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Jugend Beruf G esel Isc haf t Heft 1 +2/1976 27. Jahrgang Berichte und Informationen der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk Bonn

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Jugend Beruf G esel Isc haf t

Heft 1 +2/1976 27. Jahrgang

Berichte und Informationen der

Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk Bonn

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

Aspekte zur beruflichen Blldung Iernrchwaeh+r und benachïelllgter Junger Menschen Fachtagung 1975 der Bundeaarbeltigemelnscha~ Jugendaufbauwork

- Beruflldw Blldung und das Reformprogramm der

- Förderung lernachwacher und benachtelllgter

Bundesreglerung (Dr. Peter Glotz, MdB)

junger Menschen durch Borufnorbereltung und Vermlttlung (Dr. Harry Meisel) . . . . . . . . . . . . .

- Dle Aufgaben der Jugendhilfe und Jugendsozlalarbelt bel der Förderung der berufllchen Blldung lernschwacher und benachtelllgter

. . . . . . . . .

junger Menschen (Dr. Hans Peter Mehl) . . . . . . . . .

Fbrderungslehrglnge Rahmenlehrplan zur Durchführung von Förderungrlohrgangen der Trägergruppen In der Bunderarbelbgemelnscha~ Jugendaufbauwerk .

Georg Ebersbach - Hans Wenzel Ausrledlung au$ Polen - Elngllederungrpolltik In dor Bundesmpubllk Deutrchland . . . . . . . . . . . . . .

Vlenehnte Sozialanalyse der Bundesarbel~gemelnscha~ Jugendaufbaumrk zur Sltuatlon Jugendlicher Flöchtllnge und Spitausaledler fur den Zeltraum 1. Januar blr 31. Dezember 1975 . . . . . . . .

Günter Cremer Jugend und Frelzelt . . . . . . . . . . . . . .

Noues vom Büchermarkt (W. Jahrow) . . . . . . . . . .

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Berichte und Informationen I . + 2. ViertelJahr 1976 27. Jahrgang

Herausgeber: Bundesarbeitsgemelnschaft Jugendaufbauwerk 53 Bonn-Venusberg, Haager Weg 44

Verantwortlich für den Inhalt: Dr. Otto Ernrich, Bonn

Redaktion: Rainer Schmandt. Bonn

Herstellung: Die Berichte und Informationen erscheinen vlertelj4hrllch . Bezugrprela DM 3. - (Doppelheft DM e.-) Beitrage mit Verfassernamen stimmen nlcht immer mlt der Melnung des Herausgebers uberein. Der Nachdruck von Beiträgen ist nur mit Genehmigung der Redaktlon gestattet.

Buchdruckerei Ludwig Nerllnger KG. LadenburglNeckar

Aspekte zur beruflichen Bildung lernschwacher und benachteiligter junger Menschen

Fachtagung 1975 der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwe.rk

Vorbemerkung: Offene Fragen zur Situation und Problemlage benachteiligter junger Men- schen in Berufsvorbereitung. Ausbildung und Vermittlung standen im Mittelpunkt einer Fach- tagung der BAG-JAW am 20.121. November 1975 in Essen. Die Veranstaltung hatte zum Ziel. im Interesse der Förderungspraxis mit Trägern und Partnern von Jugendberufshilfe und Ju- gendsozialarbeit einen notwendigen Erfahrungsaustausch zu führen und gleichzeitig jugend- politische Grundsatzfragen im Gespräch mit namhaften Vertretern von Bildungspolitik, Ar- beitsverwaltung und Jugendhilfe zur Diskussion zu stellen. Angesichts bevorstehender gesetzlicher Neuregelungen im Feld der beruflichen Bildung ging es den Tagungsteilnehmern vor allem um die Frage, wie für den ausbildungspolitisch bisher vom Gesetzgeber Übersehenen Personenkreis lernschwacher, berufsunreifer junger Menschen (u. a. mit abgebrochener Schul- und Berufsausbildung, Sonderschüler, Jungarbei- ter) durch eine sozialpädagogisch adäquate Modifizierung der Ausbildungsbestimmungen dennoch größere Chancen einer Berufsqualifizierung und damit auch einer verbesserten ge- sellschaftlichen Eingliederung eingeräumt werden können. Nachfolgend veröffentlichen wir die für die Aussprache in den Arbeitskreisen grundlegenden Tagungsbeiträge von Staatssekretär Dr. Peter Glotz, BMBW, aus der Sicht der Bundesregie- rung, von Oberdirektor Dr. Harry Meisel aus der Sicht der Bundesanstalt für Arbeit und schließlich die sehr grundsätzlichen Ausführungen von Direktor Dr. Hans Peter Mehl, Jugend- und Sozialamt der Stadt Freiburg, die in umfassender und problemübergreifender Sicht die aktuellen Aufgaben einer spezifischen Jugendberufshilfe und Jugendsozialarbeit bei der Forderung der beruflichen Bildung lernschwacher und benachteiligter junger Menschen näher verdeutlichen.

Berufliche Bildung Behinderter und das Reformprogramm der Bundesregierung Dr. Peter Glotz MdB, Bonn

Thema - Personenkreis

Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen sagen, aus welchem Blickwinkel ich das mir gestellte Thema be- handeln möchte. Es gibt nicht den Behinderten, und da- mit sage ich Ihnen nichts neues. Je nach Art und Schwere der Behinderung gibt es eigentlich eine große Zahl von Gruppen Behinderter. Nur so viel ist vorab gewiß: Alle Behinderten zusammengenommen ergeben die größte ,,Rand"-Gruppe in unserer Gesellschaft - 3 bis 4 Millionen Menschen aller Altersgruppen alleine in der Bundesrepu- blik.

Die sozial-liberale Koalition hat seit ihrem Bestehen ein- dringlich auf das Schattendasein dieser Gruppe hingewie- sen und es als eine ihrer wichtigsten Pflichten aufgefaßt, auf die berufliche und gesellschaftliche Eingliederung und Wiedereingliederung dieses Perconenkreises hinzuwirken. Daher wurden auf Betreiben der Bundesregierung Zielaus- sagen zur beruflichen Bildung Behinderter im ,,Bildungs- gesamtplan" (1973) und im ,,Stufenplan zu Schwerpunkten der beruflichen Bildung" (1975) gemacht und ein eigener Abschnitt für die berufliche Bildung Behinderter (BQ 58 - 65) im Entwurf zu einem neuen Berufsbildungsgesetz einge- baut. Dieser Abschnitt war der am meisten befürwortete Teil im Anhörungsverfahren zum Gesetzesentwurf - ein Beweis mehr für die Notwendigkeit der Förderung Behin- derter besonders auf dem Gebiet der beruflichen Bildung.

In diesem Sinne gelten meine Ausführungen hauptsächlich den jugendlichen Behinderten; im Gegensatz zu dem im Programm ausgedruckten Thema meines Referates be- ziehe ich mich dabei jedoch auf alle Arten der Behinderung. Paragraph 48 des geltenden Berufsbildungsgesetzes Iäßt für körperlich, geistig oder seelisch Behinderte Sonderfor- men der beruflichen Bildung zu. Bei einem Einführungs-

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referat wie diesem erscheint es zweckmäßig, einmal den in Frage kommenden Personenkreis grob abzustecken. Nach dem Berufsbildungsgesetz kommt es nicht in erster Linie auf den pädagogischen Begriff der Behinderung an, sondern darauf, ob der Jugendliche eine ,,normale" Be- rufsausbildung durchlaufen kann oder nicht. Für diejenigen Jugendlichen, bei denen die Voraussetzungen des 5 48 des Berufsbildungsgesetzes erfüllt sind, haben die zustän- digen Stellen nach dem vom Bundesministerium für Bil- dung und Wissenschaft herausgegebenen Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe (1975) insgesamt 39 ,,Be- hinderten-Berufe" geschaffen.

Die Frage nach der Definition des Behinderten ist dennoch - nicht nur für die Statistik bedeutungsvoll und nicht nur von theoretischer Bedeutung. Vielfach differenzieren Fachleute, auch Berufspädagogen, nicht genügend zwischen Behin- derten, Lernschwachen und Jungarbeitern. Das muß aber in der beruflichen Bildung geschehen.

Abgrenzung zu anderen Personenkreisen

Lernschwache sind in vielen Fällen identisch mit den Schul- müden, auch mit den wegen ihrer Herkunft sozial Benach- teiligten. Sie gehören aber keineswegs zu den Lernbehin- derten. Vielmehr kann die in der beruflichen Bildung didak- tisch und methodisch anders geartete Vermittlung beruf- lichen Lernstoffes viele von ihnen wieder für erhöhte Lei- stungen motivieren. Schließlich gibt es jene große Rand- gruppe der Jugendlichen ohne Ausbildungsvertrag - der Jungarbeiter, Jungangestellten, mithelfenden Familienan- gehörigen und in leider zunehmendem Maße der jugend- lichen Arbeitslosen - die keineswegs, wie viele meinen, identisch mit den Lernschwachen und Lernbehinderten sind. Nach einer baden-württembergischen Untersuchung sind von den Jugendlichen ohne Ausbildungsvertrag 2/3 Mäd-

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chen, 2/5 sind Hauptschulabschließer und I/4 ist Ausbildungs- abbrecher. Nur I/IO kommt aus Sonderschulen. Die Bundesregierung und die Länder sind bemüht, das Heer der rd. 80.000 einzudämmen, die jährlich neu in unge- lernte Tätigkeiten gehen oder arbeitslos werden. Da bei diesen Jugendlichen die Gründe für das Fehlen eines Aus- bildungsvertrages sehr verschiedene sind, muß auch die Palette der zu treffenden Maßnahmen breit angelegt sein - wie z. B. verstärkte Bildungs- und Berufsberatung, Förde- rung Überbetrieblicher Lehrgänge, Förderung von Modell- versuchen im Rahmen des Berufsgrundbildungsjahres, Förderung von berufsvorbereitenden Maßnahmen und Er- la0 geeigneter Ausbildungsordnungen. Nur kann kein Zwei- fel bestehen, daß für diese Gruppe der Jungarbeiter Re- gelungen nach § 48 des BBiG oder Q 42 b der HwO nicht möglich sind.

Behindertengruppen Wie groß ist nun der Kreis der Behinderten, die auf die Hilfe von Rehabilitationseinrichtungen angewiesen sind? Eine Schätzung lautet, daß auf 10.000 Kinder im schul- pflichtigen Alter 1 Blinder, 4 Sehbehinderte, 6 Gehörlose, 15 Schwerhörige, 60 Körperbehinderte, 150 Sprachbehin- derte und 250 Geistig-Behinderte entfallen.

Dabei ist zu beachten, daß sich besonders die anteilmäßig großen Behindertengruppen (Sprachbehinderte und gei- stig Behinderte) einer trennscharfen Definition gegenüber Nichtbehinderten nicht unterziehen lassen. Daraus und aus der Aufzählung der Behinderten wird zweierlei deutlich: a) behinderungsspezifische Bildung und damit auch Berufs- bildung hat nach Art und Schwere der Behinderung zu variieren, b) eine Definition von spezifischer Behinderung in Abgren- zung zum ,,Normalen" ist vielfach nicht ohne Untersuchung des Einzelfalles zu erreichen.

Leistungen von Bund, Ländern und anderen Trägern

Für die sozialliberale Bundesregierung war es bei ihrem Antritt 1969 unbestrittene Tatsache, daß die Zahl der Aus- bildungsplätze für Behinderte, die Zahl der behinderten- gerechten Ausbildungsplätze also, bei weitem nicht aus- reichte. Neben der Ausweitung von Bundesmitteln für den gesamten Bereich der Förderung von beruflichen Rehabili- tationseinrichtungen - noch 1967 betrugen die Bundesmit- tel weniger als 1 Mio DM, bereits im Jahre 1970 wurden sie auf 15 Mio DM und 1971 auf 39 Mio DM gesteigert - ergab sich für uns auch die Notwendigkeit von neuen ge- setzgeberischen Maßnahmen. Diese waren allerdings nicht nur auf dem bildungspolitischen, sondern auch auf dem sozial- und arbeitsmarktpolitischen Sektor zu treffen. Hin- zu kommen Maßnahmen der Länder, wie sonderpädagogi- sche Maßnahmen zur Förderung bis zum Ende der Schul- pflicht, berufsvorbereitende Maßnahmen sowie Maßnahmen bezüglich der beruflichen Bildung in den Berufsschulen. Eine Gesamtschau müBte also auch die Aktivitäten und Mit- tel des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung,

der Bundesanstalt für Arbeit, der Sozialversicherungstrãger und der Länder miteinbeziehen. Das 1970 im Frühjahr verkündete ,,Aktionsprogramm zur Förderung der Rehabilitation der Behinderten" richtete sich erstmals auf eine bundesweite Planung von Einrichtungen der Rehabilitation. Hierzu gehören vor allem Berufsförde- rungswerke, Berufsbildungswerke, Zentren für spezielle medizinische und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen, Werkstätten für Behinderte.

Zu Beginn des ,,Aktionsprogrammes Rehabilitation" exi- stierten 1971 in den für die berufliche Erstausbildung be- sonders interessierenden Berufsbildungswerken und B e rufsförderungswerken etwa 3.000 Ausbildungsplätze unter der Regie verschiedener Träger. Im Rahmen des Aktions- programmes waren bis 1975 5 zusätzliche Berufsbildungs- werke mit weiteren 1.500 Ausbildungsplätzen erstellt, 5 Be- rufsbildungswerke befinden sich augenblicklich noch im Ausbau. Es ist geplant, bis 1978 das Ziel von insgesamt 7.000 zusätzlichen Ausbildungsplätzen bundesweit in 20 Be- rufsbildungswerken zu erreichen. So jedenfalls wurde es im ,,Stufenplan zu den Schwerpunkten der beruflichen Bil- dung" von der Bund-Länder-Kommission für Bildungspla- nung im Juni 1975 beschlossen. Die Erstellungskosten für diese 7.000 Plätze werden sich bis 1978 auf insgesamt 91,5 Mio DM belaufen. Es handelt sich dabei um Mittel außer- halb des Bildungshaushalts. Ein geplanter weiterer Aus- bau bis zu 20.000 Plätzen im Endstadium wird nicht Über- stürzt vorgenommen werden, einmal aus Gründen der uns allen bekannten angestrengten Haushaltsiage bei Bund und Ländern, zum anderen aber deshalb, weil das Angebot sich erst langsam eine Nachfrage schaffen muß.

Schwierigkeiten bei Ausblldungsplatzsuche und Ausbii- dungsabschlu6

Niemand wird jedoch ernsthaft den Bedarf an solchen Aus- bildungsplätzen bezweifeln können. Eine sehr beredte Sprache für diesen Bedarf sprechen auch die Ergebnisse einer vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und der Bundesanstalt für Arbeit in Auftrag gegebenen ,,Untersuchung über den Ausbildungs- und Berufsverlauf behinderter Jugendlicher" durch das Institut für Freie Be- rufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürn- berg, deren Ergebnisbericht jüngst vorgelegt wurde. Dem- nach fanden von 100 im Jahre 1968 schulentlassenen Be- hinderten zwar 92 eine Anstellung, jedoch nur 60 direkt im Anschluß an die Schule.

Noch bedrückender wird nach dieser Untersuchung das Bild für die berufliche Ausbildung Behinderter: Nur knapp die Hälfte der eingestellten Behinderten, Ca. 45 v. H. aller Be- hinderten, finden einen Ausbildungsplatz für den gewünsch- ten Beruf; von ihnen wiederum nur 60 %, d. h. 27 v. H. aller Behinderten, absolvieren eine Abschlußprüfung - aber nur 20 v. H. aller Behinderten absolvieren die Abschlußprüfung eines anerkannten Ausbildungsberufes. Die größten Schwie- rigkeiten bei der Stellensuche nach der Schule haben die Körperbehinderten, die Blinden und die Sehbehinderten.

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Niemand sollte also ernsthaft die Notwendigkeit bezweifeln, daß für behinderte Jugendliche Ausbildungsplätze mit gro- Ber Vordringlichkeit zu schaffen sind, damit für diesen Per- sonen kreis 1. die Suche nach Ausbildungsplätzen Erfolg hat 2. eine behindertengerechte Ausbildung durchgeführt wer- den kann 3. aufgrund der behinderungsgerechten Ausbildung eine wesentlich erhöhte Chance des qualifizierten Ausbildungs- abschlusses gewährleistet ist.

d. h. über 18 Jahre alten Behinderten dem Ausschließlich- keitsgrundsatz bzw. dessen zugelassenen Modifizierungen folgen muß. Damit soll sichergestellt sein, daß auch er- wachsene Behinderte, die ja meistens keine andere Mög- lichkeit der Wahl einer Ausbildungsstätte haben werden, eine geregelte und anerkannte Ausbildung durchlaufen.

Schließlich bedeutet die Durchführung der Vorschriften über Anerkennung und Aufsicht durch das im Zuge der Ver- wirklichung des Gesetzes geplante Bundeainstitut für Be- rufsbildung einen Fortschritt. Dies ist durch mehrere Tat- sachen gerechtfertigt, näm I ich

Zusammenarbeit von Trägern und Organisationen

Die hohen Kosten eines Ausbildungsplatzes in der Rehabili- tation erklären sich aus den hohen Kosten der Einrichtun- gen einer behindeitengerechten Rehabilitation sowie aus der Notwendigkeit vielfältiger Dienste am Ort der Rehabili- tation. Unseren höchsten Respekt fordert die komplizierte, aber effiziente Zusammenarbeit dieser Dienste vor Ort, die dazu dient, den Rehabilitanden behindertengerecht auszubilden, zu betreuen (ärztlich, psychologisch, pädago- gisch, sportlich, sozial) und schließlich in eine ihm ange- messene Arbeitsstelle zu vermitteln. Hierhin gehört auch, daß die Arbeitsverwaltung in den letzten Jahren ihren Be- ratungsdienst für Behinderte qualitativ und quantitativ er- heblich ausgebaut hat.

1. dadurch, daß Ausbildungsstätten für Behinderte eine überregionale Bedeutung haben und nur wenige von ihnen

2. dadurch, daß eine behinderungsgerechte Ausbildung für jede der Behinderungsgruppen gewährleistet werden muß, 3. dadurch, daß mit der Anzeigepflicht des Ausbildenden über Eignungsmängel und einer ständigen Kooperation von Ausbildenden und Bundesinstitut die Qualifikation der Aus- bildungsstätten erhalten bleibt, die Aufsicht entlastet wird und ein Überraschend notwendig werdender Widerruf der Anerkennung unwahrscheinlich wird.

existieren, .-

Andere Gesetze

Daneben soll es aber auch weiterhin - im Sinne der er- Berufsbiidungsgesetz 1969

Lassen Sie mich nun noch einiges ZU der gesetzlichen Grundlage der Ausbildung Vom Berufsbildungsgesetz her bemerken.

wähnten ,,Entghettoisierung" von Behindertenausbildung - ein Angebot an besonderen Ausbildungsplätzen (Berufs- bildungsgesetz) geben. Die Regierung gibt dazu einen An- reiz durch das Schwerbehindertengesetz vom 29. April 1974, worin dem Ausbilder für einen solchen Auszubildenden die

Im geltenden Berufsbildungsgesetz wird durch den § 48 lediglich der in 5 28 des Berufsbildungsgesetzes formulierte Ausschließlichkeitsgrundsatz zurückgenommen, wodurch die zuständigen Stellen (in der Regel die Kammern) für die Ausbildung Behinderter auch andere Ausbildungsord- nungen als nur die für anerkannte Ausbildungsberufe gelten lassen können. Man sollte nicht verkennen, daß die hierfür von einer Reihe von Kammern und ihren Berufsbildungs- ausschüssen geleistete Arbeit bei der Erstellung von beson- deren Ausbildungsregelungen nach 9 48 des Berufsbil- dungsgesetzes und 5 42 b der Handwerksordnung ein sehr wesentlicher Beitrag zur Rehabilitation ist. Der Entwurf des Berufsbildungsgesetzes der Koalition sieht für derartige Abweichungen von der normalen Ausbi tdung Spezialrege- lungen mit ergänzendem und z. T. modifizierendem Charak- ter vor.

Anrechnung auf mehr ais einen Pflichtplatz für Schwerbe- hinderte in Aussicht gestellt wird. Inzwischen sind öffent- liche Hand wie private Wirtschaft dieser Verpflichtung - in allerdings nach Dienstbereichen und Branchen unterschie- - lichern Maße - nachgekommen. Dies Iäßt sich vielleicht auch damit erklären, daß manchen Betrieben die Eingliede- rungshilfen und Ausbildungszuschüsse nach dem Arbeits- förderungsgesetz (§§ 56, 58, 60) nicht bekannt sind.

Abwandlung und Neuschaffung von Ausbiidungsordnungen

Die Bundesregierung vertritt grundsätzlich den Standpunkt, daß mit allen geeigneten Mitteln versucht werden sollte, auch Behinderte in den bestehenden anerkannten Ausbil- dungsberufen auszubilden. Dadurch würde erreicht, daß möglichst viele Behinderte eine vollwertige Berufsausbil- dung bekommen. Sie würden insofern den Nichtbehinderten gleichgestellt sein und insbesondere auf dem Arbeitsmarkt größere Chancen haben. Natürlich wären bei der Ausbil- dung Behinderter in anerkannten Ausbildunasberufen in

Entwuri des Berufsbildungsgesetzes Anders als im geltenden Gesetz finden sich im Entwurf Re- gelungen für die Ausbildung Behinderter in eigenen Aus- bildungsstätten. Als Ausbildungsstätten für Behinderte gel- ten solche, in denen ausschließlich oder überwiegend Be- hinderte ausgebildet werden, also sicherlich zumeist Berufs- förderungswerke und Berufsbildungswerke. Ebenfalls neu ist im Entwurf, daß auch die Ausbildung von Volljährigen,

manchen Fällen formale Abweichungen nötig, ohne daß jedoch deshalb inhaltliche Abstriche vorgenommen werden müBten. Das Endergebnis der Ausbildung ändert sich nicht durch formale Abweichungen, wie Verlängerung der Aus- bildung, veränderte Zusammensetzung des Prüfungsaus- schusses und behindertenspezifische Prüfungsmethoden.

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Die Bundesregierung prüft gegenwärtig mit Unterstützung des Bundesausschusses für Berufsbildung und des Bundes- instituts für Berufsbildungsforschung die Möglichkeit, Be- hindertenberufe als Ausbildungsberufe mit bundesweiter Geltung durch Verordnungen nach dem Berufsbildungsge- setz anzuerkennen. Der Entwurf des Berufsbildungsge- setzes sieht die Möglichkeit des Erlasses besonderer Aus- bildungsordnungen für Behinderte nach § 11 ausdrücklich vor.

Schlußbernerkungen

Alle Anstrengungen zur Förderung der Berufswahlreife und zur Motivierung für den Eintritt in die Arbeitswelt aber müs-

sen fehlschlagen, wenn nicht auch neue Wege zur Förde- rung dieser Jugendlichen auf dem vorgeschalteten allge- meinbildenden Sektor und auf sozial- und gesellschafts- politischem Feld gegangen werden. Das erstreckt sich Über die Einführung der größere Chancengleichheit bietenden und besseres soziales Lernen ermöglichenden Gesamt- schule als Regelschule bis hin zur Bildungspflicht (nicht Schulpflicht!) mit dem 5. Lebensjahr, wie sie der Deutsche Bildungsrat in seinem ,,Bericht 75" fordert und bis hin zur Betreuung von Kindern sozial benachteiligter Familien be- reits in Kindergärten. Bei allen diesen Aufgaben wird man in der Bundesregierung auch in Zukunft einen Partner mit offenen Ohren finden.

Förderung lernschwacher und benachteillgter junger Menschen durch Berufsvorbereitung und Vermittlung Dr. Harry Meisel, Nürnberg

Wer die öffentliche Diskussion in den letzen Monaten auf- merksam verfolgt hat, wei6, da6 die Probleme arbeitsloser junger Menschen, vor allem aber der behinderten Jugend- lichen, von besonderer Aktualität sind. Für die Bundesan- stalt für Arbeit - und damit meine ich die Hauptstelle in Nürnberg, die Landesarbeitsämter und alle örtlichen Ar- beitsämter - ergibt sich damit die erfreuliche Situation, daß eine seit Jahrzehnten bestehende schwierige Aufgabe in der Gesellschaft auf zunehmendes Interesse und Verständ- nis stößt. Diese Anderung der öffentlichen Meinung ist für sich allein noch kein Anlaß zu einer optimistischen Wer- tung. Sie gibt uns aber begründete Hoffnung, daß die Sor- gen und Erwartungen des angesprochenen Personenkreises auf eine wachsende Bereitschaft zur beruflichen und gesell- schaftlichen Integration treffen. Ich möchte deshalb nicht versäumen, Ihnen bereits zu Beginn meiner Ausführungen ,n zweifacher Hinsicht zu danken:

- Zu danken dafür, daß Sie Ihre Fachtagung gleichsam als Sprachrohr dem Problem beruflicher Bildung lernschwacher und benachteiligter junger Menschen anbieten und - gleichzeitig mit der Einladung eines Vertreters der Bun- desanstalt für Arbeit die Möglichkeit schaffen, da8 jene Faktoren in Ihre Diskussion einbezogen werden können, die unter bildungspolitischen, gesellcchaftspolitischen, wirtschaftspolitischen und arbeitsmarktpolitischen Gesichts- punkten eine möglichst umfassende Hilfe zur Lösung ge- genwärtiger und absehbarer Situationen sicherstellen.

Wenn wir unter dem Gesichtspunkt der Berufsvorbereitung und der Vermittlung von Ausbildungs- und Arbeitsmöglich- keiten die Personengruppe der lernschwachen und benach- teiligten jungen Menschen ansprechen, möchte ich mich vorrangig auf die jährlich rd. 30.000 Abgänger der Sonder- schulen für Lernbehinderte und auf einen großen Teil der rd. 100.000 Hauptschulabgänger ohne Abschluß konzen- trieren. Ich nenne deshalb nur abgerundete Zahlen, da die Definition für lernschwache und benachteiligte junge Men-

schen auch in der modernen Erziehungswissenschaft noch nicht nach einheitlich meßbaren Kriterien erfolgt. Wir wissen aus der täglichen Praxis, daß die persönliche sozio-kultu- relle Vorgeprägtheit gerade junger Menschen bei den sich ändernden Inhalten und Strukturen zahlreicher Berufe und der derzeitigen sowie der absehbaren Entwicklung am Aus- bildungs- und Arbeitsmarkt nur sehr schwer allgemein- gültige Aussagen hinsichtlich individueller Berufschancen machen lassen. Gerade lernschwache und benachteiligte junge Menschen bedürfen besonderer einzelfallbezogener Bemühungen, die bei den örtlich unterschiedlichen Arbeits- marktgegebenheiten recht differenziert angelegt werden müssen. Wenn wir uns von der aktuellen Situation lernschwacher und benachteiligter junger Menschen eine realistische liber- Sicht verschaffen wollen, müssen wir zunächst in großen Strichen die derzeitige allgemeine Arbeitsmarktsituation in unser Gedächtnis zurückrufen. Ende Oktober 1975 gab es in der Bundesrepublik Deutschland über 1.060.000 Arbeits- lose. Die Arbeitslosenquote stieg damit von 4,4 O/O auf 4,6 O/O.

Zur gleichen Zeit war die Zahl der Kurzarbeiter von 638.571 auf 716.000 angestiegen. Demgegenüber verringerte sich das Angebot an offenen Arbeitsstellen um 25.000 auf 209.000. Kritisch analysiert zeigt die Entwicklung der Ar- beitslosenzahl, der Kurzarbeit und des Stellenangebots, daß die konjunkturellen Stabilisierungstendenzen auf Teil- arbeitsmärkten zwar anhalten. Sie kommen aber nur lang- sam voran. Ein allgemeiner Umschwung konnte im Hinblick auf die derzeitige wirtschaftliche Gesamtsituation und nach allen Erfahrungen über die Entwicklung des Arbeitsmarktes in früheren Konjunkturzyklen noch nicht registriert wer- den. Die gegenwärtige Lage auf dem Arbeitsmarkt für Jugend- liche und auf dem Ausbildungsstellenmarkt wird zwangs- läufig von der allgemeinen Arbeitsmarktsituation mitge- prägt. Dies gilt insbesondere für ein unzureichendes Ange- bot an Arbeitsmöglichkeiten für Jugendliche, in beschränk-

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tem Umfange auch für das verknappte Angebot an betrieb- lichen Berufsausbildungsstellen in bestimmten Berufsbe- reichen. Hier bereitet uns ernste Sorge, daß es vor allem leistungsschwächere Bewerber schwerer haben, eine Aus- bildungsstelle zu finden und damit ihre Berufspläne zu rea- lisieren. Diese Situation ist auch eine Folgeerscheinung davon, daß seit etwa Ende der 6ûer Jahre von den Dienst- stellen der Arbeitsvenvaltung ein kontinuierlicher Rückgang des betrieblichen Ausbildungsstellenangebots zu registrie- ren ist. Bei einer gleichzeitig gestiegenen Anzahl von Be- rufsanwärtern haben sich die seit jeher bestehenden Pro- bleme der Ausbildungsvermittlung quantitativ und qualitativ weiter verschärft. In bestimmten Gebieten und Berufen entstanden dadurch erhebliche Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage.

Lassen Sie mich diese Feststellung durch einige statistische Angaben belegen. Das bei den Arbeitsämtern erfaßte An- gebot betrieblicher Ausbildungsstellen war in den Jahren 1960 bis 1970 relativ konstant. Nach den Ergebnissen der Berufsberatungsstatistik schwankt es im Zeitraum von 1959160 bis 1969/70 zwischen 600.000 und 646.oOo Stellen, von denen in diesen Jahren jeweils bis zu 40 O/O unbesetzt blieben. Seit 1970/71 ist das Angebot an betrieblichen Aus- bildungsstellen ständig rückläufig. 1972/73 sank ihre Zahl auf 371.000, 1973/74 auf 341.000 und 1974/75 waren es nur noch 326.000 Ausbildungsstellen, die den Arbeitsämtern zur Vermittlung gemeldet wurden.

Bei der Beurteilung dieser Daten ist zu berücksichtigen, daß die in der Berufsberatungsstatistik erfaßten Ausbildungs- stellen nicht den gesamten Umfang des Angebots auf dem Stellenmarkt für Auszubildende wiedergeben. Die genann- ten Daten zeigen daher nicht den genauen zahlenmäßigen Bestand der Ausbildungsstellen und seiner jährlichen Ver- änderungen auf. Z. 2. wird das Gesamtangebot an Berufs- ausbildungsstellen noch nicht statistisch erfaßt. Die Tat- sache des ständigen Rückgangs an Berufsausbildungsstel- len hat die Berufsberatungsstatistik jedoch schon sehr früh angezeigt, wie die Ergebnisse einer im vorigen Jahr im Auftrag des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft vom Infas-Institut durchgeführten Repräsentativbefragung von Betrieben bestätigt haben. Nach dieser Umfrage kann für das 1. Ausbildungsjahr im Jahre 1972 ein Gesamtange- bot betrieblicher Ausbildungsstellen von 590.000 verzeichnet werden, 1974 dagegen nur noch von 480.000. Für 1975 wurde mit einem Rückgang zwischen 3 und 10 O/O gerechnet. Die Bundesanstalt für Arbeit stellte furl1974 auf 1975 einen Rückgang der Zahl der den Arbeitsämtern gemeldeten Berufsausbildungsstellen um 4,6 O/O fest. Damit ist der Ent- wicklungstrend unbestritten.

Die Zahl der Ausbildungsstellen. die unbesetzt blieben, sank von 130.000 im Jahre 1972 auf unter 2û.ooO im Septem- ber 1975. Damit sind nur noch knapp 6 O/O aller gemeldeten Ausbildungsstellen unbesetzt. Die Entwicklung zeigt, daß von Jahr zu Jahr das Angebot stärker ausgeschöpft wurde. Man kann in diesem Jahr nahezu von einer völligen Aus- Schöpfung sprechen, da es sich bei den verbleibenden Aus-

bildungsstellen nicht selten um Ausbildungskapazitaten handelt, die aufgrund der besonderen Umstände besonders schwer zu besetzen sind. In den begehrten Elektroberufen sowie in den Büro- und Verwaltungsberufen waren Ende September 1975 praktisch alle gemeldeten Stellen besetzt. Auch im großen Bereich der Metallberufe konnte die Be- rufsberatung der Arbeitsämter nahezu alle verfügbaren Stellen an geeignete Berufsanwärter vermitteln. Von den 20.000 unbesetzt gebliebenen Ausbildungsstellen entfällt ein erheblicher Teil auf Ernährungsberufe, Bauberufe sowie auf Berufe der Gästebetreuung und der Körperpflege. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Berufswünsche und Ausbildungsstellenangebote sowohl regional als auch be- ruflich nur teilweise Übereinstimmen, bleibt festzustellen, daß die beruflichen Wahlmöglichkeiten der Bewerber um Ausbildungsstellen heute im ganzen gesehen erheblich un- günstiger geworden sind. Bis Ende September 1975 konnten deshalb auch 23.500 Berufsanwärter noch nicht unterge- bracht werden, obwohl sie die individuellen Voraussetzun- gen für eine Berufsausbildung erfüllten. Unter ihnen befan- den sich 1.300 Rehabilitanden und 700 ausländische Ju- gendliche. Zum gleichen Zeitraum des Vorjahres waren 20.700 Jugendliche noch nicht untergebracht. Besonders hinweisen möchte ich darauf, daß sich heuer mehr Jugend- liche für Ausbildungsberufe entscheiden mußten, die bis- her von den Berufsanwärtern weniger begehrt waren und aus diesem Grunde nicht die von den Ausbildungsbetrieben gewünschte Zahl an Nachwuchskräften gewinnen konnten. Es war nach wie vor nicht möglich, den Verlust betrieblicher Ausbildungskapazitäten durch das Angebot an Ausbildungs- möglichkeiten in berufsbildenden Schulen - vorwiegend in Berufsfachschulen - auszugleichen.

Die insgesamt rückläufige Entwicklung des Ausbildungs- stellenangebotes hat nach den Erfahrungen der Arbeits- ämter verschiedene Gründe:

- Ein Teil der Betriebe mußte seine Ausbildungstätigkeii wegen der strengeren Beurteilung der Eignung der Ausbil- dungsstätten und der persönlichen und fachlichen Eignung der Ausbilder bzw. Ausbildenden durch die nach dem Be- rufsbildungsgesetz zuständigen Steilen einschränken. Si- cher gehe ich mit Ihnen einig, daß diese Entwicklung im Interesse einer Qualifizierung der Berufsausbildung positiv zu werten ist.

- Kleinere und mittlere Betriebe waren häufig nicht in der Lage, den neuen, anspruchsvolleren und verbindlichen Aus- bildungsordnungen zu genügen. Hier zeigten sich beson- dere Schwierigkeiten bei Anforderungen, die mit bestimm- ten Stufenausbildungsgängen verbunden sind.

- Die konjunkturelle Entwicklung und die strukturellen Veränderungen in bestimmten Berufsbereichen haben eben- falls zur Verminderung des Angebots an Ausbildungsstel- len beigetragen. Nach der bereits erwähnten Betriebsbe- fragung des Infas-Instituts durch das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft ist bei 40 O/O der Fälle die Nachwuchseinstellung auch von der Umsatzentwicklung und den Auftragseingängen abhängig gemacht worden.

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- Zum Rückgang der Ausbildungsstellen hat in manchen Fällen auch die Unsicherheit über die weitere Enîwidtlung des beruflichen Ausblldungswesens beigetragen. Die ge- plante Neuordnung der beruflichen Bildung durch ein neues Berufsbildungsgesetz ist Ihnen bekannt. In diesem Zusam- menhang möchte ich darauf hinweisen, daß es vereinzelt auch Betriebe gibt, die sich abwartend verhalten, weil sie Öffentliche Mittel zur Finanzierung der laufenden Kosten der Berufsausbildung erwarten.

- Manche Betriebe begründen ihre Zurückhaltung zur Aus- bildung auch damit, daß in den letzten Jahren die Leistungs- bereitschaft der Jugendlichen geringer geworden sei und ihre schulische Vorbildung den erhöhten Anforderungen einer modernen Berufsausbildung vielfach nicht genüge.

- Berichtet wird auch von Schwierigkeiten in der betrieb- lichen Praxis, die durch die Berufsgrdndbildungsjahr- und Berufsfachschul-Anrechnungsverordnung auftreten, da die Rahmenlehrpläne der Länder und die Ausbildungsordnun- gen des Bundes nicht genügend aufeinander abgestimmt sind. Beobachtet wurden auch Fälle, bei denen Bewerber den Betrieben einen Besuch des Berufsgrundbildungsjahres oder der Berufsfachschule verschwiegen oder aber die Bil- dungsgänge voneitig abgebrochen haben, um ihre Ein- stellungschance nicht zu verschlechtern.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, Sie erkennen schon an der Aufzählung dieser wenigen Gründe, wie vielschichtig sich die Entwicklung am Ausbildungsstellenmarkt darstellt. Die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme der Dienste der Bun- desanstalt für Arbeit und die berufliche Entscheidungsfrei- heit des einzelnen Staatsbürgers, aber auch die nicht exakt erfaßbare statistische Einheit ,,Ausbildungsstellen", lassen eine genaue Erfassung sowohl des Gesamtangebotes an betrieblichen Ausbildungsstellen, wie auch der Zahl der tatsächlichen Berufsanwärter nur schwer zu. Wir stehen mit den für die berufliche Bildung verantwortlichen Stellen in engem Kontakt, um brauchbare Lösungen für entsprechen- de statistische Erfassungen zu finden.

Das Ansteigen der Zahl der Bewerber an Ausbildungs- stellen ist dagegen statistisch einwandfrei belegbar. Die Erhöhung ist schon dadurch bedingt, da6 das Interesse an einer Berufsausbildung gegenüber einer un- bzw. ange- lernten Erwerbstätigkeit bei Schulabgängern zugenommen hat. Dazu kommt, daß in einigen Bundesländern - Nieder- Sachsen, Hamburg, Berlin und Bayern - schon in diesem Jahr die Zahl der Schulabgänger angestiegen ist. Ab 1977 müssen wir für einige Jahre insgesamt mit stärkeren Schul- entlaßjahrgängen rechnen.

Beruísanwärter durch jene Jugendlichen vergrö6ert wird, die im vorhergehenden Jahr aufgrund einer erfolglosen Suche nach einer Ausbildungsstelle Überbrückende Bll- dungsmaûnahmen, insbesondere berufsvorbereitende Lehr- gänge besucht haben und wieder als Bewerber auftreten. Die Bugwelle der steigenden Nachfrage schieben wir vor uns her - und sie wird zunächst von Jahr ZU Jahr größer.

Um den Oberblick über die derzeitige Lage auf dem Arbeits- markt der Jugendlichen zu vervollständigen, lassen Sie mich noch einige Hinweise zur sog. Jugendarbeitslosigkeit geben. Bei den Arbeitsämtern waren Ende September 1975 115.800 Personen unter 20 Jahren - 113 O/O aller Arbeitslosen - arbeitslos gemeldet. Die altersspezifische Arbeitslosenquo- te, die im Januar 1975 mit 6 O/O noch überdurchschnittlich hoch war, hatte sich bis Mai 1975 der durchschnittlichen Arbeitslosenquote (4,4 O/o) angeglichen, sie beträgt Ende September 1975 5,8 O/o. Diese Tatsache dari nicht darüber hinwegtäuschen, daß gerade Jugendliche bei hoher Arbeits- losigkeit in einer besonders schwierigen Arbeitsmarktsitua- tion sind. Diese Aussage wird deutlich, wenn wir berück- sichtigen, da6

- über '/3 der Arbeitslosen unter 20 Jahren weder einen Hauptschulabschluû noch einen berufsbildenden Abschluß hat und

- rd. 70 O/o keine abgeschlossene Berufsausbildung be- sitzen.

Der größte Teil der Arbeitslosen dieser beiden Gruppen gehört zu den Personenkreisen der lernschwachen bzw. der benachteiligten Jugendlichen. Dabei ist aufschlußreich, da6 von den 86.000 Arbeitslosen unter 20 Jahren Ende Mai 1975 etwa 65 O/o eine Tätigkeit als An- und Ungelernte suchten und damit an einer Berufsausbildung nicht interessiert wa- ren. Lediglich 6.500 Jugendliche, 7,6 O/O der Arbeitslosen ihrer Altersstufe waren auch deshalb arbeitslos gemeldet, weil sie keine ihren Fähigkeiten und Interessen enispre- chende betriebliche Ausbildungsstelle gefunden hatten. Die entsprechende Auswertung bis Ende September 1975 wird z. Z. vorgenommen.

Selbst wenn man berücksichtigt, daß sich nicht alle erfolg- losen Bewerber um Ausbildungsstellen arbeitslos melden, zeigen diese Zahlen doch, daß die gegenwärtige Arbeitslo- sigkeit der Jugendlichen nur zu einem kleinen Teil auf ei- nen Mangel an Berufsausbildungsstellen zurückzuführen ist. Die Zahl der bei den Arbeitsämtern arbeitslos gemel- deten Jugendlichen erklärt sich vielmehr aus der allgemei- nen Arbeitslosigkeit, die seit Beninn des Jahres über der

Die Zahl der zur Schulentlassung kommenden Hauptschüler und Schüler mit mittlerem Bildungsabschluß steigt von 1977

Millionengrenze- liegt und haupts&hlich konjunkturell, teil- weise aber auch strukturell bedingt ist. -

bis 1979 Von 687.000 auf 77'3.000. Die Höchstzahl bei den ~i~ von ,,,ir in gro~en zugen dargestellte Arbeitsmarktsi- tuation ist für die Arbeitsämter Anlaß zu verstärkten Akti- Abiturienten wird im Jahre 1982 erwartet.

Wenn es uns nicht gelingt, das Ausbildungsangebot nen- nenswert zu erhöhen, sind zunehmend größere Schwierig- keiten bei der beruflichen Eingliederung unserer Jugend- lichen nicht auszuschließen. Dazu kommt, daß die Zahl der

vitaten. Da die Förderung lernschwacher und benachteiligter junger Menschen durch Berufsvorbereitung und Vermitt- lung vorrangig Aufgabe der Berufsberatung der Arbeits- ämter ist, möchte ich mich bei meiner Darstellung auf die-

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sen Funktionsbereich konzentrieren. Ebenso wie auch an- dere soziale Beratungsdienste verstehen wir uns von der Berufsberatung als eine unabhängige Einrichtung der Öf- fentlichen Daseinsvorsorge, die bei freiwilliger Inanspruch- nahme jede Bevormundung und Lenkung ausschließt und unentgeltlich sowohl allgemeine wie individuelle Hilfen zur Selbsthilfe anbietet.

Die Berufsberatung wendet sich vor allem an Jugendliche und deren Eltern. Sie erteilt Rat und Auskunft in Fragen der Berufswahl und berät darüber hinaus Ratsuchende in Fragen ihrer schulischen Bildung, soweit diese für ihre Be- rufswahl und ihre berufliche Entwicklung von Bedeutung sind. Um diesen Aufgaben gerecht werden zu können, bietet die Berufsberatung allen Interessierten, den verschieden- sten Personengruppen und der gesamten Offentlichkeit ihre Dienste und Leistungen an. Diese umfassen insbesondere - in Wort, Schrift und Bild die wesentlichen Informationen aus den Bereichen der Bildung, der Berufe und des Ar- beitslebens;

- eine individuelle Beratung zur Planung von mehrstufigen, alternativen Bildungs- und Berufswegen; - die Vermittlung betrieblicher und den Nachweis schu- lischer Berufsausbildungsstätten;

- die Förderung der betrieblichen und überbetrieblichen Berufsausbildung durch Beihilfen unter rechtlich festge setzten Voraussetzungen.

Es ist selbstverständlich, da6 wir uns bemühen, bei der Be- rufsberatung besonderer Personenkreise den jeweiligen Bedürfnissen durch spezielle Methoden und Maßnahmen gerecht zu werden. Im Rahmen der Berufsorientierung in- formieren und orientieren wir zur Vorbereitung einer fun- dierten Berufswahl Über die jeweils zugänglichen oder an- zustrebenden Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten, aber auch Über die, die Ausbildungs- und Berufswahl beeinflus- senden wesentlichen Faktoren, über die Strukturmerkmale der Berufe, Über Wege und Förderungsmöglichkeiten der beruflichen Bildung sowie Über Trends und Chancen des Arbeitsmarktes und des Beschäftigungssystems. Um den lernschwachen und benachteiligten Jugendlichen einen Ein- blick in die Zusammenhänge von Berufswahl, Berufsaus- Übung und der daraus resultierenden sozialen Stellung zu geben sowie ihr Verständnis für diese Oberlegungen zu wecken, haben wir eigene Medien und Maßnahmen entwik- kelt. Für diese Zielgruppe wurde von uns das besondere Arbeits- und Leseheft ,,Auf dem Wege zum Beruf" als Un- terrichtshilfe bei der Arbeitslehre sowie die Broschüre ,,Mehr wissen, Informationen für Eltern behinderter Jugendlicher" herausgegeben. Zur Zeit entwickeln wir ein Modell, das eine Qualifizierung der Unterrichtsgespräche des Berufsberaters in den Sonderschulen für Lernbehinderte unter Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Ziele hat.

In der beruflichen Einzelberatung wird dem Ratsuchenden Gelegenheit geboten, mit dem Berufsberater seine eigene Berufsentscheidung zu erörtern. In diesem Beratungsge- sprach werden die persönlichen Voraussetzungen und Er-

wartungen geklärt und unter Einbeziehung weitreichender beruflicher Entwicklungsperspektiven auf die vorhandenen Ausbildungcmõglichkeiten bezogen. Da es lernschwachen und benachteiligten jungen Menschen häufig an eigenen Initiativen, das Beratungsangebot zu nutzen, fehlt, hält die Berufsberatung in diesen Fällen besonders engen Kontakt zu den Lehrern an den Sonderschulen. Dies ist auch häufig deshalb unerläßlich, weil in vielen Fällen gerade diese Ju- gendlichen keine Hilfe durch ihre Eltern erfahren. Dabei geht es uns nicht nur darum, das Beratungsangebot zu intensivieren, es müssen vielmehr zielgruppenspezifische Beratungsmethoden angewandt werden. Die für Behinderte generell vorgesehene besonders systematische diagno- stische Beratungsphase wird meist durch ärztliche und psy- chologische Untersuchungen zusätzlich untermauert. Auch -_ für diesen Personenkreis gilt dabei der Grundsatz der Frei- willigkeit der Inanspruchnahme der Berufsberatung.

Die Ausbildungsvermittlung. d. h. alle Bemühungen um Vermittlung beruflicher Ausbildungsstellen, ist eine eigen- ständige Hilfe zur Realisierung von getroffenen Berufsent- Scheidungen. Bei dieser Vermittlungstätigkeit, die auf das Zustandekommen beruflicher Ausbildungsverhältnisse ge- richtet ist, hat die Berufsberatung besonders darauf zu a&,- ten, daß geeignete Ratsucher nur in fachlich, gesundheit- lich und erzieherisch einwandfreie Ausbildungsstellen ge- langen. Bei der Beurteilung der Ausbildungsqualität legt die Berufsberatung die gutachtliche Stellungnahme der nach dem Berufsbildungsgesetz zuständigen Stelle zugrun- de. Die vielfältigen Schwierigkeiten, die sich bei der Be- achtung der Vermittlungsgrundsätze für die Unterbringung lernschwacher und benachteiligter Jugendlicher ergeben können, sind offensichtlich. Bevor ich dazu eingehender Stellung nehme, darf ich einen kurzen Hinweis auf die fi- nanzielle Förderung der betrieblichen Berufsausbildung durch die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfen ge- ben. Mit ihr soll im Einzelfalle die Realisierung einer Se-,-. troffenen Berufsentscheidung unterstützt und ermöglich' werden. Der Haushaltsansatz dafür beträgt z. 2. Ca. 300 Millionen DM. Berufsausbildungsbeihilfe können Jugend- liche auch unabhängig von der Inanspruchnahme der be- ruflichen Einzelberatung und der Ausbildungsvermittlung er- halten. Sie wird auf Antrag für eine betriebliche oder über- betriebliche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungs- beruf gewährt, soweit die dafür erforderlichen Bedingungen vorliegen. Das vom Deutschen Bundestag verabschiedete Haushaltsstrukturgesetz bringt gegenüber der bisherigen Praxis einige Xnderungen. Ich darf die geänderte Fassung des § 40 AFG im Wortlaut zitieren:

,,Die Bundesanstalt gewährt Auszubildenden Berufsaus- bildungsbeihilfen für eine berufliche Ausbildung in Betrie- ben oder überbetrieblichen Ausbildungsstätten sowie für die Teilnahme an Grundausbildungs- und Förderungslehr- gängen u. a. berufsvorbereitenden Maßnahmen, soweit ihnen die hierfür erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Für die Teilnehmer an berufsvorbereitenden Maßnahmen kann die Bundesanstalt die Lehrgangsgebühren ohne An-

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rechnung von Einkommen übernehmen. Die Berufsausbil- dungsbeihilfen werden als Zuschüsse oder Darlehen ge- währt."

Sem Personenkreis Aussicht auf dauerhafte Beschäftigung bieten und denen der einzelne Jugendliche voraussichtlich auf Dauer gewachsen sein wird. Je chancenarmer die aus-

Nach Inkrafttreten des Haushaltsstrukturgesetzes wird die elternunabhängige Förderung für Verheiratete und für Per- sonen über 21 Jahren entfallen. Die endgültige Regelung wird demnächst vom Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit beraten.

Berufsvorbereitung und berufliche Eingliederung lernschwa- cher und benachteiligter junger Schulabgänger stehen in einem engen inneren Zusammenhang. Sind diese jungen Menschen nicht genügend qualifiziert ,,berufs-vorbereitet", so sind ihre Chancen für eine befriedigende berufliche Ein- gliederung stark gemindert. Dies gilt voi allem für Sonder- Schüler, aber auch für Hauptschüler ohne Hauptschulab- schluß, da die Betriebe wenig Bereitschaft zeigen, leistungs- schwache Jugendliche einzustellen, solange geeignetere Bewerber zur Verfügung stehen. Das verknappte Angebot erlaubt vielen Betrieben in zahlreichen Gebieten und Be- rufen, höhere Anforderungen an die künftigen Nachwuchs- kräfte zu stellen. Daraus resultiert ein deutlicher Druck der höheren Qualifikation auf die jeweils niedrigeren: Abiturien- ten drängen in herkömmliche Realschülerberufe, Realschü- ler in herkömmliche Hauptschülerberufe, Hauptschüler wei- chen aus auf herkömmliche Berufe für weniger Begabte. Da in diesen Bereichen das Angebot zu Ende geht, kommen Abgänger aus Sonderschulen nicht in wünschenswertem Umfange zu angemessenen Berufsausbildungsstellen. Es gibt natürlich Ausnahmen von diesem Domino-Effekt.

Vereinzelt verzichten Unternehmen auf höhere Qualifika- tionen und stellen beispielweise leistungsschwächere Haupt- Schüler ein, die ihnen später leichter erhalten bleiben. Wer die Gesamtzusammenhänge am Arbeitsmarkt überschaut und gewohnt ist, auch längerfristig zu denken, kann trotz aller Schwierigkeiten der augenblicklichen Arbeitsmarkt- ;ituation nur zustimmen, wenn ich sage: wir müssen aile Bemühungen um eine berufliche Eingliederung der lei- stungsschwächeren Personenkreise nach wie vor auf eine berufliche Ausbildung richten, weil nur sie eine Grundlage für eine dauerhafte Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bildet.

gewählten Berufe, um so geringer sind die Aussichten, da8 diese Jugendlichen sich in der Konkurrenz behaupten kön- nen und desto größer ist die Gefahr, daß sie beruflich ab- sinken und ihren Arbeitsplatz verlieren.

Bei dem Bemühen, möglichst vielen Jugendlichen eine ihnen angemessene berufliche Ausbildung oder überhaupt eine Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen, haben berufsvorbereitende Maßnahmen eine hervorragende Bedeutung erlangt. Dies gilt in besonderer Weise für lern- schwache und benachteiligte junge Menschen. Die Berufs- ausbildung von Schwerbehinderten soll künftig verstärkt in Berufsbildungswerken durchgeführt werden, deren Aus- bildungsmöglichkeiten jedoch wegen der noch zu geringen Platzzahl in absehbarer Zeit nur für einen kleinen Kreis ausreichen. Wir rechnen mit einem Gesamtbedarí von 20.000 Plätzen, von denen z. Z. etwa 6.000 vorhanden sind.

Die mit Mitteln der Bundesanstalt finanzierten und unter verschiedener Trägerschaft durchgeführten berufsvorberei- tenden Maßnahmen beschränken sich heute nicht nur auf die Berufsvorbereitung noch nicht ausbildungs- oder be- rufsreifer Jugendlicher, sondern erstrecken sich auch auf Grundausbildungslehrgänge für solche Jugendliche, die durch die gegenwärtige Wirtschaftslage arbeitslos gewor- den sind.

Die wichtigsten berufsvorbereitenden Maßnahmen, die für lernschwache und benachteiligte junge Menschen in Be- tracht kommen sind:

- Grundausbildungslehrgänge für Schulentlassene, die ent- weder eine angestrebte Berufsausbildung wegen Mangel an geeigneten Ausbildungsstellen nicht aufnehmen können oder deren Bewerbungen um Ausbildungsstellen ihrer schu- lischen Leistungen wegen aussichtslos sind; diese Lehr- gänge bereiten vor auf die betriebspraktischen Anforde rungen an Auszubildende bzw. an Arbeitnehmer. Sie ver- mitteln gleichzeitig praktische und theoretische Grund- kenntnisse und -fertigkeiten in mehreren Berufen eines Be- rufsbereiches oder aus solchen Berufen, in denen auf dem Örtlichen Arbeitsmarkt Üblicherweise Arbeitskräfte einae-

Eine berufliche Ausbildung kann wesentlich dazu beitragen, arbeitet werden. -

die körperliche und seelische Verfassung sowie die Ein- stellung zum Leben und zur Gesellschaft verbessern. Auch diese Jugendlichen, die aufgrund ihrer Leistungsschwäche bei der Suche nach einer beruflichen Ausbildung zunäctist erfolglos bleiben, haben einen individuellen und sozialen Anspruch auf eine möglichst umfassende, vielseitige und grundlegende berufliche Ausbildung für einen künftigen Be- ruf oder Arbeitsplatz. Diese Ausbildung muß eine qualifi- zierte Leistung in einem möglichst breiten Bereich ver- wandter Beschäftigungen ermöglichen. Je besser und je sorgfältiger diese Ausbildung war, um so wahrscheinlicher ist die Anpassungsfähigkeit und die Krisenfestigkeit dieser Jugendlichen. Dabei müssen Ausbildungsgänge für Berufs- bzw. Tätigkeitsbereiche ausgewählt werden, die auch die-

- Grundausbildungslehrgänge für arbeitslose Jugendliche, für die - unabhängig von den dafür maßgeblichen Grün- den - eine Berufsausbildung nicht in Betracht kommt. In diesen Lehrgängen werden berufspraktische Fertigkeiten vermittelt und Kenntnisse Über Arbeitsverhalten, Arbeits- schutz und Arbeitssicherheit u. ä. erworben.

- Förderungslehrgänge für noch nicht berufsreife Schul- entlassene, die von ihrer Begabung her fähig wären, eine Berufsausbildung aufzunehmen, jedoch Starthilfen bedür- fen, weil sie wegen vorübergehender Entwicklungsschwie- rigkeiten im physischen oder psychischen Bereich der B e lastung einer Berufsausbildung noch nicht gewachsen sind. Dazu zählen auch Abgänger aus Sonderschulen für Lernbe-

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hinderte oder vergleichbare Abgänger aus Hauptschulen, die wegen ihrer in einer nicht nur vorübergehenden Behin- derung begründeten Lernschwierigkeiten der besonderen Hilfe des Förderungslehrganges bedürfen. Förderungslehr- gänge dienen der Vorbereitung auf die betriebliche Ausbil- dung in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Nach unserer Auffassung wäre zu begrüßen, wenn die zuständigen Stellen die Möglichkeit zur Regelung besonderer Ausbildungsgänge für Behinderte (0 48 Berufsbildungsgesetz bzw. 5 42 b HWO) stärker nutzen würden. - Lehrgänge zur Verbesserung der Eingliederungsmög- lichkeiten für noch nicht Berufsreife, die für eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit Sicherheit nicht in Betracht kommen, aber gerade wegen ihrer Behinderung der besonderen Hilfe des Lehrganges bedürfen, damit ihnen eine Eingliederung auf dem betreffenden Arbeitsmarkt er- möglicht wird. Zweck dieses Lehrganges ist die Vorberei- tung auf eine Arbeitnehmertätigkeit auf dem freien Arbeits- markt oder auf dem besonderen Arbeitsmarkt ,,Werkstatt für Behinderte".

Die Kapazität der durch die Bundesanstalt geförderten be- rufsvorbereitenden Maßnahmen haben wir in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet. Während noch im Berichts- jahr 1972/73 insgesamt 9.600 Teilnehmer in 348 Maßnahmen unterrichtet wurden, besuchten am 1. November 1975 rund 25.400 Teilnehmer insgesamt 819 berufsvorbereitende Maß- nahmen.

Im einzelnen waren nach dem Stand Anfang November 1975

12.700 Teilnehmer in 314 Förderungslehrgängen 4.900 Teilnehmer in 240 Grundausbildungslehrgängen

7.800 Teilnehmer in 265 Lehrgängen zur Verbesserung der

Alle diese Teilnehmer erhalten aus Mitteln der Bundesan- stalt Berufsausbildungsbeihilfen oder finanzielle Hilfen im Rahmen der Fortbildung und Umschulung. Nach Inkraft- treten des Haushaltsstrukturgesetzes entfällt die Förderung aus Mitteln der beruflichen Fortbildung oder Umschulung, da dann in der Regel für diese Förderungsart eine &jährige bzw. bei Lehrgängen bis zu 6 Monaten eine 4-jährige be- rufliche Praxis erforderlich wird.

Pro Teilnehmer und Maßnahme wendet die Bundesanstalt durchschnittlich 10.000 bis 11.000 DM auf. Bei einer Teil- nehmerzahl von rd. 26.000 Personen ergibt das einen Fi- nanzbedarf von rd. 270 Mio DM. Allein diese Größenord- nung demonstriert sinnfällig, welchen Stetlenwert die Bun- desanstalt für Arbeit den berufsvorbereitenden Maßnahmen beimißt. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich feststel- len, daß die Bundesanstalt - für eine große Gruppe der Teilnehmer an berufsvorbereitenden Maßnahmen - eine Art ,,OberbrÜckungsfunktion" Übernommen hat. Damit lei- sten wir einen Beitrag zur Oberwindung der schwierigen Situation hier und heute. Diese Funktion kann von uns nur wahrgenommen werden, solange die Schule noch nicht in der Lage ist, alle Jugendlichen ihrem Bildungsauítrag ent-

Eingliederungsmöglich keiten.

sprechend darauf ausreichend vorzubereiten, den Anforde- rungen des Arbeits- und Berufslebens gerecht zu werden. Alle Maßnahmen der Schulverwaltungen, die diesem Ziele dienen, müssen deshalb auch nach unserer Ansicht abso- luten Vorrang vor jenen Maßnahmen haben, die von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert werden. Aus diesem Grunde versteht sich von selbst, daß bei der inhaltlichen Gestaltung der verschiedenen Arten von Lehrgängen klare curriculare Abgrenzungen gewahrt bleiben müssen.

In gleicher Weise müssen wir darauf achten, daß der be- rufsvorbereitende Charakter eindeutig dominiert und nicht schon Berufsausbildung vorweggenommen wird. Diese Ein- schränkung, oder besser gesagt ,,GrenzZiehung", gilt so- wohl hinsichtlich der betrieblichen Berufsausbildung, als auch der Berufsgrundbildung, wie sie im Berufsgrundbil- dungsjahr bzw. Berufsgrundschuljahr vermittelt werden soll. Wir können und dürfen im Rahmen der Berufsvorbereitung weder die Berufsausbildung noch das Berufsgrundbildungs- jahr bzw. Berufsgrundschuljahr - auch nicht indirekt - fi- nanzieren. Ebenso ist es grundsätzlich nicht unsere Auf- gabe, Kosten der Allgemeinbildung, wie z. B. das Nach- holen eines Hauptschulabschlusses im Rahmen berufsvor- bereitender Maßnahmen aufzubringen.

Die Bundesanstalt beobachtet sehr genau Ursache und Wir- kung am Arbeitsmarkt. Wir wissen auch, da6 es keine Wun- derwaffen gibt, um schwierige Situationen kurzfristig än- dern zu können. Auch die von uns bereits bisher ergriffenen und geplanten weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt und zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit können nur eine begrenzte Wirkung haben. Sie allein vermögen die derzeitige Situation nicht grundlegend zu bessern. Eine solche radikale Xnderung wäre nur denkbar, wenn die von mir eingangs erwähnten Gründe wie z. B. derzeitige Entwicklung am Arbeitsmarkt, Zurückhaltung der Ausbildungsbetriebe beim Einstellen von- Nachwuchskräften, gegenstandslos würden. Da in diesen Bereich der Konjunktur nur mit einer allmählichen Verän- derung zu rechnen ist, hat auf meine Veranlassung hin eine Arbeitsgruppe der Bundesanstalt schon zu Beginn des Jah- res eine Reihe konkreter Vorschläge erarbeitet, mit denen eine schrittweise Verbesserung der Lage auf dem Ausbil- dungsstellenmarkt und bei der Jugendarbeitslosigkeit er- zielt werden sollten. Wir haben die entsprechenden Empfeh- lungen den zuständigen Ministerien des Bundes und der Länder sowie allen sonst interessierten Organisationen zu- geleitet.

Zu diesen Vorschlägen gehören z. B. auch die Entwicklung von Modellausbildungsordnungen für leistungsschwache Ausbildungsbewerber, die den mehr praktisch und weniger theoretisch Begabten besser Rechnung tragen sollen. Zahl- reiche dieser Vorschläge bilden zwar nur so etwas wie den vielzitierten ,,Tropfen auf den heißen Stein". Die Summe aller Aktivitäten - und darunter verstehe ich auch verstärkte Beiträge der Länder - vermag nach unserer Auffassung die Entwicklung erheblich zu beeinflussen. Als gezielte MaBnahmen der Schulverwaltungen kämen z. B. in Betracht:

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- das Angebot eines freiwilligen 10. Schuljahres zur Ober- brückung bei akutem Ausbildungsstellenmangel zu ver- stärken, um die Gefahr der Arbeitslosigkeit für Hauptschüler zu verringern;

- das Berufsgrundbildungsjahr/Berufsgrundschuljahr, auch in Sonderform für Lernbehinderte, über das Modellstadium hinaus zügig auszubauen;

- das Angebot zum Nachholen des Hauptschulabschlusses in für diesen Personenkreis geeigneten Formen zu verbrei- tern:

- die Kapazität des berufsbildenden Schulwesens, insbe- sondere der Berufsfachschulen, voll auszuschöpfen und aus- zuweiten - einschließlich des Angebots neuer Ausbildungs- qänge;

- für Kinder ausländischer Arbeitnehmer zur sinnvollen Nutzung in einer Zeit der Nichtbeschäftigung deutsche Sprachkurse einzurichten, damit auch die Vorbereitung auf eine Berufsausbildung erleichtert werden könnte.

In verschiedenen Bundesländern sind inzwischen erfreu- licherweise vielfältige Bildungsmaßnahmen, die in unserem Vorschlag enthalten waren, angelaufen. Ich möchte jedoch nicht verhehlen, da6 nach Berichten aus nahezu allen Teilen der Bundesrepublik bei den für den Besuch dieser Maß- nahmen in Betracht kommenden Personengruppen nicht selten der notwendige Bildungswille fehlt, so daß Bildungs- maßnahmen dieser oder ähnlicher Art nur ein relativ be- scheidenes Interesse finden. Diese Feststellung gilt leider auch für bereits arbeitslos gewordene Jugendliche.

Meine Damen und Herren! Es hieße ,,Eulen nach Athen tra- gen“, wenn ich ausgerechnet bei Ihnen nun die vielfältigen Bemühungen jener Gemeinschaften engagierter Frauen und Manner im Detail aufführen wollte, deren Vertreter Sie, meine verehrten Zuhörerinnen und Zuhörer, sind. Wir von ier Bundesanstalt für Arbeit wissen sehr wohl, da6 der

Jugendhilfe bei der Lösung der angesprochenen Probleme eine wichtige, ja eine entscheidende Rolle zukommt. Was nutzen denn die ausgeklügelsten Programme, die besten Absichten, wenn sie von der Jugend nicht angenommen werden. Ich wünsche mir deshalb, daß Sie auch weiterhin das tun, was sie durch Jahrzehnte mit anerkanntem Erfolg getan haben, nämlich mit flankierenden Maßnahmen helfen, die Jugendlichen zu motivieren, damit sie von den angebo- tenen Möglichkeiten Gebrauch machen. Und Sie sollten auch weiterhin fortfahren, Hemmnisse im häuslichen und im gesellschaftlichen Raum, ja in der breiten Uffentlichkeit, abzubauen.

und bedarísangemessen gestreut werden. Es gibt eine Rei- he von Arbeitsämtern, bei denen das Problem der Berufs- Vorbereitung und Ausbildungsstellenvermittlung für Jugend- liche aus dem Personenkreis der Minderbegabten und Min- derleistungsfähigen ohne zusätzliche Hilfe nicht zu lösen ist. In diesen Fällen sind Förderungslehrgänge und Lehrgänge zur Verbesserung der Eingliederungsmöglichkeiten nahezu die einzige Möglichkeit, um diesen Jugendlichen doch noch zu einer angemessenen Berufs- und Arbeitsplatzwahl und einer anschlie6enden Realisierung am Arbeitsmarkt zu ver- helfen. So konnten 1973/74 insgesamt 62 O/O der seinerzeit fast 8.000 Teilnehmer an Förderungslehrgängen soweit ,,be- rufs-vorbereitet“ werden, daß eine Berufsausbildung mög- lich wurde. Von den Absolventen der Lehrgänge zur Ver- besserung der Eingliederungsmöglichkeiten traten 42 O/o

eine Arbeitsstelle an, 19 O/O nahmen eine Berufsausbildung auf. Diese Zahlen sind ein deutlicher Beweis, daß die be- rufsvorbereitenden Maßnahmen eine wirksame Hilfe zur Minderung der Jugendarbeitslosigkeit darstellen.

Auf ein großes Problem muß ich dabei allerdings nachdrück- lich hinweisen. Wenn wir heute rd. 25.500 Teilnehmer in berufsvorbereitenden MaBnahmen haben, so wird diese Gruppe am Ende der Lehrgangsdauer die Zahl der Berufs- anwärter bzw. der arbeitslosen Jugendlichen zunächst wei- ter vergrö6ern. Wir können heute noch nicht mit Sicherheit sagen, wie der zeitliche Aufschub, der durch die Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Maßnahme eintritt, am Aus- bildungsstellenmarkt bzw. am Arbeitsmarkt abgefangen werden kann. Die Örtlichen Arbeitsämter sind angewiesen, dieser Situation besondere Aufmerksamkeit zu widmen und geeignete Maßnahmen zur Eingliederung zu planen.

Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort des Dankes sagen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk und die ihr angeschlossenen Trägerverbände haben mit großem Engagement und Sachverstand dazu beigetragen, - ja es in vielen Fällen Überhaupt erst möglich gemacht -, daß in den zurückliegenden Jahren vielen Tausenden jun- ger Menschen der Start in eine angemessene Berufsaus- bildung oder auf einen Arbeitsplatz gelungen ist. Ihre Ar- beit, meine Damen und Herren, ist eng verbunden mit der Geschichte der Entwicklung des Arbeitsmarktes seit 1945 in der Bundesrepublik Deutschland. Ich freue mich darüber hinaus, daß es durch ein vertrauensvolles Zusammenwirken Ihrer Institution und der Bundesanstalt für Arbeit möglich war, zu einheitlichen Vorstellungen Über die Durchführung von berufsvorbereitenden Maßnahmen zu kommen. Wir soll- ten auch hier und heute nicht vergessen, zu erwähnen, daß als Produkt dieser Zusammenarbeit nunmehr Rahmenlehr- pläne vorliegen, die den Trägern von Maßnahmen als An- halt dienen können. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk hat sich

riiit der Vorbereitung, der Organisation, der inhaltlichen Aus- gestaltung und der Durchfühiung berufsvorbereitender Maß- Ich habe in der Kürze der mir zur Verfügung stehenden nahmen schon bisher große Verdienste erworben. Die gu- Zeit versucht, Ihnen aus der Sicht der Bundesanstalt für l e i Erfahrungen mit den berufsvorbereitenden Maßnahmen Arbeit Gedanken ,,zur Förderung lernschwacher und be- e; wtigen uns, ihre Ausweitung im notwendigen Umfange nachteiligter junger Menschen durch Berufsvorbereitung und gezielt zu fördern. Dabei ist es allerdings erforderlich, und Vermittlung” vorzutragen. Wenn ich eine Reihe von daß die Standorte der Maßnahmen noch stärker regional Aspekten nur andeuten konnte, CO hoffe ich doch, daß sicht-

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bar wurde, welchen Stellenwert die Bundesanstalt für Ar- beit gerade dem Personenkreis lernschwacher und benach- teiligter junger Menschen beimißt. ich sagte eingangs, daß die positive Einstellung der t)ffent- lichkeit zu den von uns angesprochenen problemen für sich allein noch kein Anlaß zu einer optimistischen weflung sei. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, daß die Kombination

.positive öffentliche Meinung" und ,;gaielte MaBnahmen in der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Arbeitsamt' die dargestellten Probleme in einem angemessenen Zeitraum entscheidend abbauen sie können davon ausgehen. daß die Bundesanstalt für Arbeit auch in den kommenden Jahren ihre vielfältigen Beiträge hierzu leistet. Ich danke Ihnen.

Die Aufgaben der Jugendhilfe und Jugendsozlalarbelt bei der Förderung der beruflichen Bildung lernschwacher und benachteiligter Junger Menschen Dr. Hans Peter Mehl, Freiburg im Breisgau

Zur Legltlmltät des Themas

Wenn der berufsbildungspolitischen Stimme und dem ar- beitsförderungspolitischen Beitrag nun noch eine jugend- hilfepolitische Perspektive hinzuzufügen ist, so will mir scheinen, daß dies nicht allein deshalb geschieht, um den Auftrag zeitgemäBer und vorausschauender Jugendhilfe neu zu befragen und möglichenfalls zu formulieren, auch wenn zunächst kein neues Jugendhilfegesetz in Sicht sein mag. Es könnte im Blick auf den Kreis der zwischen den An- geboten des Berufs- und Arbeitsmarktes liegenden jugend- lichen Schicksale vielleicht auch darum gehen zu fragen, ob das von der Verfassung in Artikel 6 des Grundgesetzes aufgegebene Wächteramt der staatlichen Gemeinschaft, über das Wohl des normalen wie des ,,normenabweichen- den" behinderten, benachteiligten Kindes in der Familie besorgt zu sein, lediglich als eine öffentliche Beobachtungs- Pflicht verstanden wird oder ob die Verfassung angesichts ihrer rechts- und sozialpolitischen Garantien für jedermann - also auch für den lernschwachen und sozial benachtei- ligten Jugendlichen - ebenfalls Ausschau halten Iäßt nach anderen Mandatsträgern im Rahmen dieser staatlichen Gemeinschaft und unserer Gesellschaft, welche erklärter- maßen genau im Schnittpunkt zwischen Elternhaus, Schule und Beruf für den jungen Menschen in einer ganz beson- deren Weise da sind: ich meine die freien und Öffentlichen Träger der Jugendhilfe. Sollen die Grundsätze der freien persönlichen Entfaltung und des Ausgleichs sozialer Un- terschiede oder soll die Zusage, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei wählen zu können, auch für erst mündig werdende Bürger gelten - und dies tun sie in der Tat -, dann wird es angesichts der latenten Oberforderung der Familie und der unbarmherzigen Leistungsorientiert- heit und Lehrplanstarre der nicht kindgerechten Schule so- wie im Blick auf die mehr Privatinteressen befriedigende Okonomiebedingtheit der Berufswelt noch einen anderen Wahrer der Interessen und Probleme junger Menschen einfach geben müssen: eben die Träger der Sozialarbeit.

Es wäre allerdings Überheblich (und oft erweckt es leider diesen Anschein, wenn wir uns von der Sozialarbeit her zu Wort melden), wollte man nicht anerkennen, wie viele Selbsthilfe und Fremdhilfe geschehen, etwa welche Be- mühungen und Entbehrungen Eltern heute auf sich neh-

-.- men, um ihr irgendwie zu kurz gekommenes Kind auf der Weg zu bringen. Es wäre auch falsch, wollte man nicht fest- stellen, da6 das breitgefächerte Angebot von bis zu zwölf Arten von Sonderschulen und mehreren Berufsbildern des Sonderpädagogen Antworten sucht auf die Frage nach dem Schicksal des behinderten Kindes. Und es wäre unfair, der Arbeitsverwaltung und den Rehabilitationsträgern bzw. der diesbezüglichen Gesetzgebung des Bundes vorzuhal- ten, sie stopften nur widerwillig die lästigen Löcher, die nicht normale Jugendliche im Ablöseprozeß von Schule Richtung Arbeitswelt hinterlassen.

Nehmen wir aber doch für die Jugendhilfe in Anspruch - und dies soll die Legitimität meines Themas ausma- chen -, daß gerade sie ihrem Überzeitlichen Auftrag ge- mäß immer nach dem Schwachen, dem Zurückgebliebenen, nach dem Unterentwickelten bzw. Nochnichtentwickelten zu suchen hat, da6 gerade sie nach dem Verborgenen und Verbogenen, nach dem Wartenden und Verkümmerten, ja nach dem, der trotz aller Perfektion noch durch das Netz der sozialen Sicherung und Sicherheit fällt, zu fragen hat -, aber gleichzeitig und mehr denn je darüber hinaus die tieferen Ursachen erforschen muß, damit Wege gefunder

- werden, daß nicht immer wieder neue Störungen, Gefähr- dungen und Deprivationen entstehen. Ja diese offensive Jugendhilfe muß eben auch unvertretbare gesellschaft- liche Zustände und sozialnegative Lebensfaktoren mitver- ändern helfen, die immer wieder neu8 Defekte produzieren, denen dann oft nur mit einem bißchen Notlindern und Elendtherapieren reagierend und damit unzureichend und viel zu spät begegnet wird. Dieses oft unpopuläre, von weiten Teilen der Gesellschaft nicht verstandene, weil eben antizyklische Fragen der mo- dernen Sozialarbeit will und dari es einfach nicht wahr- haben, daß - um es in einem etwas feuilletonistischen Satz zu sagen - es heute noch immer Kinder gibt, die am Start des Lebens bereits das Rennen verloren haben1 Darum und nur darum geht es, wenn Jugendhilfe zu den Chancen und Grenzen behinderter, benachteiligter junger Menschen heute etwas zu sagen hat. Stehen wir doch alle wie gebannt vor den Zahlen: - in der BRD leben gegenwärtig 6 Millionen körperlich, geistig- und sinnesgeschädigte Menschen,

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- jährlich werden 4o.ûûû dieser klassisch Behlnderten neu hinzugeboren,

- rd. 100.ûûû Jugendliche, nämlich ein Viertel aller Haupt- Schulabgänger, verlassen pro Jahr nach Beendigung ihrer Vollzeitschulpflicht die Hauptschule ohne Abschluß,

- 60.000 Jugendliche werden pro Jahr mit verschiedensten Behinderungsarten aus der Schule entlassen, davon 34.000 unmittelbar aus den Sonderschulen,

- mehr als 300.000 Jungen und Mädchen bleiben gegen- wärtig ohne Ausbildung, wenn man eine nicht unbedenk- lich hohe Dunkelziffer bzw. versteckte Jugendarbeitslosig- keit vorsichtig hinzurechnet (etwa 25 O/O aller Jugendarbeits- losen),

- es gibt Wohnquartiere, etwa in sotialen Brennpunkten unserer Städte, da besuchen 49 O/O der Kinder die Sonder- schule bei einem diesbezüglichen städtischen Durchschnitt von 2 bis 3 O/O, von den ersteren (gleich 100 O/O gesetzt) er- reichen nur 15 VO den Sonderschulabschluß; die übrigen 51 O/O, die die Hauptschule besuchen, schaffen (wiederum auf 100 "/O bezogen) nur zu 12 O h den Hauptschulabschluß,

- in hochverdichteten Neubaugebieten stellen unsere Er- ziehungsberater bis zu 60 O/O verhaltensgestörte, sozial neu- rotische Kinder, 3 mal so hohe Jugendkriminalität, doppelt so hohe Eheanfälligkeit und 5 mal mehr Selbstmorde bzw. Selbstmordversuche fest als im Durchschnitt des gesamten Gemeinwesens oder Siedlungsraumes.

Da kann doch etwas nicht stimmen1 Genau hier setzt das sozialverantwortete Fragen und Analysieren gerade der Ju- gendhilfe ein; sicherlich und gerade auch, um Hilfen zu entdecken, die sich an die Wurzeln der Symptome wenden und eine dauerhafte Lebenschance aufbauen wollen, die nicht wieder von diesem negativen Wurzelgeflecht unter das Maß des Humanen heruntergezogen werden kann.

Das Proprium der Jugendsozialarbeit und der spezlflschen Jugendberufshilfe

Nach dem Kriege hatten wir die Phase der objektiven Ju- gendberufsnot, dann folgten die Jahre einer mehr subjek- tiven Jugendberufsnot, und heute, will mir scheinen, stehen wir in dem komplexen Problemfeld einer gleichzeitig ob- jektiven wie subjektiven Jugendberufsnot. Nur eine solche Sicht ist die konsequente Beurteilung der heute und noch längere Zeit vorherrschenden nicht nur regionalen, saiso- nalen oder konjunkturellen, sondern strukturellen und gleichzeitig verdeckten Arbeitslosigkeit. Diese potenzierte Schwierigkeit wiegt die nach 30 Jahren gewonnenen neuen erziehungs-, bildungs- und sozialwiccencchaftlichen wie praktisch-empirischen Erkenntnisse zum Aufbau von sach- gerechten Hilfen leider fast wieder auf.

In der Fragestellung nach den Initiativen und Aktivitäten möglicher Jugendhilfe angesichts der ,,grauen Zone" die- ser sog. benachteiligten Konfliktsjugend dürfte aber un- bestritten sein: kein Gebiet der heutigen Jugendhilfe weist eine solche konzeptionelle und praktische Affinität zu Be-

ruf- und Arbeitswelt auf wie die Jugendsozialarbeit oder - wohl etwas sachgerechter bezeichnet - die sozialpädago- gische Jugendberufshilfe.

Ihr Proprium, ihre charakteristische Eigenheit beruht doch darin, da8 sie die berufsbezogene Komponente in ihren Auftrag der Hilfe zur personalen und sozialen Entfaltung und gesellschaftlichen Eingliederung junger Menschen do- minant einbaut, dabei aber eine ganzheitlich orientierte Er- ziehungs- und Bildungshilfe gleichwohl anstrebt, wohl wis- send, daß sie - so wenig wie andere Erziehungs- und Bil- dungsfunktionen bzw. - träger - allein universal oder gar total den ihr anvertrauten Menschen in Anspruch nehmen kann. Diese Art Jugendhilfe - und dies ist m. E. auch das Neuartige an ihr - ist zugleich komplementärer und inte- grativer Natur, mit leichtem Obergewicht des letzteren. Ju- gendberufshilfe bedarf zwar einer Reihe anderer Erzie- hungs- und Bildungspotenzen - selbstverständlich und un- verzichtbar das Elternhaus, dann die Schule oder mehrere Typen von vor allem berufsbildenden Schulen, ferner die differenzierten Vor- und Ausbildungsstufen von Handwerk, Industrie und Dienstleistungsbereich, sicherlich auch die verschiedenen Träger der Versicherung und Versorgung; alle diese Faktoren benötigt sie zur Verwirklichung ihres Auftrages. Jugendberufshilfe vermittelt aber eigentlich eine Hilfe, die durch Beleuchtung der familialen, soziokulturellen Bedingungen und der psychosozialen Folgewirkungen ei- nes Einzelfalles gewissermaßen das Netz dieser verschie- denen Angebote erst gültig knüpft und im sozialen Bezug von individueller und kollektiver Vertrautheit und Verläss- lichkeit, ja im Beistand des Mitmenschlichen fest zusam- menhält. Hier wird Sozialarbeit substantiell zur Lebens- hilfe. Das ist die Würde, aber auch die Bürde rechtverstan- dener sozialpädagogischer Jugendberufshilfe.

Nicht umsonst ist dieser Auftrag im zweiten Referentenent- Wurf zu einem Jugendhilfegesetz nach jahrelangem Be- mühen folgendermaßen formuliert worden, was weithin noch kaum zur Kenntnis genommen worden ist:

6 36 Angebote für sozial Benachteiligte (1) Im Bereich der außerschulischen Jugendbildung hat der öffentliche Träger der Jugendhilfe diejenigen jungen Men- schen besonders zu fördern, die zur Erlangung von Chan- cengleichheit auf Grund ihrer Lebensumstände in erhöh- tem Maße auf Hilfe angewiesen sind. Dies gilt insbeson- dere für junge Menschen aus sozialen Brennpunkten, junge Suchtgefährdete, junge Behinderte, berufsunreife junge Menschen, jugendliche Zuwanderer und Aussiedler sowie junge Ausländer. Die außerschulische Jugendbildung wirkt auch dabei mit, Örtliche und regionale Mängel im Ausbil- dungsangebot auszugleichen. (2) Soweit die erforderlichen Hilfen nicht im Rahmen ande- rer Einrichtungen und Veranstaltungen der außerschuli- schen Jugendbildung gewährt werden können, die der Förderung aller jungen Menschen dienen, sind 1. Sondereinrichtungen, insbesondere Jugendwohnheime bereitzustellen und

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2. Sonderveranstaltungen durchzuführen, insbesondere a) Jugendgemeinschaftswerke, b) Hilfen zur Unterstützung und Ergänzung des übrigen

c) Projekte im Rahmen der Gemeinwesenarbeit. Bildungswesens,

Diese Hilfebeschreibung verleiht zwar nach den bisherigen Vorstellungen noch keinen subjektiv-öffentlichen Rechts- anspruch. Dagegen wird später im gleichen Referenten- entwurf zu einem neuen Jugendhilfegesetz bei den ,,Be- sonderen Erziehungshilfen" unter Anerkennung eines Rechtsanspruches folgendes ergänzend formuliert, be- dauerlicherweise nicht scharf und ausgewogen genug:

Q 58 Erziehungshilfe in einem Kinder- oder Wohnheim

Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Erziehungs- hilfe in einem Kinder- oder Wohnheim, wenn die eigene Familie für voraussichtlich längere Zeit nicht in der Lage ist, eine dem Wohle des Kindes oder Jugendlichen ent- sprechende Erziehung zu gewährleisten, und wenn Erzie- hung in einer Kurzpflegestelle oder in einer Pflegestelle nicht möglich oder aus besonderen Gründen für die För- derung des Kindes oder Jugendlichen nicht geeignet ist. Ober diese ausbildungs- und berufsbegleitende, aber auch berufsfindungsbegleitende Wohnheimhilfe hinaus wird im zweiten Referentenentwurí noch eine weitere u. a. berufs- bezogene Erziehungshilfe mit Rechtsanspruch angeboten:

9 61 Erziehungshilfe in einer Wohngemeinschaft (1) Ein Jugendlicher hat Anspruch auf Erziehungshilfe in einer Wohngemeinschaft, wenn zu erwarten ist, daß er mit sozialpädagogischer Unterstützung zu selbständiger Le- bensführung fähig ist, an dem Zusammenleben einer auf Selbstentfaltung und Selbstverantwortung gerichteten Grup- pe teilnehmen und die Anforderungen eines Ausbildungs- oder eines Arbeitsverhältnisses erfüllen kann.

(2) Die in einer Wohngemeinschaft lebenden Jugendlichen sind durch sozialpädagogische Fachkräfte regelmäßig zu beraten und zu betreuen. Ihnen ist die Möglichkeit zu bie- ten, ergänzende, insbesondere therapeutische Hilfen in An- spruch zu nehmen.

Eine solche Position im System der Jugendhilfe nimmt grundsätzlich heute schon die sozialpädagogische Jugend- berufshilfe ein, wenn man nach dem geltenden Jugend- wohlfahrtsgesetz die Vorschriften der §§ 1, 5 und 6 ineinan- der liest, nämlich daß

jeder junge Mensch ein Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit hat, und zwar auch während der Berufsvorbereitung, Berufsausbildung und Berufstätigkeit einschließlich der Unterbringung außer- halb des Elternhauses mit Gewährung des entsprechenden Erziehungsbedarfs und notwendigen Lebensunterhalts.

Hierauf hat der junge Mensch bereits heute einen sog. be- dingten Rechtsanspruch, der - sollten entsprechende An-

gebote freier Träger dem Jugendlichen diese Erziehungs- und Bildungshilfe nicht vermitteln können oder wollen - von der öffentlichen Jugendhilfe, allerdings möglicherweise Über das sozialpädagogische Instrumentarium freier Ju- gendhilfeträger, dann einzulösen ist. Diese eindeutige Gesetzeslage nach dem geltenden Ju- gendwohlfahrtsrecht - es wird noch einmal ausdrücklich auf 5 Abc. 1 Ziff. 7 JWG hingewiesen - erfährt darüber hinaus noch eine nicht unwesentliche Erweiterung in drei- facher Hinsicht:

1. Satz 2 des 5 Abc. 1 JWG lautet: ,,Maßnahmen nach den Nummern 1 und 5 bis 7 können sich auch auf Personen Über 18 Jahre erstrecken." 2. Für die förmlichen Erziehungshilfen, die nicht nur ir-' einer Heimeinrichtung zu gewähren sind, wie etwa Frei- willige Erziehungshilfe und Fürsorgeerziehung sagt der neue 9 75 a JWG (eingefügt durch Gesetz vom 31. 7. 1974) folgendes aus: (1) Ist im Rahmen der Freiwilligen Erziehungshilfe oder der Fürsorgeerziehung eine Maßnahme zur schulischen oder beruflichen Bildung einschließlich der Berufsvorbereitung eingeleitet worden, so kann diese Maßnahme über den Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit hinaus fortge- setzt werden, wenn der Volljährige dies beantragt und sich bereit erweist, am Erfolg der Maßnahme mitzuwirken. Der Antrag kann auch schon innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten vor Eintritt der Volljährigkeit gestellt wer- den.

(2) 85 gilt entsprechend."

3. Neueingefügt werden soll demnächst') folgender Ab- satz 3 zu § 6 JWG. was ganz entscheidend wegen der Aus- dehnung der Erziehungshilfe über die o. a. Freiwillige Er- ziehungshilfe und Fürsorgeerziehung hinaus die allgemei- ne Möglichkeit einer berufsbezogenen Erziehungshilfe au&- für Volljährige zuläßt (eben auch kostenmäßig):

,,(3) Ist im Rahmen von Hilfen zur Erziehung nach den Ab- sätzen 1 und 2 in Verbindung mit § 5 Abc. 1 eine Maßnahme zur schulischen oder beruflichen Bildung einschließlich der Berufsvorbereitung eingeleitet worden, so kann diese Maß- nahme über den Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit hinaus fortgesetzt werden, wenn der Volljährige dies be- antragt und sich bereit erweist, am Erfolg der Maßnahme mitzuwirken. Der Antrag kann auch schon innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten vor Eintritt der Volljährig- keit gestellt werden. Die §§ 80 bis 84 gelten entsprechend." In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hinzu- weisen, daß auBer den Förderungsmaßnahmen des Bundes- jugendplanes auf dem Gebiete der Jugendberufshilfe auch die Träger der Örtlichen öffentlichen Jugendhilfe für berufs- bezogene Erziehungshilfen in Anspruch genommen werden können, es sei denn, daß das Arbeitsförderungsgesetz aus sozial-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Gründen zuvor aktiv oder aktiviert wird (vgl. 9 1 AFG). Zur näheren *) I n z w l ~ e n durch Qemetz vom 18. 12. 1915 In d u JWQ aufgenommen.

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Erläuterung dieser berufsbezogenen Erriehungshilfen nach dem geltenden Jugendwohlfahrtsrecht kann pars pro toto die grundrißartige Darstellung von Friedrich Harrer, Ju- gendwohlfahrtskunde, Neuwied 1971, S. 152/153, heran- gezogen werden: ,,Unter Erziehungshilfen sind in diesem Zusammenhang u. a. Veranstaltungen und Einrichtungen auf sozialpädago- gischem Gebiet zu verstehen; die sich über die betrieb- liche Ausbildung und über den Jugendarbeitsschutz hinaus mit erzieherischen Aufgaben befassen. Der Ausschußbe- richt nennt hier beispielsweise Grund- und Förderlehr- gänge, soweit sie für den Cibergang von der Schule zum Beruf oder neben der Berufsausbildung- aus erzieherischen Gründen notwendig sind, pädagogische Kurse für Lehr- Teister u. a., ferner die Einrichtung von Jugendwohnhei- men, in denen die erzieherische Betreuung gewährleistet ist. Diese ,,Jugendberufshilfe" ist das Kernstück der sog. ,,Jugendsozialarbeit", die Beratung in Berufsangelegenhei- ten, Berufserziehung, Maßnahmen der Berufshinführung und Lehrstellenvermittlung, Förderlehrgänge für berufsun- reife und berufsschwache Jugendliche, Eingliederungshilfe für heimatlose Jugendliche, Förderschulen und Internate für unterschiedliche Berufsziele, Jugendwohnheime für alleinstehende oder außerhalb der Familie lebende Ju- gendliche und jede Art beruflicher Bildungsarbeit (berufs- begleitende Hilfen, berufliche Bildungswerke und Semi- nare) urnfaßt." Insgesamt betrachtet unter jugendhilfepolitischen und be- rufsbildungspolitischen Gesichtspunkten sollten berufsför- dernde Maßnahmen für lernschwache, sozial benachteiligte junge Menschen, sofern auch individuell erzieherisch Ein- fluß genommen werden muß, als sachliche und kosten- mäßige Kooperationsmodelle entwickelt werden, und zwar komplementär gestützt auf Vorschriften der Arbeitsver- waltung und solche des Jugendwohlfahrtswesens. Rich- tiger müßte aber ein neues Berufsbildungsgesetz hier greifen. Zu diesen uberlegungen treten jedoch nach geltendem Recht noch weitere Erwägungen hinzu, die sich auf die Nachrangvorschriften des Bundessozialhilfegesetzes stÜt- zen. Sollten hierbei nicht, unter Einbindung des neuen Ge- setzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilita- tion (sog. Rehabilitationsgesetz) vom 7. 8. 1974, andere Rechtsvorschriften Grundlage für spezifische berufsbezo- gene Eingliederungshilfen zugunsten behinderter Jugend- licher zum Tragen kommen, so kann das Bundessozial- hilfegesetz in doppelter Hinsicht u. U. in Anspruch genom- men werden:

1. §Q 39 und 40 , ,(l) Personen, die nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert sind, ist Ein- gliederungshilfe zu gewähren. Personen mit einer ande- ren körperlichen, geistigen cder seelischen Behinderung kann sie gewährt werden. (2) Den Behinderten stehen die von einer Behinderung Be- drohten gleich. Dies gilt bei Personen, bei denen Maßnah-

men der in den §§ 36 und 37 genannten Art erforderlich sind, nur, wenn auch bei Durchführung dieser Maßnahmen eine Behinderung einzutreten droht. (3) Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine vorhandene Behinde- rung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den Behinderten in die Gesellschaft einzugliedern. Hier- zu gehört vor allem, dem Behinderten die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu er- leichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermög- lichen oder ihn soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. (4) Eingliederungshilfe wird gewährt, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, vor allem nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, daß die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann."

§ 40 , ,(I) Maßnahmen der Eingliederungshilfen sind vor allem

3. Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung, vor allem im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und durch Hilfe zum Besuch Weiterführender Schulen, einschließlich der Vorbereitung hierzu: die Bestimmungen über die Ermög- lichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schul- pflicht bleiben unberührt, 4. Hilfen zur Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder für eine sonstige angemessene Tätigkeit,

5. Hilfe zur Fortbildung im früheren oder einem diesem verwandten Beruf oder zur Umschulung für einen ange- messenen Beruf oder eine sonstige angemessene Tätig- keit; Hilfe kann auch zum Aufstieg im Berufsleben gewährt werden, wenn die Besonderheit des Einzelfalles dies recht- fertigt, 6. Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Ar- beitsleben,

. . .

. . 8. Hilfe zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft."

2. Q 72 ,,(l) Personen, bei denen besondere soziale Schwierig- keiten der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ent- gegenstehen, ist Hilfe zur uberwindung dieser Schwierig- keiten zu gewähren, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Andere Bestimmungen dieses Gesetzes und die Bestimmungen des Gesetzes für Jugendwohlfahrt gehen der Regelung des Satzes 1 vor. (2) Die Hilfe umfaßt alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, vor allem Beratung und persönliche Betreuung des Hilfesuchenden und seiner Angehörigen. . . .

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(4) Die Träger der Sozialhilfe sollen mit den Vereinigun- gen, die sich die gleichen Aufgaben zum Ziel gesetzt ha- ben, und mit den sonst beteiligten Stellen zusammenar-

Dle möglichen konkreten Aufgaben der soziaipädagogl- schen Jugendberufshlife für behinderte und benachteiligte Jugendliche

Hierbei möchte ich den Versuch einer Einteilung in etwas vereinfachende Funktionsbegriffe wie folgt vornehmen:

beiten und darauf hinwirken, daß sich die Sozialhilfe und die Tätigkeit dieser Vereinigungen und Stellen wirksam er- gänzen. In geeigneten Fällen ist ein Gesamtplan zur Durch- führung der erforderlichen Maßnahmen aufzustellen. Beraten (1 ) . . . Kooperieren (2)

Ergänzen (3) (4) Auffangen (5) Erproben (6) Forschen

Wenn auch diese letztgenannten Rechtsgrundlagen des BSHG - im übrigen 8 72 lediglich für Volljährige geltend - der Sache nach nicht mehr Jugendberufshilfe im eigentli- chen Sinne bedeuten, so könnten jedoch individuelle be- rufsbezogene Eingliederungshilfen für besonders lern- Konzipieren (7) schwache und damit im weiteren Sinne behinderte junge I

Menschen von Trägern der Jugendberufshilfe auf der Grundlage des BSHG durchaus gewährt werden. Dies WÜr- de dann wiederum an das Proprium der Jugendberufshilfe sachgerechterweise appellieren.

l. Beratungsauftrag

Es darf darüber keine Zweifel geben, daß vornehmstes Helfen in der persönlichen Beratung des hilfesuchenden oder hilfebedürftigen behinderten, benachteiligten jungen

Mag bei der gegenwärtigen gewissen Rechtszerspiitterung und mangelnden Harmonisierung der entsprechenden Rechtsgrundlagen noch kein einheitliches Förderungssy- stem für die berufliche Bildung lernschwacher und benach- teiligter, zum Teil behinderter junger Menschen sichtbar werden, so ist heute schon alles daran zu setzen, im Zuge der Auffüllung des allgemeinen Informationsstandes über das vorliegende, noch unausgewogene Netz von individuei- len und institutionellen Hilfen die entsprechenden Lei- stungs- und Betriebsträger im Öffentlichen wie freien Raum zu finden und einzusetzen. Gerade diese innovierende und koordinierende Funktion würde wiederum das Eigentüm- liche einer modernen, offensiven Jugendberufshilfe aus- machen.

Abschließend ist zu der oft Schwierigkeiten bereitenden Konkurrenzlage zwischen eigentlicher Jugendberufshilfe- leistung nach dem JWG und den flankierenden Jugendbe- rufshilfen nach dem JWG zu den Maßnahmen der Arbeits- Verwaltung folgendes im Grundsatz festzuhalten: Handelt es sich um Jugendliche, die man zunächst nicht einmal mehr als zu einer Lehrstellenbefähigung und einer Anlern- befähigung geeignet erachten kann, also um besonders lernschwache oder sozial benachteiligte junge Menschen, so müssen hierfür unmittelbar die Vorschriften der 55 5 und 6 JWG für entsprechende Berufshilfernaßnahmen grei- fen, und zwar bei individueller Betrachtungsweise mit Rechtsanspruch des Jugendlichen; selbstverständlich muß vor dieser Gesetzesanwendung noch die Frage geprüft werden, ob nicht die Vorschriften der §§ 39 ff BSHG her- anzuziehen sind, weil eventuell Behinderungen im Sinne dieser Bestimmungen und der hierzu ergangenen Einglie- derungshilfe-Verordnung vom 1. 2. 1975 vorliegen könnten. Die Arbeitsverwaltung hingegen wird mit ihren entspre- chenden Berufshilfemaßnahmen nach dem AFG vorrangig dann tätig werden müssen, wenn ein entsprechender Be- darf unter Jugendlichen mit einer zu prognostizierenden Lehrstellenbefähigung bzw. Anlernbefähigung gegeben ist.

Menschen liegt. Wenn die Bildungskommission des Deut- schen Bildungsrates für ein Beratungssystem innerhalb der Sekundarstufe II ein Dreifaches empfiehlt: - ärztliche Beratung einschließlich einer medizinischen Therapie - psychologische Beratung einschließlich einer Psycho- therapie - Rehabilitationsberatung, die zusammen mit dem Jugend- lichen den Ausbildungsplan erstellt und ihm beim liber- gang in die Arbeitswelt hilft, dann fehlt m. E. das Proprium der sozialpädagogischen Jugendberufshilfe, nämlich - die Sozial- oder Jugendberatung, die Elternhaus, sozia- les Bezugsfeld und freizeitliches Umfeld rniteinbezieht.

Genau hier sehe ich eine ganz entscheidende neue Auf- gabe der Jugendhilfe, insbesondere der sozialpädagogi schen Jugendberufshilfe. Wenn sie - in freier oder öffent- licher Trägerschaft - selbst diese Beratung nicht anbieten könnte, rnüßte sie jedenfalls auf diesen persönlichen Be- ratungsaspekt ausdrücklich hinweisen. Noch sachgemä0er wäre eigentlich die Einrichtung örtlicher Beratungsteams aller obengenannten Ratgeber, die dann auch die diag- nostische, mehrdimensional erstellte Grundlage für einen Gesamtplan zur individuellen Hilfe für einen behinderten oder benachteiligten Jugendlichen erarbeiten sollten: dies wäre wiederum ein echter Jugendhilfebeitrag. Leider ist bislang davon kaum die Rede (allerdings ist in diesem Zu- sammenhang an die unabdingbaren Beratungsgebote der 58 123 ff BSHG zur Sicherung der Eingliederung Behinder- ter ausdrücklich ZU erinnern, worin beispielsweise neben Arzten und Lehrern auch Sozialarbeiter, Jugendleiterinnen, Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Heimerzieher zu- mindest in das Vorfeld der Beratungshilfen einbezogen sind). Aber auch ganz allgemein - ohne die Kompetenz der Be- rufsberatung zu tangieren - könnten die Träger der sozial-

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pädagogischen Jugendberufshilfe Erstanlauf- und Vorbe- ratungsstelle für lerngestörte, lernbehinderte, sozial be- nachteiligte Jugendliche, dann für Sonderschulabgänger, Jugendliche ohne Ausbildungsverhältnis, Teilnehmer von Jungarbeiterklassen der Berufsschulen sowie für Unge- lernte und Jugendarbeitslose sein, da dies dem präventiven Auftrag der Jugendhilfe voll entspräche.

2. Kooperationsauftrag

Die Träger der sozialpädagogischen Jugendberufshilfe - dies könnten auch Sondersachgebiete der örtlichen Ju- gendämter sein, wenn keine freien Träger in diesem Auf- gabenfeld bereits tätig sind oder gewonnen werden kön- nen - sollten ständig und intensiv mit Arbeitsvenvaltung, staatlichen Schulämtern, Berufsschulen, Gesundheitsäm- tern, Handwerks- und Industrie- sowie Handelskammern, mit Kranken- und Sozialversicherungsträgern und allen in Betracht kommenden Rehabilitationsträgern, selbstver- ständlich mit den Örtlichen Sozialhilfeträgern, zusammen- arbeiten und eine kooperative, koordinierende Arbeitsge- meinschaftsebene als Clearingsstelle bilden. Jede Zufäl- ligkeit oder Punktualität kann für die betroffenen Jugend- lichen verheerende Folgen haben, ganz abgesehen von irreparablen Kostenkonsequenzen und Zeitverzögerungen. Gleichzeitig wäre zu fordern, daß die Landesjugendamter als Überörtliche Träger der Jugendhilfe im Blick auf die steigende Problematik der lernschwachen und behinderten bzw. benachteiligten Jugendlichen aus ihrer regionalen Reserve heraustreten und - gegebenenfalls im Zuge der neu zu entwickelnden sog. ,,Familienorientierten Hilfen'' (wie beispielsweise Landesjugendamt Baden) - ihr Man- dat zur Garant ie e¡ ner einheitlichen Praxisgestaltung wahr- nehmen; diese vertikale Kooperation wäre dringend er- forderlich.

Das gleiche müßte für die obersten Jugendbehörden der '-ander gelten, deren Kooperation etwa zu den Landesar- beitsämtern nur mangelhaft, zu den örtlichen Trägern der Jugendhilfe in dieser berufsbezogenen Sicht sogar Über- haupt nicht entwickelt ist. Gegebenenfalls sollten die zu- ständigen Landesministerien - durchaus in Ergänzung zum Bundesjugendplan - dann auch Förderungshilfen geben, wenn Modelle der SozialpädagogisctYen Jugendberufshilfe, welche die Möglichkeiten des Arbeitsförderungsgesetzes sprengten, entwickelt würden.

Solche Anstöße zu geben, wäre kompetente Aufgabe der sozialpädagogischen Jugendberufshilfe. Hier könnten auch die Landesarbeitsgemeinschaften des Jugendaufbauwerks initiativer werden.

3. Ergänzungsauftrag

Diese jugendhilfetypische Funktion dürfte die breitest ge- fächerte konkrete Aufgabe der Träger sozialpädagogischer Jugendberufshilfe sein. Man denke dabei an folgendes:

a) Sichzurverfügungstellen als Träger von Förderungs- und Eingliederungslehrg8ngen für berufsunreife Jugendliche,

deren Behinderung oder Benachteiligung besonders slg- nifikant ist. b) Im Falle regionalen Einzuges von jugendlichen Teilneh- mern zu diesen genannten Maßnahmen internatsweise Un- terkunftshilfe oder die Chance zu sozialpädagogisch be- treuten Wohngemeinschaften anbieten (hier könnte auch eine neue Aufgabe der Jugendgemeinschaftswerke ent- stehen), auf jeden Fall begleitende entwicklungs- und be- rufsbezogene Bildungshilfen in Gruppenarbeit, Clubform, Seminar- oder Wochenendfreizeitgestaltung oder in son- stigen neuartigen Kontaktforrnen entwickeln.

c) Individuelle heilpädagogische oder auch therapeutische Hilfen anbieten, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit vor- handenen psychologischen, psychoanalytischen, psycho- therapeutischen, verhaltens- und gesprächstherapeutischen Institutionen.

d) Aufbau von Lernzirkeln, Nacharbeitskreisen, Vertie- fungsgerneinschaften, etwa im Zusammenhang mit dem Be- rufsgrundbildungsjahr.

e) Sollte ein sog. Berufsvorbereitungsjhr bei Nichtreife zum Berufsgrundbildungsjahr in Betracht kommen - also gewissermaßen nicht einmal ein Förderungs- oder Ein- gliederungslehrgang -, dann müßte gerade in diese neue Versuchsform die Präsenz der sozialpädagogischen Ju- gendberufshilfe durch

- eigene Maßnahmen - begleitende Maßnahmen - curriculare Mitwirkung einfließen.

f) Würde die Berufsbildungsreform von Ganztagseinrich- tungen absehen wollen, bedürften gerade die lernschwa- chen Jugendlichen besonderer zusätzlicher Betreuung von der Jugendhilfeseite her. Desgleichen sollte Hilfe für Jung- arbeiter im Rahmen des Teilzeitberufsschulunterrichts an- geboten werden. g) Wenn man aber zu dem Behinderten auch erziehungs- schwierige und verhaltensgestörte Jugendliche in gewis- sem Umfang rechnen kann und man gleichwohl nach den Vorstel I u ngen des Berufsbi Id ungsgesetz-Entwurfes stets darauf abzuzielen hat, daß möglichst nach den normalen Regelungen der Ausbildungsordnungen ausgebildet wird, wären gerade die Träger der sozialpädagogischen Jugend- berufshilfe wiederum herausgefordert, ohne besondere Be- rufsveranstaltung dafür Sorge zu tragen, daß der Lernpro- zeß durch Abbau dieser Störungen bewältigt werden kann. h) Ganz entscheidend wird sein, ob Formen entwickelt werden können, um die besondere Eignung des Personals in der Berufsausbildung Behinderter seitens der sozial- pädagogischen Jugendberufshilfe mit aufbauen zu helfen. Hier könnten Schulungs-, Gruppen- und Lernmodelle ko- operativer Art zwischen Berufsschulpädagogen, Sonder- Pädagogen und Sozialpädagogen in Betracht kommen. i) Ebenso entscheidend wäre es, durch die Träger der so- zialpädagogischen Jugendberufshilfe eine spezifische Art

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von berufsbezogener Familien- und Elternbildung zu ent- werfen, was es heute in diesem Sinne meines Wissens nur in den Niederlanden in etwa gibt.

Auch andere Versuche sind denkbar, etwa In geschlossener Form, möglicheniveise bei Über 18 jährigen Jugendlichen, bei denen besondere soziale Schwierigkeiten der Teil- nahme am Leben in der Gemeinschaft entgegenstehen (vgl. § TZ BSHG), möglichemeise auch bei im Sinne 5 39 BSHG behinderten Jugendlichen. Unter solchen h sichtspunkten müßte man eher von "Auffinden' statt von ,,Auffangen" sprechen, denn in dieser grauen Zone dürfte die Dunkelziffer oder verdeckte Hilflosigkeit wohl am gröû- ten sein.

k) Sollte im*'Zuge der Berufsbildungsreform, insonderheit auf dem Gebiet der beruflichen Bildung behinderter und benachteiligter Jugendlicher vorgesehen sein, behinde- rungsspezifische ad-hoc-Lehrgänge für Jugendliche mit temporären Lernstörungen einzurichten, würde dies wie- derum als eine ergänzende Aufgabe der Träger der so- zialDädaaoaischen Juaendberufshilfe betrachtet werden

I - - können. b) Auf der anderen Seite möchte ich unter ,,Auffangen' ver-

I) Geht man von der Empfehlung der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates ,,zur pädagogischen Förde- rung behinderter oder von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher" aus, worin neben den fachlichen Schwer- punkten im Rahmen der Berufsausbildung Behinderter ein sog. Wahlbereich geschaffen werden soll (zur Unterstüt- zung der Arbeit im Schwerpunkt, für den Ausgleich von Schwächen innerhalb des gewählten Schwerpunktes und für den Ausgleich gegenüber den intellektuell-kognitiven Anforderungen im Fachschwerpunkt durch zusätzliche künstlerische, sportliche oder manuelltechnische Aktivitä- ten), dann könnte auch hier eine sozialpädagogische B e teiligung in Frage kommen. m) Auch wären Träger der sozialpädagogischen Jugendbe- rufshilfe aufgefordert, bei entsprechend graduell stärker Behinderten die Trägerschaft und den Ausbau von ,be- schützenden Ausbildungsformen" zu übernehmen. n) Schließlich - und dies sollte von vornhereln stets ge- sehen werden, wenn Jugendhilfe Überhaupt sachgerecht sein will - ist die sozialpädagogische Jugendberufshilfe nicht aus ihrem Mandat entlassen, wenn der junge Mensch so oder so in die Arbeits- und Berufswelt eingegliedert ist: genau dann sollte er je nach Bedarf noch weiter begleitet werden (Bildung von Juniorengruppen oder anderen Ge- meinschaften könnten in Betracht kommen).

4. Auffangauftrag a) Dies will zunächst meinen: wenn gewissermabn alle Stricke reißen, also so stark Behinderte oder Benaditei- ligte vor uns stehen (ohne daß sie im eigentlichen Sinne bildungsschwach sind), daß nur unter ganz besonderen, individuellen Bedingungen und Hilfeverstärkungen etwas in Richtung Vermittlungs- und Arbeitsreife getan werden kann, so hätten gerade auch für diese betroffenen Jugend- lichen die Träger der sozialpädagogischen Jugendberufs- hilfe die entscheidende Abstützung zu bringen, vor allem freigemeinnützige Träger. Als Beispiel kann der Versuch des von der Stadt Freiburg i. Br. geförderten Nachbar- schaftswerkes Freiburg e. V. gelten: 3 Monate begleiten Sozialarbeiter Jugendliche zur vierstündigen Berufsarbeit, weitere 3 Monate dann zur sechsstündigen bis zur vollen Arbeitsleistung nach insgesamt etwa 7 bis 8 Monaten, um dann diese Jugendlichen die Arbeit alleine leisten zu las- sen und sie aber jederzeit flankierend zu betreuen oder auch bei Schwierigkeiten aufzufangen.

stehen, daß man vielleicht auf Seiten der sozialpädagogi- schen Jugendberufshilfe auch in ständiger Reserve für d i s jenigen Behinderten und Benachteiligten zu stehen hätte, die das Ziel etwa der Förderungs- und Eingliederungslehr. - gänge oder des Berufsvorbereitungs- oder Berufsgrund- bildungsjahres oder der Behindertenausbildung nicht er- reicht haben (sog. ,,abgebrochene Geförderte"), und daß man ganz besondere individuelle oder gruppenspezifische Stützfunktionen zur Verfügung hält. Hierzu gehörte dann auch eine Vermittlungshilfe dorthin, ,,wo es eben gerade noch geht". Es sollte niemand, also kein junger Mensch, ohne Trapez gefördert werden, damit ein Sturz in die Ma- nege der totalen Hilflosigkeit von vornherein vermieden wird. Zu solchem Auffangen müßte noch Näheres Überlegt werden, gerade von der sozialpädagogischen Jugendbe- rufshilfe.

5. Erprobungsauftrag Hier möchte nur soviel gesagt sein, daß gerade die Potenz eines Trägers der sozialpädagogischen Jugendberufshilfe für neue Wege und Experimente mit ausreichender und mindestens dreijähriger Förderung durch die Öffentliche Hand in Frage kommen sollte. Mobilität und Flexibilität dürften dabei gerade von einem freien Jugendhilfeträger besonders zu erwarten sein.

In diesem Zusammenhang wäre an neuartige Modelle durch den Bundesjugendplan, aber auch solche auf sozialplane rischer Ebene der Länder zu denken. Ganz besondere Bedeutung würde ein ausgebautes ent- scheidendes Mitspracherecht der Träger der sozialpädago- gischen Jugendberufshilfe bei der Entwicklung und Er- probung neuer Ausbildungsberufe, Ausbildungsformen und Prüfungsarten erlangen können. Bedauerlicherweise zei- gen sich seit Jahrzehnten die diesbezüglichen staatlichen Instanzen nicht genügend kooperationsbereit.

-,

6. Forschungsauftrag Selbstverständlich müßten wissenschaftliche Konditionen für das bisher Genannte klar und deutlich gefordert wer- den. Ich denke dabei an - wissenschaftliche Begleitung, Korrektur und Evaluation aller besonderen MaBnahmen - Aufbau von Früherkennungsdiensten bezüglich Behin- derungen in der gesamten Sozialarbeit

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.. . . - . . . . .

- Miterschlie6ung von besonderen Berufs- und Tätigkeits- feldern für Behinderte und Benachteiligte zwedcs Schaf- fung differenzierterer Angebote auf dem Arbeitsmarkt

- wissenschaftstheoretische Einflußnahme aus empiri- schen Erfahrungen auf die Fachhochschulausbildung - Schwerpunkt Integrationshilfe

- Aufbau katamnestischer Untersuchungsreihen, also Längsschnittuntersuchungen hinsichtlich der in Beruf und Arbeit eingegliederten Behinderten, Lernschwachen und be- nachteiligten Jugendlichen.

7. Konzeptionsauftrag

Hierunter möchte ich einen bildungs- UM rechtspolitischen, Gtztlich gesellschaftspolitischen Auftrag der sozialpädago-

gischen Jugendbenifshilfe verstehen: vor allem im Rahmen der Berufsbildungsreform müßte die bisher nahezu chan- cenlose, aber zahlenmäßig stark zunehmende Gruppe der Jugendlichen durch einen entsprechenden und unüberhör- baren Beitrag auch der Verantwortlichen der Jugendhilfe in das Bewußtsein der breiten Uffentlichkeit, der Fach- institutionen und der Gesetzgebungsorgane gehoben wer- den. Dabei darf keine Sonderausbildung für diese jungen Menschen zu fordern sein; sondern es mü6te darauf hin- gewirkt werden, dai3 unter Einbau von Durchlässigkeits- stufen und Nutzung der Jugendberufshilfepräsenzen so ei- ne Art ,,Zweiter Bildungsweg für Behinderte und Benach- teiligte" entwickelt wird, der zuletzt mit gleichen Bildungs- abschlüssen wie bei ,,normalen" Jugendlichen oder auch Erwachsenen endet. Die Erfahrungen der bisherigen be- rufsvorbereitenden Maßnahmen, vor allem der Träger in der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk, sollten hierbei entscheidend verwertet werden. Es wäre durchaus einmal einer Verfassungssünde wert, ohne Rücksicht auf umstrittene Bundes- oder Länderkompetenz gerade in die- *em Bereich zu einem befreienden gesetzgeberischen Ourchstoû für die stets zu kurz kommende Gruppe dieser .vergessenen Generation" zu gelangen. Dies gehört zu- mindest einmal in die wegen ganz anderer Probleme he¡& gelaufene Diskussion um ein neues Bemfsbildungsgesetz hineingeworfen.

Aurblldr

Noch manches mü6te in diesem Zusammenhang angespro- chen werden; so z. B. das Verhältnis der in Betracht kom- menden Kostenträger zueinander (nach dem neuen Reha-

bilitationsgesetz sind ja die mehr klinlsch-medizinischen Krankenversidierungsleistungen mit den berufsfördernden Renten- und Versicherungs- bzw. Versorgungsleistungen verklammert worden; das BSHG wird dadurch .noch sub- sidiärer"). Aber auch die Kostenträgerrolle der Arbeitsver- waltung, der ministeriellen Sonder- und Modellfonds u. a. m. bedürfte genauerer Betrachtung. Dann wäre sicherlich noch einmal ausdrücklich darauf hin- zuweisen, daß die Jugendhilfe, insonderheit die sozial- pädagogische Jugendberufshilfe, bei allen ihren Aktivi- täten und Angeboten stets den gesellschaftspolitischen Aspekt maßnahmeübergreifend zu verfolgen hat: Xnde- rung der Lebensbedingungen, die zu Behinderung, Lern- schwäche, sozialer Benachteiligung führen (man mache sich nur einmal rein vom Kosten-Nutzen-Standpunkt klar, was an berufsfördernden Hilfen mit 40.000 DM geleistet werden könnte, nämlich dem Betrag, der für eine einzige medizinische Drogenentziehung von 6 Monaten aufgewen- det werden muß!).

Dies wäre gewissermaßen die eigentliche politische Kom- ponente des Themas. Gerade Sozialarbeit hat im Bereich des Veränderbaren einen nicht gering zu veranschlagenden Stellenwert, ihre präventive Kraft und Uffentlichkeitsarbeit müßten nur verstärkt oder gar erneuert werden. Schließlich ist alles - und zwar für alle - ein Lernprozeß; wir stehen mitten darinnen und haben besonders für die junge Generation, und darunter auch für die Vergessenen und Verkümmernden, nach neuen Lernorten zu suchen. Und vom ,,Lernen" ist auch die Rede bei Bert Brecht in sei- nem ,,Lob des Lernens", 1927, das als fast seherische Mah- nung hoffentlich Eingang in die Sozialliteratur gefunden hat:

,,Lerne, Mann im Asyl1 Lerne, Mann im Gefängnis1 Lerne, Frau in der Küche! Lerne, Sechzigjährigel Du must die Führung übernehmen1 Suche die Schule auf, Obdachloser! Verschaffe dir Wissen, Frierender! Lerne, Arbeitsloser, du hast jetzt Zelt1 Lerne, Kind!

Hungriger, greif' nach dem Buch: es ist eine Waffe . . . La6 dir nichts einreden, sieh selber nach! Prüfe die Rechnung, du mu6t sie bezahlen!'

18

Förderungslehrgänge

Rahmenlehrplan zur Durchführung von Förderungsiehrgängen der Trägergruppen in der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk

Die Bundesarbeitsgemeinschait Jugendaufbauwerk e. V . mit den ihr angehbrenden Trägergruppen hat nunmehr nach den Rahmenvorstellungen zur Durchführung von Förderungslehrgdngen (vgl. RdErl. 266174.2 - 643216433 -) auf Initiative der Bundesanstalt IÜr Arbeit auch einen Rahmenplan erarbeitet. Nachstehend wird der Rahmenplan im Wortlaut wieder- gegeben; ebenso als Anhang der RdErl. 266174.2 - 64321 6433 - mit der Stellungnahme des Vorstandes der Eundes- arbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk zu ,,MaBnahmen zur Forderung noch nicht berufsreifer Jugendlicher':

Inhaltsangabe Seite

Einführung

I. Die sozialpädagogische Zielsetzung I I . Die werkpraktische Unterweisung

Exemplarischer Rahmenstoffplan aus dem Berufsfeld Metall

III. Die fachtheoretische Unterweisung

Anlage ubungsziele und Lerninhalte aus den Be- rufsfeldern/Berufsbereichen : Metall Bau Elektrotechnik Holz Farb- und Raumgestaltung Gartenbau und Floristik Textil und Bekleidung Ernährung und Hauswirtschaft Haar- und Körperpflege

RdErl. 266/74.2 - WU6433 - mit der Stel- lungnahme des Vorstandes der Bundesar- beitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk zu ,,MaRnahmen zur Förderung noch nicht be- rufsreifer Jugendlicher"

Anhang

19

19

19

21 20

22 25 26 27 29 33 34 35 36

38

Rahmenplan zur Durchführung von Förderungslehrgängen

der Trägergruppen in der Bundesarbeitsgemelnschaft Jugendaufbauwerk

Einführung

Förderungslehrgänge (im Sinne der Bundesanstalt für Arbeit) für noch nicht berufsreife Jugendliche sind weder Berufsausbildung noch Schule. Sie bieten

Jugendlichen mit vorübergehenden individuellen und soziokulturell bedingten Entwicklungsschwierigkej- <en eine Starthilfe für die Berufs- und Arbeitswelt. (Zum Personenkreis siehe Runderlaß der Bundes- anstalt für Arbeit - BA - Nr. 266174.2 im Dienstblatt der BA Nr. 46 vom 2. August 1974.*)

Damit ist der Förderungslehrgang eine sozialpädago- gische- Aufgabe. Alle Lehrgangsbereiche sind eng miteinander verzahnt und vom sozialpädagogischen Grundverständnis bestimmt.

1.

2.

1.

I Dle sorlalpädagogkhe Zlelretzung

Der einzelne Lehrgangsteilnehmer soll in seinem Verhalten so stabilisiert werden, daß er leistungs-

Beständigkeit und Ausdauer zeigt. Dabei soll er in der Lage sein, komplexe Lebens- situationen zu beurteilen und für sich Entschei- dungen zu treffen. Dies soll er aktiv und phantasievoll immer wieder neu vollziehen können.

Der Lehrgangsteilnehmer soll nicht nur in der Lage sein, mit sich selbst zurechtzukommen, son- dern auch mit anderen. Um in der Gemeinschaft mit anderen und in ver- schiedenen sozialen Bezügen, wie Familie, Beruf, Betrieb, Freizeitgemeinschaften und verschiede- nen gesellschaftlichen Gruppierungen bestehen und aktiv mitwirken zu können, muß der Lehr- gangsteilnehmer im Förderungslehrgang gelernt haben:

0 Verantwortung zu übernehmen und zu tragen, O mit anderen zu kommunizieren und zusam-

menzuarbeiten, O Konflikte zu erkennen, Konflikte lösen bzw.

aushalten zu lernen, O gesellschaftliche Zusammenhänge zu erken-

nen, kritisch zu beurteilen und sein Handeln danach einzurichten, seine Freizeit und sein Leben sinnvoll zu gestalten.

Das Erreichen dieser sozialpädagogischen Ziele ist ein wesentlicher Bestandteil der Berufsreife des Lehrgangsteilnehmers.

fähig und leistungsbereit ist, daß er belastbar ist, -_

II Die werkpraktlsche Unterweisung

Der werkpraktlrche Berelch und die rozlal- pädagogische Orlentlerung Die sozialpädagogische Orientierung irn werk- praktischen Bereich will die Verhaltensweisen

* siehe Anhang S. 38

19

fördern und verstärken, die für die Arbeits- und Berufswelt unabdingbar sind. Dies geschieht dadurch, daß Theorie und Praxis so miteinander verknüpft sind, da6 ein h a n d - I u n g s b e z o g e n e s ermöglicht wird. Die Entwicklung von Lernprozessen - von der Planung bis zu einem Ergebnis - bewegt sich in der Bandbreite von der Entwicklung sinnvoller Produkte und Dienstleistungen bis zur Gestaltung und Durchführung projektbezogener Aufgaben.

Die Begründung des berufsfeldbezogenen Ler- nms (gemäß Runderlaß der BA Nr. 266l74.2 - Ab- schnitt II, Nr. 3 der Anlage8)

L e r n e n

Die Berufsfelder bilden ein weit gefaßtes Lern- angebot, das sich flexibel auf die sich wan- delnden Bedingungen der Arbeits- und Be- rufswelt einstellen kann. In jedem Berufsfeld werden Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die exemplarische Be- deutung haben. Sie finden eine Entsprechung in den verschiedensten Berufen, die dieses Berufsfeld umfa8t. Berufsfeldbezogenes Lernen gewährleistet das Ausprobieren, das Oben und das Prüfen irn berufsneutralen Sinn.

Exemplarischer Rahmenstoffplan

Die im folgenden ausgewiesene Darstellung (s. Seite 5) eines Rahmenstoffplanes aus dem Berufs- feld Metall gilt exemplarisch für alle im Förde- rungslehrgang angebotenen Berufsfelder.

Sie umfaßt: Die Gliederung der Lernplanung in: 0 Gesamtplanung, Arbeitsdurchführung und Ar-

beitsauswertung; 0 die Systematisierung der oben angegebenen

Gliederung in planerische, fachtheoretische und werkpraktische Elemente;

O die erzieherische Intention und Wirkung; 0 die dem Lernablauf entsprechenden Themen.

Die Themen sind Mittel zum Erreichen des Lehr- gangszieles. Sie sind inhaltlich und in der Reihen- folge austauschbar. Da in der Berufs- und Arbeitswelt v i e I f ä I t i g - s t e Materialien und Techniken verbunden mit deren Theorie zur Anwendung kommen, ist es notwendig, den Förderungslehrgang so auszu- statten, daß ein entsprechend vielfältiges Lern- angebot erfolgen kann.

li1

Die fachtheoretische Unterweisung

I. Die Minderung der Diskrepanz zwischen der be- rufsschulischen Anforderung und dem Leistungs-

* siehe Anhang S. 39

2.

3.

1.

2.

vermögen des Teilnehmers einerseits und die zur werkpraktischen Unterweisung gehörige Fach- theorie andererseits sind nicht voneinander zu trennende Bestandteile der fachtheoretischen Unterweisung im Lehrgang.

Der werkpraktische Teil hat im Förderungslehr- gang die vorrangige Bedeutung.

Die f a c h i h e o r e t i s c h e U n t e r w e i s u n g aber ist für die berufliche Förderung des Lehr- gangsteilnehmers zur Erreichung des Lehrgangs- zieles ebenso notwendig.

Die fachtheoreticchen Inhalte entsprechen den a) Anforderungen der Berufsfelder b) Anforderungen der Alltagswelt c) zu erwartenden Anforderungen der Berufs-

schule aus den Bereichen des Elernentarwis- sens (Hauptschulabschlußniveau).

Zu a):

Zum Beispiel Vermittlung von 0 Kenntnissen in allen Grundrechenarten; o räumlichem Vorstellungsvermögen;

0 fachkundlichem Wissen: Materialkunde Maschinenkunde Lesen von Zeichnungen Zeiteinteilung Werkzeuginstandhaltung Bewertungskriterien Unfallgefahrenquellen Unfallverhütung u.a.m.

Zu b): Hilfen zur Selbsthilfe, 2.8.:

O Schriftverkehr; 0 Rechtsfragen; O Verbraucherinformation; 0 Umgang mit Institutionen (regional und über-

reg io na1 ) ; O Handhabung der technischen Mittler; O Die Berufs- und Arbeitswelt.

zu c): Der Lehrgangsteilnehrner ist während des Förde- rungslehrganges in der Regel berufsschulpflichtig (vgl. auch dazu: Runderlaß der BA Nr. 266/74.2 - Abschnitt II, Nr. 4.2 der Anlage"). Zur Unterstützung des Lehrgangszieles im vorge- nannten Sinne ist anzustreben, daß die Berufs- schule den Unterricht in Abstimmung mit der ge- samten Lehrgangsplanung im Rahmen des Förde- rungslehrganges erteilt.

. siehe Anhang S. 40

20

Förderungslehrgänge (Fortsetzung)

Exemplarisch.r Rahmenstoííplan aus dem Berufrfeld Y e t a I I

Stückliste Arbeitsfolge Werkzeuge Umgang mit den Werkzeugen, die für das Vor- haben benötigt werden

Planung

Kontinuität im Verhalten ermöglichen und schaffen Einleben in die Regeln einer Werkstatt

Fachtheorie

Maß- u. Prüf- technik Rechnen Formulieren

~ 2 - 1 3

Vermessen Prüfen Zusammenstellen der schriftlichen Aufzeichnungen

Ge8amtplanung

Entwurf Zeichnung Material plan

Werkstoffe Zeichnen Meßtechnik

Arbeltsplanung Materialbeschaffung

Arbeitsplan

Arbeitraurführung

Werkstoffkunde Maschinen Werkzeug Techni ken

Ausführung nach Arbeits- plan

Werk- u. Hilfs- stoffe Eisen - Stahl NE-Metalle Nichtmetallische Werkstoffe Korrosion und O berf lac hen- schutz Maschinen- bedienung Werkzeuge - Einsatz und Handhabung Fachrechnen

Genauigkeit Sauberkeit Funktion Kosten- vergleich Arbeitsbericht

Praxis Pädagogische Intention und Wirkung Themen

4 5 6

Zeichnen Konstruieren Messen (bezogen auf das konkrete Vor- haben)

1. Zielgerichtete Motivie- rung

2. Initiierung von Erfolgs- erlebnissen

3. Die Vermittlung der Er- fahrung, beteiligt zu sein

4. Die affektive Bindung an den Gesamtablauf

Messen - Prüfen Spanabhebende Bearbeitung Spanloses Formen Schweißen - Löten Wärmebehandlung Montieren und Zusammenbauen Ersebnis Werk- 1

1. Das Annehmen des Sachzwanges, der sich aus dem Umgang mit Werkstoff, Werkzeug und Werkstatt ergibt

2. Durchsprache der dabei gemachten Erfahrungen

Arbeltsaurwertung

Einsicht in die Bearbei- tungsgesetze, Gestaltungs- Prinzipien und Handlungs- notwendigkeiten vermitteln Selbsteinsicht in veränder- bare und nicht veränder- bare Arbeitsweisen ver- mitteln Begabungsschwerpun kte ermitteln

1. Kunsthandwerklich berufsbereichbezogene Fertigungen, z.B. Laterne, Schlüsselkasten, Figuren usw. Berufsbereich bezogene individuelle Themen, z.B. Herstellung von Werk- zeugen, wie Hammer, Meißel usw.

2. Berufsfeldspezifische Themen, z.B. Herstellen einer Topferscheibe usw.

3. Berufsbereichüber- greifende Themen, z.B. funktionsfähige Rekon- struktionen eines Oldtimers usw.

Für die Gliederung sind Unterthemen aus den Gesamtthemen (s. Nr. 1 Spalte 6)’abzuleiten

I

Für die Gliederung sind Unterthemen aus den Gesamtthemen (s. Nr. 1 Spalte 6) abzuleiten

Für die Gliederung sind Unterthemen aus den Gesamtthemen (s. Nr. 1 Spalte 6) abzuleiten

21

I , . . -. . . . -

Anlage zum Rahmenplan zur Durchführung von Förderuiigsiehrgängen der Trägergruppen in der Bundesarbeitsgemeinschafi

Jugendaufbauwerk

Obungcziele und Lerninhalte aus den Berufcfeldern / Be'rufsbereichen :

Seite

Metall 22

Bau 25

Elektrotechnik 26

Holz 27

Farb- und Raumgectaltung 29

Gartenbau und Florictik 33

Textil und Bekleidung 34 Ernährung und Hauswirtschaft 35

Haar- und Körperpflege 36

Rahmenstoff pian

Berufsfeld M e t a i i ~~

Thema I Obungsziele und Lerninhalte

Messen und Prüfen

Treiben und Schweifen

Anreißen

Das Messen als Grundlage fur jede Fertigung. Lernen, das richtige Meßzeug dem Werkstück entsprechend auszuwahlen. Kennenlernen und Handhabung ein- facher Langenmeßzeuge. Messen mit der Schieblehre. Prufen mit Winkel und Lineal

H i n w e i s Auf sorgfältige Pflege und Aufbewah- rung der Meßzeuge hinweisen.

Kennenlernen der Verformbarkeit ver- schiedener Werkstoffe, 2.6. Stahl, Aluminium, Kupler durch Schweifen und Treiben in kaltem Zustand mit dem Handhammer. Hammerhaltung und Hammerfuhrung. Die Bedeutung der neutralen Faser beim Schweifen.

H i n w e i s Spanlose Verformung verschiedener Werkstoffe. Der Hammer als Unfallquelle.

Die Bedeutung des Anrisses. Anreißwerkzeuge und ihre Hand- habung. Fähigkeiten vermitteln, die richtigen Anreißwerkzeuge und Hilfsmittel dem Werkstück und Werkstoff entspre- chend auszuwählen, 2.6. Stahlnadel. Messingnadel. Bleistift, Zirkel, Winkel, StreichmaB. Parallelreißer, Höhen- maßstab, Anreißplatte, StahlmaBstab. Lineal. u.a.

'hema [ Obungrziele und Lerninhalte

Cornern

%gen

Feilen und Entgraten

Lernen, Zeichnungsmaße auf das Werkstück zu ubertragen. Die Bedeutung von Bezugslinien und Bezugskanten.

H i n w e i s Durch Bestreichen der Oberflache mit Anreißfarbe .und Kreide 0.a. sind Riß- Iinien besser sichtbar zu machen. Die Bt'auchbarkeit und die Wirtschaftlich- keit eines Betriebes hangt wesentlich vom gewissenhaften Anreißen ab. Unfallgefahren im Umgang mit der Reißnadel

Die Bedeutung des Kornens beim An- reißen und Bohren (Anreißkörner, Bohrkorner) Handhabung des Korners. Hammerhaltung.

H i n w e i s Der richtige Anschliff des Körners. Unfallgefahr Gradbildung am Korner.

Die Bedeutung des Tremens von Werkstucken durch Sägen. Die Sage als spanabhebendes Werk- zeug. Handhabung der Bugelsage. Lernen, das geeignete Sägeblatt (Zahnteilung) dem Werkstoff und Werkstuck entsprechend auszuwählen.

Das Spannen des Sàgeblattes. Das Spannen des Werkstückes. Der Sageanschnitt. Die Teile der Bugelsage und ihre Aul- gaben. Körperhaltung beim Sägen.

H i n w e i s Sägeblàtter auf Risse prüfen. Der Schnittdruck beim Sägen ver- schiedener Werkstoffe und Werkstoff- querschnitte. Entspannen der Säge nach Gebrauch Die Unfallgefahr beim Sägen.

Die Bedeutung der Feile als spanab- hebendes Werkzeug. Feilenarten und ihre Anwendungsmög, lichkeiten (Hieb. Querschnitt). Lernen, die Feile dem Werkstück unc Werkstoff entsprechend auszuwählen Spannen des Werkstuckes beim Fei- len (Schraubstock). Korperhaltung und Feilenführung. Die Oberflachenbehandlung von Werk, stücken und das Kennenlernen der Bearbeitungszeichen.

22

Förderungslehrgänge (Fortsetzung)

Thema I Obungszleie und Lerninhalte

Biegen

Meißeln

Fertigkeit. eben, rund, maßhaltig und winklig zu feilen. Das Entgraten von Werkstücken und seine Bedeutung. Das Ausbohren von Winkelecken.

H i n w e i s

Auf festsitzendes Feilenheft achten. Oruckverteilung beim Feilen. Die Pflege der Feile. Der Grat als Unfallquelle. Um gleichmaßige Spanabnahme zu gewahrleisten. Werkstück Öfter um- spannen Schraubstockhöhe der Körpergröße anpassen.

Kennenlernen der Verformbarkeit ver- schiedener Werkstoffe beim Biegen. Zweck des Biegens. Der Biegevorgang (Zug- und Druck- Spannung. die neutrale Faser). Veranderung des Querschnittes. Beobachten der Walzfaserrichtung beim Biegen von Blechen. Berücksichtigung der Materialstärke. Berechnung der gestreckten Länge. Lernen, die richtigen Hilfsmittel für den Biegevorgang anzuwenden (Ham- mer, Zange. Amboß. Spannschiene. Biegemaschine).

H i n w e i s

Dehnbarkeit des Werkstoffes nicht uberbeanspruchen (Rißbildung).

Die Bedeutung des Meißelns beim Trennen, Zerspanen und Abscheren. Kennenlernen und Handhabung der verschiedenen Meißelarten. Kennenlernen der verschiedenen Stahlarten und ihre Anwendungsmog- lichkeiten. Die Bedeutung der verschiedenen Winkel an der Meißelschneide (Frei- Keil-Schnitt-Spanwinkel). Körper- und Meißelhaltung. Spannen der Werkstücke beim Meißeln. Hammerhaltung.

H i n w e i s

Unfallgefahr: Bartbildung am Meiûel- kopf. Auf festen Hamrnersitz achten.

rherna I übungiuiele und Lerninhalte

Scheren

Bohren und Senken

Gewinde- schneiden

Formänderung beim Trennen von Werkstücken durch Scheren. Kennenlernen verschiedener Scheren- arten und ihre Anwendungsmöglich- keiten. Erkennen des Vorgangs im Werkstoff beim Scheren (Schnitt-Bruch-Kerb- fläche). Die Bedeutung des Schneidenspiels. Umgang rnit der Hand-Hebel- und Schlagschere.

H i n w e i s Die Schere als Hebel. Unfallgefahr: Vorsicht beim Umgang

rnit Blech (scharfe Kan- ten).

Der Wendelbohrer als spanabheben- des Werkzeug. Die Schneiden am Wendelbohrer. Die Bedeutung der Nuten am Wendel- boh rer. Die verschiedenen Bohrmaschinen und ihre Anwendungsmöglichkeiten, z.B. Bohrknarre. Handbohrrnaschinen, Säulenbohrmaschinen. Spannen von Bohrern und Werk- stucken. Die Bedeutung der Drehzahl unter Berücksichtigung des Werkstoffes und Durchmessers des Bohrers. Die Bedeutung der Kühlmittel und Schmiermittel beim Bohren. Bohren nach Anriß. Der Senker, ein spanabhebendes Werkzeug. die Bedeutung des Senkens. Senkerarten. Winkel am Senker.

H i n w e i s Auf richtigen Bohrdruck achten - Unfallgefahr: Auf enganliegende Klei- dungsstücke achten. Schutzhaube tragen. Werkstück gegen Herumschlagen sichern.

Das Gewinde und seine Aufgaben. Kennenlernen der Gewlndearten 2nd der Anwendungsmöglichkeiten.

Lernen, den richtigen Wendelbohrer, den Kerndurchmesser des Gewindes auszuwählen, sowie die richtigen Ge- windebohrer der Reihenfolge einzu- setzen. Gewindeschneiden von Hand mit Schneideisen und Gewindebohrer.

23

rhema I Obungrrlele und Lerninhalte

H i n w e i s Durch richtiges Schmieren beim Gewindeschneiden wird die Zerspa- nung begünstigt und die Gefahr des Ausreißens der Gewindegänge herab- gesetzt.

3berflächen- ,ehandlung

Neichlöten

Nieten

Autogenes SchweiBen

Kennenlernen der verschiedenen Oberflachenzeichen. Lernen, das Bearbeitungswerkzeug den Oberflachenzeichen entsprechend auszuwahlen. Schutz der Oberflache vor Korrosion, Z.B. durch Einölen, Einfetten, Email- lieren usw.

H i n w e i s Gutes Aussehen und Haltbarkeit hangt im wesentlichen von der Ober- flächenbehandlung und vom Ober- flächenschutz ab. Metallisch blanke Werkstücke mog- lichst nicht mit bloBen Händen an- fassen.

Verbindung verschiedener Metalle mittels Lot. Kennenlernen und Handhabung von Lötwerkzeugen und Hilfsmittel.

Die Bedeutung der Lottemperaturen. Die Bedeutung der Flußmittel. Lötübungen mit dem Lötkolben.

H i n w e i s Die Haltbarkeit einer Lötverbindung hängt im wesentlichen von der Sauberkeit der Lötstelle ab.

Herstellen fester Verbindungen durch Nieten. Kennenlernen verschiedener Nietarten und Nietverbindungen.

Kennenlernen und Handhabung der verschiedenen Nietwerkzeuge. Ausfuhrung einer Rundkopfnietung. Die Berechnung von Nietlängen.

H i n w e i s Niet und Werkstuck sollte möglichst aus einem Werkstoff bestehen. Unfallgefahren besprechen.

Herstellen fester Verbindungen gleicher Metalle im flüssigen Zustand durch autogenes Schweißen. Lernen, die autogene SchweiBanlage zu bedienen. Der Aufbau der Acetylen- und Sauer- stoffflasche. Die Kennfarben von Sauerstoff und Acetylen.

Thema I Obungrzlele und Lernlnhalto

Lernen, Düsengröße und Gasdruck der Schweißarbeit entsprechend auszu- Wahlen. Lernen, Schweißflamme richtig einzu- stellen, Ausführung einer Nachlinks- Schweißung.

H i n w e'i s Unfallverhütungsvorschriften für Gas- schweißer besprechen und beachten.

Kunststoff- schweißen

Schmieden

Hobeln

Drehen

Das Verbinden nicht hartbarer Kunst- stoffe durch Heißgase. Kennenlernen und Handhabung des Heißluftbrenners. Einsatzmöglichkeiten der Kunststoffe. Kennenlernen einiger Kunststoffe und ihre Herstellung. Durchführung einfacher SchweiB- Übungen.

H i n w e i s Auf richtige, dem Kunststoff ent- sprechende Arbeitstemperatur achten.

Die Bedeutung des Schmledens. Kennenlernen der Verformbarkeit dehnbarer Metalle im warmen Zustand. Gefügeveränderung durch' Schmieden. Kennenlernen der Schmiede- einrichtung. Lernen, die richtigen Schmiedewerk- zeuge dem Werkstück entsprechend auszuwählen. Die Schmiedetemperatur verschiede- ner Werkstoffe.

H i n w e i s Auf Unfallgefahren beim Schmieden hinweisen.

Spanabhebende Bearbeitung von Werkstücken durch Hobeln und StoBen. Kennenlernen der Hobelmaschine und ihre Arbeitsweise. Das Spannen von Werkstücken und Werkzeugen. Einstellen von Hub und Geschwindig- keit. Hobeln einfacher Werkstücke. Maschinenpflege.

H i n w e i s Unfallverhütungsvorschriften bespre- chen und beachten.

Spanabhebende Bearbeitung von Werkstücken durch Drehen. Kennenlernen der Drehmaschine und ihre Arbeitsweise.

24

Förderungslehrgänge (Fortsetzung)

rhema 1 ~bungrriele und Lerninhalte

Das Spannen von Werkstücken und Werkzeugen. Drehen einfacher Werkstücke. Zentrieren an der Drehmaschine. Bohren an der Drehmaschine. Einstellen der Drehzahl. Kennenlernen der wichtigsten Dreh- linge. Maschinenpflege.

H i n w e i s Die Kühl- und Schmiermittel beim Drehen. Unfallverhütungsvorschriften bespre- chen und beachten.

Fräsen Spanabhebende Bearbeltung von Werkstücken durch Fräsen. Kennenlernen der Fräsmaschine und ihre Arbeitsweise. Spannen von Werkstücken und Werk- zeugen. Fräsen einfacher Werkstücke. Gegenlauf und Gleichlauffräsen. Kennenlernen der wichtigsten Fräser- arten. Einstellen der Drehzahl. Maschinenpflege.

H i n w e i s

Auf Dreh- und Schneiderichtung achten. Auf einwandfreien Zustand des Fräsers ist stets zu achten. Unfallverhütungsvorschriften bespre- chen und beachten.

Rahmenstofi plan Berufsfeld B a u

Thema I übungrrieie und Lerninhalte

Einführung in Die Erklärung, Handhabung, Verwen- den Arbeits- bereich Geräte und Maschinen.

dung und Pflege der Werkzeuge,

Die Bedeutung des Palettensysterns. Sauberkeit am Arbeitsplatz.

H i n w e i s Unfallverhütungsvorschriften des Bau- gewerbes besprechen und beachten.

~ ~~ ~

rhema I Ebunguiele und Lerninhalte

Herstellen von Mauerwerk

Verputzen

Gipskarton und Heraklith- platten

Wandfliesen

Bodenpiatte

Beton

Schalung

Erkennen der Steinarten und -größen. Aufbau einer losen Backsteinrnauer (einfacher Verband ohne Mörtel). Mauern mit Sandmortel ohne Binde- mittel. Herstellen von Mauermörtei. Mauern mit Mörtel unter Anwendung der Mauerverbandsregeln. Fugengerechtes. winkelgerechtes, waag- und lotgerechtes Mauern. Herstellung eines Riegelmauerwerkes. Fachgerechtes Setzen von Mauer- ecken. Ausstreichen und Verfugen von Mauerwerk.

H i n w e i s Hierbei sollte das Zuwerfen der Steine unter Beachtung der Unfallgefahren geübt werden. Auf Maßgenauigkeit und sauberes Mauern achten.

Zubereitung des Putzmörtels. Anwerfen und Nachbehandlung des Putzes.

H i n w e i s Die Verschiedenen Zusätze beim Mörtel besprechen und beachten.

Anbringen von Gipskarton und Hera- klithplatten einschlie6lich Nachbe- handlung und Vorbereitung für den Tapezierer.

Verlegen von Wandfliesen auf verputz- ten Heraklithplatten mit Klebemörtel einschl. Ausfuaunp und Nachbehand- - - lung.

H i n w e i s Auf maß- und winkelgerechtes Arbei- ten achten.

Verlegen von Bodenplatten in Sand- mörtel mit anschlie6endem Verfugen.

Verwendung von Beton am Bau. Herstellen von Beton unter Beachtung der Mischungsverhältnisse und Berücksichtigung des Verwendungs- zwec kes. Bedienen von Maschinen.

Die Bedeutung der Schalung. Lernen, eine einfache Schalung nach Zeichnung herzustellen. H i n w e i s Verschalung den Erfordernissen, unter Berücksichtigung der Sicherheit, an- passen.

25

.

Rahmenstoffplan

Berufsfeld E I e k t r o t e c h n I k

Thema I Obungszlele und Lernlnhalte

Stromerzeu- gung und Transport

Biegen von Drähten und Verlöten von AnschluBenden

Der Stromkreis

I. Stromerzeuger

weise a) Kohlekraftwerk b) Wasserkraftwerk c) Atomkraftwerk

2. Die Batterie und ihre Arbeits- weise a) Trockenbatterie b) Flüssigkeitsbatterie

1. Kraftwerke und ihre Arbeits-

II. Stromtrensport 1. Die Freileitung 2. Das Erdkabel 3. Das Hauskabel

H i n w e i s Es sollte von Anfang an auf die Gefah- ren hingewiesen werden, die beim Umgang mit stromfuhrenden Leitun- gen und Kabel bestehen.

1. Ausrechnen der gestreckten Lange einer üse

2. Kennenlernen und Handhabung einfacher Langenmeßzeuge

3. Eigenschaften - Leitfähigkeit - Oxydation von' a) Aluminium b) Kupfer c) Stahl

von : a) Kupfer b) Aluminium c) Stahl

5. Das Kennenlernen und die Hand- habung der verschiedenen Werk- zeuge a) Zangen b) Kabelmesser c) Seitenschneider d) Schraubendreher e) elektr. Lötgeräte.

ner Größen

Löten

4. Die Gewinnung bzw. Herstellung

6. Das Biegen von osen verschiede-

7. Das Verbinden von Metallen durch

8. Das Verlöten von AnschluBenden

V o m Erzeuger zum Verbraucher 1. Das Kraftwerk

a) der Generator b) die Batterie

a) Schmelzsicherung b) Sicherungsautomat

weise

2. Die Sicherung und ihre Aufgabe

3. Schalterarten und ihre Wirkungs-

Thema I Obungrzlele und Lernlnhalte

Montage von Geräten mit Verlegen von Drähten und Anschließen der Geräte

Schaltzeichen kennenlernen

Kabelarten und ihre Anwen- dung

Leiter, Nichtleiter

Der Wirkschalt- plan

Gerateplan

4. Die Schuko-Steckdose 5. Die Abzweigdose

6. Verbraucher a) Licht b) Kraft c) Wärme

7. Der Draht als Stromleiter

Funktionsweise und Anwendungsmög- lichkeiten von Schaltelementen an einer Ausschaltung mit Schuko-Steck- dose, die installiert wurde, erläutern.

Schaltzeichen a) genormte b) nicht genormte

H i n w e i s Auf Unfallverhutungsvorschriften hin- weisen. VDE-Vorschriften beachten.

Die gebräuchlichsten Leiterarten er- klaren, AnschluBenden nach Vorschrift herstellen und mit verschiedenen Be- festigungsmöglichkeiten montieren. a) massive (fur feste Anschlusse) b) flexible (für bewegliche An-

c) Draht d) Kabel

1. Leiter

schlüsse)

a) Metalle b) Kohle c) feuchte Erde d) manche Flüssigkeiten

2. Nichtleiter a) Gummi b) Luft c) Glas d) Kunststoff e) Porzellan

Wirkschaltplan lesen und danach Gerateplan erstellen.

Bedeutung und Zweck verschiedener Schaltungen. a) Ausschaltung b) Wechselschaltung c) Serienschaltung d) Parallelschaltung e) Reihenschaltung Die verschiedenen Schaltungen mit den dazu gehörenden Geräten nach Geräteplan installieren.

H i n w e i s VDE-Vorschriften beachten. Auf Unfallverhütungsvorschriften hin- weisen.

26

Förderungslehrgänge (Fortsetzung)

Thema 1 Ubungszlele und Lerninhalte

Schwachstrom 1. Einsatzmöglichkeiten von Schwachst rom a) Telefonanlagen b) Alarmanlagen c) Sprechanlagen d) Klingelanlagen e) Signalanlagen

Geräten und Kabel für Stark- und Schwachstrom.

des Telefons a) Handapparat b) Dbertrager c) Wecker d) Wahlscheibe

4. Kennenlernen und Handhabung des erforderlichen Werkzeugs

5. Funktion und Wirkungsweise von: a) Mikrofon b) Hörer

2. Unterscheidungsmerkmale von

3. Funktions- und Wirkungsweise

6. Erarbeiten von Schaltungen

7. Das Systemkabel und seine An- wendungsmöglichkeit a) größere Schwachstromanlagen b) verschiedene Schaltkombina-

tionen c) Farben d) Gruppen

lichkeiten a) Klemmleiste b) Lötklemmleiste c) Lötleiste

9. Ausarbeiten von Schaltplänen a) genormte Schaltzeichen b) nicht genormte Schaltzeichen c) Wirkschaltplan d) Installationsplan e) Stromlaufplan

schiedener Schaltungen a) Wechselschaltung b) Kreuzschaltung

tungen und deren Installation als Gruppenarbeit

12. Funktion und Wirkungsweise von: a) Taster b) Stromsto13relais c) Türöffner d) Summer e) Fotozelle und deren Einsatzmöglichkeit

8. Die verschiedenen Anschlui3mÖg-

10. Verwendungsmöglichkeiten ver-

11. Ausarbeiten verschiedener Schal-

Rahmenstoff plan

Berufsfeld H o I z

Thema I Obungszlele und Lerninhalte

Werkstoff Holz

Hobeln Sägen Raspeln Feilen Schleifen

Oberflãchen- bearbeitung und Behand- lung

Zureißen

Werkstoff Holz

Sägen

I. Kennenlernen der verschledenen Holzarten nach a) Harthölzern b) Weichhölzern

II. Lerne Bäume nach a) Nadelhölzern und b) Laubhölzern zu unterscheiden

1 1 1 . Der Nahrungshaushait des Baumes a) Wachstum b) Nahrungsaufnahme

Struktur (Maserung) a) Langholz b) Querholz

V. Kennenlernen der wlchtigsten Holz- bearbeitungswerkzeuge und Ihre Handhabung a) Schweifsäge b) Feinsage c) Raspel d) Feile e) Hohleisen 1) Bohrwinde

g) Schlangenbohrer h) Hobel

IV. Erkennen des Holzes nach seiner

Hobeln - Sägen - Raspeln - Feilen - Schleifen am obungsstück

Wässern - Schleifen - Grundieren - Mattieren am Übungsstück

H i n w e i s Auf Unfallgefahren im Umgang mit Werkzeugen und Lacken hinweisen.

Das Zureißen am Dbungsstück üben.

I. Inländische Laub- und Nadel- bäume a) Standort b) Rinde c) Blätter d) Früchte

a) Jahresringe b) Splintholz c) Markröhre

I. Das Auf-Längen-Schnelden von Holz am Obungutllck üben

II. Aufbau und Arbeitsweise der Säge erklären

II. Ouerschnltt des Stammes

27

Thema I Obungszieie und Lernlnhalte

Die Bedeutung der Werk- Zeichen

Werkstoff Holz

Die Zinkverbin- dung

Das Furnier

Werkzeuge und ihre Hand- habung

Die Holzver- bindung

Schärfen von Werkzeugen und ihre Pflege

Der Nistkasten als Obungsbei- spiel

I. Wertzeichen auf Rahmenstücke

II. Ihre Bedeutung am Obungsgegen-

übertragen

stand erläutern

Holzschädlinge

a) tierische b) pilzliche

Herstellen einer offenen Zinkung am Ubungsstück.

H i n w e i s Auf Unfallgefahren hinweisen.

I. Struktur und Farbe verschiedener Furniere

II. Lerne Furniere nach Obertragen des Entwurfs auszuschneiden

I II. Zusammenkleben Verschiedener Furnierielle

IV. Das Auiielmen von Furnieren

Das Kennenlernen verschiedener Tischlerwerkzeuge und ihre Hand- habung a) Winkel b) Streichmaß c) Feinsäge d) Stecheisen e) Holzhammer f) Raspel g) Hobel h) Feile i) Zirkel

k) Hohleisen I) Furniermesser m) Furniersäge n) Zwingen

Herstellen einer Eck- und Kreuzüber- lappung am Übungsstück.

Lerne Holzbearbeitungswerkzeuge fachgerecht zu schärfen.

H i n w e i s Auf Unfaligefahren hinweisen.

1. Anreißen 2. Hobeln 3. Sägen 4. Bohren 5. Leimen 6. Schrauben 7. Nageln 8. Zusammenbauen

rhema I Ubungulele und Lerninhalte

Kennenlernen verschiedener Möglich- keiten Holzteile zu verbinden a) Leimen b) Nageln c) Schrauben

Hobeln 9brichten

Leimen

Die einfache Schlitz- und Zapfenverbin- dung

Die Keil- zapfenverbin- dung

I. Erläutern des Hobels a) Bestandteile b) Funktion c) Anwendungsmöglichkeiten

II. Erklären der Begriffe a) Kanten abrichten b) Fläche aushobeln

III. Arbeitsweise des Hobels a) die Zugkraft der Jahresringe b) rechte und linke Seite der

Bretter c) das Schwinden des Holzes d) Langholz und Querholz

I. Verblndungsmlttei

a) Auswahl der richtigen Verbin-

b) Zusammensetzung des Kunst-

c) Anwendungsmögiichkeiten des

dungsmittel

harzleims

Leims

I I. Spannwerkzeuge

Die Aufgaben der Zwingen und Knechte beim Leimen.

1. Hobeln 2. Anreißen 3. Sägen 4. Stemmen 5. Die Zapfenverbindung wird nach

selbstgefertigter Zeichnung herge- stellt

6. Anwendungsrnöglichkeiten der Zapfenverbindung erläutern.

H i n w e i s Auf Unfallgefahren im Umgang mit Holzbearbeitungswerkzeugen hinwei- sen.

I. Herstellen einer Keiizapfenverbin- dung a) Zeichnung anfertigen b) Hobeln c) Anreißen d) Sagen (Anschneiden und Ab-

setzen der Zapfen mit der Feinsäge)

loches mit den Stecheisen) e) Stemmen (Ausstellen des Keii-

28

Förderungslehrgänge (Fortsetzung)

- ~~

Thema 1 Obungozieie und Lerninhalte

Gratnute und Gratleiste

Oberflächen be- handlung

I I . Anwendungsmöglichkeiten im Rahmenbau a) rechtwinklig abgesetzt b) einseitig auf Gehrung abgesetzt c) beidseitig auf Gehrung abge-

setzt 111 . Anwendungsbereiche

a) Keil als Verbindungselement b) Keil als Zierteil

I . Aufgabe und rlchtlger Einsatz von Gratnute und Gratleiste a) stabilisierende Wirkung b) die richtige Holzart

menden Werkzeuge a) Grundhobel b) Gratsäge c) Stecheisen d) Spitzbohrer

I I . Erklärung der zum Elnsatz kom-

I . Schleifen - Fiammen und

II. Die unterrchledllchen Wachstums- Mattieren

8chlchten des Holzer a) Herbst b) Sommer

H i n w e i s Aut Unfallgefahren hinweisen.

Rahmenrtofi pian

Berubfeld F a r b - und R a u m g e r t a l t u n g

Thema ] Obungozlele und Lerninhalte

Tapezieren I . Tapezieren a) Messen b) Aufschneiden c) Einkleistern d) Loten e) Abschneiden

I I . Werkstoffkunde 1. Erläuterungen verschiedener

a) Kleistersorten b) Tapetensorten

Un terg rü nde : a) Gipsputz b) Kalkputz c) Zementputz d) Holz e) Metall

2. Vorarbeiten verschiedener

Thema 1 Obungrrleie und Lerninhalte

Farbige Wand- flächengestal- tung

II I . Werkzeugkunde Bekanntmachen mit den erforder- lichen Werkzeugen: a) GliedermaBstab b) Lot c) Haumesser d) Schiene e) Schere f) Abschnürkordel

g) Tapezierbürste h) Tapezierwalze i) Tapetenabreißer

IV. Hllfsatoffe Auswahl und Anwendung geeigne- ter Hilfsstoffe: a) Schwamm b) Lappen

V. Unfailverhütung Sachgerechtes Aufstellen der Leiter

VI. Tapezieren Tapezierübung an der Ubungs- wand

I . Wandiiächengeotaitung a) Anzeichnen b) Abschnüren c) Beschneiden d) Zulegen e) sachgerechtes Auslegen mit

Abdeckpapier

I I . Werkstoffkunde Erläuterung und Anwendungsmög- lichkeiten verschiedener a) Dispersionsfarben b) Trockenfarben

I I I . Werkzeugkunde

Bekanntmachen mit den erforder- lichen (neuen) Werkzeugen a) Cchnürkordel b) Strichziehlineal c) Strichzieher d) Heizkörperpinsel e) Lamrnfellrolle (Heizkörperrolle)

IV. Fachreichnen Flächenbelebung aufgrund mathe- matischer Flächenformen a) Quadrat b) Rechteck c) Drdieck d) Kreis

29

. . _._-

Thema I Obungrriele und Lernlnhalte

V. Gerchmackrkunde Zusammenstellen der entsprechen- den Farbtöne

Anwendung und Auswahl geeigne- ter Hilfsstoffe a) Schwamm b) Abdeckpapier

VI. Hlifsrtofie

Vorbereiten I. Vorbereitung eines Anstrich- a) Schleifen Untergrundes b) Brennen

c) Bürsten d) Anlaugen e) Abstauben 1) Abdecken g) Spachteln h) Kitten

II. Werkstoífkunde Erläuterung und Anwendungsmög- Ikhkeiten der wesentlichsten Werk- stoffe a) Spachtelmassen b) Kitte

Bekanntmachen mit den erforder- lichen (neuen) Werkzeugen a) Japanspachtel b) Stielspachtel c) Kittmesser d) Staubbesen

Auswahl und Anwendung geeigneter Hilfsstoffe a) Schleifpapier b) Abdeckpapier c) Lappen

I I I . Werkzeugkunde

IV. Hii?rstofle

Ausführen I. Werkrtoffkunde eines 'Ifarben- anstriches 1. Erkennen der Fichtenholz-

Struktur 2. Auswahl eines geeigneten An-

strichaufbaus a) Grundierung b) Vorlackierung c) Schlußlackieryng

II. Werkzeugkunde Bekanntmachen mit den erforder- lichen Werkzeugen a) Gasbrenner b) Drahtbürste c) Borstenpinsel d) Staubbesen

III. Geschmackskunde Brenntechnik im Raum a) starkes Brennen b) schwaches Brennen c) naturbelassen d) Lasieren

Thema I Ubungdeie und LernInhatte

Anlaugen

Der Farbkreis

Anstricharten auf verschiede- nen Unter- gründen

IV. Hiihstoíie Auswahl und Anwendung geeigne- ter Hilfsstoffe a) Glaspapier b) Abdeckpapier

I. Werkrtoflkunde

1. Entfernen von alten Farben durch: a) Salmiakgeist (Lauge) b) Gas (Brennen)

a) Isolierlack b) verdünnter Alak innen c) Halböl

2. Grundierungsarten

3. Zwischenanstrich 4. Schlußanstrich

II. Werkzeugkunde Bekanntmachen rnit den erforder- lichen Werkzeugen a) Spachtel b) Kittmesser c) Glaspapier d) Schaber e) Japanspachtel f) Pinsel

g) Pistole h) Staubbesen

111. Hiifsstofie Auswahl und Anwendung geeig- neter Hilfsstoffe a) Abdeckpapier b) Lappen

I. Farbkreim a) Mischen b) Konturieren

II. Fachreichnen 1. Herstellen eines Kreises 2. Kreisfläche in 12 Felder auf-

teilen 111. Geschmackrkunde

Erstellen eines 12teiligen Farb- kreises a) Primärfarben

- gelb - rot - blau

därfarben) - orange - violett - grün

I. Werkstoífkunde

b) Komplementärfarben (Sekun-

1. Bekanntmachen rnit verschiede- nen Anstricharten a) Zelluloselacke b) Kunstharzlacke c) 'Hacke

30

Fördeiungdehrgänge (Fortsetzung)

Thema I Ubungulele und Lernlnhilte

Plastische Wandflächen- gestaltung

Flächenauf- teilung

2. Anstrichaufbau - Metall - a) Entrosten b) Rostschutz c) Zwischenanstrich d) Schlußanstrich

3. Anstrichaufbau - Holz - a) Schleifen b) Grundieren c) Spachteln d) Zwischenanstrich e) SchluEanstrich

II. Werkzeugkunde Bekanntmachen mit den erforder- lichen Werkzeugen

I. Wandllächengertaltung a) Aufzeichnen b) Abschnüren c) Abkleben d) Plastik auftragen e) Rollen

II. Werbtoffkunde 1. Anstrichaufbau von:

a) Latexplastik b) Olspachtel c) Dispersion

a) Gipsputz b) Kalkputz c) Rauhfaser d) Holz

a) Plastikauftrag b) farbiges Uberrollen mit Dis-

c) Durchschleifen der Farbe

2. Untergrundbehandlung von:

3. Oberflächenbeharidlung

persion

III. Fichzelchnon Flächenaufteilung in: a) Trapeze b) Dreiecke

I V. Gerc h m i c k i kund. 1. Entwurfstechnik mit Hilfe der

Grundformen 2. Strukturen

a) gefingert b) gerollt

I. Flächenauflellung a) Striche ziehen b) Farbmischübungen

II. Werkstoffkundo 1. Anstrichaufbau in Dispersion

2 X mit Dispersion streichen

r b m i 1 Ubungrzlole und Lernlnhilte

Anstrichfarben

Schrlftü bung

2. Anstrichaufbau in Kunstharz a) Grundieren b) Vorlackieren c) SchluEanstrich

111. Werkeugkunde Bekanntmachen mit den erforder- lichen Werkzeugen a) Strichziehlineal b) Strichzieher c) Schnürkordel d) Modler e) Schriftpinsel f) Kartoffel

IV. ßerchmickrkunde 1. Zusammensetzung von Farb-

2. Aufteilen einer Fläche mit Hilfe tönen

geometrischer Formen

I . Werkstoffkunde 1. Gegenüberstellung verschiede-

ner Farben bei gleichzeitiger Verarbeitung 4 DD-Lack b) Plaka-Farben

2. Trocknungsarten und -Zeiten

I I . Uniillvorñiitung 1. Gefahren beim Säubern 2. Richtige Verhaltensweise beim

Säubern

I. SchrlflUbung a) Hilfslinien ziehen b) Umgang mit dem Schriftpinsel

II. Werhtoííkunde Geeignete Farben zur Beschriftung a) Kaseinfarbe b) Dispersionsfarbe c) Plaka-Farbe d) Tempera

111. Werkreugkunde Bekanntmachen mit den erforder- lichen Werkzeugen a) Malstock b) Schriftpinsel c) ReiEschiene d) Winkel e) Zirkel 1) Brücke g) Schnürkordel h) Bleistift

31

.

Thema 1 Obungsziele und Lerninhalte

IV. Geschmackskunde

1. Wahl des Schriftfarbtones

2. Wahl der Schriftgröße im Ver-

3. Granulieren

4. Voilschreiben

5. Verschiedene Schriftarten

hältnis zur Fiache

a) Gotik b) Fraktur c) Kursiv d) Antiqua

Anbringen eines An- striches auf Eisen oder Stahl

Tapezieren

i . Anstrichvorbereitung und Ausfüh- rung a) Entrosten b) Entfernen von Schweißpickein c) Streichen mit Rostschutzfarbe

II. Werkstoffkunde

1. Wirkungsweise von aktiven und

2. Erkiarung des Rostvorganges

3. Bekanntmachen mit verschiede- nen Rostschutzanstrichen a) Bieimennige

’ b) Eisenmennige c) Rostumwandler d) Haftgrund

Stahl a) Entrosten b) Rostschutz c) Zwischenanstriche d) Schiußanstrich

nicht aktiven Farben

4. Anstrichaufbau für Eisen und

Ili. Werkzeugkunde

Bekanntmachen mit den erforder- lichen Werkzeugen Drahtbürste

i. Tapezleren

a) Loten b) Abschneiden c) Abschneiden mit dem Hau-

messer

li. Werkstoffkunde

1. Verwendungsmöglichkeit ver- schiedener Kieistersorten a) nicht kaikbeständige Kiei-

b) ka1 kbeständige Kieister-

c) Kunststoffkleistersorten d) Dispersionskieber

stersorten

sorten

Thema I Obungszleie und Lernlnhalte

Naturlackie- rung

Schriftübung

2. Bekanntmachen mit den ver- schiedenen Papiersorten a) Makuiaturpapier b) Strukturpapier c) Prägepapier d) Kunststoffpapier

3. informationen uber die wichtig- sten flüssigen Makuiatursorten

4. Vorarbeiten verschiedener Untergrunde a) Gipsputz b) Kaikputz c) Zementputz d) Holz e) Metall

iii. Werkzeugkunde

Wiederholung und Festigung (vgi. Abschnitt III zum Thema Tapezieren, Seite 13)

i. Naturlackierung

a) Schleifen b) Abstauben p) Lasieren d) Abdecken e) Auswaschen f) Voriackieren

g) Lackieren

l i . Werkstoffkunde

Anwendung von Lasurtechniken a) Beizen b) Lasieren c) Abdeckgrundierung

111. Werkzeugkunde

Bekanntmachen mit den erforder- lichen Werkzeugen a) Maipinsei b) Maistock c) Ringpinsei d) Fiberpinsel

IV. Geschmackskunde

1. Fiächengestaltung mit Hilfe von

2. Farbzusammenstellung mit Hilfe Grundformen

des Farbkreises und Hell/ Dunkel-Unterschieden

i. SchriitGbung

Konstruieren einer Schrift bzw. eines Motivs

Werkstoff kunde Bekanntmachen mit den erforder- lichen Hilfsmitteln a) Transparentpapier b) Talkum (weiß) c) Asche (Zeitung)

32

Förderungslehrgänge (Fortsetzung)

Rahmen8toff plan

Berufsfeld G a r t e n b a u und F I o r i 8 t I k

rhema 1 übungszlele und Lerninhalte

l i e Hilfsmittel ies Gärtners

Aussäen

Treibhaus

Erde

Pikieren

Eintopfen

Die Pflanze

Stecklinge

Bekanntmachen mlt den &order- Ilchen Hllfsmitteln

a) Pikierstab b) Pflanzschübe c) Messer d) Steckholz

Aussäen a) Die Tiefe der Saat b) Der Abstand der Saat

Treibhaus

Aufgabe und Funktion des Gewächs- hauses

Erdarten a) Lehmerde b) Lauberde c) Nadel boden d) Erde mischen e) Auswahl der richtigen Erde treffen

Plkleien

a) Abstand b) Tiefe

Eintopfen nach Bewurzelung. Weiter- kultivierung zur fertigen Topfpflanze

I . Aufbau der Pflanze a) Wurzel b) Sproß c) Stenge1 d) Stamm e) Die Blüte f) Blütenständer

g) Bestaubung der Blüte

II. Fortpflanzungsaríen durch a) Samen (generativ) b) Stecklinge (vegetativ) c) Ausläufer oder Seitensprosse d) Brutzwiebeln

I. Cteckllnge schnelden und stecken a) Länge b) Glatte Schnittflächen c) Festigkeit der Erde d) Tiefe der Stecklinge

II. Weiterkultlvlerung von a) Stecklingen b) Sämlingen

rhema 1 Ubungulele und Lerninhalte

3ehandlung ind Pflege der àewächse

Anlegen eines Beetes

Die Pflege eines Beetes

I. Behandlung

a) Ernährung b) Temperatur c) Pflege d) Gießen e) Lüften f) Düngen

I I . Standoti

a) sonnig b) halbschattig c) schattig

I. Ausmessen nach Gestaltungs- mbgllchkeit

a) geometrisch b) pflanzlich

II. Umgraben

111. Planleren

IV. Harken

V. Kennenlernen der eríorderilchen Geräte a) Maßband b) Zollstock c) Winkel d) Spaten e) Harke f) Walze

VI. Bepflanzen nach a) J ah reszeiten b) Auswahl c) Abstand d) Tiefe e) Standort

VII. Aussaat a) Aussaatdichte b) Festigung der Aussaatober-

fläche

Notwendigkeit und Mögiichkelt für regalmäûlga Ptlege

a) Dünger b) Unkraut c) Sc had1 ingsbe kam pf u ng d) Schneiden

H i n w e i s Auf Unfallgefahren und Unfallverhü- tungsvorschriften irn Gartenbau hin- weisen.

-,

h

33

Thema 1 Obungszlele und Lernlnhalte

Die Binderei I . Blumen - Geblnde - Gedecke - Schale - je nach Bodarl a) Schneiden b) Drahten c) Ausstecken d) Binden e) Pflanzen f) Arrangieren g) Verpacken

Blumen a) Schnittblumen b) Topfblumen c) Grünpflanzen

II. Bekanntmachen mli geelgneien

III. Vemendungsmögllchkelten von

a) Naturblumen b) Strohblumen c) Kunstblumen

menden Werkzeuge und Hlllsmittel a) Messer b) Drahtzange c) Schere d) Nadeln e) Bindedraht f) Steckdraht

g) Steckschwamm h) Moos i) Knetmasse i ) Dekorationstöpfe k) Schalen

IV. Erläuterung der zum Elnsatz kom-

V. Geschmacksblldung a) Formfindung b) Formgebung c) Farbzucammenstellung

Rahmenstoff plan

Berufsfeld T e x t 1 I und B e k I e i d u n g

Thema I Obungszlele und LernInhalte

Die Nah- I. Nähmaschlnenkunde maschine, ihre Bedienung und Pflege

1. Aufbau und Funktion der elektr Nähmaschine

2. Stichbildung 3. Pflege der Nähmaschine 4. Unfallverhütung

II. Arbelten an der Nähmaschine 1. Oberfaden einfadeln 2. Spulen 3. Spule einsetzen 4. Reinigen und Chen

Thema 1 Obungszlele und Lernlnhalte

Handnähte

Herstellen ein- facher Klei- dungsstücke

III. Nähen an der Nähmaschine

1. Einfachnaht 2. Zickzacknaht 3. Rechts-LinksNaht 4. Kappnaht

IV. Werkeugkuhde

1. MaBband 2. Kopierrad 3. Schere 4. Nähnadel 5. Bügeleisen

V. Stollarten 1. Leinen 2. Baumwolle 3. Wolle 4. Seide 5. Synthetische Stoffe

Nähen von Hand 1. Durchschlagen 2. Zeichen übertragen 3. Steppstich 4. Schlingstich 5. Hexenstich 6. Saumstich 7. Nähte bestecken 8. Bügeln

I. ubungsgegenstand anfertlgan

1. Ausmessen 2. Zuschneiden 3. Verschluß 4. Rechts-Links-Naht 5. Knopflöcher 6. Kappkantig säumen 7. Versturzen 8. Taschen aufnähen 9. Übungsgegenstand mit Zick-

zackstich (Zierstich versäubern)

10. Stoffverbrauch ermitteln 11. Schnitteile zusammenfügen 12. Genaues Nähen von Formen,

Kurven und Ecken

II. Entstehung elnes Fadens durch

I I I . Entstehung eines Gewebea durch

IV. Bekanntmachen mlt Schnittmustern

V. Festlgung der Kenntnisse durch Wlederholungen

VI. Rel6verschlüsse

1. einstecken 2. einheften 3. einsteppen

Spinnen

Weben

34

.. . _I .

Fördeiungslehrgänge (Fortsetzung)

Thema I Ubungrzlele und Lerninhalte

VI I. Parpelknopflöcher 1. einzeichnen 2. aussteppen 3. einschneiden 4. verstürzen 5. ausheften 6. anhexen

VIII. MaBnehmen

IX. Zurchnelden

X. Nähen an der Maachlno 1. Aufnähen der Borden

a) unsichtbar annähen b) Ecken legen c) Boden legen

a) Ecken ablegen und evtl. ab- nähen

b) Falten legen c) Spitze in Ecke und Bogen

nähen

2. Aufnähen der Spitzen

H i n w e i s Auf Unfallgefahren hinweisen.

XI. Fachkunde 1. Leinen

a) Naturfaser pflanzlicher Art b) Anbauländer c) Gewinnung d) Handel e) Eigenschaften, Verwendung

2. Baumwolle a) Naturfaser pflanzlicher Art b) Anbauländer c) Gewinnung d) Handel e) Eigenschaften und Verwen-

dungsmöglichkeiten

3. Chemiefaser, Eigenart und Verwendung a) Cet I ulosef aser b) Synthetikfaser

a) Naturfaser tierischer Art b) Gewinnung c) Eigenschaften d) Verwendungsmöglichkeiten

a) Naturfaser tierischer Art b) Züchtungsländer c) Gewinnung d) Eigenschaften e) Verwendung

4. Wolle

5. Seide

Thema I Obungulele und Lerninhalte

Herstellen von Gardinen

Erläuterung und Verwendung wichtiger Garnarten a) Nähgarne b) Stopfgarne c) Handarbeitsgarne

7. Rohstoffe der Garne a) Baumwolle b) Seide c) Kunstseide

8. Stärken der Garne

XII. Go8chmackskunde 1. Aussuchen eines Modells für

Typ und Figur des Trägers 2. Auswahl eines geeigneten

Stoffes a) Farbliche Zusammenstel-

lung b) Qualität

I. Nähen 1. Aneinandersetzen der Volant-

streifen mit Zickzackstich 2. Säumen der Volantstreifen

mittels Zickzackstich 3. Volants annähen 4. Faltenband (Ringband) annähen 5. Krängelband (Ringband) an-

nähen

Il. Fachkunde Voraussetzungen zur Erstellung einer Gardine 1. Maßnehmen des Fensters 2. Stoffverbrauch errechnen 3. Ermitteln des Zuschnitts

Rahmenstoff plan

Berufsfeld E r n ä h r u n g und H a u s w i r t s c h a f t

Thema 1 Ubungrziele und Lerninhalte

Lehrküche Kennenlernen der Lehrkuche und ihre Einrichtung. Die Bedeutung und Handhabung der technischen Geräte und Hilfsmittel im Haushalt.

H i n w e i s Unfallgefahren beim Umgang mit Haushaltsgeräten. Die Hygiene im Haushalt.

35

rhema 1 Ubungsziele und Lernlnhalte

Kennenlernen der gebräuchlichsten Reinigungs- und Pflegemittel im Haus- halt. Reinigen und Pflege von Geschirr. Reinigen und Pflege von Fußboden, Kacheln und Mobeln. Kennenlernen und Anwendung der gebräuchlichsten Waschmittel. Waschen und Pflegen der ver- schiedenartigen Textilien.

pflege

Uahrungs- Iedurfnisse

Einkauf

Planung und Organisation

Nahrungszu be- reitung

Die Grundlagen einer gesunden Ernährung. Die Ernahrung unter Berücksichtigung der Lebensbedingungen und Lei- stungsanforderungen. Die Ernahrung des Kindes, der Jugendlichen, der arbeitenden und kranken Menschen. Die Bedeutung von Kalorien und Vita- minen.

H i n w e i s Auf gesundheitsgefährdende Ruckstande in und auf Lebensmitteln hinweisen (Z.B. Antibiotika in Fleisch, Schadlingsbekämpfungsmitteln).

Einkauf unter Berucksichtigung des Bedarfes und der Wirtschaftlichkeit. Die Bedeutung von Angebot und Nachfrage. Lernen, Quaiitat und Preise zu ver- gleichen. Lernen, sich mit Inhalten und Zielen der Werbung fur Nahrungsmittel aus- einanderzusetzen.

H i n w e i s Besuch eines Wochenmarktes, Waren- hauses, Supermarktes u.a.; Angebote beachten. Haltbarkeit und Lagerfähigkeit beach- ten.

Die Planung und Organisation als Vor- aussetzung für einen geordneten und storungsfreien Arbeitsablauf im Haus- halt. Planung und Organisation als Voraus- setzung für Wirtschaftlichkeit.

H i n w e i s Amterverteilung in der Lehrküche.

Lernen, die verschiedenen Geräte und Hilfsmittel der Nahrungszubereitung entsprechend einzusetzen. Zubereiten einfacher Gerichte nach Grundrezepten. Herstellen von Feingebäck und Kuchen nach Rezepten. Lernen, verschiedene Menüs nach Geschmack zusammenzustellen.

H i n w e i s Auf verschiedenartige Werkstoffe und ihre Verwendungsmöglichkeit im Haushalt hinweisen, Z.B. Kunststoffe, Glas, Stahl usw. Bei der Nahrungszubereitung ist auf Wirtschaftlichkeit und auf eine gesun- de Ernahrung zu achten.

Thema I Obungszieie und LernInhalte

Decken und Servieren spre.chend richtig und geschmackvoll

Lernen, eine Tafel dem Anlaß ent-

zu decken. Die Bedeutung der Tischdekoration. Lernen, richtig zu servieren.

I H i n w e i s

Auf Unfallgefahren im Haushalt hin- weisen.

Rahmenplan

Berufsfeld H a a r - und K ö r p e r p f I e g e

Thema 1 Ubungezlele und Lerninhalte

Arbeitsplatz

Haarpflege

Kopfhaut

Kennenlernen der Werkzeuge und Gerate zur manuellen Verwendung insbesondere der Kämme, Bürsten. Messer, Scheren, Feilen, Wickel- gerate und der Werkzeuge für Haar- arbeiten sowie ihre Pflege. Kennenlernen der Geräte und Maschi- nen insbesondere der Haartrocken- gerate und ihre Pflege.

Der Aufbau, die Eigenschaften und das Wachstum des Haares. Reinigen des Haares und der Kopf- haut mit schäumenden und nicht- schaumenden Praparaten. Erkennen von Haarschäden. Lernen, Dauerwelltechniken an Ubungsköpfen anzuwenden.

H i n w e i s

Kopfwäsche muß Reinigung und Pflege zugleich sein.

Aufbau, Eigenschaften und Funktionen der Kopfhaut. Pflege und Massage der Kopfhaut und Auftragen von Kopfwässern.

36

Förderungslehrgänge (Fortsetzung)

~ ~~

Thema I Obungulele und LernInhalte

iaarschneiden

Frisieren

Handpflege

Rasieren

Hautpflege

Bestimmen und Abteilen der Haar- längen. Vorschneiden mit der Schere (Stumpf- schneiden)

H i n w e i s Modische Formschnitte beinhalten Schneiden, Formen und Pflegen des Haares.

Ausgesuchte Frisur unter Berucksich- tigung von Haaransatz, Wuchsrich- tung und Fall des Haares Vorformen.

Beurteilen der Nägel. Kenntnisse der Zusammenhänge von Haut und Nägeln. Kennenlernen der organischen Chemi- kalien und ihre Wirkung. Das Schneiden und Feilen der Nägel. Polieren und Lacken der Nägel.

Rasieren mit der Klinge einschl. Vor- und Nachbehandlung

Der Aufbau und die Funktion der Haut Hauterkrankungen Hautdiagnose Hauttypen

Hautmassage Die kosmetische Grundbehandlung Dekorative Kosmetik Aknebehandlung Die Wirkung und Anwendung von Reinigungs- und Pflegepräparaten. Die sachgemäße Pflege der verschie- denen Hauttypen. Lernen, das typgerechte Make up anzuwenden.

H i n w e i s Aknebehandlung sollte dem Arzt vor. behalten bleiben. Im Unterricht nur ansprechen,

Thema I Obungulele und Lerninhalte

-arben und ïönen der iaare

Haarersatz

Kunden- beratung

Ordnung und Sauberkeit am Arbeitsplatz

Arbeitsschutz und Unfallver- hütung

Die verschiedenen, farbveränderten Haarbehandlungverfahren kennen- lernen. Kenntnisse der Systeme der Farben- lehre, Farbkreise. Gegenfarbe, Farb- mischung.

Kennenlernen der Haarersatzarten. Kennenlernen der verschiedensten Haarersatzteile. Besprechung der verschiedenen Herstellungcverfahren von Haarersatz- teilen. Herstellen verschiedener Tressen- arten. Pflege von Haarersatz (Echt- und Kunsthaar).

Behandlungsberatung. Verkaufsberatung. Verkaufstechni k.

H i n w e i s Die Behandlungsberatung erstreckt sich über den gesamten Lehrgangs- ablauf.

Kennenlernen und Anwendung der gesetzlichen Hygienebestimmungen für das Friseurhandwerk.

H i n w e i s Dieses Thema mut3 während des gesamten Lehrgangsablaufes oberstes Gebot sein.

Kenntnisse der Arbeitsschutz- Vorschriften. Kenntnisse der Unfallverhütungs- Vorschriften. Kenntnisse der Bedeutung der Arbeits- hygiene.

Verhalten bei Unfällen. Erste Hilfe.

H i n w e i s Diese Themen müssen während des gesamten Lehrgangsablaufes bespro- chen werden.

37

Anhang

Auszug aus dem Dlenstblatt der Bundesanstalt für Arbelt Nr. 46 vom 2. August 1974

Nürnberg, den 22. Juli 1974 - lla3 - 643216433 -

An alle Dierictstellen der Bundesanstalt

26ôn4.2 Berufsvorbereitende MaBnahmen; hier: Rahmenvorstellungen zur Durch-

führung von Förderungslehrgän- gen und von Lehrgängen zur Ver- besserung der Eingliederungs- möglichkelten

Auf Initiative der Bundesanstalt für Arbeit hat die Bundesarbeitsgerneinschaft Jugendaufbauwerk e.V. mit den ihr angehörenden Trägergruppen* unter Mit- wirkung von Vertretern der Bundesanstalt für Arbeit als Stellungnahme des Vorstandes der Bundesar- beitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk Rahmenvor- Stellungen zur Durchführung von Förderungslehr- gängen und von Lehrgängen zur Verbesserung der Eingliederungsmöglichkeiten erarbeitet (Anlage).

* Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk. 53 Bonn, Haager Weg 44, Telelon (O 22 21) 28 12 15

Evangelische Trägergruppe Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelischer Jugendaufbaudienst 7 Stuttgart, Diemershaldenstraße 48 Telefon. (07 11) 23 46 55

Freie Trägergruppe Eundesarbeitsgerneinschaft freier Jugendsozialarbeit IB Jugendsozialwerk e. V. 6 Frankfurt. Münchener Straße 38 Telefon (o6 11) 23 40 63, 25 39 69

Freie Trägergruppe Eundesarbeitsgerneinschaft freier Jugendsozialarbeit IB Jugendsozialwerk e. V. 6 Frankfurt. Münchener Straße 38 Telefon (o6 11) 23 40 63, 25 39 69

Kathollsche Trägergruppe Katholische Arbeitsgemeinachall fur Jugendsozialarbeit 4 Dusseldorf. Carl-Mosterts-Platz 1 Telefon: (o2 11) 48 44 44

Sozialistische Trägergruppe Arbeiterwohliahrt Bundesverband e. V. 53 Bonn, Ollenhauenlraße 3 Telefon:.(O 22 21) 53 41

. . . . . .

Bei Verhandlungen mit Trägern hinsichtlich Planung und Fortführung von berufsvorbereitenden Maßnah- men bitte ich von den Rahrnenvorstellungen (Anlage) auszugehen. Es bestehen keine Bedenken, Trägern und sonstigen interessierten Stellen den Text dieses Runderlasses einschließlich der Anlage zu überlas- sen. Das gleiche gilt für ein Grundlagenreferat von VDir. Kost, das demnächst in den ibv" erscheinen wird.

Zur Klarstellung mache ich darauf aufmerksam, daß Bezeichnungen wie ,,Förderungslehrgang der Berufs- beratung des Arbeitsamtes . . . . " zu der Fehlinterpre- tation Anlaß geben, das Arbeitsamt bzw. die Bundes- anstalt sei Träger der Lehrgänge, Die Bundesanstalt für Arbeit ist - unbeschadet ihrer Initiativen zur Ein- richtung berufsvorbereitender Maßnahmen - ledig- lich Träger der i n d i v i d u e I I e n finanziellen Hilfe

* Erschienen in ibv Nr. 33 vom 14. 8. 1974 - siehe Seite 2 6

38

für Teilnehmer an den Maßnahmen. Allerdings be- gründet u.a. der nicht unerhebliche Einsatz von Mit- teln der Bundesanstalt das Interesse an einer best- möglichen Ausgestaltung der Maßnahmen.

Im Auftrag Schaefer

Anlage

Bonn, 2. 7.1974

Stellungnahme des Vorstandes der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk LU AaBnahmen zur Förderung noch nicht berufs-

reifer Jugendlicher"

I.

Die verschiedensten Träger führen

1. Förderungslehrgänge und

2. Lehrgänge zur Verbesserung der Eingliederungs- möglichkeiten durch

Die Teilnehmer werden individuell durch die Bundes- anstalt für Arbeit gefördert.

zu 1. Ziel dieser Förderungsmaßnahmen ist es, den Lehr- gangsteilnehmern die Befähigung zur Aufnahme einer Berufsausbildung im Anschluß an den Lehr- gang zu vermitteln.

zu 2.

Ziel dieser Lehrgänge ist es, daß der Lehrgangsteil- nehmer im Anschluß an den Lehrgang einfachen beruflichen Tätigkeiten regelmäßig nachgehen kann.

Der Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Ju- gendaufbauwerk schlägt einen Rahmenkatalog vor zur Durchführung dieser beiden Förderungsmaß- nahmen, der für die Träger solcher Fördermaß- nahmen verbindlich sein soll.

II.

Förderungslehrgänge

1. Der Lehrgangsteilnehmer

a) Vorbildung Die Lehrgangsteilnehmer kommen in der Regel aus der 6., 7., 8. oder 9. Volks-/Haupt-

Förderungslehrgänge (Fortsetzung)

Schulklasse bzw. aus der 8. oder 9. Klasse der Sondeischule für Lernbehinderte. Sowohl in den allgemeinbildenden Fächern, insbeson- erhält.

Jugendlichen sollten darüber entscheiden, ob er eine offene oder eine internatsmäßige Förderung

dere aber in den Fächern, die für die Berufs- ausbildung von Entscheidung sind, bringen die Jugendlichen so erhebliche Wissenslücken mit. daß ihnen die Teilnahme an der die Berufsausbildung begleitenden Fachklasse in der Berufsschule ebensowenig wie die Teil- nahme am fachpraktischen bzw. fachtheoreti- schen Unterricht in der Berufsausbildung möglich ist.

b) Die indlviduelle und soziale Aurgangrlage Vielfältige Ursachen bewirken das Versagen Jugendlicher in der Schule, Z.B. können gei- stige, körperliche und seelische Retardierun- gen bewirken, daß der Jugendlkhe den Lei- stungsanforderungen, die an seine Alters- gruppe gestellt werden, nicht gewachsen ist. Ungünstig häusliches Milieu ebenso wie in einzelnen Fällen Hirnschädigungen rufen Lei- stungsmißerfolg und Fehlanpasung hervor. Fehlanpassungen (extreme Angstlichkeit oder Disziplinlosigkeit) führen zu schulischen Miß- erfolgen, diese ziehen Sanktionen nach sich, die als Frustration wirken. Dadurch werden die Verhaltensstörungen (Aggression, Angst, Betrugsversuch usw.) weiter verstärkt und bewirken wiederum neue größere Mißerfolge. Leistungsmißerfolg und sozialer Mißerfolg potenzieren sich gegenseitig. Auch schulische Bedingungen bewirken, daß die anfangs vorhandene Lernmotivation des Kindes abebbt und in disfunktionales Verhal- ten umschlägt. Lehrgangsteilnehmer zeigen in der Regel typische Reaktionen der Erfolglosen und Uberforderten: sie sind unruhig, aggressiv, stören den Unterricht, betrügen, zerstören mutwillig, verprügeln andere. Diese Auße- rungsformen können sowohl Ursache des Schulversagens als auch die unmittelbare Folge schulischen Mißerfolges sein. Das Schulversagen dad nicht isoliert, sondern muß im Zusammenhang mit der gesamten per- sönlichen Situation des Jugendlichen gesehen werden.

2. Sozlalpädagogische Hilfen und Formen der För- derung

Um die meist gestörte Persönlichkeitsstruktur dieser Jugendlichen wieder zu stabilisieren, er- geben sich aus der Erfahrung folgende Konse- quenzen: Einzig Art und Grad der geistigen, seelischen, körperlichen und sozialen Beeinträchtigung des

Vor allem Jugendliche aus einem ungünstigen häuslichen Erziehungsmilieu bzw. Jugendliche, die regional bedingt kaum Förderungsmöglich- keiten haben, können in Wohngruppen des Inter- nats am ehesten gefördert werden. Sie bedürfen einer systematischen Jugendhilfe, die durch sozialpädagogisch geschultes Personal zu leisten ist. In der Internatsgruppe der bisher Erfolglosen hat jeder Jugendliche die Chance, auf Grund einer systematischen sozialpädagogischen Bereitstel- lung neuer Handlungsmöglichkeiten ständig zu Erfolgserlebnissen zu gelangen. Eine Gewährlei- stung dazu bietet die gemeinschaftliche und indi- viduelle Betätigung in musischen und sportlichen Bereichen sowie von den Jugendlichen selbst unter Begleitung Erwachsener inszenierten In- teressen- und Neigungsgruppen.

Die den Förderungslehrgang übergreifende so- zialpädagogische Aufgabe wird von ausgebilde- ten sozialpädagogischen Mitarbeitern wahrge- nommen.

Das Elternhaus ist in den gesamten Ablauf des Förderungslehrgangs mit einzubeziehen.

,

3. Die werkpraktlsche Untetweirung

Für die Stabilisierung der Persönlichkeit des Ju- gendlichen ist die werkpraktische Unterweisung im Förderungslehrgang wichtig. Der Jugendliche soll in einem Förderungslehrgang in jeweils 4-6wöchigem Durchlauf mindestens Ca. 5 Berufs- felder kennenlernen, sich darin erproben, um seine Eignung für und seine Neigung zu einem Berufsfeld zu finden, in dem er nach Lehrgangs- ende seinen Beruf erlernen wird.

a) Die Berufsfeider und Berufsbereiche

Metall Elektrotechnik Bau und Holz Textil und Bekleidung Druck und Papier Farb- und Raumgestaltung Gesundheit und Körperpflege Ernährung und Hauswirtschaft

Entsprechend der Möglichkeit der Träger können weitere Berufsbereiche dazukommen bzw. aus diesem Katalog der Berufsfelder solche entfallen, die für den Rahmen eines Förderungslehrgangs nicht geeignet sind. Andere als die genannten ùerufsfelder können

39

4.

aus pädagogischen Gründen für die Förde- rung des Jugendlichen sinnvoll sein, wie 2.B.

Garîenbau/Floristik Kunsthandwerk Büro und Lagertechnik In Lehrgängen, an denen Jungen und Mäd- chen teilnehmen, sollten mindestens fünf der folgenden Berufsfelder durchlaufen werden können:

Metall Bau und Holz Elektrotechnik Textil und Bekleidung Gartenbau/Floristi k Ernährung und Hauswirtschaft Farb- und Raumgestaltung

In getrennten Lehrgängen sind auf jeden Fall vier bis fünf Berufsfelder anzubieten.

Der Jugendliche bleibt, nachdem er das ihm gemäße Berufsfeld gefunden hat, bis zum Ende des Lehrgangs in diesem Berufsfeld, um somit die Bedingungen für die Vermittlung in ein Ausbildungsverhältnis entscheidend zu ver- bessern.

Der Unterweiser Sowohl Angehörige verschiedenster sozial- pädagogischer Berufe mit vorheriger abge- schlossener Berufsausbildung als auch Hand- werksmeister, Industrieausbilder mit Prüfungs- abschjuß und andere Kräfte mit Prüfungsab- Schlüssen sind als Unterweiser in den Berufs- feldern tätig. Träger von Förderungslehrgängen sollten die Möglichkeiten einer ständigen Weiterbildung im jeweiligen Beruf ermöglichen und die pädagogischen und psychologischen Kennt- nisse der Unterweiser ständig erweitern.

Dle Ausstattung der Werkstatt Die Ausstattung der berufsfeldorientierten Werkstatt ist so vorzunehmen, daß in dem ent- sprechenden Berufsfeld voll unterwiesen werden kann.

4.1

4.2

Diese Aufgabe kann von allen Personen be- wältigt werden, die im Lehrberuf tätig sind bzw. diesen in höheren Semestern des Stu- diums anstreben. Eine methodisch-didak- tische Weiterbildung sollte angestrebt wer- den. Die Teilnehmer an Förderungslehrgängen un- terliegen der Berufsschulpflicht. Daraus ent- steht folgende Problematik: Der Lehrgangs- teilnehmer befindet sich nicht in der Aus- bildung. Daher ist die Fachklasse der Berufs- schule, die die Ausbildung begleitet, für ihn nicht zuständig. Der Jugendliche befindet sich aber auch nicht in einem Arbeitsver- hältnis. Auch die Jungarbeiterklasse, die das Arbeitsverhältnis begleitet, ist daher für ihn nicht zuständig. Als Konsequenz ergibt sich, daß eine enge Kooperation von Träger und Berufsschule bezüglich der pädagogischen und fachlichen Unterweisung vonnöten ist. Die Berufsschule sollte alle die Bereiche för- dern, die im Rahmen des Förderungslehr- ganges zu Aufwendungen führen, die die Bundesanstalt für Arbeit bei ihrer individuel- len finanziellen Hilfe nicht berücksichtigen kann. Ziel des Berufsschulunterrichts könnte es u.a. sein, schulische Lücken zu schließen, um so dem Lehrgangsteilnehmer zusätzlich die Möglichkeit zum externen Hauptschulab- schluß zu bieten. Ziel des Förderungslehrganges ist es, den Lehrgangsteilnehmer für eine Berufsausbil- dung zu befähigen. Folglich kann der Ju- gendliche erst nach Abschluß des Förde- rungslehrgangs und mit Beginn der Berufs- ausbildung die entsprechende Fachklasse der Berufsschule besuchen.

III.

Lehrgänge zur Verbesserung der Eingllederungs- möglichkelten

Die in I. und II. aufgezeigten Kriterien sollten auch für diese Lehrgänge gültig sein.

1

Dle fachtheoretische Unterweisung

Die Theorie soll den Bereich abdecken, der als Fachtheorie im engsten Sinn zu verstehen ist. Dabei sollten die fachpraktische Arbeit, die vor- und nachbereitende Theorie einschließlich Un- fallschutz usw. so eng als möglich miteinander verzahnt werden. Die Diskrepanz zwischen der berufsschulischen Anforderung und dem Leistungsvermögen des Teilnehmers ist während des Förderungslehr- gangs zu vermindern. Diese Forderung ist unter Berücksichtigung der dem Lehrgang folgenden Berufsausbildung unumgänglich.

Der Lehrgangsteilnehmer

Schwache Hauptschüler und solche Haupt- und Sonderschüler, die das Ziel des Förderungslehr- ganges aller Voraussicht nach nicht erreichen können, sind Teilnehmer an Lehrgängen zur Verbesserung der Eingliederungsmöglichkeiten. Diese Auswahl zu treffen und damit den Jugend- lichen von vornherein die Qualifikation zur beruf- lichen Ausbildung zu verschließen, ist äußerst schwierig. Teilnehmern an Lehrgängen zur Verbesserung der Eingliederungsmöglichkeiten sollte es bei entsprechender Eignung ermöglicht werden, anschließend einen Förderungslehrgang zu durchlaufen, bzw. in einen solchen zu wechseln.

40

. . . . - . . -

Förderungslehrgänge (Fortsetzung)

2.

1.

Die Auswahl für die beiden unterschiedlichen Lehrgänge erfolgt durch die Arbeitsämter.

Lehrgangslnhait

Dem Jugendlichen ist eine Arbeitsplatz- und Be- schäftigungsorientierung zu vermitteln, die sich am effektivsten im regionalen Verbund durch- führen Iäßt. Sie wird in der Regel auf eine Arbeits- aufnahme auf dem örtlichen Arbeitsmarkt abge- stellt sein. Im Unterschied zum Förderungslehr- gang ist der Lehrgang zur Verbesserung der Ein- gliederungsmöglichkeiten auf ein Berufsfeld be- zogen, jedoch sollte zunächst in etwa drei Berufs- feldern ihre Eignung erprobt werden. Ober den sportlich-musischen Bereich soll der Jugendliche zu Haltungen herangeführt und mit Materialien vertraut gemacht werden, die eine breite Skala von Erfolgserlebnissen vermittelt. Die begleitende theoretische Unterweisung im Lehrgang zur Verbesserung der Eingliederungs- möglichkeiten soll die Voraussetzungen für die Arbeitsvermittlung und die Eingliederung in die Wirtschaftswelt verbessern. Eine systematische sozialpädagogische Begleitung ist jedoch auch im Lehrgang zur Verbesserung der Eingliede- rungsmöglichkeiten unerläßlich.

Das Elternhaus ist in diese Begleitung mit einzu- beziehen.

IV.

Abgrenzung zum Berufsgrundbiidungsjahrl Berufsgrundschuijahr

Aufgrund der Rahmenvereinbarung über das Be- rufsgrundbildungsjahr - Beschluß der Kultusmini- sterkonferenz vom 6. September 1973 - soll das Berufsgrundbildungsjahr eingeführt werden, das bei erfolgreichem Abschluß als erstes Ausbil- dungsjahr anerkannt wird. Die Teilnahme am Be- rufsgrundbildungsjahr/Berufsgrundschuljahr wird durch die Bundesanstalt für Arbeit nicht geför- dert. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbau- werk ist der Ansicht, daß der in II. beschriebene Personenkreis nur in den seltensten Fällen von vornherein das Berufsgrundbildungsjahr im An- schluß an die abgebrochene Schulbildung mit Erfolg zu absolvieren vermag. Das Berufsgrund- bildungsjahr als erstes Ausbildungsjahr sollte für ihn daher im Anschluß an einen Förderungslehr- gang beginnen. Die in acht Jahren gemachten Erfahrungen in Förderungslehrgängen lassen den Schluß zu. daß

der in II. beschriebene Jugendliche nach den bis- her bekannten Modellen zum Berufsgrundbil- dungsjahr auch in Sonderschulform nicht ent- scheidend gefördert werden kann.

2. Begründung

Es kann nicht vorausgesetzt werden, daß bei dem hier gemeinten Personenkreis Lern- hilfen im häuslichen Milieu angeboten werden und die Jugendlichen für das eigene Lernen so motiviert werden, daß sie in der Lage sind, über ihre schulischen Lücken hinaus den weiteren Anforderungen im Berufsgrundbil- dungsjahr zu entsprechen.

Der in II. geschilderte Jugendliche wird nicht in der Lage sein, der Konkurrenz des Durch- schnitts der Berufsgrundbildungsjahr-TeiIneh- mer standzuhalten. Er wird vielmehr in die- selbe Rolle gedrängt, die er z.Z. seines Miß- erfolgs in der Hauptschule bereits erlebt hat. Nicht nur die Erwachsenen, sondern auch Mit- schüler können Schuld am Schulversagen haben.

Ungünstige Milieufaktoren, besonders die sehr häufig bei Förderungslehrgangs-Teilnehmern ausgeprägten Erziehungsfehler der Eltern, können dann ausgeschaltet werden, wenn der Jugendliche wahrend des Förderungslehr- gangs in den Wohngruppen des Internats lebt.

-.

V. Zielsetzung

Da Jugendliche mit abgebrochener Volksschulaus- bildung bzw. Sonderschulausbildung erst nach der erfolgreichen Teilnahme an einem Förderungslehr- gang eine Berufsausbildung aufnehmen können - auch das Berufsgrundbildungsjahr für sie dann be- ginnen soll - sollte in seiner Wertigkeit der Abschluß des Förderungslehrganges offiziell dem erfolg- reichen Abschluß der Hauptschule gleichgestellt werden.

Es wird für notwendig erachtet, daß die Bundesar- beitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk zusammen mit der Bundesanstalt für Arbeit Grundfragen der Förde- rungslehrgänge mit Vertretern der Kultusminister- konferenz erörtert.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk ist bereit, durch eine Fachkommission Rahmenstoff- plane aufgrund bisher gemachter Erfahrungen und erarbeiteter Materialien zu erstellen.

I

A aus ..ibv”Nr. 111976

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Aussiedlung aus Polen - Eingliederungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland Dr. Georg Ebersbach, Hans Wenzel, beide Frankfurt

Eingliederung ais Testfall für dle humanitäre Relevanz von Ausslediung

Die auf der Grundlage des deutsch-polnischen Vertrages ermöglichte Aussiedlung von 120.000 bis 125.000 deutsch- stämmigen Menschen bildet das kaum bezweifelte humani- täre Kernstück des politisch umstrittenen Vertragswerkes. Der für die betroffenen Menschen entscheidende Testfall für die humanitäre Relevanz und Bewährung des Vertrages liegt nach der von der polnischen Regierung eingeräumten Ausreise im Eingliederungsprozeß innerhalb der Bundes- republik Deutschland. Mit der Realisierung des Vertrages gelangt die Aufgabe der Eingliederung von Aussiedlern auf einen Prüfstand, dessen politischer und menschlicher Stel-

mwert in der aktuellen Diskussion um die Aussiedlung ent- schieden zu kurz kommt. Allzu einseitig sind politische Ziel- strebigkeit und Öffentliche Meinung auf den von polnischer Seite zu bewirkenden Akt der Aussiedlung fixiert. Unge- schärft bleibt demgegenüber das Bewußtsein für die er- schwerten Bedingungen und die gesteigerten Anforderun- gen, die angesichts des erwarteten Aussiedlerzugangs für die Eingliederungspolitik der Bundesrepublik Deutschland gegeben sind. Kaum kritisch reflektiert, wird unterstellt, daß sich in der zurückliegenden Zeit der Aufnahme von Spätaussiedlern eine administrative und soziale Einglie- derungsroutine herausgebildet hat, die auch für den pro- noncierten, auf 4 Jahre konzentrierten Aussiedlungsvor- gang zureicht und den betroffenen Menschen eine erfolg- reiche Integration in der BRD verbürgt.

In der Realität der bisherigen Aussiedlungs- bzw. Einglie- derungsphase hat es neben gelungener immer auch ge- scheiterte Eingliederung gegeben, vor allem aber eine breite Grauzone, die durch unzulängliche oder nur partielle Eingliederungsbemühungen und -fortschritte charakteri- iert ist. Als Beleg für gescheiterte Eingliederung haben

duch in die deutsche Presse Angaben von polnischer Seite Eingang gefunden, denen zufolge seit dem Warschauer Vertrag 1970 circa 2.000 Aussiedler (Zugang 1971 bis 1975: 58.000) aus 600 Familien ihre Rücksiedlung nach Polen be- antragt haben.

Die genannten Ziffern für Rückkehranträge bzw. -anfragen mögen als im Rahmen dessen liegend erachtet werden, was bei Auswanderungsbewegungen dieses Umfangs nicht un- gewöhnlich erscheint. Wiederum stellen aber diese Ziffern nur einen extremen, aber keineswegs den einzigen Indi- kator für das Scheitern von Eingliederungen dar; mißlunge- ne Eingliederung offenbart sich in der BRD auf einer um vieles breiteren Basis auch in anderen Erscheinungsformen.

Erschwerte Eingiiederungskonditionen für das erwartete Aussiedlerkontlngent

Die im Blick auf das nächste Jahrfünft gestellte Einglie- derungsaufgabe braucht sicherlich nicht vom Nullpunkt aus- zugehen. Erschwernisse gegenüber den bisher geltenden

Eingliederungsbedingungen ergeben sich zumindest in dreifacher Beziehung:

1. Durch das gesteigerte und zeitlich auf 4 Jahre kom- primierte Ausmaß der Zuwanderung

Für die Jahre 1976 bis 1979 muß aufgrund des Vertrages in etwa ein Jahreszugang von 30.000 Spätaussiedlern aus Polen unterstellt werden. Abgesehen vom großen Spät- aussiedlerstrom der Jahre 1957/195û mit 98.000 bzw. 117.000, ist diese Zugangsziffer aus Polen seit 1951 in kei- nem anderen Jahr erreicht worden. im Anschluß an den Warschauer Vertrag wurde 1971 ein Zugang von Ca. 25.000 Aussiedlern verzeichnet, während in allen anderen Jahren seit 1967 der Zugang unter der 10.000-Personen-Marke lag. Die quantitative Zunahme wird bei Beibehaltung der bis- herigen Eingliederungsinstrumente und -handhabungen den qualitativen Charakter der Eingliederung beeinträchtigen. Das Anwachsen der Zahl nötigt zu rascherem Umschlag in Durchgangs- und Obergangseinrichtungen und zwingt zu vermehrter Bereitstellung zumindest von Sozialwohnungen. Selbst bei technischer Bewältigung dieses Problems wer- den improvisierte Not- und Zwischenlösungen entstehen, die in Zuweisung und Unterbringung die Integrationsauf- gaben erschweren.

Anders als die Aussiedlung ist Eingliederung nicht ein Akt, sondern ein Prozeß. Es braucht Zeit und kontinuierliche Zuwendung, um durch Information, Beratung, Einzelhilfen und gruppenbezogene Sozialarbeit und -förderung eine ge- sellschaftliche Einfädelung des Personenkreises von Aus- siedlern bewirken zu können. Die Komprimierung der Aus- siedlung auf eine 4-Jahresfrist konfrontiert die Eingliede- rungsaufgabe mit dicht aufeinanderfolgenden Neuzugän- gen an Spätaussiedlern. Sie reduziert und erschwert die Möglichkeit zur Aufarbeitung schwebender Probleme und zur nachgehenden Begleitung der betroffenen Menschen.

2. Durch ungünstiger gestaltete Aufnahmebedingungen in der Gesellschaft der BRD

Im Gegensatz zu früheren Jahren erfolgt die erwartete Auf- nahme von Aussiedlern nicht unter Bedingungen der Hoch- konjunktur, sondern einer länger nachwirkenden Rezession. Erstmalig scheint die Gefahr gegeben, daß angesichts von Arbeitslosigkeit die wirtschaftliche Existenz der Familien nicht durch rasche Arbeitsvermittlung der Erwachsenen zu sichern ist, sondern dazu ein Rückgriff auf öffentliche Un- terstützung nötig wird. Solche Situation wäre besonders gravierend angesichts des bei den Spätaussiedlern vor- handenen Nachholbedarfs an Ausstattung, psychologisch entschieden negativ in Anbetracht der hochgespannten Er- wartungslage an die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Chancen in der BRD.

Für jugendliche Spätaussiedler entsteht die Konfrontation mit Numerus clausus, Mangel an Ausbildungsstellen und

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verknapptem Angebot an einfachen Arbeitsplätzen. Sie werden von dem Bewerbungsdruck der in der BRD ein- heimischen und darum besser angepaßten und qualifi- zierten Jugendlichen in besonderer Weise betroffen wer- den.

Das Netz sozialer Sicherheit ist fraglos auch für die Aus- siedler ausgespannt. Dennoch werden infolge restriktiver Handhabung von Sozialgesetzen (Beispiel: Arbeitsförde- rungsgesetz, Bundesausbildungsförderungsgesetz) und in- folge reduzierten Finanzspielraums Friktionen entstehen, die den Eingliederungseffekt behindern.

Anlaß zur Besorgnis geben schließtich psychologische Bar- rieren, die auf dem Hintergrund der gegenwärtigen so- zialen und wirtschaftlichen Situation innerhalb der deut- schen Bevölkerung gegenüber zuwandernden Personen- kreisen erkennbar werden.

Die hier skizzierten Dispositionen der BRD sind dem Ein- gliederungsprozeß um so abträglicher, als die Aussiedler angesichts von Randständigkeit und Diskriminierung in Polen von der Hoffnung geleitet werden, in der BRD ihren gesellschaftlichen Status zu stabilisieren und ihre soziale Position möglichst zu verbessern.

3. Durch die verdichtete Einbindung der Aussiedler in das polnische Lebenssystem

Die nach Kriegsende 1945 bis 1950 Geborenen waren zur Zeit der ersten großen Aussiedlungswelle 1957/1958 zwi- schen 8 und 12 Jahren, sie sind bei der bevorstehenden Aussiedlung Ende 20, Anfang 30 Jahre alt. Je später die Geburtsjahrgänge sind, um so intensiver und nachhaltiger ist durch Formungsprozeß in Schule, Ausbildung und ge- sellschaftlichen Beziehungsfeldern eine Integration in das Sozialsystem des Herkunftslandes Polen erfolgt. Kinder und Jugendliche sind in der Regel nicht die Promotoren zur Aus- siedlung, viel eher die oft widerstrebend Mitgenommenen. In der Lebensgeschichte der jugendlichen Spätaussiedler hat darum der Verpflanzungsprozeß in die BRD einen an- deren Stellenwert als für Eltern und Erwachsene. Für die Eltern hat das Herkunftsgebiet aufgehört, Heimat zu sein. Für den jungen Spätaussiedler findet dagegen der Auszug aus einem Sozialgehäuse statt, in dem er, mit Gleichaltrigen verbunden, in ein gewohntes, wenn nicht durch Vertrauen, so doch durch Arrangierung, akzeptiertes Sozialmilieu ein- gebunden war.

Der Entschluß zur Aussiedlung beruht auf einer höchst komplexen Bedingungsstruktur: Nationale Motive (Deutsche sollen zu Deutschen), emotionale Antriebe (Familien wollen zu Angehörigeh), politische Entscheidungen und Absetzbe- wegungen, ,Hoffnung auf verbesserten Lebensstandard, Oberwindung des Minderheitsstatus, der mit Chancenun-

gleichheit und Unterbewertung verbunden ist. Angesichts der Aussiedlungsschwierigkeiten wird der Entschluß dazu häufig nur durch Euphorie und an Trotzhaltung reichende- Beharrlichkeit durchgestanden. Unter den sperrigen und häufig anders als angenommenen Realitäten in der BRD schwinden diese Einstellungen sehr schnell, wobei dann wiederum das oft unbewußte Bindungsgefüge zur Existenz- weise in Polen reaktiviert wird.

Verstärkte Eingliederungshilfe als politische Komplemen- tärieictung zum Aussiedlungsvorgang

Im gesetzlichen, technischen und bürokratisch-Verfahrens- mäBigen Bereich erscheinen die Voraussetzungen zur Auf- nahme eines neuen Aussiedlerstroms hinlänglich gegebei. die amtlichen Signale zur Eingliederung sind auf Grün ge- stellt. In der sozialpsychologischen Wirklichkeit entsteht dennoch eine Fülle von Hürden, Hilflosigkeiten, Mißver- ständnissen und Irritierungen für die in der BRD neuen und fremden Menschen, die mit den Spielregeln eines anderen Lebenssystems unvertraut sind und die komplizierte Infra- struktur unseres Gemeinwesens für geraume Zeit nur als Irrgarten wahrnehmen. In Anbetracht der psycho-sozialen Lage der Spätaussiedler sind im Kontext zu gesetzlichen, technischen und bürokratischen Eingliederungsregulierun- gen flankierende Anstrengungen erforderlich, die den be- troffenen Menschen Informations- und Beratungshilfen ge- ben, Vermittlungsdienste leisten, situationsgerechte Förde- rung anbieten, Kommunikationsstränge zur deutschen Ge- sellschaft schaffen. Eine so verstandene und gezielte Ein- gliederungshilfe bietet gegenwärtig die Bundesregierung im Rahmen des Bundesjugendplans, der dafür ein spezifisches Förderungssystem vorsieht:

In Form von Jugendgemeinschaftswerken, die für jugend-- liche Aussiedler Einzelhilfen und Gruppenarbeit ermögl chen.

In Form der Otto-Benecke-Stiftung, die Sprach- und Stu- dienvorbereitungskurse für Abiturienten, Studenten und Jungakademiker sicherstellt.

In Gestalt eines sog. Garantiefonds, der Beihilfen zu schu- lischen und beruflichen Ausbildungslehrgängen leistet.

Das Förderungssystem des Bundesjugendplanes, das für die sicherlich von Aussiedlungs- und Umstellungsschwierig- keiten besonders einschneidend betroffenen Jugendlichen eine menschliche und gesellschaftliche Zuwendung gestat- tet, hat infolge Beschränkung auf diese Altersgruppe so- wohl zum Kindesalter hin wie zu den älteren Geschwistern und Eltern offene, ungedeckte Flanken. in der Eingliede- rungspraxis ist diese Lücke schon immer leidvoll spürbar geworden. Angesichts der beanders dichten Einbettung der Jugendlichen in den Familienverband ist deren Anspra- che, Engagierung und Förderung eingliederungswirksam nur insoweit zu leisten, als gleichzeitig auch Probleme jün-

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gerer und älterer Geschwister aufgegriffen werden und Oberzeugungsarbeit, wie Hilfestellungen bei den Eltern, er- folgt. Die Ehgliederungsförderung auf der Basis des Bun- desjugendplanes ist im gegenwärtig gezogenen Rahmen damit formal wie tatsächlich Überfordert.

Die in Erwartung stehende und fristenmäBig auf 4 Jahre bestehende Aussiedlungsaktion sollte zumal angesichts der oben dargestellten Konditionserschwernisse für die Bun- desregierung Anlaß sein, ein Förderungssystem zu schaf- fen, das durch familienbezogene Jugend- und Sozialarbeit mit Aussiedlern den Eingliederungsprozeß menschlich wirk- sam stützt und voranbringt. Eine Plattform dafür bieten die bereits vorhandenen Eingliederungsaktivitäten der Jugend-

Jzialarbeit. Sie bedarf des Ausbaus durch die Ermögli-

zu a) Sprachliche Eingliederung

1. Die Förderschulen mit Internatsunterbringung bieten ein Instrumentarium, das - sofort einsetzbar - durch Intensiv- Deutschkurse Sprachkenntnisse sofort vermitteln kann. Da- zu bedarf es der Ausstattung mit modernen Lehr- und Lern- mitteln, von technischen Mittlern sowie einer Oberarbeitung des Lehrstoffes, um die Zeiten in den Internaten so kurz wie möglich zu halten. Die Internate brauchen eine zeitgemäße Hausordnung und Formen demokratischer Mitbestimmung - schon um diese einzuüben.

Die baldige Wiedereingliederung in die Familie ist anzu- streben, da dort gesellschaftliche Integration besser zu för- dern ist als in ghettoartigen Internaten.

chung flankierender Eingliederungsanstrengungen für Kin- der und Erwachsene. Dafür sollten neben den Verbänden der Jugendsozialarbeit die Verbände der freien Wohlfahrts- pflege (in Sonderheit auch das Deutsche Rote Kreuz, des-

Eine Befreiung der Familie von der Kostenbeteiligung in den ersten drei Jahren muß durchgesetzt werden, da an dieser Bedingung des öfteren ein Schulbesuch scheitert.

sen Name für Spätaussiedler besondere Vertrauens- und Kreditwürdigkeit besitzt), die Jugendverbände und die so- zialen Dienste der Gemeinden unverzüglich instandgesetzt

2. Ausbau eines zusätzlichen und ergänzenden Sprachför- derungsangebotes vor Ort:

werden. Der Bundesregierung kommt hierfür entschieden eine Initiativfunktion zu, für die Finanzierung ist eine Mit- beteiligung von Ländern und Kommunen geboten.

Nach der Entscheidung - Forderungen

Der Wille, das Verhältnis mit Polen positiv zu gestalten und den Deutschen in Polen die Ausreise zu ermöglichen, wenn diese es wollen, bedingt, auch in der Bundesrepublik Aus- gangspositionen zu schaffen, die Notlagen, Randgruppen- bildung und sozialen Abstieg der Zuwanderer ausschlie- 9en.

Für schulpflichtige Kinder ist am Wohnort eine Förder- klasse an der Örtlichen Schule zu begründen. Hierdurch wird die Trennung von der Familie vermieden und die gesell- schaftliche Eingliederung am neuen Wohnort gefördert.

Für nicht mehr schulpflichtige Jugendliche und junge Er- wachsene ist Sprachförderung in Örtlichen Sprachinstituten in Form von Intensivsprachkursen anzubieten.

Sprach- und Einführungskurse sowie Abendförderschulen sind an wohngebietsnahen Lernorten einzurichten. Diese Kurse sind kostenlos anzubieten und orientiert an den ak- tuellen Fragen der Teilnehmer zu gestalten.

Das Interesse der Uffentlichkeit, das bisher den Deutschen in Polen galt, mUß cich nunmehr den Deutschen aus Polen in der BRD zuwenden und deren Problemen in unserer Ge- sellschaft. Alle Kräfte der öffentlichen Meinungsbildung sind dazu aufgerufen, diese Wendung des Blickes zu bewirken.

Zusätzlich wird ein Funkkolleg ,,Deutsch für Deutsche" mit den entsprechenden Materialien wie bei den anderen Kol- legreihen gefordert. Ein Eingliederungskurs in den Abend- programmen des Fernsehens würde als Unterstützung der Übrigen Bemühungen wirken.

Eingliederungshilfen sind allen Angehörigen der zuwan- dernden Gruppe zu gewähren: Kindern, Jugendlichen, jun- gen Erwachsenen, Eltern, Erwachsenen überhaupt.

Schwerpunkte der Aufgabe sind:

a) sprachliche Eingliederung

b) schulische Eingliederung

c) berufliche Eingliederung

d) gesellschaftliche Eingliederung

Konkrete Forderungen zur Verbesserung der Integration von Spätaussiedlern sind:

Zu b) Schulische Eingliederung

1. Schnellstmögliche Eingliederung in die Jahrgangsklas- sen durch Anerkennung der bisherigen Bildungsgänge muß sichergestellt sein. Nach intensiver Sprachförderung sollte sie unverzüglich erfolgen.

2. Hausaufgabenhilfen sollen an wohngebietsnahen Orten gewährt werden.

3. Förderstufen für Schüler, bei denen punktuell Nachhol- bedarf besteht, müssen eingerichtet werden. Bis zum An- schluß an das Klassenniveau dürfen Zensuren nicht die Versetzung und weitere Förderung bestimmen.

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4. Hausfrauen sind in die Sprachförderung einzubeziehen, da ihnen weitgehend die Erziehung der Kinder obliegt. Eine Koppelung des Sprachkurses mit Sprachinhalten, die das Erziehungs- und Bildungswesen der BRD offenlegen, ist an- zustreben.

Zu c) Berufliche Eingliederung

1. Die berufliche Eingliederung ist erst dann erreicht, wenn der Betroffene einen seinen Fähigkeiten und seiner bishe- rigen Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz gefunden hat.

2. Schulabgänger und Ausbildungsanfänger sind, wenn er- forderlich, in Berufsvorbereitungsmaßnahmen auf den Ober- gang vorzubereiten.

3. Begonnene Berufsausbildungen sind weiterzuführen, der im Herkunftsland geleistete Teil der Ausbildung ist gezielt zu vervollkommnen und anzuerkennen.

4. Umschulungen sind unverzüglich einzuleiten, Wartezei- ten zu vermeiden.

5. Alle Berufstätigen müssen eine Sprachförderung erhal- ten, die eine Wettbewerbsfähigkeit im Beruf ermöglicht. Dies gilt auch für Angehörige gewerblicher Berufe. Haus- frauen sind in diese Förderung einzubeziehen und beson- ders zu fördern, da der ,,Betrieb Haushalt" und die Erzie- hung der Kinder ebenfalls eine ausreichende Sprachkennt- nis voraussetzen.

6. Betriebliche Einführungskurse sind unter Anleitung von Fachkräften einzurichten, in denen das Kennenlernen von Maschinen, Materialien, Betriebsabläufen und der Fachspra- che gesichert wird.

Zu d) Gesellschaftliche Eingliederung

Die gesellschaftliche Eingliederung ist ein langwieriger Pro- zeß, der mitunter noch nach Jahren nicht abgeschlossen ist. In fast allen Bereichen des täglichen Lebens sind Pro- zesse des Umlernens erforderlich. - Um Stichworte zu nen- nen: Umgang mit dem Rechtssystem, Konsumsituation, Um- gang mit dem Schul- und Bildungssystem, den Unterrichts- formen, Einstellung zu Kirchen, Massenmedien, Gemeinwe- sen, bis hin zu ganz persönlichen Dingen, wie Umgang mit der Autorität, Erziehungsverhalten und Sexualität.

1. Verbesserung der Wohnbedingungen in den Obergangs- Wohnheimen.

2. Bereitstellung von Komrnunikationsräumen in den Ober- gangswohnheimen und in den späteren Wohngebieten. Die- se Räume sollen zur Begegnung, aber auch für die Durch- führung von Informationcveranstaltungen und Abendsemi- narreihen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene geeig- net sein.

3. Schaffung von Arbeitskreisen aller an der Eingliede- rungsarbeit beteiligten Kräfte. In diesen Arbeitskreisen müssen vertreten sein: Die Wohlfahrtsverbände, die Kir- chengemeinden, Jugendamt, Sozialamt, Vertriebenenamt, Arbeitsamt, Landsmannschaften, evtl. sonstige Vereine un+. Verbände, Jugendverbände, Jugendgemeinschaftswerke.

4. Schaffung einer zentralen Anlaufstelle bei der Stadt- oder Kreisverwaltung, die dem Hilfesuchenden vergebliche Wege innerhalb des Verwaltungsapparates vermeiden hilft. Die- se Anlaufstellen sollten auch Beratungen in den Obergangs- Wohnheimen und in den Wohngebieten durch Sozialamt, Jugendamt, Arbeitsamt, organisieren.

5. Verstärkung der Offentlichkeitsarbeit. Dies soll sicher- stellen, daß die Zuwanderer nicht mit zeitweilig in der Bun- desrepublik weilenden Ausländern verwechselt werden, sondern als Deutsche erkannt werden, die erst jetzt die Phase der Nachkriegszeit beenden und ein Recht darauf haben, Hilfen zur Eingliederung zu erhalten. Schwierigkei- ten in diesem Prozeß und Hilfemöglichkeiten für den ein- zelnen Bürger sollen aufgezeigt werden.

Den Jugendgemeinschaftswerken der freien Trägerorgani- sationen, die heute bereits ein Netz von Beratungs- und Be- treuungsstellen im Bundesgebiet unterhalten, wird in die- ser Aufgabenstellung ein großer Anteil von Arbeiten zu ̂ '

fallen, weil sie die natürlichen Anlaufstellen für neuzuwan- dernde junge Menschen geworden sind. Dazu ergeben sich eine Reihe von Forderungen, um diese zur Hilfeleistung in ausreichendem Maße zu befähigen. Diese werden nach- stehend aufgeführt, mit einem Appell an die Veranwortli- chen in Bund, Ländern und Gemeinden, durch Förderung die Arbeit sicherzustellen:

1. Erhöhung der Sachkostenzuschüsse

Bei dem vorauszusehenden stärkeren Anfall von Be- treuungsarbeit, bei dem auch zu erwarten ist, daß die Au- fenthaltsdauer in Obergangswohnheimen relativ kurz sein wird, werden erheblich höhere Aufwendungen erforderlich. Eine ausreichende Ausstattung der Jugendgemeinschafts- werke mit Sachkosten sowie eine ausreichende Ausstattung der Räume mit Mobilar und technischem Gerät ist zwin- gend notwendig. Alle Beratungsstellen sollten mit einem Telefonbeantworter ausgestattet sein, damit die 1- oder 2-Mann-Betriebe auch in Zeiten, in denen Außendienst zu leisten ist, erreichbar sind.

Daraus ergibt sich nun, daß Lernprozesse organisiert wer- den müssen, die sich an den Inhalten politischer Bildung gemeinhin zu orientieren haben. Die Bildungsarbeit mit Gruppen von Kindern, Jugendlichen, Eltern und nen ist unabdingbar.

Die unter a) bis d) genannten Bedingungen und Forderun- gen sind Voraussetzungen für die gesellschaftliche Einglie- derung in der Bundesrepublik. Sie müssen aber durch fol- gende flankierende Maßnahmen ergänzt werden, um eine angemessene Eingliederung zu sichern:

45

2. Verstärkung der Personalkosten

In fast allen Landesbereichen sind die Betreuungsbereiche so groß, daß eine ausreichende Betreuung bei verstärkter Zuwanderung kaum gewährleistet ist. Teilweise wird man die Probleme lösen können, indem nebenamtliche Hono- rarkräfte eingesetzt werden, teilweise wird eine Verdich- tung des Betreuungsnetzes erforderlich werden. Um die Verbände nicht über Gebühr zu belasten, wäre anzustre- ben, daß der Bund eine höhere Zuschußquote als 85 O h

gewährt.

3. Erhöhung der Zuschüsse für Kurse und Maßnahmen

lie zur Zeit gegebenen Zuschüsse für Tagesveranstaltun- gen wie auch für längerfristige Maßnahmen decken die ent- stehenden Kosten nicht mehr. Während im allgemeinen von dem Personenkreis, der durch den Bundesjugendplan ge- fördert wird, eine angemessene Eigenbeteiligung erwartet werden kann, ist eine solche Selbstbeteiligung bei Jugend- lichen aus Spätaussiedlerfamilien kaum möglich. Um in ausreichendem Maße Seminare und Freizeiten durch- führen zu können und dies besonders am Anfang des Au- fenthaltes in der Bundesrepublik, ist eine Erhöhung der bisher gewährten Tagessätze erforderlich. Möglich wäre dies auch durch Aufstockung aus einem Spezialfonds (Ver- fahren wie beim Aufstocken der BSHG-Regelsätze des Ga- rantiefonds), was sicherlich leichter zu erreichen wäre, als eine völlige Veränderung des Bundesjugendplanes. Die Mittel, die für die Sprachförderung bereitgestellt werden - DM 3,5û pro Doppelstunde und Teilnehmer - sind eben- falls unzureichend, da sie bei Einsatz einer qualifizierten Lehrkraft und der Abdedtung der Sachkosten eine Mindest- kursstärke von 15 Teilnehmern voraussetzen. Intensive För- derung dagegen ist nach allen Erkenntnissen In einer 5 - 9 æersonen starken Gruppe am effektivsten zu leisten. Ein deraufsetzen der Zuschüsse auf mindestens DM 5,- pro Teilnehmer und Doppelstunde ist erforderlich.

4. Praxisanleitung und Supervision

Alle in diesem Arbeitsfeld tätigen Mitarbeiter müssen Pra- xisanleitung erhalten. Für je 10 Jugendgemeinschaftswerke muß ein Mitarbeiter als Praxisberater zur Verfügung stehen. Diese Mitarbeiter und eine zentrale Beratungsstelle müssen die Mitarbeiter in den Jugendgemeinschaftswerken mit In- formationen versorgen, schwierige Fälle weiterverfolgen, Arbeitsmaterial erstellen, Verwaltungsvorgänge soweit möglich vorbereiten und abnehmen.

Sie sollen Arbeitstagungen regional vorbereiten und durch- führen, neue Mitarbeiter einweisen und anleiten.

5. Anschaffung von Dienstfahrzeugen

Bei der Größe der meisten Betreuungsgebiete ist die Nut- zung eines PKW erforderlich. Aber selbst in Stadtgruppen ist die Mitnahme von Klienten zu Behörden mitunter er-

forderlich. Alle Jugendgemeinschaftswerke müssen daher mit einem PKW ausgerüstet sein, um ihren Auftrag aus- reichend wahrnehmen zu können.

Jahrerrtatldlk 1975 (JB Jugendsozialwerk e. V.)

Berichtszeitraum: 1. Januar 1975 bis 31. Dezember 1975

I. Allgeinelnw

1. 30 Jugendgemeinschaftswerke 2. Alter der Leiter 30 Leiter Durchschnittsalter 39,s

seit wieviel Jahren In dieser Tätigkeit 9,9 Jahre (4 Monate - 22 Jahre)

3. Alter der 2. Fachkraft 10 Mitarbeiter Durchschnittsalter 373 seit wieviel Jahren in dieser Tätigkeit 2,4 Jahre

4. Betreute jugendliche Zuwanderer während des Berichtszeitraumes davon männlich: 2 910, weiblich: 2 165

II. Herkunfi der Jugendlichen

In das Bundesgebiet sind gekommen: 1. Aus der DDR und Ostberlin

a) seit dem 1. 1. 1975 b) vom 1. 1. 1974 bis 31. 12. 1974 C) vom 1. 1. 1971 bis 31. 12. 1973

2. Aus Aussiedlungsgebieten (Spätaussiedier) a) seit dem 1. 1. 1975 b) vom 1.1. 1974 bis 31.12.1074 c) vom 1. 1. 1971 bis 31. 12. 1973

5 075

222 129 31 1

zusammen: 662 - -

o1 o 861

2266 zusammen: 4 037 - -

3. Ais heimatlose Ausländer und nichtdeutsche Flüchtlinge 370 - (1. 1. 1971 bis 31. 12. 1975)

Gesamtzahl: 5 075 - 5. Die Herkunftsländer der jugendlichen Spätaussiedler

a) Bulgarien 20 b) CSSR 182 c) Jugoslawien 82 d) Polen 2680 e) Rumänien 592 f) UDSSR 647 g) Ungarn 74

111. Aitersrtufen

a) 14- bis l7jährige 2044 b) 18- bis 20jährige 1 393

1638

zusammen: 5 075 - c) 21- bis 25jährige

- - IV. Berufsolîuatlon (Angaben zum Stichtag 31. 12. 1975)

1. In der Ausbildung a) Schüler, Fachschüler. Studenten b) Lehrlinge, Anlernlinge, Praktikanten

1 792 704

46

2. In Berufstätigkeit a) Facharbeiter und Angestellte 1462

davon in einem anderen als vor dem Obertritt in die Bundesrepublik Deutschland ausgeübten Beruf 239 -

b) Hilfsarbeiter 61 O 3. Nicht Berufstätige 228

356 a) arbeitslose Zuwanderer bis zu A;:;a- "Ifahit-

4. Arbeitslose (bis zu 25 Jahren)

25 Jahren, die in der ERD stelle stelle bereits in einer Berufstätig- keit standen: 1) ohne abgeschlossene

2) mit abgeschlossener

b) arbeitslose Schulabgänger

Berufsausbildung 25 78 103

Berufsausbildung - 100 100

1) ohne Schulabschlu6 59 52 111 42

zusammen: 356 - 2) mit Schulabschlu6 25 17

5. Wieviel der betreuten Jugendlichen haben eine Förderschule besucht?

V. Familionrltuatkn 1. Vollwalsen 2. Halbwaisen 3. Eltern geschieden, getrennt lebend

1610 - - 0s

421 361

4. aus Vollfamilie 3 917 5. ohne Angaben 291

zusammen: 5 075 - - Vi. Eingliodorwi@ahiií.n (Eindhllhn)

2. Zahl der Beratungen 1. Zahl der individuell betreuten Jugendlichen 4 059

a) Wohnraumbeschaffung 544 b) schulische Fragen 2532

c) berufliche Fragen 3 487 d) Beschaffung von Ausweisen. Urkunden 902 e) Lohnfragen, Geldangelegenheiten 1149 f) Rechtsfragen 752 g) Gesundheits- und Erholungsfragen 1100 h) Etziehungsfragen 855 i) sonstige persönliche Anliegen 4 651

Zahl der Ver- Zahl der Zahl der anrtaltungen StundenRage Tellnehrner

3. Gruppenarbeit (Eigenveranstaltung) a) Gruppenabendel

Clubabende 606 XXX XXX 15383 b) Sprachkurse 100 4960 XXX 2157

d) sonstige Kurse und

e) Fahrten und

c) Wochenendseminare 43 xxx 91 1280

Seminare 78 626 1070 - Besichtigungen 165 XXX 155 5112

f) mehrtägige Freizeiten 37 xxx 383 919 g) Elternabende 88 XXX XXX 1675 h) gemeinsamer Besuch

von Veranstaltungen. z. B. kulturelle od. sport- liche Veranstaltungen 113 XXX XXX 2581

An den 680 Eigenveranstaitungen waren zusätzlich Einheimische beteiligt. 4. Aubndienst

a) Zahl der Haushuche b) Zahl der Besuche In Schulen

6 223 842

c) Zahl der Besuche in Betrieben d) Zahl der Besuche bei h t e r n e) Zahl der Besuche bel Verbänden / Institutionen

903 2 741

781

zusammen: 11 490 - - -

Vil. mntung und B.bwuig

1. Zus&tzllche Beratung Mr Kinder / Geschwister von betreuten Jugendlidten

2. Anzahl der Beratungaíäik der Familienangehörigen von betreuten Jugendlichen

1670 c.r

1 972

47

. . . .. -

Vierzehnte Sozialanalyse der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk zur Situation jugendlicher Flüchtlinge und Spätaussiedler für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 1975

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk legt mit der 14. Sozialanalyse (Berichtszeitraum 1975) eine Erhebung über die in den Jugendgemeinschaftswerken (Uberörtlichen Beratungs- und Betreuungsdiensten für jugendliche Zu- wanderer) erfaßten und betreuten jugendlichen Zuwande- rer vor.

Ein solcher Zahlenspiegel ermöglicht Aussagen und inter- essante Einblicke in die Situation jugendlicher Zuwanderer. Durch die deutsch-polnischen Vereinbarungen wird sich die Eingliederungsarbeit mit jugendlichen Zuwanderern erneut verstärken, in einem Umfang, der die Fortschreibung der bisherigen Erhebungen rechtfertigt.

Die vorliegenden Daten sollen nicht nucder Fachöffentlich- keit, sondern der gesamten Bevölkerung in unserem Lande verdeutlichen, daß die gesellschaftliche Integration des ge- nannten Personenkreises ein gemeinsames Handeln der verantwortlichen Kräfte in Staat und Gesellschaft erfordert, um keine Zweifel aufkommen zu lassen, diese Menschen auch wirklich in der Bundesrepublik willkommen zu heißen. Um dieses ,,Willkommen" nicht nur als Höflichkeitsformel zu belassen, haben die in der Bundesarbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Träger der Jugendsozialarbeit seit Jahren ein Netz von Jugendgemeinschaftswerken (Be- ratungs- und Betreuungsdienste für jungen Zuwanderer) im Bundesgebiet eingerichtet, das sich, wie folgt, auf die ein- zelnen Länder verteilt:

Baden-Württemberg 12 Aufteilung nach Trägergruppen

l3 Evanaelische 23 (JGW) Bayern Berlin Bremen Hambura

w

Freie 33 (JGW)

Katholische 25 (JGW) 1

.. Hessen 20 Sozialistische 14 (JGW)

Niedersachsen 3 No rd rhei n-Westfalen 31 Rheinland-Pfalz 5 Saarland 2 Schleswig-Holstein 2

95 (JGW)

Für das Jahr 1975 weist der Zahlenspiegel der 14. Sozial- analyse insgesamt 3.045 jugendliche DDR-Flüchtlinge aus, davon sind 1.184 Jugendliche erst im vergangenen Jahr neu in die Einzugsbereiche der bestehenden Jugendge- meinschaftswerke gekommen.

Zugleich stehen im Berichtszeitraum insgesamt 13.593 ju- gendliche Spätaussiedler in Betreuung, davon 4.361 Per- sonen, die 1975 neu von den Jugendgemeinschaftswerken erfaßt wurden.

In den Bemühungen um eine gezielte Förderung, insbeson- dere in den Bereichen von Bildung und Ausbildung, bilden

die Altersgruppen der 14- bis 20jährigen mit 65,l O/O den Schwerpunkt der Arbeit. Eine Förderung sowohl in schuli- scher als auch in beruflicher Sicht, erforderte für diese Gruppe große Anstrengungen der einzelnen Leiter der Jugendgemeinschaftswerke und ihrer Mitarbeiter. Diese Bemühungen hatten Erfolg, der sich nicht zuletzt in der ge- ringen Arbeitslosenquote niederschlug. Eine Vielzahl sozi- alpädagogischer Maßnahmen (u. a. Sprachunterricht, Grup- penpädagogische Hilfen, Freizeithilfen) haben wesentlich zur geistig-kulturellen und sozialen Eingliederung beige- tragen.

Um die sozialpädagogischen Bemühungen der Jugendge- meinschaftswerke zu verdeutlichen, hat die Bundesarbeits- gemeinschaft Jugendaufbauwerk weitere Daten zur 14. Sozialanalyse erhoben und unter Punkt ,,VI und VII" dem Zahlenspiegel hinzugefügt.

Hervorzuheben sind deshalb unter ,,VI" die Anzahl der Be- ratungen ,,in persönlichen Anliegen", sowie ,,in schulischen und beruflichen Fragen".

Dabei zeigt sich, wie entscheidend und hilfreich ein enger, persönlicher Kontakt von Leiter und Mitarbeitern im Ju- gendgemeinschaftswerk mit den Jugendlichen sich dar- stellt. Alle wichtigen, ersten Schritte in die neue Umwelt werden von ihnen begleitet und bedürfen eines großen wechselseitigen Vertrauensverhältnisses. Dieses Vertrauen kommt in allen Phasen des Eingliederungsprozesses immer wieder positiv zur Geltung, sei es im Gruppen- bzw. Club- abend oder im Rahmen zusätzlicher Sprachförderung des Jugendgemeinschaftswerkes.

Im Einzelnen ist die Anzahl der durchgeführten Hausbesu- che mit 23.000 zu nennen, ferner 5.343 Beratungshilfen, die unter ,,VII" in der ,,zusätzlichen Beratung für Kinder bzw. Geschwister von betreuten Jugendlichen" ausgewiesen sind, außerdem die hohe Anzahl von Beratungsfällen wei- terer Familienangehöriger mit 7.224 Einzelhilfen.

Aus den genannten Zahlen lassen sich bei aller Nüchtern- heit ein hohes Ausmaß an Arbeitsintensität und Arbeitsum- fang für den einzelnen Mitarbeiter erkennen, die aus ge- sellschafts- und sozialpolitischen Gründen nicht hoch genug eingeschätzt werden können.

Ihre Bemühungen um eine vollständige Integration der jun- gen Spätaucsiedler in unsere Gesellschaft können aber nur dann Erfolg haben, wenn alle Kräfte in unserer Gesell- schaft sich ihrer staatsbürgerlichen und mitmenschlichen Verpflichtungen bewußt werden.

Presse, Rundfunk und Fernsehen erwachsen hier spezifi- sche Aufgaben, den Eingliederungsprozeß zu fördern und auf die besondere Situation der Spätaussiedler aufmerk- sam zu machen.

48

Trägergruppen EV TG FR TG KA TG SO2 TG Insgesamt

abs. '10 abs. % abs. % abs. '10 abs. %

i. Allgemeiner 1. Anzahl der Einrichtungen 2. Betreute jugendliche Zuwande-

rer während des Betreuungs- Zeitraumes

II. Herkunfl der Jugendlichen In das Bundesgebiet sind gekommen :

1. aus der DDR und aus Ost- berlin a) seit dem 1.1.1975 b) vom 1.1.74 bis 31.12.74 c) vom 1.1.71 bis 31.12.73

insgesamt: 2. aus Aussiedlungsgebieten

(Spätaussiedler) a) seit dem 1.1.1975 b) vom 1.1.74 bis 31.12.74 c) vom 1.1.71 bls 31.12.73

insgesamt: 3. als heimatlose Ausländer und

nichtdeutsche Flüchtlinge (1.1.1971 bis 31.12.1975)

4. Gesamtzahl zu II. l . , 2. und 3.

111. Alterutufen a) 14- bis 17jährige b) 18- bis 20jährige c) 21- bis 25jährige

insgesamt:

IV. Berufrrituatlon (Angaben zum Stlchtag 31.12.1975)

1. in der Ausbildung

Studenten

Praktikanten 2. in Berufstätigkeit

a) Facharbeiter und Angestellte

b) Hilfsarbeiter 3. Nicht Berufstätige 4. Arbeitslose (bis zu 25 Jahren)

5. Wieviel der betreuten Jugend- lichen haben eine Förder- schule besucht?

V. Famliienrltuation 1. Vollwaisen 2. Halbwaisen 3. Eitern geschieden, getrennt

lebend 4. aus Vollfamilie 5. ohne Angaben

a) Schüler, Fachschüler,

b) Lehrlinge, Anlernlinge,

insgesamt:

insgesamt:

23

4 426

482 436 31 1

1 229

997 802

1255 3 O54

143 4 426

1 507 1122 1797 4 426

1809

61 7

1129 538 173 160

4 426

1417

232 482

575 2 619

51 8 4 426

100

392 35.5 253

100

32,6 26,3 41,l

100

100 100

34,O 254 40,6

100

4oP

13,9

255 12,2 389 3-6

100

100

5 2 10,9

13,O 59,2 11,7

100

33

5353

262 150 326 738

1132 982

2 267 4 381

234 5353

2 171 1439 1743 5353

1804

830

1418 669 237 395

5353

1772

85 443

409 4 199

21 7 5353

100

35,5 20,3 442

100

25,8 22-4 51 ,ô

100

100 100

403 26,9 32,6

100

33,7

15,5

26,6 123 4,4 7,3

100

,100

1.5 8,3

7,6 783 4.1

100

25

4 787

164 100 122 386

1485 1 292 1314 4 O91

31 O 4 787

1 877 1265 1645 4 787

2369

669

996 414 89

250 4 787

1381

99 41 7

475 3 302 494

4 787

100

42,5 25.9 31,6

100

38.3 313 32.1

100

100 100

39,2 26,4 3434

100

493

14,l

20.8 8,6 1 3 5 2

loo

100

2,1 8,7

9-9 69,O 10,3

100

2 ô59

276 140 276 692

747 458 862

2 087

100 2 859

1044 91 5 900

2 859

1038

376

779 449 84

135 2 ô59

772

54 248

425 1 927

205 2 859

14 95

100 17425 100

39,9 1184 3889 20,2 826 27,l 39.9 1 o35 34,o

3045 100 1 O0

36,l 4361 32,O 22,2 3534 26,O 41,7 5698 42,O

100 13593 100

100 787 100 100 17425 100

36.5 6 599 37,9 32.0 4741 27.2 31,5 6085 34;9

100 17425 100

36,2 7018 40,2

13,2 2492 14,3

27,2 4322 24.8 157 2 070 l l ,9 33 583 3,4 4,7 940 5.4

100 17425 100

100 5342 100

1 .ô 470 2,7 8,7 1 590 9,1

14,9 1884 10,8 67,4 12 047 69,2 7,2 1434 882

100 17425 100

49

- _.

VI. Elngllederungrhllhn

1. Zahl der individuell betreuten Jugendlichen

(Einzelhilfen)

2. Zahl der Beratungen a) Wohnraumbeschaffung b) schulische Fragen c) berufliche Fragen

d) Beschaffung von Ausweisen, Urkunden e) Lohnfragen, Geldangelegenheiten 9 Rechtsfragen

g) Gesundheits- und Erholungsfragen h) Erziehungsfragen i) sonstige persönliche Anliegen

3. Gruppenarbeit Zahl der Ver- Zahl der (EigenVeranstaltung) anstaltunüen Stunden/Taüo

a) Gruppenabendel Clubabende 1798 xxx xxx

b) Sprach kurse 250 6148 XXX c) Wochenendseminare 93 xxx 91

Seminare 167 626 92

Besichtigungen 299 XXX 102

d) sonstige Kurse und

e) Fahrten und

9 mehrtägige Freizeiten 95 xxx 383 g) Elternabende 162 Mo( xxx h) gemeinsamer Besuch

von Veranstaltungen, z. B. kulturelle od. sport- liche Veranstaltungen 357 XXX XXX

14 565

2445 12 655

11 806

4 290

4 173

3 173

3 132

3365 18 156

Zahl der Tellnehmer

21 704

2 859

1948

1 549

5 893

1 449

4 148

4 786

An den 872 Eigenveranstaitungen waren ZUS&l¡ch Einheimische beteiligt.

4. AuBendienst

a) Zahl der Hausbesuche b) Zahl der Besuche in Schulen

c) Zahl der Besuche In Betrieben d) Zahl der Besuche bei Amtern

23Ooo 2 ô59 2 531

7 562 e) Zahl der Besuche bel Verbänden/lnstitutionen 3298

zusammen: 39 249

VII. Beratung und Betreuung

1. Zusätzliche Beratung für Kinder / Geschwlster

2. Anzahl der Beratungsfälle der Familienangehörigen

von betreuten Jugendlichen 5 343

von betreuten Jugendlichen 7 224

Zu II. 2. Herkunft der Jugendlichen

Die Herkunftsländer der jugendlichen Spätaussiedler (laut II, 2).

Aus welchen Ländern kommen die zum Zeitpunkt der Befragung betreuten Jugendlichen?

a) Bulgarien 69 b) CSSR 456

c) Jugoslawien 281

d) Polen 6 689 e) Rumänien 2 592 9 UdSSR 2713

793 g) Ungarn

Zusammen: 13 593 -

Jugend und Freizeit Günter Cremer, München

Literatur und Daten

Im folgenden wird versucht, Daten und Aussagen zu den Bereichen Freizeitausmaß, Freizeitverhalten und ,,öffent- liche" Freizeitangebote für Jugendliche aus empirischen Untersuchungen und anderen Arbeiten der letzten 10 Jahre zusammenzutragen. Dabei handelt es sich um eine erste Sichtung; eine Interpretation der Ergebnisse und weiter- gehende Literaturauswertung werden hier nicht geleistet. (Ausgeklammert bleibt der Sektor der sog. Freizeitpädago- gik. Zeitschriftenartikel sind nicht berücksichtigt.)

1. Freizeitbegriff und Forschungsprobleme

,,In der Freizeitliteratur findet sich eine große Zahl von Definitionsversuchen des Begriffs ,,Freizeit". Diese Defini- tionsversuche zeigen eine große Bandbreite der einzelnen Schwerpunkte, die letztlich von der Zentrierung ökonomi- scher, soziologischer, psychologischer, philosophischer, pädagogischer und kulturkritischer Momente bis zur Ne- gierung des Wertes solcher Definitionen überhaupt reicht". (Schmitz-Scherzer 1974, S. 136) Untersucht man die in der Soziologie verwendeten Freizeitbegriffe so kann man eine formale von einer inhaltlichen Definition trennen. Es be- steht zwar eine weitgehende Obereinstimmung bei der formalen Bestimmung der Freizeit als einer von der Über- wiegend fremdbestimmten Berufsarbeit entlasteten Zeit, doch gehen die Meinungen darüber, was alles zur ,,Nicht- arbeitszeit" zu rechnen sei, wieder auseinander (vgl. Miksch 1972).

Inhaltliche Definitionen wollen dagegen meist ,,Freizeit im eigentlichen Sinne" bestimmen. Schelskys inhaltliche De- finition spricht von ,,individuell frei disponierter Zeit" und Blücher definiert: ,,verhaltensbeliebiger Zeitraum, der nach freiem Ermessen ausgefüllt werden kann" (vgl. Schelsky 1957 und Blücher 1966). Freizeit wird inhaltlich demnach im Gegensatz zur Arbeit als frei von Fremdbestimmung und als verhaltensbeliebig begriffen. Kritisch wird von anderen Autoren allerdings. eingewendet, daß die angenommene Disponierbarkeit aufgrund zahlreicher Reglementierungen und Zwänge eine Fiktion sei (zur Definitionsproblematik vgl. auch Scheuch 1969 und Schmitz-Scherzer 1974, S. 136f). Die bisher fast unüberschaubaren Datenmaterialien und auch die strukturellfunktionalen Deutungen der Ergebnisse können nach Scheuch keine Summe an Einsichten über Freizeit vermitteln, ,,weil Freizeit zunächst noch kein Er- kenntnisobjekt für Soziologie ist . . . . Freizeit als vor- wissenschaftlich benutzter Begriff meint eine bestimmte Art, einen objektiv bestimmbaren Sachverhalt zu nutzen: arbeitsfreie Zeit . . . . Die mit Freizeit als Wort gemeinte Art der Nutzung dieses objektiv bestimmbaren Sachver- halts ist in der alltäglichen Verwendung zunächst nicht fest- gelegt und bewirkt, eben deshalb den Eindruck, man habe es mit einem bedeutungsvollen Begriff zu tun" (Scheuch 1969 S. 753).

Freizeitforschung wird aus den unterschiedlichsten Erkennt- nisinteressen und mit den verschiedensten Methoden be-

trieben, wobei die Beschreibungen des Freizeitverhaltens einen besonderen Stellenwert einnehmen.

Es sind meistens Bestandsaufnahmen ausgewählter AMi- vitäten bei repräsentativen Bevöl kerungsquerschnitten oder definierten Bevölkerungsgruppen. An den dort verwandten Methoden der Dateninterpretation und der Darstellung wird z. T. starke Kritik geübt (vgl. dazu auch Schmitz-ScherZer/ Rudinger 1974 und Schmitz-Scherzer/Rudinger/Angleitner 1974).

Schmitz-Scherzer weist darauf hin, daß Beschreibungen von Freizeitinteressen, die Herausarbeitung von Dimensionen des Freizeiterlebens sowie Studien, die das Verhältnis von Aktivitäten, Interessen und Erleben zueinander untersu- chen, gänzlich fehlen (vgl. Schmitz-Scherzer 1974, S. 15).

Die angedeuteten Schwierigkeiten verbieten es auch, die in verschiedenen Untersuchungen gewonnenen Daten zu ,,Querschnitten" zusammenzutragen. (Zur Problematik der Datenlage in der Freizeitforschung vgl. auch Blücher 1973, unveröffentlichtes Manuskript). Vorhersagen von Freizeit- verhalten sowie fundierte komplexe Aussagen über Frei- zeit würden erst mit einer empirisch erarbeiteten Freizeit- theorie möglich. Sie hätte eine Integration der Einzelbe- funde zu leisten und müßte ,,die Veränderung des Freizeit- Verhaltens, der Freizeitinteressen und -bedürfnisse und der Erlebnisweisen in der Freizeit in der Persönlichkeit und deren je spezifischer Situation genauso berücksichtigen, wie die eigentliche Freizeitstruktur und deren Abhängig- keiten von sozioökonomischen Merkmalen" (Schmitz- Scherzer 1974, S. 16). Diese Theorie fehlt bisher.

Die angedeuteten Schwierigkeiten und Probleme beziehen sich auf die Freizeitforschung generell; sie sind kein Spezi- fikum des Gegenstandes Jugend und Freizeit allein.

2. Jugend und Frelzelt

a) Bedeutung des Begriffs Freizeit

In der Jugendsoziologie wird allgemein davon ausgegan- gen, daß Familie, Schule und Arbeitswelt typischen Bedürf- nissen Jugendlicher, wie dem Wunsch nach sozialer Aner- kennung, der Erreichung eines primären Status, dem Ex- perimentieren mit Normen, Werten und Erfahrungen wenig Rechnung tragen. Der weniger institutionalisierte Raum der Freizeit scheint diesen speziellen Bedürfnissen der Jugend- lichen eher entgegenzukommen.

Jugendliche erleben Freizeit ,,als ein altersgruppenspezifi- sches soziales Motivations- und Orientierungsfeld eigener Art. Es ist der für sie bedeutsame Bereich der expressiven Orientierungen und symbolischen Selbstdarstellung in In- teraktion mit Altersgleichen, weil in ihm persönliche Iden- tität, Status- und Verhaltenssicherheit leichter gewährleistet sind, als in der Familie und im Leistùngsbereich, d. h. ohne den dort gegebenen Leistungsdruck, die Unterordnung un- ter Erwachsene und die soziale Kontrolle der Eltern" (Lüdt- ke 1972, S. 204-205).

51

Freizeit wird auch bei Jugendlichen auf die Zeit bezogen, die nicht mit der Ausübung einer beruflichen oder quasi be- ruflichen Rolle wie Schulbesuch oder mit der Befriedigung grundlegender biologischer Bedürfnisse wie Ruhe und Nah- rungsaufnahme verbracht wird. ,,Schule, Lehre und Arbeit sind zwar generell so organisiert, daß sie zeitlich fixiert sind und damit 'freie Zeit' ermöglichen: die verschiedenen Rollen des Schülers, des Lehrlings oder des jungen Arbeiters wer- den jedoch in unterschiedlichem Ausmaß die 'Freizeit' in der freien Zeit bestimmen" (Hornstein u. a. 1975, S. 54).

So ist davon auszugehen, daß sich z. B. die unterschied- lichen Rollen eines Schülers bzw. eines Jungarbeiters so- wie das Geschlecht verhaltendeterminierend im Freizeit- raum auszuwirken. Freizeittätigkeiten, wie Lesen und Me- diengebrauch liegen einem Gymnasiastgn wesentlich näher als dem jungen Arbeiter, der Freizeitaktivitäten in stärkerem Gegensatz zu seiner beruflichen Rolle erleben muß.

Freizeitorientierung und Freizeitverhalten Jugendlicher ,,können als Ergebnisse von Sozialisationsprozessen ver- standen werden, die sozialstatistisch nach Alter, Ge- schlecht, Herkunft, Bildungsgrad, sozioökologischem Stand- ort differieren und soziologisch eine Funktion der Teilhabe der Jugendlichen an primären und sekundären Sozialsy- sternen sind'' (Hornstein u. a. 1975, S. 54). Dabei muß Frei- zeitverhalten aber allgemein auch in einem gesamtgesell- schaftlichen Rahmen betrachtet werden. Inwieweit das Frei- zeitverhalten von Jugendlichen Sozialisations- und Lern- prozesse beeinflußt, Iäßt sich schwer abschätzen. Die Um- fragedaten sagen wenig darüber aus, was die Tätigkeiten für das Individuum bedeuten und welche gesellschaftliche Konsequenzen daraus folgen (vgl. dazu Hornstein u. a. 1975, S. 56).

b) Vorliegende Untersuchungen zum Thema

Zu Beginn der 50er Jahre erschienen in Deutschland die ersten Untersuchungen und Abhandlungen zum Thema Ju- gendfreizeit.

Im folgenden seien die wichtigsten genannt: Jugend zwischen 15 und 24 EMNID, Bielefeld 1953 Jugend zwischen 15 und 24 EMNID, Bielefeld 1955 Jugend zwischen 15 und 24 EMNID, Bielefeld 1956 K. Wollenweber und U. Planck (Hrsg.): Die Lebenslagen der westdeutschen Landjugend, 1956 Eine Untersuchung über Freizeit und Ferien der Jugend, Frankfurt, Bad Godesberg 1958

Schelsky versuchte in seinem Werk: Die skeptische Genera- tion, Eine Soziologie der deutschen Jugend, zahlreiche Be- funde dieser Untersuchungen in eine Synthese zu bringen.

In den Jahren nach 1960 sind weitere Veröffentlichungen zum Thema Jugend und Freizeit zu verzeichnen. U. a.: Rosenmayr: Familienbeziehungen und Freizeitgewohnhei- ten jugendlicher Arbeiter, Wien 1963

Die junge Generation Westdeutschlands - DIVO im Auf- trag des Westdeutschen Rundfunks, Frankfurt 1963 Junge Menschen 1964. Emnid, Bielefeld 1964 Jugend, Bildung, Freizeit, Jugendwerk der Deutschen Shell 1966 Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden wiederum bei Wurzbacher: Gesellungsformen der Jugend, München 1965 und Blücher: Die Generation der Unbefangenen, 1966 verarbei- tet (vgl. dazu auch Schilling 1973).

Aus der Zeit nach 1970 sind zu erwähnen: Lüdtke/Grauer: Jugend und Freizeit ,,Offene Tür" 1973

Die vom Jugendwerk der Deutschen Shell 1975 herausge- gebene Untersuchung: Jugend zwischen 13 und 24 - Ver- gleich Über 20 Jahre - bringt kaum Daten zum Thema Jugend und Freizeit.

Hingewiesen wird noch auf 3 allgemeine Freizeitunter- suchungen von Emnid aus den letzten Jahren: 1. Freizeit und Privatleben 1969 2. Freizeit im Ruhrgebiet 1971 3. Freizeitbedingungen und Freizeitentwicklungen 1973

Aus ihnen lassen sich nur sehr bedingt Angaben zu jugend- lichem Freizeitverhalten entnehmen.

Aufgrund ihrer Heterogenität und der bereits erwähnten methodischen Problematik können die Ergebnisse der o. g. Untersuchungen kaum in einer Synthese vorgestellt wer- den.

Die folgenden Ausführungen sind dann auch mehr unter dem Aspekt der Vorstellung relevanter Literatur zu Frei- zeitverhalten Jugendlicher aus den letzten Jahren zu se- hen. Es wird versucht, beispielhaft aus den diversen Ar- beiten einige Informationen zum Freizeitverhalten sowie weitere Aussagen zum Komplex ,,Jugend und Freizeit'' zu- sammenzustellen.

3. Zum Frelzeitumfang

Die neueste Emnid-Untersuchung (1972/73) konstatiert zwar ein Anwachsen der freien Zeit, erlaubt aber keine Differen- zierung der Befunde auf die uns interessierenden Jugend- lichen. Eine umfassende Darstellung des Freizeitmaßes von Jugendlichen liegt nur aus der Untersuchung Jugend, Bil- dung, Freizeit von Emnid 1966 vor.

Freizeit wurde hier wieder als ,,Komplementärbegriff zur Arbeit", als ,,selbstbestimmte", ,,private Zeit" verstanden, wobei Schulzeit mit Arbeitszeit gleichgesetzt wurde. Die Stundenzahl wurde dabei direkt für den vorhergehenden Tag bzw. für Samstag und Sonntag erfragt. Das auf Grund- lage dieser Daten errechnete Freizeitmaß erlaubt Verglei- che der Relation und freier Zeit zwischen einzelnen so- zialen Kategorien (vgl. dazu Emnid 1966 S. 79).

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. .

Wenn man die Schüler mit den anderen Gruppen In dieser Tabelle vergleicht, fällt auf, da6 bei ihnen die Nennung ,,sehr viel Freizeit" in stärkerem MaBe vertreten ist (59 %, 44 O/o und 52 %) als bei den Lehrlingen (33 O/O bzw. 34 O/o).

Nichtschürer (Lehrlinge, Jungarbeiter) scheinen dagegen ,,ziemlich viel Freizeit, vor allem Sonntags" zu haben (46 bzw. 51 %). Die Inanspruchnahme durch die Schule dehnt sich demzufolge auch auf den Sonntag aus. Allerdings hängt das Zeitbudget für Schulaufgaben stark mit dem be- suchten Schultyp zusammen. So kommen Schöning/Krähe in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, daß Oberschüler im allgemeinen wesentlich mehr Zeit für die Schulaufgaben aufwenden als Hauptschüler. Während 60 O/O der Haupt- Schüler in einer Zeit bis zu einer Stunde mit den Schulauf- gaben fertig werden, brauchen etwa 70 O/O der Oberschüler Ca. 1 '/2 Stunden oder mehr. 18 O/O der Oberschüler brau- chen sogar 2 '/2 Stunden (vgl. Schöning/Krähe 1974 S. 49). Das Freizeitausmaß erweist slch darüber hinaus aber noch von weiteren Faktoren abhängig. So kommt Blücher zu dem Schluß, daß Mädchen generell über weniger Freizeit als Jungen verfügen (vgl. Blücher 1966, S. 225). Mädchen hatten demnach wochentags 4 Stunden 25 Minuten Frei- zeit, die Jungen 5 Stunden. Dies erklärt sich wahrscheinlich mit der Tatsache, daß Mädchen in allen Altersstufen mehr mit Haushaltsarbeiten belastet werden. . Dies bestätigen auch Schöning und Krähe, die auch feststellten, daß der zeitliche Aufwand für die Hilfe lm elterlichen Haushalt bei den Mädchen noch progressiv zunimmt (vgl. Schöning/ Krähe, S. 51). Als weiterer Einflußfaktor auf das Freizeitmaß wurde die Familiengröße ausgemacht. ,,Je größer die Familie, d. h. je mehr Kinder vorhanden, umso stärker wird der Jugend- liche in die Arbeit im Haushalt einbezogen. Während die Jugendlichen ohne Geschwister zu 27 O/O bzw. 28 '/o an- geben, eineinhalb Stunden oder mehr im Haushalt zu hel- fen, sind es bei den Jugendlichen mit 2 Geschwistern 35 %, mit 3 oder 4 Geschwistern 40 O/o und mit 5 und mehr Ge- schwistern sogar 56 %" (CchÖning/Krähe 1974, S. 52). Sofern Jugendliche auf dem Lande wohnen scheinen sie in bezug auf das Freizeitmaß besonders benachtelligt zu sein. So ermittelte Platz für Jugendliche auf dem Lande (Gemeinden unter 5000 Einwohnern) eine durchschnittliche Freizeit von 4'/2 Stunden pro Wochentag (vgl. Platz 1971, S. 40). Auch hier wurde ein schlechteres Abschneiden der Mädchen im Vergleich zu Jungen festgestellt. Hinsichtlich des Freizeitmaßes zwischen verschiedenen Berufsgruppen Jugendlicher auf dem Lande wurden in o. a. Untersuchung Unterschiede registriert. Während jugendliche Facharbeiter und ungelernte Arbeiter auf eine freie Zeit von durchschnitt- lich 5 Stunden pro Tag kommen, verfügen die in der Land- wirtschaft tätigen Jugendlichen nur Über 3 und weniger Stunden Freizeit. Daß die Kinder von Landwirten am stärk- sten belastet werden betonen auch Schöning/Krähe (vgl. dazu: Täglicher Zeitaufwand für Hilfe im Haushalt nach dem Beruf des Vaters in: SchöninglKrähe 1974, Tab. 12, S. 162). Für eine Normalgruppe von Lehrlingen (Schriftsetzer, Indu- striekaufleute und Kfz.-Mechaniker) sowie für Lehrlinge im

Gaststättengewerbe ermittelte Domke das Freizeltma6. Er kommt zu dem Ergebnis, da6 60 O/o der untersuchten Be- rufsschüler 3-4 Stunden echte Freizeit täglich zur Ver- fügung haben, 14 O/O noch darüber liegen, während 26 O/o

weniger als 3 Stunden, 5 O/O weniger als 2 Stunden Frei- zeit haben (vgl. Domke 1970, S. 109). Da Arbeitszeitverhältnisse ziemlich einheitlich geregelt sind, ist die Obertragung des Ergebnisses nach Domke auch auf andere Lehrlingsgruppen zulässig. Inwieweit das Freizeitausmaß in den letzten Jahren für Ju- gendliche gestiegen ist, Iäßt sich anhand der vorliegenden wenigen empirischen Untersuchungen nicht ohne weiteres nachweisen. Die 3. Emnid-Freizeituntersuchung (1972/73) kommt allerdings zu dem Schluß, daß allein aufgrund von - Arbeitszeitverkürzungen seit 1969 das Freizeitausmaß ge- wachsen sei, daß aber ,,effektive Freizeit" nicht anstieg (vgl. Emnid 1972/73, S. XL III ff.). ,,Der beste Maßstab für die wachsende Freizeit ist ein Ver- gleich der Arbeitszeiten, weil sich diese aus vielerlei Grün- den wesentlich leichter und exakter erfassen lassen, als die Summe der freien Zeiten. Setzen wir die Arbeitszeit von 1969 mit 2.275,2 Jahresstunden gleich 100, so ergibt sich die folgende Entwicklung: 1969 = loo 1971 = 98 1973 = 95" (vgl. Emnld 1972/73, S. XL Ill).

In der Erforschung des subjektiven Freizeitbewu6tseins kommen 40 O/O der Altersgruppen der 16-25jährigen zu dem Schluß, daß sich das Freizeitausmaß zwar positiv in den letzten 5 Jahren verändert habe, gleichzeitig gibt aber auch ein - im Vergleich zu anderen Altersgruppen - hoher Anteil (Über 50 O h ) an, daß sich für sie das Freizeitausmaß nicht verändert habe, bzw. daß es geringer geworden sei - (vgl. Emnid 1972/73, S. 64). Leider erlauben die vorliegenden Befunde keine weiteren Differenzierungen, doch scheint sich u. E. für Jugendliche folgende Situation zu ergeben: Ein Teil der im Arbeitspro- zeß stehenden Jugendlichen profitiert sicher in ihrem Frei- Zeitmaß von Arbeitszeitverkürzungen, obwohl geradie Lehr- linge in bestimmten Ausbildungsstrukturen auch in ihrer Freizeit zu Beschäftigungen herangezogen werden (vgl. dazu Diskussionen über Jugendarbeitsschutz). Auf jeden Fall ist aber im Verlauf der Berufsbildungsreform und mit verbesserten Schutzbestimmungen tendenziell eine Verbes- serung zu erwarten. Für die Schuljugendlichen scheint sich durch verschärfte Leistungsanforderungen (vgl. z. B. die geforderten Durchschnittsnoten zur Umgehung des Nume- rus-clausus) eher ein Trend in Richtung auf weniger Frei- zeit abzuzeichnen, da schulfreie Zeit für schuleigene Auf- gaben benutzt werden mue.

4. Zum Freizeitverhalien

In den Fragen zu Freizeltverhalten und Freizeitlnteressen unterscheiden sich die vorliegenden Untersuchungen am

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stärksten. Das liegt z. T. an den verschiedenen ,,Freizeit"- Interpretationen. den diversen Methoden und an der Re- präsentativität der Erhebungen. Zur Ermittlung der Freizeit- wünsche und des Freizeitverhaltens sind in den im folgen- den erwähnten Untersuchungen verschiedenste Methoden angewandt. Man könnte etwa folgende Haupttypen nennen: mündliche und schriftliche Befragung, Fragestellung nach der liebsten oder bevomgtesten Freizeittätigkeit, Frage nach der Häufigkeit von Freizeitaktivitäten, sog. Yesterday- Fragen (z. B. Was haben Sie gestern in Ihrer Freizeit ge- macht?). In verschiedenen Untersuchungen kommen natür- lich Methodenkombinationen vor. Auf die Problematik der einzelnen Methoden kann hier nicht eingegangen werden (vgl. dazu auch Miksch 1972, S. 32 ff. und Schmitz-ScherZer/ Rudinger in SchmitidScherzer (Hrsg.) 1974, S. 7 ff.), es soll aber nochmals auf die Schwierigkeit verwiesen werden, die mit einem methodisch unterschiedlichen Instrumenta- rium gewonnenen Daten in einer Synopse zusammenzu- fassen.

Hauptsächlich kommen Ergebnisse zum Freizeitverhalten zur Sprache. Daten zu Freizeitwünschen und -interessen (,.Freizeitorientierungen") spielen in den Untersuchungen nur eine untergeordnete Rolle. Ihre Ergebnisse sind im Unterschied zum Freizeitverhalten entsprechend gekenn- zeichnet. Freizeitaktivitäten lassen auf jeden Fall Unter- schiede nach Alter, Geschlecht und Schultyp erkennen. In der Emnid-Studie 1971 wurden durch Fragen nach der Hau- figkeit von Freizeitaktivitäten Profile für demographische' Gruppen ermittelt (Zusammenfassung der Ergebnisse von Lüdtke 1972. S. 80/81). Für Jugendliche ermittelte Emnid 1966 eine Rangfolge in der Beliebtheit verschiedener Aktivitäten und kam zu fol- gender Reihenfolge:

1.) Mit Freunden zusammen sein 2.) Etwas Neues kennenlernen 3.) Sich von der Arbeit erholen 4.) Schlager und Tanzmusik hören 5.) Ins Kino und zum Tanzen gehen 6.) Spannende Bücher und Illustrierte lesen (vgl. Emnid 1966, S. 18).

Aufgrund der entsprechenden Datenanalyse kommt man zu dem Eindruck, daß geselliges Unterhalten und Entspannung weitgehend den Charakter der Jugendfreizeit bestimmen bzw. auf bevorzugte Interessen stoßen (vgl. auch Dohmke 1970, S. 150; Lüdtke 1972, S. 194; Planck 1970, S. 134).

5. Ausgewählte Frelzeltbereiche

a) Sport

Den Sportaktivitäten kommt bei Jugendlichen in der Frei- zeit, wie die erwähnten Tabellen zeigen, nicht nur ein star- kes Interesse zu, sie prägen auch wesentlich das Freizeit- verhalten zumindest der männlichen Jugendlichen. Ihre

Präferenz erklärt sich nach Lüdtke daraus, weil Sport- aktivitäten ,,die Kombination von individueller Selbstbe- stätigung und jugendspezifischem Wettbewerb einerseits sowie geselligen Situationen andererseits begünstigen" (Lüdtke 1972, S. 196). Mitgliedschaft in einem Sportverein ist sicher ein Indiz für Sportaktivitäten. Nach Emnid (vgl. Emnid 1966, S. 260 f.) waren 1965 Ca. 31 O/O der 15-21-jäh- rigen Jugendlichen in Turn- oder Sportvereinen organisiert. (Der Deutsche Sportbund verzeichnete einen Anstieg sei- ner männlichen Mitglieder zwischen 14 - 18 Jahren von Ca. 645000 im Jahre 1966 auf Ca. 743000 im Jahre 1971. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der weiblichen Mit- glieder dieser Altersstufe um rund 75000 auf etwa 282000 an. Vgl. dazu Statistische Jahrbuch der BRD 1967 u. 1972).

Schöning und Krähe stellten bei den von ihnen untersuch- ten Jugendlichen einen entsprechenden Organisationsgrad von 44 O/O bei den Jungen aber nur von 28 O/O bei den Mäd- chen fest. Dabei war bei den Jungen mit zunehmendem Alter noch eine steigende Tendenz zu verzeichnen, während bei den Mädchen der Anteil der Mitgliedschaft im Sport- verein in den höheren Altersgruppen zurückgeht (vgl. Schö- ning/Krähe 1974, S. 32).

Diese Ergebnisse wurden auch in der neueren Untersu- chung von Emnid erhärtet. Die relative Häufigkeit von neun Sportaktivitäten zeigte ein eindeutiges Ubergewicht in den jugendlichen Altersgruppen bei männlichen Jugendlichen. Auch in Bezug auf Mitgliedschaft im Sportverein liegen männliche Jugendliche an der Spitze (vgl. dazu Emnid/SVR 1971 Tabellen 56-71, Tabellenband S. 111 -138. Die Zu- sammenfassung der Ergebnisse in der von Lüdtke erstell- ten Tabelle, Lüdtke 1972, S. 80/81).

,,Daß die Jungen stärker am aktiven Sport teilnehmen als die Mädchen, ist auf die Zuschreibung unterschiedlicher Geschlechtsrollen zurückzuführen. Wahrend der Sport in Form von körperlicher Ertüchtigung und Leistungssteige- rung durchaus in den Rahmen der gesellschaftlich festge- legten Männerrolle fällt, schließt die herkömmliche Frauen- rolle diese eher aus" (Schöning/Krähe 1974, S. 33). (Zum Thema des Sports in der Freizeit vgl. auch Dieckert 1974).

b) Freizeitaktivitäten in Gruppen: In den Typen und Formen des sozialen Umgangs unter- scheiden sich Jugendliche in ihren Freizeitmustern erheb- lich von Erwachsenen. Der Kommunikation und dem Um- gang mit Gleichaltrigen und Freunden kommt wahrschein- lich deshalb eine große Bedeutung zu, weil Jugendliche sie als frei von den institutionalisierten Zwangen der Soziali- sationsagenturen Familie, Schule und Betrieb erleben. (Zur Bedeutung dieses Sachverhalts für die Sozialisation vgl. u. a. Neidhardt 1967 und Wurzbacher 1965). Aus den ,,Ge- sellungsformen" Jugendlicher greift Wurzbacher 8 domi- nante Grundtypen heraus: das gleichgeschlechtliche Freundschaftspaar, 2. das gemischtgeschlechtliche Freund- schaftspaar, 3. der Freundschafts- und Bekanntenkreis, 4. die gleichgestimmte Menge, 5. der Kursus, 6. das Team, 7. die organisierte Gruppe und 8. der übergreifende Verband.

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Die Bedeutung dieser einzelnen ,,Gesellungsformen" für das Freizeitverhalten kann aufgrund der vorliegenden em- pirischen Untersuchungen nicht differenziert ausgemacht werden. (Zur Kritik an diesen Definitionen vgl. Blücher 1966 und Schilling 1973). Gemeinsam zeigen die meisten Unter- suchungen, daß sich die Häufigkeit von Freizeitaktivitäten, die primär sozialer Natur sind, bei Jugendlichen von ande- ren Altersgruppen abheben (vgl. auch Tab. aus Emnid/SVR 1971).

,,Mit Freunden zusammensein" hat bei dieser Altersgruppe einen weit höheren Index, als bei anderen Altersgruppen (3,4 bzw. 2,7; 2 , l ; 1,7). In der Untersuchung von Schöning und Krähe gaben zwei Drittel der Befragten an, eine Grup- pe zu haben, ,,mit der sie in ihrer Freizeit Öfters zusammen etwas unternehmen oder spielen" (vgl. Schöning/Krähe 1974, S. 94).

Bei diesen Aktivitäten zeigt sich auch die Tendenz, sich der elterlichen Aufsicht zu entziehen.

Blücher kommt zu dem Schluß, daß der soziale Ort der Freizeit für die Jugendlichen am Wochenende (Samstag und Sonntag) im wesentlichen die Familie sei (Blücher 1966, S. 235). Der Stellenwert der Familie für die Freizeitgestal- tung ist in den verschiedenen Untersuchungen aber um- stritten.

Domke ermittelte bei männlichen Lehrlingen auf die Frage nach der liebsten Gesellungsform eine deutliche Dominanz altershomogener Gesellungsformen (vgl. Domke 1970, S. 208).

Ahnlich wie bei den Erwachsenen (vgl. Emnid/SVR 1971) spielen die Wochenenden für die Freizeitaktivitäten - ins- besondere der berufstätigen Jugendlichen - eine domi- nante Rolle. Domke konstatierte hier auch noch eine star- ke Prägung durch kulturelles Milieu und Familientradition (vgi. Domke 1970).

Wachler ermittelte gerade für das verlängerte Wochenende Einflüsse auf das Freizeitverhalten auch von Jugendlichen u. a. verstärkte innerfamiliäre Kontakte und eine strukturelle Einebnung des Freizeitverhaltens am Samstag und Sonntag (vgl. Wachler 1972).

Eine hervorragende Rolle in den Kommunikationsbezie- hungen spielt der Besuch von Tanzveranstaltungen, die sowohl dem Wunsch nach Kommunikation mit Gleichaltri- gen als auch dem wachsenden Interesse an heterosexuellen Kontakten entgegenkommen. Entsprechend ist eine über- durchschnittliche Teilhabe der jugendlichen Altersgruppen gegenüber Erwachsenen an diesen Veranstaltungen (vgl. dazu auch Müller/Nimri;iermann 1968). (Angaben über Teil- nahme an Tanzveranstaltungen finden sich bei Emnid/SVR 1971, S. 184).

Die Angebote und Maßnahmen der Jugendverbandsarbeit tragen ebenfalls Freizeitcharakter, da der Jugendliche in seiner Nichtarbeitszeit zu ihren Veranstaltungen geht. Zwar sind die spezifischen Freizeitangebote in den einzelnen Ver-

bänden und Gruppierungen unterschiedlich gewichtet, doch haben sie als .,Gesellungsform" auch einen Eigenwert. .,Die konstitutive Bedeutung der Geselligkeit wird in nahezu allen Selbstdarstellungen der Jugendarbeit anerkannt" (vgl. Hornstein u. a. 1975, S. 167).

Die Mitgliedschaft oder Beteiligung in Organisationen und Verbänden variiert insbesondere nach Geschlecht und Al- ter. Klammert man die bereits erwähnten Sportverbände einmal aus, so ergibt sich in den übrigen Jugendverbänden in bezug auf Mitgliedschaft ein strukturell ähnliches Bild wie bei diesen. Jungen sind stärker in formellen Gruppen vertreten als Mädchen, deren Organisationsgrad bei zu- nehmendem Alter noch sinkt. Für die Mitgliedschaft in Ju- gendverbänden (einschl. Sportverbänden) wurde in ver- schiedenen Untersuchungen folgende geschlechtsspezifi- cche Verteilung ermittelt:

Tabelle 1 : Mitgliedschaft in Jugendverbänden und Vereinen nach Geschlecht

~~

Emnld 1ffl Emnld 1988 Platz 1971 Domke 1970 Alter: 14-17

m w m w m w m w

Mltglledschaflen (einfach und doppelt) 53 23 66 47 TI 38 67 - kelne Mltglledschaflen I 78 34 53 23 84 32 -

1 - kelno Angaben - - - - - - Quelle: Hornstein u. a. 1975, S. 159.

Vergleicht man allerdings die Quote der Mitgliedschaft in Jugendgruppen und -verbänden mit denen der Sportver- eine, so Übertreffen die Sportvereine alle anderen Gruppen an Attraktivität. Schöning und Krähe ermittelten für die Jungen eine Mitgliedschaft von 23 O h in Jugendgruppen und bei den Mädchen eine Quote von 20 O h (vgl. Schöning/ Krähe 1974, S. 35). Insgesamt sind aber über Mitgliedschaft in Jugendverbänden und Teilhabe an der Jugendverbands- arbeit z. T. unterschiedliche und widersprüchliche Aussagen in den einzelnen Untersuchungen zu finden.

c) Medienkonsum

Im Vergleich zu Erwachsenen zeigen in der Emnid-Unter- suchung 1970 Jugendliche höhere Durchschnittswerte bei den Freizeitaktivitäten ,,Fernsehen", ,,Schlager und Tanz- musik hören" und ,,Spannende Lektüre" als andere Alters- gruppen (vgl. Tab. Emnid/SVR 1971). Planck ermittelte unter 16 verschiedenen Tätigkeiten am Abend für Fernsehen den 1. Rang, für Lesen den 3. Rang (vgl. Planck 1970, S. 137). Bereits 1966 ermittelte Emnid, daß 85 O/O aller Jugendlichen regelmäßig Zugang zum Fernsehen hqtten, 10 O/O hatten keinen Zugang und 5 O/O kein In te resseh Fernsehen (vgl. Emnid 1966). Unter den Medien dürfte das Fernsehen mittlerweile über die größte Attraktivität verfügen und eine Reihe anderer Freizeitbeschäftigungen bei Jugendlichen, darunter auch mediengebundene verdrängen (vgl. dazu auch Hiither 1975).

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Die Fernsehdauer der Jugendlichen variiert allerdings nach Alter, Geschlecht und Bildungsstand.

Zwar liegt nach Stolte (vgl. Stolte 1973) der Zeitaufwand für Mediennutzung bei der Gruppe der 14-29jährigen unter dem Durchschnitt der übrigen Altersgruppen, für die Me- dien Fernsehen, Rundfunk, Schallplatten und Tonband wird aber in dieser Altersgruppe mehr Zeit aufgewendet (vgl. Stolte 1973, S. 114).

Nach Hüther (1975), Stückrath und Schottmayer (1967) be- nützen weibliche Jugendliche weniger das Fernsehen als männliche Jugendliche, weil u. a. die Programme eher den Interessen männlicher Jugendlicher entgegenkommen.

Eine besondere Präferenz für Fernsehen zeigten männliche Jugendliche mit Volksschulbildung ohne Lehre, in der Er- hebung von Stolte: 115 Minuten Fernsehen pro Werktag sind 77 O/O ihres gesamten Medienzeitbudget von 149 Mi- nuten (vgl. dazu Stolte, 1973, S. 122 ff.).

Die Lektüre von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern spielt - wie die Tabelle von Stolte bereits zeigte - eine geringere Rolle als bei Erwachsenen. Hier werden bildungs- spezifische Besonderheiten deutlich. Zwar lesen nach An- gaben aus verschiedenen Untersuchungen über die Hälfte bis Zweidrittel der Jugendlichen täglich eine Zeitung, doch zeigte die Untersuchung von Piezunka, daß z. B. Volks- Schüler die Boulevardpresse (50 %) bevorzugen, die von den Gymnasiasten kaum beachtet wird (7 O/O), da die Mehr- heit (Ca. 50 O/O) ihre Informationen aus einer überregionalen, anspruchsvollen Zeitung bezieht (vgl. dazu auch Hornstein u .a. 1975, S. 194).

Bei der Zeitschriftenlektüre machten Rosenmayr u. a. (1966) den Versuch, Zeitschriften nach Qualitäten einzustufen, in Zeitschriften ,,niedrigen Typs" (Filmillustrierte, Comics, Ro- manheft), Zeitschriften ,,mittleren Typs" (Illustrierte, Wo- chenzeitungen, Digests), Zeitschriften ,, höheren Typs" (technisch-populärwissenschaftliche Zeitschriften, Zeitschrif- ten der Jugendorganisationen sowie literarische, kulturelle und politische Zeitschriften). Differenzen des Leseverhal- tens wurden mit Hilfe dieser Einteilung anschaulich darge- stellt: 40 O/O der höheren Schüler, jedoch 95 O/O der Lehr- linge lesen Zeitschriften ,,niedrigen Typs", 60 O/o der hö- heren Schüler, 22 O/O der Lehrlinge lesen Zeitschriften ,,mitt- leren Typs" und 33 O/O der höheren Schüler, jedoch nur 9 O/o

der Lehrlinge, lesen Zeitschriften ,,höheren Typs".

Im Bücherlesen zeigen sich ebenfalls wieder deutliche Un- terschiede bei den einzelnen Gruppen der Jugendlichen (die im großen und ganzen) Parallelen zu den Lektürege- pflogenheiten bei Zeitungen und Zeitschriften aufweisen (vgl. Rosenmayr u.-a. 1966, S. 145).

Eine Domäne der Jugendlichen ist das Kino, wobei die jüngeren Jahrgänge besonders stark vertreten sind. Von diesen besuchten (it. Emnid/SVR 1971) 34 O/O Öfter oder sehr ofi ein Kino; von den über 55jährigen hingegen gehen knapp Über 1 O/O ins Kino (vgl. Emnid/SVR 1971, Tab. S. 172).

d) Tourismus

Seit den 50er Jahren ist ein stark wachsender Trend in der Entwicklung der Ferienreisen, die Freizeit par excellence sind, festzustellen (vgl. Scheuch 1969, S. 801). Die Reise- intensität der Gesamtbevölkerung in der Bundesrepublik stieg z. B. von 50,i O/o 1973, auf 52,5 O/o 1974 (vgl. Reise- analyse 1974 des Studienkreises für Tourismus 1975).

Die Reiseintensität der Jugendlichen liegt noch beträchtlich über der der Erwachsenen. So ermittelte der Studienkreis für Tourismus, daß 1974 65,8 O/o der 14-lgjährigen und 57,9 O/O der 20-29jährigen in ihrer Freizeit eine Urlaubs- reise durchführten (vgl. Reiseanalyse 1974). Der starke An- teil der Jugendlichen am Tourismus wird u. a. mit ihrem Wunsch erklärt, sich einmal ganz der Einflußnahme der Eltern und des täglichen Milieus zu entziehen sowie mit ihrer Erwartung, im Urlaub ganz bestimmte ,,LebenSchan- cen" verwirklichen zu können (vgl. dazu bes. Kentler, Lei- häuser, Lessing 1969, S. 16 f.). Jugendspezifische Formen des Urlaubsverhaltens untersuchten Kentler u. a. ebd.

Eine sozialhistorische und pädagogische Analyse des Ju- gendtourismus liefert Opaschowski (vgi. Opaschowski 1970).

6. Zum Frelzeltangebot der öffentlichen Hand für Jugend- Ilche

Angebote für Freizeitgestaltung konzentrieren sich vor- nehmlich auf 1. die kommerziellen Angebote von Freizeit- gütern und -inhalten, 2. auf betriebliche Angebote, die für Angehörige großer Betriebe bereitgestellt werden und 3. auf ein äußerst breit gefächertes und wenig Überschaubares ,,öffentliches" Angebot.

,,Sicher genügt es nicht, nur solche Einrichtungen und Ver- anstaltungen zum Angebot der Offentlichen Hand zu zählen, die ausschließlich mit Öffentlichen Geldern finanziert wer- den. Es gibt eine Reihe von Einrichtungen, die ohne die Initiative oder ohne Starthilfe der Offentlichen Hand nicht existieren würden, andere werden aus vielen .,Töpfen" un- terhalten, haben private oder andere Träger, werden aber aus Öffentlichen Mitteln unterstützt" (Prosenc/Höbermann 1970, S. 4).

Im folgenden sollen exemplarisch einige Angebote, die für Jugendliche relevant sind, vorgestellt werden. Eine genaue Bestandsaufnahme und Analyse kann hierbei natürlich nicht geleistet werden. (Eine Vorstudie zu diesem Thema liegt unveröffentlicht von Prosenc/Höbermann 1970 vor, auf die in diesem Zusammenhang zurückgegriffen wird).

Die Angebote beziehen sich auf:

1. den großen Bereich der sog. Outdoor-Recreation (Natur- parks, Naherholungsgebiete u. a.)

2. den Sport

3. und die ganz spezifischen Jugendfreizeitangebote und 4nrichtungen

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zu 1) Dle wachsende Bedeutung des Erholungs- und Frei- Zeitwertes von Grünflächen, Naherholungsgebieten, Parks u. a. wurde verschiedentlich betont (vgl. dazu Jacob-Gol- deck und Jacob 1974). Bund, Länder und Gemeinden haben dem in den letzten Jahren durch zahlreiche Initiativen und Gesetze Rechnung zu tragen versucht (vgl. dazu Kap. A Prosenc/Höbermann 1 970).

Bedeutung haben in den letzen Jahren vornehmlich die Naturparkprogramme (der Länder), die Bundesgarten- schauen und die Revierparks des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk gewonnen. So sind letztere direkt mit einem ,,Freizeitprogramm" ausgestattet, das u. a. Sport-, Spiel-, Unterhaltungs- und Hobbymöglichkeiten der ver- schiedensten Art bietet (zu näheren Einzelheiten vgl. Pro- senc/Höbermann 1970, S. 39 ff, vgl. auch SVR u. DGF, 1974).

zu 2) Im Sportsektor sind vor allem Intentionen über die Sportvereine und Dachverbände im Gange, möglichst brei- te Bevölkerungsgruppen für Sportaktivitäten in der Freizeit zu gewinnen; dementsprechend werden auf lokaler Ebene Angebote ausgearbeitet. Den Kommunen wird empfohlen (Richtlinien des Deutschen Städtetags). Veranstaltungen und Einrichtungen der Turn- und Sportvereine zu fördern, aber keine Konkurrenzunternehmen aufzubauen. Zukünftig sollten demnach die Jugend- und Freizeitheime so ange- legt werden, daß Möglichkeiten für Sport im Freien gege- ben sind. Erwähnt seien noch die vom Deutschen Sport- bund (DSB) stark geförderten Werbeaktionen ,,Der zweite Weg" (vermehrtes Sportangebot Über die Vereine; s. o.) und Aktion ,,Trimm Dich". Diese Aktionen erhielten auch finanzielle Unterstützung durch die Bundesregierung (zu den Mitgliedszahlen in den Sportvereinen vgl. auch Sta- tistisches Jahrbuch 1974, S. 106).

zu 3) Als ausschließliche Einrichtungen für Jugendliche können die Jugendfreizeitheime angesehen werden (manch- mal auch Jugendfreizeitstätten oder Häuser der offenen Tür genannt).

,,Freizeitheime sind lokalisierte Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit in einer bestimmten sozial-ökologischen Umwelt, die Bedingungen für die Arbeit stellt; sie halten durch ihre relativ feste institutionelle Ausprägung ein kon- tinuierliches und langfristig verfügbares Angebot bereit, das dennoch nidit durch institutionalisierte Zielsetzungen fixiert ist, sondern relativ unbestimmt ist; die Angebote, die sich auf das gesamte Feld geselliger Kommunikation erstrecken, sind differenziert; die Freiwilligkeit der Teil- nahme konstituiert einerseits eine informelle Struktur des pädagogischen Feldes; Freizeitheime sind tendenziell für alle Jugendlichen offen; die Leitung auch in pädagogischer Hinsicht obliegt hauptamtlichen Angestellten" (vgl. Horn- stein u. a. 1975, S. 163).

Außer den Jugendverbänden der beiden großen Kirchen (BdKJ, AEJ), den Kommunen und dem CVJM fungieren als Träger: Freikirchen, Nachbarschaftsheimvereine, die so-

zialistische Jugend - Die Falken sowie die durch Initiative Jugendlicher mit dem Ziel der Selbstverwaltung in den letzten Jahren entstandenen Jugendzentren (vgl. Er1 1968, LÜdtke/Grauer 1973, SchöningRhode 1974). In der kom- munalen Jugendpolitik werden Freizeitheime als vorrangig jugendpflegerische MaSnahmen angesehen und sie neh- men in der öffentlichen Förderung durch Bundes- und Lan- desjugendpläne einen wichtigen Platz ein.

So wurden in den letzten Jahren Jugendfreizeitheime und -verbandsheime aus Öffentlichen Mitteln wie folgt geför- dert:

Tabelle 2: Förderungen von Einrichtungen für Jugendliche __ in Mill. DM

1970 1971 1972

Jugendverbands- und gruppenheime 12 763 13 732 13 614

Jugendfreizeit- Stätten 2 ô59 2 937 3 128

Quelle: Statistisches Jahrbuch 1974, S. 392

(Ober aufgewendete Mittel vgl. weiter Westphal 1970, Syn- opse der Landesjugendpläne hrsg. v. d. Jugendbehörde Hamburg, 1969).

Durch den Bundesjugendplan erfahren die Modelleinrich- tungen von Jugendfreizeitstätten eine besondere Förde- rung (vgl. dazu auch Er1 1968). Die Anzahl der Jugendfrei- zeitheime belief sich nach der Untersuchung von LÜdtke/ Grauer Ende der 60er Jahre auf Ca. 1200. Inzwischen dürfte sich die Zahl aber erhöht haben. In der prozentualen Ver- teilung auf Bundesländer ermittelte Grauer folgende Rei- .-

henfolge: Nordrhein-Westfalen, Berlin, Baden-WÜrttem- berg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Hamburg, Schles- wig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Saarland, Bremen (vgl. LÜdtke/Grauer 1973, S. 242). Freizeitheime sind überpro- portional zur Bevölkerungsverteilung auf größere Wohnorte verteilt.

liberproportional sind bei den Besuchern die 15 - 19jäh- rigen vertreten und das Verhältnis der männlichen Besucher zu den weiblichen ist dabei 3:l. Diese Relation bestätigt ähnliche geschlechtsspezifische Unterschiede der Teil- nahme an Jugendarbeit allgemein (vgl. LÜdtke/Grauer 1973, Rüdiger 1970).

Zu den erwähnten, in freier Initiative entstandenen Jugend- zentren liegen weniger Angaben vor. Ihre Zahl wird auf Ca. 800 geschätzt; sie befinden sich hauptsächlich in Ba- den-Württemberg, Hessen und Berlin (vgl. dazu auch die vom Süddeutschen Rundfunk erstellte Adressenliste, Stutt- gart um 1972R3, vgl. ebenfalls SchöningTThode 1974).

Zu den mit öffentlichen Mitteln geförderten Einrichtungen und MaBnahmen zählen darüber hinaus noch Spielplätze,

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Abenteuerspielplätze und die 600 Jugendherbergen der Einen relativ wichtigen Platz nehmen ferner noch die öf- Bundesrepublik. (Allerdings ist es hier schwierig, aus den fentlich geförderten Familienferienstätten ein, die sich in der Literatur global genannten Förderungsmitteln die hauptsächlich auf 5 Trägergruppen konzentrieren. (vgl. einzelnen Posten auszumachen). Heinlein 1972 und Verzeichnis der Familienferienstätten

Weitere Freizeitangebote werden durch Jugendverbände - mit unterschiedlichen Schwerpunkten - gegeben. Dazu ge- hören vor allem:

Politische Bildung Kulturelle und Musische Bildung Wandern und Zelten Soziale Dienste und Aktionen Internationale Begegnung

Auf dem Gebiet der internationalen Begegnung wirken ne- ben den Jugendverbänden auf Bundesebene vorwiegend: IJAB (Internationaler Jugendaustausch- und Besucherdienst der Bundesrepublik), das erst kürzlich gegründete Europäi- sche Jugendwerk und weitere durch bilaterale Abkommen mit der Bundesregierung zustandegekommene Einrichtun- gen (z. B. Deutsch-Französisches Jugendwerk, u. a.).

Die internationale Jugendarbeit erhält von den geförderten Maßnahmen den relativ größten Anteil. So weist z. B. der 21. Bundesjugendplan für diesen Komplex Ca. 15,5 Mill. DM aus, wobei den in Abkommen festgelegten Einrichtun- gen fast die Hälfte der Mittel zukommt (vgi. Westphal 1970,

Im Bereich der kulturellen und musischen Bildung gibt es ebenfalls eine Reihe von Institutionen, die sich ausschließ- lich an jugendliche Adressaten wenden und öffentlich ge- fördert werden. Es sind dies vor allem:

Arbeitsgemeinschaft für Musikerziehung und Jugendpflege Arbeitskreis für Haus- und Jugendmusik Arbeitskreis Junge Musik Arbeitsgemeinschaft Musik in der Evangelischen Jugend Musikalische Jugend Deutschlands Werkgemeinschaft Lied und Musik

s. 492/493).

1970171 hrcg. vom BMJFG und auch 2. Familienbericht der Bundesregierung vom BMJRG 1975).

Insgesamt ist das Angebot der Öffentlichen Hand für die Freizeitgestaltung Jugendlicher sehr unübersichtlich und schwer strukturierbar. Bewerten ließen sich einzelne Maß- nahmen allenfalls nach Teilnehmerzahl und Maß der fi- nanziellen Förderung. Hier wurden das Spektrum Jugend- verbandsarbeit und die Jugendfreizeitstätten als erwäh- nenswert betrachtet. Natürlich wird nur eine Minderheit von Jugendlichen von dem ,,öffentlichen Angebot" erreicht. Inwieweit sich das ändern Iäßt, hängt nicht zuletzt von der Schaffung neuer bzw. anderer Angebote und der schwer- punktmäßigen finanziellen Förderung ab.

7. Zusammenfassung

Für das Thema Jugend und Freizeit ergeben sich Beonder- heiten, die - vorausgesetzt man hat sich auf einen ver- bindlichen Jugendbegriff geeinigt - hauptsächlich in der Feststellung der Inhalte, Funktionen und sozialen Orte von Freizeit zu liegen scheinen. Nicht nur den Schülern und Studierenden, sondern auch einem Teil der arbeitenden Ju- gend, den Lehrlingen, wird der Status des Lernenden zu- geschrieben und zahlreiche Aktivitäten der Freizeit enthal- ten Sinn und Funktion nur im Zusammenhang mit der Lern- situation. Darüber hinaus ist aber jeder Jugendliche Lernen- der in einem weiteren Sinne: in die nicht von schulischen und betrieblichen Pflichten in Anspruch genommene Zeit fallen Aktivitäten wie Spiel, die Entwicklung und Ausprä- gung von Neigungen und Interessen, Kommunikation mit Gleichaltrigen, die Einübung in den Umgang mit den ent- stehenden sexuellen Bedürfnissen und die Entwicklung adäquater Kommunikationsformen. In der vorliegenden Literatur scheinen diese Felder nur un- zureichend erfaßt und in den großen Erhebungen fehlen meist wichtige Informationen über Korrelationen zu den je- weiligen sozialen Bedingungen. Manche Sektoren fehlen ganz. So kommt die Frage nach Freizeitbedürfnissen und

Bundesarbeitsgemeinschaft Spiel in der Jugend

Katholische Arbeitsgemeinschaft Spiel

-interessen nur ganz am Rande vor. Informationen ZU typi- schen Freizeitangeboten und -maßnahmen für Jugendliche

Zum ..Freizeitverhalten" lieat wiederum eine Fülle von Ein-

Arbeitsgemeinschaft 'piel in der Evangelischen Jugend finden si& nur verstreut und Iü&enhafi in der Literatur.

Bundesarbeitsgemeinschaft Jugend fotografiert Arbeitskreis für Jugendschrifttum Wettbewerb Jugend musiziert

zeldaten vor, die aber wesen ihrer Heterogenität schwer miteinander zu verknüpfen sind. Auf dieser Materialbasis lassen sich auch kaum sichere Entwicklungstrends progno- stizieren. Aus diesem Grund wurden hauptsächlich Daten und An- gaben aus emDiri&en Arbeiten der letzten Jahre zu aus-

Wettbewerb Deutscher Fotopreis Wettbewerb OREX Originelles und eXper¡mentelleS Werken (vgi. ProsendHöbermann 1970)

AUS der Förderung und den Mitgliedszahlen ¡St allerdings zu schließen, daß diesen Institutionen quantitativ keine gro- Be Bedeutung zukommt.

gewählten Komplexen des Freizeitverhaltens Jugendlicher vorgestellt, die allerdings einen Einblick in einen Teil von Lebensgewohnheiten Jugendlicher ermöglichen und in der Form ihrer Zusammenfassung auf relevante Literatur aus dem Sektor Jugend und Freizeit verweisen.

58

8. Uteratunerzdchnls Erl, W.: Modelleinrichtungen von Jugendfreizeitstätten in der Bundesrepublik Deutschland München: Deutsches Jugendinstitut, 1968

Heinlein, 6.: Familienreisen in Deutschland. Nachfrage- und Ange- botsstruktur bei Familienferienstätten München, 1972

Hornstein, W.; Schefold, W.; Schmeiser, G.; Stackebrandt, J.: Lernen im Jugendalter - Ergebnisse, Fragestellungen

(Gutachten erstellt im Auftrag der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrats) Stuttgart, 1975

und Probleme sozialwissenschaftlicher Forschung .. .

Hüther, J.: Sozialisation durch Massenmedien. Ziele, Methoden, Ergebnisse einer medienbezogenen Jugendkunde Opladen, 1975

Jacob-Golde&, M.; Jacob, H.: Aspekte der Freizeitnutzung grünbestimmter Freiräume In: Freizeit Schmitz-Schemer (Hrsg.) Frankfurt, 1974

Jugendbehörde Hamburg (Hrsg.): Synopse der Landesjugendpläne Hamburg, 1969

Jugendwerk der Deutschen Shell (Hrsg.):

Jugend zwischen 13 und 24. - Vergleich über 20 Jahre - I Emnid, Bielefeld 1975

Kentler, H.; Leithäuser, T.; Lessing, H.: Jugend im Urlaub Weinheim, 1969

Lüdtke, H.: Jugendliche in organisierter Freizeit. Ihr soziales Be- zugs- und Motivationsfeld als Variable des inneren Sy- stems von Jugendfreizeitheimen Weinheim, 1972

Lüdtke, H.: Freizeit in der Industriegesellschaft. Emanzipation oder Anpassung? Opladen, 1972

Lüdtke, H.; Grauer, G.: Jugend - Freizeit - ,,Offene Tür" Methoden und Daten der empirischen Erhebung in Ju- gendfreizeitheimen Weinheim, 1973

Blücher, V. Graf: Die Generation der Unbefangenen Düsseldorf. 1966

Blücher, V. Graf: Stellungnahme zum Projektvorschlag des Batelle-In- stituts: Prognosen Über Freizeit und Freizeitverhalten 1985 Gutachten im Auftrag des DJI Unveröffentlichtes Manuskript, 1973

Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit (Hrsg.):

Verzeichnis der Familienferienstätten 1970/71 Bonn, 1971

Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit (Hrsg.):

Zweiter Familienbericht der Bundesregierung Bonn, 1975

Dieckert, J. (Hrsg.): Freizeitsport, Aufgaben und Chancen für jedermann Düsseldorf, 1974

Domke, H.: Die Freizeit der Berufsschuljugend - eine empirische Untersuchung an 5 Berufsgruppen Dissertation Nürnberg, 1970

Emnid: Jugend - Bildung und Freizeit Dritte Untersuchung zur Situation der deutschen Jugend im Bundesgebiet Bearbeitet von V. Graf Blücher Bielefeld: Emnid, 1966

Emnid: Freizeif und Privatleben - Veränderung von Lebensbe- dingungen, Wohnfunktion und Bedürfnislage im Gefolge der wachsenden Freizeit Standard-Erhebung Bielefeld: Emnid. 1969

Emnid: Freizeit im Ruhrgebiet Untersuchung über das Freizeitverhalten und die Frei- zeitbedürfnisse der Bevölkerung Bielefeld: Emnid, 1971

Emnid: Freizeitbedingungen und Freizeitentwicklungen 1972í73 Bielefeld: Emnid, 1973

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Miksch, J.: Jugend und Freizeit in der DDR Opladen, 1972

In Jugendclubs und Tanzlokalen München, 1968

Die junge Generation Opladen, 1967

Opaschowski, H.: Jugendauslandsreisen Neuwied, 1970

Landjugend im sozialen Wandel München, ?9?Q

Müller, C. W.; Nimmermann, P.:

Neidhardt, F.:

Planck, U.:

Platz, E.: Freizeitverhältnisse und Freizeitverhalten der Jugend- lichen auf dem Lande Dissertation Hohenheim, 1971

Prosenc, M.; Höbermann, F.: Das Freizeitangebot der Öffentlichen Hand Unveröffentlichtes Manuskript des Seminars für Sozial- wissenschaften der Universität Hamburg Hamburg, 1970

Rosenmayr, L. u. a.: Kulturelle Interessen von Jugendlichen München, Wien 1966

Rüdiger, H.: Angebotener Freizeitraum. Systematische Beobachtun- gen zum Verhältnis von Freizeitraum und jugendlicher Besucherschaft der Freizeitstätten einer süddeutschen Mitteistadt München: Deutsches Jugendinstitut, 1970

Schelsky, H.: Die skeptische Generation. Eine Soziologie der deut- schen Jugend Düsseldorf, 1957

Saheuah, E. K.: Soziologie der Freizeit In: Handbuch der Empirischen Sozlalforschung, Band II König, R. (Hrsg.) Stuttgart, 1969, S. 735-799

Schilling, J.: Jugend und Freizeit. Elne kritische Analyse empirischer Arbeiten Tübingen, 1973

Sahmitz-Scherzer, R.; Rudinger, G.: Anmerkungen zu einigen methodischen Problemen in der Freizeitforschung In: Freizeit Schmitz-Scherzer, R. (Hrsg.) Frankfurt, 1974, S. 7 - 14

Schmitz7Scherzer, R.; Rudinger, G.; Angleitner, A.: Zur Situation von Freizeitaktivitäten. Eine Re-Analyse der Daten einer Untersuchung von Emnid im Auftrag des SVR In: Freizeit Schmitz-Schemer, R. (Hrsg.) Frankfurt, 1974, S. 169 - 196

Schmitz-Scherzer, R.: Sozialpsychologie der Freizeit Stuttgari- 1924

Schöning, G.; Krähe, H.: Zur Freizeitsituation von Kindern und Jugendlichen München: Kreisjugendring (Hrsg.), 1974

Schöning, G.; Thode, H.: Jugendzentren und emanzipatorische Jugendarbeit München: Bayerischer Jugendring, 1974 Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutsch- land 1974 Stuttgart, 1974

Stolte, D. (Hrsg.): Das Fernsehen und sein Publikum Studien zum Tagesablauf 1970 -71 Mainz, 1973

Studienkreis für Tourismus: Reiseanalyse 1974 Starnberg, 1975 (hier zitiert aus unveröffentlichtem Manuskript)

SVR und DGF (Hrsg.): Freizeit ‘74 Düsseldorf, 1974

Wachler, D.: Das verlängerte Wochenende in seinen Wirkungen auf Familie und Haushalt Düsseldorf, 1972

Westphal, H. u. a.: 20 Jahre Bundesjugendplan Deutsche Jugend 11í1970

Wurzbacher, G.: Gesellungsformen der Jugend München, 1960

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Neues vom Büchermarkt

Fred Blum

Der lndwtrlalirlerte Mensdi

Seine Einstellung zu Religion und Gesell- schaft, aus dem Englischen übertragen von Traude Banndorff, Reihe, ,,Böhlaus wis- senschaftliche Bibliothek", herausgegeben von Jakobus Wössner, Verlag Hermann Böhlaus Nachf., Wien, Köln, Graz 1973, 262 Seiten. brosch. DM 48,-

Bis zu welchem Grad ist bei Menschen, die der Industriegesellschaft angehören, reli- giöses Bewußtsein vorhanden? Welche Vor- stellungen haben sie von der Gesellschaft? Auf welche Weise nehmen sie an sozialen Prozessen teil?

Der Autor versucht mit Hilfe eines umfang- reichen Fragenkataloges grundlegende menschliche Probleme der modernen In- dustriegesellschaft zu analysieren und rnit- tels zahlreicher Interviews und Beobach- tungen Aufschlüsse Über die Verschieden- artigkeit individueller Erfahrungen zu er- halten. Geschäftsführer und Techniker, BÜ- roangestellte und Fabrikarbeiter diskutie- ren sowohl über Gott, Jesus Christus und Letzte Dinge als auch über Kapitalismus, Sozialismus, Demokratie und Parteien. Ihre Antworten ergeben ein informatives, fas- zinierendes Bild über das religiöse Be- wußtsein des modernen Menschen und dessen Einstellung zur Gesellschaft.

Anton Burghardt

Lehrbuch der Betriebreozlologle

Reihe, ,.Böhlaus wissenschaftliche Biblio- thek", herausgegeben von Jakobus Wöss- ner, Verlag Hermann Böhlaus Nachf., Wien, Köln. Graz 1974, 181 Seiten, brosch. DM 20,-

In diesem Buch wird der komplexe Stoff der Betriebssoziologie synthetisch, das heißt unter Einbeziehung der relevanten betriebswirtschaftlichen, rnakroökonomi- schen und arbeitsrechtlichen Elemente, dargestellt. Zu diesem Zweck wird nicht nur der konventionelle Kern der Betriebs- soziologie erörtert; auch der sozioökono- mische Hintergrund des Betriebes, das Phänomen der Re'präsentation und die Ei- genführung der Belegschaft werden aus- führlich diskutiert. Ein weiteres Kapitel ist der Soziologie der industriellen Arbeit ge- widmet. Abschließend befaßt sich der Au- tor an Hand von ausgewählten Beispielen mit Untersuchungs- (Anwendungs-) Berei- chen der Betriebssoziologie, wie etwa Ar- beitsleistung, Fluktuation und Sozialer Ra- tionalisierung.

David Silvenann

Theorie der Organiratlonen

Soziologische Aspekte zu System, Bürokra- tie und Management, aus dem Englischen übertragen von E. Entlicher, Reihe, ,,Böh- laus wissenschaftliche Bibliothek", heraus- gegeben von Jakobus Wössner, Verlag Hermann Böhlaus Nachf., Wien, Köln, Graz 1972, 228 Seiten, brosch. DM 28,-

Wirtschaft. Parteien, Glaubensgemeinschaf- ten, Verbände, Militär, Bildungswesen etc. suchen heute geradezu nach einer ,.ganz- heitlichen" Darstellung ihrer jeweiligen Sy- stemerfordernisse. Hier bietet sich die Or- ganisationssoziologie schon deswegen an, da sie nicht nur das Innenverhältnis der jeweiligen Organisation durchleuchtet, son- dern auch deren Zusammenhänge rnit an- deren Organisationen des gesellschaft- lichen Lebens interpretiert.

Dieses Buch zeichnet sich durch Einarbei- tung soziologischer Theorien in die Or- ganisationssoziologie aus und entwickelt kritisch die Verschiedenen Ansätze auf der Grundlage des handlungstheoretischen An- satzes zu einer eigenen Sichtweise. Dabei werden sowohl das Integrations- wie auch das Konfliktmodell eingehend diskutiert; ebenso wird der spieltheoretische Ansatz in Betracht gezogen.

Gerd Kadelbach (Hrsg.)

Blldungrfragen der Gegenwart - Krltlken, Modelle, Alternatlven

Reihe, ..Fischer Athenäum Taschenbücher - Erziehungswissenschaft", Band 3001, Athenäum Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/Main 1974, 272 Seiten, kart. DM 8,80

,,Bildungsfragen der Gegenwart" hieß eine Sendereihe des Hessischen Rundfunks, in der namhafte Theoretiker und Praktiker der modernen Erziehungswissenschaft, aber auch begabte Pädagogik-Studenten und Funkvolontäre zu Wort kamen. Bildungs- notstand, Bildungsreform, die modernen Medien und ihre Bedeutung für die Pädago- gik, Hochschulpolitik und Hochschuldidak- tik, die Struktur der politischen Bildung, Normen und Methoden der Sexualpädago- gik, Neuorientierung der Vorschulerziehung, Entwurf. Entwicklung und Erprobung von Gesamtschulen und Gesamthochschulen sind nur einige der behandelten Themen. Anlaß und Motiv für die Auswahl dieser Themen sind Kongresse, neue Publikatio- nen aus dem Bereich der Erziehungswis- senschaften und der ihnen verwandten Dis-

ziplinen, aktuelle, in der t)ffentlichkeit kon- trovers diskutierte Ereignisse auf dem Bil- dungssektor und nicht zuletzt die Arbeit der verschiedenen Bildungsinstitutionen. Die vergleichende Analyse, auch auf internatio- naler Ebene, war und ist dabei ein wichti- ges methodisches Prinzip dieser Sende- reihe, denn erst sie schafft Werímaßstäbe und Beurteilungsnormen zur Gewinnung einer eigenen Position.

Die Auswahl, die in diesem Band vorgelegt wird, beschränkt sich auf Beiträge aus den letzten drei Jahren. Drei besonders inter- essante Bereiche der Programmkonzeption. nämlich ,,Methoden der Pädagogik und ihre Kritik", "Internationaler Vergleich" und ,,Re- formansätze" werden gleichgewichtig zur Diskussion gestellt.

-'

Egon Barres

Dar Vorurteil In Theorie und Wlrklichkelt

Ein didaktischer Leitfaden für Sozialkunde- Unterricht und politische Bildungsarbeit, Leske Verlag, Opladen 1974, 136 Seiten, kart. DM 12,-

In diesem Werk fast der Autor die wichtig- ste deutsche und amerikanische Literatur zur Vorurteilsproblernatik zusammen. Die systematischen Darstellungen und Analysen bieten für den Sozialkundeunterricht an Schulen und für die politische Bildungsar- beit einen Leitfaden zur Behandlung der Vorurteilsproblematik.

Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte in Westeuropa und in den Oststaaten ebenso wie in den Entwicklungsländern zeigen, da8 noch immer das traditionelle Denken in I Kategorien von ,,Stamm" oder ,,Rasse" vor- herrscht und mit heftigen Gefühlen und Affekten verbunden ist. Auch die nüchterne Beobachtung zwischenmenschlichen Ge- schehens im Alltag weist immer wieder auf Denkweisen hin, die der Entwicklung von Vorurteilen im engeren privaten und beruf- lichen Lebensbereich Vorschub leisten, sei es in der Wahrnehmung und Beurteilung einzelner Personen oder Gruppen, sei es in manifesten Handlungen und Verhaltenswei- sen, die sich aus solchen sozialen Urteils- Prozessen ergeben und nicht selten dann die psycho-sozialen Grundlagen für das Aufflammen heftiger sozialer Konflikte und Diskriminierungen bilden.

Die Notwendigkeit und Wichtigkeit, die Vor- urteilsproblematik als Denk- und Diskussi- onsgegenstand zu thematisieren, ergibt sich jedoch nicht nur aus diesen ,,existentiellen" und moralischen Bezügen des menschlichen Daseins. Sie kann auch aus der didakti- schen Reflexion Über bestimmte Lernstoffe hergeleitet werden.

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Relnhard Crusius / Bemd Einsle / Manfred Wilke

Krankenpfl.9..cM1ior In dor Aurbildung

Forschungsbericht. Band 5 der .Hamburger Lehrlingsstudie' der Hochschule für Wirt- schaft und Politik, Hamburg, Verlag Deut- sches Jugendinstitut, München 1974, 293 Seiten, kart. DM 18,-

Die vorliegende Untersuchung wurde im Rahmen der .Hamburger Lehrlingsstudie' veröffentlicht. Es liegt ihr eine Spezialerhe- bung in allen staatlichen Krankenpflege- schulen Hamburgs zugrunde, die mit einem Überarbeiteten und ergänzten Fragebogen der Hauptuntersuchung durchgeführt wurde. Erarbeitung des Fragebogens, Durchfüh- rung der Erhebung und Auswertung fand in enger Zusammenarbeit mit der Hamburger Gesundheitsbehörde, der Gewerkschaft OTV sowie Schülern, Schwestern und Pfle- gern, Lehrpersonal und Arzten statt.

Die befragte Gruppe wurde total erfaßt und ausgewertet. Die Ergebnisse können auf- grund der strukturellen Vergleichbarkeit der Ausbildungsbedingungen als repräsentativ auch für die Ausbildung des Krankenpflege- personals in nichtstaatlichen Krankenhäu- sern gelten.

Die Krsnkenpflegeschüier-Untersuchung er- gänzt die Hauptuntersuchung (Hamburger Lehrlingsstudie) in zweierlei Hinsicht: Die Ausbildung der hier befragten Schüler fin- det zwar in gewisser Weise .dual' statt (Praxis im Arbeitsprozeß, Theorie in ge- sonderter Schule). Beide Bereiche befinden sich aber ganz in der Verantwortlichkeit des Staates, also innerhalb ein und derselben Rechtssphäre. AuBerdem ist der ,,Lemort: Arbeitsplatz", nämlich das Krankenhaus, viel stärker und grundsätzlicher in die Öf- fentliche Kritik geraten als der .LernOrt: Betrieb" und zwar unabhängig von Ausbil- dungsfragen. Die Ausbildung des Kranken- pflegepersonals steht somit im Schnittpunkt zweier Reformdiskussionen und damit wis- senschaftlicher Forschungsinteressen: der allgemeinen Dlskussion über eine Reform der Berufsausbildung und der Diskussion Über eine Reform des Gesundheitswesens, speziell des bundesdeutschen Krankenhau- ses und seiner inneren Struktur.

Auf diesem Hintergrund IäBt sich zu den Ergebnissen der 'vorliegenden Untenu- chung das Folgende als wesentlich heraus- stellen: insgesamt Ist die Ausbildung der Krankenpflegeschiller etwas besser als im Durchschnitt die Ausblldung der Lehrlinge im .dualem System'. Berüdcsichtigt man aber die Tataache, da8 hier ffir einen hoch- qualifizierten Beruf auageblldet wird und

da8 gute organisatorische Voraussetzungen gegeben sind (räumliche und rechtliche Einheit der Lernorte). so ergeben die auch hier durchgängig festgestellten Mängel und Qualitätsunterschiede zwlschen den einzel- nen Lernorten doch ein sehr unbefriedigen- des Bild. Die Identifikation mit dem ge- wählten Beruf bei dieser Gruppe ist über- durchschnittlich hoch. Diese Voraussetzung wird aber kaum produktiv genutzt. So zeigt sich, daß die Alleinverantwortlichkeit staat- licher Instanzen von sich aus noch keine Garantie für eine gute Berufsausbildung ist.

Heinz Epskamp

Forîblldungdnteresw und Berufsemarhin- gen der Lehrilnge

Forschungsbericht. Band 4 der "Hamburger Lehrlingsstudie" der Hochschule für Wirt- schaft und Politik, Hamburg, Verlag Deut- sches Jugendinstitut, München 1974, 185 Seiten, kart. DM 13,-

Der Status und das BewuBtsein des Auszu- bildenden ist bestimmt durch die verschie- denen Rollen, die er als Kind, Jugendlicher, Lehrling bzw. Anlernling gespielt hat oder noch spielt. Welche zukünftige Biografie erwartet oder entwirft der Auszubildende aufgrund des bereits Erfahrenen? Diese Frage zu beantworten, ist das Ziel dieses Teils der Hamburger Lehrlingsstudie. Die Antwort darauf wird in dem folgenden Be- zugsrahmen gesucht.

Zwei in bezug auf die Fragestellung unab- hängige Variablenkomplexe, soziostruktu- relle Bedingungen und soziale Einstellun- gen, werden in diesem Bezugsrahrnen dem dritten Variablenkomplex, von den ersteren abhängigem, nämlich der Zukunftsperspek- tive gegenübergestellt:

1. Soziale Herkunft und soziale Position - Geschlecht und Alter - Eigene Schulbildung - Beruf und Schulbildung der Eltern - Verkehrskreis - Lehrberuf und Lehrbetrieb - Lehrjahr

2. Soziales Bewuûtsein - Gesellschaftsbild - Politische Einstellungen - Definition der eigenen Situation

3. Erwartete und geplante Biografie -Art und Intensität des Interesses an

- Aufstiegserwartungen im Beruf - Anforderungen an den zukünftigen Be-

Fortbildung

ruf

Wie in allen Untersuchungen, in denen Ein- stelungsmuster eine Rolle spielen, ist es auch hier nicht möglich, einfache Kausal- hypothesen zu entwickeln; vielmehr geht es darum, typische Syndrome vor allem in den Komplexen 2 und 3 ZU konstruieren und sie insgesamt auf die .objektiven' Daten des Komplexes 1 zu beziehen.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsfor- schung der Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.) Llteraîurdokumenlatlon zur Arbeltmarkt- und Benifrforrchung 1974

Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg 1974, 1412 Seiten, kart. DM 20,-

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufs- forschung der Bundesanstalt für Arbeit hat die Ausgabe 1974 seiner ,,Literaturdoku- mentation zur Arbeitsmarkt- und Berufsfor- schung' vorgelegt, die Auskunft Über mehr als 2ooo Monographien und Zeitschriften- aufsätze dieses Forschungsgebietes gibt.

Die Literatur zur Arbeitsmarkt- und Berufs- forschung ist über zahlreiche Zeitschriften verstreut, da zu diesem problembezogenen Forschungsgebiet mehrere Wissenschafts- disziplinen beitragen: Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Soziologie, Psy- chologie, Ergonomie, Technologie. Arbeits- medizin u. a. m. Für den Wissenschaftler, den Politiker wie für die interessierte Of- fentlichkeit ist es daher von großem Nut- zen, wenn die einschlägige Literatur durch solche Dokumentationen .Überschaubar' gemacht wird.

Die Literaturdokumentation weist zahlrei- che nicht im Buchhandel erhältliche und in den gängigen Bibliographien nicht enthal- tene Forschungsberichte nach. Die Litera- turnachweise sind durch inhaltsreferate so- wie durch Verfasser-Register, Titel-Reg ister, Schlagwort-Register, Geographisches Re- gister, Systematisches Register, Zeitschrlf- ten-Register und Serienregister erschlos- sen.

Reiner Lochmann

Sozlale Lage, Geschi.aitarolle und Schul- iaufbahn von Arbeitertöchkrn

Empirische Untersuchung zum EinfluB ge- schlechtsspezifischer Rollenbilder auf den Obergang von Arbeitertöchtern in weiter- führende Schulen, .Beltz Monographien - Soziologie", Verlag Julius Beltz. Weinheim. Basel 1974, 384 Seiten, brosch. DM 38,-

Die Rollendefinitionen von Arbeitertöchtern und ihren Sozialisationsagenten werden als Relationsbegriffe aufgefast mischen der sozialen Ausgangslage - be3timmt durch

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dle Schicht- und Geschlechtsposition - el- nerseits und dem Bildungssystem als eine ReproduKlionsstätte der bestehenden Ord- nung andererseits. Dazu werden die mit dem gesellschaftlichen Ort von Arbeitervä- tern, Arbeitertöchtern und deren Lehrern verbundenen Einstellungen, Erwartungen, praktischen Lebensstrategien und Ideolo- gien erhoben, soweit sie durch die familia- ren und schulischen Sozialisationsprozesse Gewicht für das Mädchen erlangen. Auch wenn die individuellen Aspekte der Wirk- lichkeitskonstruktion und des Verhaltens im Bildungsbereich hervorgehoben sind, wird auf die gemeinsame typische Erfahrungs- welt von Arbeitertöchtern verwiesen. Die Studie gibt detaillierte und überprüfte Infor- mationen über die Prägung des weiblichen Soziaicharakters in der Arbeiterschicht und steuert Thesen bei zur Diskussion der Fra- ge der Gleichheit der Bildungschancen, der Emanzipation der Frau und der benachtei- ligten Schichten.

Regina Dröli /Dieter Dröll

Karrieren

10 O00 Lebensläufe auf dem Prüfstand. Wel- che Faktoren bestimmen den Berufsweg? Societäts-Verlag, Frankfurt 1974, 685 Sei- ten mit rund 200 Tabellen, Leinen DM 48,-

Das große Unbehagen an der eigenen Kar- riere, der unerfüllte Traum von Erfolg, die Angst vor der Zukunft bedrücken heute viele Fach- und Führungskräfte. Viele möch- ten abspringen, noch einmal von vorne an- fangen, alles ganz anders machen, heraus aus der Zwangsläufigkeit ihres Lebenslau- fes. Aber Lebensläufe sind irreversibel. Je- der Schritt zählt. Eine Umkehr ist in der Regel nicht möglich. Welche Faktoren be- stimmen so unwiderruflich den Berufsweg? Diese zentrale Frage beantwortet das Buch. Zum erstenmal werden hier mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung 10000 Le- bensläufe von Aufsteigern des Berufslebens entschlüsselt und statistisch erfaßt und ana- lysiert: damit wird ein aufschlußreiches Bild jener Gruppe aus dem Arbeitsleben vermit- telt, die sich anschickt, in Führungsaufga- ben hineinzuwachsen. Wie aber sind sie dorthin gelangt? Waren es Zufälle, im gün- stigen Fall sogar eine Häufung davon - oder waren es programmierte Lebensent- schlüsse, die den Weg der Bewerber be- stimmt haben? Es zeigen sich bestimmte GesetzmäEigkeiten. Vieldiskutierte Vorgän- ge, wie die einer zweiten Ausbildung - und welcher ist im bestimmten Fall der Vorzug zu geben? - erfahren hier eine Ausdeu- tung. Das Buch vermittelt grundlegend neue Erkenntnisse zu aktuellen Fragen der Berufsausbildung.

Margarete Bernhardt f Monika Bõttlger f H. Dieter van Holst / Gabriele Kaczenskl / Klaus-Günther Weigelt

Sozlaleo Lernen In der Geramtrdiule

Eine empirische Studie, Reihe, ,,Juventa Materialien", Band 14, Juventa Verlag, Mün- chen 1974, 176 Seiten, brosch. DM 14,-

Zu zwei aktuellen Themen bringt diese an einer integrierten Gesamtschule in Frank- furt durchgeführte wissenschaftliche Be- gleituntersuchung aufschlußreiche Ergeb- nisse: zur Frage, ob die Gesamtschule zur erstrebten Demokratisierung des Schulsy- stems führen kann, und zum allgemeinen Problem struktureller Prämissen für soziale Lernprozesse. In einem ersten Teil werden die Probleme des Kurssystems untersucht, die Auswirkungen der Leistungsdifferenzie- rung auf die sozialen Beziehungen und die Möglichkeiten eines Abbaus von Barrieren zwischen den sozialen Schichten.

Ein zweiter Komplex befaßt sich mit der Konfliktfähigkeit als einer Bedingung eman- zipatorischen Verhaltens und Überprüft die sich in der Schule entwickelnden Einstel- lungen zu sozialem Verhalten. Es wird un- tersucht, wie die Schüler selbst ihre Schule einschätzen und welche Faktoren dabel eine Rolle spielen. Die Zusammenfassung zeigt, welche Konsequenzen sich aus der Untersuchung für eine demokratische Schulreform ergeben.

Jürgen Fritz

Gruppendynamlk und Jugendarbelt

.,Juventa Paperbad<', Juventa Verlag, Mün- chen 1973,168 Seiten, Paperback DM 9,ûO

Grundpositionen und Verfahren der Grup- pendynamik werden in diesem Werk in Be- ziehung gesetzt zu den Lernzielen politi- scher Bildungsarbeit. Aus diesem Bezugs- rahmen und der Auswertung praktischer Er- fahrungen ergeben sich interessante Per- spektiven für eine gruppendynamisch orien- tierte emanzipatorische Pädagogik.

Dergrste Teil gibt eine Einführung in die theoretischen Grundlagen der Gruppendy- namik und ihre daraus abgeleiteten Metho- den. Der zweite Teil geht aus von der ge- genwärtigen Auseinandersetzung zwischen ..progressiver' und ,,antikapitalistischer" Jugendarbeit. Aus einer Analyse der Ziel- vorstellungen emanzipatorischer Jugendar- beit ergeben sich die Grundlagen für eine Einbeziehung der Gruppendynamik. Irn drit- ten Teil werden dann Formen und Mögllch- keiten einer gruppendynamischen orientier- ten Jugendarbeit dargestellt. Beispiele aus gruppendynamischen Seminaren geben ei- nen unmittelbaren Elnblidc in die Praxls.

Ingrid Girschner-Woldt f Hermann L. Gu- kenbiehl / Bernhard Schäfers / Karlheinz Wöhler

Sozlologle für Pädagogen

Beiträge zum erziehungswissenschaftlichen Studium, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1973, Vili, 230 Seiten, flexibles Taschen- buch DM 12,80

Seit eingen Jahren wird Soziologie in der Bundecrepublik nicht nur als reine Fach- wissenschaft betrieben, sondern auch als Grundlagenlehre zum Verständnis der ver- schiedenen gesellschaftlichen Praxisfelder. Unter diesen nimmt die Ausbildung von -. Lehrern aller Schularten einen hervorra- genden Platz ein. Welcher Stellenwert der Soziologie für die Lehrerbildung zukommt, muß in interdisziplinärer Zusammenarbeit laufend neu geklärt werden.

Die Autoren gehen davon aus, daß der Bei- trag der Soziologie zum erziehungswissen- schaftlichen Studium vor allem in der Ver- mittlung von Erkenntnissen liegen muB, die zum Berufsfeld des künftigen Lehrers in enger Beziehung stehen. Darüber hinaus liefert das Werk verschiedene theoretische Bezugsrahmen zur Integration weiterer In- halte einer wissenschaftlichen Lehrerbil- dung.

Heidi Rosenbaum

Famllle als Gegenrtruktur zur Gesellsdiafl

Kritik grundlegender theoretischer Ansätze der westdeutschen Familiensoziologie, Fer- dinand Enke Verlag, Stuttgart 1973, IV, 188

Die Aufgabensteilung dieser Arbeit besteht darin, die wichtigsten methodisch-theoreti- schen Ansätze in der westdeutschen Fami- liensoziologie zu untersuchen, urn durch deren Aufarbeitung eine Vorarbeit für die weitere Entwicklung der Familiensoziologie ZU leisten.

Familie als Institution wird am ausgepräg- testen von Schelsky vertreten. Familie als Gruppe bzw. System wird durch die Arbei- ten Königs und Claessens' repräsentiert. Die Arbeit von Claessens, die sich vorwie- gend mit dem Problem der Werte-Tradie- rung durch das Medium der Kernfamilie beschäftigt, bleibt wegen dieser begrenzten Fragestellung bei der Untersuchung des theoretisch-methodischen Ansatzes un be- rücksichtigt. Da auch König in seinen neue- ren Veröffentlichungen die von Claessens vertretene struktur?ll-funktionale Methode, die die Familie als System begreift. ver- wendet, bedeutet die Beschränkung auf die Kõnigsche Farniliensoziologie keine inhalt- liche Einschränkung.

Seiten, kart. DM 19,80 -

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Die methodisch-theoretischen Ansätze Schelskys und Königs werden als exem- plarisch für zwei unterschiedliche, in der Fam i liensoziolog ie verbreitete Vorgehens- weisen behandelt: Schelskys Arbeit als exemplarisch für das Begreifen der Familie als Institution, Königs für das der Familie als Gruppe bzw. System. Die Untersuchung dieser beiden metho- disch-theoretischen Ansatze erfolgt unter der Hypothese, daß die Wahl eines spezifi- schen methodischen Zugangs zum Phäno- men der Familie zugleich ein mehr oder weniger bewußtes familienpolitisches Inter- esse widerspiegelt, d. h. der methodische Ansatz die Ergebnisse der Untersuchung praformiert. Im dritten Teil der Arbeit wird versucht, an zwei Problemkomplexen aufzuzeigen, wie eine Familiensoziologie vorgehen müßte, die den gesamtgesellschaftlichen Zusam- menhang, dem ihr Gegenstand untrennbar zugehört, in jedem Schritt ihrer Analyse re- flektiert. Dieses Unterfangen kann von vorn- herein nicht den Anspruch erheben, umfas- send und theoretisch-methodisch vollstän- dig abgesichert zu sein. Dazu fehlen allein schon die notwendigsten Vorarbeiten. Die Diskussion der zwei Problemkomplexe im dritten Teil kann deshalb nur als exempla- risch verstanden werden.

Peter Gross

Reflexion, Spontaneität und Interaktion

Zur Diskussion soziologischer Handlungs- theorien, Reihe, ,.problemata", Band 14, Friedrich Frommann Verlag Günther Holz- boog KG, Stuttgart-Bad Cannstatt 1972. 162 Seiten, kart. DM 22,-; Leinen DM 34,80

In dieser Arbeit wird der Versuch unter- nommen, auf dem Boden der die gegen- wartige Diskussion bestimmenden hand- lungstheoretischen Ansatze eine integra- tive Handlungstheorie zu entwickeln. Die kritische Theorie von Jürgeri Habermas und der kritische Rationalismus von Karl Popper, die phanomenologische Soziologie von Alfred Schütz und der symbolische In- teraktionismus von George Mead machen eine - für die soziologische Theorie - verhangr,isvolle Trennung zwischen wis- senschaftlicher Tätigkeit und alltäglicher Lebenspraxis. Während kritische Theorie und kritischer Rationalismus den Anteil der Vernunft am Geschichts- und Gesellschafts- prozeß aufklärerisch Überschätzen und zum alleinigen Agens sozialer Emanzipa- tion stilisieren, ist in den phänomenologi- schen und pragmatischen Ansätzen das ,,Leben" jedem vernünftigen Theoretisieren und jeder wissenschaftlichen Analyse un- einholbar voraus.

In konkreten Handlungsanalysen wird nachgewiesen, daß in jeder einzelnen Handlung eine Fülle von Strebungen und Interessen zur Geltung kommen, die nur mit Gewalt voneinander ablösbar sind, und daß in jedem einzelnen Akt verschiedene - vernünftige und spontane bzw. unkontrol- lierbare - Verhaltensdimensionen harmo- nisch oder dissonant zusammen, in den meisten Fällen untrennbar zusammen sind.

Kurt Heller / Bernhard Rosemann Planung und Auswertung empirischer Un- tersuchungen Eine Einführung für Pädagogen, Psycholo- gen und Soziologen, unter Mitarbeit von Anne-Katrin Gaedike, Ernst Klett Verlag, Stuttgart 1974. 308 Seiten, Linson DM 26.-

Das Lehrbuch wendet sich an Studierende der Sozialwissenschaften (Pädagogik, Psy- chologie, Soziologie), Erziehungswissen- schaftler und Lehrer aller Schularten, Biblio- theken und Institute der Universitäten und Pädagogischen Hochschulen. Es bietet eine Verbindung von wissen- schaftstheoretischen Grundlagen, Methoden der Versuchsplanung und -durchfÜhrung so- wie der wichtigsten statistischen Auswer- tungsmethoden, für die es im deutschspra- chigen Raum kein Aquivalent gibt. Eine Rei- he von Ubersichtstabellen zu den Verfahren der Korrelationsrechnung sowie der Infe- renzstatistik und eine bewußt einfache Dar- stellungsweise erleichtert auch dem Anfän- ger eine rasche Orientierung und fehler- freie Anwendung einschlägiger Methoden. Für die empirische Arbeit und das ver- ständnisvolle Lesen moderner Literatur bie- tet das Einführungswerk die notwendigen Grundlagen, ohne daß in der Regel andere Bücher oder sonstige Quellen hinzugezo- gen werden müßten.

Rolf Schmiederer Zwischen Affirmation und Reformismus Politische Bildung in Westdeutschland seit 1945, Reihe: ,,Theorie und Geschichte der Politischen Bildung", herausgegeben von Kurt Fischer und Rolf Schmiederer, Euro- päische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1972, 211 Seiten, Paperback DM 18,- Eine Geschichte der Politischen Bildung in den Schulen der Bundesrepublik fehlt bis- her. Der Autor will mit seiner Arbeit dazu beitragen, diese Lücke zu schließen: Er stellt die wichtigsten ,,Modelle", Strömun- gen und Ereignisse im Bereich der politi- schen Pädagogik dar und setzt sich kritisch mit ihnen auseinander. Besonderes Ge- wicht legt er dabei auf die Diskussion der neueren, heute noch wirksamen Konzep- tionen.

Schmiederer geht von der These aus, daB Politische Bildung - wie Erziehung und Schule überhaupt - eine ,,Funktion der Gesellschaft" ist, in der sie stattfindet. Er versucht deshalb, die Geschichte der Po- litischen Bildung in ihrem Zusammenhang mit der politischen Entwicklung der BRD, deren jeweiliger ökonomischer und au8en- politischer Situation und im Zusammen- hang mit den herrschenden Bewußtseins- formen darzustellen, bzw. sie aus diesen abzuleiten. Da nicht nur die wichtigsten Richtungen der Politischen Bildung und deren Entwick- lung in den letzten 25 Jahren erläutert wer- den, sondern auch die jeweils charakteri- stische gesellschaftspolitische Konzeption - die ideologische Funktion - herausgear- beitet wird, kann der Band als eine grund- legende Information für alle Studierenden der Fachrichtungen Gesellschaftswissen- schaften und Erziehungswissenschaften, vor allem aber für die angehenden Lehrer der Politischen Bildung gelten. Er will hel- fen, den politisch-gesellschaftlichen Zusam- menhang der Politischen Bildung zu sehen, und liefert einen wichtigen Beitrag zur Wei- terentwicklung der Didaktik der Politischen Bildung.

Thomas Feuerstein Emanzipatlon und Rallonalität einer kriti- schen Enlehungswissenschafl Methodologische Grundlagen im Anschlu8 an Habermas, mit einem Vorwort von Her- wig Blankertz, Kösel-Verlag, München 1973. 143 Seiten, Paperback DM 25,- In der sozial- und erziehungswissenschaft- lichen Diskussion zeichnen sich heute zwei Tendenzen ab: erstens im Bereich der wis- senschafts- und gesellschaftstheoretischen Reflexion, wo einerseits revolutionäre In- strumentalisten willkürlich die Forderung nach Emanzipation erheben, während an- dererseits Sozialtechnokraten der routinier- ten Forschungspraxis wissenschaftlicher Rationalität verhaftet sind; zweitens auf dem Gebiet der Methodologie: Hier bahnt sich eine Diskussion an mit dem Ziel, Ra- tionalität nicht nur in kritischer Absicht, sondern auch in technologischer, entschei- dungslogischer und systemtheoretisch- funktionaler Verwendung empirischer So- zialforschung in ihrer Funktion für Eman- zipation zu begreifen, wobei sich große Verrnittiungsschwierigkeiten ergeben. In dieser Situation versucht der Autor so- wohl die Methodologielosigkeit des Eman- zipationspostulates durch Konfrontation mit den verschiedenen Formen von Rationalität abzubauen, als auch die Vermittlungspro- bleme zwischen diesen beiden Prinzipien offenzulegen und zu Überwinden. Das ge-

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schieht im ersten Teil durch Rekonstruktion des Verhältnisses von Emanzipation und Rationalität bei Jürgen Habermas, weil des- sen methodologischer Ansatz in einem ge- schichts- und sozialphilosophischen. einem erkenntnis-, gesellschafts- und kommunika- tionstheoretischen Begründungszusammen- hang steht. Im zweiten Teil werden die vor- handenen methodologischen Ansätze einer sich auf Emanzipation verpflichtenden Er- ziehungswissenschaft daraufhin untersucht, Inwieweit die kritische Einbeziehung von empirischer Sozialforschung. von Technolo- gie: Entscheidungslogik und systemtheore- tisch-funktionaler Steuerungstechnik das Verhältnis von Emanzipation und Rationali- tät entschärft bzw. weiterentwickelt. Damit wird nicht nur der Ansatz von Habermas kritisch aufgearbeitet, sondern zugleich der Entwurf eines methodologischen Rahmens für eine kritische Erziehungswissenschaft vorgelegt.

Hans-G. Rolff / Ulrich Baer / Dagmar Hän- sel / Fred Heidenreich / Heidrun Lotz / Joa- chim Neander/ Elke Nyssen / KlausJÜrgen Tillmann Straieglrcher Lernen In der GeMmtBchule Gesellschaftliche Perspektiven der Schul- reform, mit einer Einleitung von Carl-Heinz Evers, .rororo Sachbuch", Band 6854, R e wohlt Taschenbuch Verlag GmbH., Reinbek bei Hamburg 1974, 285 Seiten, kart. Es besteht kein Zweifel, daß die Gesamt- schulbewegung sich in einer schwierigen Phase ihrer Entwicklung befindet. Es wird sogar von einer Krise gesprochen. Eine durchgreifende Revision der Lernziele, Lerninhalte und Lernverfahren ist nicht ge- lungen. Eine flexible didaktische Differen- zierung des Unterrichts, orientiert an Inter- essen der Schüler. wird, wo sie Überhaupt erprobt wurde, zusehends mit äußerer Dif- ferenzierung durchsetzt. Die Entwicklung von Gesamtschule als Ganztagsschulen stagniert, und selbst an Ganztagsschulen verkümmert der Bereich aukrunterricht- lichen Lernens. Die Frage nach den Ursachen der Entwick- lungskrise der Schulreform, insbesondere der Gesamtschule, verlangt eine differen- zierte Antwort. Denn die Ursachen sind vielfältig und liegen auf sehr unterschied- lichen Ebenen. Eine erste Annäherung an Ursachen kann vielleicht eine Aufzählung von Gründen erbringen, die gleichsam au- genfällig sind. Hierzu gehört die nach wie vor höchst un- zulängliche Ausstattung der Gesamtschu- len; die zu hohen Klassenfrequenzen; die viel zu geringe Zahl pädagogischer und administrativer Mitarbeiter sowie das fast gänzliche Fehlen von Personen, die den

Bereich außerunterrichtlichen Lernens ZU betreuen hätten. Hinzu kommen nicht selten langandauernde Provisorien der räumlichen Unterbringung, die bestimmten Lernver- fahren enge Grenzen setzen. Regionale pädagogische Zentren für die Curriculum- entwicklung und für einen "didaktischen Service" fehlen fast völlig. Ein von Gesamt- Schullehrern seit Jahren gefordertes Über- regionales Kommunikations- und Informa- tionszentrum kommt nicht zustande. Ein weiterer Grund für die Schwierigkeiten in der Gesamtschule ist sicherlich die un- zureichende Planung der Schulreform. Es gab und gibt, obwohl zehn Jahre Gesamt- schulentwicklung ins Land gegangen sind, kein voll realisiertes Programm, das so- wohl die curriculare und architektonisch- funktionale Planung in der notwendigen Weise integriert, das arbeitsteilig an ver- schiedenen Schulen Entwicklungsschwer- punkte setzt und die spezifischen Erfah- rungen systematisch an alle Interessenten weiterleitet, das irn Planungsvorlauf den Lehrern breite Gelegenheit zu intensiver Vorbereitung der neuen Aufgabe gibt sowie Eltern, Schüler und die üffentlichkeit ein- gehend über die neu8 Schule aufklärt.

Hans Tietgens / Günter Hirschmann / Mary Bianchi Anräîze zu einem BiUki8tOnDplOm

Werkstattbericht über die Entwicklung des Zertifikatsprogramms der Volkshochschu- len, Reihe, ,,Theorie und Praxis der Er- wachsenenbildung", herausgegeben von der Pädagogischen Arbeitsstelle des Deut- schen Volkshochschul-Verbandes, Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1974, 285 Seiten, brosch. DM 9,ûO

Obwohl die Volkshochschulen Jahrzehnte hindurch stolz darauf waren, keine Lei- stungsnachweise ausstellen zu müssen und kein Prüfungssystem zu haben, stehen heu- te die Zertifikatskurse der Volkshochschu- len im Vordergrund der öffentlichen Anteil- nahme an der Arbeit der Weiterbildung. Die Zertifikate haben die Volkshochschulen aus einer gewissen Unverbindlichkeit her- ausgeführt. Das war notwendig zu einem Zeitpunkt, zu dem die Weiterbildung für jeden Beruf unerläElich wird. Eine Volkshochschule, die nur aus Zertifi- katskursen bestünde. wäre aber genauso falsch, wie eine Volkshochschule ohne je- den Leistungsnachweis. Sowohl die Frei- heit der freien Kurse, an denen man sich beliebig beteiligen kann und in denen Lei- stungsnachweise nicht verlangt werden, als auch die Zertifikatskurse als Bausteine ei- nes individuellen Bildungswesens gehören zu den Volkshochschulen von heute. Die

Volkshochschule verbindet bildungspoli- tisch ein Element Schule mit einem Element Entschulung, wo freie Diskussionen und emanzipatorische Entfaltung des Einzelnen verbunden sind mit Programmen zur Er- reichung konkreter und nachprüfbarer Lernziele. Das Buch berichtet von dieser Arbeit. Es ordnet sie ein in die Gesamtproblematik der curricularen Entscheidungen; es ent- wickelt die bildungspolitisdien Rahmenbe- dingungen. den lernwissenschaftlichen Kon- text und die bildungstheoretische Legiti- mation. Zugleich diskutiert es die neuar- tigen Prüfungsprobleme und stellt damit einen Beitrag zur Curriculum-Theorie und -Entwicklung dar. Gleichzeitig zeigt es, wie ") Weiterbildung außerhalb der Universität in neuen Formen funktionieren kann.

Jos Weber I Jürgen Riekmann Dle Superlchule Von der Gesamtschule zum Bildungszen- trum für alle, Droste Verlag, Düsseldorf 1973, 200 Seiten, Paperback DM 24,- Bildung ist eine immer wichtiger werdende Angelegenheit in unserer Gesellschaft. In den nächsten zwei Jahren werden hierzu die Würfel für die nächsten zwanzig Jahre fallen. Da Bildungsfragen aber jedermann betref- fen, wird in diesem Buch versucht, nicht nur den Laien, den Jugendlichen und die Ei- tern, sondern auch den Fachmann, wie z. B. den Pädagogen, den Programm-Planer, den Mediziner, den Stadt-Planer und den Schul- gebäude-Planer zu Wort kommen zu lassen. Hierdurch werden alternative Meinungen, Entscheidungs- und Planungsabsichten

Besteht der Unterschied zwischen dem, was der Betroffene oder der Fachmann über ,,Bildung" denkt, nur aus Terminolo- gie-Differenzen oder anderen Kommunika- tionsstörungen, oder gibt es grundsätzlich verschiedene Zielvorstellungen? Dieser bis- her zu wenig beachtete und viel zu wenig in der üffentlichkeit diskutierte Fragenkom- plex bildet in diesem Buch den Schwer- punkt. Als Beispiele stehen in diesem Buch u. a. die Bildungszentren und integrierten Ge- samtschulen Steilshoop und Mümmel- mannsberg in Hamburg im Mittelpunkt. Die Probleme des Schulbaus werden bespro- chen, indem menschliche Probleme behan- delt werden. In diesem Buch werden Bil- dungsfragen besprochen, indem die Pro- bleme aller Altersgruppen behandelt wer- den, nicht nur die der SchÜler-Altersgrup- pen. Diese stellt eine Minorität der Bevöl- kerung dar, die insgesamt ein Recht auf Bildung hat.

deutlich hervortreten. ?