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JUNI 2015 Update operative Medizin und minimal-invasive Mikrochirurgie

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JUNI 2015

Update operative Medizin und minimal-invasive Mikrochirurgie

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Update operative Medizin und minimal-invasive Mikrochirurgie – zweite Ausgabe

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen

Wir hoffen, die erste Ausgabe vom Oktober 2014 ist bei Ihnen auf grosses Interesse gestossen. Für Anregungen und besonders interes­sierende Themen sind wir selbstverständlich immer offen. Diese können wahlweise telefonisch oder per Email an die Redaktion heran­getragen werden.

Im Spital Limmattal versuchen wir weiterhin, am Puls der Zeit zu bleiben und den Patienten fundierte innovative Verfahren anzubie ­ ten. Dies zeigt sich unter anderem in unserer zweiten Ausgabe schon daran, dass der Titel sich bereits geändert hat.

Wir dürfen uns glücklich schätzen, einen neuen Kollegen in der Gastroenterologie im Haus begrüssen zu dürfen. Dr. med. Thomas Kratt war lange Jahre an der Universitätsklinik Tübingen tätig und hat eine weltweit anerkannte Expertise in der minimal­invasiven Mik­rochirurgie, was er u.a. durch zahlreiche Publikationen in anerkann ­ ten Fachzeitschriften bewiesen hat. Zusätzlich ist er gelernter Visze­ralchirurg und verkörpert sozusagen die kontinuierlich zunehmende Interdisziplinarität der Fachgebiete in einer Person.

Mit dem vorliegenden Heft möchten wir erneut ausgewählte The men aus den operativen Fächern der Chirurgie, Orthopädie, Gynäkologie, Urologie, der interventionellen Fachgebiete sowie Anästhesie und Intensivmedizin präsentieren ohne eine Vollständigkeit der Themenge­biete zu beanspruchen.

Mit den besten GrüssenSpital Limmattal

Dr. med. Jörg GenstorferOberarzt Chirurgische Klinik/Redaktionsleiter

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ähnlichem onkologischem Mehrwert ( Lymphadenektomie sowie sicheren zirku lären und distalen Resektionsrand) kürzere Operations­zeiten und kleinere Komplikations­ und Rehospitalisationsraten auf und ist besonders bei tiefen Rektumkarzinomen mit vielen techni­schen und onkologischen Vorteile verbunden ( 3, 4, 5 ).

References1) Araujo SE et al, Transanal total mesorectal excision: a systematic review of the experimen­

tal and clinical evidence. Tech Coloproctol. 2015

2) Velthuis S et al,Transanal versus traditional laparoscopic total mesorectal excision for

rectal carcinoma. Surg Endosc. 2014

3) Fernández­Hevia M et al, Transanal total mesorectal excision in rectal cancer: short­term

outcomes in comparison with laparoscopic surgery. Ann Surg. 2015

4) Muratore A et al, Transanal total mesorectal excision ( taTME ) for cancer located in the

lower rectum: Short­ and mid­term results. Eur J SurgOncol. 2015

5) Sylla P et al, A pilot study of natural orifice transanal endoscopic total mesorectal excision

with laparoscopic assistance for rectal cancer. Surg Endosc. 2013

6) De Lacy A et al, Transanal natural orifice transluminal endoscopic surgery ( NOTES ) rectal

resection: «down­to­up» total mesorectal excision ( TME )—short­term outcomes in the

first 20 cases. Surg Endosc. 2013

med. prakt. Silviya Ivanova, Assistenzärztin ChirurgieDr. med. Jörg Genstorfer, Oberarzt Chirurgie

In den letzten 30 Jahren hat sich das multimodale Therapiekonzept der Rektumkarzinome dynamisch entwickelt. Als die Technik der totalen mesorektalen Exzision ( TME ) 1982 von Heald et al eingeführt wurde, konnte die Lokalrezidivrate auf <10% reduziert und die 5­Jahres­Überlebensrate auf >80% erhöht werden. Neben der offenen Resektion zeigte sich der minimal­invasive abdominale Zugang aufgrund der besseren intraoperativen Sichtbarkeit als technisch durchführbar, sicher und von onkologischem Vorteil, besonders für Patienten mit tiefsitzendem Rektumkarzinom. Die Laparoskopie stösst aber bei adipösen oder vorbestrahlten Patienten mit tief­sitzendem Rektumkarzinom, bei männlichem Geschlecht und zu engem Becken öfters an ihre Grenzen, sodass in bis zu 30% auf eine Laparotomie konvertiert werden muss.

Um unabhängig von den anatomischen oder onkologischen Gege­benheiten eine ausreichende Radikalität des Eingriffs gewährleisten zu können, wurde von dem NOTES ( natural orifices transluminal endoscopic surgery ) eine innovative Technik auch in der Rektalchirur­gie abgeleitet. Natürliche Körperöffnungen werden als Bergestellen genutzt, damit auf den schmerzhaften Bergeschnitt zur Entfernung von Darmabschnitten verzichtet werden kann. Es zeigen sich weniger postoperative Schmerzen, Wundkomplikationen wie Hernien oder Infektionen sowie rasche Erholung.

Mithilfe von verschiedenen luftdichten Analplattformen wird eine transanale zirkumferentielle Durchtrennung des Rektums in mikro­chirurgischer Technik und unter optimaler visueller Kontrolle von distal nach proximal ermöglicht ( 1, 2, 6 ). Laparoskopische Assistenz hilft bei der Versorgung der Me senterialgefässe, Mobilisation der linken Flexur, Erhalt der autonomen Nerven und der Ureterintegrität sowie Monitoring der tran sanalen Rektumextraktion. Die laparosko­pisch assistierte transanale TME ( Hybrid TME ) mit koloanaler Anasto­mose, die auch wir im Spital Limmattal durchführen, zeigte bei

Viszeralchirurgie

Laparoskopisch assistierte transanale totale mesorektale Exzision ( taTME ) bei tiefen Rektumkarzinomen

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Modulares TP System

Mögliche Implantationswege ( postop. Röntgen )

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Moderne Schulterprothesen vereinen eine einfache Anwendung mit flexiblen Auswahlmöglichkeiten, die eine intraoperative Auswahl zwischen inverser und anatomischer Prothese ermöglichen.

Die von uns verwendete Prothese Aequalis Ascend Flex ® der Firma Tornier ist eine Kurzschaftprothese, welche je nach Knochenqualität zementiert oder nicht zementiert implantieren werden kann. Einer der grössten Vorteile des Aequalis Ascend Flex Systems ® ist die intra­operative Umstiegsmöglichkeit vom anatomischen auf das inverse System, ohne den Schaft wechseln zu müssen.

Mögliche Implantationswege:– Anatomische STP bei suffizienter Rotatorenmanschette ( 1 ) – Inverse STP bei insuffizienter Rotatorenmanschette ( 2 )–  Wechsel einer anatomischen auf eine inverse STP bei im

Verlauf insuffizienter Rotatorenmanschette ( 3 )

Orthopädie

Neue Generation von Schulterendoprothesen

FazitMit dem vorliegenden modularen Schulterprothesen­System lässt sich eine anatomische, knochenerhaltende Schaftimplantation erreichen. Intraoperativ kann, je nach Beschaffenheit der Rotatoren­ manschette, zwischen einem anatomischen oder inversen System gewählt werden. Bei Wechseloperationen vom anatomischen auf ein inverses System kann der Schaft belassen werden. Die Operations ­ zeit für komplizierte Wechseloperationen verkürzt sich. Die Risiken für den Patienten werden geringer.

Dr. med. Oliver Ziegler, Leitender Arzt Orthopädische Klinik

Modulares TP System

Anatomische TP

Inverse TP2

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Primäre Omarthrose

InverseSchulter­prothese

AnatomischeSchulterprothese mit Glenoidersatz

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Botox ® ( Botulinumtoxin A ) wird schon seit einigen Jahren erfolgreich in der Therapie der überaktiven Blase, aber auch bei Drangsymp­tomatik/Dranginkontinenz und neurogenen Blasenentleerungsstö­rungen eingesetzt. Die Therapie kommt dann zum Einsatz, wenn andere, nicht­operative Behandlungsmethoden ausgeschöpft sind oder aufgrund von Unverträglichkeiten nicht weitergeführt wer ­ den können. Dabei wird Botulinum­A Toxin in den Detrusor ( 100 IE ) injiziert, was zu einer reversiblen Teil­Paralyse des Blasenmuskels sowie einer Modulation der sensiblen Blasennerven führt.

Der Eingriff dauert nur wenige Minuten und kann ambulant oder als kurzstatio närer Eingriff erfolgen. Bei komplikationslosem intraopera­tivem Verlauf werden die Patienten bereits einige Stunden später wieder nach Hause entlassen.

Als häufigste Nebenwirkung wird die unkomplizierte Harnwegsinfek­tion beschrieben, seltener Dysurie, Bakteriurie und Harnverhalt. Da die Wirkung nach 6–12 Monaten in der Regel nachlässt, ist es aller­ dings wichtig, dass vorherige Massnahmen wie Physiotherapie, hormonelle Therapien, Trinkverhalten etc. zusätzlich weitergeführt werden.

Seit 2014 ist Botox ® offiziell zur Behandlung der überaktiven Blase zugelassen und kassenpflichtig.

Gynäkologie

Botox ® in der Behandlung der überaktiven Blase ( OAB )

References1) Nitti VW et al. J Urol. 2013 Jun; 189( 6 ):2186­93.

2) Tincello et al. Eur Urol. 2012 Sep; 62( 3 ):507­14.

3) Sahai A et al. J Urol. 2007 Jun; 177( 6 ):2231­6.

Dr. med. Stephanie Preschany, Oberärztin Frauenklinik

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Dank den laparoskopischen bariatrischen Operationsverfahren ist die Adipositas­Chirurgie eine wertvolle Option zur Behandlung von starkem Übergewicht. Als Bariatrie­Zentrum werden diese Eingriffe am Spital Limmattal regelmässig durchgeführt. Mit der gastric bypass bzw. der gastric sleeve Operation kann eine Gewichtsreduktion von über 60 Prozent des Ursprungsgewichtes erzielt werden ( 1 ). Durch den starken und schnellen Gewichtsverlust kommt es vielfach zu überschüssiger Haut, bei Männern meist im Bauchbereich, bei Frauen kann dies generalisierter Bauch, Oberschenkel und Gesäss, Arme und Mammae betreffen. Durch die überschüssige Haut ent­stehen intertriginöse Falten, welche für Pilzinfekte prädestiniert sind. Durch das Gewebeplus ist die Beweglichkeit eingeschränkt und es kann durch Reibung zu Hautirritationen kommen. Die überschüssige Haut kann somit ein hygienisches und ästhetisches Problem dar­stellen. Die Lebensqualität der Patienten kann zum einen durch den bariatrischen wie auch durch plastische Folgeeingriffe signifikant erhöht werden ( 2–5 ). Seit Februar 2015 ist das Behandlungsspektrum des Spitals Limmattal um die plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie erwei ­ tert worden. Zur Entfernung überschüssiger Haut kommen verschie­dene Eingriffe zum Einsatz. Die Eingriffe werden unter dem Begriff body contouring oder auch total body lift subsummiert. Vielfach sind aufgrund der ehemals generalisierten Fettverteilung mit konsekuti ­vem Hautüberschuss in verschiedenen Körperregionen mehrere Ein­ griffe nötig. Je nach Konzept werden die Eingriffe nacheinander oder kombiniert durchgeführt. Über die verschiedenen und häufig angewendeten Verfahren soll ein kurzer Überblick gegeben werden.

Abdominoplastik und Panniculektomie ( Fettschürzenresektion )Bei der Abdominoplastik wird die Bauchdecke gerafft und der Nabel neu positioniert. Überschüssige Haut wird entfernt. Dieser Eingriff kann zirkulär erweitert werden, so dass eine zirkuläre Raffung möglich

Plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie

Möglichkeiten der plastischen Chirurgie nach bariatrischen Eingriffen

wird. Bei starker Gewichtsreduktion kann eine Fettschürze entstehen, welche bei einer Panniculektomie reseziert wird. Die Abdominoplastik und die Panniculektomie können bei Bedarf kombiniert werden. Sollten Restfettpolster vorhanden sein, können diese mittels Liposuction ent ­ fernt werden.

BrachioplastikEine weitere Prädilektionsstelle für überschüssige und hängende Haut sind die Oberarme. Diese Haut wird in der Brachioplastik entfernt, wodurch die Oberarme gestrafft werden. Die Inzisionsstelle wird medial am Oberarm positioniert, so dass die Narbe möglichst versteckt ist.

OberschenkelUm das Hautplus im Bereich der Oberschenkel zu entfernen, wird die In ­ zision im Bereich der Bikinilinie von der Spina illiaca superior nach in­ guinal fortgeführt. Je nach Ausmass des zu resezierenden Gewebes wird die Schnittführung um eine mediale vertikale Inzision ergänzt. Mit die­ sem Eingriff kann auch die Gesässregion ästhetisch optimiert werden.

Mastopexie/Mammaaugmentation/MammareduktionBei Frauen ist nach entsprechendem Gewichtsverlust mit reduzierter Straffheit der Brüste und mit überschüssiger Haut zu rechnen. Hier kann die Mastopexie, also eine reine Raffung der Brüste, oder auch die Augmentation mittels Implantaten zum Einsatz kommen, um wieder eine ästhetische Brustform zu erreichen. Die beiden Eingriffe können kombiniert werden. Bei übergewichtigen Männern kann es zu einer Fetteinlagerung in die Brüste im Sinne einer Gynäkomastie kommen, weshalb nach Gewichtsreduktion überschüssige Haut in diesem Bereich zu erwarten ist. Diese kann reseziert werden, womit wieder eine straffe Brust hergestellt wird.

Mit den oben beschriebenen Eingriffen kann den Patienten in erheb­ lichem Ausmass Lebensqualität geschenkt werden. Patienten sollen jedoch auf mögliche Komplikationen wie das Serom, das Hämatom, die Wunddehiszenz sowie eine Infektion des Wundgebietes hingewiesen werden. Des Weiteren können hypertrophe Narben das kosmetische

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Resultat beeinträchtigen ( 6–8 ). Auch das Risiko einer Thrombo ­ embolie darf nicht vernachlässigt werden ( 9 ). In der Literatur wird für diese Patientengruppe ein generell erhöhtes Komplikations risiko bei plastischen Eingriffen diskutiert ( 10 ). So müssen vor einer allfälli­gen Operation die Vor­ und Nachteile für jeden Patienten indivi ­duell gegeneinander abgewogen werden.

References1) Buchwald H, Avidor Y, Braunwald E, et al. Bariatric surgery: A systematic review and

meta­analysis. JAMA. 2004;292( 14 ):1724­1737

2) Sarwer DB, Wadden T a., Moore RH, Eisenberg MH, Raper SE, Williams NN. Changes in

quality of life and body image after gastric bypass surgery. Surg Obes Relat Dis.

2010;6( 6 ):608­614

3) Cintra W, Modolin ML a, Gemperli R, Gobbi CIC, Faintuch J, Ferreira MC. Quality of life after

abdominoplasty in women after bariatric surgery. Obes Surg. 2008;18:728­732

4) Van Der Beek ESJ, Te Riele W, Specken TF, Boerma D, Van Ramshorst B. The impact of

reconstructive procedures following bariatric surgery on patient well­being and quality of

life. Obes Surg. 2010;20:36­41

5) Song AY, Rubin JP, Thomas V, Dudas JR, Marra KG, Fernstrom MH. Body image and quality of

life in post massive weight loss body contouring patients. Obesity ( Silver Spring ).

2006;14( 9 ):1626­1636

6) Taylor J, Shermak M. Body contouring following massive weight loss. Obes Surg.

2004;14( August 2002 ):1080­1085

7) Knoetgen JIII, Moran SL. Long­Term Outcomes and Complications Associated with

Brachioplasty: A Retrospective Review and Cadaveric Study. Plast Reconstr Surg. 2006;117( 7 )

8) Nemerofsky RB, Oliak DA, Capella JF. Body Lift: An Account of 200 Consecutive Cases in

the Massive Weight Loss Patient. Plast Reconstr Surg. 2006;117( 2 )

9) Clavijo­Alvarez JA, Pannucci CJ, Oppenheimer AJ, Wilkins EG, Rubin JP. Prevention of

Venous Thromboembolism in Body Contouring Surgery: A National Survey of 596 ASPS

Surgeons. Ann Plast Surg. 2011;66( 3 )

10) Sanger C, David LR. Impact of Significant Weight Loss on Outcome of Body­Contouring

Surgery. Ann Plast Surg. 2006;56( 1 )

Dr. med. Jan Samuel Schenkel, Assistenzarzt Chirurgische KlinikPD Dr. med. Merlin Guggenheim, Belegarzt plastische, rekonstruktive, ästhetische Chirurgie

Minimalinvasive Endochirurgie/Gastroenterologie

Der Over-The-Scope-Clip ( OTSC ):Ein neues Endoskopie-Clip-System zur Notfall-Blutstillung und zum Verschluss von Perforationen, postoperativen Naht- und Anastomosen-Insuffizienzen sowie von Fisteln

Der Over­The­Scope­Clip ( OTSC ) ist ein neuartiges endoskopisches Clip­System für flexible Endoskope, welches am Universitätsklinikum Tübingen in Zusammenarbeit mit der Tübinger Firma Ovesco Endo­scopy AG entwickelt wurde.

Dieses Clip­System kann für die Notfall­Behandlung von schweren gastrointestinalen Blutungen so ­ wie für den elektiven ( ­> bei Fistel­leiden ) wie auch für den Notfall­Verschluss von gastrointestinalen Wanddefekten ( ­> Perforationen, Nahtinsuffizienzen ) mit jeweils überzeugenden Ergebnissen zum Einsatz kommen ( 1–3 ).

Der OTSC besteht aus superelastischem Nitinol ( Nickel­Titan­Legie­rung ) mit temperaturabhängigem Formgedächtnis­Effekt. Der Clip wird, aufgespannt auf einer Plastikkappe, auf der Spitze eines Endos­kops fixiert und via Zugseil gezielt am Bestimmungsort abgesetzt.

Im Vergleich zu konventionellen endoskopischen Clip­Systemen ( kleine Stahl­Clips, die durch den Arbeitskanal des Endoskops vor ­ geschoben werden und eigentlich zur Therapie der GI­Blutung entwickelt worden ), können mit dem OTSC­Clip also deutlich grös­sere und damit « stärkere » Clips Verwendung finden, deren Vorteil im erheblich erweiterten Gewebefassungsvermögen liegt sowie dem erhöhten Anpressdruck ( 2, Abb. 2 ).

Abb. 1.1: OTSC­System mit Twin Grasper

für den Perforationsverschluss

(©Ovesco, Tübingen, Germany)

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Der OTSC­Clip bietet ausserdem den Vorteil, dass er nicht unbedingt wieder entfernt werden muss, da die Clips nach Abschluss der Wund­heilung meist nach wenigen Wochen spontan in das Darmlumen und danach vom Patienten unbemerkt via naturalis mit dem Stuhlgang abgehen ( 1 ).

Weiterhin ist der OTSC­Clip im Gegensatz zu allen anderen Clip­Syste­men als einziges Material MRT­gängig, da er keine Stahlanteile enthält.

Mittlerweile hat sich das Anwendungsspektrum des OTSC deutlich erweitert: Über endoluminale Verschlüsse von Perforationen, Fisteln oder Anastomosenleckagen bis hin zum Zugangsverschluss nach transluminalen NOTES­Eingriffen ( Natural Orifice Transluminal Endo­scopic Surgery ) wurden in den vergangenen Jahren neue Mög ­ lich keiten untersucht und zur klinischen Anwendung gebracht ( 3 ).

Beispielsweise bestehen für Patienten nach bariatrischer Magen­bypass­Operation und erneuter Gewichtszunahme aufgrund einer Magenpouchdilatation praktisch keine sinnvollen Alternativ­Mög­lichkeiten mit Ausnahme der chirurgischen Revision. Hier konnte eine belgische Studie zeigen, dass das OTSC­System eine sichere und effiziente Methode zur Magenpouch­Verkleinerung darstellt ( 4 ).

Mitentwickelt wurde das System von Dr. med. Thomas Kratt, welcher 2015 in die Gastroenterologie des Spitals Limmattal wechselte.

Seit Februar 2015 steht das OTSC­System im Spital Limmattal im Einsatz und kam bis Ende März in vier Fällen zur Anwendung. Hierbei handelte es sich um zwei colorektale Perforationen, eine Anasto­mosen­Fistel nach Sigmaresektion sowie eine Duodenalulkus­Blutung.

In allen Fällen führte die Intervention zum Erfolg, so dass eine Operation bzw. ein angiographisches Coiling nicht erforderlich waren.

In enger Zusammenarbeit der Gastroenterologie mit der Chirurgi­schen Klinik am Spital Limmattal wird sich zeigen, in wie weit das OTSC­System als Alternative bzw. Ergänzung zu den etablierten ope ­ rativen Verfahren zur Anwendung kommen kann ( z.B. beim Fistel­verschluss ) bzw. um unseren Patienten in ausgewählten Fällen gege­benenfalls grössere operative Notfall­Eingriffe ( bei Perforationen, schweren Blutungen etc. ) ersparen zu können.

Abb. 1.2: Endoskopische Clips im Vergleich:

Quick­Clip Fa. Olympus ( oben links ),

Resolution Clip Fa. Boston ( oben rechts ),

OTSC­Clips

Abb. 2:

OTSC­Verschluss einer gastrocutanen Fistel nach Nahtinsuffizienz

1:  klinischer Befund einer gastrocutanen Fistel nach Magen­Chirurgie

2: im CT Kontrastmittelaustritt aus dem Magen entlang der Fistel zur Bauchdecke hin

3: erkennbar suffizienter Fistelverschluss mit OTSC­Clip

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3

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Abb. 3:

OTSC­Verschluss einer distalen Ösophagus­Ruptur nach Erbrechen ( Boerhaave­Syndrom )

1:  spontane distale Ösophagusperforation nach Erbrechen ( Boerhaave­Syndrom ):

2: – Endo­Zange demonstriert vollständige Wandruptur Verschluss mit OTSC­Clip

3. Befund nach drei Wochen; Patient ernährt sich normal

4:  Befund nach drei Monaten:

– OTSC hat sich spontan abgelöst und ist via naturalis abgegangen

– Ruptur ist stabil und ohne Stenose­Bildung abgeheilt

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1 2

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References1) T. Kratt: OTSC zur Blutstillung, Verschluss von Perforationen – und vieles mehr.

Current congress ( 2011 )

2) A. Kirschniak, T. Kratt et al.: A new endoscopic over­the­scope clip system for treatment

of lesions and bleeding in the GI tract: first clinical experiences. Gastrointestinal

Endoscopy ( 2007 )

3) A. Kirschniak, T. Kratt et al.: OTSC­Clip System – Clinical Applications and Experimental

Experiences – A Systematic Review. Endoskopie heute ( 2011 )

4) A. Heylen et al.: The OTSC­Clip in Revisional Endoscopy Against Weight Gain After Bariatric

Gastric Bypass Surgery. Obesity Surgery ( 2011 )

med. prakt. Philipp Pfäffli, Assistenzarzt Chirurgische Klinik Dr. med. Thomas Kratt, Oberarzt Gastroenterologie/Medizinische Klinik

Der hier vorgestellte, aktuelle Fall ist ein Beispiel dafür, wie sich auch im Gallengang die Möglichkeiten verschiedener Disziplinen ergänzen können, um die Behandlung zu optimieren. Die 74­jährige Patientin wurde mit einem schmerzlosen Ikterus ins Spital Limmattal eingewiesen. Die Bildgebung bestätigte den Befund von ausgeprägt erweiterten Gallenwegen bei einer Raumforderung an der Hepaticus­Gabel ( Abb. 1 ).

Zur weiteren Diagnostik und Rekanalisation wurde zunächst eine ERCP durch die Gastroenterologie durchgeführt, welche eine hochgradige Stenose im Bereich der extrahepatischen Gallengangs­gabel erbrachte ( entsprechend einem Klatskin­Karzinom Typ I ).

Nach Rekanalisation wurde eine Plastikprothese als Platzhalter über die Tumorstenose eingelegt ( initial noch keine Metallstent­Implan­tation, da das histologische Ergebnis noch nicht vorlag ). Zur gezielten Gewebsgewinnung sollte nach 3 Tagen eine Endosonographie mit Tumorpunktion stattfinden.

Interventionelle Mikrochirurgie

Der Gallengang: Treffpunkt der DisziplinenOder: auf verschiedenen Wegen kommt man leichter nach Rom

Abb. 1: CT Abdomen mit Tumorregion zentrale Leber/Cholestase

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Dabei zeigte sich überaschenderweise, dass die Plastikprothese spontan ins Duodenum disloziert war und im Bereich der kontralatera­len Duodenalwand eine gedeckte Wandperforation bewirkt hatte.

Daher wurde die Plastikprothese wieder entfernt und zunächst ein Verschluss der Wandläsion mittels OTSC ( Over­the­scope­Clip; neuentwickelter, grosser endoskopischer Clip; siehe Beitrag von Dr.Pfäffli in diesem Heft; siehe auch Abb. 2 & 3 Unterrand Mitte ) vor­genommen.

In der nachfolgenden interdisziplinären Fallbesprechung wurde festgelegt, nicht nochmals per ERCP, sondern mittels eines trans­hepatischen Zugangsweges eine nochmalige Rekanalisation der Tumorstenose vorzunehmen und möglichst eine Histologie zu gewinnen.

Modifizierte Klassifikation nach Bismuth-Coriette

Kasten 1: Erscheinungsformen des Klatskin­Karzinoms

Daher wurde anschliessend ein interventionell radiologischer perkuta­ner Zugang gewählt und eine PTCD (Perkutane transhepatische Cholangio­Drainage ) von links durchgeführt, wobei auch gleich eine Bürstenzytologie entnommen wurde:

Histologisch bestätigte sich leider die Verdachtsdiagnose eines Gallengangskarzinomes. Die weitere bildgebende Diagnostik ergab ein palliatives Stadium ( lokoregionäre Lymphknotenmetastasen ).

In der interdisziplinären Fallbesprechung wurde nun entschieden, den Gallengang mit einer Metallprothese zu stenten, um eine mög­lichst komfortable Drainage ohne nach aussen ragenden Schlauch zu ermöglichen.

Der selbstexpandierbare Metallstent wurde radiologisch gesteuert über den perkutanen Zugang platziert, wobei versucht wurde, die Hepaticus­Gabel nicht zu überstenten ( Abb. 3 ).

Abb. 2: nach PTCD mit

suffizienter Extern­

Intern­Plastik­Drainage

( unten Mitte: OTSC­

Clip zum Verschluss der

Duodenalwandläsion

nach Plastikprothesen­

Dislokation)

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Abb. 3: definitive Palliativ­Versorgung

mit radiologisch­transkutan/transhe ­

patisch eingebrachter und abschliessend

korrekt einliegender Metallprothese

( nicht gecovert )

Abb. 4: trotz Verwendung einer unge coverten

Metallprothese überraschenderweise dislo­

zierter Metallstent mit erneut nachweisbarer,

symptomatischer, hochgradiger Tumor­

stenose Höhe proximaler Hauptgallengang

Damit war die Patientin über etwa einen Monat beschwerdefrei. Dann entwickelte sie wieder einen Ikterus: im Verlauf war es erneut zu einer Stentmigration nach duodenal gekommen ( Abb. 4; wahr­scheinlich aufgrund der zurückhaltenden Stent­Platzierung proximal im Bereich der Hepaticus­Gabel ).

Daher musste zunächst der dislozierte Metallstentanteil ( Abb. 5 ) aus dem Duodenum entfernt werden ( der gesamte Stent liess sich nach nur 4 Wochen nicht mehr entfernen, da er im Hauptgallen ­ gang komplett eingewachsen war, so dass nur der dislozierte Sten­tanteil aus dem Duodenum entfernt werden konnte ).

Abb. 5: spontan ins Duodenum dislozierte PTCD­

Metallprothese unklarer Ursache

Abb. 6: sofort nach Stentplatzierung rascher

Kontrastmittelabfluss ( am Bildunterrand auf Höhe

des Stent­Unterrandes Clip­Fixierung des

Stentunterrandes zur Re­Dislokationsprophylaxe )

Mittels erneuter ERCP wurde nun die Rekanalisation in den linken Gallen­Hauptgang verlängert und ein Metallstent transpapillär plat­ziert ( Abb. 6; das rechtsseitige Gallengangssystem wird parallel am Stent entlang mitdrainiert ).

Nachfolgend war eine zufriedenstellende Gallengangsdrainage erreicht, die neben der Senkung des Cholangitis­Risikos auch sicher­stellt, dass die Patientin von einem konsekutiv­quälenden Juckreiz verschont bleibt ( neben der suffizienten Schmerztherapie zwei unse­rer Präventions­Hauptanliegen in der Palliativsituation bei zentralem Gallengangskarzinom ).

Dr. med. Michael Joas Glenck, Leitender Arzt Institut für RadiologieDr. med. Thomas Kratt, Oberarzt Gastroenterologie

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Spital LimmattalÄrztliches Departement I/Operative KlinikenUrdorferstrasse 100CH­8952 SchlierenTelefon +41 44 733 21 26Fax +41 44 733 24 05sekretariat.chirurgie@spital­limmattal.chwww.spital­limmattal.ch 52

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2013

« Update operative Medizin und minimal­invasive Mikrochirurgie » richtet sich an niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und erscheint in regelmässigen Abständen. Rückmeldungen nehmen wir gerne entgegen.

Diese Ausgabe ist auch auf unsere Webseite abrufbar unter:www.spital­limmattal.ch/update­operative­medizin