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K-Theorie Anton Deitmar, SS2015 Omnium expetendorum prima est sapientia. (Hugo von St. Victor) Inhaltsverzeichnis 1 Vektorbuendel 2 1.1 Definitionen .......................................................... 2 1.2 Konstruktionen von Vektorbuendeln ........................................... 6 1.3 Unterbuendel und Quotienten ............................................... 7 1.4 Lokalkompakte Hausdor-Raeume ............................................ 11 1.5 Verklebung .......................................................... 14 1.6 Metriken ............................................................ 19 1.7 Projektive C(X)-Moduln ................................................... 21 2 Topologische K-Theorie 24 2.1 Definitionen .......................................................... 24 2.2 Beispiele ............................................................ 27 2.3 Der Produktsatz ....................................................... 28 2.4 Smash und Kegelkonstruktion ............................................... 35 2.5 Hoehere K-Theorie ...................................................... 39 2.6 Die lange exakte Sequenz .................................................. 41 2.7 Kuenneth-Formel und Bott-Periodizitaet ......................................... 47 2.8 Beispiele ............................................................ 50 3 Charakteristische Klassen 52 3.1 Zusammenhang ....................................................... 52 3.2 Invariante Polynome ..................................................... 57 3.3 Der Chern-Charakter .................................................... 60 4 Algebraische K-Theorie 63 4.1 K 0 (R) .............................................................. 63 4.2 Idempotente .......................................................... 66 4.3 Lokale Ringe ......................................................... 69 4.4 Dedekind-Ringe ....................................................... 74 4.5 K 1 (R) .............................................................. 80 4.6 Relative K 0 und K 1 ...................................................... 87 4.7 Die +-Konstruktion ..................................................... 95 4.8 Faserungen .......................................................... 98 1

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K-TheorieAnton Deitmar, SS2015

Omnium expetendorum prima est sapientia.(Hugo von St. Victor)

Inhaltsverzeichnis1 Vektorbuendel 2

1.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2 Konstruktionen von Vektorbuendeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.3 Unterbuendel und Quotienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.4 Lokalkompakte Hausdorff-Raeume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.5 Verklebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.6 Metriken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191.7 Projektive C(X)-Moduln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2 Topologische K-Theorie 242.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.2 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272.3 Der Produktsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282.4 Smash und Kegelkonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352.5 Hoehere K-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.6 Die lange exakte Sequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412.7 Kuenneth-Formel und Bott-Periodizitaet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472.8 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

3 Charakteristische Klassen 523.1 Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523.2 Invariante Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573.3 Der Chern-Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

4 Algebraische K-Theorie 634.1 K0(R) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634.2 Idempotente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664.3 Lokale Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694.4 Dedekind-Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744.5 K1(R) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 804.6 Relative K0 und K1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 874.7 Die +-Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 954.8 Faserungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

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1 Vektorbuendel

1.1 Definitionen

Definition 1.1.1. SeiK = R,C. EinK-Vektorbuendel ueber einem

topologischen Raum X ist eine stetige Abbildung p : E→ X, wobei Eein topologischer Raum ist, so dass gilt:

(a) Jede Faser Ex = p−1(x), x ∈ X ist ein endlich-dimensionaler

K-Vektorraum.

(b) Zu jedem x ∈ X existiert eine offene Umgebung U, ein n ∈N0 und

ein kommutatives Diagramm

E|UαU //

p

U ×Kn

zz

U

wobei die Abbildung U ×Kn→ U die Projektion auf den ersten

Faktor ist. Ferner ist E|U = p−1(U). Es wird verlangt, dass die

Abbildung αU ein Homoeomorphismus ist und faserweise linear.

Mann nennt αU eine lokale Trivialisierung.

Definition 1.1.2. Die Dimension der Faser n = n(x) haengt von x ab, sie

wird der Rang genannt. Die Abbildung X→N0, x 7→ n(x) ist

lokalkonstant.

Ein Geradenbuendel ist ein Vektorbuendel vom konstanten Rang n = 1.

Aus dieser Definition folgt, dass die Strukturabbildungen der

Vektorraeume Eb stetige Abbildungen sind (wo definiert). Genauer sind

die skalare Multiplikation

K × E→ E

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und die Addition (e, f ) ∈ E × E : p(e) = p( f )

→ E

stetige Abbildungen.

Beispiele 1.1.3. • Das triviale Buendel X ×Kn→ X.

• Ist X eine glatte Mannigfaltigkeit, dann ist das Tangentialbuendel

TX→ X ein Vektorbuendel ueber X.

• Das Moebiusband ist ein reelles Geradenbuendel ueber

X = S1 = R/Z. Man definiert E = R2/Z, wobei Z auf R2 durch

k(x, y) = (x + k, (−1)ky)

operiert. Die Buendelprojektion p : E→ R/Z ist gegeben durch die

Projektion auf die erste Variable, also p(Z(x, y)) = x +Z.

Das Moebiusband entsteht aus einem Streifen [0, 1] ×R durch

Kreuzweise Identifikation:

Definition 1.1.4. Ein Vektorbuendelhomomorphismus oder

Buendelmorphismus φ : (E→ X)→ (F→ X) ist eine stetige Abbildung

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φ : E→ F, so dass das Diagramm

//

pE

F

pF

X

kommutiert und so dass φ faserweiseK-linear ist.

Ein Buendelisomorphismus ist ein Morphismus φ, der zusaetzlich

bijektiv ist, so dass auch φ−1 stetig ist. Dann ist φ−1 ebenfalls ein

Buendelmorphismus und wir sagen, dass zwei Buendel isomorph sind,

falls ein Isomorphismus zwischen ihnen existiert.

Beispiele 1.1.5. • Die Nullabbildung, die v ∈ Eb auf die Null in Fb

wirft, ist ein Vektorbuendelhomomorphismus.

• Beachte, dass wir hier nur VB-Homomorphismen zwischen

Buendeln desselben Basisraums betrachten.

• Komplexifizierung ist stets ein Buendelhomomorphismus: Es sei

Ep−→ X ein reelles Vektorbuendel und sei

EC =∐x∈X

Ex ⊗R C,

wobei∐

die disjunkte Vereinigung ist. Man kann E =∐

x∈X Ex als

Teilmenge von EC auffassen. Man versieht EC mit einer Topologie

wie folgt. Sei αU : EU → U ×Rn eine lokale Trivialisierung. Dann

gibt es genau eine faserweise C-lineare Fortsetzung

αC,U : EC,U → U × C, die ebenfalls bijektiv ist. Man waehlt auf EC,Udie Topologie, die αC,U zu einem Homoeomorphismus macht und

auf EC die Topologie, die von allen offenen Mengen in EC,U erzeugt

wird, wobei jetzt auch U variiert.

Beispiel 1.1.6. Die Komplexifizierung des Moebiusbandes ist ein

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trivialisierbares Geradenbuendel.

Beweis. Die Komplexifizierung E des Moebiusbandes ist isomorph zu

(R × C)/Z, wobei Z durch

k(x, z) = (x + k, (−1)kz)

operiert. Wir geben nun eine Trivialisierung φ : E→ (R/Z) × C an:

φ(Z(x, z)) = (x +Z, eπixz).

Definition 1.1.7. Ein Schnitt eines Vektorbuendels p : E→ X ist eine

stetige Abbildung s : X→ E so dass p(s(x)) = x fuer jedes x ∈ X gilt.

Schnitt s0 mit s0(x) = 0.

Der Nullschnitt ist der Schnitt, der jedem Punkt p die Null des

Vektorraums Ep zuordnet.

Die Menge aller Schnitte wird mit Γ(E) bezeichnet. Sie ist ein

K-Vektorraum.

Beispiele 1.1.8. • Ein Schnitt s des trivialen Buendels p : X ×R→ Xist eine Abbildung s : x 7→ (x, f (x)), wobei f : X→ R irgendeine

stetige Abbildung ist.

• Ein Schnitt des Moebiusbands ist eine Abbildung

s(Z(x, y)) = Z(x, α(x)y), wobei α : R→ R eine stetige Funktion ist,

die

α(x + 1) = −α(x)

erfuellt. Eine solche Funktion hat notwendigerweise eine

Nullstelle, also hat jeder Schnitt des Moebiusbandes eine

Nullstelle. Daher ist das Mobiusband nicht trivialisierbar.

Definition 1.1.9. Ist Y ⊂ X eine Teilmenge und p : E→ X ein

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Vektorbuendel, dann ist die Einschraenkung EY = p−1(Y)→ Y ein

Vektorbuendel ueber Y.

Definition 1.1.10. Allgemeiner gilt: Ist f : Y→ X eine stetige

Abbildung und ist p : E→ X ein Vektorbuendel, dann ist die

Zurueckziehung f ∗E→ Y ein Vektorbuendel definiert durch

f ∗E =(y, v) ∈ Y × E : f (y) = p(v)

Die Topologie ist die von Y × E und die Buendelprojektion ist die

Projektion auf die erste Koordinate. Fuer die Faser gilt f ∗Ey E f (y).

Beispiel 1.1.11. Sei X = Pn(K) der projektive Raum der Dimension nueberK. Dann kann X als die Menge aller 1-dimensionalen

Unterraeume vonKn+1 aufgefasst werden. Die Identifikation

X (Kn+1 r 0

)/K× stiftet eine Topologie auf X. Sei E ⊂ X ×Kn+1 die

Menge aller Paare (L, v) mit v ∈ L. Die Projektion auf die erste

Koordinate ist ein Geradenbuendel p : E→ X, welches das

tautologische Buendel genannt wird.

1.2 Konstruktionen von Vektorbuendeln

Definition 1.2.1. Sind E und F Vektorbuendel ueber X. Setze

E ⊕ F =∐x∈X

Ex ⊕ Fx.

Wir versehen E ⊕ F mit einer Topologie wie folgt. Da Ex ⊕ Fx = Ex × Fx,

kann man E ⊕ F auch mit der Menge aller (v,w) ∈ E × F identifizieren,

fuer die gilt pE(v) = pF(w). Dies ist eine abgeschlossene Teilmenge von

E × F, was derselben eine Topologie gibt. Ist U ⊂ X eine offene Menge,

auf der beide Buendel trivialisierbar sind, identifiziert man (E ⊕ F)U mit

der Menge aller (x,u, y, v) ∈ U ×Kn×U ×Km, fuer die x = y gilt, welche

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also mit U ×Kn×Km identifiziert wird, damit hat man also lokale

Trivialisierungen, also haben wir ein Vektorbuendel E ⊕ F mit Fasern

(F ⊕ F)x = Ex ⊕ Fx konstruiert.

In aehnlicher Weise konstruiert man

E ⊗ F,

E∗

Hom(E,F) = E∗ ⊗ Fk∧

E.

Es gibt dann natuerliche Isomorphismen

E ⊕ F F ⊕ E,

E ⊗ F F ⊗ E,

E ⊗ (F ⊕ G) E ⊗ F ⊕ E ⊗ G,k∧

(E ⊕ F) ⊕i+ j=k

i∧E ⊗

j∧F.

Zu einem Morphismus φ : E→ F erhaelt man den dualen Morphismus

φ∗ : F∗ → E∗, der faserweise die duale lineare Abbildung liefert. Es gibt

einen natuerlichen Isomorphismus E→ E∗∗ und daher kann φ∗∗ auch

mit φ identifiziert werden.

1.3 Unterbuendel und Quotienten

Definition 1.3.1. Ein Unterbuendel eines Vektorbuendels E ueber X ist

eine Teilmenge T ⊂ E, die mit der induzierten Struktur selbst ein

Vektorbuendel ueber X ist.

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Beispiele 1.3.2. • Das triviale Buendel X ×Kk ist ein Unterbuendel

von X ×Kk+l.

• Das Moebiusband kann als Unterbuendel des trivialen Buendels

S1×R2 realisiert werden, wenn man R2 mit C identifiziert und die

Trivialisierung des komplexifierten Moebiusbands benutzt. In der

Tat kann man eine zweite Kopie des Moebiusbands in X ×R2

einpflanzen, indem man die vorhandene Kopie mit i multipliziert.

Dann erhaelt man

S1×R2 M ⊕M,

wobei M das Moebiusband bezeichnet.

Lemma 1.3.3. Ein Morphismus φ ist genau dann surjektiv, wenn sein dualerφ∗ injektiv ist.

Ist φ : E→ F injektiv, dann ist φ(E) ein Unterbuendel und φ : E→ φ(E) einIsomorphismus.

Beweis. φ ist genau dann injektiv/surjektiv, wenn auf jeder Faser

φx : Ex → Fx injektiv/surjektiv ist. Damit folgt die erste Aussage aus der

analogen Aussage fuer endlich-dimensionale Vektorraeume.

Fuer die zweite Aussage beachte, dass E→ φ(E) bijektiv ist, also reicht

es zu zeigen, dass φ(E) ein Unterbuendel ist. Dieses Problem ist lokal,

also reicht es, anzunehmen, dass E = X × V und F = X ×W. Fixiere

x0 ∈ X und sei Wx0 ein Untervektorraum von W, der komplementaer zu

φ(Fx0) ist. Dann ist G = X ×Wx0 ein Unterbuendel von F. Definiere

η : E ⊕ G→ F durch η(v + w) = φ(v) + w. Dann ist η ein

Buendelmorphismus, der in der Faser Ex0 ein Isomorphismus ist.

Allgemein ist ηx : Ex ⊕ Gx = V + Wx0 → F)x = W, also kann ηx als eine

stetige Familie von Vektorraum homomorphismen betrachtet werden.

Bezueglich fester Basen von V ⊕Wx0 einerseits und W andererseits ist

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die Determinante von η(x0) ungleich Null, also gibt es eine offene

Umgebung U von x0 so dass η ueber U ein Isomorphismus ist. Nun st

EU ein Unterbuendel von GU, also ist η(EU) = φ(E)U ein Unterbuendel

von F.

Definition 1.3.4. Sei F ein Unterbuendel von E. Wir definieren das

Quotientenbuendel E/F als den Quotientraum E/ ∼, wobei v ∼ wgenau dann gelten soll, wenn v und w in derselben Faser liegen und

v − w ind F liegt. Mit der Quotiententopologie wird E/F ein

Vektorbuendel und E→ E/F ein surjektiver Buendelhomomorphismus.

Ist φ : E→ F ein Homomorphismus, dann braucht die Funktion

x 7→ dim(ker(φ)) nicht lokalkonstant zu sein.

Definition 1.3.5. Ein Morphismus φ : E→ F heist strikter

Morphismus, falls x 7→ dim(ker(φ)) lokalkonstant ist.

Lemma 1.3.6. Ist φ : E→ F strikt, dann gilt

(a) ker(φ) ist ein Unterbuendel von E,

(b) Bild(φ) ist ein Unterbuendel von F,

(c) coker(φ) ist ein Buendel.

Beweis. (b) impliziert (c), wir beweisen (a) und (b). Die Frage ist lokal,

also kann man alle Buendel als trivial und dim(ker(φ)) and konstant

annehmen. Die Vorgehensweise ist dann wie im Beweis von Lemma

1.3.3.

Lemma 1.3.7. Sei φ : E→ F ein Morphismus. Die Abbildungx 7→ dim ker(φx) ist unter-halbstetig, d.h., zu jedem x0 ∈ X existiert eineUmgebung U so dass

dim ker(φx) ≤ dim ker(φx0)

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fuer jedes x ∈ U gilt.

Beweis. Die Aussage kann auch so formuliert werden, dass fuer jedes

n ∈N0 die Menge

x ∈ X : dim ker(φx) > n

abgeschlossen ist. Da die Frage lokal ist, kann man alle Buendel als

trivial annehmen. Dann kann wird die Aussage aequivalent zu der

Aussage, dass fuer jedes n ∈N0 die Menge

x ∈ X : Rang(φx) < n

abgeschlossen ist. Hierbei kann x 7→ φx als eine stetige Abbildung

X→ Lin(V,W) betrachtet werden. Man beachte nun, dass fuer eine

Matrix A der Rang gleich der maximalen Dimension einer

quadratischen Untermatrix ist, deren Determinante , 0 ist. Also gilt

Rang(A) < n genau dann, wenn alle n × n quadratischen Untermatrizen

B die Gleichung det(B) = 0 erfuellen. Da die Determinante eine stetige

Abbildung ist, folgt die Behauptung.

Definition 1.3.8. Sei E→ X ein Vektorbuendel. Eine Projektion auf E ist

ein Morphismus P : E→ E so dass P2 = P gilt.

Beachte, dass fuer eine Projektion P gilt

dim ker(Px) + dim ker(1 − Px) = dim Ex, und die letztere ist

lokalkonstant. Damit ist dim ker(Px) lokalkonstant, also ist jede

Projektion strikt und wir haben die direkte Summenzerlegung

E = PE ⊕ (1 − P)E.

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1.4 Lokalkompakte Hausdorff-Raeume

Definition 1.4.1. Man sagt, dass eine stetige Funktion f : X→ K im

Unendlichen verschwindet, falls es zu jeden ε > 0 eine kompakte

Teilmenge K ⊂ X gibt, so dass | f | < ε ausserhalb von K gilt. Dies ist

aequivalent dazu, dass f stetig auf die Einpunktkompaktifizierung

fortsetzt, wo sie f (∞) = 0 erfuellt.

Ist X selbst kompakt, so verschwindet jede stetige Funktion im

Unendlichen.

Satz 1.4.2 (Tietzes Fortsetzungssatz). Sei X ein lokalkompakterHausdorffraum Y ⊂ X abgeschlossen und f : Y→ K eine stetige Funktion,die im unendlichen verschwindet. Dann existiert eine stetige Fortsetzungvon f nach X, die ebenfalls im Unendlichen verschwindet.

Beweis. Deitmar: Analysis 12.12.

Definition 1.4.3. Eine Ueberdeckung X =⋃

i∈I Ui heisst lokal-endlich,

falls jedes x ∈ X eine offene Umgebung U besitzt, so dass U nur von

endlich vielen Ui getroffen wird.

Ein topologischer Raum X heisst parakompakt, falls jede offene

Ueberdeckung eine lokal-endliche Verfeinerung besitzt.

Beispiele 1.4.4. • Kompakte Raeume sind parakompakt.

• Mannigfaltigkeiten sind parakompakt.

• CW-Komplexe sind parakompakt.

• Metrische Reume sind parakompakt.

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Satz 1.4.5 (Teilung der Eins). Sei X ein parakompakter, lokalkompakterHausdorff-Raum und es sei (Ui)i∈I eine offene Uberdeckung von X. Dannexistieren stetige Funktionen ui : X→ [0, 1], so dass der Trager von ui

ganz in Ui liegt und dass gilt ∑i∈I

ui ≡ 1

auf ganz X, wobei die Summe lokal endlich ist, d.h. fur jedes p ∈ X gibt eseine offenen Umgebung U, so dass die Menge

i ∈ I : ui|U , 0

endlich ist. Es folgt, dass fur jede kompakte Teilmenge K ⊂ X die Mengei ∈ I : ui|K , 0

endlich ist. Man nennt die Familie (ui) eine Teilung der Eins zurUberdeckung (Ui).

Beweis. Deitmar: Analysis 18.2. Dort wird es zwar nur fuer glatte

Mannigfaltigkeiten bewiesen, wobei zusaetzlich verlangt wird, dass die

ui glatt sind, aber der Beweis dieses Satzes geht genauso.

Ab jetzt sei X ein parakompakter lokalkompakter Hausdorffraum.

Lemma 1.4.6. Sei E→ X ein Vektorbuendel ueber einem parakompaktenlokalkompakten Hausdorff-Raum. Dann kann jeder Schnitt s : Y→ EY voneiner abgeschlossenen Teilmenge Y ⊂ X nach ganz X fortgesetzt werden.

Beweis. Lokal ist s eine vektorwertige Funktion. Daher kann man

Tietzes Fortsetzungssatz benutzen um zu zeigen, dass es zu jedem

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x ∈ X eine offene Umgebung Ux und einen Schnitt t : Ux → EU gibt so

dass t|Ux∩Y = s|Ux∩Y. Sei (ux)x eine Teilung der Eins, die der

Ueberdeckung (Ux)x unterliegt, dann leistet

t =∑x∈X

uxtx

das Gewuenschte.

Lemma 1.4.7. Seien E,F Vektorbuendel ueber dem parakompaktenlokalkompakten Hausdorff-Raum X und sei Y ⊂ X eine abgeschlosseneTeilmenge. Sei f : EY → FY ein Isomorphismus. Dann existiert eine offeneUmgebung U von Y und eine Fortsetzung von f zu einem IsomorphismusfU : EU → FU.

Beweis. Die Abbildung f ist ein Schnitt des Buendels Hom(E,F)Y, kann

also zu einem Schnitt von Hom(E,F) fortgesetzt werden. Sei U die

Menge aller x ∈ X, so dass fx ein Isomorphismus ist. Dann ist U offen

und enthaelt Y.

Lemma 1.4.8. Sei Y ein kompakter Hausdorff-Raum, ft : Y→ X, (0 ≤ t ≤ 1)

eine Homotopie und E ein Vektorbuendel ueber X. Dann gilt

f ∗0E f ∗1E.

Beweis. Sei I = [0, 1] das Einheitsintervall und f : Y × I→ X die

Homotopie, also f (x, t) = ft(x). Sei π : Y × I→ Y die Projektion. Fixiere

t ∈ I und wende Lemma 1.4.7 auf die Buendel f ∗E und π∗ f ∗t E ueber

Z = Y × I an. Hierbei sei T = Y × t und f der offensichtliche

Isomorphismus. Dann setzt f auf eine Umgebung von T fort und wegen

der Kompaktheit von Y folgt, dass es eine Umgebung Ut ⊂ I von t gibt,

so dass f zu einem Isomorphismus auf Y×Ut fortsetzt. Sei Et = f ∗t E. Wir

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K-Theorie 14

stellen fest, dass es zu jedem 0 < t ≤ 1 ein βt > 0 gibt, so dass Et Et+βt.

Sei nun t0 das Supremum aller t mit Et E0. Dann muss t0 = 1 sein.

Definition 1.4.9. Sei Vekt(X) die Menge aller Isomorphieklassen von

Vektorbuendeln ueber X. Dies ist ein abelsches Monoid unter der

direkten Summe ⊕.

Hierbei ist ein Monoid eine Menge A mit einer Vernuepfung A×A→ A,

(a, b) 7→ ab die assoziativ ist, also (ab)c = a(bc) erfuellt, zusammen mit

einem neutralen Element e ∈ A, das ae = ea = a fuer jedes a ∈ A erfuellt.

Das neutrale Element ist eindeutig bestimmt, denn ist e′ ein zweites, so

gilt e′ = e′e = e. Das Monoid ist abelsch, falls zusaetzlich ab = ba gilt.

Abelsche Monoide koennen auch additiv geschrieben werden.

Definition 1.4.10. Eine stetige Abbildung f : X→ Y heisst

Homotopie-Aequivalenz, falls es eine stetige Abbildung g : Y→ Xgibt, so dass f g homotop ist zu IdY und g f homotop zu IdX.

Lemma 1.4.11. Seien X und Y kompakte Hausdorff-Raeume.

(a) Ist f : X→ Y eine Homotopie-Aequivalenz, dann istf ∗ : Vekt(Y)→ Vekt(X) ein Isomorphismus.

(b) Ist X zusammenziehbar, dann ist jedes Buendel ueber X trivialisierbar undVekt(X) (N0,+).

Beweis. Klar.

1.5 Verklebung

Sei X = X1 ∪ X2 ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und X1,X2

abgeschlossene Teilmengen. Sei weiter A = X1 ∩ X2 und sei Ei ein

Vektorbuendel ueber Xi und φ : E1|A−→ E2|A ein Isomorphismus. Dann

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K-Theorie 15

kann man aus diesen Daten ein Vektorbuendel E herstellen, dass auf Xi

zu Ei isomorph ist. Als topologischer Raum sei E = E1 ∪φ E2 die

Verklebung entlang φ, also

E = E1 ·∪E2/ ∼,

wobei v ∼ w genau dann, wenn v = w oder v = φ(w) oder w = φ(v). Die

Projektion p : E→ X ist gegeben durch die beiden Projektionen von E1

und E2, die Kompatibilitaet ueber A ist klar, da φ als Buendelabbildung

mit den Projektionen vertauscht. Es bleibt zu zeigen, dass E lokal trivial

ist. Da A abgeschlossen ist, ist dies ausserhalb von A klar. Sei also a ∈ Aund sei U1 eine abgeschlossene Umgebung von a in X1 auf der E1 trivial

ist, es also einen Isomorphismus

θ1 : E1|U1

−→ U1 ×K

n

gibt. Die Einschraenkung nach A liefert eine Isomorphismus

θA1 : E1|A∩U1

−→ (A ∩U1) ×Kn.

Durch Vorschalten von φ−1 wird daraus

θA2 : E2|A∩U1

−→ (A ∩U1) ×Kn.

Nach Lemma 1.4.7 kann dies zu einem Isomorphismus

θ2 : E2|U2

−→ U2 ×K

n

fortgesetzt werden, wobei U2 eine Umgebung von a ist. Das Paar

(θ1, θ2) definiert dann einen Isomorphismus

θ1 ∪φ θ2 : E|U1∪U2 → (U1 ∪U2) ×Kn.

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K-Theorie 16

Die lokale Trivialitaet ist bewiesen und damit ist die Konstruktion

abgeschlossen.

Lemma 1.5.1. (a) Ist E ein Vektorbuendel auf X und Ei = E|Xi, dann istId : E1|A

−→ E2|A ein Isomorphismus. Dann gilt

E E1 ∪Id E2.

(b) Sind βi : Ei → E′i Isomorphismen ueber Xi und ist φ′β1 = β2φ, dann gilt

E1 ∪φ E2 E′1 ∪φ′ E′2.

(c) Verkleben ist kompatibel mit den Vektorbuendeloperationen wie folgt: Sind(Ei, φ) und (E′i , φ

′) zwei Verklebungsdaten, dann gilt

(E1 ∪φ E2) ⊕ (E′1 ∪φ′ E′2) (E1 ⊕ E′1) ∪φ⊕φ′ (E2 ⊕ E′2),

(E1 ∪φ E2) ⊗ (E′1 ∪φ′ E′2) (E1 ⊗ E′1) ∪φ⊗φ′ (E2 ⊗ E′2),

(E1 ∪φ E2)∗ E∗1 ∪φ−∗ E∗2.

(d) Die Isomorphieklasse von (E1 ∪φ E2) haengt bei festen Ei nur von derHomotopieklasse von φ ab.

Beweis. (a) - (c) sind klar. Eine Homotopie von Isomorphismen

φt : E1|A → E2|A ist eine stetige Abbildung φ : E1|A × I→ E2|A so dass

fuer jedes t ∈ I die Abbildung φ(., t) ein Buendelisomorphismus

darstellt. Dies induziert einen Isomorphismus

Φ : π∗E1|A×I−→ π∗E2|A×I,

wobei π : X × I→ X die Projektion ist, denn man kann Φ durch

Φ(v, x, t) = (φt(v), x, t) definieren. Umgekehrt kommt jedes Φ von einer

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K-Theorie 17

Homotopie φt. Sei ft : X→ X × I definiert durch ft(x) = (x, t). Dann folgt

E1 ∪φt E2 f ∗t (π∗E1 ∪Φ π∗E2) .

Da f0 und f1 homotop sind, folgt die Behauptung.

Wir betrachten nun den Spezialfall des Verklebens von trivialen

Buendeln. Seien also Ei = Xi ×Kn. Dann ist ein Isomorphismus

φ : E1|A → E2|A gegeben durch eine stetige Abbildung φ : A→ GLn(K).

Beispiel 1.5.2. SeiK = C und H das tautologische Geradenbuendel

ueber X = P1(C) S2. Der Raum X ist die Vereinigung einer oberen und

einer unteren Hemisphaere, X = X1 ∪ X2, deren Schnitt A ein S1 ist. In

homogenen Koordinaten ist X1 die Menge aller [z, 1] mit |z| ≤ 1 und X2

die Menge aller [1, z] mit |z| ≤ 1. Das tautologische Buendel ist in

homogenen Koordinaten definiert als H[a,b] = C a

b

. Also ist fuer |z| = 1,

H[z,1] = C z

1

. Wir trivialisieren dieses Buendel auf X1 durch den Schnitt

s1([z, 1]) = z

1

und auf X2 durch den Schnitt s2([1, z]) = 1

z

. Auf

A = X1 ∩ X2 = [z, 1] : |z| = 1 ueberfuehren wir s1([z, 1]) in

s2([z, 1]) = s2([1, z]) durch φ([z, 1]) = z, oder φ([1, z]) = z Wir behaupten:

(H ⊗H) ⊕ 1 H ⊕H.

Beweis. Die Trivialisierungsfunktion von H ⊗H ist [1, z] 7→ z2 und daher

ist die Trivialisierungsfunktion von H ⊗H ⊕ 1 gleich [1, z] 7→(

z2

1

)= z.

Da GLn(C) wegzusammenhaengend ist, gibt es einen Weg α(t), der die

Einheitsmatrix mit( 1

1)

verbindet. Dann ist ( z1 )α(t) ( 1

z )α(t) eine

Homotopie von der Verklebungsfuktionen von (H ⊗H) ⊕ 1 zu der von

H ⊕H, die beiden sind also isomorph.

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K-Theorie 18

Definition 1.5.3. Wir schreiben [X,Y] fuer die Menge der

Homotopieklassen stetiger Abbildungen von X nach Y.

Beispiele 1.5.4. • [0,X] π0(X) ist die Menge der

Wegzusammenhangskomponenten von X.

• [S1,S1] Z, da jede Homotopieklasse von Abbildungen S1→ S1

durch ihre Windungszahl festgelegt ist.

Definition 1.5.5. Fuer n ∈N0 sei Vektn(X) die Menge der

Isomorphieklassen von Vektorbuendeln vom Rang n.

Lemma 1.5.6. SeiK = C und X = X1 ∪ X2 mit abgeschlossenen X1 und X2.Nimm an, dass X1 und X2 zusammenziehbar sind, dann gibt es einekanonische Bijektion

Vektn(X) −→ [A,GLn(C)].

Beweis. Jedes Vektorbuendel E ist die Verklebung seiner

Einschraenkungen auf X1 und X2, die beide trivialisierbar sind. Man

muss nur zeigen, dass wenn zwei Vektorbuendel isomorph sind, dass

dann die Verklebungsfunktionen homotop sind. Dies sieht man wie

folgt: Seien die Buendel E = (X1 × Cn) ∪φ (X2 × Cn) und

F = (X1 × Cn) ∪ψ (X2 × Cn) isomorph, dann ist zu zeigen, dass φ und ψ

homotop sind. Sei hierzu T : E→ F ein Isomorphismus, dann ist

T|X1 : X1 ×Cn→ X1 ×Cn durch eine stetige Abbildung T1 : X1 → GLn(C)

gegeben. Desgleichen ist T|X2 durch eine stetige Abbildung

T2 : X2 → GLn(C) gegeben. Die Vertraeglichkeit mit den Verklebungen

liefert fuer jedes a ∈ A, dass ψ(a)T1(a) = T2(a)φ(a) gilt, oder

ψ(a) = T2(a)φ(a)T1(a)−1.

Da X1 zusammenziehbar ist, gibt es eine stetige Abbildung

h : I × X1 → X1 mit h(0, x) = x0 und h(1, x) = x. Setze T1,t(x) = T1(h(t, x)).

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K-Theorie 19

Kombiniert man dies mit einem stetigen Weg in GLn(C), der T1(x0) mit

der Einheitsmatrix 1 verbindet, erhaelt man eine Homotopie

T1,t : A→ GLn(C) mit T1,1(a) = T1(a) und T1,0(a) = 1. Dasselbe fuer T2

liefert eine Homotopie T2,t : A→ GLn(C) mit T2,1(a) = T2(a) und

T2,0(a) = 1. Daher liefert die Homotopie Ht : A→ GLn(C):

Ht(a) = T2,t(a)φ(a)T1,t(a)−1,

dass H0(a) = φ(a) und H1(a) = ψ(a), ist also eine Homotopie zwischen φ

und ψ.

1.6 Metriken

Eine hermitesche Metrik auf einem Vektorbuendel E ist eine Familie

(〈., .〉x)x∈X, wobei 〈., .〉x ein Skalarprodukt auf Ex ist, so dass fuer je zwei

stetige Schnitte s, t ∈ Γ(E) die Funktion x 7→ 〈s(x), t(x)〉x stetig ist.

Lemma 1.6.1. Zu jedem Vektorbuendel auf einem parakompaktenlokalkompakten Raum X gibt es eine hermitesche Metrik.

Proof. Auf jedem trivialen Buendel gibt es eine. Sei (Ui) eine

trivialisierende Ueberdeckung und hi eine hermitesche Metrik auf E|Ui.

sei (ui) eine Zerlegung der Eins zu (Ui), dann ist

h =∑i∈I

hiui

eine hermitesche Metrik auf E.

Definition 1.6.2. Eine Sequenz · · · → Ei−1→ Ei

→ Ei+1 . . . heisst exakt,

falls fuer jedes x ∈ X die Sequenz von Vektorraeumen

· · · → Ei−1x → Ei

x → Ei+1x . . . exakt ist.

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K-Theorie 20

Satz 1.6.3. Sei X parakompakt und lokalkompakt. Dann spaltet jede kurzeexakte Sequenz von Vektorbuendeln ueber X.

Das heisst, fuer jede exakte Sequenz 0→ E α−→ F

β−→ G→ 0 gibt es einen

Morphismus σ : G→ F, so dass F = α(E) ⊕ σ(G) E ⊕ G.

Beweis. Versieh F mit einer hermiteschen Metrik und setze E⊥x =

Orthogonalraum von α(Ex) in Fx. Dann ist E⊥ ein Unterbuendel von Fund β induziert einen Isomorphismus E⊥ → G. Dann erfuellt

σ = (β|E⊥)−1 den Satz.

Definition 1.6.4. Ein Untervektorraum V ⊂ Γ(E) heisst ampel, falls die

Abbildung

X × V → E,

(x, s) 7→ s(x)

surjektiv ist.

Lemma 1.6.5. Ist E ein Vektorbuendel ueber einem kompaktenHausdorff-Raum, dann enthaelt Γ(E) einen endlich-dimensionalen amplenUnterraum.

Beweis. Dies ist klar fuer ein triviales Buendel. Sei (Ui)i∈I eine endliche

trivialisierende Ueberdeckung und sei Vi ⊂ Γ(E|Ui) ein

endlich-dimensionaler ampler Raum. Sei (ui) eine Teilung der Eins,

dann ist

V =∑i∈I

uiVi

ein endlich-dimensionaler ampler Raum.

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K-Theorie 21

Satz 1.6.6. Sei X ein topologischer Raum, der homotopie-aequivalent zueinem kompakten Hausdorff-Raum ist. Zu einem gegebenen VektorbuendelE existiert dann ein Vektorbuendel F, so dass E ⊕ F trivial ist.

Beweis. Nach Lemma 1.4.11 reicht es, anzunehmen, dass X ein

kompakter Hausdorff-Raum ist. Sei dann E ein Vektorbuendel und sei

V ⊂ Γ(E) ein ampler Teilraum, dann gibt es einen surjektiven

Morphismus vom trivialen Buendel X × V nach E, sei F dessen Kern.

Wir haben eine kurze exakte Sequenz

0→ F→ X × V → E→ 0.

Nach Satz 1.6.3 ist E ⊕ F trivial.

1.7 Projektive C(X)-Moduln

Sei R ein Ring, nicht notwendig kommutativ, aber mit Eins. Ein Modul

(=Linksmodul) P von R heisst projektiv, wenn fuer jede kurze exakte

Sequenz von Moduln M→ N→ 0 und jeden Modulhomomorphismus

φ : P→ N ein Modulhomomorphismus ψ : P→M existiert, so dass das

Diagramm

Pψ//

φ

M

N

kommutiert.

Lemma 1.7.1. (a) Freie Moduln sind projektiv.

(b) Sei R ein Ring. Ist P projektiv, dann spaltet jede kurze exakte Sequenz vonR-Moduln der Form 0→ A→ B→ P→ 0.

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K-Theorie 22

(c) Ein Modul P ist genau dann projektiv, wenn es einen Modul Q gibt, sodass P ⊕Q frei ist. Der Modul Q ist dann ebenfalls projektiv. Ist Pendlich-erzeugt und projektiv, kann Q so gewaehlt werden, dassP ⊕Q Rn fuer ein n ∈N ist. Der Modul Q ist dann ebenfallsendlich-erzeugt projektiv.

Beweis. (a) Sei F =⊕

i∈I Rαi frei und M π−→ N→ 0 exakt, sowie

φ : F→ N ein Morphismus. Fuer jedes i ∈ I waehle ein Urbild mi in Mvon φ(αi). Dann gibt es genau einen Morphismus ψ : F→M mit

ψ(αi) = mi fuer jedes i. Dieser ist ein Lift zu φ.

(b) Sei P projektiv und sei 0→ A→ Bη−→ P→ 0 exakt, so existiert ein

Lift der Identitaet P→ P zu einer Abbildung s : P→ B so dass

η s = IdP, also spaltet die Sequenz.

(c) Sei P projektiv. Indem man eine Erzeugermenge fuer P waehlt,

erhaelt man einen surjektiven Homomorphismus

φ :⊕

i∈I

Rαi = F P

von einem freien Modul F auf P. Nach Teil (b) gibt es einen

Modulhomomorphismus s : P→ F mit φs = Id. Sei Q der Kern von φ,

so ist die Abbildung Q ⊕ P→ F, (q, p) 7→ q + s(p) ein Isomorphismus. Ist

P endlich-erzeugt, kann man F als endlich-frei, also isomorph zu Rn

waehlen. Der Modul Q ist dann das Bild der Projektion Rn = P⊕Q→ Qund ist damit ebenfalls endlich-erzeugt.

Seien umgekehrt P und Q Moduln und α : P ⊕Q→ F ein

Isomorphismus, wobei F frei ist. Sei dann Mη−→ N→ 0 exakt und

φ : P→ N ein Morphismus. Sei φ : F→ N gleich der Projektion auf Pgefolgt von φ. Da freie Moduln projektiv sind, gibt es einen Lift

ψ : F→M von φ. Dann ist ψ = ψ α ein Lift von P→M.

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K-Theorie 23

Satz 1.7.2. Sei X homotopie-aequivalent zu einem kompaktenHausdorff-Raum. Dann induziert der Schnittfunktor Γ eine Aequivalenzvon Kategorien zwischen der Kategorie der Vektorbuendel ueber X und derKategorie der endlich-erzeugten projektiven C(X) = C(X,K)-Moduln.

Proof. Ist E ein triviales Buendel, dann ist Γ(E) ein endlich erzeugter

freier C(X)-Modul. Ist E beliebig, so existiert demnach mit Satz 1.6.6 ein

C(X)-Modul M, so dass Γ(E) ⊕M endlich erzeugt frei ist, also ist Γ(E)

endlich-erzeugt projektiv.

Sei umgekehrt, M ein endlich erzeugter projektiver C(X)-Modul. Dann

existiert ein Modul N so dass M ⊕N endlich-frei ist, sagen wir

M ⊕N C(X)n Γ(X ×Kn). Wir fassen also M als einen Untermodul

von Γ(X ×Kn) auf. Sei E ⊂ X ×Kn die Vereinigung aller Bilder s(X) fuer

s ∈M und sei F dasselbe fuer N. Wir behaupten, dass E und FVektorbuendel ueber X sind. Dazu sei x0 ∈ X und k = dim Ex0. Waehle

Schnitte s1, . . . , sk in M so dass s1(x0), . . . , sk(x0) eine Basis des Raums Ex

sind. Wegen M ⊕N = Γ(X ×Kn ist dim(Fx0) = n − k und es gibt Schnitte

sk+1, . . . , sn in N, so dass sk+1(x0), . . . , sn(x0) eine Basis von Fx0 sind. Es gibt

dann eine offene Umgebung U von x0 so dass fuer alle x ∈ U die

Vektoren s1(x), . . . , sn(x) linear unabhaengig sind. Diese liefern die

verlangte lokale Trivialisierung und die Behauptung folgt.

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K-Theorie 24

2 Topologische K-Theorie

2.1 Definitionen

Proposition 2.1.1. (a) Sei A ein abelsches Monoid. Dann existiert eineabelsche Gruppe K(A) und ein Monoidmorphismus α : A→ K(A) so dassfuer jede Gruppe G und jeden Monoidmorphismus f : A→ G genau einenGruppenmorphismus K(A)→ G gibt , der das Diagramm

A α //

f""

K(A)∃!

G

kommutativ macht. Die Gruppe K(A) und der Morphismus α sind bis aufeindeutige Isomorphie eindeutig bestimmt.

(b) Wird das Monoid additiv geschrieben, kann jedes Element von K(A) in derForm a − b fuer zwei Elemente a, b ∈ A geschrieben werden.

(c) Fuer zwei Elemente a, b ∈ A gilt α(a) = α(b) genau dann, wenn es einc ∈ A gibt, so dass a ⊕ c = b ⊕ c in A gilt.

Definition 2.1.2. Man nennt die Gruppe K(A) je nach Schule die

K-Gruppe des Monoids A, oder die Grothendieck-Gruppe des

Monoids oder die Quotientengruppe des Monoids.

Beweis. (a) Sei F(A) die freie abelsche Gruppe erzeugt von den

Elementen von A und sei N die Untergruppe erzeugt von allen

Elementen der Form a + a′ − (a⊕ a′), wobei ⊕ die Addition in A ist. Setze

dann K(A) = F(A)/N, so ist die universelle Eigenschaft klar.

(b) Sei α =∑

a∈A kaa ∈ F(A) mit ka ∈ Z. Sei α+ =∑

ka>0 kaa und

α− =∑

ka<0(−ka)a, dann folgt α = α+ − α−, es reicht also zu zeigen, dass

ein Element mit positiven Koeffizienten in K(A) mit dem Bild eines

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K-Theorie 25

Elementes von A uebereinstimmt. In K(A) gilt aber

ka = a + · · · + a = a ⊕ · · · ⊕ a ∈ A und a + b = a ⊕ b ∈ A fuer a, b ∈ A,

woraus die Behauptung folgt.

Um (c) zu beweisen, brauchen wir eine andere Konstruktion von K(A).

Auf A × A definiere die Aequivalenzrelation ∼ gegeben durch

(a, b) ∼ (c, d) ⇔ ∃x∈A : a ⊕ d ⊕ x = c ⊕ b ⊕ x.

Sei K(A) = A × A/ ∼. Wir zeigen, dass die Addition

[a, b] + [c, d] = [a ⊕ c, b ⊕ d] wohldefiniert ist und K(A) zu einer Gruppe

macht. Seien also [a, b] = [a′, b′] und [c, d] = [c′, d′], etwa

a + b′ + x = a′ + b + x und c + d′ + y = c′ + d + y. Wir wollen zeigen

[a + c, b + d] = [a′ + c′, b′ + d′]. Es gilt

a + c + b′ + d′ + x + y = a′ + c′ + b + d + x + y, also die Behauptung, die

Addition ist somit wohldefiniert. Die Gruppenaxiome sind leicht

nachgerechnet, das neutrale Element ist [0, 0] und das Inverse zu [a, b]

ist [b, a]. Sei η : A→ K(A) gegeben durch a 7→ (a, 0). Dies ist ein

Monoidmorphismus. Ist φ : A→ G ein Homomorphismus in eine

Gruppe G, dann setze φ : K(A)→ G, φ(a, b) = φ(a) − φ(b). Dies ist ein

Gruppenhomomorphismus und zwar eindeutig bestimmt mit der

Eigenschaft, dass er φ fortsetzt. Es folgt, dass die Abbildung

K(A)→ K(A), (a, b) 7→ a − b ein Isomorphismus ist, so dass (c) folgt.

Ist X ein topologischer Raum, dann ist VektK(X) ein abelsches Monoid.

Wir schreiben

K(X) = K(

VektC(X))

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K-Theorie 26

und nennen K(X) die (komplexe) K-Gruppe von X. ferner sei

KO(X) = K(

VektR(X))

die reelle K-Theorie.

Ist E ein Vektorbuendel, schreiben wir [E] fuer die Klasse von E in K(X).

Jedes Element von K(X) kann in der Form [E] − [F] fuer Vektorbuendel

E und F geschrieben werden. Wir schreiben n fuer das triviale Buendel

vom Rang n.

Wir behandeln ab jetzt vornehmlich die komplexe Theorie. Also

”Buendel” heisst jetzt ”komplexes Vektorbuendel”.

Ist X vom Homotopietyp eines kompakten Hausdorff-Raum, dann gibt

es ein Buendel G mit F ⊕ G = n und also gilt in K(X)

[E] − [F] = [E ⊕ G] − [F ⊕ G] = [E ⊕ G] − n.

Also kann in diesem Fall jedes Element von K(X) in der Form [E] − ngeschrieben werden.

Definition 2.1.3. Zwei Buendel E und F heissen stabil aequivalent,

wenn es ein Buendel G gibt, so dass E ⊕ G F ⊕ G.

Lemma 2.1.4. Sei X ein topologischer Raum und E und F Buendel ueber X.Es gilt [E] = [F] genau dann, wenn E und F stabil aequivalent sind.

Beweis. Dies folgt aus Proposition 2.1.1 (c).

Lemma 2.1.5. Die abelsche Gruppe K(X) wird durch das Tensorprodukt[E][F] = [E ⊗ F] zu einem kommutativen Ring mit Eins. Das Einselement istdurch das triviale Geradenbuendel 1 gegeben.

Ist f : Y→ X eine stetige Abbildung, dann ist f ∗ : K(X)→ K(Y) ein unitalerRinghomomorphismus. Also ist insbesondere K(Y) eine K(X)-Algebra.

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K-Theorie 27

Beweis. Klar.

2.2 Beispiele

Satz 2.2.1. Es gilt KO(S1) = Z[X]/I, wobei I das Ideal ist, das von X2− 1

und 2X − 2 erzeugt wird. Die Klasse X ist die Klasse des Moebius-Bandes.

Es gilt K(S1) = Z.

Beweis. Sei E ein Vektorbuendel ueber S1 = R/Z und sei p : R→ R/Z

die Projektion. Dann ist p∗E trivial, also folgt E (R ×Kn)/Z, wobei Z

durch k(x, v) = (x + k,Akv) operiert fuer ein A ∈ GLn(K). Wie in Beispiel

1.1.6 sieht man, dass es im Falle n ≥ 2 einen nullstellenfreien Schnitt

s ∈ Γ(E) gibt. Dieser erzeugt ein triviales Geradenbuendel L ⊂ E. Waehle

eine hermitesche Metrik und zerlege E = L ⊕ L⊥. Iteration liefert, dass in

K(S1) gilt E = n + L fuer ein Geradenbuendel und ein n ∈N0. Ist E selbst

ein Geradenbuendel und istK = C, dann ist E trivialisierbar, was man

wie in Beispiel 1.1.6 sieht, so dass die komplexe Aussage folgt.

Sei nun alsoK = R. Ein Geradenbuendel L ist entweder trivialisierbar

oder M. Ferner ist 2M = M ⊕M trivialisierbar, da(−1−1

)in GL2(R)

durch einen Weg mit der Einheitsmatrix verbunden werden kann.

Damit ist KO(S1) ein Quotient von Z[X]/I. Die Elemente dieses Rings

sind von der Form a + εX, wobei a ∈ Z und ε ∈ 0, 1. Da X selbst nicht

trivialisierbar ist (es gibt keinen nullstellenfreien Schnitt), ist KO(S1)

gleich diesem Ring.

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K-Theorie 28

Satz 2.2.2. Sei H das tautologische Geradenbuendel ueber S2 = P1(C),man nennt dies auch das Hopfbuendel. Dann gilt

K(S2) Z[H]/(H − 1)2.

Beweis. Im naechsten Abschnitt.

2.3 Der Produktsatz

Definition 2.3.1. Seien E→ X und F→ Y Vektorbuendel. Das aeussere

Produkt E F→ X × Y ist definiert als

p∗1E ⊗ p∗2F,

wobei p1 und p2 die beiden Projektionen sind.

Dann ist E F ein Vektorbuendel ueber X × Y mit Faser

(E F)(x,y) = Ex ⊗ Fy.

Das aeussere Produkt definiert einen Ringhomomorphismus

K(X) ⊗ K(Y)→ K(X × Y).

Sei H das tautologische Buendel ueber S2 = P1(C), auch Hopf-Buendel

genannt. In Beispiel 1.5.2 haben wir gezeigt, dass (H ⊗H) ⊕ 1 H ⊕H,

also in der K-Gruppe gilt H2 + 1 = 2H oder (H − 1)2 = 0. Wir erhalten

einen Ringhomomorphismus Z[H]/(H − 1)2→ K(S2). Sei µ der

Ringhomomorphismus

µ : K(X) ⊗Z[H]/(H − 1)2→ K(X) ⊗ K(S2)→ K(X × S2),

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K-Theorie 29

wobei die zweite Abbildung das externe Tensorprodukt ist.

Satz 2.3.2. Ist X ein kompakter Hausdorf-Raum, dann ist µ einIsomorphismus

K(X) ⊗Z[H]/(H − 1)2 K(X × S2).

Insbesondere ist die Abbildung Z[H]/(H − 1)2→ K(S2) ein

Isomorphismus von Ringen.

Der Beweis nimmt den Rest des Abschnitts ein.

Nach Lemma 1.5.6 sind die Isoklassen von Vektorbuendeln ueber S2

durch die Homotopieklassen von Abbildungen S1→ GLn(C) gegeben,

die wir Veklebungsfunktionen nennen. Sei p : E→ X irgendein

Vektorbuendel und sei f : E × S1→ E × S1 ein Automorphismus des

Vektorbuendels p × 1 : E × S1→ X × S1. Das heisst insbesondere, fuer

jedes z ∈ S1 definiert f einen Automorphismus f (x, z) : p−1(x)→ p−1(x).

Aus E und f konstruieren wir ein Buendel ueber X × S2, indem wir S2

als Vereinigung zweier Hemisphaeren schreiben mit S1 als Schnitt und

indem wir f als Verklebungsfunktion benutzen. Wir schreiben dieses

Buendel als [E, f ]. Jedes Vektorbuendel ist von dieser Form und wir

koennen f so normalisieren, dass f ueber X × 1 die Identitaet ist.

Definition 2.3.3. Unter einer Laurent-Polynom Verklebungsfunktion

oder LP-Verklebungsfunktion verstehen wir eine

Verklebungsfunktion f wie ober der besonderen Form

`(x, z) =∑| j|≤n

z ja j(x),

wobei a(x) : Ex → Ex ein Endomorphismus des Vektorraums Ex ist.

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K-Theorie 30

Lemma 2.3.4. Sei X ein kompakter Hausdorff-Raum. Jedes Vektor Buendel[E, f ] ueber X × S2 ist isomorph zu einem Buendel [E, `] mit LPVerklebungsfunktion. Sind zwei LP Verklebungsfunktionen `0 und `1 homotopim Raum aller Verklebungsfunktionen, dann sind sie homotop im Raum allerLP-Verklebungsfunktionen.

Beweis. Wir versehen ein gegebenes Buendel E ueber X × S1 mit einer

Metrik und erhalten so eine Norm auf dem Raum aller

Endomorphismen:

||T|| = supy∈X×S1

∣∣∣∣∣∣Ty

∣∣∣∣∣∣ ,wobei

∣∣∣∣∣∣Ty

∣∣∣∣∣∣ die Operatornorm ist. Wir zeigen zunaechst, dass die

LP-Verklebungsfunktionen dicht liegen in der Menge aller

Verklebungsfunktionen.

Nach dem Satz von Stone-Weierstrass laesst sich jede stetige Funktion

f : X × S1→ C gleichmaessig durch Laurent-Polynome der Form∑

| j|≤n z ja j(x) mit stetigen Funktionen a j : X→ C approximieren. Wir

zerlegen das Buendel E in einen endlichen trivialisierenden Atlas, wo

wir lokal jede Verklebungsfunktion durch LP-Verklebungsfunktionen

approximieren koennen, diese Approximationen setzten wir

zusammen mit einer Teilung der Eins.

Ist nun eine LP-Verklebungsfunktion ` nah genug bei einer gegebenen

Verklebungsfunktion f , dann wird gt = (1 − t) f + t` eine

Verklebungsfuktion sein fuer jedes t ∈ [0, 1], so dass f zu ` homotop ist,

also die induzierten Buendel isomorph.

Die zweite Aussage folgt ebenso, indem man eine gegebene Homotopie

im Raum der Homotopien approximiert.

Eine LP-Verklebungsfunktion ` kann in der Form z−mq geschrieben

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K-Theorie 31

werden, wobei q eine polynomiale Verklebungsfunktion ist. In diesem

Fall gilt [E, `] [E, q] ⊗H−m.

Lemma 2.3.5. Ist q eine polynomiale Verklebungsfunktion vom Grad ≤ n,dann gilt [E, q] ⊕ [nE, 1] [(n + 1)E,Lnq], wobei Lnq eine lineareVerklebungsfunktion ist.

Beweis. Sei q(x, z) = a0(x) + a1(x)z + · · · + an(x)zn. Die Matrizen

A =

1 −z 0 . . . 0

0 1 −z . . . 0...

......

...

0 0 0 1 −zan an−1 an−2 . . . a0

, B =

In 0

0 q

definieren Endomorphismen von (n + 1)E. Man kann nun A in B durch

elementare Zeilen- und Spaltentrafos ueberfuehren: Zunaechst addiere

das z-fache der ersten Spalte zur zweiten, dann dasselbe mit der

zweiten und dritten und so fort. Auf diese Weise werden alle ueber der

Diagonale liegenden Beitraege Null und rechts unten steht q. Dann

zieht man ein geeignetes Vielfaches der j-ten Zeile von der letzten ab bis

man B erreicht. Die durch A und B definierten Endos sind dann

homotop, dan man jede elementare Transformation in eine Homotopie

einspannen kann, die zur trivialen Transformation fuehrt. Die Matrix Bist die Verklebungsfunktion von [nE, 1] ⊕ [E, q] und A ist eine lineare

Verklebungsfunktion, die wir Lnq nennen.

Lemma 2.3.6. Sei das Buendel [E, a(x)z + b(x)] mit einer linearenVerklebungsfunktion gegeben. Dann existiert eine Zerlegung E E0 ⊕ E1 mit[E, a(x)z + b(x)] [E0, 1] ⊕ [E1, z].

Beweis. Als ersten Schritt reduzieren wir auf den Fall a(x) = Id. Hierzu

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K-Theorie 32

betrachte den Ausdruck

ft = (1 + tz)

a(x)z + t1 + tz︸︷︷︸∈T

+b(x)

= (a(x) + tb(x)) z + ta(x) + b(x).

Fuer t = 0 ist dies a(x)z + b(x). Dies ist eine Homotopie zu dem Fall t = 1,

wenn man (1 + z)(a(x) + b(x)) erhaelt. Dies ist nun aber keine

Verklebungsfunktion mehr, da fuer z = −1 eine Nullstelle entsteht. Aber

fuer jedes 0 ≤ t < 1 ist es eine Verklebungsfunktion. Ausserdem gibt es

aus Stetigkeitsgruenden und wegen der Kompaktheit von X ein

0 < t0 < 1 so dass fuer jedes t0 ≤ t < 1 der Ausdruck a(x) + tb(x)

invertierbar ist. Ist g ein Automorphismus von E, dann gilt stets

[E, f ] [E, f g] und daher ist

[E, ft0] [E, z + (t0a(x) + b(x))(a(x) + t0b(x))−1], womit wir also annehmen

koennen, dass a(x) = 1 ist, die Verklebungsfunktion also von der Form

z + b(x). Da z + b(x) stets invertierbar ist, hat b(x) keine Eigenwerte in T.

Wir benutzen nun folgendes Fakt:

• Sei Y ein kompakter Hausdorff-Raum und p : E→ Y ein

C-Vektorbuendel. Ist b : E→ E ein Endomorphismus, so dass kein

Eigenwert in T liegt, dann gibt es genau eine b-stabile Zerlegung

E = E0 ⊕ E1 so dass fuer jeden Eigenwert λ von b|E0 die

Ungleichung |λ| < 1 und jeder Eigenwert µ von b|E1 die

Ungleichung |µ| > 1 erfuellt.

Beweis. Ist V ein endlich-dimensionaler C-Vektorraum und A : V → Vein Endomorphismus ohne Eigenwerte in T, dann definieren wir V0 als

die Summe aller Hauptraeume von A zu den Eigenwerten |λ| < 1 und

V1 als Summe aller Hauptraeume zu den Eigenwerten |µ| > 1. Dann ist

V = V0 ⊕ V1 eine A-stabile Zerlegung und ist diese ist eindeutig

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K-Theorie 33

festgelegt durch die A-Stabilitaet und die Lage der Eigenwerte

innerhalb oder ausserhalb von T. Ist x 7→ Ax eine stetige Familie von

Endomorphismen ohne Eigenwert in T, dann ist auch Vx,0 ⊕ Vx,1 eine

stetige Familie von Zerlegungen. (Es konnen zwar, wenn x variiert,

Eigenwerte zusammenlaufen oder auseinander, aber die Grenze Twird

nie ueberschritten.)

Demnach haben wir eine Zerlegung

[E, z + b(x)] = [E0, z + b0(x)] ⊕ [E1, z + b1(x)]. Da alle Eigenwerte von b0(x)

im Inneren des Eiheitskreises liegen, ist t 7→ z + tb0(x) eine Homotopie

von Verklebungsfunktionen zwischen z und z + b0(x). Da alle

Eigenwerte von b1(x) ausserhalb des abgeschlossenen Einheitskreises

liegen, ist t 7→ tz + b1(x) eine Homotopie zwischen b1(x) und z + b1(x).

Damit folgt [E0, z + b0] [E0, z] und [E1, z + b1] [E1, b1] [E1, 1]. Damit

ist Lemma 2.3.6 bewiesen.

Nun kommen wir zum Beweis des Satzes 2.3.2. Nach dem bisher

gezeigten gilt in K(X × S2)

[E, f ] [E, z−mq]

[E, q] ⊗H−m

[(n + 1)E,Lnq] ⊗H−m− [nE, 1] ⊗H−m

[((n + 1)E)0, 1] ⊗H−m + [((n + 1)E)1, z] ⊗H−m− [nE, 1] ⊗H−m

((n + 1)E)0 ⊗H−m + ((n + 1)E)1 ⊗H1−m− nE ⊗H−m.

Dies liegt im Bild von µ, so dass µ demnach surjektiv ist.

Um zu zeigen, dass µ injektiv ist, konstruieren wir eine Abbildung in

der umgekehrten Richtung ν : K(X × S2)→ K(X) ⊗Z[H]/(H − 1)2 so

dass νµ = Id. Eine offensichliche Wahl fuer ν ist durch die obige

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K-Theorie 34

Rechnung gegeben

ν([E, z−mq])

= ((n + 1)E)0 ⊗H−m + ((n + 1)E)1 ⊗H1−m− nE ⊗H−m

= ((n + 1)E)0 ⊗H−m + ((n + 1)E)1 ⊗H1−m− (n + 1)E ⊗H−m︸ ︷︷ ︸

=((n+1)E)0⊗H−m

+E ⊗H−m

= ((n + 1)E/(n + 1)E)0 ⊗H−m + ((n + 1)E)1 ⊗H1−m + E ⊗H−m

= ((n + 1)E)1 ⊗H−m + ((n + 1)E)1 ⊗H1−m + E ⊗H−m

Hier haben wir benutzt, dass wegen der Komplementaritaet

(n + 1)E/(n + 1)E)0 ((n + 1)E)1 gilt. Es ist nur zu zeigen, dass ν

wohldefiniert ist. Wegen [E, z−m−1(zq)] [E, zq] ⊗H−m−1 [E, q] ⊗H−m,

ist die rechte Seite nicht von der Wahl von m abhaengig. Es ist nur zu

zeigen, dass sie auch nicht von der Wahl von n ≥ deg(q) abhaengt.

Seien zunaechst E ein Vektorbuendel ueber X und q eine polynomiale

Verklebungsfunktion vom Grad ≤ n. Wir zeigen:

(1) [(n + 2)E,Ln+1q] [(n + 1)E,Lnq] ⊕ [E, 1].

Die Matrixdarstellungen von Ln+1q ist

1 −z 0 . . . 0

0 1 −z . . . 0...

......

...

0 0 0 1 −z0 an an−1 . . . a0

.

In dieser Matrix koennen wir z mal die erste Spalte zur zweiten

addieren und erhalten(

[E,1][E,Lnq]

), was (1) beweist.

Als naechstes machen wir uns die E1 ⊕ E2 Zerlegung von Lemma 2.3.6

im Fall [E, 1] klar.

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K-Theorie 35

(2) Im Fall [E, 1] ist E0 = 0 und E1 = E.

Fuer Aussage (2) gehen wir vor wie im Beweis von Lemma 2.3.6 und

ersetzen die Verklebunsfunktion 1 = a(x)z + b(x) durch

z + (t0a(x) + b(x))(a(x) + t0b(x))−1 = z + 1/t0Id. Da 1/t0Id nur den einen

Eigenwert 1/t0 > 1 hat, folgt (2).

Aus (1) und (2) folgt ((n + 2)E)0 ((n + 1)E)0, also haengt der

E0-Summand nicht von n ab und Satz 2.3.2 ist bewiesen.

2.4 Smash und Kegelkonstruktion

Definition 2.4.1. Ein Raumpaar ist ein Paar (X,A) bestehend aus einem

topologischer Raum X und einer abgeschlossenen Teilmenge A. Man

erhaelt den Quotienten X/A, indem man A zu einem Punkt

zusammenzieht. Genauer ist X/A der Quotientenraum X/ ∼, wobei ∼

die Aequivalenzrelation

x ∼ y ⇔

x = y oder

x, y ∈ A

ist. Ein punktierter Raum ist ein Raumpaar der Form (X, x0) = (X, x0).

Beachte, dass (X/A,A) ein punktierter Raum ist. Hierbei laesst man

auch A = ∅ zu. In diesem Fall ist X/A die disjunkte Vereinigung von Xmit einem Punkt.

Eine Abbildung von Raumpaaren f : (X,A)→ (Y,B) ist eine stetige

Abbildung f : X→ Y mit der Eigenschaft f (A) ⊂ B.

Definition 2.4.2. Sei C die Kategorie der kompakten Hausdorffraume,

C + die Kategorie der punktierten kompakten Hausdorff-Raum und C 2

die Kategorie der Paare kompakter Hausdorff-Raum. Wir haben

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K-Theorie 36

Funktoren

C → C 2 C 2→ C +,

X 7→ (X, ∅) (X,A) 7→ X/A.

Die Komposition ist X 7→ X+ = X ∪ ∞.

Definition 2.4.3. Ist X ∈ C + ein punktierter Raum, dann ist die

reduzierte K-Theorie K(X) definiert als

K(X) := ker (K(X)→ K(x0)) ,

wobei x0 der ausgezeichnete Punkt ist. Mit anderen Worten, K(X) ist die

Teilmenge aller [E] − [F] in K(X) mit der Eigenschaft, dass

dim Ex0 = dim Fx0. Die Abbildung f : X→ x0 induziert via f ∗ eine

Zerlegung

K(X) K(X) ⊕ K(x0) = K(X) ⊕Z.

Wir haben ausserdem

K(X) K(X+).

Schliesslich definieren wir fuer ein Raumpaar

K(X,A) = K(X/A).

Definition 2.4.4. Sind X,Y ∈ C +, dann definiere die punktierte Summe

X ∨ Y :=(x0 × Y

)∪

(X × y0

).

Man kann die punktierte Summe auch als disjunkte Vereinigung von Xund Y verstehen, die im Basispunkt zusammengeklebt werden.

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K-Theorie 37

Proposition 2.4.5. Die punktierte Summe ist die Summe (oder Coprodukt) inder Kategorie C +. Das heisst, die kanonischen Abbildungen X,Y→ X ∨ Yinduzieren fuer jedes Z ∈ C + eine funktorielle Bijektion

Hom(X,Z) ×Hom(Y,Z)→ Hom(X ∨ Y,Z).

Beweis. Sind φX : X→ Z und φY : Y→ Z gegeben, so definiere

ψ : X ∨ Y→ Z durch

ψ(x) =

φX(x) x ∈ X,

φY(x) x ∈ Y.

Die Abbildung (φX, φY) 7→ ψ ist die verlangte funktorielle Bijektion.

Lemma 2.4.6. Es gilt

K(X ∨ Y) = K(X) ⊕ K(Y).

Beweis. Ist E ein Buendel ueber X, dann kann man es trivial auf Yfortsetzen und erhaelt ein Buendel E. Die Abbildung [E] − n 7→ [E] − nist eine Einbettung von K(X) nach K(X ∨ Y). Ist E ein Buendel ueber

X ∨ Y, dan ist [E] − n die Summe aus dem Bild von EX und EY.

Beispiel 2.4.7. Ist I das Einheitsintervall mit speziellem Punkt x0 = 1/2,

dann ist I ∨ I das griechische Kreuz:

Definition 2.4.8. Das Smash-Produkt ist

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K-Theorie 38

X ∧ Y := X × Y/X ∨ Y.

Beachte, dass X ∧ pt = pt.

Proposition 2.4.9. Das Smash-Produkt ist das Produkt in der Kategorie C +,d.h. die Projektionen pX : X ∧ Y→ X und pY : X ∧ Y→ Y induzierenfunktorielle Bijektionen

Hom(Z,X) ×Hom(Z,Y) −→ Hom(Z,X ∧ Y).

Beweis. Seien µX : Z→ X und µY : Z→ Y gegeben. Definiere

µ : Z→ X × Y durch µ(z) = (µX(z), µY(z)) und definiere µ : Z→ X ∧ Yals Z

µ−→ X × Y→ X ∧ Y, wobei die letzte Abbildung die kanonische

Projektion ist. Die Abbildung (µX, µY) 7→ µ ist die verlangte

Bijektion.

Fuer drei gegebene Raeume X,Y,Z gibt es einen natuerlichen

Homoeomorphismus

(X ∧ Y) ∧ Z X ∧ (Y ∧ Z).

Ist I das Einheitsintervall und In der n-dimensionale Wuerfel. Sei ∂In

der Rand des Wuerfels, dann ist

In/∂In Sn

und

Sn S1∧ S1

∧ · · · ∧ S1

mit n Faktoren.

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K-Theorie 39

Definition 2.4.10. Fuer X ∈ C + sei S(X) = S1∧ X die (reduzierte)

Einhaengung von X.

Hier ist ein Bild von S(X+), das die Wortwahl erlaeutert.

X

2.5 Hoehere K-Theorie

Sei Sn(X) die n-fache Iteration des Einhaengungsfunktors S, also

Sn(X) = S1∧ S1

∧ · · · ∧ S1∧ X

mit n Kopien von S1.

Definition 2.5.1. Fuer n ≥ 0 setze

Kn(X) := K(Sn(X)) X ∈ C +,

Kn(X,Y) := Kn(X/Y) (X,Y) ∈ C 2,

Kn(X) := Kn(X, ∅) = Kn(X+) X ∈ C .

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K-Theorie 40

Lemma 2.5.2. Es gilt

K0(X) = K(X),

K(SnX) = Kn(X) ⊕Z

Kn(X,X) = 0

Definition 2.5.3. Fuer einen topologischen Raum X sei der Kegel ueber

X definiert als

C(X) := I × X/0 × X.

X

C(X)

Die Kegelkonstruktion ist ein Funktor C → C +. Wir identifizieren X mit

dem Unterraum X × 1. Der Raum C(X)/X wird die unreduzierte

Einhaengung genannt. Dies ist ein Funktor C → C +, wohingegen die

reduzierte Einhaengung ein Funktor C +→ C + ist. Beachte, dass

S(X) = (C(X)/X)/I × x0, falls X ∈ C + mit speziellem Punkt x0, d.h., S(X)

entsteht aus der unreduzierten Einhaengung durch Kollabieren eines

zusammenziehbaren Teilraums. Dies induziert eine Isomorphie auf der

K-Theorie:

K(SX) K(CX/X), KS(X) K(CX/X).

Wir schreiben daher auch manchmal SX fuer die unreduzierte

Einhaengung.

Definition 2.5.4. Ist (X,Y) ∈ C 2, so sei X ∪ CY die Vereinigung von Xmit dem Kegel von Y.

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K-Theorie 41

X

CX

Y

Nehmen wir den Basispunkt von CY als Basispunkt, dann ist

X ∪ CY ∈ C +. Es gibt einen natuerlichen Homoeomorphismus

X ∪ CY/X CY/Y.

Ist also Y ∈ C +, dann gilt

K0(X ∪ CY,X) = K0(CY,Y)

= KS(Y)

= K1(Y).

2.6 Die lange exakte Sequenz

Lemma 2.6.1. Sei (X,Y) ∈ C 2 ein Raumpaar. Die Inklusionen i : Y→ X undj : (X, ∅)→ (X,Y) induzieren eine exakte Sequenz abelscher Gruppen:

K0(X,Y)j∗−→ K(X) i∗

−→ K(Y).

Beweis. Die Komposition i∗ j∗ ist durch ji : (Y, ∅)→ (X,Y) gegeben,

faktorisiert also durch die triviale Gruppe K0(Y,Y). Daher ist i∗ j∗ = 0. Sei

nun ξker(i∗). Wir koennen ξ in der Form [E] − n darstellen, mit einem

Vektorbuendel E ueber X. Es ist dann E|Y = n in K(Y), also gibt es ein

m ∈N so dass E⊕m|Y = n⊕m. Das bedeutet, es gibt eine Trivialisierung

α von E ⊕m|Y. Dies definiert ein Buendel E ⊕m/α ueber X/Y und damit

ein Element η von K(X,Y) mit j∗(η) = ξ.

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K-Theorie 42

Korollar 2.6.2. Sei (X,Y) ∈ C 2 ein Raumpaar und y0 ∈ Y, so dass(Y, y0) ∈ C +. Waehle auch in X den speziellen Punkt y0, dann ist die Sequenz

K0(X,Y)j∗−→ K(X) i∗

−→ K(Y)

ebenfalls exakt.

Proof. Dies ist klar wegen des letzten Lemmas und der natuerlichen

Isomorphismen

K(X) K(X) ⊕ K(y0),

K(Y) K(Y) ⊕ K(y0).

Satz 2.6.3. (a) Sei (X,Y) ∈ C 2 ein Raumpaar. Dann gibt es einenatuerliche unendliche exakte Sequenz

. . .K2(Y) δ−→ K1(X,Y)

j∗−→ K1(X) i∗

−→ K1(Y) δ−→ K0(X,Y)

j∗−→ K0(X) i∗

−→ K0(Y).

(b) Sind ueberdies X,Y ∈ C + mit demselben Basispunkt, dann gibt es einelange exakte Sequenz

. . . KS2(Y) δ−→ KS(X/Y)

j∗−→ KS(X) i∗

−→ KS(Y) δ−→ K(X/Y)

j∗−→ K(X) i∗

−→ K(Y).

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K-Theorie 43

Beweis. Einsetzen der Definitionen liefert

Kn+1(Y) δ? // Kn(X,Y) // Kn(X) // Kn(Y)

KSn+1(Y+) δ? // KSn(X/Y) // KSn(X+) // KSn(Y+)

Da X/Y = (X+)/(Y+), reicht es zu zeigen, dass fuer ein Raumpaar

(X,Y) ∈ C 2 mit Y ∈ C + eine Abbildung δ existiert, die die Sequenz

KS(X) i∗−→ KS(Y) δ

−→ K(X/Y)j∗−→ K(X) i∗

−→ K(Y)

exakt macht, denn dann kann man das Paar (X,Y) durch

(Sn(X+),Sn(Y+)) ersetzen und erhaelt die urspruengliche Behauptung.

Die Exaktheit an der Stelle K(X) ist in Korollar 2.6.2 bewiesen worden.

Um Exaktheit an den anderen Stellen zu bekommen, wenden wir

Korollar 2.6.2 auf die Paare (X ∪ CY,X) und (X ∪ CY) ∪ CX,X ∪ CY) an.

Das Paar (X ∪ CY,X) liefert uns eine exakte Sequenz

K(X ∪ CY,X) m∗−→ K(X ∪ CY) k∗

−→ K(X).

Da CY zusammenziehbar ist, liefert die Abbildung

p : X ∪ CY→ X ∪ CY/CY = X/Y einen Isomorphismus

p∗ : K(X/Y) −→ K(X ∪ CY).

Sei θ : K0(X ∪ CY,X) −→ KS(Y) der Isomorphismus vom Ende des

letzten Abschnitts. Definiere δ : KS(Y)→ K(X/Y) als die Komposition

KS(Y) θ−1

−→ K(X ∪ CY,X) = K(X ∪ CY/X) m∗−→ K(X ∪ CY)

(p∗)−1

−→ K(X/Y)

Dann wird die obige exakte Sequenz zu

KS(Y) δ−→ K(X/Y) k∗

−→ K(X),

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K-Theorie 44

was der mittlere Teil der zu konstruierenden Sequenz ist. Schliesslich

wenden wir Korollar 2.6.2 auf das Paar (X ∪ C1Y ∪ C2X,X ∪ CY) an,

wobei wir die beiden Kegel nun nummeriert haben, siehe Bild

XY

C1Y

C2X

Wir erhalten eine exakte Sequenz

K0(X∪C1Y∪C2X,X∪C1Y)→ K(X∪C1Y∪C2X)→ K(X∪CY) K(X/Y)

und wir wollen zeigen, dass dies die Exaktheit der Sequenz

KS(X) i∗−→ KS(Y) δ

−→ K(X/Y)

impliziert. Hierzu reicht es, zu zeigen, dass das Diagramm

K0(X ∪ C1Y ∪ C2X,X ∪ C1Y) // K(X ∪ C1Y ∪ C2X)

K(C2X/X) K(C1Y/Y)

KS(X) i∗ // KS(Y)

(A)

bis aufs Vorzeichen kommutiert. Die Schwierigkeit liegt darin, dass i∗

durch die Inklusion C2Y→ C2X induziert ist, in dem Diagramm aber

C1Y und nicht C2Y steht. Um hiermit umzugehen, fuehren wir den

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K-Theorie 45

Doppelkegel C1Y ∪ C2Y ein:

Y

C1Y

C2Y

Wir haben das kommutative Diagramm

X ∪ C1Y ∪ C2X +3

C1Y/Y +3 SY

C1Y ∪ C2Y

em 3;

#+uu

C2X/X C2Y/Yoo +3 SY,

(B)

wobei alle Doppelpfeile Isomorphien in K darstellen. Wir sehen nun,

dass das Diagramm (A) bis aufs Vorzeichen kommutiert, falls das von

(B) induzierte Diagramm

K(C1Y/Y)

vv

KS(Y)oo

K(C1Y ∪ C2Y)

K(C2Y/Y)

hh

KS(Y)oo

bis aufs Vorzeichen kommutiert. Dies folgt aus dem naechsten Lemma,

das spaeter nochmal gebraucht wird.

Lemma 2.6.4. Sei T : S1→ S1 definiert durch T(e2πit) = e−2πit. Sei

T ∧ 1 : SY→ SY die Abbildung, die durch T und die Identitaet induziertwird. Dann gilt (T ∧ 1)∗y = −y fuer y ∈ KS(Y).

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K-Theorie 46

Beweis. Dies Lemma folgt leicht aus der folgenden Proposition.

Proposition 2.6.5. Sei Y ∈ C und SY die unreduzierte Einhaengung. Seif : Y→ GLn(C) und sei E f das induzierte Buendel ueber SY. Dann induziertdie Abbildung f 7→ [E f ] − n einen Gruppenisomorphismus

limn→∞

[Y,GLn(C)] −→

(KS(Y),⊕

),

wobei die Gruppenstruktur links die von GLn(C) induzierte ist und GLn(C)

via A 7→(

A1

)nach GLn+1(C) abgebildet wird.

Dies bedeutet insbesondere, dass die Inversenbildung auf beiden Seiten

uebereinstimmt, was Lemma 2.6.4 impliziert.

Beweis von Proposition 2.6.5. Nach Lemma 1.5.6 ist die Abbildung

f 7→ E f eine Bijektion von Mengen limn→∞ [Y,GLn(C)]↔ KS(Y). Dass es

sich um einen Gruppenhomomorphismus handelt, sieht man an der

folgenden Homotopie zwischen den Abbildungen

ρ0, ρ1 : GLn(C) ×GLn(C)→ GL2n(C) gegeben durch

ρ0 : (A,B) 7→

AB

,ρ1 : (A,B) 7→

AB1

.Sei hierzu γ : [0, 1]→ GL2n(C) ein Weg mit γ(0) =

( 11)

und γ(1) =( 1

1).

Dann ist die Homotopie

ρt(A,B) =

A1

γ(t)

1

B

γ(t).

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K-Theorie 47

2.7 Kuenneth-Formel und Bott-Periodizitaet

Definition 2.7.1. Der Teilraum Y ⊂ X heisst Retrakt von X, falls es eine

stetige Abbildung f : X→ Y gibt, so dass f |Y = IdY ist.

Beispiele 2.7.2. • S1 ist kein Retrakt von S2, da die

Fundamentalgrupe von S2 trivial ist, die von S1 aber nicht.

• Sind X und Y Raeume mit Basispunkt, dann ist X ein Retrakt von

X × Y und Y ist ein Retrakt von X × Y/X.

Satz 2.7.3. Seien X,Y ∈ C +.

(a) Ist Y ein Retrakt von X, dann zerfaellt die exakte SequenzKn(X,Y)→ Kn(X)→ Kn(Y) und daher ist

Kn(X) Kn(X,Y) ⊕ Kn(Y).

Ebenso giltKn(X) Kn(X/Y) ⊕ Kn(Y).

(b) (Kuenneth-Formel) Die Projektionen X × Y→ X,Y indizierenIsomorphismen

Kn(X × Y) Kn(X ∧ Y) ⊕ Kn(X) ⊕ Kn(Y).

Beweis. (a) Sei f : X→ Y eine Retraktion, dann ist f ∗ : Kn(Y)→ Kn(X)

eine Spaltung.

(b) Da X ein Retrakt von X × Y ist, erhalten wir aus (a):

KSn(X × Y) KSn(X × Y/X) ⊕ KSn(X).

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K-Theorie 48

Da Y ein Retrakt von (X × Y)/X ist, folgt weiter

KSn(X × Y/X) KSn((X × Y/X)/Y︸ ︷︷ ︸=X∧Y

) ⊕ KSn(Y)

und damit die Behauptung.

Definition 2.7.4. Die Gruppe K(X∧Y) = K(X×Y/X∨Y) ist der Kern von

i∗X ⊕ i∗Y : K(X × Y)→ K(X) ⊕ K(Y).

Die Abbildung K(X)→ K(X × Y)→ K(Y) ist die Nullabbildung, daher

ist auch K(X) ⊗ K(Y)→ K(X × Y)→ K(X) ⊕ K(Y) die Nullabbildung. Wir

erhalten also eine Paarung

K(X) ⊗ K(Y)→ K(X ∧ Y).

Wegen SmX ∧ SnY Sm+n(X ∧ Y) erhalten wir eine Paarung

KSm(X) ⊗ KSn(Y)→ KSm+n(X ∧ Y).

Indem wir fuer X,Y ∈ C die Raeume X und Y durch X+ und Y+

ersetzen, erhalten wir wegen (X+) ∧ (Y+) = (X × Y)+ eine Paarung

Km(X) ⊗ Kn(Y)→ Km+n(X × Y).

Satz 2.7.5 (Bott-Periodizitaet). (a) Fuer Z ∈ C + gibt es einennatuerlichen Isomorphismus

K(Z) −→ KS2(Z),

der sich aus dem Tensorprodukt mit dem Pullback von (H − 1) auf S2

nach S2Z = S2∧ Z ergibt.

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K-Theorie 49

(b) Sei X ∈ C und n ≥ 0. Die Abbildung K2(pt) ⊗ Kn(X)→ Kn+2(X)

induziert einen Isomorphismus

β : Kn(X) −→ Kn+2(X).

Beweis. Teil (b) ist eine Konsequenz von (a), wenn man fuer Z den

Raum Sn(X+) einsetzt.

Wir zeigen (a). Sei Z ∈ C +. Im Produktsatz 2.3.2 haben wir gesehen,

dass die Projektionen einen Isomorphismus

K(Z) ⊗ K(S2) K(Z × S2)

induzieren. Nach der Kuenneth-Formel ist

K(Z × S2) = K(Z ∧ S2) ⊕ K(Z) ⊕ K(S2). Wir schreiben K = K ⊕Z und

erhalten einen Isomorphismus(K(Z) ⊗ K(S2)

)⊕ K(Z) ⊕ K(S2)

−→ K(Z × S2) = K(Z ∧ S2) ⊕ K(Z) ⊕ K(S2).

Rechts steht K(Z) fuer das Bild von K(Z) unter Pullback in K(Z × S2). Da

auch der Isomorphismus in der Mitte durch Pullbacks induziert ist,

geht K(Z) links gerade auf denselben Summanden rechts und ebenso

fuer S2. Daher liefert die Einschraenkung dieses Isos:

K(Z) ⊗ K(S2) −→ K(Z ∧ S2).

Da K(S2) = Z(H − 1) Z ist, ist die linke Seite isomorph zu K(Z) und

die Behauptung folgt.

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K-Theorie 50

2.8 Beispiele

Nach der Bott-Periodizitaet wissen wir:

K(Sn)

0 n odd,

Z n even.

Wir koennen dies fuer einen weiteren Beweis des Brouwerschen

Fixpunktsatzes benutzen.

Satz 2.8.1. Sei Dn der abgeschlossene Einheitsball im Rn. Dann hat jedestetige Abbildung f : Dn

→ Dn einen Fixpunkt.

Beweis. Wegen KS∗(Dn) = 0, aber KS∗(Sn−1) , 0, ist Sn−1 kein Retrakt von

Dn. Angenommen, es gibt ein f : Dn→ Dn stetig mit f (x) , x fuer jedes

x, dann gibt es fuer jedes x ∈ Dn genau eine Zahl α(x) > 0 so dass der

Vektor

g(x) = (1 − α(x)) f (x) + α(x)x

die Norm 1 hat, also auf dem Rand vonDn liegt.

(Die Existenz sieht man ein, indem man in dem Ausdruck

v(t) = (1 − t) f (x) + tx die Zahl t > 0 gegen +∞ gehen laesst, dann geht

die Norm von v(t) gegen unendlich. Ist andereseits t > 0 aber sehr klein,

dann ist ||v(t)|| < 1. Die Eindeutigkeit folgt aus der Tatsache, dass

t 7→ v(t) eine affine Abbildung ist.)

Man sieht leicht ein, dass g stetig ist. Ist x ∈ Sn−1, dann ist g(x) = x, also

ist g eine Retraktion auf Sn−1, Widerspruch!

Proposition 2.8.2. Ist X ein endlicher CW-Komplex, dessen saemtliche Zellengerade Dimension haben, dann ist K1(X) = 0 und K0(X) ist eine freie abelsche

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K-Theorie 51

Gruppe, deren Rang hoechstens gleich der Anzahl der Zellen ist.

Beweis. Induktion nach d = dim X. Ist d = 0, so ist X eine endliche

Menge mit der diskreten Topologie und die Aussage ist klar. Sei nun

d > 0, gerade und sei Y ⊂ X das (d − 2)-dimensionale Skelett. Der Raum

X/Y ist ein Buendel von d-dimensionalen Sphaeren, verheftet am

Basispunkt. Daher ist nach Lemma 2.4.6,

K(X/Y) =⊕

e

Ze,

wobei die Summe ueber alle Zellen der Dimension d laeuft. Aus Satz

2.6.3 zusammen mit der Bott-Periodizitaet erhalten wir die exakte

Sequenz

K1(X,Y)︸ ︷︷ ︸=KS(X/Y)=0

j∗−→ K1(X) i∗

−→ K1(Y)︸︷︷︸=KS(Y+)=0

δ−→ K0(X,Y)︸ ︷︷ ︸

=K(X/Y)=⊕

eZe

j∗−→ K0(X) i∗

−→ K0(Y).

Damit ist K1(X) = 0. Nach Induktionsvoraussetzung ist K0(Y) frei, also

ist das Bild von i∗ frei, also spaltet die Sequenz

K0(X,Y)→ K0(X)→ Bild(i∗) und die Behauptung folgt.

∗ ∗ ∗

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K-Theorie 52

3 Charakteristische Klassen

3.1 Zusammenhang

Sei M eine glatte Mannigfaltigkeit und p : E→M ein komplexes

Vektorbuendel vom Rang r. Dann existiert eine Ueberdeckung

M =⋃

i Ui, so dass E|Ui trivial ist und dass jedes Ui eine glatte Karte

Ui → Rd traegt. Eine glatte Trivialisierung von E ist eine Trivialisierung

φi : E|Ui

−→ Ui × Cr, dergestalt, dass die Kartenwechselabbildungen

φi j : Ui ∩U j → GLr(C) glatt sind. Zwei glatte Trivialisierungen ueber

(Ui)i und (V j) j heissen glatt kompatibel, wenn die induzierten

Kartenwechselabbildungen Ui ∩ V j → GLr(C) stets glatt sind. Ein

Vektorbuendel mit einer Kompatibilitaetsklasse glatter

Trivialisierungen heisst glattes Vektorbuendel.

Beispiele 3.1.1. • Fuer ein triviales Buendel ist jede globale

Trivialisierung glatt und induziert eine Struktur eines glatten

Buendels.

• Das Tangentialbuendel TM und das Kotangentialbuendel T∗Meiner glatten Mannigfaltigkeit tragen natuerliche glatte Strukturen.

• Sind E,F glatte Buendel, dann auch E ⊕ F, E ⊗ F, ∧kE und so weiter.

Definition 3.1.2. Fuer ein glattes Buendel E macht eine glatte

Trivialisierung auch E selbst zu einer glatten Mannigfaltigkeit. Wir

bezeichnen dann die Menge aller glatten Schnitte s : M→ E mit Γ∞(E).

Ein Zusammenhang auf dem glatten Buendel E ist ein

Differentialoperator erster Ordnung:

∇ : Γ∞(E)→ Γ∞(T∗M ⊗ E),

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K-Theorie 53

so dass fuer s ∈ Γ∞(E) und f ∈ C∞(M) gilt

∇( f s) = d f ⊗ s + f∇s.

Beispiele 3.1.3. • Ist E = M × Cr trivial, dann ist jeder Schnitt

s(m) = (m, sv(m) fuer eine Funktion sv : M→ Cr. Seien

sv,1, . . . , sv,r ∈ C∞(M) die Koordinaten, dann definiert

∇s(x) = (x, dsv,1(x), . . . , dsv,r(x))

einen Zusammenhang auf E, den trivialen Zusammenhang.

• Sei M =⋃

i Ui eine offene Ueberdeckung und 1 =∑

i ui eine

unterliegende glatte Zerlegung der Eins. Sei E ein glattes Buendel

ueber M und ∇i ein Zusammenhang ueber EUi. Dann ist

∇ =∑

i

ui∇i

ein Zusammenhang auf E. Insbesondere gibt es immer einen

Zusammenhang.

Beweis. Sei s ∈ Γ∞(E) und f ∈ C∞(M). Dann gilt

∇( f s) =∑

i

ui∇i( f s)

=∑

i

ui(d f ⊗ s + f∇is)

= d f ⊗ s + f∇s.

• Sind ∇ und ∇′ zwei Zusammenhaenge, dann ist T = ∇′ − ∇ ein

Operator vom Grad Null, als gegeben durch einen Schnitt

T ∈ Γ∞(Hom(E,T∗M ⊗ E)) = Γ∞(E∗ ⊗ T∗M ⊗ E). Sei Umgekehrt ∇ ein

Zusammenhang und T ein beliegiber Schnitt von E∗ ⊗ T∗M ⊗ E,

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K-Theorie 54

dann ist ∇′ = ∇ + T wieder ein Zusammenhang.

Beweis. Seien ∇ und ∇′ Zusammenhaenge und sei T = ∇′ − ∇ Fuer

s ∈ Γ∞(E) und f ∈ C∞(M) gilt

T( f s) = ∇′( f s) − ∇( f s)

= d f ⊗ s + f∇′s − d f ⊗ s − f∇s

= f T(s),

also vertauscht der Differentialoperator T mit der Aktion von

C∞(M), deshalb ist er ein Operator vom Grad Null.

Fuer die Umkehrung seien T und ∇ gegeben und ∇′ = ∇ + T. Dann

gilt

∇′( f s) = ∇( f s) + T( f s)

= d f ⊗ s + f∇s + f T(s)

= d f ⊗ s + f∇′s.

Definition 3.1.4. Ein lokaler Rahmen um einen Punkt x0 ∈M ist eine

Familie von glatten Schnitten s1, . . . , sr, definiert auf einer offenen

Umgebung U von x0 so dass fuer jedes x ∈ U die Familie s1(x), . . . , sr(x)

eine Basis fuer Ex ist.

Eine lokale Trivialisierung liefert einen lokalen Rahmen, aber nicht

jeder lokale Rahmen ist von dieser Form.

Ist s1, . . . , sr ein lokaler Rahmen, kann man jeden Schnitt s lokal

schreiben als s = f1s1 + · · · + frsr mit eindeutig gegeben f j ∈ C∞(U). Ist ∇

ein Zusammenhang, so gibt es daher eine Matrix ω(x) von 1-Formen, so

dass

∇si =∑

j

ωi, j ⊗ s j.

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K-Theorie 55

Man rechnet

∇s =

r∑i=1

∇( fisi)

=∑

i

d fi ⊗ si + fi∇si

=∑

i

d fi ⊗ si +∑

i

∑j

fiωi, j ⊗ s j

Zu einem gegebenen Rahmen legt also die matrixwertige 1-Form ω den

Zusammenhang ∇ eindeutig fest.

Definition 3.1.5. Aehnlich wie das aeussere Differential setzen wir

einen gegebenen Zusammenhang ∇ : Γ∞(E)→ Γ∞(T∗M ⊗ E) fort zu

Γ∞(∧kT∗M ⊗ E)→ Γ∞(∧k+1T∗M ⊗ E) indem wir fuer η ∈ Γ∞(∧kM) setzen:

∇(η ⊗ s) = dη ⊗ s + (−1)kη ∧ ∇s.

Lemma 3.1.6. Ist ∇ ein Zusammenhang, dann ist∇

2 : Γ∞(∧kT∗M ⊗ E)→ Γ∞(∧k+2T∗M ⊗ E) ein Operator vom Grad Null.

Beweis.

∇2(η ⊗ s) = ∇

(dη ⊗ s + (−1)kη ⊗ ∇s

)= ddη︸︷︷︸

=0

⊗s + (−1)k+1dη ⊗ ∇s + (−1)kdη ⊗ ∇s︸ ︷︷ ︸=0

+η ⊗ ∇2s

= η ⊗ ∇2s.

Insbesondere ist also ∇2(s)(x) = Ω(x)s(x) mit einem Schnitt Ω des

Buendels ∧2T∗M ⊗ End(E). Diesen Schnitt Ω nennt man auch die

Kruemmung des Zusammenhangs ∇. Diese versteht man als

vektorwertige 2-Form.

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K-Theorie 56

Lemma 3.1.7. Waehlt man einen lokalen Rahmen, kann man Ω berechnendurch

Ω = dω − ω ∧ ω.

Beweis. Mit s =∑

j f js j und ∇si =∑

jωi, js j rechnen wir

∇2s = ∇

∑i

d fi ⊗ si +∑

i

∑j

fiωi, j ⊗ s j

= −

∑i

d fi ∧ ∇si +∑

i, j

d( fωi, j) ⊗ s j −∑

i, j

fiωi, j ∧ ∇s j

= −∑

i, j

d fi ∧ ωi, j ⊗ s j +∑

i, j

d fi ∧ ωi, j ⊗ s j︸ ︷︷ ︸=0

+∑

i, j

fidωi, j ⊗ s j −∑

i, j

fiωi, j ∧∑

k

ω j,k ⊗ sk,

woraus die Behauptung folgt.

Waehlt man einen lokalen Rahmen, kann man Ω als Mn(C)-wertige

Differentialform auffassen. Auf diese kann man koordinatenweise das

aeussere Differential anwenden und erhaelt dΩ. Dies haengt allerdings

von dem lokalen Rahmen ab.

Lemma 3.1.8. Zu einem gegebenen Punkt x0 ∈M kann man einen lokalenRahmen finden, so dass ω(x0) = 0 gilt. Dann gilt ebenfalls dΩ(x0) = 0.

Beweis. Waehle zunaechst irgendeinen lokalen Rahmen (s j). Lokal um

x0 kann man eine matrixwertige Funktion h(x) finden mit h(x0) = I und

dh(x0) = −ω(x0). Setzt man s′i =∑

j hi, js j, dann erhaelt man eine Form

ω′, die ω′(x0) = 0 erfuellt.

Fuer die zweite Aussage gelte ω(x0) = 0. Nach Lemma 3.1.7 ist

Ω = dω − ω ∧ ω und daher

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K-Theorie 57

dΩ(x0) = d (dω − ω ∧ ω) (x0) = ω(x0) ∧ ω(x0) − dω(x0) ∧ ω(x0) = 0.

Proposition 3.1.9. Sind ∇0 und ∇1 Zusammenhaenge auf dem Buendel E,dann ist fuer jedes t ∈ [0, 1] die Abbildung ∇t = (1 − t)∇0 + t∇1 ebenfalls einZusammenhang.

Beweis. Wir rechnen

∇t( f s) = (1 − t)∇0( f s) + t∇1( f s)

= (1 − t)d f ⊗ s + (1 − t) f∇0s + td f ⊗ s + t f∇1s

= d f ⊗ s + f∇ts.

3.2 Invariante Polynome

Definition 3.2.1. Sei nun V ein r-dimensionaler C-Vektorraum. Eine

Basiswahl definiert einen Isomorphismus End(V)→Mn(C). Ist

P : Mn(C)→ C eine polynomiale Abbildung, dann ist die resultierende

Abbildung End(V)→ C genau dann von der Basiswahl unabhaengig,

wenn P invariant ist, d.h., wenn fuer jedes h ∈ GLr(C) gilt

P(h−1Ah) = P(A).

Sei nun P ein invariantes Polynom. Die Eintraege einer

Matrixdarstellung von Ω(x) sind 2-Formen in x und deshalb ist P(Ω(x))

eine Differentialform. Sind P = P0 + · · · + Pm die homogenen

Bestandteile von P, dann ist P(Ω) = P0(Ω) + · · · + Pm(Ω) und es ist stets

P j(Ω) ∈ Γ∞(∧2 jT∗M)

eine 2 j-Form. Da P j(Ω) = 0 falls 2 j > dim M, kann man die

Differentialform P(Ω) sogar fuer eine formale Potenzreihe P definieren,

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K-Theorie 58

solange sie invariant ist. Hiebei interessieren uns vor allem

c(A) = det(I +

i2π

A)

= 1 + c1(A) + · · · + cr(A),

ch(A) = tr(eiA/2π

)=

∞∑j=0

tr(( iA

) j) 1j!

Hier heisst c(a) die (totale) Chern-Form und ch(A) der

Chern-Charakter. Wir schreiben P(Ω) ab jetzt auch als P(∇).

Satz 3.2.2. Sei P eine invariante formale Potenzreihe und ∇ einZusammenhang. Dann ist die Differentialform P(∇) geschlossen, d.h., esgilt dP(∇) = 0. Die induzierte Klasse in der de Rham Kohomologie[P(∇)] ∈ H∗dR(M,C) haengt nicht von der Wahl des Zusammenhangs,sondern nur vom der Isomorphieklasse des Buendels E ab. Wir schreibendeshalb auch

[P(E)]

fuer diese Klasse.

Beweis. Indem man P in seine homogenen Bestandteile zerlegt, kann

man P als homogen vom Grad k ≥ 0 annehmen. Sei P(A1, . . . ,Ak) die

vollstaendige Polarisierung von P, dies ist die eindeutig bestimmte

symmetrische multilineare Funktion, die P(A) = P(A,A, . . . ,A) erfuellt.

Man erhaelt dies, indem man P(t1A1 + · · · + tkAk) als Polynom in den t j

darstellt. Die Polarisierung ist dann 1/k! mal dem Koeffizienten von

t1 · · · tk.

Sei nun x0 ∈M und waehle einen Rahmen, so dass ω(x0) = 0 = dΩ(x0)

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K-Theorie 59

gilt. Dann folgt

dP(Ω)(x0) = dP(Ω,Ω, . . . ,Ω)(x0) = kP(dΩ,Ω, . . . ,Ω)(x0) = 0.

Damit ist P(∇) geschlossen und definiert also eine Kohomologieklasse

[P(∇)] ∈ H∗dR(M,C).

Seien nun zwei Zusammenhaenge ∇0,∇1 gegeben. Wir wollen eine

Differentialform TP(∇0,∇1) konstruieren, so dass

P(∇1) − P(∇0) = dTP(∇0,∇1).

Waehle einen lokalen Rahmen. Der Zusammenhang ∇t = (1 − t)∇0 + t∇1

habe Zusammenhangsform ωt = ω0 + tθ, wobei θ = ω1 − ω0. Sei Ωt die

Kruemmung von ∇t. Dies ist eine matrixwertige 2-Form. Eine 2-Form

kommutiert mit allen Formen, also auch mit der 1-Form θ, also

koennen wir

P(θ,Ωt, . . . ,Ωt) ∈ ∧2k−1T∗M

definieren. Wechselt man den Rahmen, so wird ω zu

ω′(x) = h(x)ω(x)h(x)−1 fuer einen Schnitt h von Aut(E), der den

Rahmenwechsel liefert. Da P invariant ist, folgt

P(θ,Ωt, . . . ,Ωt) = P(hθh−1, hΩth−1, . . . , hΩth−1),

und damit ist P(θ,Ωt, . . . ,Ωt) wohldefiniert und haengt nicht von der

Rahmenwahl ab. Wir rechnen nun

P(∇1) − P(∇0) =

∫ 1

0

ddt

P(Ωt, . . . ,Ωt) dt = k∫ 1

0P(Ω′t, . . . ,Ωt) dt.

Wir defineren

TP(∇0,∇1) = k∫ 1

0P(θ,Ωt, . . . ,Ω)t) dt.

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K-Theorie 60

Um den Beweis des Satzes abzuschliessen, reicht es nun, zu zeigen, dass

dP(θ,Ωt, . . . ,Ωt) = P(Ω′t,Ωt, . . . ,Ωt).

Da beide Seiten nicht von der Wahl eines Rahmens abhaengen,

koennen wir einen Rahmen waehlen, der die Rechnung vereinfacht. Sei

x0 ∈M und fixiere t0 ∈ [0, 1]. Waehle einen Rahmen, so dass ω(x0, t0) = 0

und dΩ(x0, t0) = 0 gilt. Wir rechnen

Ω′t = (dω0 + tdθ − ωt ∧ ωt)′

= dθ − ω′t ∧ ωt − ωt ∧ ω′

t

Ω′t(x0, t0) = dθ

und

dP(θ,Ωt, . . . ,Ωt) = P(dθ,Ωt, . . . ,Ωt)(x0, t0)

= P(Ω′t,Ωt, . . . ,Ωt)(x0, t0).

3.3 Der Chern-Charakter

Wir erinnern uns an die Chern-Form gegeben durch das Polynom c in

A ∈Mr(C):

c(A) = det(I +

i2π

A)

= 1 + c1(A) + · · · + cr(A).

Lemma 3.3.1. Sei P : Mr(C)→ C ein invariantes Polynom. Dann existiertgenau ein Polynom Q in r Variablen, so dass

P(A) = Q(c1(A), . . . , cr(A)).

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K-Theorie 61

Proof. Ist A die Diagonalmatrix A = diag(λ1, . . . , λr), dann ist

det(I + A) =

r∏j=1

(1 + λ j) = 1 + s1(λ) + · · · + sr(λ),

wobei s1, . . . , sr die elementarsymmetrischen Polynome sind. Damit

folgt die Behauptung auf den Diagonalmatrizen und damit auf den

diagonalisierbaren Matrizen. Diese liegen aber dicht in Mn(C) und

damit folgt es ueberall.

Definition 3.3.2. Seien ∇1 und ∇2 Zusammenhaenge auf den Buendeln

E1 und E2. Wir definieren

∇1 ⊕ ∇2 auf Γ∞(E1 ⊕ E2),

∇1 ⊗ ∇2 auf Γ∞(E1 ⊗ E2),

∇∗

1 auf Γ∞(E∗1)

durch

(∇1 ⊕ ∇2)(s1 ⊕ s2) = ∇1s1 ⊕ ∇2s2,

(∇1 ⊗ ∇2)(s1 ⊗ s2) = ∇1s1 ⊗ s2 + s1 ⊗ ∇2s2

(∇1s, t∗) + (s,∇∗1t∗) = d(s, t).

Wenn wir Rahmen fixieren und auf E∗1 den dualen Rahmen waehlen,

ergibt sich

ω⊕ = ω1 ⊕ ω2 und Ω⊕ = Ω1 ⊕Ω2,

ω⊗ = ω1 ⊗ 1 + 1 ⊗ ω2 und Ω⊗ = Ω1 ⊗ 1 + 1 ⊗Ω2,

ω∗ = −ωt und Ω∗ = −Ωt.

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K-Theorie 62

Wir erinnern an die invarianten Polynome

c(A) = det(I +

i2π

A)

= 1 + c1(A) + · · · + cr(A),

ch(A) = tr(eiA/2π

)=

∞∑j=0

tr(( iA

) j) 1j!

Lemma 3.3.3. (a) [c(E1 ⊕ E2)] = [c(E1)][c(E2)], wobei das Produkt rechtsdas Cup-Produkt in der Kohomologie ist.

(b) Es gilt

[ch(E1 ⊕ E2)] = [ch(E1)] + [ch(E2)]

[ch(E1 ⊗ E2)] = [ch(E1)][ch(E2)].

Die erste Aussage von (b) impliziert, dass ch einen

Gruppenhomomorphismus ch : K(M)→ H2∗(M,C) induziert. Die

zweite Aussage zeigt, dass dieser Homomorphismus sogar ein

Ring-Homomorphismus ist.

Beweis. Dies folgt aus den Berechnungen von Ω in den jeweiligen

Faellen. Fuer (b) ist etwa zu beachten, dass fuer Matrizen A,B gilt

eA⊕B = eA⊕ eB und andererseits

eA⊗1+1⊗B = eA⊗1e1⊗B

=

∞∑j=0

1j!

(A ⊗ 1) j

∞∑

j=0

1j!

(1 ⊗ B) j

=

∞∑j=0

1j!

(A j⊗ 1)

∞∑

j=0

1j!

(1 ⊗ B j)

=

(eA⊗ 1

) (1 ⊗ eB

)= eA

⊗ eB

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K-Theorie 63

und daher tr(eA⊗1+1⊗B

)= tr

(eA

)tr

(eb).

Satz 3.3.4. Sei M eine kompakte glatte Mannigfaltigkeit. Dann ist derChern-Homomorphismus

ch : K(M) ⊗ C→ Heven(M,C)

ein Isomorphismus. Ist M zusammenhaengend, wird die reduzierteK-Theorie K(M) isomorph auf Heven =

⊕n≥1 H2n(M,C) abgebildet.

Beweis. Dear Beweis benutzt die Atiyah-Hirzebruch Spektralsequenz,

ist also etwas aufwaendiger und soll hier nicht ausgefuehrt werden.

4 Algebraische K-Theorie

4.1 K0(R)

Definition 4.1.1. Ein Ring soll hier stets Ring mit Eins bezeichnen, er

kann auch nichtkommutativ sein. Sei R ein Ring und sei P(R) die

Menge aller Isomorphieklassen endlich-erzeugter projektiver

R-Moduln. Dann ist (P(R),⊕) ein abelsches Monoid und wir definieren

die algebraische K-Theorie des Rings R als

K0(R) := K(P(R)),

das heisst, die Quotientengruppe des Monoids P(R).

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K-Theorie 64

Beispiele 4.1.2. • Ist R ein Hauptidealring, dann ist jeder

endlich-erzeugte projektive Modul frei und daher werden diese

durch die Dimension klassifiziert, also ist dann

K0(R) Z.

• Ist X ein kompakter Hausdorffraum und ist R = C(X) der Ring der

komplexwertigen stetigen Funktionen auf X, dann ist

K0(R) = K0(X).

Verallgemeinerung: K-Gruppe einer Kategorie

Definition 4.1.3. Sei A eine additive Kategorie, die aequivalent ist zu

einer kleinen Kategorie. Sei dann C(A ) =⊕

[X]Z[X] die freie abelsche

Gruppe erzeugt von allen Isomorphieklassen [X] von Objekten von A .

Sei N(A ) die Untergruppe erzeugt von allen Elementen der Form

X + Z − Y,

fuer die es eine exakte Sequenz der Form

0→ X→ Y→ Z→ 0

gibt. Die Grothendieck-Gruppe oder K-Gruppe der Kategorie A ist

dann

K(A ) := C(A )/N(A ).

Proposition 4.1.4. Sei R ein Ring (=kommutativer Ring mit Eins) und P(R)

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K-Theorie 65

die Kategorie der endlich-erzeugten projektiven R-Moduln, dann gilt

K(P(R)) = K0(R).

Beweis. Dies ergibt sich aus der tatsache, dass jede exakte Sequenz von

Moduln 0→ A→ B→ P→ 0, in der P projektiv ist, spaltet.

Proposition 4.1.5. K0 ist ein Funktor von der Kategorie der kommutativenRinge mit Eins in sich. Die Multiplikation auf K0(R) ist definiert durch

[P][Q] = [P ⊗R Q].

Beweis. Sei φ : R→ S ein Ringhomomorphismus (mit φ(1) = 1). Dann

erhaelt man eine induzierte Abbildung φ∗ : K0(R)→ K0(S) durch

φ∗[P] = S ⊗R P.

Offensichtlich ist S ⊗ P ein endlich-erzeugter S-Modul. Er ist auch

projektiv, denn zu P gibt es einen Modul Q so dass P ⊕Q frei ist, sagen

wir P ⊕Q Rn. Dann ist

(S ⊗ P) ⊕ (S ⊗Q) = S ⊗ (P ⊕Q) S ⊗ Rn Sn.

Daher ist S ⊗ P projektiv. Nun ist φ∗ additiv und wegen

S ⊗R P ⊗R Q (S ⊗R P) ⊗S (S ⊗R Q),

ist φ∗ auch multiplikativ. Schliesslich bildet es die Eins = [R] auf die

Eins = [S] ab.

Definition 4.1.6. Sei R ein Ring, i : Z→ R der eindeutig definierte

Ringhomomorphismus. Wir definieren die reduzierte K-Theorie von Rals

K0(R) = K0(R)/i∗K0(Z).

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K-Theorie 66

Lemma 4.1.7. Zwei projektive Moduln P,Q definieren genau dann dasselbeElement in K0(R), wenn es ein m ∈N gibt, so dass

P ⊕ Rm Q ⊕ Rm.

Proof. Wir wissen, dass [P] = [Q] genau dann gilt, wenn es einen

endlich-erzeugten projektiven Modul M gibt, so dass

P ⊕M Q ⊕M.

Zu dem projektiven Modul M existiert ein Modul M′ so dass

M ⊕M′ Rm fuer ein m ∈N0, damit folgt die Behauptung.

4.2 Idempotente

Definition 4.2.1. Ein Idempotent oder idempotentes Element eines

Ringes R ist ein Element e ∈ R mit der Eigenschaft

e2 = e.

Beispiel 4.2.2. Ist R = Mn(K) fuer einen Koerper K, dann sind die

Idempotenten gerade die Projektionen auf Unterraeume von Kn.

Ist nun P ein endlich-erzeugter projektiver Modul ueber einem Ring R,

dann existiert ein Modul Q und ein Isomorphismus α : P ⊕Q→ Rn. Wir

fassen also P und Q als Untermoduln von Rn auf.

Definition 4.2.3. Die Gruppe GLn(R) aller invertierbarer n × n Matrizen

ueber R laesst sich via des Gruppenhomomorphismus A 7→(

A1

)als

Untergruppe von GLn+1(R) auffassen. Sei in diesem Sinne

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K-Theorie 67

GL(R) := GL∞(R) =⋃n∈N

GLn(R).

Man kann sich die Elemente von GL(R) als unendliche Matrizen

vorstellen, die sich nur an endlich vielen Stellen von der Einheitsmatrix

unterscheiden.

Definition 4.2.4. Die Menge Mn(R) aller Matrizen ueber R laesst sich via

des (nichtunitalen) Ringhomomorphismus A 7→( A

0)

als Teilmenge

von Mn+1(R) auffassen. Sei dann

M(R) := M∞(R) =⋃n∈N

Mn(R).

Man kann sich die Elemente von M(R) als unendliche Matrizen ueber Rvorstellen, die nur endlich viele Eintraeg , 0 haben. Dann ist M(R) ein

Ring ohne Eins. Die Gruppe GL(R) operiert durch Konjugation auf dem

Ring R.

Ist nun P ein endlich-erzeugter Projektiver Modul, so waehle ein Q mit

P ⊕Q = Rn und sei p : Rn→ P die Projektion, dann ist p ein Idempotent

in Mn(R) ⊂M(R).

Ist umgekehrt p ein Idempotent in M(R), dann ist p ∈Mn(R) fuer ein nund P = p(Rn) ist ein endlich-erzeugter projektiver R-Modul.

Lemma 4.2.5. Seien p, q Idempotente in M(R), dann sind dieendlich-erzeugten projektiven Moduln P = Bild(p) = Rnp undQ = Bild(q) = Rmq genau dann isomorph, wenn p und q bezueglich GL(R)

konjugiert sind.

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K-Theorie 68

Beweis. Sind p und q konjugiert, existiert als ein u ∈ GL(R) so dass

p = uqu−1, Dann ist P = Bild(p) = Bild(uqu−1) = u Bild(q) = uQ, also

induziert u einen Isomorphismus Q→ P, q 7→ uq.

Fuer die Umkehrung nimm an, dass P,Q ⊂ Rn, was man durch

Erweiterung durch Nullen annehmen kann. Sei α : P→ Q ein

Isomorphismus. Dann haben P und Q jeweils Komplemente in Rn und

es gibt Projektionen p, q : Rn→ Rn mit Bildern P und Q. Da P und Q in

Rn Komplemente haben, kann man α zu einem Homomorphismus

a : Rn→ Rn liften, erhaelt also ein kommutatives Diagramm

Rn

p

a // Rn

q

P α //Q

Dasselbe macht man mit α−1 und erhaelt einen Lift b : Rn→ Rn. Da

diese Lifts R-linear sind, sind sie gegeben durch Matrizen A,B ∈Mn(R),

also a(x) = xA und b(x) = xB. Hierbei fassen wir die Elemente von Rn als

Zeilenvektoren auf. Dies muss so sein, weil R nichtkommutativ sein

kann und wir Linksmoduln betrachten. Wir erhalten nun die Relationen

AB = p, BA = Q, pA = A, qB = B.

In M2n(R) gilt dann 1 − p ab 1 − q

2

=

1 0

0 1

und1 − p a

b 1 − q

p 0

0 0

1 − p ab 1 − q

=

1 − p ab 1 − q

0 a0 0

=

0 0

0 q

.Die Matrix

(1−p a

b 1−q

)ist daher invertierbar und konjugiert p in q.

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K-Theorie 69

Satz 4.2.6. Sei R ein Ring.

(a) Das Monoid P(R) aller Isomorphieklassen endlich-erzeugter projektiverModuln ueber R kann mit der Menge aller GL(R)-Konjugationsklassenvon Idempotenten in M(R) identifiziert werden. Die Monoidoperationist (p, q) 7→

(p

q

). K0(R) ist die Grothendieck-Gruppe dieses Monoids.

(b) Es gibt einen natuerlichen Isomorphismus

K0(R)→∼ K0(Mn(R)).

Proof. (a) Klar nach obigem.

(b) Sei Idem(R) die Menge aller idempotenten in M(R). Die natuerliche

Identifikation Mk(Mn(R)) Mkn(R) liefert eine Identifikation

M(R) M(Mn(R)) mit Idem(R) = Idem(Mn(R)). Damit folgt (b) aus

(a).

4.3 Lokale Ringe

Proposition 4.3.1. Fuer einen Ring R mit Eins sind aequivalent:

(a) R hat genau ein maximales Rechtsideal und genau ein maximalesLinksideal und die beiden stimmen ueberein,

(b) Die Menge I = R r R× ist ein zweiseitiges Ideal.

Definition 4.3.2. Einen solchen Ring nennt man einen lokalen Ring.

Beweis. (a)⇒(b): Sei M das eindeutig bestimmte maximale Rechts- und

Linksideal und sei I = R r R×. Da M∩ R× = ∅ folgt M ⊂ I. Sei x ∈ I, dann

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K-Theorie 70

ist xR ein echtes Rechtsideal, liegt also in M, also folgt x ∈M, also I ⊂M,

insgesamt I = M und I ist ein zweiseitiges Ideal.

(b)⇒(a): Es ist klar, dass jedes echte einseitige Ideal Teilmenge von Isein muss. Damit ist I das eindeutig bestimmte maximale Rechtsideal

und maximale Linksideal.

Korollar 4.3.3. In einem lokalen Ring ist jedes einseitig invertierbare Elementbereits eine Einheit.

Beweis. Sei a ein Element des lokalen Rings R und b ein Element mit

ab = 1. Waere a nicht invertierbar, dann waere a im maximalen Ideal Mund da M ein zweiseitiges Ideal ist, waere dann auch 1 = ab ∈M, was

ein Widerspruch ist.

Definition 4.3.4. Sei R ein Ring. Das Radikal Rad(R) ist der Schnitt aller

maximaler Linksideale.

Lemma 4.3.5. Ein Linksideal I ist genau dann maximal, wenn der R-ModulR/I einfach ist.

Beweis. Sei I maximal, sei p : R→ R/I die Projektion und sei S ⊂ R/I ein

Untermodul. Dann ist p−1(S) ein Linksideal, das I enthaelt, also ist

p−1(S) = I oder R. Im ersten Fall folgt S = 0 im zweiten S = R/I, also ist

R/I einfach.

Sei umgekehrt R/I einfach und J ⊃ I ein Linksideal. Dann ist p(J) ⊂ R/Iein Untermodul. Ist p(J) = 0 folgt J = I, ist p(J) = R/I) folgt J = R, also ist

I maximal.

Proposition 4.3.6. (a) Sei R ein Ring, dann ist das Radikal ein zweiseitigesIdeal.

(b) Das Radikal Rad(R) ist gleich der Mengex ∈ R : ∀a∈R 1 − ax hat ein Linksinverses

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K-Theorie 71

und ist auch gleich dem Schnitt aller maximalen Rechtsideale.

Beweis. (a) Ist I ein maximales Linksideal, also RI ⊂ I, dann ist der

Annullator AnnR(R/I) von R/I in I enthalten, denn fuer a ∈ AnnR(R/I)gilt ax + I = I fuer alle x ∈ R, also fuer x = 1 folgt a ∈ I. Also⋂

I maximales Linksideal

AnnR(R/I) ⊂⋂

I

I = Rad(R).

Andererseits gilt

AnnR(R/I) =⋂

x∈R/I

AnnR(x).

Nun ist R/AnnR(x) R(x + I)/I = R/I einfach, also ist AnnR(x) ein

maximales Linksideal, also ist AnnR(R/I) ein Schnitt maximaler

Linksideale, so dass Rad(R) ⊂ AnnR(R/I) folgt, was zusammen

Rad(R) =⋂

I maximales Linksideal

AnnR(R/I)

ergibt. Der Annullator eines ganzen Moduls ist aber ein zweiseitiges

Ideal und damit ist Rad(R) ein Schnitt zweiseitiger Ideale, also ein

zweiseitiges Ideal.

(b) Sei x ∈ Rad(R) dann liegt Rx in jedem maximalen Linksideal. Sei

a ∈ R und nimm an, dass 1 − ax kein Linksinverses besitzt, dann ist

R(1 − ax) , R, also liegt (1 − ax) in einem maximalen Linksideal I. Da

aber schon ax ∈ I, folgt 1 ∈ I, ein Widerspruch.

Fuer die Umkehrung sei x in der bezeichneten Menge und sei M ein

maximales Linksideal. Ist x < M, dann gilt M + Rx = R, also gibt es ein

a ∈ R so dass 1 − ax ∈M, was ein Widerspruch ist.

Sei nun Rad′(R) der Schnitt aller maximalen Rechtsideale, dann sehen

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K-Theorie 72

wir ebenso, dass

Rad′(R) =x ∈ R : ∀a∈R 1 − xa hat ein Rechtsinverses

.

Sei x ∈ Rad(R) und a ∈ R. Da Rad(R) ein Rechtsideal ist, folgt

xa ∈ Rad(R) und daher hat (1 − xa) ein Linksinverses. Es existiert also

ein c ∈ R so dass (1 − c)(1 − xa) = 1. Damit ist

(1 − xa)(1 − c) = 1 + xac − cxa ∈ 1 + Rad(R), da Rad(R) ein zweiseitiges

Ideal ist und x ∈ Rad(R). Damit hat 1 + xac − cxa ein Linksinverses, also

hat (1 − c) ein Linksinverses y. Multiplizieren wir die Gleichung

(1 − c)(1 − xa) = 1 von links mit y, erhalten wir 1 − xa = y, damit ist

1 − xa auch das Linksinverse zu 1 − c, also hat 1 − xa ein Rechtsinverses,

naemlich 1 − c und damit liegt x in Rad′(R). Wir haben also

Rad(R) ⊂ Rad′(R) und aus Symmetriegruenden folgt auch die andere

Richtung.

Lemma 4.3.7 (Nakayama Lemma). Sei M ein endlich-erzeugter Modul desRings R und es gelte Rad(R)M = M. Dann ist M = 0.

Beweis. Angenommen, M , 0. Seien x1, . . . , xm Erzeuger, wobei mminimal ist. Wegen Rad(R)M = M gibt es r1, . . . , rm ∈ Rad(M), so dass

xm = r1x1 + · · · + rmxm, also

(1 − rm)xm = r1x1 + · · · + rm−1xm−1.

Nach Proposition 4.3.6 hat 1 − rm ein Linksinverses, also ist xm eine

Linearkombination der anderen x j, damit ist m nicht minimal,

Widerspruch!

Korollar 4.3.8. Ist M ein endlich-erzeugter Modul ueber einem Ring R undsind x, . . . , xm ∈M, dann erzeugen die x j den Modul M genau dann, wennihre Bilder in M/Rad(R)M den Modul M/Rad(R)M erzeugen.

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K-Theorie 73

Beweis. Die Richting “⇒” ist trivial. Es gelte also, dass x1, . . . , xm den

Modul M/Rad(R)M erzeugen. Sei dann N = Rx1 + · · · + Rxm und

betrachte den Modul M/N. Dieser erfuellt die Bedingung des

Nakayama-Lemmas, ist also Null.

Satz 4.3.9. Sei R ein lokaler Ring. Dann ist jeder endlich-erzeugteprojektive Modul frei mit einem eindeutig bestimmten Rang. Insbesondereist K0(R) Z.

Beweis. Da R lokal ist, ist D = R/Rad(R) ein Divisionsring. Sei M ein

endlich-erzeugter projektiver R-Modul und N ein Modul, so dass

M ⊕N Rk. Dann sind M/Rad(R)M und N/Rad(R)N Moduln unter D,

also frei, von Raengen n und m mit m + n = k. Waehle Basen und ziehe

sie zurueck zu Elementen in M und N. Diese seien x1, . . . , xm ∈M und

xm+1, . . . , xm+n ∈ N. Nach Korollar 4.3.8 erzeugen die x j den Modul Rk.

Wir muessen zeigen, dass die x j linear unabhaengig sind, dann ist Mfrei mit dem eindeutig bestimmten Rang

Rang(M) = dimD(M/Rad(R)M).

Sei e1, . . . , ek die Standardbasis von Rk. Dann gibt es Elemente ai j und bi j

von R mit

ei =

k∑j=1

ai jx j, und xi =

k∑j=1

bi je j.

Einsetzen liefert ei =∑

j,l ai jb jlel, also∑j,l

(ai jb jl − δil)el = 0.

Da die el linear unabhaengig sind, folgt dass die Koeffizienten alle Null

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K-Theorie 74

sind, oder AB = I. Umgekehrt sind die xl linear unabhaengig modulo

Rad(R), also folgt BA = I modulo Rad(R), oder

BA − I ∈Mn(Rad(R)) ⊂ Rad(Mn(R)), also ist BA nach Proposition 4.3.6

invertierbar, also ist A invertierbar, damit ist B invertierbar und A und Bsind invers zueinander, also BA = I und also ist x1, . . . xk eine freie Basis

von Rk und er Satz ist bewiesen.

4.4 Dedekind-Ringe

Definition 4.4.1. Ein kommutativer, noetherscher, ganzabgeschlossener

Integritaetsring, der kein Koerper ist und in dem jedes Primideal p , 0

maximal ist, heisst Dedekind-Ring.

Beispiel 4.4.2. Der Ganzzahlring eines Zahlkoerpers ist ein

Dedekind-Ring.

Definition 4.4.3. Ein lokaler Hauptidealring wird auch diskreter

Bewertungsring genannt.

Beispiel 4.4.4. Sei A irgendein Ring und p ⊂ A ein maximales Ideal.

Dann ist die Lokalisierung

Ap := S−1p A

ein lokaler Ring, wobei Sp = A r p ist. Das einzige maximale Ideal von

Ap ist S−1p p. Ist A ein Hauptidealring, dann auch die Lokalisierung Ap,

d.h., dann ist Ap ein diskreter Bewertungsring.

Als Spezialfall betrachte A = Z und p eine Primzahl. Dann ist der Ring

Z(p) =a

b∈ Q : p - b

ein diskreter Bewertungsring.

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K-Theorie 75

Satz 4.4.5. (a) Hauptidealringe sind Dedekind-Ringe.

(b) Ist K ein Koerper, dann ist K[x] ein Dedekind-Ring.

(c) Ist A ein Dedekind-Ring mit Quotientenkoerper K, so ist jedeLokalisierung S−1A, die nicht gleich K ist, ein Dedekind-Ring.

(d) Ist K ein Zahlkoerper, d.h. eine endliche Erweiterung von Q, dann istder Ganzzahlring

OK = ganzer Abschluss von Z in K

ein Dedekind-Ring.

Beispiel 4.4.6. Ist E ⊂ Z eine endliche Primzahlmenge und ist S die

Menge aller natuerlichen Zahlen, die nur Primteiler in E haben, dann ist

S−1Z =a

b∈ Q : b ∈ S

ein Dedekind-Ring. Insbesondere gibt es unendlich viele

Dedekind-Ringe R mit Z ⊂ R ⊂ Q.

Allerdings ist nicht jeder Zwischenring Z ⊂ R ⊂ Q eine Lokalisierung

von Z, zum Beispiel der Ring Z[2/3] ist keine Lokalisierung von Z.

Beweis des Satzes. Vorlesung Algebraische Zahlentheorie.

Satz 4.4.7. Sei R ein Dedekindring. Jedes von 0 verschiedene Ideal a von Rhat eine Zerlegung

a = p1 · · · pm,

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K-Theorie 76

wobei die p j Primideale sind, diese sind bis auf die Reihenfolge eindeutigbestimmt.

Beweis. Vorlesung Algebraische Zahlentheorie.

Definition 4.4.8. Sei R ein Dedekind-Ring und K sein

Quotientenkoerper. Ein gebrochenes Ideal ist ein R-Untermodul

0 , M ⊂ K, fuer den ein α ∈ K× existiert, so dass αM ⊂ R.

Insbesondere ist jedes Ideal I von R ein gebrochenes Ideal, zur

Betonung nennt man ein solches dann auch ganzes Ideal.

Ebenso wie Ideale, kann man zwei gebrochene Ideale a und b

miteinander mutliplizieren:

ab =

n∑

j=1

a jb j : a j ∈ a, b j ∈ b

.Satz 4.4.9. Ist R ein Dedekind-Ring, dann bilden die gebrochenen Idealeeine abelsche Gruppe bezueglich der Multiplikation. Einselement ist R unddas Inverse zu a ist

a−1 =x ∈ K : xa ⊂ R

.

Diese Gruppe wird die Idealgruppe von R genannt und mit JR bezeichnet.

Beweis. Vorlesung Algebraische Zahlentheorie.

Definition 4.4.10. Die Hauptideale Rα, α ∈ K× bilden eine Untergruppe

der Idealgruppe isomorph zuK×/R×. Sei HR ⊂ JR die Untergruppe der

Hauptideale und sei

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K-Theorie 77

Cl(R) := JR/HR

die Idealklassengruppe.

Satz 4.4.11. Ist R ein Dedekind-Ring, dann ist jedes Ideal einendlich-erzeugter projektiver Modul.

Jeder endlich-erzeugte projektive Modul isomorph zu einer direkten Summevon Idealen. Insbesondere wird K0(R) von den Idealen erzeugt.

Beweis. Sei I ein echtes Ideal. Da I−1I = R, gibt es Elemente

x1, . . . , xn ∈ I−1 und y1, . . . , yn ∈ I so dass 1 =∑n

j=1 x jy j. Ist b ∈ I, dann ist

b =∑

j(bx j)y j mit bx j ∈ II−1 = R, also erzeugen y1, . . . , yn das Ideal I. Die

Surjektion Rn→ I, (λ1, . . . , λn) 7→ λ1y1 + · · · + λnyn spaltet durch

s : I→ Rn, s(b) = (bx1, . . . , bxn), also ist I ein direkter Summand von Rn

also endlich-erzeugt projektiv.

Fuer die zweite Aussage sei M ein endlich-erzeugter projektiver Modul

ueber R. Wir koennen annehmen, dass M ein Untermodul von Rn ist.

Wir beweisen nun per Induktion nach n, dass M eine direkte Summe

von k Idealen ist fuer ein k ≤ n. Ist n = 1, ist M selbst ein Ideal. Sei die

Aussage fuer n′ < n bewiesen und sei π : Rn→ R die Projektion auf die

letzte Koordinate. Dann ist π(M) ein Ideal. Das Ideal I = π(M) ist

projektiv und also spaltet die Sequenz 0→ ker(π)→M→ I→ 0 und

daher M ker(π) ⊕ I. Der kern von π liegt in Rn−1, ist also eine direkte

Summe von Idealen nach Induktionsvoraussetzung.

Lemma 4.4.12. (a) Ist R ein kommutativer Ring mit Eins und seien I1, I2

teilerfremde Ideale, dann gilt I1 ∩ I2 = I1I2.

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K-Theorie 78

(b) Sei R ein Dedekindring, I ein gebrochenes Ideal und J ein ganzes Ideal.Dann existiert ein a ∈ I so dass I−1a + J = R.

(c) Sei R ein Dedekind-Ring. Dann wird jedes gebrochen Ideal I vonhoechstens zwei Elementen erzeugt.

Beweis. (a) Offensichtlich ist I1I2 ⊂ I1 ∩ I2. Andererseits gibt es wegen

I1 + I2 = R Elemente a j ∈ I j mit a1 + a2 = 1. Fuer x ∈ I1 ∩ I2 gilt dann

x = xa1 + xa2 ∈ I1I2.

(b) Seien p1, . . . , pr die verschiedenen Primideale in der

Primidealzerlegung von J. Waehle ai ∈ Ip1 · · · pi · · · pr mit ai < Ip1 · · · pr.

Sei a =∑

i ai. Beachte, dass aiI−1⊂ p j falls i , j aber aiI−1 1 pi, denn

andernfalls haetten wir

aiI−1⊂

⋂j

p j = p1 · · · pr,

also ai ∈ Ip1 · · · pr, was ein widerspruch waere.

Nun gilt I−1a 1 p j fuer jedes j. Dies ist ein ganzes Ideal und wir folgern,

dass I−1a + J von keinem der p j geteilt wird. Es wird aber auch von

keinem anderen Primideal p geteilt, dann waere I−1a + J ⊂ p, dann

jaauch J ⊂ p und damit ist p eines der p j. Es folgt also I−1a + J = R wie

verlangt.

(c) Sei I ein gebrochenes Ideal und 0 , b ∈ I. Sei J = bI−1, dann ist J ein

ganzes Ideal. Nach Teil (b) existiert ein a ∈ I mit aI−1 + bI−1 = R, also

I = Ra + Rb.

Satz 4.4.13. Sei R ein Dedekindring. Dann kann jeder endlich-erzeugteprojektive Modul in der Form Rk

⊕ I fuer ein Ideal I geschrieben werden,

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K-Theorie 79

wobei die Isomorphieklasse von I eindeutig festgelegt ist. Die AbbildungRk⊕ I 7→ (k, [I]) induziert einen Isomorphismus

K0(R) −→ Z ⊕ Cl(R).

Umgekehrt definiert [I] 7→ [I]− [R] einen Isomorphismus Cl(R) −→ K0(R).

Beweis. Wir zeigen das Prinzip:

• Sei R ein Dedekind-Ring und I1, I2 gebrochene Ideale. Dann gibt es

einen R-Modulisomorphismus

I1 ⊕ I2 R ⊕ I1I2.

Sei a1 ∈ I1 und betrachte das ganze Ideal J = a1I−1. Nach Lemma 4.4.12

mit I = I2 gibt es a2 ∈ I2 so dass I−12 a2 + a1I−1

1 = R. Wahle b2 ∈ I−12 und

b1 ∈ I−11 mit a1b1 + a2b2 = 1. Dann istb1 −a2

b2 a1

a1 a2

−b2 b1

=

1 0

0 1

.Damit sind beide Matrizen invertierbar und

(x1, x2) 7→ (x1, x2)

b1 −a2

b2 a1

ist der gesuchte Isomorphismus.

Nach Satz 4.4.11 ist jeder endlich-erzeugte projektive Modul P ueber Reine direkte Summe von Idealen. Mit wiederholter Anwendung des

obigen Isomorphismus, kann man eine solche Summe in die Form

P = Rk⊕ I bringen. Nehmen wir I , 0 an, und ist m ein maximales Ideal

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K-Theorie 80

von R, dann ist die Dimension des R/m-Vektorraums P/mP gleich k + 1.

Damit ist k durch die Isomorphieklasse von P eindeutig festgelegt. Sei

schliesslich

α : Rk⊕ I −→ Rk

⊕ J

ein Modulisomorphismus, wobei I, J ⊂ R Ideale sind. Wir muessen

zeigen, dass I J. Sei β = α−1. Ist K der Quotientenkoerper von R, dann

ist(Rk⊕ I

)⊗R K Kk+1 als K-Vektorraum und α und β setzen fort zu

K-linearen Abbildungen, die also durch invertierbare Matrizen A und Bin Mk+1(K) gegeben sind. Sei x ∈ I und sei X die Diagonalmatrix mit

Diagonale (1, . . . , 1, x), dann bildet X den Modul Rk+1 in Rk⊕ I ab, also

bildet AX den Modul Rk+1 nach Rk⊕ J ab. Die Spalten von AX sind die

Bilder der Standardbasis und die liegen in Rk⊕ J, also liegt in jeder

Spalte der letzte Eintrag in J. Laplace-Entwicklung nach der letzten

Zeile zeigt daher x det(A) = det(AX) ∈ J. Das bedeutet, dass der

Modulhomomorphismus x 7→ x det(A) das Ideal I ins Ideal J traegt.

Ebenso bildet y 7→ det(B)y das Ideal J ins Ideal I ab und die beiden sind

invers zueinander, wir haben also einen Isomorphismus I −→ J

konstruiert.

Man erhaelt eine bijektive Abbildung K0(R)→ Z ⊕ Cl(R). Dies ist ein

Homomorphismus ebenfalls nach obigem Prinzip.

4.5 K1(R)

Definition 4.5.1. Sei R ein Ring mit Eins. Eine Matrix in GLn(R) heisst

Elementarmatrix, wenn A Einsen auf der Diagonale hat und

hoechstens einen weiteren Eintrag , 0 besitzt.

Wir betten wieder GLn → GLn+1 via A 7→(

A1

)ein und bilden

GL(R) =⋃

n GLn(R). Sei En(R) die von den Elementarmatrizen erzeugte

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K-Theorie 81

Untergruppe von GLn(R) und sei E(R) ⊂ GL(R) die Vereinigung aller

En(R).

Satz 4.5.2 (Whitehead Lemma). (a) Fuer jede Matrix A ∈ GLn(R) liegtdie Matrix

(A

A−1

)in E(R).

(b) Die Gruppe E(R) ist gerade die Kommutatorgruppe [GL(R),GL(R)]

von GL(R).

Beweis. Wir rechnenAA−1

=

1 A1

1

−A−1 1

1 A1

−1

1

und −1

1

=

1 −1

1

1

1 1

1 −1

1

.Damit folgt Teil (a).

(b) Fuer a ∈ R sei ei j(a) das Element von E(R) mit a an der (i, j)-ten Stelle,

wobei i , j. Man rechnet nach: [eik(a), ekj(1)] = ei j(a), falls i, j, kverschieden sind. Also ist jeder Erzeuger von E(R) ein Kommutator

zweier anderer Erzeuger und also [E(R),E(R)] = E(R). Daher ist nur

noch zu zeigen, dass [GL(R),GL(R)] ⊂ E(R). Fuer A,B ∈ GLn(R) rechnen

wir in GL2n(R)ABA−1B−1

1

=

AB(AB)−1

A−1

A

B−1

B

Nach Teil (a) liegt die rechte Seite in E(R).

Definition 4.5.3. Sei R ein Ring mit Eins. Definiere

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K-Theorie 82

K1(R) := GL(R)/E(R) = GL(R)ab

die Abelisierung von GL(R).

Proposition 4.5.4. Sei R ein kommutativer Ring mit Eins. Dann liefert dieDeterminante det : GL(R)→ R× eine spaltende Surjektion. Also induziert sieeine spaltende Surjektion

K1(R)→ R×.

Definition 4.5.5. Sei SK1(R) der Kern von K1(R)→ R×. Dann ist

SK1(R) SL(R)/E(R),

wobei SL(R) =⋃

n SLn(R).

Proposition 4.5.6. Ist R = K ein Koerper, dann ist SK1(K) trivial, d.h., dieDeterminante induziert einen Isomorphismus

K1(K) −→ K×.

Beweis. Wir muessen zeigen, dass SL(K) = E(K) ist. Sei A ∈ SLn(K).

Durch Zeilentransformationen, die durch Linksmultiplikation mit

Matrizen aus E(R) gegeben sind, kann man A zuerst auf obere

Dreiecksform und dann auf Diagonalform bringen. Da det(A) = 1, kann

man A daraufhin durch Multiplikation mit Diagonalmatrizen mit

Diagonale (1, . . . , 1, a, a−1, 1, . . . , 1) in die Einheitsmatrix ueberfuehren.

Diese Diagonalmatrizen sind aber nach dem Whitehead-Lemma in

E(K).

Proposition 4.5.7. Sei R ein lokaler Ring. Die InklusionR× = GL1(R) → GL(R) induziert eine Surjektion

(R×)ab K1(R).

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K-Theorie 83

Beweis. Der gleiche Beweis wie im Kommutativen Fall zeigt, dass jede

Matrix in GLn(R) auf die Diagonalform (a, 1, . . . ) gebracht werden kann.

Hierbei ist der entscheidende Punkt, dass fuer A ∈ GLn(R) die erste

Spalte ein Element aus R× enthalten muss, denn andernfalls waeren alle

Eintraege im maximalen Ideal M, so dass die erste Spalte modulo Mgleich Null waere, was einen Widerspruch zur Invertierbarkeit von Adarstellt.

Da K1(R) abelsch ist, faktorisiert die entstehende Surjektion R× → K1(R)

ueber (R×)ab.

Satz 4.5.8. Sei R ein lokaler Ring (nicht notwendig kommutativ). Danninduziert die Inklusion R× = GL1(R)→ GL(R) einen Isomorphismus

(R×)ab →∼ K1(R).

Proof. Wir brauchen eine Determinante, die es im nichtkommutativen

Fall aber nicht gibt. Ersatz schafft:

Lemma 4.5.9. Sei R ein lokaler Ring. Dann existiert genau eine Abbildung

det : GL(R)→ R×ab

mit folgenden Eigenschaften:

(a) die Determinante ist invariant unter elementaren Zeilentransformationen,d.h., ist A′ aus A entstanden durch addieren des (links) λ-fachen einerZeile zu einer anderen, dann ist det(A) = det(A′),

(b) det(I) = 1,

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K-Theorie 84

(c) entsteht A′ aus A durch Multiplikation einer Zeile von links mit µ ∈ R×,dann ist det(A′) = µdet(A), wober µ das Bild von µ in R×ab ist.

Zusaetzlich gilt: det ist ein Gruppenhomomorphismus. Entsteht A′ aus Adurch Vertauschen zweier Zeilen, dann ist det(A′) = (−1) det(A). Ferner giltdet(At) = det(A).

Beweis. Wir zeigen zunaechst Eindeutigkeit und dass die

Zusatzeigenschaften aus (a)-(c) folgen.

Die Eindeutigkeit ist klar, weil man jede invertierbare Matrix durch

Zeilentransformationen auf Diagonalgestalt mit Diagonale a, 1, . . .bringen kann. Dass die Determinante ein Gruppenhomomorphismus

ist, folgert man wie im Koerperfall: Die Zeilentransformationen werden

durch Linksmultiplikation mit erweiterten Elementarmatrizen

gegeben, wobei zu den obigen noch jede Diagonalmatrix mit Diagonale

1, . . . , 1, a, 1, . . . mit a ∈ R× hinzugenommen wird. Es folgt

det(SA) = det(S) det(A), wenn S eine erweiterte Elementarmatrix ist.

Sind Matrizen A und B gegeben, so kann man A = S1 · · · Sk und

B = T1 · · ·Tl als Produkte von Elementarmatrizen schreiben und erhaelt

det(AB) = det(S1 · · · SkT1 · · ·Tl)

= det(S1) · · ·det(Sk) det(T1) · · ·det(Tl)

= det(A) det(B).

Das Zeilenvertauschen wird durch die Matrix( 1

1)

=(−1

1) (

−11

)bewerkstelligt. Die Matrix

(−1

1)

ist aber nach dem Beweis des

Whitehead Lemmas in E(R), hat also Determinante 1. Die Transponierte

Matrix erhaelt man als Produkt der transponierten Elementarmatrizen,

also braucht man die Invarianz nur fuer Elementarmatrizen zu

checken, wo es aber klar ist.

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K-Theorie 85

Bleibt die Existenz zu zeigen. Wir definieren detn : GLn(R)→ R×ab

induktiv nach n, so dass die Eigenschaften (a)-(c) erfuellt sind. Fuer

n = 1 setze det1(x) = x, die Klasse von x in R×ab und die Eigenschaften

sind klar, der Induktionsanfang ist geschafft.

Sei also detk fuer k < n konstruiert. Wegen der Eindeutigkeit sind die

verschiedenen detk untereinander kompatibel, d.h.

detk+1

(A

1

)= detk(A). Sei also A ∈ GLn(R) mit den Zeilen Z1, . . . ,Zn.

Seien b1, . . . , bn die Eintraege der ersten Zeile von A−1. Wegen A−1A folgt

b1Z1 + · · · + bnZn = (1, 0, . . . , 0).

Schreiben wir also Z j = (z j,B j), dann folgt∑

j b jB j = 0. Da nicht alle b j im

maximalen Ideal liegen koennen, muss eines invertierbar sein, sagen

wir bi ∈ R×. Es folgt

b−1i b1B1 + · · · + Bi + · · · + b−1

i bnBn = 0.

Indem man also Vielfache anderer Zeilen zur i-ten addiert, reduziert

man A auf die Form

z1 B1...

...

zi−1 Bi−1

b−1i 0

zi+1 Bi+1...

...

zn Bn

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K-Theorie 86

Damit die Eigenschaften gelten, muessen wir also setzen

detn(A) = (−1)ib−1i detn−1

B1...

Bi...

Bn

.

Wir muessen zeigen, dass diese Definition nicht von der Wahl von iabhaengt. Nenne die Matrix rechts Ci, so ist also folgendes zu zeigen:

Sind b j, b j ∈ R× mit i < j, so ist

(−1)ib−1i detn−1(Ci) = (−1)

jb−1j detn−1(C j).

Man erhaelt C j aus Ci dadurch, dass man erst die Zeilen permutiert zu

C =

B1...

Bi−1

B j

Bi+1...

B j...

Bn

und dann B j durch Bi ersetzt. Man gelangt von Ci nach C durch

zyklisches permutieren der Zeilen Bi+1, . . . ,B j, so dass

detn−1(C) = (−1) j−i−1 detn−1(Ci). Schliesslich ist Bi = −b−1i b jB j + (eine

Linearkombination der anderen Zeilen), so dass detn wohldefiniert ist.

Nun bleibt zu zeigen, dass detn die Eigenschaften (a)-(c) hat. (b) und (c)

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K-Theorie 87

sind sofort klar. Man verifiziert (a), indem man annimmt dass A′ aus Adurch eine Zeilentransformation entsteht und checkt die Auswirkung

dieser. Dies sei dem Leser zur Uebung gelassen.

Der Satz ist mit dem Lemma klar.

4.6 Relative K0 und K1

Definition 4.6.1. Ist f : R→ S ein Ringhomomorphismus, dann macht

f den Ring S insbesondere zu einem R-Rechtsmodul, so dass das

Tensorprodukt

f∗P := S ⊗R P

ein wohldefinierter S-Linksmodul wird. Die Abbildung f∗ bildet

projektive Moduln auf projektive Moduln ab und respektiert direkte

Summen, so dass sie einen Gruppenhomomorphismus

f∗ : K0(R)→ K0(S)

induziert.

Definition 4.6.2. Sei R ein Ring und I ein zweiseitiges Ideal. Setze

D(R, I) =(x, y) ∈ R2 : x − y ∈ I

.

Dann ist D(R, I) ein Unterring von R2 und die Projektion auf die erste

Koordinate liefert eine exakte Sequenz

0→ I→ D(R, I)p1−→ R→ 0

von Ringen (ohne Eins, da I keine hat), oder auch von R-Moduln.

Definition 4.6.3. Die relative K0 Gruppe ist definiert als der Kern

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K-Theorie 88

K0(R, I) := ker[(p1)∗ : K0(D(R, I))→ K0(R)

].

Lemma 4.6.4. Sei R ein Ring und I ⊂ R ein Ideal. Ist A ∈ GLn(R/I), dannliftet die Matrix

(A

A−1

)zu einer invertierbaren Matrix in GL2n(R).

Beweis. Es gilt AA−1

=

1 A1

1

−A−1 1

1 A1

−1

1

.Waehle X,Y ∈Mn(R) mit X A mod I ybd Y −A−1 mod I, dann ist1 X

1

1

Y 1

1 X1

−1

1

eine Matrix in GL2n(R), die modulo I auf

(A

A−1

)reduziert.

Satz 4.6.5. Sei R ein Ring und I ein zweiseitiges Ideal. Dann gibt es einenatuerliche exakte Sequenz

K0(R, I)p2∗−→ K0(R)

q∗−→ K0(R/I).

Die Abbildung q∗ ist induziert durch die Quotientenabbildung q : R→ R/Iund die Abbildung K0(R, I)→ K0(R) ist induziert durch die Projektion p2

auf die zweite Variable.

Beweis. Sei [e] − [ f ] ∈ K0(R, I), wobei e = (e1, e2) und f = ( f1, f2)

Idempotente in M(D(R, I)) sind. Das Bild von [e] − [ f ] in

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K-Theorie 89

K0(R × R) = K0(R) × K0(R) ist ([e1] − [ f1], [e2] − [ f2]). Also ist

q∗ (p2)∗([e] − [ f ]) = q∗([e2] − [ f2]) = [e2] − [ f 2],

wobei f das Bild in R/I von f ∈ R ist. Ferner ist [e1] − [ f1] = 0, da

[e] − [ f ] ∈ ker((p1)∗). Da aber e, f ∈ D(R, I), folgt e1 = e2 und f 1 = f 2, so

dass [e2] − [ f 2] = [e1] − [ f 1] = 0. Damit ist das Bild der ersten Abbildung

im Kern der zweiten.

Seien nun e, f Idempotente in M(R) so dass q∗([e] − [ f ]) = 0. Das

bedeutet, dass es r ∈N gibt so dass e ⊕ Ir und f ⊕ Ir bezueglich GL(R/I)konjugiert sind. Ersetzen wir e durch e ⊕ Ir und f durch f ⊕ Ir, koennen

wir annehmen, dass f = geg−1 fuer ein g ∈ GL(R/I). Es gibt ein

h ∈ GL(R) so dass h = g ⊕ g−1 und diese Matrix konjugiert e ⊕ 0 zu f ⊕ 0,

so dass wir f durch h( f ⊕ 0)h−1 und e durch e ⊕ 0 ersetzen koennen und

annehmen, dass e = f . Das bedeutet gerade, dass (e, f ) ein Idempotent

in M(D(R, I)) ist, also ist [(e, e)] − [(e, f )] eine Klasse in K0(D(R, I)), die

unter p1 auf Null und unter p2 auf [e] − [ f ] abgebildet wird.

Definition 4.6.6. Sei R ein Ring und I ein Ideal und definiere

K1(R, I) := ker[(p1)∗ : K1(D(R, I))→ K1(R)

].

Definition 4.6.7. Sei R ein Ring mit Eins und I ein zweiseitiges Ideal. Sei

GL(R, I) der Kern der Abbildung GL(R)→ GL(R/I).

Sei E(R, I) ⊂ E(R) die kleinste normale Untergruppe, die alle

Elementarmatrizen in GL(R, I) enthaelt. Also insbesondere

E(R, I) ⊂(E(R) ∩GL(R, I)

), wobei aber keine Gleichheit herrschen muss.

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K-Theorie 90

Satz 4.6.8 (Relatives Whitehead-Lemma). Sei R ein Ring mit Eins undI ein zweiseitiges Ideal. Dann ist E(R, I) normal in GL(R, I) und in GL(R).Es gilt

GL(R, I)/E(R, I) K1(R, I)

und GL(R, I)/E(R, I) ist das Zentrum von GL(R)/E(R, I). Ferner giltE(R, I) = [E(R),E(R, I)] = [GL(R),E(R, I)].

Beweis. E(R, I) ist nach definition normal in E(R). Ist A ∈ GLn(R) und

B ∈ En(R, I), dann istABA−1

1

=

AA−1

B1

A−1

A

.Da

(A

A−1

)∈ E(R), ist also ABA−1

∈ E(R, I), also ist E(R, I) normal in

GL(R).

Nun sei (A1,A2) ∈ GL(D(R, I)) ⊂ GL(R × R) ein Element, das unter (p1)∗auf die Eins abbildet. Das bedeutet A1 ∈ E(R). Dann ist

(A1,A1) ∈ E(D(R, I)). Multipliziert man (A1,A2) mit (A1,A1)−1, so bringt

man es in die Form (1,B) mit B ∈ GL(R), ohne dass die Klasse in K1

geaendert wird. Da (1,B) ∈ GL(D(R, I)), folgt B ≡ 1 mod I und also

B ∈ GL(R, I). Umgekehrt definiert jedes B ∈ GL(R, I) ein Element

(1,B) ∈ GL(D(R, I)). Also, um zu zeigen, dass GL(R, I)/E(R, I) K1(R, I),reicht es zu zeigen, dass fuer B ∈ GL(R, I), dann ist

(1,B) ∈ E(D(R, I)) ⇔ B ∈ E(R, I).

”⇐” Die Gruppe E(R, I) wird erzeugt von allen Matrizen der Form

Sei, j(a)S−1, wobei a ∈ I und ei, j(a) fuer i , j ist die Matrix mit a an der

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K-Theorie 91

Position (i, j) und ist gleich der Einheitsmatrix sonst. Schliesslich

S ∈ E(R). Es gilt aber

(1,Sei j(a)S−1) = (S,S)ei j(0, a)(S−1,S−1),

wobei alle Faktoren rechts in E(D(R, I)) liegen.

“⇒” Sei

(1,B) =

r∏k=1

eik jk(ak, bk) ∈ E(D(R, I)),r∏

k=1

eik jk(ak) = 1 ∈ E(R),

dann gilt fuer jedes k

eik jk(ak, bk) = eik jk(ak, ak)eik jk(0, bk − ak) = (Sk,Sk)(1,Tk),

wobei

Sk ∈ E(R), Tk ∈ E(R, I).

Wegen S1 · · · Sr = 1 folgt∏k

eik jk(ak, bk) =∏

k

(Sk,SkTk)

= (1, (S1T1S−11 )(S1S2T2S−1

2 S−11 ) · · · (S1 · · · SrTrS−1

r · · · S−11 )).

Damit haben wir B als ein Produkt von Erzeugern von E(R, I)geschrieben und die Aequivalenz ist gezeigt.

Da E(R, I) normal in E(R) und in GL(R) ist, folgt

[E(R),E(R, I)] ⊂ [GL(R),E(R, I)] ⊂ E(R, I).

Es gilt sogar Gleichheit, da E(R, I) von Matrizen der Form Sei j(a)S−1 mit

a ∈ I und S ∈ E(R) erzeugt wird und

Sei j(A)S−1 = [S, ei j(a)]ei j(a) = [S, ei j(a)][eik(1), ekj(a)] ∈ [E(R),E(R, I)].

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K-Theorie 92

Es bleibt nur noch zu zeigen, dass GL(R, I)/E(R, I) das Zentrum von

GL(R)/E(R, I) ist. Fuer A ∈ GL(R, I) rechnen wirAA−1

=

1 A − 1

1

1

1 1

1 −A−1(A − 1)

1

1

1 1

−1 1

−(A − 1) 1

,und da A − 1 Eintraege in I hat,liegt also

(A

A−1

)in E(R, I). Ist also

B ∈ GL(R), so giltABA−1B−1 0 0

0 1 0

0 0 1

=

A 0 0

0 A−1 0

0 0 1

,

B 0 0

0 1 0

0 0 B−1

∈ [E(R, I),E(R)] = E(R, I).

Also kommutieren GL(R, I) und GL(R) modulo E(R, I). Andererseits

bildet das Zentrum von GL(R)/E(R, I) unter der Qutotientabbildung

R→ R/I aufs Zentrum von GL(R/I) ab, welches aber trivial ist. Also

liegt das Zentrum von GL(R)/E(R, I) im Kern der Abbildung nach

GL(R/I), dieser Kern ist aber GL(R, I)/E(R, I).

Satz 4.6.9. Sei R ein Ring und I ein Ideal. Dann gibt es eine exakte Sequenz

K1(R, I)p2∗−→ K1(R)

q∗−→ K1(R/I) ∂

−→ K0(R, I)p2∗−→ K0(R)

q∗−→ K0(R/I).

Beweis. Wir beginnen mit der Exaktheit von

K1(R, I)p2∗−→ K1(R)

q∗−→ K1(R/I).

Jede Klasse in K1(R, I) ist repraesentiert durch ein Element

(1,B) ∈ GL(D(R, I)) ⊂ GL(R × R)

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K-Theorie 93

mit B ∈ GL(R, I), also ist B = 1 und q∗[B] = 1. Umgekehrt sei B ∈ GL(R)

mit q∗[B] = 1, also B ∈ E(R/I). Jeder der Standarderzeuger von E(R/I)liegt im Bild von E(R). Damit ist E(R)→ E(R/I) surjektiv und

insbesondere liftet B zu einer Matrix C ∈ E(R) mit C = B, also

q(BC−1) = 1. Dann ist (1,BC−1) ∈ GL(D(R, I)) und die Klasse [B] = [BC−1]

in K1(R) kommt von [(1,BC−1)] ∈ K1(R, I).

Als naechstes definieren wir die Randabbildung ∂ : K1(R/I)→ K0(R, I)und beweisen Exaktheit an den Stellen K1(R/I) und K0(R, I). Sei

A ∈Mn(R) so dass q(A) = A invertierbar ist. Sei

Rn×A Rn B

(x, y) ∈ Rn

× Rn : y = Ax.

Wir machen dies zu einem D(R, I)-Modul durch

(r, s)(x, y) = (rx, sy),

was wegen r = s eine sinnvolle Definition ist. In dem Fall, dass

A ∈ GLn(R), liefert die Abbildung

(x, y) 7→ (Ax, y) ∈ Rn×I Rn D(R, I)n

einen Isomorphismus von Rn×A Rn auf einen freien Modul vom Rang

n. Da wir gesehen haben, dass E(R/I) = q(E(R), ist Rn×A Rn frei vom

Rang n falls A ∈ E(R/I). Man kann nun ein B ∈ GLn(R/I) waehlen, so

dass A ⊕ B ∈ E(R/I), etwa B = (A)−1 wuerde gehen. Dann ist also

(Rn×A Rn) ⊕ (Rn

×B Rn)

frei vom Rang 2n. Daher ist Rn×A Rn ein Summand eines freien, also ein

projektiver Modul. Definiere also

∂[A] = [Rn×A Rn] − [D(R, I)n] ∈ K0(D(R, I)).

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K-Theorie 94

Wir werden zeigen, dass ∂ ein Homomorphismus K1(R/I)→ K0(R, I) ist.

Zunaechst muessen wir zeigen, dass es in der Tat nach

K0(R, I) = ker(p1∗) abbildet. Dies ist so, denn

p1∗(∂([A]) = p1∗([Rn×A Rn]) − p1∗([D(R, I)n] = [Rn] − [Rn] = 0.

Die Abbildung ∂ ist additiv auf direkten Summen von Matrizen, denn

(Rn×A Rn) ⊕ (Rn

×A Rn) R2n×A⊕B R2n.

Die Abbildung schickt Matrizen A ∈ E(R/I) auf die Null, denn in

diesem Fall ist Rn×A Rn frei vom Rang n, wie wir schon bemerkt haben.

Ausserdem faktorisiert ∂ ueber K1(R/I), denn fuer A = BC mit

C ∈ E(R/I) definiert

(x, y) 7→ (Bx, y)

einen Isomorphismus von Rn×A Rn nach Rn

×C Rn. Wir erhalten also

einen wohldefinierten Homomorphismus K1(R/I)→ K0(R, I). Wir haben

auch schon gesehen, dass die Komposition

K1(R)q∗−→ K1(R/I) ∂

−→ K0(R, I)

Null ist. Die Komposition

K1(R/I) ∂−→ K0(R, I)

p2∗−→ K0(R)

ist Null, denn

p2∗(∂[A]) = p2∗([Rn×A Rn]) − p2∗([D(R, I)n]) = [Rn] − [Rn] = 0

Wir muessen zeigen, dass ker ∂ ⊂ q∗(K1(R)) und dass

ker[p2∗ : K0(R, I)→ K0(R)

]⊂ ∂(K1(R/I)).

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K-Theorie 95

Sei also ∂[A] = 0. Das bedeutet, dass Rn×A Rn stabil isomorph zu einem

freien Modul vom Rang n ist, also (nach Lemma 4.1.7) dass es ein

m ∈N gibt mit

Rn×A Rn

⊕D(R, I)m D(R, I)m+n.

Indem wir A durch A ⊕ In ersetzen, koennen wir Rn×A Rn D(R, I)n

annehmen. Waehle einen Isomorphismus

φ : D(R, I)n = Rn×I Rn

→ Rn×A Rn.

Wir definieren Matrizen B,C ∈Mn(R) durch φ(e j, e j) = (Be j,Ae j). Durch

Polarisierung folgt φ(u, v) = (Bu,Cv). Es folgt AB = C. Da φ invertierbar

ist, sind B und C invertierbar mit φ−1(x, y) = (B−1x,C−1y). Also ist

A = q(CB−1) und damit ker ∂ ⊂ q∗(K1(R)).

Zum Schluss nimm an, wir haben eine Klasse in K0(R, I), die in K0(R)

auf die Null geht. Das heisst, wir haben eine Klasse in K0(R, I), die unter

p1∗ und unter p2∗ auf Null geht. Sei diese Klasse durch [P] − [D(R, I)n]

gegeben. Dann sind p1∗(P) und p2∗(P) beide stabil isomorph zu Rn.

Indem man P durch P ⊕D(R, I)k ersetzt, d=kann man wieder

annehmen, dass p1∗(P) und p2∗(P) beide echt isomorph zu Rn sind. Dann

muss aber P gleich Rn×A Rn sein fuer eine Matrix A, also ist die Klasse

gleich ∂[A]. Da der Rest der Sequenz schon nach Satz 4.6.5 exakt ist, ist

Satz 4.6.9 bewiesen.

4.7 Die +-Konstruktion

Erinnerung. Wir machen Anleihen in der Topologie:

• Der Satz von Hurewicz besagt, dass fuer einen CW-Komplex T die

kanonische Abbildung πi(T)→ Hi(T,Z) einen Isomorphismus

π1(T)ab H1(T,Z) induziert. Ist ferner H1(T,Z) = 0, induziert sie

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K-Theorie 96

auch einen Isomorphismus π2(T) H2(T,Z).

• Zu jeder Gruppe Γ gibt es einen Klassifizierenden Raum BΓ,

dieser ist bis auf Homotopie-Aequivalenz eindeutig bestimmt

durch die Eigenschaften:

(a) π1(BΓ) = Γ,

(b) die universelle Ueberlagerung BΓ ist zusammenziehbar.

Der Raum BΓ kann als CW-Komplex vorausgesetzt werden.

Eine Gruppe G heisst perfekt, falls die Abelisierung trivial ist, also

wenn G = [G,G] gilt.

Satz 4.7.1 (Quillen). Sei X ein zusammenhaengender CW-Komplex mitBasispunkt x0, der im Nullskelett liegt. Sei π eine perfekte normleUntergruppe der Fundamentalgruppe π1(X, x0). Dann kann man durchhinzufuegen von 2 und 3-Zellen einen CW Komplex X+ konstruieren sodass

(a) Die Abbildung X → X+ induziert eine exakte Sequenz von Gruppen

1→ π→ π1(X, x0)→ π1(X+, x0)→ 1.

(b) Die induzierten Abbildungen der Homologiegruppen

Hi(X,Z)→ Hi(X+,Z)

ist ein Isomorphismus fuer jeden π1/π-Modul M und jedes i ≥ 0.

Beweis. Ist S eine Erzeugermenge von π, dann liefert jedes s ∈ S eine

Homotopieklasse von Abbildungen φ : S1→ X. Wir kleben nun entlang

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K-Theorie 97

φ eine 2-Zelle an und tun dasselbe fuer jedes s ∈ S. Der so entstehende

CW-Komplex Y hat Eigenschaft (a) und hat π1/π als

Fundamentalgruppe. Sei X die universelle Ueberdeckung von X und

sei X→ Z→ X die Zwischenueberlagerung Z = X/π. Dann hat Z die

Fundamentalgruppe π, also ist, da π perfekt ist, H1(Z,Z) = πab = 1. Wir

erhalten ein Diagramm

Y

π1/π

Zπ1/π

/

??

X // Y

Hier sind X und Y die universellen Ueberlagerungen von X und Y. Da

Z→ X dieselbe Ueberlagerungsgruppe wie die Fundamentalgruppe

von Y hat, liftet die Injektion X → Y zu einer Injektion Z → Y. Wegen

der langen exakten Sequenz von Raumpaaren reicht es, aus Y durch

ankleben von 3-Zellen einen Raum X+ zu konstruieren, der

Hi(X+,X,Z) = 0 erfuellt. Nun ist Hi(Y,X,Z) = 0 ausser fuer i = 2, da Yaus X durch Ankleben von 2-Zellen entsteht. Ausserdem ist H2(Y,X,Z)

die freie abelsche Gruppe erzeugt von den angeklebten 2-Zellen [e2i ].

Nun entsteht aber Y aus Z ebenfalls durch Ankleben von 2-Zellen, also

ist H2(Y,Z,Z) der freie Z[π1/π]-Modul erzeugt von den [e2i ]. Da der

Verbindungshomomorphismus

∂ : H2(Y,Z,Z)→ H1(Z,Z) = πab = 0

trivial ist, unterscheidet sich H2(Y,Z) von H2(Z,Z) also durch eine

direkte Summe⊕

i∈IZ[π1/π][e2i ].

Da Y einfach zusammenhaengend ist, ist die Huerwicz-Abbildung ein

Isomorphismus π2(Y)→ H2(Y). Waehle ein hi ∈ H2, das auf e2i abbildet.

Pushe hi auf Y runter und benutze hi : S2→ Y, um eine 3-Zelle

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K-Theorie 98

anzukleben. Das machen wir mit jedem i und erhalten so den Raum X+,

der die verlangten Eigenschaften hat.

Definition 4.7.2. (Quillen K-Gruppen) Sei R ein Ring mit Eins. Fuer

i ≥ 1 definieren wir

Ki(R) := πi(B GL(R)+).

4.8 Faserungen

Definition 4.8.1. Eine stetige Abbildung p : E→ B heisst Faserung, falls

p die Homotopie-Liftungseigenschaft hat, wenn naemlich zu jeder

Homotopie h : X × I→ B und jeder stetigen Abbildung H0 : X→ E mit

h0 = p H0 eine stetige Abbildung H : X × I→ E existiert mit h = p H.

Lemma 4.8.2. Sei p : E→ B eine Faserung. Ist B wegzusammenhaengend,dann sind je zwei Fasern p−1(a) und p−1(b) mit a, b ∈ B homotopie-aequivalent.Man nennt diesen Raum p−1(a) dann die Faser der Faserung.

Beweis. Sei γ ein Weg in B mit γ(0) = a und γ(1) = b. Ersetzen wir pdurch die Faserung γ∗p : E ×B I→ I, sehen wir, dass wir B durch das

Einheitsintervall I ersetzen koennen. Sei also B = I sowie a = 0 und

b = 1. Sei h : E × I→ B = [0, 1] gegeben durch h(x, t) = min(p(x) + t, 1).

Ferner sei k : E × I→ B gegeben durch k(x, t) = max(p(x) − t, 0) Seien

H0,K0 : E→ E beide die Identische Abbildung. Dann liftet K0 die

Abbildung k0 und H0 liftet h0. Also existieren Lifts H,K : E × I→ E mit

H(x, 0) = x und p(H(x, t)) = min(p(x) + t, 1) sowie K(x, 0) = x und

p(K(x, t)) = max(p(x) − t, 0). Dann sind H1 : E0 → E1 und K1 : E1 → E0

zueinander homotopie-invers, denn Ht Kt und Kt Ht sind

Homotopien zur Identitaet.

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K-Theorie 99

Proposition 4.8.3. Seien X und Y CW-Komplexe und sei f : X→ Y stetig.Dann kann in folgendem Sinne zu einer Faserung geliftet werden: Es existiertein kommutatives Diagramm

X′f ′//

pX

Y′

pY

Xf// Y

wobei pX und pY Homotopieaequivalenzen sind und pY f ′ ist homotop zueiner Faserung.

Definition 4.8.4. Ist f : X→ Y eine stetige Abbildung zwischen

CW-Komplexen, dann ist die Homotopie-Faser von f die Faser der

Faserung, zu der pY f ′ homotop ist. Diese ist bis auf

Homotopie-Aeqivalenz festgelegt.

Beweis. Sei Y′ = C([0, 1],Y) mit der kompakt-offen Topologie und sei

X′ =(γ, x) : γ ∈ Y′, γ(1) = f (x)

.

Definiere pX(γ, x) = x und pY(γ) = γ(1). Mit f ′(γ, x) = γ ist dann das

obige Diagramm kommutativ. Die Abbildung pY ist eine

Homotopie-Aequivalenz mit Inverser cY, die y ∈ Y auf den konstanten

Weg y schickt, denn einerseits ist pY cY = IdY und andererseits gibt es

eine Homotopie h von IdY′ nach cY pY gegeben durch

ht(γ)(s) = γ(max(s, t)). Ebenso ist die Abbildung pX eine

Homotopieaequivalenz mit Inverser g : x 7→ (cY( f (x)), x). Wir muessen

nur zeigen, dass die Abbildung p : (γ, x) 7→ γ(0) eine Faserung X′ → Yist, denn mit pt(γ, x) = γ(t) ist p0 = pY f ′.

Sei also Z ein weiterer Raum und sei h : Z × I→ Y eine Homotopie und

sei H0 : Z→ X′ ein Lift von h0. Wir muessen einen Lift H : Z × I→ X′

konstruieren. Schreiben wir H(z, t) = (γ(z, t), x(z, t) und

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K-Theorie 100

H0(z) = (γ0(z), x0(z)) mit γ0(z)(1) = f (x0(z)) und h(z, 0) = γ(z, t)(0),

γ(z, 0) = γ0(z), x(z, 0) = x0(z). Sei x(z, t) = x0(z), also brauchen wir

γ(z, t)(1) = f x0(z). Eine solche Abbildung konstruiert man induktiv

auf dem n-Skelett von X.

Definition 4.8.5. Sei R ein Ring mit Eins und I ein Ideal. Sei H(R, I) die

Homotopie-Faser der Abbildung B GL(R)+→ B GL(R/I)+. Fuer i ≥ 1 sei

Ki(R, I) := πi(H(R, I).

Satz 4.8.6. Fuer i = 1 stimmen diese neuen Definitionen von Ki(R) undKi(R, I) mit den bisherigen ueberein. Es gibt eine lange exakte Sequenz

· · · → Ki+1(R, I) ∂−→ Ki(R/I)→ Ki(R)→ Ki(R, I)→ . . .

die die bisherige fortsetzt.

Beweis. Homotopietheorie.