J. Obbelode: Haupt- und Realschulabsolventen in die gymnasiale Oberstufe integrieren

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28.11.2012 Hier kann eine Fußzeile eingefügt werden 1 Haupt- und Realschulabsolventen in die gymnasiale Oberstufe Integrieren: Perspektiven aus Forschung und Praxis Dr. Jutta Obbelode (Kollegleiterin, Oberstufen-Kolleg, Bielefeld)

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Vortrag von Dr. Jutta Obbelode auf der Expertenkonferenz „Bildungsübergänge gestalten“ am 15.11.12 in Bochum. Die Konferenz „Bildungsübergänge gestalten“ ist ein Projekt der Stiftung Mercator in Kooperation mit der Ruhr Universität Bochum. http://www.stiftung-mercator.de/themencluster/integration/expertenkonferenz-bildungsuebergaenge.html

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28.11.2012 Hier kann eine Fußzeile eingefügt werden 1

Haupt- und Realschulabsolventen in die gymnasiale Oberstufe Integrieren: Perspektiven aus Forschung und Praxis

Dr. Jutta Obbelode (Kollegleiterin, Oberstufen-Kolleg, Bielefeld)

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Das Oberstufen-Kolleg

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• Das Oberstufen-Kolleg besteht aus der Versuchsschule des Landes

Nordrhein-Westfalen und der Wissenschaftlichen Einrichtung.

• Eine eigene Ausbildungs- und Prüfungsordnung (APO-OS) regelt die

durch den Versuchsauftrag abweichenden Verfahrensweisen

gegenüber der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die gymnasiale

Oberstufe (APO-GOSt).

• Aufgenommen werden kann auch, wer in der Sekundarstufe I keinen

Qualifikationsvermerk erworben hat, aber :

• über den mittleren Schulabschluss (Fachoberschulreife) verfügt, oder

• den Hauptschulabschluss erworben und eine berufliche Ausbildung

erfolgreich abgeschlossen hat oder eine mindestens zweijährige

Berufstätigkeit nachweisen kann ….

• In den Studienfächern (Leistungskursen) werden die Prüfungen des

Zentralabiturs durchgeführt.

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Versuchsschule Oberstufen-Kolleg

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• Experimentelle gymnasiale Oberstufe

(seit 2002)

• Abschluss:

Allgemeine Hochschulreife (Abitur)

• Versuchsauftrag:

• Ausbildung von Kollegiatinnen und Kollegiaten mit unterschiedlicher

Vorbildung

• Umgang mit Heterogenität, Individualisierung

• Entwicklung, Erprobung und Evaluation von neuen Unterrichtsin-

halten, Lehrverfahren, Verfahren der Kompetenzentwicklung und

–überprüfung sowie der Unterrichtsorganisation

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Das Aufnahme-Verfahren am Oberstufen-Kolleg I

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Anmeldung

• bis zum Januar des Aufnahmejahres

Unterlagen

• Bewerbungsschreiben mit Nennung der gewünschten Studienfächer

und Darstellung der eigenen Vorstellungen und Zielsetzungen für eine

Ausbildung am Oberstufen-Kolleg

• letztes Zeugnis und ein Produkt, das ihre/seine besonderen Interessen

widerspiegelt

Bewerbungsgespräch

• mit einer Aufnahmekommission (eine/ein Lehrende/r und eine/ein

Kollegiat/in)

• Dauer max. 30-40 Minuten

• Einstufung als »sehr geeignet«, »geeignet« oder »abzuraten«.

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Das Aufnahme-Verfahren am Oberstufen-Kolleg II

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Auswahlverfahren

• Anfang Februar

• Vorauswahl für die ca. 230 Ausbildungsplätze (ca. 23 je Studienfach)

nach den Ergebnissen der Bewerbungsgespräche (keine Quote für

Kollegiat/innen ohne Q-Vermerk, aber jeweils zur Hälfte Frauen und

Männer)

Eingangsdiagnose

• Verbindliche Eingangsdiagnose Anfang März

• in Deutsch, Mathematik und der fortgeführten Fremdsprache (meist

Englisch) mit dem Ziel mögliche Defizite aus der Sek.I zu ermitteln

Aufnahme

• Aufnahmezusage auf der Basis der Diagnoseergebnisse Anfang April

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Wer besucht das Oberstufen-Kolleg ?

Zum jetzigen Zeitpunkt

(November 2012) besuchen

598 KollegiatInnen

das Oberstufen-Kolleg.

Jahrgang 11: 227 KollegiatInnen

Jahrgang 12: 197 KollegiatInnen

Jahrgang 13: 174 KollegiatInnen

255 Kollegiaten (43%) und

338 KollegiatInnen (57%)

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Herkunftsschulen der KollegiatInnen Auswertung der Aufnahmejahrgänge 2004 - 2008

In den Jahren 2004 bis 2008 haben insgesamt 1.116 KollegiatInnen die Ausbildung am Oberstufen-Kolleg aufgenommen.

Häufigkeit

Realschule 407

Gesamtschule 219

Gymnasium 229

Hauptschule 65

Laborschule 99

andere 97

gesamt 1.116

35%

20%

21%

6%

9%

9%

Realschule Gesamtschule Gymnasium

Hauptschule Laborschule andere

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Muttersprachen der Kollegiat/Innen (Aufnahmejahrgänge 2004-2008)

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• ein gutes Drittel der KollegiatInnen (37,3%) hat eine Migrationsgeschichte

• knapp die Hälfte (46,8%) der KollegiatInnen mit Migrationsgeschichte gibt

an deutsch als Muttersprache gelernt zu haben,

• die übrigen haben eine von insgesamt 34 anderen Sprachen als erstes

gelernt:

äthiopisch, albanisch, arabisch, aramäisch, assyrisch, bosnisch, chinesisch,

dholuo, englisch, eritreisch, französisch, georgisch, griechisch, hebräisch,

holländisch, iranisch, italienisch, koreanisch, kroatisch, kurdisch, nepalesisch,

paschto, persisch, polnisch, portugiesisch, rumänisch, russisch, serbisch,

singhalisisch, spanisch, türkisch, tamilisch, thai, vietnamesisch

• am häufigsten sind russisch (18,2%), türkisch (11,3%), und polnisch

(4,1%) als Muttersprachen unter den KollegiatInnen mit

Migrationsgeschichte vertreten. [Prozentzahlen bezogen auf alle

KollegiatInnen: 6,9% russisch, 4,3% türkisch, 1,5% polnisch]

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Erreichen des Abschlusses ( = Abitur, Fachhochschulreife)

Auswertung der Aufnahmejahrgänge 2004 - 2008

Von den 1.116 KollegiatInnen, die in den Jahren 2004 – 2008 am

Oberstufen-Kolleg ihre Ausbildung aufgenommen haben, haben 1.112

entweder die Schule mit einem Abschluss verlassen oder die Ausbildung

abgebrochen. 1)

Erreichen des Abschlusses:

28.11.2012 1) Die restlichen 4 KollegiatInnen befinden sich aufgrund besonderer Situationen noch am OS. 9

Häufigkeit

mit Abschluss 807

ohne Abschluss 305

gesamt 1.112 73%

27%

mit Abschluss ohne Abschluss

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Merkmale im Zusammenhang mit dem Erreichung des Abschlusses

Auswertung der Aufnahmejahrgänge 2004 - 2008

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• Geschlecht Unterschied statistisch signifikant

• Schulform Unterschied statistisch signifikant

• Migrationsgeschichte kein statistisch signifikanter Unterschied

• Qualifikationsvermerk Vorhandensein des Q-Vermerks hat einen

signifikanten Einfluss auf das Erreichen des Abschlusses

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Schulform

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Real-

schule

Gesamt-

schule

Gymna-

sium

Haupt-

schule

Labor-

schule andere Gesamt

mit

Abschluss 73,2% 67,3% 82,4% 64,1% 83,8% 53,6% 72,6%

ohne

Abschluss 26,8% 32,7% 17,6% 35,9% 16,2% 46,4% 27,4%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Real

schu

le

Ges

amtsch

ule

Gym

nasiu

m

Haup

tsch

ule

Labo

rsch

ule

ande

re

ohne Abschluss

mit Abschluss

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Qualifikationsvermerk

Das Vorhandensein des Q-Vermerks hat einen signifikanten Einfluss auf

das Erreichen des Abschlusses. Dennoch gelingt es mehr als 60%

derjenigen, die ohne Q-Vermerk auf das Oberstufenkolleg kommen, das

Abitur zu erreichen.

28.11.2012 14

80,1%

60,4%72,6%

19,9%

39,6%27,4%

0,0%

20,0%

40,0%

60,0%

80,0%

100,0%

120,0%

mit

Q-Vermerk

ohne

Q-Vermerk

gesamt

mit Abschluss ohne Abschluss

mit

Q-Vermerk

ohne

Q-Vermerk gesamt

mit

Abschluss 80,1% 60,4% 72,6%

ohne

Abschluss 19,9% 39,6% 27,4%

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Heterogenität als Grundannahme

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Die Lerngruppen am Oberstufen-Kolleg sind in verschiedener Hinsicht

äußerst heterogen:

• unterschiedliche Leistungsvoraussetzungen

• unterschiedliche Schulerfahrungen und Bildungshintergründe

• unterschiedliches Alter

(bei Ausbildungsbeginn zwischen 15 und 24 Jahren)

• unterschiedliche soziale Schichten und Kulturkreise

• teilweise berufliche Vorerfahrungen

Das Oberstufen-Kolleg versucht jede Kollegiatin / jeden Kollegiaten als

ganze Person mit ihren/seinen Stärken und Unterstützungsbedarfen zu

sehen und darauf möglichst individuell einzugehen.

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Konzepte zum Umgang mit Heterogenität

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• Verzahnung von fachspezifischer Diagnose mit unterrichtlicher

Förderung in sogenannten Brücken- und Basiskursen sowie in

Lernbüros

• Individuelle Begleitung und Gestaltung der Bildungsgänge durch

• ein Tutorensystem

• Laufbahnberatung

• Schulsozialarbeit und psychosoziale Beratung

• Unterstützung individueller Schwerpunktsetzungen und interessen-

orientierten Lernens durch größere Gestaltungsfreiheit in den

Grundkursen, alternative Leistungsbewertung und regelmäßige

Projektphasen

• „Atmosphäre“ des Hauses

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Fachspezifische Diagnose und Förderung in der Eingangsphase

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• Eingangsdiagnose in Deutsch, Englisch und Mathematik

• Für das Gros der KollegiatInnen je zwei „Basiskurse“ in Deutsch, Englisch, Mathematik, Naturwissenschaften und Informatik (Ziel: breite Stärkung der basalen Fähigkeiten mit einer ausreichenden Menge „diagnostischer“ Lerngelegenheiten)

• Für besonders Leistungsstarke: Dispens von einzelnen Basiskursen und Zugang zu einer größeren Anzahl von Fachkursen oder Bearbeitung von speziellen Interessen

• Für besonders Leistungsschwache zusätzlich zu den Basiskursen je nach Bedarf ein oder zwei „Brückenkurse“ zum Aufarbeiten von Defiziten in kleineren Lerngruppen (unterschiedliche Modelle in Deutsch, Englisch und Mathematik)

• Angebote wie individuelle Schreibberatung / Schreibwerkstatt und Lernbüros (Deutsch, Englisch, Mathematik, Spanisch) – bis zum Abitur

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Schulsozialarbeit = fester Bestandteil des Schullebens

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Handlungsfelder:

• Sozialpädagogische Beratung / Einzelfallhilfe

(Schulschwierigkeiten, Ablösung vom Elternhaus, Beziehungsprobleme

mit Eltern und in der Partnerschaft, Übergang Schule – Beruf,

psychische Beeinträchtigungen, Suchtmittelkonsum)

• Freizeitpädagogik: Das Kulturcafé

(betreuter Treffpunkt zum Zeitunglesen, Hausaufgabenmachen,

Reden, Entspannen, Musikhören / Ausstellungen, Lesungen, Filme, ..)

• Organisatorische und administrative Aufgaben (Mitarbeit bei der

Verwaltung der Wohnheimplätze, Beratung in Finanzierungsfragen der

Ausbildung, Informationsveranstaltungen zu verschiedenen Themen)

• Projektarbeit

(im Rahmen der Projektphase Angebote von Projekten zu speziellen

Themen / Sportangebote als Ergänzung zum schulischen Alltag)

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Projektarbeit

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• Projektarbeit ist in regelmäßigen Projektphasen (je zwei Wochen am

Ende jedes Semesters) verankert.

• Organisatorisch sind die Projekte an Kurssequenzen angebunden –

eins kann auch frei gewählt werden.

• In der Eingangsphase und in der Qualifikationsphase müssen jeweils

zwei Projekte belegt und bestanden werden.

• In jedem Projekt müssen zwei Leistungsnachweis angefertigt werden

(ein ausführlicher Reflexionsbogen und ein Beitrag zum Produkt).

• Die Organisation der Projektphase (Ideensammlung, Projektskizze,

Hearing -> Entscheidung über Projektangebot, Projektwahl) wird durch

die AG Projekt verantwortlich geleitet und fortentwickelt.

• Die Projektphase schließt mit einem Produkttag ab, an dem alle

Gruppen ihre Ergebnisse präsentieren.

• Es gibt regelmäßige schulinterne Fortbildungen zur Projektarbeit.

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„Atmosphäre“ des Hauses Oberstufen-Kolleg als Lebensraum I

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Tagesstruktur:

• 4 Unterrichtsblöcke á 90 Minuten in der Zeit von 08.30 – 16.00 Uhr

Offenes Raumkonzept:

• Unterricht großenteils auf den „Feldern“,

• offen zugängliche Schreibtische aller Lehrenden auf den Galerien

• Gruppenarbeitsplätze für KollegiatInnen überall im OS

• abschließbare Schränke für alle KollegiatInnen

• Postfächer für alle KollegiatInnen

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„Atmosphäre“ des Hauses Oberstufen-Kolleg als Lebensraum II

Infrastruktur:

• OS-Cafeteria (07.30 – 16.00 Uhr)

• Schulbibliothek, Kulturcafé, Computerarbeitsplätze, Labore

• offene Bücherregale in der Cafeteria (zum Ausleihen oder Tauschen)

Kommunikation

• Wertschätzender Umgang miteinander

• Unterstützung des Einzelnen

• Anspruch auf Partizipation aller Gruppen wird ernst genommen

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!