Jugendsprache als Unterrichts- thema zur Förderung ... · Gruppe, sondern die Kombination...

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Luisa Maarmann: Jugendsprache als Unterrichts- thema zur Förderung mündlicher kommunikativer Kompetenzen © Redaktion LINSE (Linguistik-Server Essen); Erscheinungsjahr: 2013 Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Geisteswissenschaften - Germanistik/Linguistik |Universitätsstraße 12, 45117 Essen | http://www.linse.uni-due.de Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit ausdrücklicher Geneh- migung der Redaktion gestattet.

Transcript of Jugendsprache als Unterrichts- thema zur Förderung ... · Gruppe, sondern die Kombination...

Luisa Maarmann:

Jugendsprache als Unterrichts-thema zur Förderung mündlicher

kommunikativer Kompetenzen

© Redaktion LINSE (Linguistik-Server Essen); Erscheinungsjahr: 2013

Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Geisteswissenschaften - Germanistik/Linguistik

|Universitätsstraße 12, 45117 Essen | http://www.linse.uni-due.de

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspei-

cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit ausdrücklicher Geneh-

migung der Redaktion gestattet.

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1   Einleitung......................................................................................................................1  

2   Begriffsbestimmung ‚Jugendsprache‘? ........................................................................2  

3   Abgrenzung von Jugendsprache zur Umgangssprache und zu Dialekten....................7  

4   Funktionen von Jugendsprache ....................................................................................9  

5   Jugendsprache in der Schule.......................................................................................12  

6   Jugendsprache als Unterrichtsthema zur Förderung kommunikativer Kompetenz....15  

7   Fazit und Ausblick......................................................................................................20  

 

1 Einleitung 1

1 Einleitung

In meiner Hausarbeit möchte ich erläutern, inwieweit Jugendsprache als Unterrichts-

thema mündliche kommunikative Kompetenzen Jugendlicher fördern kann und welche

Möglichkeiten es gibt, dieses Thema in den Unterricht einzubeziehen. Dazu muss zu-

nächst geklärt werden, wie der Begriff ‚Jugendsprache‘ definiert werden kann. Die

Schwierigkeit bei der Begriffsbestimmung ist allerdings, dass es keine klar abgegrenzte

Sprechergruppe gibt, da Jugend und somit auch „ihre Sprache“ in der heutigen Gesell-

schaft ein hohes Prestige erlangt hat und auch Menschen älterer Generationen diese ver-

körpern möchten. Anschließend werde ich auf die verschiedenen inkonstanten Einfluss-

faktoren auf Jugendsprache eingehen und mich dabei auf das mehrdimensional-

hierarchische Klassifikationsmodell von Neuland beziehen. Ein weiterer wichtiger

Aspekt im Hinblick auf die Formulierung einer Definition von Jugendsprache sind ihre

Merkmale, die jedoch nur in Kombination und ab einer bestimmten Intensität ihres Ein-

satzes typisch jugendsprachlich sind.

Im darauffolgenden Kapitel werde ich untersuchen, welche Unterschiede zwi-

schen Jugendsprache, Umgangssprache und Dialekten bestehen. Um untersuchen zu

können, inwieweit sich Jugendsprache als Unterrichtsthema zur Förderung der kommu-

nikativen Kompetenz eignet, müssen ebenfalls die Funktionen von Jugendsprache be-

leuchtet werden. Denn nur wenn wir wissen, warum eine Sprechergruppe diese Sprache

verwendet, können wir sie sinnvoll mit in den Unterricht einbeziehen. Meine Überle-

gungen zu den verschiedenen Funktionen von Jugendsprache beziehen sich maßgeblich

auf die Ausführungen von Susanne Augenstein (1998), die sich in ihrem Werk „Funk-

tionen von Jugendsprache“ intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt hat.

Anschließend werde ich Jugendsprache im schulischen Kontext betrachten, wo

sie sowohl in der Pause als auch im Unterricht verwendet wird und für die Lehrer eine

große Herausforderung darstellt. Denn die Schule als Erziehungs- und Sozialisationsin-

stanz fordert das Erlernen und den Gebrauch von Standardsprache, doch durch den

ebenfalls für die Entwicklung der Schüler notwendigen Individualisierungsprozess ver-

suchen diese, sich immer wieder von der Institution und ihren Anforderungen abzu-

grenzen, was sich schließlich auch in ihrem Sprachgebrauch niederschlägt.

Danach werde ich anhand der curricularen Vorgaben des Bildungsministeriums für die

Sekundarstufe I des Gymnasiums erläutern, inwieweit das Thema Jugendsprache in den

2 Begriffsbestimmung ‚Jugendsprache‘? 2

Unterricht einbezogen und dadurch die kommunikative Kompetenz der Schüler fördern

kann. Auch auf das dazu vorhandene Unterrichtsmaterial werde ich kurz eingehen.

Abschließend werde ich meine Ergebnisse in einem kurzen Fazit zusammenfassen und

einen Ausblick geben, welche Aspekte des Themas Jugendsprache noch weiter erforscht

werden müssten.

2 Begriffsbestimmung ‚Jugendsprache‘?

Das Formulieren einer Definition von Jugendsprache stellt noch heute eine große Her-

ausforderung dar, weil zum einen der Begriff Jugend nicht für eine klar nach außen hin

abgegrenzte Gruppe von Menschen verwendet werden kann1 und zum anderen Jugend-

sprache von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst wird.2

In der heutigen Gesellschaft bezeichnet der Begriff Jugend keine homogene

Gruppe, sondern die Kombination verschiedener Phänomene wie Aussehen, Kleidung,

Lebensweise etc., die von der Gesellschaft produziert werden.3 Darüber hinaus hat Ju-

gendlichkeit in der heutigen Gesellschaft ein hohes Prestige erlangt und ist gerade des-

halb nicht an eine bestimmte Altersgruppe gebunden, sondern wird auch von vielen

Erwachsenen jeden Alters angestrebt. Insbesondere haben die Medien das Prestige der

Jugend gefördert und sich zugleich zu Nutzen gemacht, um beispielsweise Produkte in

der Werbung effektiver zu vermarkten.4 Jugendsprache wird daher nicht nur von ju-

gendlichen Sprechern verwendet, von denen sie ursprünglich kreiert wurde, sondern

auch von Menschen, die das Jugendalter bereits hinter sich gelassen haben.

Wie bereits erwähnt, wird Jugendsprache von zahlreichen äußeren Faktoren be-

einflusst, die Neuland „in einem mehrdimensional-hierarchischen Klassifikationsmodell

[...] in sechs Ebenen zu differenzieren und zu strukturieren“5 versucht. Auf der Ebene

des historisch-gesellschaftlichen Kontextes werden Jugendsprachen durch Politik, Wirt-

schaft, Kultur, Technik, Religion, Medien etc. beeinflusst.6 Auch Schlobinsky stellt bei

seinen Untersuchungen eine „stilprägende“ Beeinflussung der Medien von Jugendspra-

1 Vgl. Schlobinsky 1993, S. 37 2 Vgl. Ebd., S. 160 3 Vgl. Ebd., S. 37 4 Vgl. Neuland 2008, S. 136 5 Neuland 2008, S. 60 6 Neuland 2008, S. 61

2 Begriffsbestimmung ‚Jugendsprache‘? 3

che fest,7 die nicht zuletzt die Aufhebung der Grenzen von Mündlichkeit und Schrift-

lichkeit zur Folge hat.8

Auf der zweiten Ebene beeinflussen soziolinguistische Aspekte wie Alter, Ge-

schlecht, soziale und regionale Herkunft, Bildungsgang und Migration Jugendsprache.

Auch Neuland stellte einen Zusammenhang zwischen dem von den Jugendlichen be-

nutzten Vokabular und deren Alter fest9: Jugendliche in der frühen Jugendzeit (10-14)

Jahre, in der mittleren Jugendzeit (15-19 Jahre) und in der späten Jugendzeit (20-24)

verwendeten jeweils unterschiedliche Ausdrücke. Ein Beispiel für eine mögliche Ge-

schlechterdifferenzierung stellt die Verwendung von diskriminierenden und diffamie-

renden Ausdrücken dar: Mädchen treffen ihre Wortwahl bewusster als Jungen und mei-

den daher derartige Ausdrücke.10

Im Zuge des Wuppertaler DFG-Projekts, das Untersuchungen zum Thema Ju-

gendsprache von Jugendlichen in ganz Deutschland durchführte, konnte ein Zusam-

menhang zwischen regionaler Herkunft und Sprachgebrauch festgestellt werden. So

werden „in stärker dialektal geprägten Gegenden verstärkt regionalsprachliche an Stelle

von jugendsprachlichen Ausdrucksweisen in dialektfernen Regionen genutzt“.11 Spre-

cher mit Migrationshintergrund, die neben der deutschen eine weitere Sprache als

Zweit- oder Muttersprache erlernt haben, lassen diese bei der Verwendung von Jugend-

sprache mit einfließen, um das „Bedeutungspotential“ der beiden Sprachen möglichst

effektiv ausschöpfen zu können.12 Darüber hinaus kommt es nach Neuland durch das

„gemischte Sprechen“ zu einer „Aneignung und Neugestaltung eines originären hybri-

dolektalen We-Codes“,13 also einer Neudefinierung und Stärkung der Gruppenidentität.

Die dritte Ebene des Klassifikationsmodells nach Neuland bildet der institutionelle

Rahmen, von dem die jeweilige Erscheinungsform der Jugendsprache abhängt. Als Bei-

spiel werden Schülersprachen, Studentensprachen und der Sprachgebrauch von Lehrlin-

gen, Arbeitern und Angestellten genannt. Diese werden in den auf der vierten Ebene

genannten Domänen wie beispielsweise Familie, Schule, Universität, Freizeit, Familie

7 Schlobinsky 1993, S. 36 8 Vgl. Neuland 2008, S. 136 9 Vgl. Ebd., S. 143 10 Vgl. Ebd., S. 144 11 Ebd., S. 147 12 Ebd., S. 140 13 Ebd., S. 157

2 Begriffsbestimmung ‚Jugendsprache‘? 4

und berufsbezogen Ausbildungsinstitutionen eingesetzt.14 Auf die Verwendung von

Jugendsprache in der Schule werde ich im vierten Kapitel noch genauer eingehen. In-

nerhalb der oben genannten Domänen werden unterschiedliche funktionale Stile ver-

wendet, die den spezifischen Verwendungssituationen angepasst sind.15 In der Schule

und der Universität unterscheiden sich zum Beispiel die Pausengespräche stark von der

Unterrichtskommunikation, die sich wiederum in Haupt- und Nebenkommunikation

aufteilt. Ferner lassen sich Differenzen zwischen der Kommunikation innerhalb der Fa-

milie und der Kommunikation mit Freunden feststellen.16

Die sechste und letzte Ebene bezieht sich auf die sprachlichen Erscheinungsfor-

men, also ob eine Aussage konzeptionell mündlich, konzeptionell schriftlich, medial

mündlich oder medial schriftlich verfasst wurde.

Das Klassifikationsmodell nach Neuland bietet uns einen strukturierten Über-

blick über verschiedene Einflussfaktoren auf die Jugendsprache und verdeutlicht die

dadurch entstehende innere Heterogenität, die uns eine genaue Definition von Jugend-

sprache erschwert.17 Aufgrund dieser zahlreichen Einflussfaktoren, die zum Teil durch

die gesellschaftliche Entwicklungen verändert werden können, befinden sich auch die

sprachlichen Merkmale von Jugendsprache in einem dauerhaften Wandel. Bei der Be-

trachtung der einzelnen Merkmale ist darüber hinaus das Bewusstsein notwendig, dass

kein Merkmal für sich allein genommen typisch jugendsprachlich ist, sondern vielmehr

das Zusammenwirken mehrerer Merkmale entscheidend ist. Sprecher, die Jugendspra-

che verwenden, nutzen die Möglichkeiten der Sprachvariation also in erhöhter Frequenz

und intensiver als andere.18 Jugendsprachliche Besonderheiten sind vor allem „im Be-

reich von Lexikon, Semantik, Phraseologie, Stilistik und Pragmatik“19 zu finden. So

werden zum Beispiel oft Verstärkungspartikel wie „echt“ und „voll“20 verwendet,

Schimpfwörter und Fäkalausdrücke, Wertungsausdrücke wie „cool“, „total“ oder „su-

per“ sowie Anglizismen.21 Bei der Verwendung von Anglizismen ist jedoch „nicht die

Tatsache, dass Anglizismen gebraucht werden [...] jugendspezifisch, sondern allenfalls

14 Vgl. Neuland 2008, S. 61 15 Vgl. Ebd., S. 63 16 Vgl. Ebd., S. 162 17 Vgl. Ebd., S. 136 18 Vgl. Ebd., S. 160 19 Ebd., S. 142 20 Neuland 2008, Lang, S. 133 21 Vgl. Neuland 2008, S. 134

2 Begriffsbestimmung ‚Jugendsprache‘? 5

ihr Gebrauchswert.“22 Ausschlaggebend ist demnach die Semantik des Wortes und aus

welchem Bereich es entlehnt wird. Häufig werden Wörter aus dem Englischen in das

deutsche Grammatiksystem integriert, was zum Beispiel durch das Anhängen eines In-

finitivsuffixes (z.B. powern) möglich ist.23 Einige Anglizismen haben einen ähnlichen

Status wie Fachwörter erlangt, da es für sie keine adäquate deutsche Übersetzung gibt.24

Anglizismen haben vor allem deshalb Einfluss auf unsere Sprache, weil unsere Freizeit-

kulturen, wie zum Beispiel die Musik, stark vom anglophonen Markt beeinflusst wer-

den.25

Darüber hinaus erwähnt Schlobinsky in seiner Analyse Lautwörter, die vor allem

über Comics in die Jugendsprache gelangen. Leider gibt es noch keinerlei Belege dafür,

dass Jugendliche diese Lautwörter öfter verwenden als Erwachsene.26 Oft sind auch

Alliterationen oder Onomatopoetika in der Jugendsprache zu finden, sowie „Sprach-

spiele und Stilbasteleien als High-Lights in einer überwiegend umgangssprachlich ge-

führten Kommunikation“.27 Stil-Bastelei, auch „Bricolage“ genannt, meint das Heraus-

lösen eines sprachlichen Elements aus einem bestimmten Kontext und das anschließen-

de Einfügen in einen neuen Kontext. So können die Sprecher zum Beispiel auf gemein-

same Erfahrungen, Erlebnisse und kulturelle Ressourcen referieren.28

Ein weiteres Merkmal von Jugendsprache können Vulgarismen29 sein, mit Hilfe

derer Emotionen auf drastische Weise zum Ausdruck gebracht werden.30 Oft werden

aber auch „gefühlsexpressive und sozialsymbolische Laute, Interjektionen, lautmaleri-

sches Sprechen, Variation der Tonhöhe und der Lautstärke bis zum Flüstern, Variation

des Sprechtempos, rhythmisierendes Sprechen und immer wieder das gemeinsame La-

chen“31 genutzt, um Emotionen zu vermitteln.

Die häufige Verwendung von Frotzel- und Lästermustern in der Jugendsprache

dient vor allem der Imagepflege und Selbstpräsentation, durch die innerhalb der Gruppe

Positionen bezogen und Werte ausgehandelt werden. Beim Frotzeln ist die Person, über

22 Schlobinsky 1993, S. 29 23 Vgl. Ebd. S.27 24 Vgl. Neuland 2008, S. 140 25 Schlobinsky 1993, S. 29 26 Ebd., S. 33 27 Ebd., S. 211 28 Vgl. Neuland 2008, S. 72 29 Vgl. Ebd., S. 146 30 Vgl. Ebd., S. 145 31 Neuland 2008, S. 151

2 Begriffsbestimmung ‚Jugendsprache‘? 6

die gesprochen wird, in der Regel anwesend, beim Lästern hingegen nicht.32 Ein weite-

res Stilmerkmal von Jugendsprache kann das „verfremdete Zitieren“ sein. Dabei wird

ein bestimmtes Referenzmuster, das den Gesprächsteilnehmern bekannt ist, ironisch

abgewandelt und das meist darauffolgende gemeinschaftliche Lachen stärkt den Grup-

penzusammenhalt.33

Vergleicht man das Sprachverhalten jugendsprachlicher Akteure in unterschied-

lichen Kommunikationssituationen, wird die Verwendung unterschiedlicher Codes

deutlich. Bei diesem sogenannten „Code-Switching“ finden Varietätenwechsel statt,

indem der Sprecher zwischen der Verwendung von fachsprachlichen Registern34, funk-

tionalen Registern35 und Regionalsprachen wechselt.36 Da das Code-Switching jedoch

eine „plötzliche Veränderung aller code- bzw. registertypischen Merkmale“37 meint,

dieses sprachliche Phänomen jedoch nur selten auftritt, spricht man heute eher von Co-

de-Shifting, also einem allmählichen Übergang von einer Varietät in eine andere. Code-

Fluktuation bezeichnet wiederum den ständigen Wechsel zwischen Varietäten.38

Anhand der oben genannten Merkmale, die in ihrer Kombination typisch jugend-

sprachlich sein können, wird deutlich, dass der Stil der Jugendsprache nicht durch neu

erschaffene sprachliche Merkmale, sondern von bereits vorhandenen Möglichkeiten der

Sprachvariation gekennzeichnet ist.39 Nach Neuland nutzen die Sprecher diese bereits

existenten sprachlichen Mittel und wandeln diese gemäß ihrer Bedürfnisse um:

„Die Stilbildung geschieht überwiegend durch die Ausbildung tendenzieller Ge-brauchspräferenzen von sprachlichen Mitteln aus dem Bestand der Standard-sprache, die jedoch oft in spezifischer Weise umgewandelt und stilistisch mar-kiert werden.“40

Unter Bezugnahme auf ältere Forschungsergebnisse lässt sich heute eindeutig feststel-

len, dass sich der Sprachgebrauch der Jugendlichen in geringerer Form als ursprünglich

angenommen von dem der Erwachsenen unterscheidet. Darüber hinaus beherrschen sie

in der Regel trotz vielfältiger Umwandlungen standardsprachlicher Mittel Grammatik

32 Vgl. Neuland 2008, S. 141 33 Vgl. Ebd., S. 150 34 Vgl. Ebd., S. 151 35 Vgl. Ebd., S. 152 36 Vgl. Ebd., S. 153 37 Vgl. Ebd., S. 73 38 Vgl. Ebd., S. 74 39 Vgl. Ebd., S. 160 40 Neuland 2008, S. 71 ff.

3 Abgrenzung von Jugendsprache zur Umgangssprache und zu Dialekten 7

und Wortbildung41 und sind in der Lage, Anglizismen korrekt in die deutsche Gramma-

tik einzufügen. Aufgrund dieser Erkenntnisse ist die Jugendsprachforschung dazu über-

gegangen, weniger die Defizite von Jugendsprache zu betrachten, sondern sie vielmehr

hinsichtlich ihrer Differenzen zur Standardsprache, zur Umgangssprache, zur Münd-

lichkeit und zu Dialekten zu untersuchen.42 Auf diese Differenzen werde ich im folgen-

den Kapitel noch näher eingehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Jugendsprache eine von einer sich bewusst

nach außen hin abgrenzenden Gruppe gesprochene Sprache ist, die durch die tendenziel-

le Bevorzugung von zum Teil umgewandelten sprachlichen Mitteln aus dem Bestand

der Standardsprache geprägt wird.

3 Abgrenzung von Jugendsprache zur Umgangssprache und zu Dia-

lekten

Neben der Standardsprache, die sich „im Zuge eines langen Ausgleichprozesses aus den

historischen Mundarten herausgebildet“43 hat und der überregionalen Verständigung

dient, gibt es eine Vielzahl von Basisdialekten „mit eigenen Systemstrukturen auf den

Ebenen der Lautung, Wortbildung, Wortschatz und Syntax.“44 Im Gegensatz zu den

Dialekten, die der alltäglichen Verständigung dienen, fungiert die Standardsprache als

Sprache der Öffentlichkeit und besitzt ein hohes Prestige.45 Beherrscht ein Sprecher

sowohl Standardsprache als auch einen Dialekt, bezeichnet man dies als „Diglossie“46.

Die Umgangssprache ist in der Übergangszone zwischen Standardsprache und Dialekt

anzusiedeln, entsteht folglich aus einer Art Ausgleichungsprozess.47 Wie oben bereits

erläutert ist Jugendsprache durch die Verwendung von sprachlichen Mitteln gekenn-

zeichnet, die ursprünglich standardsprachlich sind. Diese werden dann im Zuge eines

Destandardisierungsprozesses gemäß des Bedarfs der Sprechergruppe verändert. Ju-

gendsprache kann somit als eine eigene Varietät gesehen werden, deren Sprecher sich

zum einen standardsprachlicher Mittel bedienen, zum anderen aber auch Umgangsspra-

41 Vgl. Neuland 2008, S. 142 42 Vgl. Ebd., S. 168 43 Ebd., S. 66 44 Ebd. 45 Vgl. Ebd. 46 Ebd. 47 Vgl. Ebd.

3 Abgrenzung von Jugendsprache zur Umgangssprache und zu Dialekten 8

che und Dialekte mit einfließen lassen. Im Hinblick auf die in großer Zahl existierenden

Varietäten unterscheidet Neuland vier verschiedene Klassen: die diachronischen (histo-

rischen) Varietäten beziehen sich auf unterschiedliche Zeitabschnitte der Sprachent-

wicklung. Die diatopischen (dialektalen) Varietäten verweisen auf die geographische

Verteilung48 und die diastratischen (soziolektalen) Varietäten auf verschiedene soziale

Gruppen, die Varietäten benutzen. Die vierte Varietätenklasse ist die diaphasische (si-

tuative Varietät), die in unterschiedlichen Situationen oder Bereichen benutzt wird.49

Jugendsprache eindeutig einer Varietätenklasse zuzuordnen ist jedoch kaum möglich, da

weder die Gruppe der Sprecher deutlich abgegrenzt werden kann, noch die jeweiligen

Merkmale als ausschließlich jugendsprachlich definiert werden können.50 Dennoch

kann Jugendsprache grundsätzlich als eine Varietät angesehen werden, wenn „Varietä-

ten als konventionell bestimmte, unscharf abgegrenzte Verdichtungen in einem Konti-

nuum“51 verstanden werden, weil diese Eigenschaften, wie ich im ersten Kapitel bereits

erläutert habe, auch auf Jugendsprache zutreffen. Neben umgangssprachlichen Elemen-

ten52, die zum Teil durch Bricolage von den Sprechern umgewandelt werden, weist Ju-

gendsprache auch fachsprachliche Elemente auf,53 welche die Sprache für Außenste-

hende schwer oder unverständlich machen. Wie bereits im ersten Kapitel erwähnt, nut-

zen Sprecher in stark dialektal geprägten Gegenden häufig regionalsprachliche anstelle

jugendsprachlicher Ausdrücke. Umgekehrt können dadurch aber auch Begriffe aus der

Jugendsprache mit dem Dialekt in dieser Region vermischt werden.54 Jugendsprache

kann medial mündlich oder schriftlich in Erscheinung treten, ist konzeptionell aber eher

mündlich ausgerichtet, da sie zahlreiche umgangssprachliche und dialektale Elemente

aufweist und viele standardsprachliche Ausdrücke in abgewandelter Form auftreten.55

Jugendsprache kann demnach als eine Varietät bezeichnet werden, die zwar in-

dividuelle sprachliche Besonderheiten aufweist, aber aus der Umgangssprache, den Dia-

lekten sowie aus der Standardsprache gespeist wird. Durch die nur schwer eingrenzbare

Sprechergruppe und die vielseitigen äußeren Einflüsse auf Jugendsprache ist diese in-

48 Vgl. Neuland 2008, S. 67 49 Vgl. Ebd. 50 Vgl. Ebd., S. 68 51 Ebd. 52 Vgl. Schlobinsky 1993, S. 211 53 Vgl. Neuland 2008, S. 66 54 Vgl. Ebd., S. 147 55 Vgl. Koch/ Oesterreicher 1985, S. 15–43

4 Funktionen von Jugendsprache 9

nerlich stark heterogen.56 Bezieht man das nichtsprachliche Handeln jugendsprachlicher

Akteure mit ein, so anstelle einer Varietät auch von soziokulturellen Stilen gesprochen

werden. Die Standardsprache und die spezifischen Stile beeinflussen sich durch die Pro-

zesse der Destandardisierung und Restandardisierung wechselseitig.57

4 Funktionen von Jugendsprache

Im Folgenden werde ich erläutern, warum Jugendsprache entstanden ist und welche

Funktionen sie für ihre Sprecher/innen erfüllt. Augenstein (1998) hat sich ausführlich

mit diesem Thema beschäftigt, weshalb ich mich in diesem Kapitel vorrangig auf ihr

Werk „Funktionen von Jugendsprache“ beziehen werde. Die im Folgenden aufgeführten

Funktionen sind zunächst einmal allgemeine Sprachfunktionen, die sich aber durch ihre

Spezifizierung auch auf Jugendsprache beziehen lassen.

Die erste Funktion ist die von Augenstein so bezeichnete Ausdrucksfunktion.

Mit ihrer Hilfe werden bei der Verwendung von Jugendsprache Aussagen über unsere

Stellung innerhalb der Gesellschaft gemacht. Die Ausdrucksfunktion beinhaltet also

eine „sozialsymbolische Funktion“58, wodurch ein Sprecher auf seine soziale Herkunft

referieren und sich mit Hilfe fachsprachlichen Inventars von seiner Außenwelt abgren-

zen kann. Darüber hinaus stehen ihm dazu auch „prosodische oder nonverbale Mittel“59

zur Verfügung. „Sozialsymbolisches Handeln“60 wird auch durch die sogenannten „So-

cial Markers“61 unterstützt. Social Markers sind spezielle Ausdrucksweisen, die in der

Regel in dem jeweiligen Kontext nicht erwartet werden. Deshalb ist Jugendsprache

auch, abgesehen von der internen Gruppenkommunikation, immer „eine markierte Form

des Sprechens“62. Das Referieren auf die soziale Herkunft eines Sprechers kann auf drei

verschiedenen Ebenen erfolgen:63 Er gibt Auskunft über die „Zugehörigkeit zur Groß-

gruppe der Jugendlichen“64, wodurch sich der Sprecher von anderen Altersgruppen ab-

56 Vgl. Neuland 2008, S. 136 57 Vgl. Ebd., S. 144 58 Augenstein 1998, S. 15 59 Ebd., S. 16 60 Ebd., S. 21 61 Ebd., S. 20 62 Ebd., S. 21 63 Vgl. Ebd., S. 25 64 Ebd.

4 Funktionen von Jugendsprache 10

grenzt und gleichzeitig das Gruppengefühl gestärkt wird.65 In diesem Kontext bezeich-

net man Jugendsprache auch als „Generationssoziolekt“ oder „Konsum-

Jugendsprache“66. Darüber hinaus ist es möglich, nicht die Großgruppe der Jugendli-

chen im Kontext anderer Generationen zu betrachten, sondern im Zusammenhang mit

jugendkulturellen Szenen. Die in diesem Fall sogenannte „Szenesprache“ drückt die

Zugehörigkeit zu einer Szene aus, dient also „der Standortbestimmung und Binnen-

strukturierung innerhalb der Szenelandschaft.“67 Auf der Ebene der Peer-Groups fungie-

ren die „Ingroup-Sprachen“ als Marker der sozialen Zugehörigkeit zu einer Jugend-

gruppe. Die Sprecher basteln zu diesem Zweck besondere Stilelemente und grenzen sich

durch diese nach außen hin ab. Die drei Ebenen, auf denen der Sprecher auf seine sozia-

le Herkunft referieren kann, lassen sich nicht klar von einander trennen und beeinflus-

sen sich gegenseitig.68

Jugendsprache erfüllt neben der Ausdrucksfunktion auch eine Darstellungsfunk-

tion, die den Sprechern das Referieren auf sich selbst ermöglicht. Um ihre Emotionen

adäquat zum Ausdruck bringen zu können, haben die Sprecher ein großes fachsprachli-

ches Inventar etabliert. Für Jugendliche, die sich in der Phase der Individuation und

Sozialisation befinden, bietet der Ausdruck von Emotionen wie „Begeisterung, Ver-

wunderung, Unwillen, Verdruß, Gleichgültigkeit und Lässigkeit“69 eine große Unter-

stützung in ihrem Entwicklungsprozess.70 Augenstern bezieht sich in ihren Erläuterun-

gen zur Darstellungsfunktion auf Lapp, der den oben beschriebenen Umgang mit Spra-

che als einen Prozess der „Sprachemanzipation“ bezeichnet, um „die Phrasenhaftigkeit

und die Unangemessenheit der Allgemeinsprache zu entlarven.“71 In der Standardspra-

che besteht also eine Art „Mangel“ an Ausrücken, mit Hilfe derer intensive Emotionen

beschrieben werden können, den die Jugendsprache auszugleichen versucht.

Das Finden und Nutzen sprachlicher Mittel, die Emotionen auszudrücken, beein-

flusst auch die Positionierung innerhalb der Gesellschaft, die bereits im Kontext der

Ausdrucksfunktion eine Rolle gespielt hat. So verarbeiten die Sprecher zum Beispiel

65 Vgl. Augenstein 1998, S. 25 66 Ebd., S. 23 67 Ebd., S. 25 68 Vgl. Ebd. 69 Ebd., S. 50 70 Vgl. Ebd., S. 49 71 Ebd., S. 51

4 Funktionen von Jugendsprache 11

auch Tabubereiche wie Sexualität und Obszönitäten, um zum einen diese Themen für

sich zu bearbeiten und zum anderen ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.72

Eine weitere Funktion von Jugendsprache ist die metasprachliche Funktion. Mit

Hilfe einzelner Wörtern werden Redebeiträge und Gespräche gegliedert, strukturiert und

organisiert. Das geschieht beispielsweise mit dem von Schlobinsky als typisch jugend-

sprachlich eingestuftem Rückversicherungspartikel „ey“73. Darüber hinaus werden ein-

zelne Redebeiträge durch Steigerung, Abtönung oder Verstärkung mittels sogenannter

Hedges wie „und so“74 oder „oder so“75 verteilt. Verstärkungspartikel wie zum Beispiel

„ey Mann“76 lenken die Aufmerksamkeit und unterstützen die Verständigung innerhalb

der Sprechergruppe. Darüber hinaus sind jugendsprachliche Akteure durch Strategien

wie dem „Borgen von Stimmen“77 in der Lage, ganze Textsorten neu zu etablieren.

Die vierte und letzte Funktion, die Augenstein erläutert, ist die Appellfunktion

von Jugendsprache, die von der Gruppe ausgehend, sowohl nach innen als auch nach

außen gerichtet sein kann: In Ingroup-Dialogen versucht der Sprecher die Aufmerksam-

keit und Anerkennung der Gruppenmitglieder zu erlangen. In der Outgroup-

Kommunikation grenzt sich der Sprecher durch seinen spezifischen Sprachgebrauch ab.

Ein weiterer Aspekt der Appellfunktion ist die Öffnung der jugendsprachlichen Spre-

chergruppe gegenüber nicht dazugehörigen Erwachsenen, was als eine Art Solidarisie-

rungsangebt zu verstehen ist.78

Welche Funktion von Jugendsprache im Vordergrund steht oder ob alle Funk-

tionen gleichermaßen eine Rolle spielen, wird in Augensterns Ausführungen nicht ein-

deutig geklärt. Schlobinsky betont jedoch, dass Jugendsprache nicht vorrangig der Ab-

grenzung dient, sondern vielmehr der eigenen Positionierung der Sprecher innerhalb der

Gesellschaft:

„Der spielerische Umgang mit der Sprache hat weniger die Funktion, sich von anderen jugendlichen Gruppen oder Erwachsenen abzugrenzen, sondern ist vielmehr ein Experimentieren mit Themen, mit sprachlichen Regeln und Kon-ventionen, ist ein Erproben der sozialen und diskursiven Kompetenz.“79

72 Vgl. Augenstein 1998, S. 52 73 Schlobinsky 1993, S.136 74 Augenstein 1998, S. 64 75 Ebd. 76 Ebd. 77 Ebd. 78 Vgl. Ebd., S. 98 79 Schlobinsky 1993, S. 211

5 Jugendsprache in der Schule 12

Demnach wird Jugendsprache nach Schlobinsky aufgrund seines „entwicklungsspezifi-

schen Charakters“80 auch vorrangig in Situationen angewendet, die dieses sprachliche

Experiment zulassen und weniger von Zwängen geprägt sind.81 Auch Neuland weist auf

eine stärker ausgeprägte „identifikatorische“ als eine „abgrenzende Funktion“82 hin, da

durch die Mittel, die in der Jugendsprache Verwendung finden, Emotionen, Spaß und

Kreativität ausgedrückt werden sollen.83

5 Jugendsprache in der Schule

Als eine öffentliche Institution, die Jugendliche regelmäßig besuchen müssen, setzt die

Schule eine der Institution angemessene, also einen möglichst standardnahen Sprachge-

brauch voraus.84 Das sprachliche Bedürfnis Jugendlicher besteht jedoch in einer Erpro-

bung sprachlicher Möglichkeiten und eine dadurch erfolgende Individuation und Posi-

tionierung innerhalb der Gesellschaft.85 Die Anforderungen der Institution Schule sowie

die angestrebte Sozialisation kollidieren also mit den Bedürfnissen der Schüler, was

zwangsläufig zu Konflikten im Schulalltag führt und eine Herausforderung für Lehrer

und Schüler darstellt. Im Unterricht müssen Schüler deshalb oft „ihre personale Identität

zugunsten der sozialen, von der Schülerrolle geforderten zurückstellen“86, damit didak-

tische Maßnahmen nicht verlangsamt oder behindert werden. Um sich von der Instituti-

on dennoch distanzieren zu können, entwickeln Schüler spezielle Taktiken, wie zum

Beispiel die Nebenkommunikation im Unterricht. Diese hat eine „identitätssichernde

Funktion“87 und ermöglicht im Gespräch über außerschulische Themen die Befriedi-

gung individueller Bedürfnisse. Dieses Verhalten der Schüler stört zwar zunächst mehr

oder weniger stark den Ablauf des Unterrichts, wirkt sich aber positiv auf ihr Sprach-

verhalten aus: Die Jugendlichen verlassen nämlich ihre bis dato passive Rolle und voll-

ziehen aktive mündliche und schriftliche Sprachhandlungen, was zum einen die Sprach-

kompetenz fördern und zum anderen identitätsstiftend sein kann. In der Nebenkommu-

nikation spielen vor allem private Themen eine Rolle, so dass eine Distanz zu dem Un-

80 Schlobinsky 1993, S. 212 81 Vgl. Ebd. 82 Neuland 2008, S. 138 83 Vgl. Ebd. 84 Vgl. Neuland 2008, Lange, S. 144 85 Vgl. Schlobinsky 1993, S.211 86 Neuland 2008, S. 165 87 Ebd., S. 16

5 Jugendsprache in der Schule 13

terrichtgeschehen geschaffen wird. Sie dient gewisser Maßen als Sicherung der eigenen

Identität in einer Institution, die den Schülern ein hohes Maß an (sprachlicher) Anpas-

sung abverlangt. Die Jugendlichen versuchen ihre Situation umzugestalten und sich ein

Stück weit aus den Zwängen zu befreien, indem sie die Kommunikation persönlicher

und lockerer gestalten.88 In der Freizeit wählen die Schüler hingegen oft das Thema

Schule, da es „wichtige subjekt- und gruppenbezogene Funktionen“ für die Jugendli-

chen erfüllt. Darüber hinaus hat das Freizeitgespräch, was auch in den Pausen zwischen

den Unterrichtseinheiten stattfinden kann, eine „kompensatorische Funktion“89, da es zu

einer Entlastung von „sozialem und affektivem Druck“90 führt.

Gesteuert wird die Kommunikation innerhalb einer Schulklasse bzw. einer Schu-

le durch die Konstellation innerhalb der sozialen Gruppe, also dem Klassenverband oder

der gesamten Schülerschaft. Dabei ist die jeweilige Gruppe von Schülern als eine Art

Peer Group zu verstehen91, deren Entstehung fremdbestimmt ist und deren Mitglieder,

abgesehen von ihrem Alter und der damit verbundenen Schulpflicht, sehr heterogen sein

können. Aufgrund dieser heterogenen Gruppe bildet sich im schulischen Kontext eine

Jugendsprache mit bestimmten Merkmalen heraus, die ich im Folgenden noch näher

erläutern werde.92

Aus der Gegenüberstellung von Lehrern und Schülern, die zwei verschiedenen

Generationen angehören und kontroverse Ziele anstreben, resultiert vor allem im Unter-

richt ein Spannungsverhältnis. So sind die intensive Nebenkommunikation sowie Äuße-

rungen fern der standardsprachlichen Norm innerhalb des Unterrichts in der Regel mit

Sanktionen belegt, da sie die didaktischen Maßnahmen behindern.93

Neuland sieht jedoch den Schwerpunkt jugendsprachlicher Kommunikation im

Freizeitbereich und nicht in der Familie oder Schule. Die Gründe dafür sind nicht nur

die institutionellen Vorgaben, die Jugendsprache während des Unterrichts weitgehend

vermeiden sollen, sondern auch die geringe emotionale Einbindung der Schüler im Un-

terricht. Denn insbesondere für den Ausdruck von Gefühlen ist Jugendsprache besser

geeignet als die Standardsprache.94 In der Schule ist Jugendsprache am häufigsten in

88 Vgl. Neuland 2008, S. 168 89 Ebd., S. 164 90 Ebd. 91 Vgl. Ebd., S. 116 92 Vgl. Ebd., S. 117 93 Vgl. Ebd., S. 177 94 Vgl. Ebd., S. 161

5 Jugendsprache in der Schule 14

den Pausen oder, wie bereits erwähnt, in der unterrichtlichen Nebenkommunikation

verbreitet. Wie die Analyse eines Gesprächs unter Schülern eines Gymnasiums zeigt, ist

der „Sprachgebrauch nicht unbedingt durch einen besonderen jugendtypischen Wort-

schatz charakterisiert; vielmehr handelt es sich um einen bestimmten Interaktionsmodus

und Sprachstil, der sich durch Stimmvielfalt, Durcheinanderreden, gemeinsames Ge-

lächter über gelungene Wortspiele und Anspielungen sowie Bricolagen auszeichnet.“95

Diese These von Neuland über das Kommunikationsverhalten von Schülern bestätigt

noch einmal die oben aufgeführte Theorie, dass Jugendsprache durch eine Vielzahl von

Merkmalen gekennzeichnet ist und nicht nur durch einen bestimmten Wortschatz.

Auch das Lästern ist eine im schulischen Kontext häufig auftretende Form des

Gesprächs. Zum einen stärkt das Lästern das Gemeinschaftsgefühl der Gruppe und zum

anderen versichern sich die Sprecher der Einstellungen und Werte der anderen Mitglie-

der.96

Auffällig in der Kommunikation unter Jugendlichen sind außerdem immer wie-

der auftretende obszöne Ausdrücke. Sie führen nach Neuland zu einer „affektiven Ent-

lastung des sozialen Zwangs“97 innerhalb der Institution Schule. So können beleidigen-

de Aussagen über Lehrer das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Gruppe stär-

ken, indem man sich gegen einen Teil der Institution „verbündet“ und abgrenzt. 98

Was die Unterschiede hinsichtlich der verschiedenen Merkmale und Verwen-

dungsweisen von Jugendsprache zwischen den einzelnen Schultypen anbelangt, so las-

sen sich nur bei Neuland einige wenige Aussagen auf diesem Gebiet finden. So wurden

Bricolage-Aktivitäten bei Schülern aller Schulformen festgestellt, wobei Jungen diese

bevorzugt verwenden, wenn auch erst verstärkt ab ca. 14 Jahren.99 Hauptschüler ver-

wenden Untersuchungen zu Folge etwas mehr Anglizismen als Gymnasiasten und Be-

rufsschüler, „bilden komplexere Hybridformen und kreative Sprachspielereien.“100 Eine

detaillierte Untersuchung, die sich mit den Differenzen jugendsprachlicher Äußerungen

innerhalb der verschiedenen Schulformen befasst, könnte noch mehr Aufschluss über

die Verwendungsweise von Jugendsprache geben.

95 Neuland 2008, S. 163 96 Vgl. Ebd. 97 Ebd., S. 164 98 Vgl. Ebd. 99 Vgl. Ebd., S. 141 100 Ebd., S. 146

6 Jugendsprache als Unterrichtsthema zur Förderung kommunikativer Kompetenzen 15

6 Jugendsprache als Unterrichtsthema zur Förderung kommuni-

kativer Kompetenzen

Wie in Kapitel IV bereits erläutert, sollte Jugendsprache als Teil der Sprachkompetenz

ihrer Sprecher angesehen werden und deshalb auch im Unterricht eine konkrete Rolle

spielen. Darüber hinaus eignet sich Jugendsprache hervorragend, um sprachliche Teil-

kompetenzen bei Jugendlichen zu fördern. Doch zunächst muss geklärt werden, wie

kommunikative Kompetenz überhaupt definiert werden kann. Dem Gemeinsamen Eu-

ropäischen Referenzrahmen (GER) nach setzt sich die kommunikative Kompetenz aus

mehreren Teilkompetenzen zusammen. Zum einen sollte der Sprecher linguistisch

kompetent sein, das heißt, er benötigt hinreichende lexikalische, grammatische, seman-

tische, phonologische und orthographische Kenntnisse, um adäquat kommunizieren zu

können. Um den Begebenheiten in einem bestimmten sozialen Raum sprachlich gerecht

zu werden, benötigt der Sprecher darüber hinaus die soziolinguistische Kompetenz. Die

dritte Kompetenz, die ein kommunikativ kompetenter Sprecher dem GER nach besitzen

muss, ist die pragmatische Kompetenz, durch die der Sprecher die Prinzipien kennt,

nach denen Mitteilungen organisiert und verwendet werden.101 Wie diese drei Teilkom-

petenzen im Unterricht gefördert werden können, werde ich im Folgenden mit Hilfe der

aktuellen Lehrpläne noch näher erläutern.

Wie gut sich Jugendsprache zur Förderung der allgemeinen Sprachkompetenz

eignet, zeigt Neuland in ihren Untersuchungen. Durch die Auseinandersetzung mit Ju-

gendsprache im Unterricht können die sprachanalytische, die sprachproduktive und die

sprachreflexive Kompetenz gefördert werden. Die sprachanalytische Kompetenz wird

durch die Vertiefung von sprachlichem und kommunikativem Wissen weiterentwickelt.

Die sprachproduktive Kompetenz wird gefördert, indem Schüler zu sprachlicher Kreati-

vität animiert werden und sprachliche Rollenwechsel ausprobieren können. So entdec-

ken Jugendliche die unterschiedliche Wirkungsweise verschiedener Sprachstile. Durch

die Förderung der Reflexionsfähigkeit und der Fähigkeit zur Sprachkritik wird die

sprachreflexive Kompetenz aufgebaut.102

101 Vgl. http://www.goethe.de/Z/50/commeuro/50201.htm (20.08.2012) 102 Vgl. Neuland 2008, S. 172

6 Jugendsprache als Unterrichtsthema zur Förderung kommunikativer Kompetenzen 16

Aufgrund dieser vielseitigen Kompetenzförderung ist das Thema Jugendsprache im

Unterricht heute sehr beliebt103 und fest in dem vom Schulministerium vorgegebenen

Lehrplänen für die Sekundarstufe I verankert. Das Thema Jugendsprache kann im Kon-

text Sprachvarianten und Sprachwandel sowohl in den Jahrgangsstufen fünf bis neun

besprochen werden, wobei die Lernziele in den einzelnen Stufen variieren. In den Jahr-

gangsstufen fünf und sechs sollen die Schüler zunächst den Unterschied zwischen

mündlichem und schriftlichem Sprachgebrauch untersuchen und erste stilistische Ent-

scheidungen erkennen und selber treffen. Hier kann Jugendsprache erstmals im Kontext

des mündlichen Sprachgebrauchs thematisiert werden. In der siebten und achten Stufe

sollen die Schüler zwischen Sprachvarianten unterscheiden können, so dass Jugend-

sprache verstärkt miteinbezogen werden kann. In der Jahrgangsstufe neun sollen die

Schüler schließlich Sprachvarianten reflektieren, was zu einer intensiveren Auseinan-

dersetzung mit Sprache führt.

Das Schulministerium schlägt verschiedene Aufgabentypen für die einzelnen

Jahrgangsstufen vor, die im Folgenden vorgestellt werden. Dazu werden ich ausschließ-

lich auf die Vorgaben der Jahrgangsstufe neun eingehen, da die Schüler sich hier am

intensivsten mit dem Thema auseinandersetzen.104 Der Lehrplan gibt sowohl mündliche

als auch schriftliche Aufgabentypen vor. Die mündlichen Aufgabentypen fördern pri-

mär die soziolinguistische und die pragmatische Kompetenz, die schriftlichen hingegen

vor allem die linguistische Kompetenz. Durch die Thematisierung von Jugendsprache

wird das Sprachbewusstsein in hohem Maße geschult, weil die Schüler ihre eigene

Sprache reflektieren müssen. Zunächst werde ich auf die mündlichen Aufgabentypen

näher eingehen und Beispiele geben, wie man sie im Bezug auf das Thema Jugendspra-

che umsetzen könnte.

Bei dem ersten Aufgabentyp „Sprechen“ steht die sachgerechte, folgerichtige

und gegebenenfalls mediengestützte Präsentation im Mittelpunkt. Präsentiert werden

können Arbeitsergebnisse, eigene Standpunkte oder auch ganze Referate. Die Schüler

könnten diesen Aufgabentyp umsetzen, indem sie zum Beispiel Ergebnisse aus ihrer

Recherche zum Thema Jugendsprache vorstellen oder ihre Meinung über die Verwen-

dung von Jugendsprache vortragen.

103 Vgl. Neuland 2008, S. 170 104 Vgl. http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/kernlehrplaene-sek-i/gymnas ium-g8/ (20.08.2012)

6 Jugendsprache als Unterrichtsthema zur Förderung kommunikativer Kompetenzen 17

Der zweite Aufgabenschwerpunkt besteht aus dem gestaltenden Sprechen und

dem Spielen von Szenen. Die Schüler sollen laut Lehrplan zum Beispiel dialogische

Texte oder Gedichte gestaltend vortragen. Im Bezug auf Jugendsprache eignen sich vor

allem Dialoge, die von den Schülern selbst geschrieben und dann vorgetragen oder sze-

nisch umgesetzt werden können. Diese Dialoge können entweder zwischen Jugendli-

chen oder aber zwischen Erwachsenen und Jugendlichen stattfinden, wobei letzteres

besonders den dadurch entstehenden Generationskonflikt widerspiegeln würde. Anstelle

des empfohlenen Schreibens von Gedichten würde sich das Kreieren von Rap-

Songtexten, die jugendsprachliche Elemente beinhalten, ebenfalls gut eignen.

Bei dem dritten Aufgabenschwerpunkt handelt es sich um das Führen von Ge-

sprächen. Die Schüler sollen Sprechakte gestalten und reflektieren, zum Beispiel in

Diskussionen oder Rollenspielen. Diskussionen können unter anderem darüber geführt

werden, ob Jugendsprache als Sprachbereicherung verstanden werden kann oder der

allmähliche Sprachverfall durch sie begünstigt wird. Auch verschiedene Definitionen

von Jugendsprache können zur Debatte gestellt werden.105 Mit Hilfe der Rollenspiele

könnten die oben vorgeschlagenen Dialoge szenisch umgesetzt werden, aber auch ein

Vergleich eines Bewerbungsgesprächs und eines privaten ersten Gesprächs wäre mög-

lich. Durch den entstehenden Kontrast der im Gespräch verwendeten Sprechweisen

würden die Schüler für jugendsprachliche Merkmale innerhalb des zweiten Gesprächs

sensibilisiert.

Für den schriftlichen Aufgabentyp schlägt das Schulministerium fünf verschie-

dene Aufgabenschwerpunkte vor. Bei der ersten Aufgabe sollen die Schüler einen in-

formativen Text verfassen. Teilaufgaben sind hierbei die vorherige „Materialauswahl

und -sichtung“, die „Gestaltung des Textes“ und die „Reflexion über Mittel und Verfah-

ren“.106 Dieser Aufgabentyp ließe sich zum Beispiel durch das Schreiben eines Sachtex-

tes zum Thema Jugendsprache umsetzen. Vorab müssten die Schüler das benötigte Ma-

terial auswählen und die entsprechenden Texte bearbeiten, um anschließend auf dieser

Grundlage einen Text zu verfassen. Über die Mittel und Verfahren, wie man beim

Schreiben eines Sachtextes vorgeht, könnte im Anschluss an einige vorgetragene Texte

im Plenum gesprochen werden.

105 Vgl. http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/kernlehrplaene-sek-i/gymnas ium-g8/ (20.08.2012) 106 Ebd.

6 Jugendsprache als Unterrichtsthema zur Förderung kommunikativer Kompetenzen 18

Bei dem zweiten Aufgabentyp, den der Lehrplan vorgibt, sollen die Schüler eine Ar-

gumentation zu einem Sachverhalt erstellen. Überträgt man diese Aufgabe auf das

Thema Jugendsprache, so könnten die Schüler zum Beispiel wie oben Argumente dafür

suchen, ob Jugendsprache als Sprachverfall oder Sprachbereicherung verstanden wer-

den kann.

Im Zusammenhang mit dem Umgang mit Texten und Medien und dem Lesen

wird ein Aufgabentyp mit zwei Varianten vorgestellt: Bei der ersten Variante sollen

Schüler entweder einen Sachtext oder medialen Text analysieren oder einen literari-

schen Text analysieren und interpretieren. Im Bezug auf das Thema Jugendsprache

würde sich hier die Analyse eines Sachtextes zum Thema Jugendsprache gut eignen,

oder die Untersuchung von jugendsprachlichen Merkmalen von bestimmten medialen

Texten wie E-Mails oder SMS. Diese sind konzeptionell mündlich verfasst und beinhal-

ten häufig Elemente der Jugendsprache, vor allem wenn der Informationsaustausch un-

ter Jugendlichen stattfindet.

Die zweite Variante schlägt die Ermittlung von Informationen aus kontinuierli-

chen oder diskontinuierlichen Texten vor. Darüber hinaus sollen Textaussagen gedeutet,

reflektiert und bewertet werden. Hier würde sich zum Beispiel ein Text eignen, der be-

reits veraltete Forschungsergebnisse von Jugendsprache beinhaltet, so dass die Schüler

mit Hilfe ihres bereits im Unterricht erworbenen Wissens über Jugendsprache die Aus-

sagen des Textes kritisch reflektieren und beurteilen können. Gleichzeitig würden die

Schüler über die diachrone Entwicklung von Jugendsprache informiert.

Einen weiteren Aufgabenschwerpunkt bilden „sprachliche Formen und Struktu-

ren in ihrer Funktion“.107 In der Jahrgangsstufe neun soll hier ein Text unter vorgege-

ben Gesichtspunkten sprachlich analysiert und überarbeitet werden. Die Überarbeitung

der Textstellen soll anschließend von den Schülern begründet werden. Bei dieser Auf-

gabe würde sich zum Beispiel ein jugendsprachlicher Text oder Dialog eignen, der in

die Standardsprache übersetzt werden soll. Durch die Reflexion über die spezifischen

Verwendungsweisen von Sprache in unterschiedlichen Situationen wird das Sprachbe-

wusstsein der Schüler geschult.

Beim Aufgabenschwerpunkt „Produktionsorientiertes Schreiben“ sollen die

Schüler möglichst kreativ und eigenständig einen Texten verfassen. Die Schüler könn- 107 Vgl. http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/kernlehrplaene-sek-i/gymnas ium-g8/ (20.08.2012)

6 Jugendsprache als Unterrichtsthema zur Förderung kommunikativer Kompetenzen 19

ten zum Beispiel jugendsprachliche Dialoge oder eine E-Mails schreiben, die die ju-

gendsprachlichen Merkmale, die im vorher gelesenen Text erläutert wurden, beinhal-

ten.108 Eine weitere Möglichkeit wäre das Kreieren von jugendsprachlichen Songtexten

oder Zeitungsartikeln, wie sie vor allem in Jugendzeitschriften zu finden sind. Mit Hilfe

dieser kreativen Aufgabe werden Schüler für die Auseinandersetzung mit dem Thema

motiviert und sie bekommen einen anderen Zugang zu der Materie, wodurch Informa-

tionen besser abgespeichert werden können.

Des Weiteren können Schüler im DAF-Unterricht über und durch Jugendsprache

lernen. Ziel ist der Aufbau eines Varietätenbewusstseins in der Fremdsprache, weil da-

durch kommunikative Kompetenzen der Jugendlichen gefördert werden. Ein Anreiz für

die Schüler ist außerdem, dass sie durch die Beherrschung jugendsprachlicher Merkma-

le besser mit Gleichaltrigen kommunizieren können. In DAF-/Lehrwerken werden

Schüler daher durch den Einbezug von Perspektiven und Erfahrungsräumen Jugendli-

cher motiviert.109

Allgemein sollte Jugendsprache im Unterricht, abgesehen von der Verwendung

von Kraftausdrücken, immer positiv konnotiert sein und in ihrer Andersartigkeit als

Varietät betrachtet werden, da die Sprache und das Selbstbewusstsein der Schüler eng

miteinander zusammenhängen. Wird ihre Sprache als etwas Positives betrachtet, so be-

deutet das für die Schüler eine Aufwertung ihrer ganzen Person, was sie für das Thema

motiviert.110 Darüber hinaus steigen Selbstbewusstsein und Motivation auch durch die

Kommunikation mit anderssprachigen Jugendlichen.111

Auch wenn die Institution Schule das Ziel verfolgt, den Schülern vorrangig

standardsprachliche Kompetenzen zu vermitteln und den Gebrauch von Standardspra-

che auch im Unterricht voraussetzt, so sollte Jugendsprache im Unterricht dennoch eine

große Rolle spielen. Denn zum einen erfüllt Jugendsprache wichtige Funktionen inner-

halb des Sozialisations- und Individuationsprozesses und zum anderen kann sie als Un-

terrichtsthema kommunikative Kompetenzen der Schüler fördern, die heute wichtiger

denn je sind und die späteren Erfolgschancen erhöhen. Das Thema Jugendsprache lässt

sich mit Hilfe der aktuellen Lehrpläne für die Sekundarstufe I des Gymnasiums wie

108 Vgl. http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/kernlehrplaene-sek-i/gymnas ium-g8/ (20.08.2012) 109 Vgl. Neuland 2008, S. 177 110 Vgl. http://www.klett-pressbox.de/sixoms/media.php/273/KTD_37_S15_16.pdf (20.08.2012) 111 Vgl. Neuland 2008, S. 146

7 Fazit und Ausblick 20

oben beschrieben gut in den Unterricht einbauen, das Lehrmaterial muss jedoch immer

wieder auf seine Aktualität und Brauchbarkeit hin überprüft werden.

7 Fazit und Ausblick

Der vorliegenden Recherche nach zu urteilen lässt sich durch Jugendsprache als Unter-

richtsthema kommunikative Kompetenzen bei Jugendlichen in hohem Maße fördern.

Sowohl mündliche als auch schriftliche Aufgabentypen lassen sich zu diesem Zeck ein-

setzen, wobei sich schriftliche Aufgaben primär auf die linguistische Kompetenz aus-

wirken und die mündlichen Aufgaben eher auf die soziolinguistische und pragmatische

Kompetenz. Die Anerkennung der Jugendsprache in der Institution Schule wirkt sich

positiv auf das Selbstwertgefühl der Schüler aus und kann dadurch die Motivation für

das Thema steigern. Außerdem ist Jugendsprache ein wichtiger Teil des Entwicklungs-

prozesses, der daher in der Schule nicht ausgeklammert werden sollte. Da das Aufstel-

len einer Definition für Jugendsprache aufgrund ihrer vielseitigen Merkmale und der

vielen verschiedenen Einflussfaktoren schwierig ist, bietet das Thema einen Anreiz für

Diskussionen, durch die sich Schüler eine eigene Meinung bilden können. Daneben gibt

es in der Wissenschaft nach wie vor unterschiedliche Ansichten darüber, ob Jugend-

sprache Sprachbereicherung oder Sprachverfall bedeutet, was ebenfalls im Unterricht

zur Debatte gestellt werden könnte.

Das für den Unterricht benötigte Lehrmaterial zum Thema Jugendsprache ist nur

teilweise brauchbar und müsste daher noch weiter ausgebaut und verbessert werden.

Insbesondere die Aktualität der Texte spielt dabei eine große Rolle, da sich Jugendspra-

che in einem ständigen und recht schnellen Wandel befindet und die Schüler sich mit

den Texten identifizieren können sollten.

Um das Thema Jugendsprache im Unterricht noch effektiver untersuchen zu

können, wären Forschungsergebnisse zu den Differenzen von Jugendsprache zwischen

Schülern der verschiedenen Schulformen wichtig. Auch inwieweit ein Zusammenhang

zwischen der sozialen Herkunft der Schüler und ihrem Sprachgebrauch besteht, müsste

noch weiter untersucht werden.

Literaturverzeichnis

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S.15-98

Koch, Peter / Oesterreicher, Wulf (1985): „Sprache der Nähe – Sprache der Distanz.

Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Spannungsfeld von Sprachtheorie und Sprachge-

schichte“. In: Romanistisches Jahrbuch, 36. Berlin / New York: Walter de Gruyter, S.

15-43

Neuland, Eva (2008): Jugendsprache. Tübingen: Francke, S. 16-177

Neuland, Eva (2008): Jugendsprache – Jugendliteratur – Jugendkultur. Frankfurt am

Main: Lang, S. 133-151

Schlobinsky, Peter (1993): Jugendsprache. Opladen: Westd. Verlag, S. 27-212

Internetquellen

http://www.goethe.de/Z/50/commeuro/50201.htm (20.08.2012)

http://www.klett-pressbox.de/sixoms/media.php/273/KTD_37_S15_16.pdf (20.08.2012)

http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/lehrplaene/kernlehrplaene-sek-

i/gymnasium-g8/ (20.08.2012)

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