst wenn auf Hochschulleitungsebene der Wille be-steht (o. A. 2010, S. 2).Unterschiede werden darüber hinaus zwischen Ost undWest deutlich: Ostdeutsche Hochschulen erfuhrendurch ihre Aufteilung in Universitäten oder Fachhoch-schulen eine Eingliederung im Rahmen der Wiederverei-nigung an das westdeutsche, zweigliedrige System. „Mitder Übernahme der westdeutschen Hochschultypenging der Verlust des Promotionsrechts für diejenigenostdeutschen Hochschulen einher, die zu Fachhochschu-len umgewandelt oder in eine solche integriert wurden“(WR 2010a, S. 26). Bis heute bedingt die historischeNähe zwischen beiden Hochschultypen dort eine größe-re Kooperationsbereitschaft als in den alten Bundeslän-dern.10 Vor allem die aus Einrichtungen der höherentechnischen Bildung hervorgegangenen und in den letz-ten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zumeist in Techni-sche Universitäten umbenannten Hochschulen sind imVergleich zu anderen Universitäten stärker in kooperati-ve Promotionsverfahren involviert. Sie haben eine Vor-reiterrolle eingenommen, vor allem in Bezug auf die In-genieur- und Naturwissenschaften (ARGE TU/TH undTU9 2009). Vor einem ähnlichen Hintergrund verhaltensich deutschlandweit solche Universitäten kooperativ,die in den Jahren 2002 bis 2003 aus ehemaligen Ge-samthochschulen hervorgingen und bis dahin auf Uni-versitäts- wie auf Fachhochschul-Abschlüsse untereinem Dach vorbereiteten.

Das Selbstverständnis von Forschung und ForschendenAls fundamental für den Erfolg kooperativer Promotio-nen, an denen Erst- und Zweitprüfer einer Universität

und Fachhochschule beteiligt sind, gilt die Einbindungder Fachhochschul-Studierenden beziehungsweise -ab-solventen in Forschungsprojekte und Netzwerke derScientific Community. Durch die gezielte Einbindungvon Fachhochschul-Professoren in Promotionsverfahrenkönnen neue, interessante Forschungsfragen zum Tragenkommen und Anwendungsbezüge hergestellt werden.Innerhalb der Fachhochschul-Landschaft ist zu berück-sichtigen, dass eine junge Generation universitär undunternehmerisch geprägter Fachhochschul-ProfessorenForschungsambitionen sowie -potenziale mitbringt,denen sie nachgehen möchte. Dem Selbstverständnisdieser Generation entspricht der mit der Entscheidungdes Bundesverfassungsgerichts bekräftigte Auftrag anFachhochschul-Professoren in Forschung und Lehre(BVerfG 2010). Daneben tritt das noch nicht ausrei-chend genutzte Innovationspotenzial, welches anwen-dungsnahe Forschung an Fachhochschulen ermöglicht(Webler 2011b, S. 73). Fachhochschulen, die in ihrenQualitätsstrukturen den Universitäten ebenbürtig sind,benötigen aus diesen Gründen bessere Möglichkeiten,ihren Absolventen Wege zur Promotion zu bieten.Einige Zeichen deuten auf eine weitere Verbesserungdes Promotionszugangs für Fachhochschulen und derenAbsolventen hin.11 So hat der Landtag in Nordrhein-Westfalen am 26. Januar 2012 eine Änderung desHochschulgesetztes beschlossen. Inhaltlich erfolgte eineErweiterung von § 67 Abs. 4, die ausdrücklich eine Un-terscheidung zwischen Bewerbern von Fachhochschu-len und Universitäten für unzulässig erklärt (LT NRW2012, Art. 1 Abs. 2 (b)). Hieraus resultiert eine noch zuerwartende Anpassung der Promotionsordnungen sei-tens der Universitäten. Neben den sozialen Aspekt tre-ten politische und wirtschaftliche Argumente sowie diegeschilderten, dem Wissenschaftssystem immanenteGründe, einen Prozess des Umdenkens gezielt zu leitenund zu fördern.

5. EmpfehlungenDie vielzähligen Reformen der letzten Dekade habendas gesamte Hochschulsystem grundlegend verändert.Die aktuellen Herausforderungen, denen es auch im in-ternationalen und europäischen Kontext begegnenwird, sind bezeichnend: Rückgang der Studierendenzah-len an ostdeutschen Hochschulen, erwartetes Absinkender Studienanfängerzahlen im OECD-Raum und inDeutschland ab spätestens 201312, massiver Ausbau

10 Zwei Fünftel der 20 (von 71 an der Studie beteiligten) Universitäten mitden niedrigsten Hürden für Fachhochschul-Absolventen befinden sich inden neuen Bundesländern (Keller 2011, S. 135ff).

11 Die aktuelle Diskussion in Nordrhein-Westfalen umfasst beispielsweisedie Vergabe eines Promotionsrechts an Fachhochschulen in forschungs-starken Teilbereichen oder in Disziplinen, die an Universitäten nicht ver-treten sind. Angeregt wird auch eine Anwendung der Regelungen ausdem Gesetz über die Kunsthochschulen des Landes Nordrhein-Westfalenvom 13.3.2008. Dort lautet § 59 Abs. 2: „Im Promotions-Studium sollendie Kunsthochschulen für ihre Doktorandinnen und Doktoranden for-schungsorientierte Studien anbieten und ihnen den Erwerb von akademi-schen Schlüsselqualifikationen ermöglichen. Das Promotions-Studiumkann als Studiengang gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 durchgeführt und in die-sem Fall durch einen vorangehenden Master-Abschluss gegliedert wer-den; die Regelstudienzeit setzt das Ministerium fest. Die Kunsthochschu-len wirken auf die wissenschaftliche Betreuung ihrer Doktorandinnenund Doktoranden hin.”

115HSW 5/2012

S. Czornohus, K. Dobersalske, F. Heuel & N. Petrow n Auf dem Weg zur Promotion: ...HSWneuer sowie Verlagerung bestehender Studienplätze vonUniversitäten an Fachhochschulen.13 Angesicht solcherVeränderungen wird nach Möglichkeiten gesucht, Fach-hochschulen zu stärken und zu gleichberechtigten sowieschlagkräftigen Akteuren im Wettbewerb zu machen.Folgende Empfehlungen lassen sich hieraus ableiten:

(1) Erfolgreiche Kooperationen zwischen Universitätenund Fachhochschulen sollten institutionalisiert werden.Die Empfehlungen des WR zur Rolle der Fachhochschu-len im Hochschulsystem betreffen primär die Verflech-tung von Fachhochschulen mit Universitäten im Rahmenvon Kooperationsplattformen. Hierfür sind weitere poli-tische Weichenstellungen im Sinne strukturierter Pro-motionsprogramme sowie gemeinsamer Promotions-und Forschungskollegs nötig.14 Einen Ansatzpunkt fürbessere Kooperationen bietet die Nutzung und Institu-tionalisierung bestehender Kontakte und kooperativerPromotionsverfahren, der Aufbau promotionsfördernderStrukturen an Fachhochschulen sowie deren vernetztesZusammenwirken.Forschungsstarke Fachhochschulen bauen derzeit solcheinstitutionalisierten Strukturen auf (Ihne u.a. 2011, S.84-87), um vier Ziele zu verfolgen: Sie wollen ihrem For-schungsauftrag gerecht werden, das Wissenschaftssys -tem durchlässiger gestalten, Absolventen besser überPromotionsmöglichkeiten informieren und ihnen beruf-liche Perspektiven im Wissenschaftssystem eröffnen.Fachhochschulen müssen diese Strukturen zumeist ohnezusätzliche Finanzmittel aufbauen. Dabei können sichinstitutionelle Kooperationsformen auch auf gemeinsa-me oder abgestimmte Master-Programme von Fach-hochschulen und Universitäten erstrecken. Von der Uni-versität für die Promotionszulassung verlangte Kompe-tenzen können in die Studienphase vorverlagert werden.Durch ein „Matching von Interessen“ (Keller 2010, S.23) ließe sich „das Beste aus zwei Systemen“ (Schröer2010, S. 175ff) zusammenführen sowie mehr Nach-wuchs und neues Denken für die Wissenschaft gewin-nen. Die Kooperation kann mittels Peer Learning dazubeitragen, althergebrachtes Statusdenken zu überwin-den. Festzuhalten bleibt allerdings, dass sich kooperati-ve Strukturen nur schwerlich entwickeln können, wenndie Finanzseite keine entsprechenden Anreize oderSanktionen schafft. Hierzu müssen Landesmittel nachobjektiv messbaren Kriterien vergeben und nicht-mo-netäre Vorteile, die sich aus Kooperationen ergeben,stärker in den Blick der Akteure gerückt werden (o. A.2010, S. 3; Keller 2010, S. 24).

(2) An Fachhochschulen sollten forschungsförderlicheund promotionsbegünstigende Strukturen geschaffenwerden.Für die Beschäftigung von Doktoranden ebenso wie fürderen Betreuung mangelt es den Fachhochschulen ei-nerseits an einer hierfür vorhandenen Ausstattung mitLandesmitteln und andererseits an notwendigen perso-nellen Strukturen (LPKwiss-NRW 2011, S. 2). An Fach-hochschulen sollten Rahmenbedingungen geschaffenwerden, die die Finanzierung von Promotionsvorhabenerleichtern, Forschung unterstützen und Anreize hierfürbieten. Umfassende Forschungsvorhaben an Hochschu-

len machen die Einbindung von Doktoranden nahezuunumgänglich. Eine positive Einstellung gegenüber For-schung seitens der Fachhochschul-Professoren ist wich-tig, ebenso der Ausbau von Förderinstrumenten wieForschungsprofessuren und Deputatsermäßigungen,Profilbildung durch den Ausbau forschungsstarker Berei-che und die Förderung von Master-Studiengängen ent-lang dieser Schwerpunkte bzw. Cluster. Ein eigenes Pro-motionsrecht in forschungsstarken Bereichen wäre kon-sequenterweise der nächste Schritt und könnte zudemdazu führen, dass Qualitätskriterien zur Prüfung bezie-hungsweise Feststellung einer zur Promotion berechti-genden Forschungsstärke an Fachhochschulen langfristigauch derartige Überprüfungen einzelner Bereiche anUniversitäten nach sich ziehen würde.15 Angesichts derDiskussionen um Plagiatsaffären wäre dies für die Wis-senschaft in ihrem Streben nach neuer wissenschaftli-cher Erkenntnis durchaus von Vorteil.In diesem Zusammenhang ist zu hinterfragen, inwieweitbestehende Instrumente und Kriterienkataloge zur Er-langung des Promotionsrechts durch private Hochschu-len für Fachhochschulen geöffnet werden können. Be-rechtigte Überlegungen zur Gründung einer gemeinsa-men, privaten Forschungsuniversität und Akkreditierungdieser kostspieligen Einrichtung durch den WR wärendann überflüssig.

(3) Fachhochschulen sollten Qualität durch bessere Nut-zung von Drittmittelprogrammen nachweisen, in denenUniversitäten stark sind.Eine besondere Rolle spielen hier unabhängige Begut-achtungsverfahren, wie die der Deutschen Forschungs-gemeinschaft (DFG). In ihren Gremien und Förderpro-grammen sind Fachhochschulen bislang unterrepräsen-tiert. 2008 kamen 39% universitärer Drittmitteleinnah-men aus dieser Quelle, während der Anteil bei Fach-hochschulen nur ein Prozent ausmachte (Destatis 2008,in: o. A. 2011). Die DFG erwidert allerdings, dass sienicht Hochschularten fördere, sondern Projekte. Trotz-dem sind Ziele und Kriterien diskussionswürdig (Webler2011a, S. 65f). „Der Wissenschaftsrat empfiehlt der

12 An dieser Entwicklung ändert sich auch nach der jüngsten Vorausberech-nung der Studienanfängerzahlen 2012-2025 nichts, auch wenn dieseeine wachsende Studierneigung in Deutschland konstatiert (KMK 2012,S. 2).

13 Der WR empfiehlt einen Anteil der Fachhochschul-Absolventen an denAbschlussprüfungen im Hochschulsystem von 65% (WR 2010, S. 43).

14 Beispielhaft erwähnt seien das Internationale Hochschul-Institut Zittauals universitäre Einrichtung mit Promotionsrecht, die Aufnahme der ko-operativen Promotion in die Zielvereinbarung mit Bayerischen Univer-sitäten in 2009 sowie die baden-württembergische Förderung von achtkooperativen Promotionskollegs ab 2010. Aus Bundesmitteln werdenseit 2011 aufbauend auf bereits existierenden Kooperationen sieben Pro-jekte im Programm „Forschungskooperationen zwischen Fachhochschu-len und Universitäten stärken – Wissenschaftlichen Nachwuchs in For-schungskollegs fördern“ gezielt ausgebaut. Die Anzahl der gefördertenProjekte ist angesichts von rund 90 eingereichten Anträgen jedoch ge-ring. Auch NRW hat zum Jahresbeginn 2012 ein Programm „NRW.For-schungskooperationen“ aufgelegt, in dem Forschungsverbünde vonFachhochschulen und Universitäten zum Ziel der Promotionsförderungbis 2015 mit rund 12 Mio. Euro unterstützt werden sollen. Die Stärkungder Fachhochschulforschung ist erklärtes Ziel der Landesregierung(MIWF NRW 2012).

15 Der Vorsitzende der LRK der Universitäten in NRW, Axel Freimuth,spricht sich dafür aus, bestimmte, forschungsstarke Fachhochschulen inUniversitäten umzuwandeln (LT NRW 2011, S. 4). Allerdings würde diesdie bestehende, institutionengebundene Zweigliedrigkeit untermauern.

116 HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSWDeutschen Forschungsgemeinschaft, künftig auch Fach-hochschul-Professorinnen und -professoren als Fachkol-legiatinnen und -kollegiaten sowie verstärkt als Gutach-terinnen und Gutachter zu bestellen“ (WR 2010a).Um sich in Anträgen durchzusetzen, müssen Fachhoch-schulen Nachteile, die sich aus dem hohen Lehrdeputatder Professoren, dem fehlenden Mittelbau und der mög-licherweise weniger optimalen Ausstattung ergeben,durch flexibles Gegensteuern ausgleichen. Zudem kanneine Antragstellung in englischer Sprache erwogen wer-den, da dann eine internationale Begutachtung erfolgenmuss, wodurch „Vorbehalte gegenüber Fachhochschulen[…] umgangen werden, da international kein Unter-schied zwischen deutschen Fachhochschulen und Uni-versitäten gemacht werde“ (o. A. 2011, S. 2). DurchHochschulleitungen gesetzte Anreizstrukturen könnendies unterstützen. Die wirkungsvollste Initiative geht je-doch von der Professorenschaft an Fachhochschulen aus,die sich an Antragsverfahren der DFG stärker beteiligenund in ihren Gremien engagieren müsste (o. A. 2011).16

6. AusblickDie Diskussion über den Doktortitel wird kontrovers ge-führt.17 Aufgrund der Statusfunktion des Doktortitels inDeutschland besteht die Gefahr, seine eigentliche Inten-tion – den Gewinn neuer wissenschaftlicher Erkenntnis –in den Hintergrund treten zu lassen. Die Rekrutierungvon Doktoranden fast ausschließlich aus dem univer-sitären Milieu verfestigt die soziale Auslese im deut-schen Bildungssystem. Ein Doktortitel unterstützt denberuflichen Aufstieg im außeruniversitären Bereich. Be-dingt ist dies auch durch den im internationalen Ver-gleich sehr geringen Anteil fester Stellen in der Wissen-schaft (Kreckel 2010). De facto dient der Doktorgraddem erleichterten Zugang zu Funktionseliten sowie derAusbildung von Fach- und Führungskräften für denaußeruniversitären Arbeitsmarkt18 und erst in zweiterLinie der Herausbildung von Forschernachwuchs. Ausdiesem Grund muss bei der Diskussion um Promotions-möglichkeiten für Absolventen von Fachhochschulenneben der wissenschaftlichen Seite die soziale Bedeu-tung des Titels Berücksichtigung und als Argument Be-achtung finden. Zum jetzigen Zeitpunkt werden Fach-hochschul-Absolventen sozial diskriminiert – die Diskus-sion um die Beseitigung sachlich ungerechtfertigter Hür-den und den Zugang zur Promotion ist deshalb stärkervor diesem Hintergrund zu führen.

LiteraturverzeichnisARGE TU/TH und TU9 (Arbeitsgemeinschaft Technischer Universitäten/

Technischer Hochschulen und TU9) (2009): Kooperative Promotionenzwischen Universitäten und Fachhochschulen weiter ausbauen.22.4.2009: In: Lebendige Forschung an Fachhochschulen in NRW (Hg.):Presseclipping, o. Jg.,H 08.

BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) (2009): Fachhoch-schulen auf Erfolgskurs. In: http://www.bmbf.de/press/3334.php(09.10.2012).

Briedis, K. (2007): Übergänge und Erfahrungen nach dem Hochschulab-schluss. Ergebnisse der HIS-Absolventenbefragung des Jahrgangs 2005.Hannover. In: http://www.his.de/pdf/pub_fh/fh-200713.pdf (13.7.2011).

Burchard, A. (2012): Promovieren an der Fachhochschule. Sehnsucht nachdem Doktor (FH). In: Der Tagesspiegel. 10.5.2012. In: http://www.tagesspiegel.de/wissen/promovieren-an-der-fachhochschule-sehnsucht-nach-dem-doktor-fh/6611314.html (5.6.2012).

BVerfG (Bundesverfassungsgericht) (2010): 1 BvR 216/07 vom 13.4.2010.In:http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20100413_1bvr021607.html(16.9.2011).

Destatis/Statistisches Bundesamt (2011): Hochschulen auf einen Blick. Aus-gabe 2011. Wiesbaden. In: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/Fachveroeffentlichungen/BildungForschungKultur/Hochschulen/BroschuereHochschulenBlick0110010117004,property=file.pdf (22.7.2011).

Deutscher Bundestag (2011): Gesetzentwurf der Abgeordneten Krista Sageret al. Entwurf eines Gesetzes zur Streichung des Doktorgrades aus demPassgesetz, dem Gesetz über Personalausweise und den elektronischenIdentitätsnachweis, der Personalausweisverordnung sowie dem Aufent-haltsgesetz und der Aufenthaltsverordnung (BT Drs. 17/8128). Berlin.

Die Bundesregierung (2008): Bundesbericht zur Förderung des Wissen-schaftlichen Nachwuchses (BuWiN). Berlin . In: http://www.buwin.de/fileadmin/kisswin/download/BUWIN_download.pdf (31.7.2011).

Enders, J./Bornmann, L. (2001): Karriere mit Doktortitel? Ausbildung, Be-rufsverlauf und Berufserfolg von Promovierten. Frankfurt und New York.

Fabian, G./Briedis, K. (2009): Aufgestiegen und erfolgreich. Ergebnisse derdritten HIS-Absolventenbefragung des Jahrgangs 1997 zehn Jahre nachdem Examen. Hannover.

HG NRW (Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen)i.d.F. vom 31. Oktober 2006. In: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=221&bes_id=9796&aufgehoben=N&menu=1&sg=#det257771 (4.6.2012).

Hochschule NRW/LRK der Fachhochschulen (Hochschule NRW/Landesrek-torenkonferenz der Fachhochschulen e.V.) (2011): Öffentliche An-hörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung undTechnologie am 25. März 2011. Stellungnahme der nordrheinwest-fäli-schen Fachhochschulen. o.O.

Hochschule NRW/LRK der Fachhochschulen (Hochschule NRW/Landesrek-torenkonferenz der Fachhochschulen e.V.) (2012): Fachhochschulensind keine schlechten Universitäten. In: http://www.fh-nrw.de/index.php?id=21 (5.6.2012).

HRK (Hochschulrektorenkonferenz) (2011a): Stellungnahme der Hochschul-rektorenkonferenz (HRK) zum Antrag der Fraktion der FDP im LandtagNordrhein-Westfalen „Fachhochschulen weiter stärken: Promotion er-leichtern“ (NRW Landtag Drs. 15/671) und zum Entschließungsantragder Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Antrag derFDP (NRW Landtag Drs. 15/950). Düsseldorf.

HRK (Hochschulrektorenkonferenz) (2011b): Hochschulen in Zahlen 2011.In: http://www.hrk.de/de/down load/dateien/Hochschulen_in_Zah-len_2011.pdf (13.7.2011).

HRK (Hochschulrektorenkonferenz) (2009): Promotionen von Fachhoch-schulabsolventen in den Prüfungsjahren 2006, 2007 und 2008. Bonn.

HRK (Hochschulrektorenkonferenz) (2007): Empfehlungen des 103. Senatsder HRK vom 13.2.2007. Zur Promotion von Fachhochschul-Absolven-ten. In: http://www.hrk.de/de/ download/dateien/Empfehlung_FH-Pro-motion.pdf (23.9.2011).

Ihne, H. u.a. (2011): Graduierteninstitut an Fachhochschulen als Nukleuswissenschaftlicher Nachwuchsförderung. In: Die neue Hochschule.o.Jg., H 2, S. 84-87.

Jaksztat, S. u.a. (2010): Wissenschaftliche Karrieren Beschäftigungsbedin-gungen. Berufliche Orientierungen und Kompetenzen des wissenschaft-lichen Nachwuchses. Hannover. In: http://www.his.de/pdf/pub_fh/fh-201014.pdf (13.7.2011).

KunstHG (Gesetz über die Kunsthochschulen des Landes Nordrhein-Westfa-len) (Kunsthochschulgesetz) i.d.F. vom 13. März 2008 (GV. NRW. S.195). In: http://www.wissenschaft.nrw.de/objekt-pool/download_dateien/hochschulen_und_forschung/kunsthochschulgesetz.pdf (4.6.2012).

Keller, A. (2011): Promotionsführer für Fachhochschulabsolventen. Möglich-keiten und Zulassungsverfahren für eine Promotion an mehr als 70deutschen Universitäten mit Hinweisen für Absolventen und Masterstu-diengängen sowie Berufsakademien und zur Promotion im Ausland. 10.Auflage. Berlin.

16 Mehr Eigeninitiative seitens der Fachhochschulen fordert auch Keller(2010, S. 22ff).

17 Das beinhaltet u.a. die Unterscheidung zwischen berufs- und forschungs-qualifizierenden PhD-Titeln, die nach bestimmten Kriterien an Univer-sitäten wie an Fachhochschulen vergeben werden könnten und den Er-satz des Dr. mit sich brächten. Man verspricht sich hiervon eine Rück-führung des Titels als Auszeichnung für wissenschaftliche Arbeiten, dieder Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnis dienen, welche ins-besondere bei den Graden Dr. med. und Dr. jur. häufig in Frage gestelltwird (Deutscher Bundestag 2011).

18 Zehn Jahre nach Abschluss der Promotion sind Promovierte in Führungs-positionen in allen untersuchten Fächern mehrheitlich im privaten Sektortätig (Enders/Bornmann 2001).

117HSW 5/2012

S. Czornohus, K. Dobersalske, F. Heuel & N. Petrow n Auf dem Weg zur Promotion: ...HSWKeller, A. (2010): ‚Pflicht zur Kooperation‘ oder ‚Matching von Interessen‘?.

In: VHW-Mitteilungen Zeitschrift des Verbandes Hochschule und Wis-senschaft im Deutschen Beamtenbund, o. Jg., H 3+4, S. 22-25.

KMK (Kultusministerkonferenz) (2012): Vorausberechnung der Studienan-fängerzahlen 2012-2025 – Fortschreibung i.d.F. vom 24.01.2012. In:http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/Statistik/Vorausberechnung_der_Studienanfaengerzahlen_2012-2025_01.pdf (07.3.2012).

KMK (Kultusministerkonferenz) (2010): Ländergemeinsame Strukturvorga-ben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen,Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2003 i.d.F. vom04.2.2010. In: http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_be-schluesse/2003/2003_10_10-Laendergemeinsame-Strukturvorgaben.pdf (16.9.2011).

Kreckel, R. (2010): Quo vadis deutsche Wissenschaft? Wie sieht die Zukunftin der deutschen Hochschule aus? Impulsvortrag im Rahmen der 2. KIS-SWIN-Nachwuchstagung „Lust auf wissenschaftliche Karriere inDeutschland“. Berlin. In: http://www.hof.uni-halle.de/dateien/Vortrag_KISSWIN2010_Kreckel.pdf (21.9.2010).

LPKwiss-NRW (Landespersonalrätekonferenz der wissenschaftlich Beschäf-tigten an den Hochschulen und Universitätskliniken in Nordrhein-West-falen) (2011): Stellungnahme zu „Fachhochschulen weiter Stärken: Pro-motion erleichtern“, Landtagsdrucksachen 15/671 und 15/950, Öffent-liche Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, For-schung und Technologie am 25. März 2011 (Stellungnahme 15/388).Düsseldorf.

LT NRW (Landtag Nordrhein-Westfalen) (2012): Gesetz zur Änderung desHochschulgesetzes, des Kunsthochschulgesetzes und weiterer Vor-schriften i.d.F vom 31. Januar 2012. Düsseldorf. In: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=13178&ver=8&val=13178&sg=1&menu=1&vd_back=N (4.6.2012).

LT NRW (Landtag Nordrhein-Westfalen) (2011): Ausschuss für Innovation,Wissenschaft, Forschung und Technologie. Öffentliche Anhörung, Fach-hochschulen weiter stärken: Promotionen erleichtern (APr 15/156).Düsseldorf.

MIWF NRW (Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung desLandes Nordrhein-Westfalen)(2012): Schulze: Wir wollen die For-schungskooperationen zwischen Fachhochschulen und Universitätenstärken. In: http://www.wissenschaft.nrw.de/presse/presseinformatio-nen/pressearchiv/archiv2012/pm120131.php (7.3.2012).

o. A. (2011): Protokoll zum 5. Forschungslunch am 17.6.2011. Fachhoch-schulen in NRW in der deutschen Forschungsgemeinschaft. Meschede.

o. A. (2010): Protokoll zum 4. Forschungslunch am 6.12.2010. Fachhoch-schulen in NRW: Pilotprojekt Promotion. Jülich.

o. A. (2009): Begeisterung fürs Forschen. Karrieren mit Doktortitel. In:Mager, B. (Hg.): Wege in eine erfolgreiche Zukunft. Promotion vonFachhochschulabsolventen in NRW. Köln, S. 3-5.

Osel, J. (2012): Fachhochschulen begehren gegen Unis auf. In: Süddeut-sche.de. In: http://www.sueddeutsche.de/bildung/streit-um-promotionsrecht-fachhochschulen-begehren-gegen-unis-auf-1.1453804(09.10.2012).

Pauer, N. (2011): Dr. No! In: Die Zeit Online. In: http://www.zeit.de/2011/10/Ueberfluessige-Dissertationen/seite-1 (18.7.2011).

Schröer, S. (2010): Das Beste aus zwei Systemen?, In: Wintermantel, M.(Hg.): Promovieren heute. Zur Entwicklung der deutschen Doktoran-denausbildung im europäischen Hochschulraum. Hamburg, S. 175-178.

Schulze-Cleven, T. (2011): Welches Signal sendet eine Promotion inDeutschland? In: FAZ.NET. In: www.faz.net/-00lge4 (8.7.2011).

Strack, F. (2011): Kampf der Prestige-Gier. Der Dr. als Titel muss weg. In:Spiegel-Online. In: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,770186,00.html (13.7.2011).

Webler, W.-D. (2011a): Veränderungen zwischen Grundlagen- und Ange-wandter Forschung – einige Folgen für die Forschungsförderung. Teil I:Die Art staatlicher Förderung angewandter Forschung führt zu Proble-men. In: Forschung. Jg. 4, H 3/4, S. 60-66.

Webler, W.-D. (2011b): Teil II: Das Programm des SNF zur anwendungsori-entierten Grundlagenforschung – vergleichbare Förderchancen inDeutschland? In: Forschung. Jg. 4, H 3/4, S. 72-74.

Webseite des Statistischen Bundesamtes (2011): Studierende insgesamtnach Hochschularten. In: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/BildungForschungKul-tur/Hochschulen/Tabellen/Content50/StudierendeInsgesamtHoch-schulart,templateId=renderPrint.psml (31.7.2011).

Webseite des Hochschulpolitischen-Blog (2011): Urteil des Bundesverfas-sungsgerichts zu Professuren an FHs. In: http://www.hopo-blog.de/?p=155&upm_export=print (17.7.2011)

Wintermantel, M. (2010): Promovieren heute. Hamburg.WR (Wissenschaftsrat) (2010a): Empfehlungen zur Rolle der Fachhochschu-

len im Hochschulsystem. Köln.WR (Wissenschaftsrat) (2010b): Fachhochschulen funktional weiter ent-

wickeln - Wissenschaftsrat empfiehlt Ausbau und Differenzierung desFachhochschulsektors. Pressemitteilungen. o. Jg., Nr. 18. In:http://www.wissenschafts rat.de/index.php?id=245&= (23.9.2011).

n Sascha Czornohus, M.A., Stipendiat derFriedrich-Ebert-Stiftung, WissenschaftlicheHilfskraft, Internationales Zentrum für Nach-haltige Entwicklung (IZNE), Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, E-Mail: [email protected] Katrin Dobersalske, M.A., Stipendiatin derFriedrich-Ebert-Stiftung, WissenschaftlicheHilfskraft, Internationales Zentrum für Nach-haltige Entwicklung (IZNE), Hochschule Bonn-Rhein-Sieg,E-Mail: [email protected] Fabian Heuel, Dipl.-Kulturwirt, PersönlicherReferent des Präsidenten der HochschuleBonn-Rhein-Sieg, E-Mail: [email protected] Nina Petrow, M.A., Stipendiatin der Frie-drich-Ebert-Stiftung, Doktorandin CorporateTalent Management der Deutschen TelekomAG, E-Mail: [email protected]

im Verlagsprogramm erhältlich:

Christina Reinhardt/Renate Kerbst/Max Dorando (Hg.):

Coaching und Beratung an Hochschulen

ISBN 3-937026-48-7, Bielefeld 2006, 144 Seiten,19.80 Euro

Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

Rei

he

Hoc

hsch

ulm

anag

emen

t:

Prax

isan

regu

ngen

118 HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSW

Zu Guttenberg, Koch-Mehrin, Chatzimakis, Mathiopou-los oder Schavan: Die Promotionspraxis in Deutschlandsteht derzeit auf dem Prüfstand. In der Öffentlichkeitund in den Medien wird debattiert, „wie die Doktoran-denausbildung so reformiert werden kann, dass es un-wahrscheinlicher wird, eine allzu fehlerhafte Doktorar-beit mit summa cum laude zu bewerten, und dass eswahrscheinlicher wird, Plagiate aufzudecken“ (Fischer-Lescarno 2012). Lassen die verschiedenen Plagiatsaf-fären also auf ein grundlegendes Versagen der Selbstre-gulierungsmechanismen der Wissenschaft in der Ausbil-dung des wissenschaftlichen Nachwuchses schließen?Und welche Konsequenzen, insbesondere zur Verbesse-rung der Promotionspraxis, sollten gegebenenfalls dar-aus gezogen werden? Jüngst hat der Wissenschaftsratein 10-Punkte-Positionspapier dazu vorgelegt (Wissen-schaftsrat 2011a). Darin empfiehlt er u.a. eine Verbesse-rung der kollegialen Begleitung, Betreuung und Ausge-staltung der Betreuungsverhältnisse. Auch die Hoch-schulrektorenkonferenz hat mittlerweile Empfehlungenzur Qualitätssicherung in Promotionsverfahren vorgelegt(HRK 2012). Wie könnte dies aber institutionell konkretausgestaltet werden? Gibt es Verfahren und Mechanis-men, die sicherstellen, dass bei etwaigen Konflikten undVereinbarungen die verschiedenen Perspektiven, Inter-essen und unterschiedlichen Verantwortlichkeiten auchangemessen und fair berücksichtigt werden? Im Folgen-den greife ich ein Plädoyer von Leo Montada (2002) fürdie Kultivierung und Etablierung von Media tion im Wis-senschaftssystem auf. Anreize oder Impulse werden die

Wissenschaftsgemeinschaft nämlich nur dann verän-dern, wenn sie an deren Selbstbestimmung und Selbst-regulation ansetzen. Denn wie auch immer man esselbst beurteilen mag: Ohne die Einbindung der „peers“und der akademischen Elite „läuft“ in der Wissenschaftletztendlich nichts. (Wissenschafts-)Mediation möchtedaher die „Selbstheilungskräfte“ in der Wissenschaftsge-meinschaft stärken. Mit einem akademischen Konfliktm-anagement mit Ombudsgremien und Wissenschaftsme-diation als zentralen Elementen werde ich in diesem Bei-trag einen vielversprechenden Ansatz zur Qualitätsver-besserung in der Wissenschaft, insbesondere der Pro-motionspraxis, vorstellen.

1. Konfliktfeld HochschuleInstitutionelle Rahmenbedingungen in Hochschulen:Strukturelle Konfliktpotentiale und „trigger“Hochschulen bieten ein weites Feld für Konflikte. Abge-sehen von klassischen Arbeitskonflikten betrifft diesselbst die Kernbereiche des Wissenschaftsbetriebs: For-schung (bspw. Konflikte in der interdisziplinären Zusam-menarbeit in Projektteams, Konflikte über disziplinäreStandards), wissenschaftliche Kommunikation (bspw.Autorschafts- oder Patentkonflikte, Konflikte über Be-wertungskriterien oder Auswahl der Gutachter im „peerreview“), Lehre (bspw. schwierige Situationen in denLehrveranstaltungen, Differenzen über die Lehrinhalteoder über die Lehrplanung), akademische Selbstverwal-tung (bspw. aufgrund von kommissionsinternen Zer-

Doctoral procedures and their supervision are processes that can potentially be highly emotionally charged onboth sides - PhD students and supervisors – in addition to the discussion of the scientific object. The progress ofresearch and its care are often experienced in either joyful surprise and enhancement or confrontational dispu-te. Errors can be made on both sides as well. Due to the related status passage, the process becomes even moreimportant. The doctoral candidates have the appropriate feeling to measure themselves (and to be measured)against high standards. They definitely do not want to fall at this hurdle (because of the consequences for theirself-esteem and the social humiliation). Justus Lentsch examines the potential for conflict and provides the so-lution-oriented question Academic Conflict Management: A Contribution to the Quality Assurance of DoctoralProcedures?

Justus Lentsch

Akademisches Konfliktmanagement: Ein Beitrag zur Qualitätssicherung der Promotionspraxis?

Justus Lentsch

HSW 5/2012 119

J. Lentsch n Akademisches Konfliktmanagement: ...HSWwürfnissen platzende Berufungsverfahren) und Ausbil-dung des wissenschaftlichen Nachwuchses (bspw. Kon-flikte in der Promotionsbetreuung). Das Konfliktpoten -tial in Hochschulen wird dadurch verstärkt, dass in denakademischen Kernbereichen, Forschung und Lehre,Entscheidungen vielfach in informellen Settings durch„peers“ und nicht nach rationalen und formalisiertenVerfahren getroffen werden. March und Ohlsen bezeich-nen Hochschulen deshalb auch als „organisierte Anar-chien“ (March/Ohlsen 1979 [1976]), als Organisationen,in denen Entscheidungssituationen durch Ambiguität,multiple und mitunter konfligierende Ziele, beschränkteInformationen und wechselnde Teilnehmer mit zeitlichschwankender Aufmerksamkeit geprägt sind.Entwicklungen, wie die Einführung neuer, vor allemwettbewerblicher Steuerungsinstrumente (für einenÜberblick siehe Wissenschaftsrat 2011b), die Exzellenz -initiative (und die damit verbundenen Profilbildungspro-zesse) oder die Umstrukturierung der Lehre im Zuge desBologna-Prozesses erfordern, dass Hochschulen For-schung und Lehre verstärkt in einem „kooperativenModus“ organisieren (Schophaus 2010, S. 118). Hinzukommt, dass die Anzahl der Promotionen in allen Bun-desländern für die leistungsorientierte Mittelvergabe re-levant sind (KMK 2011, S. 3ff.), womit spezifische Anrei-ze für eine quantitative Erhöhung der Abschlüsse (unge-achtet der Qualität) gesetzt werden. Schließlich müssensich Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen, umstrategisch handlungsfähig zu sein, zu autonom han-delnden kollektiven Akteuren transformieren (Krücken/Meier 2006). Dies erfordert einen hohen Grad internerKoordination, den die organisationalen Entscheidungs-und Abstimmungsroutinen in den Einrichtungen abervielfach nicht leisten können. Die Wissenschaftsgemein-schaft ist zudem durch informelle Hierarchien verbun-den mit ausgeprägten Asymmetrien und Machtgefällenin den Beziehungen geprägt. Dies ist vor allem in derPromotionsbeziehung der Fall: Die Promovierenden sindin extremer Weise von ihrer Betreuerin oder ihrem Be-treuer abhängig, selbst wenn kein formales Arbeits- oderWeisungsverhältnis besteht. Diese Konstellation er-schwert eine Konfliktbearbeitung durch formalisierteMechanismen und Verfahren. Aus den genannten Fakto-ren resultiert ein erhebliches strukturelles Konfliktpo-tential auf allen Ebenen der Hochschulorganisation (vgl.zur Bedeutung struktureller Konfliktfaktoren in der Wis-senschaft auch Barsky 2002, S. 166ff.): innerhalb derVerwaltung, zwischen Wissenschaft und Management,aber eben auch in den akademischen Kernbereichen,Forschung, Lehre, akademische Selbstverwaltung undAusbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, mithinauch in der Promotionspraxis.Als ein soziales Geschehen ist Wissenschaft latent kon-fliktträchtig. Aber was genau ist ein „sozialer Konflikt“?In der Standarddefinition wird ein sozialer Konflikt alseine Interaktion zwischen Akteuren charakterisiert, inder mindestens ein beteiligter Akteur eine Unvereinbar-keit divergierender Interessen in einer Weise erlebt, dasssie zu einer Einschränkung oder Beeinträchtigung seinesoder ihres Handelns führt (vereinfacht nach Glasl 2011).Unvereinbarkeit allein begründet also noch keinen Kon-flikt. Hinzukommen muss die Einschränkung der Hand-

lungsmöglichkeiten eines der beteiligten Akteure.Schaut ein außenstehender Laie allerdings auf das sozia-le Geschehen innerhalb der „scientific community“, sowundert er oder sie sich vielleicht, wie erbittert sichMenschen streiten können, obwohl es doch scheinbarum „nichts“ geht – schon gar nicht um eine Einschrän-kung von Handlungsmöglichkeiten. Wissenschaftsspezi-fische (und insbesondere Konflikte in der Promotions-praxis) lassen sich daher, anders als in der „Standarddefi-nition“ von Konflikten, angemessen nur erfassen, wennneben Interessen auch die involvierten normativen Er-wartungen berücksichtigt werden: „Soziale Konflikte re-sultieren aus [...] Verletzungen und Bedrohungen nor-mativer Überzeugungen.“ (Montada/Kals 2007 [2001]:71; ders. 2002, S. 51f.). Soziale Konflikte entstehen alsonicht primär aufgrund unserer verletzten (Eigen-)Interes-sen, sondern wenn unsere eigenen normativen Erwar-tungen oder Ansprüche an andere verletzt oder bedrohtwerden (Montada 2009, S. 502), also, „wenn abwei-chende Überzeugungen, Präferenzen oder Interessen[Anderer] als illegitim angesehen werden“(Montada/Kals 2007, S. 73, Einfügung vom Verfasser).Das Gerechtigkeits- und Konfliktempfinden in der Wis-senschaft ist somit ähnlich wie im Sport: Nicht das Ver-lieren als solches wird als Unrecht – und damit latentkonflikthaft – erlebt, sondern Doping, Foulspiel oderParteilichkeit der Schiedsrichter (siehe Montada 2009,S. 502), also der unfaire Wettbewerb.Die exemplarisch genannten, sehr spezifischen Konfliktein der Wissenschaft lassen sich vielfach weder durch eta-blierte betriebliche Institutionen (wie Betriebsrat bei Ar-beitskonflikten) noch im Rahmen der akademischenSelbstverwaltung angemessen bearbeiten und lösen.Wenn akademisches Konfliktmanagement allerdings anden Selbstbestimmungs- und Selbstregulationsmecha-nismen der Wissenschaftsgemeinschaft ansetzt (s. (Wis-senschafts-)mediation), könnte es sich zu einem wir-kungsvollen Instrument der Organisationsentwicklungan Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen ent-wickeln.

Konfliktpotentiale in der Promotionspraxis und der Be-treuungsbeziehungNicht allein in Deutschland, auch international steht diePromotionsausbildung auf der Agenda eines intensivenReformprozesses. So sehen die „Salzburg Prinzipien“(2005) und die nachfolgenden „Salzburg II“-Prinzipien(2010) des Council on Doctoral Education der EuropeanUniversity Association (EUA-CDE) Betreuung als Kern-stück einer gelingenden Promotionspraxis. Arrange-ments der Betreuung sollten auf transparenten, vertrag-lichen Beziehungen basieren, die geteilte Verantwort-lichkeiten zwischen Betreuten, Betreuenden und der In-stitution [Hochschule] (und ggf. anderen Partnern) re-geln. Als Schlüssel zu einer guten Promotionsausbildunggilt übereinstimmend die Betreuungsrelation (s. u.a.Häuser 2011). Neben den institutionellen, organisatori-schen und curricularen Aspekten gerät mittlerweile zu-nehmend auch die soziale Dimension des Promotions-prozesses in den Blick: Die Promotion markiert nicht nureine Statuspassage. Vielmehr ist die Promotionsphaseein kognitiver, emotionaler, vor allem aber auch: ein

120 HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSWkomplexer sozialer Prozess (Szcyrba/Wildt/Wildt 2006).Dies impliziert, dass die Promotionsphase durch sehrunterschiedliche normative Erwartungshorizonte an diePromovierenden und unterschiedliche, teilweise konfli-gierenden Leistungs- und Rollenerwartungen an die Be-treuenden geprägt ist (Reiss/Szczyrba 2011).In der Promotionspraxis, insbesondere in der Betreu-ungsrelation, bestehen geteilte und jeweils unterschied-liche Verantwortlichkeiten zwischen den Beteiligten:den Promovierenden, Betreuenden, der Hochschule undggf. anderen Akteuren (wie Stipendien gebenden Insti-tutionen). Die geteilten, aber in den wenigsten Fällenexplizierten Verantwortlichkeiten geben oftmals Anlassfür konfliktträchtige Konstellationen, die in den her-kömmlichen Promotionsarrangements kaum oder nurunzureichend durch die Beteiligten selbst bearbeitetoder gar befriedigend gelöst werden können. Hinzukommt, dass Professorinnen und Professoren durch-schnittlich nur 14% ihrer Arbeitszeit auf die Betreuungvon Studierenden und Promovierenden insgesamt ver-wenden (Böhmer et al. 2011, S. 129). Berücksichtigtman den Betreuungsschlüssel im Studium, so gibt es of-fensichtlich im Durchschnitt kaum zeitliche Ressourcender Hochschullehrerinnen und -lehrer für eine aufwändi-ge Promotionsbetreuung.Gerade die Betreuungsrelation in der Promotionspraxisist dabei aus verschiedenen Gründen besonders anfälligfür spezifische Formen sozialer Konflikte. Diese könnenaus Meinungsverschiedenheiten über unterschiedlichemethodische Ansätze, Zeitpläne und Einhalten von Ver-einbarungen oder aus einer inhaltlichen Entwicklungweg von den Themenschwerpunkten der Betreuerinoder des Betreuers entstehen (s.a. Qualitätszirkel Pro-motion 2010, S. 18). Abgesehen von Arbeitskonflikten(wenn die Promovierenden gleichzeitig in einem Ar-beitsverhältnis stehen) gibt es in der Promotionspraxisspezifische Faktoren, die die Konfliktdynamik antreibenund zu spezifischen Konflikttypen führen, nämlich Rol-lenkonflikte, konfligierende Rollenerwartungen undNormkonflikte:Rollenkonflikte sind Konflikte zwischen unterschiedli-chen Rollen, die eine Person zugleich innehaben kann.Aus der Perspektive der Betreuenden steht nämlich dieBetreuungsrelation in einem Spannungsfeld zwischenBetreuung, Begleitung, Beratung etc. auf der einen Seiteund Leistungsbewertung auf der anderen; dies führt zuAmbiguitäten oder eben Konflikten zwischen den ver-schiedenen Rollen, die die Betreuenden in der Betreu-ungsrelation einnehmen können, wie bspw. Lehrer/in,Berater/in, Mentor/in, Supervisor/in oder auch „Chef/in“(siehe Reiss/Szczyrba 2011). In seinem Positionspapiergibt der Wissenschaftsrat ein Beispiel im Zusammen-hang mit der Frage nach Standards publikationsbasierterDissertationen: „Die Betreuerinnen und Betreuer agie-ren hier häufig in einer doppelten Rolle: Sie sind einer-seits maßgebliche Instanz der kritischen Bewertung undBetreuung, andererseits sind sie als Mitautorinnen und -autoren der entsprechenden Artikel über Eigeninteres-sen mit dem Promotionsvorhaben und der Publikationder Ergebnisse verbunden. Dies kann zu Interessenkon-flikten und problematischen Abhängigkeitsverhältnissen

führen“ (Wissenschaftsrat 2011a, S. 28f.). Zu den Rol-lenkonflikten treten die konfligierende Rollenerwartun-gen hinzu. Auch die Promovierenden haben nämlich un-terschiedliche, teilweise auch mehrere und unter Um-ständen sogar konfligierende Rollenerwartungen an dieBetreuenden. Diese müssen allerdings nicht notwendigmit dem Betreuungsverständnis der jeweiligen Betreu-enden korrespondieren.Aus der Perspektive der Promovierenden wird die Be-treuungsrelation zusätzlich durch das Spannungsverhält-nis zwischen Autonomie (s. eigenständige wissenschaft-liche Arbeit) und Heteronomie (angeleitet werden) be-stimmt. Eine gelingende Betreuungsrelation, in der einepersönliche Beziehung, allerdings im Rahmen von Di-stanz schaffenden Rollen, ausgeübt wird, lässt sich vordiesem Hintergrund professionstheoretisch als ein „Ar-beitsbündnis“ (Oevermann 2005, S. 38) vorstellen, daszwischen Promovierenden und Betreuenden in person-am geschlossen wird.Neben Rollen- sind spezifische Wert- oder Normkonflik-te der Promotionspraxis endemisch. So ist Wissenschafteinerseits ein wettbewerbliches System, in dem es umdie Steigerung der eigenen Reputation geht, das ande-rerseits aber wiederum auch unter den normativen Impe-rativen des Universalismus, des Kommunalismus und derUneigennützigkeit steht. Diese Spannung kann eine Dy-namik in Gang setzen, die dann zu Normverletzungenund wissenschaftlichem Fehlverhalten auf beiden Seitenführt. Nach der iFQ-Wissenschaftlerbefragung 2010 ran-gieren bspw. die unrechtmäßige Vergabe von Autor-schaft und fehlerhafte Begutachtung quantitativ an ersterStelle des beobachteten oder des eigenen Fehlverhaltensvon Professorinnen oder Professoren (iFQ 2011, S.149ff.). Im Fall der Promotion kommt hinzu, dass diesezwar einerseits einen eigenständigen Beitrag zur For-schung leisten soll (und sich damit an dem Ideal der Ori-ginalität orientiert), andererseits aber auch eine Qualifi-kationsarbeit darstellt (und sich damit notwendig an Prü-fungsanforderungen und dem akademischen „mainstre-am“ orientiert). Hinzu kommen Konflikte zwischen un-terschiedlichen disziplinären Normen in der interdiszi-plinären Projektzusammenarbeit oder Konflikte zwischenden normativen Imperativen des „Ethos der Wissen-schaft“ und Partialinteressen (wie Anwendungsinteres-sen, gesellschaftliche Relevanz der Forschungsergebnis-se, aber auch Fragen der Life-Work-Balance). In seinenEmpfehlungen sieht der Wissenschaftsrat die Unterstüt-zung bei Krisen (einschließlich der Entscheidung überden Promotionsabbruch) als einen elementaren Teil derBetreuungsleistungen (Wissenschaftsrat 2011, S. 17).Vielfach entwickelt sich aus der Krise allerdings eineKonfliktdynamik, an der trotz besten Willens alle Versu-che der Beteiligten scheitern, aus eigener Kraft dieses Ar-beitsbündnis wieder herzustellen und damit eine Fortset-zung der Betreuungs- oder Promotionsrelation zu beider-seitigen Zufriedenheit zu erreichen. Ein Symptom dafürsind hohe Abbruchquoten oder aber Verstöße gegen dieRegeln guter wissenschaftlicher Praxis. Wie können alsodie Empfehlung des Wissenschaftsrats so umgesetzt wer-den, dass sie die Beteiligten darin unterstützen, zu einemgelingenden Arbeitsbündnis zurück zu finden?

121HSW 5/2012

J. Lentsch n Akademisches Konfliktmanagement: ...HSW

2. Konfliktmanagement an der Hochschule:Eine Bestandsaufnahme

Konflikte und Normverletzungen sind ein entscheiden-der Faktor für die Qualitätsprobleme in der gegenwärti-gen Promotionspraxis. Daher steht zu erwarten, dass eininstitutionalisiertes akademisches Konfliktmanagementeinen wichtigen Beitrag zur Verbesserung derselben leis -ten kann. Anders als in den angelsächsischen Ländern,Österreich, Spanien oder den Niederlanden steht dieEntwicklung und Etablierung eines systematischen undprofessionelles Konfliktmanagements an Hochschulen inDeutschland noch am Anfang. So haben in einer Umfra-ge der Hochschulinformationssystem GmbH (HIS) in2010 lediglich 5 von insgesamt 35 angefragten Hoch-schulen angegeben, dass sie ein systematisches Kon-fliktmanagement nutzen.1 Eine systematische Übersichtüber die Praxis des Konfliktmanagements an Hochschu-len und Wissenschaftseinrichtungen steht bislang aller-dings noch aus. Dass Unterstützungsangebote zur Lösung und Bearbei-tung von Konflikten innerhalb der Wissenschaft bislangkaum in Anspruch genommen werden, könnte in einemWissenschaftsverständnis begründet sein, nach dem dieWissensproduktion unabhängig von den sozialen Bezie-hungen zwischen den Wissenschaftlern ist (Schophaus2010, S. 118). 'Konflikte' sind demnach überhauptkeine Kategorie, mit der sich Interaktionen in den Kern-bereichen der Wissenschaft (wie eben die Ausbildungdes wissenschaftlichen Nachwuchses) beschreibenließen. Versuche, die sozialen und kommunikativen Be-ziehungen zwischen Wissenschaftlern selbst zu themati-sieren oder zu moderieren, werden dann oftmals als„Psychologisierung epistemischer Probleme“ (Scho-phaus 2010, S. 118) disqualifiziert. Dieses Wissen-schaftsbild und die damit korrespondierende Haltunggegenüber den sozialen Prozessen in der Wissenschafts-gemeinschaft verändert sich jedoch allmählich. Mittler-weile werden auch die sozialen und wissenschaftpoliti-schen Rahmenbedingungen und die damit verbundenenAnforderungen, wie etwa Drittmittelakquise oder Mitar-beiterführung, in der Ausbildung des wissenschaftlichenNachwuchses thematisiert (ebd.). Mit den sozialen Be-dingungen, unter denen Wissenschaft betrieben wird,kommen nun auch Konflikte und Konfliktkosten in denBlick. Die wenigen derzeitigen Angebote sind vorwie-gend in zwei Bereichen angesiedelt: innerhalb der Hoch-schulverwaltung oder im Rahmen der Hochschuldidak-tik. Adressiert werden entsprechend hauptsächlich per-sönliche Konflikte, Arbeitskonflikte oder schwierige Si-tuationen in der Lehre, aber eben kaum konflikthafte In-teraktionen in den „arkanen“ Bereichen der wissen-schaftlichen Gemeinschaft selbst.Konfliktmanagement in der Hochschulverwaltung: EineProjektgruppe aus der Verwaltung der Hochschule Ost-westfalen-Lippe, Lemgo, entwickelt bspw. seit 2010 einKonfliktmanagement-System mit dem Ziel, es an derHochschule verbindlich, u.a. in Form von Dienstverein-barungen, zu verankern (Brand-Pook/Klocke 2011). Ander TU Darmstadt gibt es ein Projekt „Beschwerde- undVerbesserungsmanagement für Studierende und Lehren-

de“, das an Erfahrungen aus England, Österreich, Spa -nien und den Niederlanden anknüpft. Das Projektmöchte einen „systematischen Umgang mit studenti-schem Feedback und den sich daraus ergebenden Ver-besserungspotentialen“ etablieren (Hertlein 2011). ImSinne eines „mediativen Ansatzes“ unterstützt ein „all-parteiliches“ Beschwerdemanagement die Beteiligtendarin, selbst eine Lösung für den Konflikt zu finden. ImRahmen des Beschwerdemanagements werden ggf. auchMediationen angeboten. Ein weiteres Beispiel ist dieEtablierung eines Konfliktmanagements an der Hoch-schule für angewandte Wissenschaften (HAW), Ham-burg.2 Es beinhaltet die Einrichtung von 2 Konfliktlotsenund die Verankerung eines Verfahrens zur Konfliktbear-beitung in Form einer Dienstvereinbarung. Ergänzt wirddies durch ein behördenübergreifendes, Hamburg-wei-tes Netzwerk Konfliktmanagement von Mitarbeiter/in -nen aus der Hamburgischen Verwaltung und den Ham-burger Schulen und Hochschulen, dessen Mitglieder alsCoaches und Mediator/innen in Konfliktfällen zur Verfü-gung stehen.3Der zweite Bereich, in dem Konfliktmanagement Einzugin die Hochschulen gehalten hat, ist die Hochschuldi-daktik. Sie bietet Fortbildungen und Beratung zum Um-gang mit schwierigen Situationen in der Lehre an (siehebspw. Schumacher 2011 oder Dany 2011). So machtdas Netzwerk hochschuldidaktische WeiterbildungNordrhein-Westfalen – hdw Weiterbildungsangebote inMediation und „Konfliktbewältigung in der Lehre“ oder„Konflikt management für Dekanate” und baut aucheinen Pool von BeraterInnen und MediatorInnen auf (s.Brandt-Pook/Klocke 2011); ähnliche Angebote machtauch das Berliner Zentrum für Hochschullehre – BZHL,eine von allen 13 staatlichen Hochschulen Berlins getra-gene Serviceeinrichtung.4 Mit der Ausnahme von weni-gen Angeboten zur Fortbildung und zur Beratung vonKonflikten im Rahmen der Hochschuldidaktik5 ist Kon-fliktmanagement in den akademischen Kernbereichen,wie Forschung, Lehre oder Ausbildung des wissen-schaftlichen Nachwuchses, als eigenständige professio-nelle Leistung bislang an Hochschulen in Deutschlandkaum etabliert.

1 http://www.his.de/presse/news/ganze_pm?pm_nr=725 (zuletzt besuchtam 29.02.2012). Das wachsende Interesse zeigt sich aber in Fachveran-staltungen wie dem Netzwerktreffen „Konfliktmanagement & Mediationan Hochschulen“ der Hochschulinformationssystem GmbH (HIS), das 2012zum dritten Mal stattfindet. Weiterhin befasst sich ein Forschungsprojektam Zentrum für angewandte Kulturwissenschaften (ZAK) des Karlsruhe In-stituts für Technologie (KIT) mit dem Potential von Mediation als ein „Wegder Kulturvermittlung“ insbesondere im wissenschaftlichen Kontext(http://www.zak.kit.edu/1988.php, zuletzt besucht am 29.02.2012).

2 http://www.km-kongress.de/download/2009_forum4_hochschule.pdf(zuletzt besucht am 29.02.2012).

3 http://www.netzwerk-konfliktmanagement.de (zuletzt besucht am 29.02.2012).

4 http://www.bzhl.tu-berlin.de (zuletzt besucht am 29.02.2012).5 Eine solche Ausnahme stellt die Universität Marburg mit der Einrichtung

einer neuen Stelle für „Sozial- und Konfliktberatung“ dar, wobei hier dasKonfliktmanagement allerdings mit psycho-sozialer Beratung verknüpft ist.Eine weitere Ausnahme stellt ein Modellversuch einer Konfliktsprechstun-de für Promovierende und Betreuende an der Humboldt Graduate Schoolder Humboldt Universität zu Berlin dar. Siehe: http://humboldt-graduate-school.de/aktuelles/konfliktsprechstunde (zuletzt besucht am 28.10.2012).

122 HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSW

3. Akademisches Konfliktmanagement als Beitrag zur Qualitätssicherung der Promotionspraxis

Diskussion und Einsicht Kraft des besseren Argumentsgehört zur Wissenschaft, ja begründet unsere moderneVorstellung von Wissenschaftlichkeit. Ebenso dazugehören die Prinzipien der Selbstregulierung und Selbst-bestimmung. Von daher scheint die wissenschaftlicheGemeinschaft prädestiniert für Konfliktlösungen, die aufVerhandlungen und Einsicht beruhen. Und tatsächlichgibt es ja auch bereits viele Elemente eines, wie wirheute sagen würden: „Konfliktmanagements“ in derWissenschaft, wie das Kollegialprinzip, Ombudsgremienu.v.m. Im Alltagsbetrieb herrscht allerdings auch in derWissenschaft „eine grobe Unkultur, was Diskussionenanbelangt“ (Montada 2002, S. 53). Insofern sollte einakademisches Konfliktmanagement darauf abzielen, dieGrundvoraussetzungen und Rahmenbedingungen füreinen Diskurs innerhalb der Wissenschaftsgemeinschaftzu schaffen oder wiederherzustellen und das Konfliktlö-sungspotential der wissenschaftsinternen Mechanismenzu stärken.

OmbudsgremienIn Reaktion auf die in jüngerer Zeit publik gewordenenPlagiatsfälle wird derzeit die Institutionalisierung vonOmbudsgremien zur Qualitätsverbesserung der Promo-tionspraxis diskutiert, wie es sie bereits an vielen angel-sächsischen, niederländischen, spanischen und öster-reichischen Hochschulen gibt (s.a. Alcova 2009; Shelton2000). In Deutschland gilt das 1999 vom Senat derDeutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingerichteteOmbudsgremium oder Ombudsman als Vorbild.6 Om-budsgremien sind Instrumente der außergerichtlichenKonfliktbewältigung und eigenen sich bei nicht-justizia-blen Konflikten. Sie haben das Mandat, konkretes Fehl-verhalten jenseits formaler und „offizieller“ Wege zu un-tersuchen, ggf. Vorschläge zur Behebung der organisa-tionalen und strukturellen Konfliktursachen zu machenund zur Bewältigung der Folgen von Fehlverhalten odervon zur „Katastrophe“ eskalierten Konflikten beizutra-gen. Ombudsgremien nehmen ihrer Arbeit unparteiischund in Unabhängigkeit wahr, d.h. stehen nicht in der„Linie“ der Organisationshierarchie. Während des Ver-fahrens arbeiten Ombudsgremien anonym und strengvertraulich (sowohl gegenüber der Öffentlichkeit, alsauch gegenüber den jeweiligen Beteiligten). Damit eig-nen sie sich prinzipiell bei asymmetrischen Beziehungenmit starkem Hierarchie- und Machtgefälle – wie es in derBetreuungsrelation und der Promotionspraxis gegebenist. Nach Abschluss des Verfahrens wird das Ergebnisveröffentlicht und damit Transparenz hergestellt. Om-budsgremien eigenen sich daher nicht für die Bearbei-tung laufender Konflikte und zur Wiederherstellungeines „Arbeitsbündnisses“ in der Promotionspraxis.Frühzeitiges Anrufen eines Ombudsgremiums kannunter Umständen sogar bestehende Beziehungen undeine weitere Zusammenarbeit nachhaltig gefährden. Al-lerdings können institutionalisierte Umbudsgremiendazu beitragen, die Konfliktfolgen oder die Folgen von

Fehlverhalten (insbesondere bei asymmetrischer Betrof-fenheit und starkem Machtgefälle) zu bewältigen, unddie strukturellen oder organisationalen Konfliktursachenzu thematisieren.

(Wissenschafts-)Mediation: Ein prozessorientierter An-satzEinen anderen Weg zur Konfliktbearbeitung und -lösungim Rahmen eines akademischen Konfliktmanagementsbeschreibt die Mediation (s.a. Doelker 1989; Montada2002). Wie das Ombudsgremium, so ist auch die Media-tion ein außergerichtliches Verfahren. Es empfiehlt sichdaher ebenfalls zur Bearbeitung nicht-justitiabler Kon-flikte. Mediation meint die Vermittlung in Streit- oderKonfliktfällen durch allparteiliche Dritte. Ihre „Leitideensind Verständigung und allseits produktive Vereinbarun-gen“ Montada 2002, S. 51). Mediation ist ein struktu-riertes Verfahren zur systematischen Klärung, Bearbei-tung und ggf. zur Prävention von Konflikten. Sie möchtedie Konfliktparteien darin unterstützen, selbst zu einereinvernehmlich getragenen Lösung oder Beilegung desKonflikts zu gelangen. Mediation beruht auf Freiwillig-keit. Die Mediatoren tragen in dem Verfahren zwar dieProzess-, nicht aber die inhaltliche Verantwortung; diesebleibt bei den Medianten. Der Prozess ist dabei transpa-rent gegenüber allen Beteiligten, aber vertraulich ge-genüber der Öffentlichkeit.Die Wissenschaftsgemeinschaft ist von unterschiedli-chen und teilweise konfligierenden Normen mit einerVielfalt jeweils unterschiedlicher „Normquellen“ ge-prägt. Die Kombination mit einer persönlichen Bezie-hung in der Betreuung macht insbesondere die Promo-tionspraxis anfällig für Konflikte, die sich der Bearbei-tung durch etablierte Verfahren und Formate entziehen(s.o.). Hinzu kommt, dass sich die jeweiligen Normquel-len aus unterschiedliche sozialen Subsystemen speisen(s. Ethos der Wissenschaft; Erwartungen der Arbeitsor-ganisation, Bildungssystem u.v.m.). In der Wissen-schaftsmediation werden daher die üblichen Verfahrender Mediation um Methoden ergänzt, die an der „Viel-falt der Quellen normativer Überzeugungen, der einzel-nen Normen und ihrer Widersprüchlichkeiten“ (Monta-da/Kals 2007, S. 79) ansetzen und diese explizit und be-wusst machen. Zentral für das Gelingen ist dabei eineangemessene Herangehensweise an die Spezifika der re-levanten sozialen und kulturellen Normkontexte derWissenschaft und damit eine wissenschaftsspezifischeAusgestaltung des Mediationsverfahrens (generell zuunterschiedlichen Modellen der Mediation: Montada2011). Akademisches Konfliktmanagement wird aller-dings nur dann zu einer nachhaltigen Verständigung undzu belastbaren Vereinbarungen führen, wenn es auf eineStärkung der „Selbstheilungskräfte“, der Selbstregulati-onsmechanismen der Wissenschaftsgemeinschaft zielt.Dazu ist ein Gespür für die für die jeweilige Wissen-schafts- oder Fachkultur spezifischen normativen Hinter-gründe erforderlich sowie eine „interactional expertise“

6 Einen Überblick über Verfahren und Institutionen zum Umgang mit Fällenwissenschaftlichen Fehlverhaltens gibt bspw. Apel 2009. Zum Fehlverhal-ten von Forschern und dem deutschen Recht siehe Stegemann-Böhl 1996.

123HSW 5/2012

J. Lentsch n Akademisches Konfliktmanagement: ...HSW(Collins/Evans 2007) seitens der Mediatoren, die Fähig-keit, sich mit Wissenschaftlern problemorientiert oderüber fachkulturspezifische Fragen zu verständigen, ohnedabei jedoch selbst Fachwissenschaftler sein zu müssen.Bei sehr hoch eskalierten Konflikten (und damit bei ekla-tantem Fehlverhalten wie gravierenden Autorschaftsver-letzungen oder Plagiaten) sind mediative Verfahren al-lerdings nicht und bei extremen Abhängigkeiten nur mitEinschränkungen anwendbar. Anders als Ombudsgre -mien eignet sich Mediation weniger zur Bearbeitungstruktureller und organisationaler Konfliktursachen. Me-diative Verfahren sind zukunftsorientiert. Sie setzendaher in der Regel voraus, dass alle relevanten Beteilig-ten auch tatsächlich die Bearbeitung und Lösung ihresKonflikts anstreben. Unter dieser Bedingung kann einsystematisches und strukturiertes akademisches Kon-fliktmanagement (oder Wissenschaftsmediation) dieKonfliktbeteiligten in die Lage versetzen, ihre jeweiligennormativen Erwartungen zu klären und das Arbeits-bündnis wieder herzustellen (etwa in Form einer verhan-delten Betreuungsvereinbarung) oder aber auch einver-nehmlich und geordnet zu beenden (etwa im Sinneeines benignen Promotionsabbruchs oder einer einver-nehmlichen Einigung über den Wechsel der Betreuung).

4. Fazit: Möglichkeiten und Grenzen akademischen Konfliktmanagements zur Verbesserung der Qualität der Promotionspraxis

Die Etablierung eines akademischen Konfliktmanage-ments an Hochschulen kann mit seinen beiden Elemen-ten, Ombudsgremien und Wissenschaftsmediation,einen wichtigen Beitrag zur Qualitätsverbesserung in derWissenschaft, insbesondere der Promotionspraxis, leis -ten. Zwar können Ombudsgremien Konfliktfolgen gera-de bei starkem Hierarchie- und Machtgefälle bearbeitenund ggf. auch zu einer Veränderung der strukturellen Ur-sachen beitragen. Zur Bearbeitung und -prävention lau-fender Konflikte – und vor allem: zur (Wieder-) Herstel-lung eines gelingenden Arbeitsbündnisses in der Betreu-ungsrelation – ist das Modell eines Ombudsgremiumsallerdings nicht geeignet. Der Wissenschaftsrat schlägtdaher u.a. die Einrichtung von Promotionskomitees vor,die unter anderem als „Schiedsstelle im Konfliktfall“ fun-gieren sollen (Wissenschaftsrat 2011a, S. 16, 19). Zwarmag ein Schiedsspruch einen Konflikt entscheiden. Bei-gelegt ist er damit aber noch lange nicht. Dies ist abereine entscheidende Voraussetzung für eine weitere pro-duktive Zusammenarbeit. Genau dies können mediativeVerfahren des Konfliktmanagements und der Konflikt-vermittlung durch „allparteiliche Dritte“ leisten, indemsie Transparenz, Vertrauen und eine gemeinsame „Ge-schäftsgrundlage“ in der Betreuungsrelation wieder her-stellen. Mit guten Gründen empfiehlt der Wissen-schaftsrat die flächendeckende Einführung von Betreu-ungsvereinbarungen an Hochschulen in Deutschland(Wissenschaftsrat 2011, S. 18). Damit sie als eine ge-meinsame „Geschäftsgrundlage“ in der Betreuungsrela-tion auch in Krisen oder Konfliktsituationen belastbar

sind, ist es wichtig, die normativen Erwartungshaltungenzu klären – gegebenenfalls auch in einem moderiertenoder mediierten Prozess.Während beispielsweise in Großbritannien viele Univer-sitäten über einen „internal mediation service“verfügen7, ist eine professionelle Vermittlungsinstanzoder institutionalisierte Klärungshilfe im Promotionspro-zess, die außerhalb des Beziehungsgefüges an der jewei-ligen Einrichtung steht und über den notwendigen pro-fessionellen Hintergrund und die Akzeptanz aller Betrof-fenen verfügt, an deutschen Hochschulen bislang eineAusnahme.Das Studienwerk der Hans-Böckler-Stiftung-Stiftung hatzur Qualitätssicherung der Promotionspraxis eine externeBeratung in einem eigens entwickelten Format des Pro-motionscoching gewissermaßen als eine „dritte Säule“ inder Betreuungsrelation aufgebaut (Hebecke/ Szczyrba2009, S. 3). Diese Säule könnte sinnvoll um ein akademi-sches Konfliktmanagement bzw. -vermittlung ergänztwerden. Wenn mangels Zustimmung vor allem der Be-treuungsseite weder Vermittlung unter Anwesenheitnoch Konfliktbearbeitung durch „Shuttle-Diplomatie“möglich ist, so bietet sich Konfliktcoaching der Promo-vierenden als ein Format an. Erfahrungen aus der Promo-tionsförderung der Heinrich-Böll-Stiftung und aus einemModellversuch an der Humboldt Graduate School zei-gen, dass durch qualifizierte Vermittlungsangebote eineerfolgreiche Bearbeitung der Konflikte und Wiederher-stellung der Betreuungsbeziehung möglich ist. „Drittekönnen auch eine positive Rolle in der Implementationsowie der Überwachung der Einhaltung einer getroffenenVereinbarung erhalten“ (Montada 2009, S. 509). Genaudiese Rolle eines Dritten oder zumindest eines kritischenBeobachters können bspw. Begabtenförderwerke wahr-nehmen, indem sie auf Berichte und Stellungnahmenentsprechende Rückmeldungen geben. Für eine derarti-ge „dritte Säule“ bieten sich externe, allparteiliche, aberan einem Promotionserfolg interessierte Einrichtungen,wie eben Begabtenförderwerke (incl. Ihres Netzwerks anVertrauensdozentinnen und -dozenten), an. Als lediglichfördernde Einrichtungen sind sie nicht unmittelbarer Be-standteil des Beziehungsgefüges; als begleitende undideell fördernde Einrichtungen nehmen sie einen allpar-teilichen Standpunkt ein und setzen sich aus dieser Per-spektive für die Gestaltung eines funktionierenden underfolgreichen „Arbeitsbündnisses“ ein. Dies kann konkretdurch eine verhandelte Betreuungsvereinbarung gesche-hen. Ergänzt werden könnte ein solches Angebot durchden Aufbau eines landesweiten Pools, bspw. im Rahmenbestehender Netzwerke wie das Netzwerk Wissen-schaftscoaching8 oder Einrichtungen wie dem BerlinerZentrum für Hochschullehre, die die Qualifikation derMentor/innen sicherstellen können.Selbstregulation und diskursive Entscheidungsfindungsind Kerninstitutionen der Wissenschaft. Wirkungsvolles

7 Für einen Überblick und weiterführende Verweise siehe bspw. die Seitendes Higher Education Mediation Service des Oxford Centre for HigherEducation Polciy: http://oxcheps.new.ox.ac.uk/MainSite%20pages/hecomplaintsandm.html (zuletzt besucht am 29.02.2012).

8 http://www.wissenschaftscoaching.de (zuletzt besucht am 29.02.2012).

124 HSW 5/2012

akademisches Konfliktmanagement wird daher auf eineStärkung des Konfliktlösungspotentials der selbstregula-tiven Mechanismen der wissenschaftlichen Gemein-schaft zielen müssen. Deshalb eignet sich ein mediativerAnsatz wie die Wissenschaftsmediation in besonderemMaße für die Bearbeitung und Lösung von Konflikten imWissenschafts- und Hochschulsystem, die sich anderenFormen der Konfliktbearbeitung entziehen. Die Wissen-schaftsmediation wendet Verfahren und Formate ausMediation und dem Konfliktmanagement an, mit denensich wissenschaftsspezifische Konfliktkonstellationen,insbesondere Norm- und Wertkonflikte, besonders gutklären und bearbeiten lassen. Auf diese Weise kann(Wissenschafts-)Mediation die Konfliktbeteiligten darinunterstützen, den Konflikt zu bearbeiten und zu einereinvernehmlichen Lösung zu kommen – auch wenn siedies aus eigener Kraft nicht schaffen. Ein akademischesKonfliktmanagement könnte so als eine „dritte Säule“und belastbare Stütze die Qualität der Promotionspraxisentscheidend verbessern.

DanksagungenDank für kritische Diskussion geht an Prof. Dr. MalteSchophaus, FHÖV, Köln, und Dr. Rudolf Knauthe, Berlin.

Literaturverzeichnis

Alcover, C.-M. (2009): Ombudsing in Higher Education: A ContingentModel for Mediation in University Dispute Resolution Processes. In: TheSpanish Journal of Psychology 12/1, pp. 175-187.

Apel, L.-M.(2009): Verfahren und Institutionen zum Umgang mit Fällen wis-senschaftlichen Fehlverhaltens. Baden-Baden.

Barsky, A. E. (2002): Structural Sources of Conflict in a University Context.In: Conflict Resolution Quarterly 20/2, pp. 161-176.

Böhmer, S. et al. (2011): Wissenschaftler-Befragung 2010: Forschungsbedin-gungen von Professorinnen und Professoren an deutschen Universitä-ten. IFQ-Working Paper 8. Bonn

Carell, A./Reis, O./Szczyrba, B. (2011): Promovieren zwischen Anpassungund Eigenständigkeit: Promotionscoaching als Begleitung eines komple-xen Leistungsprozesses. In: Wergen, J.(Hg.): Forschung und Förderung.Promovierende im Blick der Hochschulen. Münster, S. 179-198.

Collins, H./Evans, R. (2007): Rethinking Expertise. Chicago.Dany, S. (2011): Mediation im Kontext von Lehre und Studium. In: journal

hochschuldidaktik 22/2, S. 22-23.Doelker, R. W. jr. (1989): Mediation in Academia: Teaching What We

Preach. In: Mediation Quarterly 7/2, pp. 156-161.Fischer-Lescarno, A. (2012): Guttenberg oder der „Sieg der Wissenschaft“?.

In: Blätter für deutsche und internationale Politik 2/2012, S. 53-62.Glasl, F. (2011): Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Be-

raterinnen und Berater, 10., überarbeitete Auflage. Stuttgart.Häuser, J. (2011): Gute Betreuung – eine Frage der richtigen Organisation,

der persönlichen Umsetzung oder der Bewertungsmaßstäbe? In: Wer-gen, J.(Hg.): Forschung und Förderung. Promovierende im Blick derHochschulen. Münster, S. 163-178.

Hebecker, E./Szczyrba, B. (2009): Promotionscoaching. Von einer Privatan-gelegenheit zum institutionellen Support. In: Organisationsberatung Su-pervision Coaching 2/2009, S. 1-9.

HRK – Hochschulrektorenkonferenz (2012): Zur Qualitätssicherung in Pro-motionsverfahren. Empfehlungen des Präsidiums der HRK an die pro-motionsberechtigten Hochschulen vom 23.04.2012.

Krücken, G./Meier, F. (2006): Turning the University into an OrganizationalActor. In: Drori, G./Meyer, J./Hwang, H. (Hg.): Globalisation and Orga-nization: World Society and Organizational Change. Oxford.

Kultusministerkonferenz (KMK) (2011): Instrumente der Qualitätsfestellungin der Hochschulforschung – Erfahrungen der Länder, Beschluss der Kul-tusministerkonferenz vom 12.05.2011.

March, J. G./Olsen, J.P. (1979[1976]): Ambiguity and Choice in Orgnizations(2nd Ed.). Oslo.

Montada, L. (2002): Mediation für die Wissenschaft? In: Gegenworte – Zeit-schrift für den Disput über das Wissen 11, S. 51-53.

Montada, L. (2009): Mediation – Pfade zum Frieden. In: Wissen – Erwägen –Ethik (EWE) 20/4, S. 501-511.

Montada, L. (2011): Modelle der Mediation: Vielfalt bedeutet nicht Belie-bigkeit. In: Perspektive Mediation 2011/1, S. 10-13.

Montada, L./Kals, E. (2007 [2001]): Mediation. Ein Lehrbuch auf psycholo-gischer Grundlage, 2. überarb. Auflage. Weinheim und Basel.

Oevermann, U.(2005): Wissenschaft als Beruf. Die Professionalisierung wis-senschaftlichen Handelns und die gegenwärtige Universitätsentwick-lung. In: Die Hochschule 2005/1, S. 15-51.

Qualitätszirkel Promotion (2010): Gemeinsam die Promotion gestalten.Bonn.

Reiss, O./Szczyrba, B. (2011): Beraten und Beratenwerden in der Doktoran-denbetreuung. Rollengestützte Forschung und Weiterbildung zur wis-senschaftlichen Nachwuchsförderung. In: Zeitschrift für Psychodramaund Soziometrie 10, S. 81-98.

Schophaus, M. (2010): Coaching für Wissenschaftler/innen. Ein landesweiterCoach-Pool als Modell für systematische Personalentwicklung. In:Hochschulmanagemet 4/2010, S. 117-122.

Schumacher, E.-M. (2011): Schwierige Situationen in der Lehre. Methodender Kommunikation und Didaktik für die Lehrpraxis. Opladen.

Shelton, R. L. (2000): The Institutional Ombudsman: A University CaseStudy. In: Negotiation Journal 16, S. 81-98.

Stegemann-Böhl, S. (1998): Ex Commissione Salus. In: Gegenworte – Zeit-schrift für den Disput über das Wissen 2, S. 21-14.

Stegemann-Böhl, S. (1996): Fehlverhalten von Forschern und das deutscheRecht. In: Wissenschaftsrat (WissR) 29, S. 139-160.

Szczyrba, B./Wergen, J. (2009): Learning Outcomes der Promotionsphase –Supportstrukturen für die Kompetenzentwicklung des wissenschaftli-chen Nachwuchses. In: Schneider, R./Szczyrba, B./Wildt, J. (Hg.): Wan-del der Lehr- und Lernkulturen. Bielefeld, S. 88-98.

Szczyrba, B./Wildt, J./Wildt, B. (2006): Promotionscoaching - Eine hoch-schuldidaktische Weiterbildung in einem neuen Beratungsformat, In:Szczyrba, B./Wildt, J./Wildt, B. (Hg.): Consulting Coaching Supervision.Eine Einführung in Formate und Verfahren hochschuldidaktischer Bera-tung. Bielefeld.

Walpuski, V./Jessen, H. (Hg.) (2012): Konfliktmanagement und Mediation anHochschulen. HIS: Dokumentation 12/2012. Hannover.

Wissenschaftsrat (2011a): Anforderungen an die Qualitätssicherung der Pro-motion. Drs. 1704-11. Köln.

Wissenschaftsrat (2011b): Empfehlungen zur Bewertung und Steuerung vonForschungsleistung. Drs. 1656-11. Halle.

n Dr. Justus Lentsch, Leiter der Stabsstelle For-schung und wissenschaftlicher Nachwuchs,Goethe-Universität Frankfurt am Main,E-Mail: [email protected]

Hochschulentwicklung/-politik HSW

A n z e i g e n a n n a h m e f ü r d i e Z e i t s c h r i f t „ D a s H o c h s c h u l w e s e n ”

Die Anzeigenpreise: auf Anfrage beim Verlag | Kontakt: [email protected]

Format der Anzeige: JPeG- oder EPS-Format, mindestens 300dpi Auflösung

UVW UniversitätsVerlagWeblerDer Fachverlag für Hochschulthemen, Bünder Straße 1-3 (Hofgebäude), 33613 Bielefeld, Fax: 0521 - 92 36 10-22

125HSW 5/2012

H. Knauf n Rahmenbedingungen für einen guten StudiengangHSW

The faculties of universities were hit unprepared: With the introduction of the Bologna reforms, step-by-stepand modularized courses should be newly designed. But the development of courses is not the subject of aca-demic education. The state of knowledge was quite mixed. Since not only curricular questions of learning orien -tation and the optimisation of learning success, but also many questions of the prestigious weighting of thefields of teaching and the distribution of resources affect the development of degree programmes, the results ofnegotiations were rather suboptimal in their adjustment to learnability. Compared to this, the new developmentof a degree course in an entirely new subject area with a newly forming teaching staff has lighter raw data. A de-gree course that has been developed under these favourable initial conditions has a chance in a competition.Helen Knauf presents the winner in her essay Several Framework Requirements for a Good Degree Course. Fin-dings From the Competition "Cum Laude" of the Donors' Association of German Science and draws generalisa-ble conclusions from this.

Helen Knauf

Rahmenbedingungen für einen guten Studiengang

Erkenntnisse aus dem Wettbewerb „Cum Laude“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft

Helen Knauf

Über Kriterien für exzellente Forschung und gute Lehreist in den letzten Jahren viel diskutiert worden. DieQualität von Studiengängen hingegen war eher seltenGegenstand dieser Diskussionen. Dies mag umso mehrverwundern, als im Zuge des Bologna-Prozesses in denletzten Jahren die Zahl der Studiengänge deutlich ge-wachsen ist und all diese Studiengänge entweder neukonzipiert oder zumindest überarbeitet wurden. Dochwas macht einen guten Studiengang aus? Dieser Fragegeht der vorliegende Beitrag nach.

Die Bewertung der Qualität von Studiengängen setztesystematisch, d.h. empirisch-methodisch, erst Anfangder 1990er Jahre ein (vgl. Webler u.a. 1993, 2002,2009). Evaluationen prüften, inwieweit der Aufbau derStudiengänge geeignet war, die jeweils gesteckten fach-lichen, indivdiduellen und arbeitsmarktlichen Ziele zuerreichen. Durch den Bologna-Prozess gewannen zuBeginn des 21. Jahrhunderts Akkreditierungsverfahrenfür Stu diengänge an Bedeutung und Studiengangseva-luationen wurden verdrängt. Die Bewertung der Qua-lität von Studiengängen wurde in der Folgezeit immermehr den Akkreditierungsagenturen überlassen. Damitverlagerte sich die öffentliche Debatte zunehmend aufdie Frage, ob das Niveau des Studiums unter den Bolo-gna-Strukturen noch möglich sei. Grundlage der Arbeitder Akkreditierungsagenturen sind die Maßgaben desAkkreditierungsrates. Die Vorgaben des Akkreditie-rungsrates stellen dabei eher Leitplanken dar, die deut-lich machen, welche Aspekte eines Studiengangs zuberücksichtigen sind, wie etwa die Orientierung an

Qualifikationszielen, ein sinnvolles Auswahlverfahren,die personelle, sachliche und räumliche Ausstattungo-der die Transparenz von Ablauf, Anforderungen undPrüfungen (vgl. Akkreditierungsrat 2010, S. 10-12sowie darüber Bülow-Schramm 2009, S. 81). Diese Kri-terien definieren zwar wichtige Stellschrauben, erfassenjedoch nur einen Teil dessen, was einen guten Studien-gang ausmacht (vgl. als Bilanz der Situation: Webler2009).Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft haterstmals in breiterem Rahmen die Frage aufgeworfen,welche Studiengänge in ihrer Gesamtheit „Lob verdie-nen“ (vgl. Stifterverband 2011). Im Wettbewerb „CumLaude“ waren Studierende aller Disziplinen aufgerufen,den in ihren Augen besten Studiengang vorzuschlagen.Eine Jury, bestehend vorwiegend aus Studierenden,aber auch aus Hochschul- und Verbandsvertreter/innen,wählte aus über 80 Vorschlägen neun aus, die sich EndeNovember in Berlin im Rahmen einer Auswahlkonfe-renz vorstellten. Aus diesem Kreis wurden drei Gewin-ner gekürt, die die Auszeichnungen „summa cumlaude“, „magna cum laude“ und „cum laude“ erhielten.Anhand der zur Endrunde eingeladenen und insbeson-dere anhand des Gewinnerstudiengangs „B.A. Früh-kindliche inklusive Bildung (BiB)“ lassen sich einige zen-trale Faktoren ausmachen, mit denen dort auf Studien-gangsqualität geschlossen wurde. Die Autorin diesesBeitrages wirkt am Aufbau und in der Lehre des Stu -diengangs mit und nimmt den Wettbewerb zum Anlass,Qualitätskriterien für Studiengänge zu reflektieren, diedort einbezogen wurden.1

126 HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSWQualitätskriterien im Wettbewerb bildeten insbesonderefünf Aspekte:1. Systemoffenheit,2. Forschungsbezug,3. Partizipation,4. Sinn,5. Studierbarkeit.

1. Systemoffenheit: Offenheit für Praxis, internationale und virtuelle Welten

Die Hochschule bildet den Kern eines guten Studien-gangs. Dort werden Fachlichkeit und Wissenschaftlich-keit sichergestellt. Darüber hinaus besteht idealerweisejedoch eine große Offenheit gegenüber anderen Syste-men. Wichtige Bezugssysteme sind dabei die jeweiligeberufliche Praxis, internationale Partner in Wissenschaftund Praxis sowie die virtuelle Welt bzw. das Internet.Die Offenheit für diese Bezugssysteme ermöglicht esStudierenden, erworbene Kompetenzen zu reflektierenund zu vertiefen und zugleich auf ihre Relevanz hin zuüberprüfen. Dieser Abgleich sollte nicht erst nach Stu-dienabschluss stattfinden, sondern bereits integralerBestandteil des Studiums sein. Systemoffenheit bedeu-tet dabei auch, dass die verschiedenen Systeme nichtunverbunden nebeneinander stehen, sondern es isteine wichtige Funktion des Studiengangs bzw. der dortLehrendeneine Verbindung herzustellen und die sichaus der Systemoffenheit ergebenden Lernprozesse zumoderieren.

Für den Studiengang „B.A. Frühkindliche inklusiveBildung (BiB)“ bedeutet Systemoffenheit insbesonde-re einen starken Praxisbezug. Studienvoraussetzungfür diesen berufsbegleitenden Studiengang ist es, imUmfang von 15 bis 22 Stunden in einer Organisationder frühpädagogischen Praxis (meist eine Kinderta-geseinrichtung) tätig zu sein. Alle Module des Stu -diengangs sind konsequent auf diese Praxis orientiert.Das heißt, dass die Studierenden für ihre Modulleis -tungen Konzepte in ihrer Berufspraxis erproben müs-sen sowie ihre pädagogische Praxis beobachten undreflektieren sollen. Das von John Biggs geforderteconstructive alignment – also die Abstimmung vonLehr-Lernprozessen, Prüfungsleistungen und Lerner-gebnissen – wird dadurch besonders unterstützt (vgl.Biggs 2007). Systemoffenheit heißt für BiB-Studieren-de auch, sich auf die Herausforderungen eines Blen-ded-Learning-Studiums einzulassen. Der hohe Anteilan Online-Lehre bedeutet dabei, das Internet sowohlals eine stets verfügbare und aktuelle Wissens- undDatenquelle zu nutzen, als auch die Aneignung undNutzung der über das Internet verfügbaren Kommu-nikations- und Interaktionsformen (Chat, Videokon-ferenz, Forumsdiskussion, Wiki).

2. Forschungsbezug: Rezeption und Reflexionvon Forschung und Forschendes Lernen

Die besondere Qualität einer akademischen Ausbildungliegt darin, dass sich Studienerfolg weniger in der Fähig-keit zur Reproduktion vorhandenen Wissens ausdrückt,sondern in seiner Analyse und Reflexion. Die Einbezie-

hung aktueller Forschungsergebnisse ist deswegen es-sentieller Bestandteil jeden Hochschulstudiums. Nocheinen Schritt weiter gehen Studiengänge, die von ihrenStudierenden erwarten, selbst Forschungen anzustellen.Leitbild ist dabei das Forschende Lernen: Studierendeorientieren sich in ihrem Vorgehen an den Schritteneines Forschungsprozesses (stark vereinfacht: Fragestel-lung entwickeln, Forschungsstand klären, Methodenfestlegen, Untersuchung durchführen, Ergebnisse analy-sieren). Sie gehen dabei zwar unter Anleitung vor, ar-beiten jedoch weitgehend selbstständig (vgl. Huber1999, S. 38).

Für die Studierenden in BiB bedeutet dies, dass vieleihrer Aufgabenstellungen in (teilweise auch recht of-fenen) Forschungsaufgaben bestehen. Inspiriert durchdie Aktionsforschung (vgl. Altrichter/Posch 2007) er-kunden sie dabei ihr Arbeitsfeld durch Beobachtun-gen, Interviews und Dokumentenanalysen. In einemModul etwa erarbeiten die Studierenden eine Fallstu-die, indem sie mit verschiedenen Forschungsmetho-den eine Institution und den Stand der Inklusion be-schreiben und analysieren. In den auf zwei Semesterangelegten Praxisprojekten können die Studierendeneine Fragestellung vertiefend verfolgen und sich beider Umsetzung in der Praxis selbst beobachten. EinForschendes Lernen ergibt sich auch durch die Tatsa-che, dass die Frühpädagogik ein Feld ist, dass sich erstakademisiert, so dass es noch keine festgefahrenenStrukturen gibt. Lehrende und Studierende sind zu-sammen Pioniere auf diesem neuen Gebiet. Im Feldder Frühpädagogik gibt es keinen akademischen Wis-senskanon, der im Studiengang „untergebracht“ wer-den müsste, relevante Wissensbestandteile und Kom-petenzen müssen im Aufbauprozess des Studiengangserst noch entwickelt werden.

3. Partizipation: Lern- und Entwicklungs -gemeinschaft von Studierenden und Lehrenden

Partizipation hängt eng mit der Haltung und demSelbstverständnis der Studiengangsverantwortlichenund der Lehrenden zusammen. Als Anbieter definierensie die Lehr-Lernsituation und ihre Rahmenbedingun-gen. Grundlage eines partizipativen Umgangs unterLehrenden und Studierenden ist die Perspektive derprinzipiellen Gleichwertigkeit. Dabei wird ein Studien-angebot als eine Lerngemeinschaft verstanden, in derLehrende und Studierende zusammenkommen, um sichmit einem bestimmten Gegenstand auseinanderzuset-zen und daran zu lernen. Auf der Grundlage dieser Hal-tung werden die Interessen und Bedürfnisse von Stu-

1 Nur eine Auswahl wurde einbezogen; es fehlt z.B. die bildungstheoreti-sche Dimension eines guten Studiengangs, die Eignung von Struktur undRahmenbedingungen für die Realisierung der Studienziele sowie Anregun-gen und Raum zum Selbststudium. Die Studienziele sind nur begrenzt vomeinzelnen Fachbereich bestimmbar. Sie sind in HRG § 7 als gesellschaftli-che Ziele bestimmt. Sie müssen individuelle Ziele zulassen und fachlicheStandards der Fachgemeinschaft als Professionskriterien. All dem liegendann noch die Forderungen der Bologna-Reform nach "employability" und"citizenship" und die Vorgaben des Europäischen Qualifikationsrahmenszugrunde.

127HSW 5/2012

H. Knauf n Rahmenbedingungen für einen guten StudiengangHSWdierenden ernst genommen. Nichtsdestotrotz bestehteine Hierarchie, die sich insbesondere in der Bewer-tungs- und Benotungsfunktion der Lehrenden aus-drückt. Partizipation drückt sich hier in einer größtmög-lichen Transparenz aus.

Partizipation ist ein zentrales Element von BiB. Dashängt auch mit dem inhaltlichen Schwerpunkt desStudiengangs, der Inklusion, zusammen. Inklusionbezieht sich auf die Pädagogik der Vielfalt, die dieVerschiedenartigkeit von Menschen (z.B. hinsichtlichGeschlecht, Herkunft, Alter, Begabung) als Ressourcebegreift. Orientiert an diesem Leitbild ist es das Zielim Studiengang „Frühkindliche inklusive Bildung“auch die große Verschiedenheit der Studierendennicht nur zu berücksichtigen, sondern auch als einebesondere Stärke zu sehen. So studieren im Studien-gang die 20-jährige Abiturientin ebenso wie die 32-jährige russische Musikpädagogin und der 35-jährigeErgotherapeut. Sie alle bringen unterschiedliche For-men und Umfänge von Berufserfahrung und Kompe-tenzen ein, haben ganz verschiedene Lebensläufe undverfolgen unterschiedliche Ziele. Durch die unter 2.beschriebene Neuigkeit der Frühpädagogik als akade-misches Feld wird die Lerngemeinschaft von Lehren-den und Studierenden befördert. Denn die Lehren-den sind in diesem Studiengang explizit auf die Auf-gabe des Suchens und Lernens verpflichtet (ob siewollen oder nicht) und befinden sich allein dadurchin einer ähnlichen Situation wie die Studierenden.Konkret bedeutet Partizipation einerseits Austauschund Feedback – auch über Studienschwerpunkte undLehr-Lernformen. Gerade weil die Lehre schwer-punktmäßig als Online-Lehre erfolgt, ist eine konti-nuierliche Abstimmung untereinander notwendigund wird nicht als selbstverständliche erachtet, wiein Studiengängen, bei den man sich täglich begeg-net. Partizipation bezieht sich auch auf die Inhaltedes Studiums. Mit zunehmender Studiendauer kön-nen die Studierenden mehr und mehr eigeneSchwerpunkt setzen und Interessen verfolgen.

4. Sinn: Sinnstiftende Kontexte und Perspektiven

Für einen guten Studiengang und gelingendes Studie-ren ist die Ebene der Sinnstiftung nicht zu unterschät-zen. Für Studierende (und Lehrende) bietet ein Stu -diengang dann besonderes Sinnstiftungspotenzial,wenn er eine „Story“ erzählt bzw. eine ganz spezifischeBotschaft hat. Das können einerseits gesellschaftspoliti-sche Leitbegriffe (z.B. Inklusion,Nachhaltigkeit), daskann aber auch ein bestimmtes und besonderes Berufs-feld (z.B. International Accounting and Taxation, Unter-nehmertum) sein oder eine besondere Schnittstelle, dieEinzigartigkeit verspricht (z.B. Kulturwirtschaft, CruiseIndustry Management). „Sinn“ grenzt sich dabei deut-lich von „Identifikation“ ab, denn diese kann auch un-kritisch und unreflektiert sein (vgl. Malik 2005) unddamit die klaren Grenzen der Wissenschaftlichkeit undProfessionalität überschreiten. Der Faktor Sinn als Kri-terium für einen guten Studiengang mag ein „weicher“Faktor sein, etwas nicht Messbares. Für den ständig

Sinn konstruierenden und suchenden menschlichenGeist ist er aber von entscheidender Bedeutung für Be-geisterung und Motivation – für die Hirnforschung in-zwischen die zentralen Voraussetzungen für erfolgrei-che Lernprozesse (Hüther 2011, S. 93). Sinn kann undsoll sowohl auf einer allgemeinen Ebene (Berufsziel, ge-sellschaftliche Ziele), als auch auf der Ebene der einzel-nen Lehrveranstaltung erreicht werden.

Mit dem Leitbild der Inklusion hat BiB ein sehr star-kes Sinnstiftungspotenzial. Ein Großteil der Studie-renden entscheidet sich aufgrund des Adjektivs „in-klusiv“ für dieses Studium. Besondere Wirkung entfal-tet dieses Ziel durch die konsequente Umsetzung desPrinzips der Inklusion in der Studiengestaltung – In-halt und Form bilden eine Einheit. Mit der Orientie-rung auf Institutionen der Frühpädagogik kommt einezweite Identifikationsfigur hinzu: Das Eintreten fürqualitativ hochwertige Bildung für Kinder zwischen 0und 10 ist für BiB-Studierende eine starke Motivati-on. Auf der Ebene der Module wird im Studiengang„Frühkindliche inklusive Bildung“ immer wieder ver-sucht, solche Aufgaben zu entwickeln, die im Kontextder Arbeitswirklichkeit der Studierenden sinnvollsind. Im Sinne des Alignments (Biggs 2007) werdendeshalb nur in wenigen Modulen Aufgaben wie„Schreiben Sie eine Hausarbeit über XY“ gestellt undeher „Entwickeln Sie eine Konzeption zu XY“ oder„Führen Sie XY durch und dokumentieren und reflek-tieren Sie dies anschließend.“

5. Studierbarkeit: Realistische und lebens -umständeorientierte Studienorganisation

Ein ganz pragmatisches und klar messbares Kriterium füreinen guten Studiengang ist seine Studierbarkeit. Kön-nen alle Module in der Regelstudienzeit studiert wer-den? Ist der vorgesehen Arbeitsaufwand (Workload) rea-listisch machbar? Können die im Modulhandbuch be-schriebenen Qualifikationsziele im Rahmen der Moduleerreicht werden? Diese Fragen mögen trivial erscheinen,in den stark verregelten und durchgeplanten Bachelor-und Master-Strukturen ist die Studierbarkeit jedoch zueinem handfesten Problem geworden, das sich in Ab-bruchquoten und Überschreitungen der Regelstudien-zeit ausdrückt (vgl. Autorengruppe Bildungsberichter-stattung 2010, S. 128). Auch das oftmals angeprangerte„Bulimie-Lernen“ (Wissen schnell aneignen und ebensoschnell wieder vergessen) ist die Antwort vieler Studie-render auf die mangelnde Studierbarkeit. Wichtig füreinen guten Studiengang ist es deshalb, Anforderungenund Zeitressourcen in ein sinnvolles Verhältnis zu setzen.Einen wichtigen Beitrag zur Studierbarkeit leisten des-halb auch kompetenzorientierte Prüfungsformen, dieein learning to the test verhindern und stattdessennachhaltige Lernprozesse anregen (Reis/Ruschin 2007).Das Kriterium der Studierbarkeit ist in den Akkreditie-rungsverfahren durch die zuständigen Agenturen zentral(vgl. Akkreditierungsrat 2010, S. 11)

Für den Studiengang „B.A. Frühkindliche inklusiveBildung“ ist die Studierbarkeit konstitutiv. Da es sichum einen berufsbegleitenden Studiengang handelt,kann er nur funktionieren, wenn die Studierenden

128 HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSWihre Aufgaben in geplantem Umfang bewältigen kön-nen. Der Studienplan sieht Präsenz- und Onlinemo-dule vor, wobei jede/r Studierende zeitgleich nur einOnline- und ein Präsenzmodul studieren. So ist einegrößtmögliche Fokussierung gegeben, die Studieren-den geraten nicht in die Gefahr, sich zu verzetteln.Erst wenn die Prüfungsleistung in einem Online-Modul erbracht wurde, beginnt das folgende Modul(Ausnahme: Krankheit o.ä.). Zentral für die Studier-barkeit ist darüber hinaus das Blended-Learning-Mo-dell: Die Online-Module ermöglichen ein raum- undzeitungebundenes Studieren, die Studierenden ent-schieden selbst wann und wo sie ihre Aufgaben erle-digen. Für die einen ist das die Zeit am Nachmittag,für andere einzelne freie Tage, wieder andere konzen-trieren sich auf den Abend oder den frühen Morgen.Diese hohe Flexibilität ermöglicht es nicht nur, Beruf-stätigkeit und Studium zu verbinden, sondern diesauch mit der Familie in Einklang zu bringen. OhneFrage ist dies anstrengend – aber, wie die Studieren-den täglich beweisen, machbar.Wichtige Flankie-rungssysteme für die Studierbarkeit sind zudem dieBeratungsangebote durch Lehrende und (ältere) Stu-dierende sowie das Patensystem, bei dem jeder Stu-dienanfängerin eine fortgeschrittene Studierende andie Seite gestellt wird.

6. Fazit: Studiengangsqualität ist das Ergebnisvon angemessenen allgemeinen Strukturenund einzelfallbezogenen Lösungen

Diese Aspekte zeigen, dass Strukturen (i.e. Studierbar-keit) nur einen Teil der Studiengangsqualität ausma-chen. Gleichwohl sind diese notwendig: Qualität kannnur erreicht werden, wenn es genug qualifizierte Leh-rende gibt, wenn eine überschneidungsfreie Studienor-ganisation sichergestellt ist und wenn angemesseneLeis tungsanforderungen gestellt werden. Das kann abernur eine Grundlage sein. Aufbauend darauf bedarf esunterstützender Angebote, Perspektiven und auch Hal-tungen von Lehrenden und Hochschulmanager/innen.Diese lassen sich nicht bürokratisch vorschreiben, erfor-dert ihre Umsetzung doch für jeden Studiengang undseine beruflichen Kontexte eigene jeweils kreative undflexible Lösungen. Studiengangsqualität ist dann er-reichbar, wenn günstige strukturelle Bedingungen dasakademisch professionelle Handeln unterstützen, sodass kreative einzelfallbezogene Lösungen entwickeltwerden können. Es zeichnet sich für Studiengänge einähnliches Fazit ab, wie es nach zehn Jahren PISA-Studiein Bezug auf Schulen und Schulsystem gezogen wird:Entscheidend für die Qualität sind letztlich nicht dieStrukturen, sondern die konkrete Umsetzung im Einzel-fall. Stu diengänge müssen je angemessene Lernkontextefür ihre eigenen Qualifikationsziele und Berufsfelder, fürihre eigene Klientel und Disziplinbezüge finden.

Die Gewinner und die Finalisten• Summa cum laude: B.A. Frühkindliche inklusive Bil-

dung, Hochschule Fulda• Magna cum laude: Kulturwirtschaft/International

Cultural Studies (B.A.), Universität Passau• Cum laude: Communication an Cultural Manage-

ment, Zeppelin University Friedrichshafensowie:• Medizin (Modellstudiengang) (Staatsexamen),

RWTH Aachen• Cruise Industry Management (B.A.),Hochschule

Bremerhaven• Unternehmertum (B.A.), Duale Hochschule Karlsru-

he• International Accountingand Taxation (M.A.),

Hochschule Reutlingen• Maschinenbau (B.Eng.), Hochschule Bonn-Rhein-

Sieg• Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Staatsexamen),

Universität Witten/Herdecke

Näheres zum Preis unter:http://www.stifterverband.org/wissenschaft_und_hochschule/ auszeichnungen_und_preise/cum_laude/index.html

Der Studiengang „B.A. Frühkindliche inklusive Bil-dung“ (BiB) an der Hochschule FuldaBiB gehört zu den inzwischen gut 60 Bachelor-Stu -diengängen in Deutschland, die Frühpädagog/innenund Frühpädagogen ausbilden und damit zu einerAkademisierung des Elementarbereichs beitragen.Der Fuldaer Studiengang war der erste, der dasThema Inklusion als Querschnittskategorie in denMittelpunkt der Ausbildung stellte. Inklusion meintdabei die Wertschätzung von Heterogenität im Sinneeiner Pädagogik der Vielfalt. Der Studiengang richtetsich sowohl an Abiturient/innen als auch an erfahrenepädagogische Fachkräfte. Alle Studierenden sind pa -rallel in einer Praxiseinrichtung tätig. Mit einer Blen-ded-Learning- Struktur mit dem Wechsel aus Online-und Präsenzlehre wird eine möglichst starke Verzah-nung von Theorie und Praxis angestrebt. In der Be-gründung der Jury für die Auszeichnung heißt es: „Die Jury lobte an dem Studiengang die konsequenteAusrichtung an der Leitidee der Inklusion, das heißtan einer Pädagogik der Vielfalt, die Unterschiede derLernenden – etwa in Begabung oder Behinderung,Geschlecht oder sozialer Herkunft – Wert schätzt undals gegenseitige Ergänzung versteht. Nicht nur dieLehrinhalte sondern auch die gesamte Studiengangs-gestaltung und die Prüfungsformen setzen das Prin-zip der Inklusion schlüssig um. Darüber hinaus beein-druckte der kollegiale Umgang von Lehrenden undLernenden, die auf Augenhöhe ihre Anregungen füreine Weiterentwicklung des Studiengangs einbringenkönnen" (Stifterverband 2011).

129HSW 5/2012

H. Knauf n Rahmenbedingungen für einen guten StudiengangHSW

n Dr. Helen Knauf, Professorin für FrühkindlicheBildung an der Hochschule Fulda,E-Mail: [email protected]

Literaturverzeichnis

Altrichter, H./Posch, P. (2007): Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Un-terricht. Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsevaluation durch Akti-onsforschung, 4. Auflage, Bad Heilbrunn

Akkreditierungsrat (2010): Regeln für die Akkreditierung von Studiengängenund für die Systemakkreditierung. Beschluss des Akkreditierungsratesvom 08.12.20091 i. d. F. vom 10.12.2010, Drs. AR 85/2010, unter:http://www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/Beschlues-se_AR/Beschluss_Regeln_Studiengaenge_Systemakkreditierung_10122010.pdf, Abruf am 01.12.2011.

Autorengruppe Bildungsberichterstattung im Auftrag der Ständigen Konfe-renz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschlandund des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Hg.) (2010):Bildung in Deutschland 2010. Ein indikatorengestützter Bericht miteiner Analyse zu Perspektiven des Bildungswesens im demografischenWandel, Bielefeld.

Biggs, J. (2007): Teaching for Quality Learning at University: What the Stu-dent does, New York.

Bülow-Schramm, M. (2009): Mitbestimmung im Feld Studienreform undQualitätssicherung, In: Huber, L. (1999): An- und Aussichten der Hoch-schuldidaktik. In: Zeitschrift für Pädagogik 1/1999, S. 25-44.

Huber, L. (1999): An- und Aussichten der Hochschuldidaktik. In: Zeitschriftfür Pädagogik 1/1999, S. 25-44.

Hüther, G. (2011): Was wir sind und was wir sein könnten, Frankfurt.Malik, F. (2005): Identifikation – womit und wofür?, In: manager magazin,

unter: URL: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/0,2828,340698,00.html, Abruf am 05.12.2011

Reis, O./Ruschin, S. (2007): Kompetenzorientiertes Prüfen als zentrales Ele-ment gelungener Modularisierung, In: Journal Hochschuldidaktik2/2007, S. 6-10.

Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (2011): Gute Studiengänge imUrteil der Studierenden, unter: http://www.stifterverband.org/wissen-schaft_und_hochschule/auszeichnungen_und_preise/cum_laude/index.html, Abruf am 05.12.2011.

Webler, W.-D./Domeyer, V./Schiebel, B. (1993): Lehrberichte. EmpirischeGrundlagen, Indikatorenauswahl und Empfehlungen zur Darstellung derSituation der Lehre in Lehrberichten. In: BMBW (Hg.): Studien zu Bil-dung und Wissenschaft 107, Bonn.

Webler, W.-D. (2002): Modellhafter Aufbau von Studiengängen. In: DasHochschulwesen, Jg. 50/H. 6, S. 216-223.

Webler, W.-D. (2009/2012): Qualität von Studium und Lehre (in Deutsch-land). (Expertise, erstellt für die Hans-Böckler-Stiftung im Rahmen desProjekts “Leitbild Demokratische und Soziale Hochschule”, Bielefeld,Mai 2009 (im Druck 2013).

Wim Görts (Hg.): Tutoreneinsatz und TutorenausbildungStudierende als Tutoren, Übungsleiter, Mentoren, Trainer, Begleiter und Coaches –

Analysen und Anleitung für die Praxis

Wie können Tutorien Lernen fördern? Im Mittelpunkt dieses Bandesstehen Konzepte für Tutorien, Übungen und andere Lehr- und Bera-tungssituationen, in denen Studierende andere Studierende begleiten.Die Akteure heißen Tutoren und Tutorinnen, aber manchmal auch - jenach Einsatzgebiet -Übungsleiter, Trainer, Coaches, Schreibbegleiterund Mentoren. Zehn Autorinnen und Autoren, allesamt wissenschaft-lich Lehrende, zeigen, in welcher Art und Weise sie Studierende dabeiunterstützen, einen eigenen Zugang zur Wissenschaft zu bekommen. Dieser Zugang bezieht sich z.T. auf ein Studium, das sich dem Diktateiner ausschließlichen Orientierung auf die (behaupteten) Bedürfnissedes Arbeitsmarktes entzieht. Dabei werden studentische Tutoren hinzugezogen, die sorgfältig ge-schult sind. Besonderes Gewicht hat die Frage, wie die Tutoren eine ge-meinsame Vertrauensbasis mit den Studierenden schaffen können,damit diese sich ermutigt fühlen, vorgegebene Studienmuster und -in-halte in Frage zu stellen, urteilsfähig zu werden und eigene Wege zugehen. Daneben geht es um die Feststellung des Erfolges von Tutorien, umHindernisse und Grenzen sowie um Auswertungen, die es erlauben, aufeine Veränderung der Ausbildung zu schließen.Lehrende, Tutorenausbilder, Bildungsexperten und Hochschuldidakti-ker finden Analysen zu Zielen, Aufgabenbereichen und Arbeitsweisenvon Tutoren und daraus entwickelte Schulungsprogramme für die Tu-toren oder vorausgeschickt für eine Ausbildung der Ausbilder solcherTutoren.

Reihe:M

otivierendes Lehren und Lernen in Hochschulen: Praxisanregungen

ISBN 3-937026-70-3, Bielefeld 2011, 247 Seiten, 27.90 Euro

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

130 HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSW

Der Kurs Thermodynamik wird im Bachelor-StudiengangChemie an der Universität Regensburg als zweisemestri-ge Veranstaltung mit 2h Vorlesung und 1h Übung ange-boten. Die Auswertung der 1. Klausur (PCI) nach dem 2.Semester offenbarte Fehlvorstellungen bei den Studie-renden und erhebliche Schwierigkeiten, das Erlernte aufneue Probleme anzuwenden. Aus diesem Grund wurdenim darauffolgenden Semester zusätzliche Tutorien inkleinen Gruppen angeboten. Den Übungsleitern wurdeviel Freiraum in der Gestaltung dieser Stunden gewährt,die Teilnahme an den Tutoriumsstunden war freiwillig.Da aus der vorangehenden Zweitsemester-VorlesungPCI bereits ein Leistungsdatensatz für die aktuellenDrittsemester Studierenden der PCII Vorlesung vorhan-den war, konnte ein direkter und fairer Vergleich, mitden Ergebnissen aus einer konventionellen Lehrveran-staltung ohne Tutorium, gezogen werden. Es wurde dar-

überhinaus offeriert, das Ergebnis der im letzten Semes -ter geschriebenen Klausur PCI durch eine optionale Teil-nahme an einem Zweitversuch PCI, zusätzlich zum neuerworbenen Stoff der Vorlesung PCII, zu annullieren.Damit konnte sichergestellt werden, dass die Test -evaluation, aufgrund erneuter Abfrage des vorangehen-den Stoffes, einen direkten Vergleich mit der Ausgangs-lage erlaubte, und so einen eindeutigen Rückschluss aufdie Effizienz zusätzlicher Tutorien lieferte. Die vorliegen-de Studie diskutiert unsere Erfahrung mit den Tutorienzur Korrektur vormalig falsch erworbener oder fehlendernaturwissenschaftlicher Denkansätze. Die Ergebnissewerden mit den Klausurnoten korreliert. Der Kurs wurdeumfassend von studentischer Seite evaluiert, die Ergeb-nisse fließen in die Studie mit ein und geben einen Ein-blick in das Lernverhalten der Studierenden.

Tutoring programmes are virtually considered to be a panacea against unsatisfactory academic performances. Theauthors Petra Eichenseher, Hubert Motschmann & Maria-Anna-Bäuml Roßnagl have thought this at first too. Inmany cases, the expectations are fulfilled if the tutors are well educated in addition to their professional know-ledge and learning groups are small enough to sufficiently cater the various learning preconditions. The conceptof tutoring programmes is however connected to a wide range of different purposes (orientation, beginners, dis-cipline and examination tutorials) and also to demands on teaching and learning processes and to methodology.The latter reaches (for discipline tutorials) from the doubling of the subjects of a lecture, i.e. their repetitionthrough work-sharing methods, and from private lessons in the demonstrative teaching style of the lecture in lar-ger plenums to intense, individualized and active learning of students in small groups. The team of authors pre-sent the results of an empirical support of tutorials in thermodynamics with some partly surprising results in theirarticle Can Academic Success Be Increased by Additional Offerings of Tutorials?. The evaluation leads to funda-mental questions of studying and learning.

Petra Eichenseher, Hubert Motschmann & Maria-Anna Bäuml-Roßnagl

Kann der Studienerfolg durch zusätzliche Tutoriumsangebote gesteigert werden?Fallstudie Chemie – Thermodynamik

Hubert MotschmannPetra Eichenseher

Maria-AnnaBäuml-Roßnagl

131HSW 5/2012

P. Eichenseher, H. Motschmann & M.-A. Bäuml-Roßnagl n Kann der Studienerfolg durch ...HSWBestandaufnahme„Thermodynamik“ – Ein Reizwort, welches selbst bei ein-gefleischten Naturwissenschaftlern ein leichtes Zucken inder rechten Gehirnhälfte verursacht.Der Anspruch, das abstrakte Konzept thermodynami-scher Potentiale mit konkreter Systemanalyse zu verbin-den, und die Reduktion physikalischer Observablen aufZustandsfunktionen und Zustandssummen, abgetrenntvon ihrer chemisch-physikalischen Entität, durchbrichtdie bisher erworbenen Vorstellungswelten der Studie-renden im Grundstudium.Bei näherer Analyse abgeleisteter Prüfungen stellt manfest, dass grobe und teilweise grundlegend falsche Mo-dellvorstellungen, ein Anwenden neu erworbenen Wis-sens auf den bereits vorhandenen Vorstellungsraum ver-eiteln. Es fehlt an Exaktheit bei der Problemanalyse undan verlässlichen Strategien, neu vermittelte Informatio-nen in bereits vorhandene Konzepte einzubauen.Die Notwendigkeit zur Begleitung dieses integrativenProzesses wurde deutlich nach der Korrektur einerZweitsemester Klausur: Obwohl die Beantwortung dermeisten Fragen fast ausschließlich das Verständnis desVorlesungsinhaltes und kontext-bezogenes Überlegenerforderte, konnte nur ein marginaler Prozentsatz aufdas erarbeitete Wissen zugreifen. Zudem wurden erheb-liche Fehlvorstellungen offenkundig.Zur Illustration diene hier ein exemplarisches Beispiel:In der Vorlesung wurden die Begriffe Wärme und Tem-peratur sorgfältig differenziert eingeführt. Dabei sollteauch eine greifbare Vorstellung dieser Begriffe auf mole-kularer Ebene vermittelt werden. Als anschauliches Sys -tem wurde folgendes Bild gewählt (Abb. 1):

Aufbauend auf dieses Konzept sollte eine Übertragungauf folgende, konkrete Fragestellung erfolgen (Abb. 2).

Die repräsentativ gewählten Orginalbilder aus den bear-beiteten Klausuren zeigen: Das Gefühl für die Stetigkeitder Natur, sowie für ein elementares Kausalprinzip, istschlicht weg nicht vorhanden (Abb. 3).Während einige Studierende das antrainierte Wissen umdie Äquivalenz der kinetischen Energie bei gleicher Tem-peratur und damit die Forderung nach einem möglichstträgen und daher dem schwersten der angebotenen Ele-mente noch wiedergeben konnten, gelang es fast Nie-mandem das korrekte Temperaturprofil einzuzeichnen.Vor allem aber wurde das Unvermögen offensichtlich, inphysikalisch konsistenten Zusammenhängen zu denken.Die angelernten Fakten konnten nicht in konkretenBezug zur anschaulichen Bedeutung gesetzt werden. Einweiteres prägnantes Beispiel hierfür ist dem Supplementfile zu entnehmen.1

Konzept der TutorialsNach Analyse der Situation sollte ein didaktisches Kon-zept zum Wissenstransfer erarbeitet werden, welches in-dividuell genügend Raum zur Korrektur altlastiger Fehl-vorstellungen offen ließ, und gleichzeitig auf Ebene derStudierenden Eingang finden würde. Insbesondere dieVisualisierung abstrakter Gesetzmäßigkeiten sollte zumErfassen der anschaulichen Bedeutung beitragen.Idealerweise sollten in den zusätzlichen Tutorien kom-petente Master-Studierende, denen der Stoff aus nichtallzu lange zurück liegenden Semestern noch präsentwar, selbst erarbeitete Bewältigungsstrategien anbieten.Kernpunkt dabei sollte sein, die abstrakte Sprache derThermodynamik in verdauliche Portionen zu brechenund vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Kontextesin bereits vorhandenes Wissen adäquat einzubetten.Dies sollte ohne Druck und Endziel in freier Arbeit ge-schehen und so tatsächliche Lehr- und Lernfreiheit nut-zen. Einzige Vorgabe sollte sein, in den Tutorialstundenaktive Beteiligung von den Studierenden zu fordern. Inden einzelnen Gruppen sollten alle Leistungsstufen re-präsentiert sein.

UmsetzungEin unerwartetes Problem stellte die Rekrutierung derTutoriumsleiter dar. Zum einen aufgrund der hohen zeit-lichen Belastung der Studierenden aus den höherenMas ter-Semestern, zum anderen wegen der allgemeinenAbneigung gegen die Lehrinhalte konnte nur eine Stu-dentin als Tutorin gewonnen werden. Für drei weitereGruppen wurden wissenschaftliche Mitarbeiter desLehrstuhls Physikalische Chemie, unter Auflage redu-zierten Aufwandes, angeworben.Daraus ergab sich eine Variation des ursprünglich ange-strebten Konzeptes. Es konnten vier Gruppen mit je-weils etwa knapp 30 Studierenden gebildet werden. Dadie Teilnahme freiwillig war, bildete sich eine natürlicheKontrollgruppe von 12 Studierenden, welche das Zu-satzangebot nicht in Anspruch nahmen. In allen Tuto -riumsgruppen wurden die Aufgaben der Zentralübungzur Grundlage der Besprechung/Bearbeitung gelegt.

1 siehe Supplement file: ausgangssituation_PCI.pdf.

Abbildung 1: Anschauliche Einführung des Wärme- undTemperaturbegriffes

Ein Behälter sei durch eine wärmeleitfähige Wand inzwei Kammern geteilt, wobei die linke Kammer mitXenon und die rechte mit Helium gefüllt sei. Die Tem-peratur in beiden Parzellen sei gleich groß. Ein Filmaufgenommen in der Welt der Atome würde folgen-des Bild zeigen: Die Atome schwirren durch denRaum, sie stoßen miteinander und tauschen dabeiEnergie aus. Die leichteren Helium Atome bewegensich im Mittel schneller als die schwereren XenonAtome. Der Mittelwert der kinetischen Energie ist je-doch für jede Atomsorte gleich und die Temperaturist über 3/2 kBT gegeben.

132 HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSW

Im Wesentlichen hatten sich zwei Stränge entwickelt.In drei der Tutorien wurde die Herangehensweise anÜbungsaufgaben besprochen und anschießend von Stu-dierenden an der Tafel vorgerechnet. Dabei wurden Lis ten geführt, in denen die Studierenden ankreuzenmussten, welche Aufgaben sie zum Vorrechnen vorbe-reitet hatten. Es zeigte sich sehr bald, dass alle dieseGruppen in einen kleinen Teil sehr guter und folglich ge-langweilter, und in einen großen Teil eher überforderterStudierender zerfielen. Die anspruchsvolleren Gemüterzeigten sich genervt über das vermeintliche Unvermö-gen der schwächeren Lerner, während die der ErklärungBedürftigeren sich von der Situation in die Enge getrie-ben fühlten.In der vierten Gruppe wurde mit verschiedenen didakti-schen Konzepten experimentiert. Auch hier waren dieZentralübungsaufgaben der Aufhänger. Jedoch war dietragende Idee, die Vorlesungsinhalte konkret an denÜbungsproblemen zu verdeutlichen und so durch einenSpagat die Kluft zwischen Vorlesung und Übung zuüberbrücken.Im ersten Drittel des Semesters wurden von der Tutori-alleiterin zusätzliche Arbeitsblätter erstellt, in welchenan die Lösung der Probleme durch Zerlegen in die erfor-

derlichen Denkschritte herangeführt wurde. Diese Blät-ter sollten vor Ort selbständig bearbeitet werden,während in einer zusätzlichen PowerPoint-Präsentationdie zugrunde liegenden Konzepte und Lösungsansätzesimultan noch einmal besprochen wurden.Da der Wissenserwerb direkt und in zwangloser Atmos-phäre erfolgen sollte, war ein Vorbereiten der Übungs-aufgaben nicht verbindlich. Oberste Priorität war die ak-tive Arbeit jedes Studierendens zu jeder Aufgabe in deneigentlichen Tutorialstunden. Gemeinsames Überlegenstand im Vordergrund. Dazu wurden die Studierendennach Zufallsprinzip aufgerufen. Ein „das weiß ich nicht“war keine legitime Antwort. Falls die Frage nicht beant-wortet werden konnte, wurden die Fragen stückchen-weise auf Zugrundliegenderes zurückgestuft, bis der ak-tuelle Wissensstand zu Tage kam. Die Studierenden soll-ten von ihrem jeweiligen Niveau abgeholt werden, umJedem echte Mitarbeit zu ermöglichen. Es entstand eineehrliche Lernsituation, in der die Studierenden ihrentatsächlichen Stand nicht verbergen mussten. So Man-cher war erstaunt, dass für ihn Unverständliches auchfür einen anderen Kommilitonen unklar war.Eine weitere Phase war das Vorbereiten und Halten ein-zelner Stunden durch Studierende aus dem Tutorialkurs

Abbildung 2: Original Klausuraufgabe zum thermodynamischenTemperaturbegriff

Abbildung 3: Original Klausurantworten zum thermodynamischen Temperaturbegriff

Unphysikalische Kurvenverläufe zeigen, dass selbst ein rudimentäres Übertragungskonzept von Daten/Fakten zuModellen fehlt.

133HSW 5/2012

P. Eichenseher, H. Motschmann & M.-A. Bäuml-Roßnagl n Kann der Studienerfolg durch ...HSWselbst. Auch hierfür war die Auflage aktives Erarbeitender Lösungen und Wissenskonzepte durch die Gruppe.Der Vorbereitende musste also nicht nur den Stoff ver-stehen und darüber referieren, sondern sich überlegen,wie er Antworten aus seinen Kommilitonen kitzelnwürde. Erstaunlicherweise zeigte sich hierbei, dass dieSprache welche die Studierenden „untereinander“ be-nutzten, bei so manchem Mitstudierenden einen Aha-Effekt auslöste und auf diesem Weg einfache, aber fürdie Lehrpersonen nicht ersichtliche Barrieren aufgeho-ben werden konnten. Die Verständigungsebene vonStudierenden zu Studierenden ermöglichte auf sehr sub-tile Art und Weise einen offeneren Zugang zum Stoff.Der eigentliche Tutoriumsleiter nahm hierbei die Funk -tion eines Mediators zwischen korrektem Sachverständ-nis und verständnisnaher Sprache ein.In einem dritten Abschnitt wurde der verstärkte Einsatzvon zusätzlichem Arbeits- und Multimediamaterial er-probt. Zur Vorbereitung auf die Stunden sollten die Stu-dierenden Videoclips ansehen und nach MöglichkeitNotizen mit graphischen Auftragungen dazu erstellen.Da auch hier kein Zwang ausgeübt wurde, nahmen diemeisten diese Möglichkeit zu Aufarbeitung nicht wahr,so dass die Aufbereitung gemeinsam in den Stundenstattfand. Insgesamt wurde viel Wert auf Übertragen und selbstän-dige Ausführung sowie eigenes Produzieren gelegt. DieInteraktion zwischen den Studierenden untereinanderund zwischen Studierenden und Tutoriumsleiter standimmer im Vordergrund. Das Schaffen einer angst- undzwangsfreien, aber auch persönlichen Lernsituation soll-te so gewährleistet und das Entwickeln konzeptionell„richtiger“ Denkmodelle gefördert werden. Die ständigeRückkopplung zwischen Studierenden und Tutoriums-leiter wurde ein zentrales Element. Im ersten Drittel er-folgte eine Bewertung des Schwierigkeitsgrades derStunde auf den anonym zur Korrektur abgegebenen Ar-beitsblättern. Später erlaubte das gegenseitig gewonnenVertrauen auch direkten, ehrlichen Meinungsaustausch.

KlausurkonzeptDa sich die Not zu neuen Lehrformaten aus der Evalua-tion der Klausur des vorangegangenen Semesters ent-wickelt hatte, sollte eine Klausurergebnis-Gegenüber-stellung der gleichen studentischen Gruppe, im Semes -ter vor dem Tutorialprojekt und danach, Aufschluss überdie Effizienz zusätzlicher Hilfestellung geben.Um einen pointierten Vergleich zu erlauben, wurde einezweiteilige Klausur erarbeitet. Zum Teil PCII des laufen-den Semesters wurde ein optionaler, auf gleichem Ni-veau neu gestalteter Teil PCI gefügt. Es stand den Stu-dierenden frei durch Bearbeitung des Teils PCI das Er-gebnis des vorhergehenden Semesters zu annullierenoder aber durch Ignorieren des zweiten Prüfungsteils,die alte Arbeit beizubehalten. In beiden Fällen wurdendie jeweils gültigen Teile PCI und der semesteraktuelleTeil PCII zu einer Gesamtnote zusammen gefügt. Bei derAusarbeitung der Prüfungsaufgaben wurde auf eine pro-zentuale Gewichtung unterschiedlicher Bearbeitungs-kompetenzen geachtet (Abb. 4). Um optimalen Erfolg zuermöglichen, wurde der Termin für die Klausur so ge-

legt, dass drei Wochen Lernzeit allein für diese Arbeitzur Verfügung standen.

KlausurergebnisseAus den Grafiken in Abbildung kann abgelesen werden,dass sich das Gesamtergebnis der Klausur deutlich ver-bessert hat. Während im Zeitsemester insgesamt imSchnitt nur 39% der Aufgaben gelöst wurden, waren esnun 54.6% für die wiederholte Abfrage des PCI Wissensund 48.1% für den neu hinzugekommenen Stoff PCII.Die Aufschlüsselung nach Anforderungskategorien zeigtjedoch, dass die ursprüngliche Zielsetzung, das Förderndes elementaren Verständnisses und selbständigerÜbertragungsleistung, nicht erreicht wurde.Zum Bestehen der Klausur war der hohe Anteil an repro-duktiven Aufgaben dringend nötig (Abb. 5).

Blick in die verschiedenen TutorialgruppenEs konnte kein Unterschied im Abschneiden der einzel-nen Gruppen ausgemacht werden. Dies ist auch schonin der Aufschlüsselung der erreichten Punkte nach An-forderungslevel ersichtlich: Da eine Verbesserung über-wiegend im Bereich der Reproduktion erzielt wurde,war das zusätzliche Training wohl der ausschlaggebendeFaktor (Abb. 6).

AufarbeitungTrotz deutlicher Verbesserung der Gesamtergebnisse inBezug auf das Vorsemester, wurde die Erwartung an einesignifikante Leistungssteigerung bei Trans fer- und Ver-ständnisfragen nicht erfüllt. Erster Ansatzpunkt beim Hinterfragen dieser Ergebnisseist natürlich der objektive Schwierigkeitsgrad der Klau-sur. Da alle Betreuer der Tutorien die Aufgabenstellungfür gut bewältigbar hielten, wurde eine Evaluation desSchwierigkeitsgrades durch die Studierenden beschlos-sen.Im Rahmen der Klausureinsicht wurden alle Aufga-ben ausführlich erläutert und die Lösungen besprochen.Auch die Verteilung der Anforderungslevel auf die Ein-zelaufgaben wurde offen gelegt. Jeder Student sollte aufeiner Kopie der Klausurangabe einzeln Stellung zur Ein-ordung der Aufgabe in den entsprechenden Anspruchs-level, sowie individuelle Bearbeitungsschwierigkeitennotieren. Natürlich sollten/durften auch allgemeineKommentare gemacht werden.Auch hier zeigte sich Erstaunliches: Kein einziger Stu-dent fand die Klausur unfair. Selbst Leute, die sich nichtzu den glücklichen „Bestehern“ zählen konnten, kom-mentierten die Klausur als „machbar“. Als Grund für dasmagere Ergebnis wurden meist falsche Lernstrategie undfalscher Selektionsfilter sowie allgemeine Erschöpfungnach der vorangegangenen langen Prüfungsphase ge-nannt, welche sich über sechs andere Klausuren er-streckte (Abb. 7).

WiederholungsklausurUm zwischen mangelndem Prüfungserfolg aufgrund zuhohen Schwierigkeitsgrades und ungenügendem Lern -aufwand sicher zu unterscheiden, wurden in der Wie-derholungsklausur PCII alle reproduktiven Aufgabenidentisch beibehalten. Lediglich die Transfer- und erwei-

134 HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSWAbbildung 4a: Anforderungslevel Klausur PCI - SS2011

Abbildung 4b: Anforderungslevel Klausur PCI – WS2011/12

Abbildung 4c: Anforderungslevel Klausur PCII – WS2011/12

Übersicht über den prozentual vertretenen Anforderungslevel mitdem erreichten Erfolgsgrad in den drei verglichenen Klausuren: Beidem Erstellen der Aufgaben wurde auf eine ausgewogene Gewich-tung zwischen reproduktivem Wiedergeben, erweitertem Anwendenvon erworbenem Wissen auf gewohnte Aufgabenstellungen und neueTransferfragen geachtet. Die Klausur sollte durch Fleiß bestehbar,durch Verständnis sehr gut machbar und durch Einbringen von Talentbzw. hoher Motivation exzellente Noten liefern.

terten Anwendungsfragen wurden durchAufgaben ähnlichen Schwierigkeitsgrades er-setzt (Abb. 8).

Rezeption der VeranstaltungDurch extensive Feedbackabfragen mithohen Rücklaufquoten, sowohl der Vorle-sung, der Übung, der Tutorials als auch derKlausur, konnte eine Fülle von Datenmateri-al gewonnen werden, welche aussagekräfti-ge Rückschlüsse auf die Situation der Studie-renden einerseits, als auch auf das unerwar-tete Klausurergebnis andererseits, zulässt.Insbesondere die frei formulierten Kommen-tare waren hier besonders wertvoll, da derstandardisierte Fragenkatalog mit den dar-aus resultierenden Profillinien keinen eigent-lichen Vergleichsmaßstab zur Beurteilungunterschiedlicher Veranstaltungen liefert.In den Bewertungen zur Veranstaltungschlug sich deutlich die Wertschätzung derStudierenden für die inves tierten Mühenund des Engagement des Dozenten nieder.Ablesbar waren jedoch auch die Auseinan-dersetzung mit der Anwendbarkeit und demWert des Gelernten sowie (Berührungs-)Ängste bezüglich der Komplexität des Stof-fes. Andererseits fühlten sich viele von demetwas höher angesetzten Niveau positiv an-gesprochen, während bei wieder Anderendie Abneigung gegen den mathematischenFormalismus im Vordergrund stand. Insge-samt fielen die Kommentare außergewöhn-lich au thentisch und direkt aus.2Sehr differenziert bewertet wurden die ein-zelnen Tuto rialveranstaltungen. Es zeigtesich, dass die Studierenden durchaus An-spruch an die Art des Wissenserwerbs undan die Arbeitsatmosphäre stellen. Tenor ist,ja, wir wollen lernen und verstehen und wol-len gute Angebote annehmen, aber sie müs-sen effizient und problemgerecht sein. Eingroßes Verlangen nach Zusatzerläuterungwar klar zu erkennen.Die Meinungen über die individuellen Tuto-rialkurse zerfielen in zwei Hauptanliegen. Ei-nerseits zeigte sich auch in den „konventio-nellen“ Gruppen Wertschätzung für das Auf-zeigen von Lösungswegen und die persönli-chere Betreuung, andererseits klangen Fru-stration und Unzufriedenheit über den repe-tetiven Charakter der Veranstaltung durch.Auch die Tutorialbetreuer dieser Gruppenäußerten sich in dieser Weise. Für beide Sei-ten war das bloße zweimalige Durchrechnender Übungsblätter, garniert mit Randbemer-kungen, unbefriedigend, wenn auch „besserals nichts“.

2 siehe kompletten Datensatz im Supplement file:Eval_Motschmann_Ther modynamikII_74Prozent_2.pdf.

135HSW 5/2012

P. Eichenseher, H. Motschmann & M.-A. Bäuml-Roßnagl n Kann der Studienerfolg durch ...HSW

Erwartungsgemäß bevorzugten die Teilnehmer des „freigeführten“ Tutorials den Inhalt und Stil des Kurses. Vie-len Studierenden war die Freude über entstandenes,vertieftes Verständnis anzumerken. Sowohl die Gruppe,als auch die Tutoriumsleiterin schienen sich in der ent-spannten Atmosphäre wohl zu fühlen. Nichts desto trotzblitzte aber auch hier ab und an bei einigen Studieren-den eine überzogenen Anspruchshaltung, oder aberauch die grundsätzliche Motivation, sich ohne großenAufwand zusätzliche Punkte anzueignen, durch.

SchlussfolgerungDie Studie hat die ursprünglich an sie geknüpfte Erwar-tung eines deutlich verbesserten Klausurergebnisses auf-grund vertieften Verständnisses nicht erfüllt. Stattdessensind tiefere Ebenen der Vernetzung im Wissenserwerbzu Tage getreten.Es ist die grundsätzliche Frage aufgeworfen, worauf eineLehrveranstaltung abzielen soll. Geht es um den Erwerbvon reinem Faktenwissen mit reproduzierbar abfragba-ren Techniken, oder aber um den Aufbau von wissen-schaftlichen Denkstrukturen? Was im ersten Moment alsrhetorische Fragestellung erscheint, spiegelt doch dasSpannungsfeld der universitären Ausbildung wider.Die angestrebte Eloquenz im Umgang mit exakten na-turwissenschaftlichen Modellvorstellungen kann nichtinnerhalb kurzer Zeit erworben werden. Vor allem in

den unteren Semestern ist die repetetive Wissensabfra-ge, das schon aus der schulischen Vorerziehung domi-nante Kontrollverfahren, primäres Mittel zur Sicherungder Lehre. Das Pawlow’sche Prinzip der Konditionie-rung ist nicht zu verleugnen. In diesem Zusammenhanghier eine ungewollt pointierte schriftliche Aussageeines Studierendens: „ ... weil das selbständige Denkenim ganzen Studiumstress etwas untergeht ... man lernteigentlich genau das was die Profs in der Klausur hörenwollen und lässt den Rest weg. Da ist es schön maletwas anders an die Probleme heranzutreten ... DieMasse [an Studierenden] interessiert sich allgemeinrecht wenig für Chemie, wie seltsam das auch klingenmag, die machen teilweise Chemie weil denen nix an-deres einfällt ... auf selbständiges Denken und Zusatzar-beit haben nicht alle soviel Lust ;) ... “3

Die Organisation des Studiums ist auf pures Punkte-zählen reduziert. Der übervolle Stundenplan4 lässt eineeigenverantwortliche Strukturierung des Studienablau-fes nach eigenem Leistungsstand gar nicht zu. Wo fürden Einen das Abspulen eines fixen Programms intellek-tuelle Unterforderung bedeutet, fehlen dem Anderenaufgrund unterschiedlicher Vorbildung und individuell

Abbildung 6: in den einzelnen Tutorien durchschnittlichje Aufgabe erreichte Punktzahl

Abbildung 5: Endergebnisse für die Gesamtwertung PCIund PCII

Zwei Drittel aller Teilnehmer haben die Klausur be-standen. Wären keine Bonuspunkte für die anerkann-te Tutorialarbeit vergeben worden, so hätte die er-brachte Klausurleistung nur für 57% der teilnehmen-den Studierenden zum Bestehen ausgereicht.Der hohe Anteil von 18% an „Verweigerern“ (nur 3der 20 Nichtteilnehmer hatten ein Prüfungsunfähig-keitsattest vorgelegt), scheint ob der idealen Prü-fungsbedingungen nur mit Burnout nach bereits ab-geleistetem Prüfungsmarathon oder fehlender Moti-vation erklärbar.

Sowohl die erworbene Gesamtdurchschnittspunkt-zahl, als auch die nach Aufgaben getrennte Auswer-tung konnte keinen Effekt unterschiedlicher Lehrme-thoden oder den Einfluss der Lehrpersönlichkeitnachweisen. Lediglich das Abschneiden der Kontroll-gruppe, welche kein Tutorial besuchten, gab Hinweisauf die Effizienz der Tutorien. Jedoch ist davon auszu-gehen, dass die Studierenden der Kontrollgruppe ge-nerell eher unmotiviert waren, und so nicht wirklichmit dem Durchschnittsniveau in den Gruppen vergli-chen werden können.

3 Mit Genehmigung aus privatem E-Mail Verkehr. Erweitertes Excerpt imSupplement: Persönliches Studenten Feedback.pdf.

4 siehe Supplement: Stundenplan_BSCHEM_SS12.pdf

136 HSW 5/2012

Hochschulentwicklung/-politik HSWanders ausgeprägter Stärken dieGrundlagen zur Ausbildung einesadäquaten Vorstellungshorizontes.Des Weiteren läge es in der Verant-wortung des Lehrpersonals, diemitgebrachte Konditionierung zudurchbrechen. Dazu wäre eine kon-zertierte Anstrengung aller Fach-richtungen in der Chemie nötig.Das konsequente Einfordern vonAbstraktion und Eigendenkleistungist unabdinglich zur Ausbildungeiner stabilen, in sich schlüssigenDenkstruktur.Hierfür müsste ein allgemein an-wendbarer Standard in der Lei-stungsabfrage – ähnlich der hierverwendeten prozentualen Eintei-lung – in verschiedenen Leistungs-level gesetzt werden.Unbestritten ist, dass die überwälti-gende Faktenvielfalt in der Chemieeinen festen Satz an repetitivemWissen fordert. Auf dieser Basismuss jedoch der eigenverantwortli-che Wissensintegrations-Prozess inden Vordergrund treten. DieseUmstrukturierung, ausgehend vonder Schul-Mentalität, kann jedochnur stückchenweise und verschrän-kend innerhalb der verschiedenenLehrbereiche bewältigt werden.Ein Wandel hier ist unabdingbarum sicher zu stellen, dass am Endeeiner qualitativ hochwertigen uni-versitären Ausbildung fundiertesWissen mit kreativem Intellekt ver-bunden wurde.Neben dieser leicht einsehbarenForderung ist noch ein weitererfundamentaler Punkt zu Tage ge-treten. Eine offene Wunde im Uni-Alltag der Studierenden ist dasmangelhaft ausgebildete sozialeGruppenverhalten. Zur altbekann-ten Ellenbogen-Mentalität hat sicheine subtilere Form des unsozialenWettstreites gesellt. Als Mischungaus der von der Schule her mitge-brachten Durchschleuse-Menta-lität und dem zunehmenden Man-gel an sozialer Empathie entstehteine Einzelkämpferhaltung, in derandere als Hindernis betrachtetwerden. Auch hier ein drastischesZitat eines Studierendens aus deroffiziellen Evaluation zur Veranstal-tung: „Ich halte sie [die Tutorien]bloß für sinnvoll, wenn sie in denspäteren Semestern eingesetztwerden, da dann alle störenden/

Abbildung 8: erreichte Durchschnittspunktzahl je Aufgabe in Prozent - Wieder-holungsklausur -

Abbildung 7: Vergleich der im selben Semester erzielten Klausurergebnisse

Vergleich der Notenverteilung mit anderen, im selben Semester geschriebe-nen, Arbeiten in der zeitlichen Abfolge der Prüfungstermine:Analytik: Für dieses Fach übliche Notenverteilung, hohe Durchfallquote.Organik: (NMR-Spektroskopie) Ungewöhnlich hoher Anteil an sehr gutenNoten.Elektrochemie: Durchgehend flaches Profil, keine Gaußverteilung.Thermodynamik: Zur Note 4.0 verschobene Gaußkurve, die bimodale Vertei-lung weist auf eine kleine Gruppe ambitionierter Denker und einen großenRest hin.

Sieben von elf Aufgaben waren aus der Originalklausur PCII bekannt. ObwohlMusterlösungen vorhanden waren, wurden im Schnitt nur etwa 50% derPunkte erfolgreich bearbeitet. Bei Aufgabe A3.1 mit 100% richtiger Beant-wortung handelte es sich um eine Definitionsabfrage. Die neu installiertenFragen wurden entsprechend ihrem Anforderungslevel ähnlich der Erstklau-sur beantwortet.

137HSW 5/2012

uninteressierten Kommilitonen bereits aufgehört haben.Solche besuchen diese Tutorien nämlich nur, um einschlechtes Gewissen zu vermeiden.“ Und auf der ande-ren Seite des Spektrums: „Ich war in einer [Gruppe] inder einige Kommilitonen ständig rumgestöhnt haben so-bald eine Frage gestellt wurde, nur weil sie das Themaschon beherrschten,oder sich damit gut auseinanderset-zen konnten. Leider hat man sich dann nicht mehr ge-traut Fragen zu stellen um diesem „Gestöhne“ aus demWeg zu gehen“. Dieses egozentrierte Selbstverständnisging sogar so weit, dass einzelne Studierende an denDozenten und an den Praktikumsleiter herantraten, umsich über das Unvermögen vermeintlich schwächererStudierender offiziell zu beschweren und „Gleichrich-tung“ zu verlangen.Klares Fazit aus dieser Erfahrung sollte sein: Zumtatsächlichen Studienerfolg gehört auch Sozialkompe-tenz! In unserer Zeit der gesellschaftlichen Vereinzelungsollte eine Förderung der sozialen Zusammengehörigkeitobligatorisch in jeder Ausbildungsrichtung sein. Nur sokann ein umfassender Erfolg definiert werden. Undletzt endlich wird sich dieses dann auch in besserer aka-demischer Leistung auszahlen.

Weitere ausführliche Evaluationen zur Rückkopplungzwischen sozialen bzw. modulbedingten Studienbedin-gungen und Leistungsstandards sowie die Entwicklungeines Modells zu verbindlichen Qualitätsstandards in derBegleitung des Wissenserwerbs und in der Wissensab-frage wären nötig, um einem Absinken des akademi-schen Niveaus innerhalb der gegebenen Rahmenbedin-gungen entgegenzuwirken.

n Dr. Hubert Motschmann, Professor für Phy-sikalische und Theoretische Chemie, Univer-sität Regensburg, E-Mail: [email protected] Petra Eichenseher, Tutoriumsleitung Ther-modynamik im WS2011/12, E-Mail: [email protected] Dr. Maria Anna Bäuml-Roßnagl, emeritierteProfessorin für Interdisziplinäre Didaktik, LMUMünchen, E-Mail: [email protected]

Sandra Mittag, Rüdiger Mutz & Hans-Dieter Daniel:

Institutionelle Qualitätssicherung der Lehre auf dem Prüfstand:

Eine Fallstudie an der ETH Zürich

Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde das Qualitäts-sicherungssystem der ETH Zürich im Bereich Lehre einerumfassenden Meta-Evaluation unterzogen.

Das Qualitätssicherungssystem stützt sich auf die vier In-strumente Lehrveranstaltungsbeurteilung, Absolventen-befragung, Selbstevaluation und Peer Review.

Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass die ETHZürich über etablierte Qualitätssicherungsinstrumenteverfügt, die weitestgehend akzeptiert sind.

Allerdings bestehen bei allen vier Instrumenten Optimie-rungspotentiale.

ISBN 3-937026-74-6, Bielefeld 2012, 115 S., 19.50 EuroR

eihe

: Qua

lität

- E

valu

atio

n -

Akk

redi

tier

ung

Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

P. Eichenseher, H. Motschmann & M.-A. Bäuml-Roßnagl n Kann der Studienerfolg durch ...HSW

138 HSW 5/2012

Nachhaltigkeit und Geschlechtergerechtigkeit sindwich tige Orientierungen für die Gestaltung von Hoch-schulen. Dies trifft besonders für die Leuphana Univer-sität Lüneburg zu, deren Leitbild eine humanistische,handlungsorientierte und nachhaltige Universität ist.Doch wie kann es gelingen, neue Studierende in diesemrelevanten Entwicklungsbereich ihrer Universität zuMitgestalterinnen und Mitgestaltern zu machen? Wiekann dabei hochschuldidaktisch der Kompetenzerwerbgefördert und angeregt werden? Der folgende Textstellt ein Seminarkonzept im Format Forschenden Ler-nens zur Diskussion, welches Feldforschung innerhalbder eigenen Universität zum Ausgangspunkt für die Re-flexion und die Gestaltung von Hochschulentwicklun-gen nimmt.

1. Themenfelder der Hochschulentwicklungals Lern- und Mitgestaltungsraum

Universitäten haben sich seit ihrer Erfindung als univer-sitas in vielfacher Weise verändert, wie die aktuelle vonBologna geprägte Reformdiskussion zeigt, aber auch all-gemein in der Hochschulentwicklung und Profilbildungdeutlich wird. Wilhelm vom Humboldt aktualisierte diemittelalterliche universitas als die Gemeinschaft der Leh-renden und Lernenden bei der gleichberechtigten Er-kenntnissuche. Wahrheit wurde dabei verstanden als„etwas noch nicht ganz Gefundenes und nie ganz Aufzu-findendes“ (Humboldt 1810/1964, S. 257). Die hum-boldtsche Universität mit der Einheit von Forschung undLehre unterschied sich somit von den ausschließlich for-schungsorientierten Akademien (Kopetz 2002). Das Stu-dium zielte auf eine Bildung durch Forschung und ge-staltete sich als Selbststudium mit nur wenigen Regle-ments (Webler 2004, S. 17 & 2005, S. 27).

Die Leuphana Universität Lüneburg hat in den vergange-nen Jahren eine tiefgreifende Reform des Universitäts-und Studienmodells auf den Weg gebracht. Ziel ist es,eine Universität zur Entwicklung der Zivilgesellschaft des21. Jahrhunderts zu werden (Spoun 2007). Grund pfeilerdes neuen Universitätsmodells ist die Aufteilung in Col-lege (Bachelor-Studiengänge), Graduate School (Master-und Promotions-Studiengänge) sowie ProfessionalSchool (Weiterbildungs-Studiengänge) sowie For-schungsservice. Eine Besonderheit des Studienmodellsist, dass alle Studierenden im ersten Semester unabhän-gig von ihrer fachlichen Studienrichtung gemeinsameVeranstaltungen durchlaufen (Leuphana-Semester).Diese beziehen sich auf die Leitideen, der sich die Uni-versität verpflichtet hat: Humanismus, Nachhaltigkeitund Handlungsorientierung. Dabei wird im Rahmen desModuls „Wissenschaft trägt Verantwortung“ in Projekt-seminaren nach dem Ansatz des Forschenden Lernens(siehe Kapitel 2) zu Fragen der Gerechtigkeit und Zu-kunftsfähigkeit gelernt und gelehrt. Die Idee des hier vorgestellten Seminarkonzeptes wares, die Neuausrichtung der Universität als potenziellenLernkontext aufzufassen und Studierende des ersten Se-mesters zu einer forschenden Auseinandersetzung mitKernanliegen der Hochschulentwicklung anzuregen. Aufdiese Weise sollte es gelingen, Studierenden einen Rol-lenwechsel zu ermöglichen und sie als Teil der univer-sitären Gemeinschaft und als Mitgestaltende statt alsRezipienten und Rezipientinnen von Hochschulentwick-lung anzusprechen. Als inhaltlicher Zugang wurde die Frage der Geschlech-tergerechtigkeit gewählt. Anlass war die im Jahr 2010vom Senat der Universität beschlossene Richtlinie zurVerwirklichung des Gleichstellungsauftrags. Dort wird inPunkt 5 festgestellt, dass „zur Realisierung der Gleich-

Julia Weitzel & Daniel Fischer

Hochschulentwicklung als Lernkontext: Studierende zu Mitgestaltenden machen durch Forschendes Lernen

Again and again, it is worth reflecting on the scientific nature of degree courses. It is not enough that the con-tents of teaching have been scientifically derived and that students learn techniques of scientific work. Theymust learn about cognitive processes - learn how scientific findings emerge (and how they are prone to mistakeand error) - and they must have tested them themselves. The ideal method for this is research-based learning. Ifthis research is also thematically matched to their university in the early semesters, it furthermore helps to gaina better understanding of the institution at which the almost most important time in life is spent. Based on theircourse concept, Julia Weitzel & Daniel Fischer illustrate in the article Higher Education Development as a Lear-ning Context: Turn Students Into Co-Creators through Research-Based Learning how processes of research-based learning can be built.

Daniel FischerJulia Weitzel

HSWAnregungen fü r d i e P rax i s /E r f ah rungsbe r i ch te

139HSW 5/2012

J. Weitzel & D. Fischer n Hochschulentwicklung als Lernkontext: ...HSWstellung von Frauen und Männern […] aufdie Pflege einer geschlechtergerechten Spra-che geachtet“ (Leuphana Universität Lüne-burg 2010, S. 3) wird. Die Herstellung vonGerechtigkeit zwischen den heute Lebendenund zwischen heutigen und zukünftigen Ge-nerationen ist ein zentrales Anliegen nach-haltiger Entwicklung (UN 2002). Handlungs-bedarfe bestehen dabei insbesondere bei derHerstellung einer geschlechtergerechten Ge-sellschaft, die allen Menschen Möglichkeitenzur Entfaltung ihrer Fähigkeiten bietet. DasSeminarangebot ging vor diesem Hinter-grund der Frage nach, wie eine verantwor-tungsvolle Gestaltung der Geschlechterver-hältnisse aussehen und wie die InstitutionHochschule dazu beitragen könnte. Exem-plarisch wurde dies untersucht am Beispielder geschlechtergerechten Sprache in derhochschulischen Lehr-Lern-Interak tion, dieeine präformierende Wirkung auf die Wahrnehmung hatund auf diese Weise die Sichtbarkeit von Frauen fördertbzw. mindert.1

2. Ansatz: Konzeption eines Lehrforschungsprojektes

Das hochschuldidaktische Format des Forschenden Ler-nens reicht in seinen Wurzeln weit zurück (Huber 1970).Prominent entfaltet und diskutiert wurde es im Zusam-menhang mit Bestrebungen der Hochschulreform in den1970er Jahren von der Bundesassistentenkonferenz(BAK 1970). In einem verbreiteten Verständnis zeichnetsich Forschendes Lernen dadurch aus,

„dass die Lernenden den Prozess eines Forschungs-vorhabens, das auf die Gewinnung von auch für Drit-te interessanten Erkenntnissen gerichtet ist, in seinenwesentlichen Phasen – von der Entwicklung der Fra-gen und Hypothesen über die Wahl und Ausführungder Methoden bis zur Prüfung und Darstellung der Er-gebnisse in selbstständiger Arbeit oder in aktiver Mit-arbeit in einem übergreifenden Projekt – (mit)gestal-ten, erfahren und reflektieren. (Huber 2009, S. 11)2

Die Seminaridee wurde als Projektseminar mit dem Titel„Look who’s talking how – Ein Lehrforschungsprojekt zuSprache und Gerechtigkeit”3 in dem zuvor genanntenModul „Wissenschaft trägt Verantwortung” (WtV) imLeuphana Semester realisiert. Das Modul WtV zielt dar-auf ab, Studierende in einer fachübergreifenden Per-spektive zur intensiven Auseinandersetzung „mit derVerantwortung von Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftlern in der Gesellschaft“ anzuregen.4In der Organisation des Projektseminars wurden kürzereSeminarsitzungen und längere Blockveranstaltungenkom biniert. Es nahmen insgesamt 24 Studierende teil,davon zwanzig Frauen und vier Männer. Im Folgendenwird das Seminarkonzept in Anlehnung an das auf kon-struktivistischer Lerntheorie fußende Constructive Align-ment (Biggs 1996), ein in der Hochschuldidaktik ver-wendetes Konzept zur Planung kohärenter Lehrveran-

staltungen, anhand seiner Zielsetzungen, seiner Lehr-und Lernarrangements sowie der Prüfungsform und -vorbereitung im Detail dargestellt (s. Abb. 1).

2.1 Ziele des ProjektseminarsDem mit der Losung „The Shift from Teaching to Lear-ning“ (hierzu Behrend 1998, Wildt 2004) überschriebe-nem Perspektivenwechsel in der Hochschuldidaktik fol-gend haben wir ein teilnehmendenzentriertes Lern- undLehrarrangement gestaltet. Als hauptsächlich anvisierteLearning-Outcomes wurden der Erwerb von sozialwis-senschaftlicher Methodenkompetenz sowie von Gen-der-Diversity-Kompetenz formuliert. Wobei nach Metz-Göckel und Roloff unter Genderkompetenz „das Wissen,in Verhalten und Einstellungen von Frauen und Män-nern“ verstanden werden kann „soziale Festlegungen im(...) Alltag zu erkennen und die Fähigkeit, so damit um-zugehen, dass beiden Geschlechtern neue und vielfältigeEntwicklungsmöglichkeiten eröffnet werden“ (Metz-Göckel/Roloff 2002, S. 2). Das Lehr- und Lernarrange-ment des Projektseminars und die damit korrespondie-rende Prüfungsform zielten im Sinne des Constructive

1 Die Studie von Sczesny und Stahlberg kommt zu dem Schluss, dass Beid-nennungen („Studentinnen und Studenten“) und neutrale Formen („Stu-dierende“) die Wahrnehmung der Frauen erhöht und umgekehrt der aus-schließliche Einsatz des generischen Maskulinums („Studenten“) diese ver-ringert (Sczesny/Stahlberg 2001).

2 Lehrforschungsprojekte können durch folgende didaktische Merkmale ge-kennzeichnet werden „Erfahrungslernen/Theorie-Praxis-Verschränkung,Sequenzierung des Praxisbezugs, Problemorientierung, entdeckendemLernen (....), Gruppen- und Studentenzentrierung der Lernprozesse, Parti-zipation der Studenten/Offenheit der Veranstaltungsplanung und -durch-führung“ (Webler 1979, S. 529). Weitere Kennzeichen sind das systemati-sche Beantworten einer Forschungsfrage, die soziale Kontextuierung desVorgehens (Teilfragen werden im Gesamtzusammenhang der Forschungs-gemeinschaft reflektiert), die kritisch konstruktive Reflektion der gesell-schaftlichen Verantwortung des Forschungsprozesses sowie die Betrach-tung kognitiver, emotionaler und sozialer Facetten des Lernens (vgl. Reiber2007, S. 10).

3 Der Titel des Projektseminars ist eine Anspielung auf einen bekanntenTitel des schwedischen Popmusikers Dr. Alban (Original-Titel: „Look who’stalking now“). Die Veranstaltung wurde mit dem Preis für innovative Lehre2012 der Leuphana Universität ausgezeichnet.

4 Siehe hierzu die Selbstbeschreibung des Moduls unter http://www.leuphana.de/college/bachelor/leuphana-semester/modul-verantwortung.html

Abbildung 1: Darstellung des Seminarkonzepts in Anlehnung an dasConstructive Alignment (nach Wildt/Wildt 2006)

140 HSW 5/2012

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte HSWAlignment darauf ab, Studierenden Möglichkeiten zumErwerb der entsprechenden Kompetenzen zu eröffnen.

2.2 Lehr- und LernarrangementsMit der Ausrichtung des Projektseminars auf den Er-werb von Kompetenzen rücken Fragen der Wissenskon-struktion und aktivierende Formen des Lernens in denFokus (dazu im Folgenden Fischer 2011). Dabei wirdLernen nicht als ein passiver Erwerb von präsentiertemWissen verstanden, sondern als eine aktive Konstruk -tion des oder der Lernenden, die sich vom präsentier-ten Wissen zwangsläufig unterscheiden muss, da siesich in bereits existierende Wissensbestände einordnetund mit diesen interagiert (Rieß 2006). Kompetenz -orientierte Bildungsangebote erfordern daher ein Ab-rücken von auf Wissensvermittlung setzenden transmis-siven Lernkonzepten, an deren Stelle transformativeLernkonzepte rücken, die Wissenskonstruktion als eineaktive Eigenleistung der bzw. der Lernenden betonen(Sterling 2006). Aus den Erkenntnissen der Forschung zur Gestaltungkonstruktivistischer Lernumgebungen lassen sich eineReihe von Prinzipien und Merkmalen ableiten, die beider Planung kompetenzförderlicher didaktisch-metho-discher Arrangements berücksichtigt werden sollten (Fi-scher 2011). Prinzipielle Anforderungen sind: die Flexi-bilität des Wissens sollte gefördert werden – z.B. indemdas Wissen in verschiedenen Kontexten angebotenwird, die den Transfer auf andere Problemstellungenanregen (multiple Kontexte), oder indem Probleme ausverschiedenen Perspektiven betrachtet werden (multi-ple Perspektiven). Lernumgebungen sollten ferner reali-stische Probleme in authentischen Situationen abbilden(Authentizität und Situiertheit) und eine Bearbeitung inGruppen ermöglichen (Sozialer Kontext) (Gerstenmai-er/Mandl 1995, Reinmann-Rothmeier/ Mandl 2006). Der konstruktivistisch orientierten Lehr-Lern-Forschungzufolge sollten Lernumgebungen die Betrachtung einesProblems aus verschiedenen Standpunkten ermöglichenund Inhalte perspektivisch variieren, um die Flexibilitätin der Problembearbeitung zu fördern. Weitere bedeut-same Aspekte sind darüber hinaus die Fokussierung aufden Lernprozess selbst, eine positive Fehlerkultur unddie Berücksichtigung motivationaler, affektiver und voli-tionaler Anteile für das Gelingen von Lernprozessen(Dubs 1995).Für das auf den Erwerb von Kompetenzen ausgerichteteProjektseminar wurde vor dem Hintergrund der skizzier-ten Anforderungen der Ansatz des Forschenden Lernensals besonders geeignet erachtet. Diesem folgend orien-tierte sich der Ablauf des Lehrforschungsprojekts „Lookwho’s talking how“ an drei groben Phasen: • der Vorbereitungsphase, die vorbereitende Leseaufträ-

ge, Gruppenbildungsprozesse, Sensibilisierungsforma-te sowie die Erarbeitung eines Forschungsdesigns um-fasste (Formate: Selbstlernaufträge, wöchentliche Re-gelsitzung sowie Blockveranstaltung)

• der Feldphase, der eine vorbereitende Übungsphasemit anschließendem Reflektionsworkshop vorausgingund in deren Mitte ein weiteres Zwischentreffen zurVorbereitung der Auswertung stattfand, sowie

• der Auswertungs- und Transferphase, die einen zwei-ten Blocktermin zur gemeinsamen Datenauswertungsowie zwei weitere Arbeitstreffen zur Vorbereitungder Ergebnispräsentation auf der Abschlusskonferenzdes ersten Semesters sowie zur Seminarreflektion be-inhaltete.

Der Anspruch, ein Lehrforschungsprojekt vollständigvon der Entwicklung der Fragestellung bis zur Präsenta-tion und Verbreitung der Ergebnisse innerhalb von 15Wochen mit Studierenden verschiedener Fachrichtun-gen im ersten Semester durchzuführen, birgt die Heraus-forderung, das Spannungsverhältnis von Vorstrukturie-rung und inhaltlich-prozessualer Offenheit sorgfältigauszutarieren. Im Folgenden wird dargestellt, wie sichdie zuvor genannten Prinzipien kompetenzförderlicherLernumgebungen im Sinne des Forschenden Lernens inder Gestaltung der Lehr-Lern-Arrangements in den dreiPhasen konkretisierten. In einem übergreifenden Sinneregte das Lehrforschungsprojekt damit zu einer Ausein-andersetzung mit Wissenschaft selbst an, indem es Neu-gier und Fragen in den Vordergrund rückt und zur me-thodisch strukturierten Erkenntnisgewinnung anleitet.

2.2.1 VorbereitungsphaseDas gewählte Format des Projektseminars ermöglichtedurch die Fokussierung des Themenspektrums auf hoch-schulische Lehr-Lernsettings von Beginn an einen deutli-chen Praxisbezug zu den ersten Studienerfahrungen derStudierenden. In der ersten Blockveranstaltung ent-wickelte die Seminargruppe die Forschungsfrage, die dasLehrforschungsprojekt im Folgenden leitete. Gegen-stand der Untersuchung war es herauszufinden, wiehäufig und auf welche Weise Dozierende (und Studie-rende) verschiedene männliche/weibliche Sprachformenverwenden, um daraus Hinweise zu gewinnen, wieHochschulen durch bewusste(re) Sprachpraktiken dazubeitragen können, Genderkompetenz bei ihren Studie-renden zu fördern. Die entwickelte Fragestellung richtete sich auf ein bisdato kaum empirisch beforschtes Gebiet. Das Lehrfor-schungsprojekt zielte damit auf die Gewinnung von Er-kenntnissen mit einem echten Neuigkeitswert ab (auch„für Dritte“, wie es zuvor in Hubers Definition zum For-schenden Lernen formuliert wurde) und stellte dadurcheine in hohem Maße authentische Forschungssituationdar. Diese wurde für die Situation an der Leuphana Uni-versität Lüneburg noch durch das Bekenntnis der Uni-versität zur Förderung einer geschlechtergerechten Spra-che durch eine Empfehlung des Senates verschärft (Leu-phana Universität Lüneburg 2010). Es liegen bislangkeine Aufschlüsse darüber vor, inwiefern die im Senats-beschluss ausgedrückten Bestrebungen Niederschlag imhochschulischen Lehralltag gefunden haben, wodurchdas Lehrforschungsprojekt eine hohe Erkenntnisrelevanzauch für die Situation an der Leuphana Universität hat.Insgesamt unterscheidet sich der forschende Lernansatzsomit von einem „trockenen Vorratslernen vieler Me-thodenkurse“ (Webler 2005, S. 25).In der Vorbereitungsphase wurden gezielt Lernkontextevariiert, um den Studierenden verschiedene Zugänge

141HSW 5/2012

J. Weitzel & D. Fischer n Hochschulentwicklung als Lernkontext: ...HSW2.2.2 FeldphaseDas in der Vorbereitungsphase erarbeitete und in derFeldphase umgesetzte Forschungsdesign sah vor, dasssich die Seminargruppe zur Beantwortung der For-schungsfrage in zwei methodische Stränge (quantitativund qualitativ forschend) unterteilte. Aus jeder dieserzwei Methoden-Gruppen bildeten sich dann wiederumeinzelne Untergruppen, die mit ihrem jeweiligen metho-dischen Zugang die Lehr-Lern-Kommunikation in einzel-nen Fachkulturen untersuchte. Die Auswahl der Fach-kulturen orientierte sich zum einen an den Studienange-boten der Leuphana Universität und zum anderen an derFachsystematik der DFG.5 Didaktisches Anliegen dabeiwar es, dass die unmittelbare Feldforschung in Zweier-Teams (= Tandems) geleistet wird, damit hier ein engerAustausch über Beobachtungen und Erfahrungen er-möglicht wird und eine interne Validierung der Beob-achtungen innerhalb der einzelnen Feldforschungsein-heit erfolgen kann (im quantitativen Bereich „Inter-Coder-Reliabilität“). Das Design des Lehrforschungspro-jektes sah somit vor, dass jede Fachkultur von jeweilszwei quantitativ und zwei qualitativ forschenden Tan-dems untersucht wird (Abb. 2).

2.2.3 Auswertungs- und TransferphaseMit dem dargestellten Lehr-Lernarrangement haben wirdie Entscheidung getroffen, die Vorbereitungsphase sozu gestalten, dass der inhaltliche Einstieg für die Studie-renden möglichst breite Anknüpfungsmöglichkeiten bot(Literatur, biographische Reflektion) und die Gruppeeine konstruktive Arbeitsatmosphäre entwickeln konn-te, die durch das Lehrforschungsprojekt zu tragen ver-mochte. Dies hatte zur Konsequenz, dass wir im Hin-blick auf das Design des Lehrforschungsprojektes (ent-gegen dem idealtypischen Ablauf des Forschenden Ler-nens) unsererseits bereits vorstrukturierte Vorschlägeunterbreiteten (v.a. bezüglich der Fassung der Fragestel-lung, der Wahl des methodischen Vorgehens und derUntersuchungseinheiten). In der Gestaltung des Semi-narverlaufs weiteten und steigerten sich die Freiheitsgra-de der Studierenden im Hinblick auf die Forschungsar-beiten zunehmend: Sie suchten selbständig Veranstal-tungen, organisierten die Feldphase, diskutieren ihre er-sten Felddaten kritisch miteinander und verständigtensich auf Anpassungen. In der Auswertungsphase reflek-tierten die Studierenden im Rahmen eines World-Cafés

und Anschlüsse zur Thematik zu eröffnen. Inhaltlich er-folgte der Einstieg in die Thematik des Projektseminarsdurch eine ‚dosierte Überforderung’. Die Studierendenerhielten vor der ersten Arbeitssitzung einen Leseauf-trag. Lektüre waren zwei anspruchsvolle Artikel aus wis-senschaftlichen Fachzeitschriften (Rothmund/Scheele2004, Stahlberg/Sczesny 2001), die den Forschungs-stand zum Einfluss verschiedener geschlechtlicherSprachformen auf die mentale Repräsentanz von Män-nern und Frauen beschrieben. Die gelesenen Artikelwurden während der ers ten Sitzung anhand von Leitfra-gen in Gruppen diskutiert, wobei ausdrücklich auchNichtverstandenes thematisiert und partiell aufgelöstwurde. Ziel war es, neben dem fachlichen Einstieg be-reits im ersten Studienauftrag einen Erstkontakt mit wis-senschaftlichem Arbeiten zu ermöglichen. Diesem ab-strakt-kognitivem Impuls wurde direkt anschließend alsKontrapunkt eine biographische Sensibilisierung ge-genübergestellt, die eigene Kontakte und Erfahrungenmit geschlechtsspezifischen Rollenzuschreibungen undgeschlechterüberformten Rollenverhalten („Doing Gen-der“) bewusst machte, abglich und sortierte. Diese ar-beitete zur Aktivierung und Reflexion mit Techniken sze-nischen Forschens v.a. mit Standbildern(Weitzel 2012) im Sinne von „Theater in derLehre“ (Wildt/ Hentschel/Wildt 2008). Diebewusste Kombination von standardisiert-sy-stematisierenden und subjektiv-explorieren-den Lehr-Lern-Formaten in der Vorberei-tungsphase zielte darauf ab, verschiedenen„Typen“ von Lernenden (kognitiv, leiblich,emotional, auch Schöcke 2007) Anschlüssefür Lernmöglichkeiten zu eröffnen. Voraussetzung für das Gelingen der an-spruchsvollen Arbeit im Rahmen eines Lehr-forschungsprojektes im ersten Semester istein konstruktives Arbeitsklima. Wir haben unsere Wün-sche und Erwartungen als Lehrende an ein solches Ar-beitsbündnis (‚Lernkultur’) bereits in der Auftaktsitzungexplizit gemacht, mit den Studierenden diskutiert unddadurch eine Verständigung über ein gemeinsam geteil-tes Arbeitsbündnis zwischen allen Beteiligten herge-stellt. Wesentlich war für uns von einer Lerngemein-schaft auszugehen und dafür zu sensibilisieren, dass wiralle lernen – wir als Lehrende beispielsweise durch dasdidaktische Experiment eines Lehrforschungsprojektesim ersten Semester – und dadurch nur graduell und nichtprinzipiell verschieden sind (siehe Kapitel 1 zur hum-boldtschen Idee einer Universität als Lerngemeinschaft).Konsequenz dieses Ansatzes war es auch, die Studieren-den im ersten Semester als eigenverantwortliche For-schungspartnerinnen und -partner anzusprechen. Durchaktivierende Methoden wie Standogrammverfahrennach verschiedene Differenzierungskategorien (Regiona-le Herkunft, Alter, Fachdisziplinen, andere Mutterspra-che als Deutsch) wurden in der Vorbereitungsphase so-ziale Prozesse innerhalb der Seminargruppe initiiert, be-fördert und einzelne Arbeitsgruppen gebildet, die einerDiversity-Orientierung entsprachen.

5 Siehe hierzu http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/gremien/fachkollegien/dfg_fachsystematik_08¬_11.pdf.

Abbildung 2: Strukturebenen des Lehrforschungsdesigns

142 HSW 5/2012

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte HSWauf der Grundlage ihrer Forschungserfahrungen rück-blickend, welche alternativen Fragestellungen im Rah-men des Lehrforschungsprojektes hätten verfolgt undwelche alternativen Forschungswege hätten gegangenwerden können. Schließlich implizieren alle genannten Anforderungenzur Kompetenzförderung die gezielte Anregung und För-derung von Reflektionsprozessen. Wir haben im Laufedes Seminars wiederkehrend versucht, auf einer Meta-Ebene entsprechende Reflektionsprozesse anzustoßen.So schlossen wir die erste Blockveranstaltung nicht miteinem allgemeinen Blitzlicht, sondern mit Fragen da-nach, welche Herausforderungen die Teilnehmenden beiihrem Lehrforschungsprojekt sehen und worauf sie sichfreuen, notierten uns die Nennungen und griffen ausge-wählte Aspekte im ersten Zwischentreffen wieder auf.Auf diese Weise waren die Studierenden dazu aufgefor-dert, ihre eigenen Befürchtungen vor Beginn der Feld-forschung zu ihren Erfahrungen in der Feldforschung inBezug zu setzen. Ein weiteres Beispiel ist ein assoziativesBild-Evaluationsverfahren, das wir in unserer Abschluss-sitzung komplementär zur Diskussion der Ergebnisse ausder stärker kognitiv orientierten Lehrevaluation einsetz-ten. Die Teilnehmenden wurden darum gebeten, sichaus einer Auswahl von Bildmotiven eines auszusuchen,das für sie am besten ausdrückt, was sie in Bezug auf dasOberthema „Sprache und Gerechtigkeit“ gelernt haben.Die Bilder und die dazugehörigen (anonymen) Kom-mentare wurden auf einer Metaplan-Wand aufgehängtund konnten unkommentiert von allen Teilnehmendenbegutachtet werden. Reflektionsfördernd wirkte auchdie Architektur des Lehrforschungsprojektes, durch diedie Studierenden sowohl mit verschiedenen methodi-schen Zugängen als auch verschiedenen Fachkulturenkonfrontiert waren, so dass der Austausch innerhalb derGesamtseminargruppe immer einen kontrastierendenCharakter hatte und eine Reflektion der eigenen Erfah-rungen ermöglichte.

2.3 Prüfungsform und PrüfungsvorbereitungDas Modul Wissenschaft trägt Verantwortung, in demdas Lehrforschungsprojekt eingebettet war, endet miteiner großen Abschlusskonferenz des ersten Semesters6,auf der die Studierenden die Ergebnisse ihrer Projekteim Rahmen verschiedener klassischer (z.B. Kurzvorträgein Sessions, Poster-Ausstellung) und experimenteller(z.B. Gallery Walk) Formate vorstellen. Als Prüfungsleis -tung ist neben der Präsentation der Ergebnisse auf derAbschlusskonferenz die Anfertigung eines schriftlichenProjektberichtes vorgesehen. Diese Kombination er-möglichte es, experimentelle und traditionelle Formatemiteinander zu verbinden. Der Projektbericht der Studierenden war so gegliedert,dass er mit den Gliederungspunkten Projektskizze, Er-gebnispräsentation und Reflexion im Wesentlichen denForschungsprozess im Sinne forschenden Lernens abbil-det. Für die Präsentation auf der Abschlusskonferenzwurde im Rahmen des Lehrforschungsprojektes ein ex-perimentelles Format entwickelt. Dieses beinhalteteeine hochschulöffentliche Intervention, um auf die The-matik der geschlechtergerechten Sprache und die Ergeb-

nisse des Lehrforschungsprojektes öffentlichkeitswirk-sam aufmerksam zu machen. Die Studierenden gestalte-ten die Intervention frei, vorgegeben war lediglich, dasseine Schriftfassung der Ergebnisse als „Handreichung“an die Konferenzgäste verteilt werden sollte. Die Studie-renden entwickelten einen Flashmob, bei dem Frauen inBerufskleidung (a. weißer Kittel und Mundschutz, b. Ta-sche mit Posthorn, c. Helm und Arbeitshose) im Hörsaal-gang, auf den Außenflächen des Campus und in derMensa Kommilitonen und Kommilitoninnen, Mitarbei-terende und Konferenzgäste ansprachen, damit dieseden dargestellten Beruf errieten. Wenn mit „Ärztin“,„Postbotin“ und „Bauarbeiterin“ geantwortet wurden,applaudierte die Seminargruppe, wenn die Berufe hin-gegen im generischen Maskulinum genannt wurden,verteilten die Studierenden als schriftliche Handreichungeinen selbst gestalteten Flyer, dessen Textseiten zuvor inKleingruppen erarbeitet worden waren.

3. Ergebnisse: Entwicklungsimpuls und Lehrinnovation

Ergebnisse des Projektseminars lassen sich in Bezug aufdrei Ebenen betrachten: erstens in Bezug auf die fach-lich-inhaltlichen Ergebnisse des Lehrforschungsprojekteszur geschlechtergerechten Sprache in Vorlesungen ander Leuphana Universität Lüneburg, zweitens in Bezugauf den wahrgenommenen forschungsmethodischenAnregungsgehalt des Lehr-Lern-Arrangements seitensder Studierenden und drittens in Bezug auf die Bewer-tung eigener Kompetenzzuwächse im Bereich der Gen-der-Diversity-Kompetenz durch die Studierenden (eva-luatorisch-lernreflexiv). Die fachlich-inhaltlichen Ergebnisse des Lehrforschungs-projektes können dem Flyer der Studierenden entnom-men werden.7 Hinweis zum Anregungsgehalt des Lehr-Lern-Arrangements in Bezug auf das Forschende Lernensowie zum selbst wahrgenommenen Zuwachs an Gen-der-Diversity-Kompetenz liefern die Angaben der Stu-dierenden im Rahmen der Lehrevaluation. Die in Abbil-dung 3 dargestellten Mittelwerte deuten darauf hin,dass das gewählte Lehr-Lern-Arrangement Ansprüchedes forschenden Lernens berücksichtigte und in derSelbsteinschätzung der Studierenden ein Zuwachs anGender-Diversity-Kompetenz stattgefunden hat. Inter-essant ist hierbei, und diesem Aspekt möchten wir wei-ter nachgehen, dass nicht nur die Selbsteinschätzung derStudierenden auf einen Kompetenzzuwachs und eineSensibilisierung hindeuten, sondern sich diese auch inder sprachlichen Praxis abbilden. Ohne dass wir explizitauf die Verwendung geschlechtergerechter Sprache hin-gewiesen haben bzw. diese normativ eingefordert hät-ten, weisen die qualitativen Übungs- und Feldberichteeine hohe Dichte an geschlechtergerechten Formulie-rungen auf (das generische Maskulinum bildet hier sogardie Ausnahme, wie z.B. bei „Gasthörer“).

6 siehe http://www.leuphana.de/konferenzwoche-2012. html.7 siehe http://www.leuphana.de/gender-diversity-portal/studium-lehre/look

-whos-talking-how.html.

143HSW 5/2012

J. Weitzel & D. Fischer n Hochschulentwicklung als Lernkontext: ...HSW

4. Resümee: universitas beim Wort genommen

Das skizzierte Lehrforschungsprojekt und seine Ergeb-nisse eröffnen Möglichkeiten, um Studierende aktiv undin verschiedenen Rollen (Studierende, Forschende, Ak-teure) an Prozessen der Hochschulentwicklung zu betei-ligen. So fließen die Lehrforschungsergebnisse beispiels-weise als ein Diskussionsimpuls in das Angebot des Gen-der-Diversity-Portals der Universität ein. Hochschule istdann für Lehrende und Lernende ein Ort der gemeinsa-men Erkenntnissuche im Sinne der universitas und derGestaltung der Institution selbst. Entscheidend dabeisind nicht nur die Produkte, also die Lernergebnisse (wieder Flyer oder der Beitrag zum Portal), sondern auch dieErfahrung potentieller und konkreter Teilhabe imLern/Lehr-Forschungs-Prozess. Diese Erfahrung kann dieHaltung aller Beteiligten zum Studium verändern und zueiner transformierten Sichtweise auf die eigene Rolle inder universitas anregen. Durch die forschende Auseinan-dersetzung mit der eigenen Hochschule wird diese alsein Raum sichtbar, in dem Gestaltungskompetenz undInitiative ein- und ausgeübt werden können. Die oftmalsaus der Schulzeit verinnerlichte Rolle des/der Rezipie-renden kann sich dadurch sukzessive in die Rolle des/derMitgestaltenden wandeln.

DanksagungDie Autorin und der Autor danken Prof. Wolff-DieterWebler für die hilfreichen Anmerkungen bei der Überar-beitung des Artikels.

Literaturverzeichnis

Athenstaedt, U. (2000): Normative Geschlechtsrollenorientierung: Entwick-lung und Validierung eines Fragebogens. In: Zeitschrift für Differentielleund Diagnostische Psychologie, 21. Jg./H. 1, S. 91-104.

Biggs, J. (1996): Enhancing teaching through constructive alignment. In:Higher Education, 32. Jg./H. 3, S. 347-364.

Behrend, B. (1998): How to Support and Practise the Shift from Teaching toLearning through Academic Staff Development Programmes – Examplesand Perspectives. In: UNESCO-CEPES (ed.): Higher Education in Europe.Vol. XXIII. Bucharest

Bundesassistentenkonferenz (BAK) (1968): Kreuznacher Hochschulkonzept:Reformziele der Bundesassistentenkonferenz: Beschlüsse der zweitenVollversammlung in Bonn, 10. und 11.10.1968. Bonn.

Bundesassistentenkonferenz (BAK) (1970): Forschendes Lernen – Wissen-schaftliches Prüfen. Ergebnisse der Arbeit des Ausschusses für Hoch-schuldidaktik (Neuauflage 2009). Bielefeld.

Dubs, R. (1995): Konstruktivismus: Einige Überlegungen aus der Sicht derUnterrichtsgestaltung. In: Zeitschrift für Pädagogik, 41. Jg./H. 6, S. 889–903.

Fischer, D. (2011): Ganzheitliche Schulansätze zur Bildung für nachhaltigenKonsum: Holistyczne programy edukacyjne o tematyce zwównowa zonakonsumpcja. In: Wachowiak, M./Kielczewski, D./Diefenbacher, H. (Hg.):Nachhaltiger Konsum? Die Entwicklung des Verbraucherverhaltens inPolen und Deutschland. Zrównowazona konsumpcja? Rozwój zachowankonsumentów w Polsce i Niemczech. Heidelberg.

Gerstenmaier, J./Mandl, H. (1995): Wissenserwerb unter konstruktivisti-scher Perspektive. In: Zeitschrift für Pädagogik, 10. Jg./H. 6, S. 867-888.

Huber, L. (1970): Forschendes Lernen als hochschuldidaktisches Prinzip. In:Neue Sammlung 10. Jg., S. 227-244.

Huber, L. (2009): Warum Forschendes Lernen nötig und möglich ist. In:Huber, L. (Hg.): Forschendes Lernen im Studium. Aktuelle Konzepte undErfahrungen. Bielefeld.

Humboldt, W. v. (1964, zuerst 1810): Über die innere und äußere Organisa-tion der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin. In: Flitner,A./Giel, K. (Hg.): Schriften zur Politik und zum Bildungswesen, Bd. 4.Darmstadt.

Kopetz, H. (2002): Forschung und Lehre: Die Idee der Universität bei Hum-boldt, Jaspers, Schelsky und Mittelstraß. Wien.

Leuphana Universität Lüneburg (2010): Richtlinie des Senats zur Verwirkli-chung des Gleichstellungsauftrages nach § 3 Abs. 3 NHG an der Leup-hana Universität Lüneburg. In: Leuphana Gazette, 2010, H. 20, S. 2-3.

Metz-Göckel, S./Roloff, C. (2002): Genderkompetenz als Schlüsselqualifika-tion. In: Metz-Göckel, S./Schelhowe, H./Wiesner, H./Kamphans, M./Tigges, A./Drag, A./Kedenburg, C. (2002): Dokumentation zum Ab-schlussbericht des Begleitprojektes „Gender Mainstreaming (GM)“ imBMBF-Programm „Neue Medien in der Bildung – Förderbereich Hoch-schule“. Dortmund und Bremen.

Reiber, K. (2007): Grundlegung: Forschendes Lernen als Leitprinzip zeit-gemäßer Hochschulbildung. In: Dieselbe (Hg.): Forschendes Lernen alshochschuldidaktisches Prinzip – Grundlegung und Beispiele. Tübingen.

Abbildung 3: Selbstberichteter Kompetenzzuwachs (1 = stimme nicht zu bis 5 = stimme völlig zu)

144 HSW 5/2012

Reinmann-Rothmeier, G./Mandl, H. (2006): Unterrichten und Lernumge-bungen gestalten. In: Krapp, A./Weidenmann, B. (Hg.): PädagogischePsychologie. Ein Lehrbuch. Weinheim.

Rieß, W. (2006): Lehr-Lern-Forschung im Rahmen der Bildung für eine nach-haltige Entwicklung (BNE). In: Rieß, W./Apel, H. (Hg.): Bildung für einenachhaltige Entwicklung. Aktuelle Forschungsfelder und -ansätze. Wies-baden.

Rothmund, J./Scheele, B. (2004): Personenbezeichnungsmodelle auf demPrüfstand. In: Zeitschrift für Psychologie, 212. Jg./H. 1, S. 40-54.

Schöcke, J. (2007): Zur Realität von Lernertypen: Eine empirische Untersu-chung anhand von zwei für das Fremdsprachenlernen relevanten Stildi-mensionen. Dissertation, Philipps-Universität Marburg.

Shepherd, D. A./Kuskova, V./Patzelt, H. (2009): Measuring the values thatunderlie sustainable development: the development of a valid scale. In:Journal of Economic Psychology, 30. Jg./H. 2, S. 246-256.

Stahlberg, D./Sczesny, S. (2001): Effekte des generischen Maskulinums undalternativer Sprachformen auf den gedanklichen Einbezug von Frauen.In: Psychologische Rundschau, 52. Jg./H. 3, S. 131-140.

Sterling, S. (2006): Whole Systems Thinking as a Basis for Paradigm Changein Education - Explorations in the Context of Sustainability, Dissertation.University of Bath.

Spoun, S. (2007): Ein Studium für's Leben. Reflexion und Zukunft der Bolog -na-Reform deutscher Hochschulen: eine Alternative. In: Das Hochschul-wesen, 55. Jg./H. 2, S. 46-53.

United Nations (2002): Johannesburg Declaration on Sustainable Develop-ment: A/CONF.199/20. Johannesburg.

Webler, W.-D. (1979): „Lehrforschung” als Praxisorientierung – Ein Gegen-satz? In: Teichler, U./Winkler, H. (Hg.). Praxisorientierung des Studiums.Frankfurt am Main.

Webler, W.-D. (2004): Lehrkompetenz – über eine komplexe Kombinationaus Wissen, Ethik, Handlungsfähigkeit und Praxisentwicklung. Karriere-bedingungen, Berufszufriedenheit und Identifikationsmöglichkeiten inHochschulen. Heft 1. Bielefeld.

Webler, W.-D. (2005): „Gebt den Studierenden ihr Studium zurück!” ÜberSelbststudium, optimierende Lernstrategien und autonomes Lernen (inGruppen). In: Beiträge zur Lehrerbildung, 23. Jg./H. 1, S. 22-34.

Weitzel, J. (2012): Forschungstheater: Szenisches Forschen als Reflexions-und Erkenntniswerkzeug in der Erwachsenenbildung. In: Magazin er-wachsenenbildung.at. Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Dis-kurs. Themenheft: Kunst und Literatur. Wie zeigen sie sich in der Er-wachsenenbildung? H. 15. Wien.

Wesian, J. (2007): Sprache und Geschlecht: Eine empirische Untersuchungzur „geschlechtergerechten Sprache", Magisterarbeit. Westfälische Wil-helms-Universität Münster.

Wildt, J. (2004): The Shift From Teaching To Learning – Thesen zum Wandelder Lernkultur in modularisierten Studienstrukturen. In: Ehlert, H./Wel-bers, U. (Hg.): Qualitätssicherung und Studienreform. Düsseldorf.

Wildt, B./Wildt, J. (2006): Lernprozessorientiertes Prüfen im "ConstructiveAlignment". Ein Beitrag zur Qualität der Hochschulbildung durch eineWeiterentwicklung des Prüfungssystems. In: Berendt, B./Voss, H.-P./Wildt, J. (Hg.): Neues Handbuch Hochschullehre. Lehren und Lernen ef-fizient gestalten. Stuttgart.

Wildt, B., Hentschel, I./Wildt, J. (Hg.) (2008): Theater in der Lehre: Verfah-ren - Konzepte - Vorschläge. Wien.

n Dr. Julia Weitzel, Lehrbeauftragte, LeuphanaUniversität Lüneburg; freiberufliche Dozentin;E-Mail: [email protected] n Daniel Fischer, M.A., wissenschaftlicher Mit-arbeiter, Institut für Umweltkommunikation(INFU), Leuphana Universität Lüneburg, E-Mail: [email protected]

Philipp Pohlenz:

Datenqualität als Schlüsselfrage der Qualitätssicherung von Lehre und Studium

Hochschulen wandeln sich zunehmend zu Dienstleistungs -unternehmen, die sich durch den Nachweis von Qualität und Ex-zellenz gegen ihre Wettbewerber durchsetzen müssen.

Zum Vergleich ihrer Leistungen werden verschiedeneEvaluations verfahren herangezogen. Diese stehen jedoch viel-fach in der Kritik, bezüglich ihrer Eignung, Leistungen der Hoch-schulen adäquat abzubilden.

Verfahren der Evaluation von Lehre und Studium wird vorgewor-fen, dass ihre Ergebnisse bspw. durch die Fehlinterpretationhochschulstatistischer Daten und durch die subjektive Färbungstudentischer Qualitätsurteile verzerrt sind.

Im Zentrum des vorliegenden Bandes steht daher die Untersu -chung von potenziellen Bedrohungen der Aussagefähigkeit vonEvaluationsdaten als Steuerungsinstrument für das Managementvon Hochschulen.

ISBN 3-937026-63-0, Bielefeld 2009, 170 Seiten, 22.80 Euro

Reihe Q

ualität - Evaluation - Akkreditierung

Bestellung - Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte HSW

IIIHSW 5/2012

Liebe Leserinnen und Leser,

nicht nur in dieser lesenden Eigenschaft (und natürlich für künftige Abonnements) sind Sie uns willkommen. Wir begrüßen Sie im Spektrum von Forschungs- bis Erfahrungsberichten auch gerne als Autorin und Autor. Der UVW trägt mit seinen Zeitschriften bei jahresdurchschnittlich etwa 130 veröffentlichten Aufsätzen erheblich dazu bei, Artikeln in einem breiten Spektrum der Hochschulforschung und Hochschulentwicklung eine Öffentlichkeit zu verschaffen.

Wenn das Konzept dieser Zeitschrift Sie anspricht - wovon wir natürlich überzeugt sind - dann freuen wir uns über Beiträge von Ihnen in den ständigen Sparten

• „Hochschulforschung”,

• „Hochschulentwicklung/-politik”,

• „Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte”, aber ebenso

• „Rezensionen”, „Tagungsberichte” sowie „Interviews”.

Die Autorenhinweise finden Sie auf unserer Verlags-Homepage: „www.universitaetsverlagwebler.de”.

Ein Kunsthistoriker, ein Grenzflächenchemiker, einQuantenphysiker, ein Biochemiker und eine Halbleiter-physikerin sind die neuen Alexander von Humboldt-Pro-fessoren. Der mit jeweils bis zu fünf Millionen Euro do-tierte internationale Preis für Forschung in Deutschlandwird von der Alexander von Humboldt-Stiftung verge-ben und vom Bundesministerium für Bildung und For-schung finanziert.

Mit der Alexander von Humboldt-Professur zeichnet dieStiftung weltweit führende und im Ausland tätige For-scher aller Disziplinen aus. Sie sollen langfristig zu-kunftsweisende Forschung an deutschen Hochschulendurchführen.

Die ausgewählten Preisträger treten nun in Berufungs-verhandlungen mit den deutschen Universitäten, die siefür den Preis nominierten:• Frank Fehrenbach (49), Kunsthistoriker an der Harvard

University, Cambridge, USA, wurde von der Univer-sität Hamburg nominiert.

• Der Grenzflächenchemiker Ralph Nuzzo (58), zurzeitan der University of Illinois, Urbana, in den USA tätig,soll zukünftig an der Universität Heidelberg forschen.

• Oskar Painter (40) ist Quantenoptiker am California In-stitute of Technology in Pasadena, USA. Er wurde vonder Universität Erlangen-Nürnberg und dem MPI desLichts nominiert.

• Der Biochemiker Markus Walter Ribbe (44) wurde vonder Technischen Universität Braunschweig nominiert.Er forscht zurzeit an der University of California in Irvi-ne, USA.

• Die Halbleiterphysikerin Heike Riel (41), am europäi-schen Forschungszentrum von IBM, IBM Research, inRüschlikon, Schweiz, tätig, wurde von der TechnischenUniversität München nominiert.

Der Auswahlausschuss der Humboldt-Stiftung hatteüber acht Anträge zu entscheiden. Von den Kandidatenarbeiten derzeit fünf in den USA sowie je einer in Groß-britannien, Kanada und der Schweiz.

Das Preisgeld ist für die Finanzierung der ersten fünfJahre in Deutschland bestimmt. Den Hochschulen eröff-net der Preis die Chance, internationalen Spitzenkräftenkonkurrenzfähige Rahmenbedingungen und eine lang -fris tige Perspektive für die Arbeit in Deutschland zu bie-ten sowie ihr Profil zu schärfen.

Insgesamt wurden 2012 zehn Preisträger ausgewählt.Die Verleihung der Preise wird am 8. Mai 2013 in Berlinstattfinden.

Die Alexander von Humboldt-StiftungJährlich ermöglicht die Humboldt-Stiftung über 2.000Forschern aus aller Welt einen wissenschaftlichen Auf-enthalt in Deutschland. Die Stiftung pflegt ein Netzwerkvon weltweit mehr als 25.000 Humboldtianern allerFachgebiete in über 130 Ländern – unter ihnen 49 No-belpreisträger.

Quelle: http://idw-online.de/pages/de/news505299,07.11.2012

Neue Alexander von Humboldt-Professoren ausgewähltFünf Forscher aus dem Ausland erhalten

höchstdotierten internationalen Forschungspreis Deutschlands

Me ld ungHSW

IV HSW 5/2012

Hauptbeiträge der aktuellen Hefte Fo, HM, ZBS, P-OE und QiW

Auf unserer Homepage www.universitaetsverlagwebler.de erhalten Sie Einblick in das

Editorial und Inhaltsverzeichnis aller bisher erschienenen Ausgaben.

HM 3/2012Lehrcontrolling und -anreize – Tagung Performance Management im Hochschulbereich 2011 in Braunschweig

Entwicklung, Gestaltung und Verwaltung von Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen

Marcel Clermont, Britta Gerets & Matthias MeyerWie lässt sich Kompetenz an Hochschulen (v)ermitteln? Eine Fragestellung für das Hochschulmanagement bzw. -controlling

Axel OberschelpBerichtswesen und Hochschul-SteuerungWas und wie viel müssen Hochschul-Manager über Erfolg in der Lehre wissen?

Philipp Pohlenz, Olaf Ratzlaff & Markus SeyfriedStudiengang Fact Sheets für eine evidenzbasierte Steuerung von Lehre und Studium

Susanne In der Smitten & Michael JaegerHochschulische Lehrleistungen imKontext der W-Besoldung

ZBS 3/2012Fort- und Weiterbildung für Beratungspersonal an Hochschulen

Beratungsentwicklung/-politik

Elke MittagAus- und Fortbildung nieder -sächsischer Studienberaterinnen und Studienberater durch die Zentrale Koordinierungsstelle für Studieninformation und -beratung inNiedersachsen

Martin Scholz Der Weg zum GIBeT-Zertifikat – Das Umsetzungskonzept zum Fortbil-dungscurriculum der Gesellschaft fürInformation, Beratung und Therapiean Hochschulen

Sigrid Eicken, Oliver Orth & Irmgard RiederDie Professionalisierung der Studien-beratung in Baden-Württemberg –wie aus einer Fortbildungsidee einlandesweit getragenes Programmwurde

Krischan BrandlDas Weiterbildungsprogramm descsnd e. V. für Mitarbeiterinnen undMitarbeiter der Career Services

Karin Gavin-KramerQualifikations- und Eingruppierungs-Dumping bei der Studienberatung?

Thea Rau, Birgit Luderer & Claus KaiserQualitätssicherung in der psycho -sozialen Beratung von Studierenden Einführung eines Qualitätsmanage-mentsystems im Studentenwerk Ulm

Mitteilung

Treffen des Herausgeberkreises derZBS

Fo 3/2012

Axel PhilippsRessortforschungseinrichtungen undihre Merkmale praxisorientierter Wissensproduktion

Helene Schruff & Lutz BornmannDas Fachbeiratswesen der Max-Planck-Gesellschaft: Ein Best Practice Beispiel für eine flächendeckende und kontinuierliche Evaluation von Forschungsinstituten

Wilhelm KrullGovernance for Integrity and Qualityin Universities – Towards a Culture ofCreativity and Quality Assurance

Dietrich v. EngelhardtAlexander von Humboldtoder: Wissenschaft, Philosophie und Kunst im Dialog

HSWSeitenb l i ck au f d i e Schweste r ze i t s ch r i f t en

Seitenblick auf die SchwesterzeitschriftenHSW

HSW 5/2012 V

P-OE 3/2012Programme und Maßnahmen der Personalentwicklung

Christine BöckelmannGleichstellung im Mittelbau an Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen – Ergebnisse aus einerStudie in der Schweiz

Nicole Auferkorte-Michaelis, Renate Petersen, Helga Rudack, Martina Schmohr & Ute ZimmermannEine Universitätsallianz geht neueWege: ScienceCareerNet Ruht – eine Kooperation zur akademischen Personalentwicklung

Sören Brune, Felix Mutter & Dirk RohrSystemische Personalentwicklung an Hochschulen: Workshops & individuelle Beratung für Einsteiger

Anja Thiem, Julia Weitzel & Annika SohreMentoring-Prozesse im Kontext vonBologna gestalten

QiW 3/2012

Forschung über Qualität in der Wissenschaft

Roland Happ, Olga Zlatkin-Troitschanskaia & Manuel FörsterVerstärkt die Bologna-Reform die Heterogenität zwischen den Studierenden? - Eine empirische vergleichende Analyse aus dem Forschungsprojekt ILLEV

Karen Tinsner & Hans-Dieter DanielAnalyse von Studienverlaufsdaten - Ein differenzierter Blick auf einen naturwissenschaftlichen Bachelor-Studiengang

Kerstin Burck & Uwe Schmidt Studierbarkeit: Ein Konzept mit Einfluss auf den Studienerfolg?

Qualitätsentwicklung/-politik

Gespräche mit Mechthild Dreyer undLothar Zechlin zur Bologna-Reform

Für weitere Informationen

- zu unserem Zeitschriftenangebot,

- zum Abonnement einer Zeitschrift,

- zum Erwerb eines Einzelheftes,

- zum Erwerb eines anderenVerlagsproduktes,

- zur Einreichung eines Artikels,

- zu den Autorenhinweisen

oder sonstigen Fragen, besuchen Sie unsere Verlags-Homepage:

www.universitaetsverlagwebler.de

oder wenden Sie sich direkt anuns:

E-Mail:[email protected]

Telefon:0521/ 923 610-12

Fax:0521/ 923 610-22

Postanschrift:UniversitätsVerlagWeblerBünder Straße 1-333613 Bielefeld

UVW

Annette Nauerth, Ursula Walkenhorst, Renate von der Heyden, Simone Rechenbach (Hg.):

Hochschuldidaktik in Übergängen - Eine forschende Perspektive

ISBN 3-937026-79-7, Bielefeld 2012, 360 Seiten, 39.80 Euro

Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

Judith Ricken (Hg.): Lehrreich – Ausgezeichnete Lehrideen

zum Nachmachen

ISBN 3-937026-71-1, Bielefeld 2011,105 Seiten, 14.90 Euro

Reihe: Motivierendes Lehren und Lernen in Hochschulen: Praxisanregungenbisher 14 Bände erschienen - aktuelle Empfehlung:

Christa Cremer-Renz & Bettina Jansen-Schulz (Hg.):Innovative Lehre – Grundsätze, Konzepte, Beispiele

der Leuphana Universität Lüneburg

ISBN 3-937026-62-2, Bielefeld 2010, 325 Seiten, 39.80 Euro

Wim Görts (Hg.): Tutoreneinsatz und TutorenausbildungStudierende als Tutoren, Übungsleiter, Mentoren,

Trainer, Begleiter und Coaches – Analysen und Anleitung für die Praxis

ISBN 3-937026-70-3, Bielefeld 2011, 247 Seiten, 27.90 Euro

Weitere Informationen zum Klappentext und Inhaltsverzeichnis unter: www.universitaetsverlagwebler.de

NEUER

SCHEI

NUNG!