Jahre Von Evas Brut, dem Iltisgesang und dem...

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Hassgeschichte für Alt, Tenor, zwei Doppelchöre und sechs Instrumentalisten von Gerold Amann Peter Herbert - Dirigent Lembe Lokk, Alt Camillo dell‘Antonio, Tenor Zwei Doppelchöre: Ursula Langmayr, Anna Hauf - Sopran Margot Oitzinger - Alt Rudolf Brunnhuber - Altus Bernd Lambauer, Florian Ehrlinger - Tenor Matthias Helm, Dieter Kschwendt - Bass Alex Ladstätter - Klari- nette Bernd Konzett - Kontra- bass Benny Omerzell - E-Piano Toni Eberle - E-Gitarre Flip Phillip - Vibraphon Christian Eberle - Perkus- sion Josef Novonty - Sound- Design Remise Bludenz Samstag, 5. April, 20 Uhr - UA Sonntag, 6. April, 10.30 Uhr Die Freude an Zahlen- und Wortspielen ist Grundlage vieler künstlerischer Arbeiten von Gerold Amann. Auch unterschiedliche Ausdrucksformen der Magie, der Zau- berei sowie Rituale sind Grundpfeiler seines komposi- torischen Schaffens. Es gehört zur Persönlichkeit von Gerold Amann, dass er sich einesteils für viele Dinge des politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Le- bens interessiert, andererseits treiben ihn Missstände sowie Dumm- und Torheiten oft zur Weißglut. Vor mehr als zehn Jahren komponierte Gerold Amann die „Hassgeschichte“, doch sie ist aktueller denn je. Ende der 90er Jahre leitete Peter Herbert die Uraufführung in New York, nun präsentiert er mit einem Ensemble aus heimischen und internationalen Musikerinnen und Musikern in Bludenz die erste Aufführung der überar- beiteten Fassung. „Ich trage sehr viel Wut in mir“, sagt Gerold Amann von sich selbst und in manchen seiner Komposi- tionen bahnt sich diese einen Ausdruck. So auch in der „Hassgeschichte“, die eigentlich in lockerer Atmosphä- re, in einem Gastgarten in Kreta, ihren Anfang genom- men hat. Damals verfasste Gerold Amann zum Zeitver- treib das Polindrom „Ruhe liegt im Tier – reit mit geile Hur“. Im Laufe der weiteren Beschäftigung entwickelte der Komponist daraus sieben Anagramme und entwarf entsprechende Szenen. „Bei den Anagrammen habe ich nach verschiedenen Methoden und Vorbildern gesucht und auch formal unterschiedliche Ansätze angewen- det“, erinnert sich Gerold Amann. Zum Beispiel be- schäftigte er sich auch mit Zauberformeln aus der Spätantike und mit Zaubersprüchen aus dem Alpen- raum, die teilweise auch als Grundlage dienten. Die einzelnen Episoden wurden in einen Ablauf gebracht, jedoch ohne einem konkreten inhaltlichen Leitfaden zu folgen. „So sind verschiedene Geschichten den Hass, die Hexerei und die Zauberei betreffend entstanden“, fasst der Komponist zusammen. Zauberzeichen schaffen Atmosphäre In der Partitur sind Zauberzeichen abgebildet, die jeweils Hinweise und eine Atmosphäre für die kom- mende Szene schaffen sollen. Die Abbildungen stam- men aus dem Buch „Magie im volkstümlichen Bereich“ von Helmut Nemec und verdeutlichen, dass der Kom- ponist keinesfalls von einem esoterischen Ansatz inspi- riert war, sondern die Verankerung seines künstleri- Musik Von Evas Brut, dem Iltisgesang und dem Doppelzüngigen – Zur Hassgeschichte von Gerold Amann Lembe Lokk – die eine Hälfte des Dämons Peter Herbert leitete vor 10 Jahren die Uraufführung in New York und nun in Bludenz Gerold Amann: „‘Hassgeschichte‘ im Interesse eines weniger hasserfüllten Lebens“ © Silvia Thurner; Gerhard Klocker Kultur Nr. 3|2008 Musik 4

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20 Jahre allerArt Bludenz

DIE HASSGESCHICHTE

alttenor klarinette kontrabass e-piano

e-gitarre vibraphon perkussionsopran alt altus

tenor basssound-design dirigent

Ein Projekt des Vereins allerArt Bludenz in Zusammenarbeit mit Bludenz Kultur

Samstag, 5. April 2008, 20.00 Uhr, Remise BludenzSonntag, 6. April 2008, 10.30 Uhr, Remise Bludenz

Karten, Information Verein allerArt, Postfach 120, 6700 Bludenz, T 0043 . (0)55 52 .63 621-236E [email protected], www.remise-bludenz.at, Remise Bludenz, Am Raiffeisenplatz 1, 6700 Bludenz

Hassgeschichte-Kultur_02 06.03.2008 12:30 Uhr Seite 1

Hassgeschichte

für Alt, Tenor, zwei Doppelchöre und sechs Instrumentalistenvon Gerold Amann

Peter Herbert - Dirigent

Lembe Lokk, AltCamillo dell‘Antonio, Tenor

Zwei Doppelchöre:Ursula Langmayr, Anna Hauf - SopranMargot Oitzinger - AltRudolf Brunnhuber - AltusBernd Lambauer, Florian Ehrlinger - TenorMatthias Helm, Dieter Kschwendt - Bass

Alex Ladstätter - Klari-netteBernd Konzett - Kontra-bassBenny Omerzell - E-PianoToni Eberle - E-GitarreFlip Phillip - VibraphonChristian Eberle - Perkus-sionJosef Novonty - Sound-Design

Remise Bludenz

Samstag, 5. April, 20 Uhr - UASonntag, 6. April, 10.30 Uhr

Die Freude an Zahlen- und Wortspielen ist Grundlage vieler künstlerischer Arbeiten von Gerold Amann. Auch unterschiedliche Ausdrucksformen der Magie, der Zau-berei sowie Rituale sind Grundpfeiler seines komposi-torischen Schaffens. Es gehört zur Persönlichkeit von Gerold Amann, dass er sich einesteils für viele Dinge des politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Le-bens interessiert, andererseits treiben ihn Missstände sowie Dumm- und Torheiten oft zur Weißglut. Vor mehr als zehn Jahren komponierte Gerold Amann die

„Hassgeschichte“, doch sie ist aktueller denn je. Ende der 90er Jahre leitete Peter Herbert die Uraufführung in New York, nun präsentiert er mit einem Ensemble aus heimischen und internationalen Musikerinnen und Musikern in Bludenz die erste Aufführung der überar-beiteten Fassung.

„Ich trage sehr viel Wut in mir“, sagt Gerold Amann von sich selbst und in manchen seiner Komposi-tionen bahnt sich diese einen Ausdruck. So auch in der

„Hassgeschichte“, die eigentlich in lockerer Atmosphä-re, in einem Gastgarten in Kreta, ihren Anfang genom-men hat. Damals verfasste Gerold Amann zum Zeitver-treib das Polindrom „Ruhe liegt im Tier – reit mit geile Hur“. Im Laufe der weiteren Beschäftigung entwickelte der Komponist daraus sieben Anagramme und entwarf entsprechende Szenen. „Bei den Anagrammen habe ich nach verschiedenen Methoden und Vorbildern gesucht und auch formal unterschiedliche Ansätze angewen-det“, erinnert sich Gerold Amann. Zum Beispiel be-schäftigte er sich auch mit Zauberformeln aus der Spätantike und mit Zaubersprüchen aus dem Alpen-raum, die teilweise auch als Grundlage dienten. Die einzelnen Episoden wurden in einen Ablauf gebracht, jedoch ohne einem konkreten inhaltlichen Leitfaden zu folgen. „So sind verschiedene Geschichten den Hass, die Hexerei und die Zauberei betreffend entstanden“, fasst der Komponist zusammen.

Zauberzeichen schaffen Atmosphäre

In der Partitur sind Zauberzeichen abgebildet, die jeweils Hinweise und eine Atmosphäre für die kom-mende Szene schaffen sollen. Die Abbildungen stam-men aus dem Buch „Magie im volkstümlichen Bereich“ von Helmut Nemec und verdeutlichen, dass der Kom-ponist keinesfalls von einem esoterischen Ansatz inspi-riert war, sondern die Verankerung seines künstleri-

MusikVon Evas Brut, dem Iltisgesang und dem Doppelzüngigen – Zur Hassgeschichte von Gerold Amann

Lembe Lokk – die eine Hälfte des Dämons

Peter Herbert leitete vor 10 Jahren die Uraufführung in New York und nun in Bludenz

Gerold Amann: „‘Hassgeschichte‘ im Interesse eines weniger hasserfüllten Lebens“

© Silvia Thurner; Gerhard Klocker Kultur Nr. 3|2008Musik4

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20 Jahre allerArt Bludenz

DIE HASSGESCHICHTE

alttenor klarinette kontrabass e-piano

e-gitarre vibraphon perkussionsopran alt altus

tenor basssound-design dirigent

Ein Projekt des Vereins allerArt Bludenz in Zusammenarbeit mit Bludenz Kultur

Samstag, 5. April 2008, 20.00 Uhr, Remise BludenzSonntag, 6. April 2008, 10.30 Uhr, Remise Bludenz

Karten, Information Verein allerArt, Postfach 120, 6700 Bludenz, T 0043 . (0)55 52 .63 621-236E [email protected], www.remise-bludenz.at, Remise Bludenz, Am Raiffeisenplatz 1, 6700 Bludenz

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schen Schaffens auch in der Volkskultur sucht. „Ich habe damals un-ter anderem dieses Buch verwendet, um mich in die ‚Hassgeschichte’ einzuarbeiten“, so der Komponist.

Doppelzüngig

Drei Hauptprotagonisten füllen die einzelnen Szenen des etwa einstündigen Werkes mit Leben. „Evas Brut“ ist quasi die Menschen-art, der „Iltis-Gesang“ verkörpert das Animalische und das Geister-reich. „Vor allem in diesen Passagen möchte ich Parallelstimmen, da-mit meine ich elektronisch verfremdete Stimmen, hinzufügen“, präzi-siert Amann seine Vorstellungen. Eine übergeordnete Figur stellt der Dämon dar, der mit gespaltener Zunge spricht. „Beinahe der gesamte Inhalt der Hassgeschichte ist doppelzüngig zu verstehen, aber genau in den Passagen des Dämons stelle ich mir auch Effekte vor, die durch-aus auch an Effekten aus Horrorfilmen Anleihen nehmen können, ich denke beispielsweise an den Film ‚Das Omen’“.

Hass schüren und kontrollieren

Für die Darstellung der beiden Gruppen „Evas Brut“ und „Iltis-Gesang“ sieht Gerold Amann jeweils zwei gemischte Vokalquartette vor. Den Dämon gestalten eine Alt- und eine Tenorstimme, die uniso-no geführt werden, jedoch in speziellen Passagen „doppelzüngig“ auseinander driften. Insbesondere der Dämon übernimmt die Rolle des Verbreiters und Überbringers von Gerüchten, er sät den Hass und kontrolliert ihn auch.

Grundlegend für den Klangcharakter des Werkes ist, dass die Instrumente verstärkt sind und elektronisch manipuliert werden. Ge-rold Amann verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass er von einer Vermischung zwischen E-Musik und Jazz oder gar E- und Pop-Musik nichts hält, jedoch legt er als wesentlichen Grundgedanken für die Konzeption der Hassgeschichte fest, dass für ihn der Reiz darin besteht „das Instrumentarium für völlig andere stilistische Elemente zu verwenden, ohne in irgendeiner Weise stilistisch etwas zu vermi-schen. Denn hier sind elektronisch manipulierte Sounds auch als Aus-druck der Bösartigkeit, der Magie und des Hexischen zu verstehen.“

Wurde bei der New Yorker Aufführung aus organisatorischen Gründen auf die elektronische Verfremdung der Stimmen und Instru-mente verzichtet, so manipuliert bei der Bludenzer Interpretation der Elektroniker Josef Novotny die Stimmen und Instrumente. „Es genügt ja nicht, hier und dort einen Hall oder sonstige Effekt einzusetzen, wenn Elektronik, dann bedarf es einer präzisen Auseinandersetzung“, weiß der musikalische Leiter Peter Herbert.

Musikalische Gestalt

Da Buchstaben und Wörter sowie deren Ordnungen die Text-grundlage der „Hassgeschichte“ bestimmen, bemühte sich Gerold Amann auch um eine gebundene Form der musikalischen Organisa- tion. Er verknüpfte die Buchstaben mit Tonhöhen. Vor dem Komposi-tionsprozess bestimmte Ordnungsmuster dienten als Ausgangspunkt für die musikalische Gestaltung. Dazu verwendete der Komponist Vorbilder für modale Ausdrucksformen, die auch aus der Antike be-kannt sind. Auf diese Weise entstand eine in sich kreisende Musik, die einer strengen inneren Ordnung folgt, ohne dass diese jedoch unmit-telbar hörbar ist. „Die Hassgeschichte ist eine klug konstruierte Kom-position, die zwischen filigranen Instrumentalstücken und fast mäch-tigen Tuttipassagen changiert, und das ergibt einen ganz eigenen, fas-zinierenden Spannungsbogen“, fasst Peter Herbert zusammen.

Hassgeschichten heute

Die Relevanz der „Hassgeschichte“ in der heutigen Gesellschaft sieht Gerold Amann auch darin, dass Zorn und Wut und das Beleidigt-sein auf die anderen immer auch in der Angst und Unsicherheit be-

gründet liegen. Gerne zitiert er in diesem Zusammenhang den Philo-sophen und Kulturwissenschaftler Peter Sloterdijk, denn „er sagt ei-gentlich das, was ich denke und das, was mich selbst bewegt“, erläu-tert Gerold Amann seine Intentionen. „Wenn man liest und hört, was auf der Welt los ist, entsteht in mir eine Mischung aus Wut und Angst und ich glaube, ich bin nicht der einzige, dem es so geht. Vieles ge-schieht von Hass und Gewalt bewegt und dafür gibt es verschiedenste Gründe. Ich will nicht den Hass schüren, sondern darauf aufmerksam machen. Die ‚Hassgeschichte’ ist auch im Interesse eines weniger hasserfüllten Lebens zu verstehen“, so Gerold Amann. Und Peter Her-bert resümiert: „Leider ist die Hassgeschichte aktueller denn je.“ Silvia Thurner

Gerold Amann komponierte die Hassgeschichte im Jahr 1998, die Uraufführung fand im selben Jahr in New York unter der Leitung von Peter Herbert statt. Im Jahr 2006 wurde das Werk überarbeitet. Eine Aufführung mit technischem Equipment und elektronischen Soundmanipulationen ist als Uraufführung zu verstehen.

Besetzung2 x gemischtes Quartett (S, A, T, B) -> Evas Brut, Iltis-GesangAlt und Tenor -> DämonKlarinette in B und Bassklarinette (ein Spieler)Akustische GitarreKontrabassVibraphon und Glockenspiel (ein Spieler)PerkussionKlavier

Kultur Nr. 3|2008Musik6