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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 63 Abbildung 6.8: Projektion der magnetischen Struktur des FeNbO 4 -III in die ac- Ebene. Zu sehen ist die ferromagnetische Ausrichtung der Momente innerhalb der Fe-Zick-Zack-Ketten. stimmen die Atompositionen mit denen aus den R¨ ontgendaten (s. Tabellen 5.4 und 5.5) innerhalb der Standardabweichungen ¨ uberein. Probe I (Polymorph II) weist bei Temperaturen bis 1.5 K keine langreich- weitige magnetische Ordnung auf, es sind keine zus¨ atzlich auftretenden Bragg- Reflexe zu erkennen (vg. Abb. 6.12), gleiches gilt f¨ ur die Probe H. Probe G zeigt bei 1.5 K nur ein geringes geordnetes magnetisches Moment von 0.75(4)μ B , bei 10 K sind keine Bragg-Reflexe mehr zu erkennen. Die magnetischen Intensit¨ aten der Proben A bis H weisen signifikante Abweichungen der Reflexform, verglichen mit den Kernreflexen, auf. Diese Abweichung variiert in Abh¨ angigkeit von den Herstellungsbedingungen. Die Proben A, F, G und H zeigen deutliche asymme- trische Verbreiterungen des ( 1 2 , 0, 0)-Reflexes zu kleineren Beugungswinkeln (vgl. Abb. 6.14 u. 6.15), die Proben C, D, E weisen asymmetrische Verbreiterungen zu gr¨ oßeren Beugungswinkeln auf (vgl. Abb. 6.16). Da die Asymmetrien z.T. beton- te Schultern aufweisen, wurden diese Intensit¨ atsbeitr¨ age zu dem ( 1 2 , 0, 0)-Reflexe als eigener modellfreier Reflex gefittet (vgl. Abb. 6.13). Die Lage des Beitrages der geordneten magnetischen Struktur ergibt sich jeweils aus der Verdoppelung der kristallographischen Elementarzelle und ist damit festgelegt. Es sei ausdr¨ uck- lich darauf hingewiesen, daß es sich bei den magnetischen Reflexen der Probe C (Abb. 6.16) nicht um einfache Verbreiterungen der Reflexe handelt, wie bei au- genscheinlicher Betrachtung angenommen werden k¨ onnte. Der Schwerpunkt des ( 1 2 , 0, 0)-Reflexes ist deutlich gegen¨ uber der theoretischen Lage verschoben, wie es aus Abb. 6.13 zu entnehmen ist. Die zus¨ atzlichen Beitr¨ age zu den ¨ ubrigen magne- tischen Reflexen konnten aufgrund der schlechten Statistik und der begrenzten Aufl¨ osung nicht angepaßt werden. Als Reflexform f¨ ur den modellfreien Beitrag

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 63

Abbildung 6.8: Projektion der magnetischen Struktur des FeNbO4-III in die ac-

Ebene. Zu sehen ist die ferromagnetische Ausrichtung der Momente innerhalb der

Fe-Zick-Zack-Ketten.

stimmen die Atompositionen mit denen aus den Rontgendaten (s. Tabellen 5.4und 5.5) innerhalb der Standardabweichungen uberein.

Probe I (Polymorph II) weist bei Temperaturen bis 1.5 K keine langreich-weitige magnetische Ordnung auf, es sind keine zusatzlich auftretenden Bragg-Reflexe zu erkennen (vg. Abb. 6.12), gleiches gilt fur die Probe H. Probe G zeigtbei 1.5 K nur ein geringes geordnetes magnetisches Moment von 0.75(4)µB, bei10 K sind keine Bragg-Reflexe mehr zu erkennen. Die magnetischen Intensitatender Proben A bis H weisen signifikante Abweichungen der Reflexform, verglichenmit den Kernreflexen, auf. Diese Abweichung variiert in Abhangigkeit von denHerstellungsbedingungen. Die Proben A, F, G und H zeigen deutliche asymme-trische Verbreiterungen des (1

2, 0, 0)-Reflexes zu kleineren Beugungswinkeln (vgl.

Abb. 6.14 u. 6.15), die Proben C, D, E weisen asymmetrische Verbreiterungen zugroßeren Beugungswinkeln auf (vgl. Abb. 6.16). Da die Asymmetrien z.T. beton-te Schultern aufweisen, wurden diese Intensitatsbeitrage zu dem (1

2, 0, 0)-Reflexe

als eigener modellfreier Reflex gefittet (vgl. Abb. 6.13). Die Lage des Beitragesder geordneten magnetischen Struktur ergibt sich jeweils aus der Verdoppelungder kristallographischen Elementarzelle und ist damit festgelegt. Es sei ausdruck-lich darauf hingewiesen, daß es sich bei den magnetischen Reflexen der Probe C(Abb. 6.16) nicht um einfache Verbreiterungen der Reflexe handelt, wie bei au-genscheinlicher Betrachtung angenommen werden konnte. Der Schwerpunkt des(1

2, 0, 0)-Reflexes ist deutlich gegenuber der theoretischen Lage verschoben, wie es

aus Abb. 6.13 zu entnehmen ist. Die zusatzlichen Beitrage zu den ubrigen magne-tischen Reflexen konnten aufgrund der schlechten Statistik und der begrenztenAuflosung nicht angepaßt werden. Als Reflexform fur den modellfreien Beitrag

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 64

Abbildung 6.9: Projektion der magnetischen Struktur des FeNbO4-III in die bc-

Ebene. Die magnetischen Momente des Eisens innerhalb einer Schicht ordnen alle

ferromagnetisch.

zum (12, 0, 0)-Reflex hat sich ein reines Lorentzprofil bewahrt. Es wurden Inten-

sitat, Lage und Halbwertsbreite des Reflexes verfeinert. Bei genauer Betrachtungder Diffraktogramme fallt auf, daß der Untergrund in der Nahe des starksten ma-gnetischen Reflexes deutlich hoher ist als im restlichen Diffraktogramm. Diesererhohte Untergrund bleibt auch oberhalb der magnetischen Ordnungstemperaturbestehen. Die Intensitat des modellfreien Reflexes ist in hohem Maße fehlerbe-haftet. Dies ist eine Folge von Reflexbreite und Reflexform, die eine empfindlicheKorrelation mit dem erhohten Untergrund verursachen. Als Indiz hierfur kann diestarke Variation der Halbwertsbreite des modellfreien Beitrags angesehen werden(vgl. kursivgedruckte Werte in den Tabellen 6.3 und 6.4). Eine Temperaturabhan-gigkeit dieser Beitrage kann daher aus den experimentellen Daten nicht abgeleitetwerden, auf ihre Auswertung mußte verzichtet werden. In den Tabellen 6.1 und6.2 sind Metrik und magnetisches Moment pro Fe3+-Ion (M(III)) der magneti-schen Struktur des FeNbO4 fur die verschiedenen Proben in Abhangigkeit vonder Temperatur aufgelistet, Tabellen 6.3 und 6.4 zeigen die gefitteten Parameterfur den modellfrei angepaßten Beitrag. Das angegebene Moment (M(R)) wurdeaus der gefitteten Intensitat bestimmt. Hierbei wurde das Strukturmodell der ge-ordneten magnetischen Phase verwendet. Ziel dieser Umrechnung ist die bessereVergleichbarkeit der magnetischen Intensitatsbeitrage. Zusatzlich ist der d-Wertdes modellfreien Beitrags, die d-Wert-Differenz zum (1

2, 0, 0)-Reflex der magneti-

schen Phase und die Halbwertsbreite des modellfreien Betrages angegeben.Die Temperaturabhangigkeit der Untergittermagnetisierung der Proben A und

C bis F wurde fur ein Brillouin-Typ Verhalten mit S = 52

(Fe3+) angepaßt. Tabel-le 6.5 listet die Ergebnisse der Anpassung auf, Abbildung 6.17 zeigt exemplarisch

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 65

Abbildung 6.10: Projektion der magnetischen Struktur des FeNbO4-III in die

ac-Ebene. Zu sehen ist die antiferromagnetische Abfolge der ferromagnetisch ge-

ordneten Schichten entlang der a-Achse.

die aus den Neutronendaten ermittelte Untergittermagnetisierung fur die magne-tische Struktur des FeNbO4 und den modellfrei gefitteten Beitrag sowie den Fitnach dem Brillouin-Typ-Verhalten, jeweils fur die Proben A und D.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 66

Abbildung 6.11: Gemessenes und nach der Rietveldmethode berechnetes Neutro-

nenpulverdiffraktogramm der Probe A bei 1.5K. Die obere Balkenreihe markiert

die Reflexpositionen der Kristallstruktur des Polymorphs III, die mittlere die Re-

flexpositionen der magnetischen Struktur, der untere Balken die Position eines

modellfrei angepaßten Reflexes.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 67

Abbildung 6.12: Gemessenes und nach der Rietveldmethode berechnetes Neutro-

nenpulverdiffraktogramm der Probe I bei 1.5K. Die obere Balkenreihe markiert

die Reflexpositionen des FeNbO4-II, die mittlere die Reflexpositionen des Hama-

tits, die untere Reflexpositionen der magnetischen Struktur des Hamatits.

Abbildung 6.13: Darstellung der zwei gefitteten Intensitatsbeitrage zum starksten

magnetischen Reflex bei 1.5K; links: Probe A; rechts: Probe C.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 68

Abbildung 6.14: Temperaturabhangigkeit der starksten magnetischen Streubei-

trage der Probe A. Mit R ist der modellfrei gefittete Restbeitrag gekennzeichnet.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 69

Abbildung 6.15: Temperaturabhangigkeit der starksten magnetischen Streubei-

trage der Probe F. Mit R ist der modellfrei gefittete Restbeitrag gekennzeichnet.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 70

Abbildung 6.16: Temperaturabhangigkeit der starksten magnetischen Streubei-

trage der Probe C. Mit R ist der modellfrei gefittete Restbeitrag gekennzeichnet.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 71

T/K M(III) a b c β

D1A / ILL (Grenoble / Frankreich)

Probe A

1.5 1.72(3) 9.278(1) 5.604(1) 4.986(1) 90.191(3)

5 1.68(3) 9.278(1) 5.604(1) 4.9862(1) 90.191(3)

10 1.66(4) 9.278(1) 5.604(1) 4.986(1) 90.191(3)

15 1.58(4) 9.278(1) 5.604(1) 4.986(1) 90.186(3)

20 1.46(4) 9.278(1) 5.604(1) 4.986(1) 90.190(3)

25 1.28(5) 9.278(1) 5.603(1) 4.986(1) 90.185(3)

30 1.07(6) 9.278(1) 5.603(1) 4.986(1) 90.186(3)

35 0.76(6) 9.278(1) 5.603(1) 4.986(1) 90.183(3)

Probe F

1.5 1.16(4) 9.289(1) 5.608(1) 4.992(1) 90.096(3)

10 1.14(4) 9.289(1) 5.608(1) 4.992(1) 90.099(3)

20 0.95(5) 9.289(1) 5.608(1) 4.992(1) 90.097(4)

27 0.72(7) 9.289(1) 5.608(1) 4.992(1) 90.095(4)

34

Probe G

1.5 0.75(6) 9.291(1) 5.609(1) 4.994(1) 90.091(4)

Probe H

1.5 0 9.288(1) 4.644(1) 5.607(1) 90.034(3)

Tabelle 6.1: Gefittetes Moment und Metrik der magnetischen Struktur des

FeNbO4-III (1).

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 72

T/K M(III) a b c β

E2 / HMI (Berlin)

Probe C

1.5 0.95(10) 9.316(1) 5.620(1) 4.996(1) 90.38(6)

10 0.92(10) 9.315(1) 5.620(1) 4.997(1) 90.39(6)

20 0.81(11) 9.315(1) 5.620(1) 4.996(1) 90.38(6)

27 0.68(10) 9.317(1) 5.619(1) 4.998(1) 90.27(7)

34 0.50(12) 9.316(1) 5.619(1) 4.998(1) 90.30(8)

38 0.38(15) 9.316(1) 5.619(1) 4.998(1) 90.28(8)

Probe D

1.5 1.87(10) 9.308(1) 5.628(1) 5.006(1) 90.15(6)

10 1.82(10) 9.311(1) 5.628(1) 5.004(1) 90.24(6)

20 1.69(11) 9.311(1) 5.628(1) 5.005(1) 90.21(7)

27 1.48(13) 9.313(1) 5.627(1) 5.005(1) 90.14(6)

34 1.19(14) 9.312(1) 5.627(1) 5.005(1) 90.20(8)

38 0.95(15) 9.315(1) 5.626(1) 5.004(1) 90.21(7)

42 0.58(15) 9.318(1) 5.625(1) 5.003(1) 90.19(9)

Probe E

1.5 1.94(9) 9.315(1) 5.626(1) 5.005(1) 90.18(5)

10 1.93(9) 9.315(1) 5.626(1) 5.004(1) 90.21(7)

20 1.73(10) 9.315(1) 5.625(1) 5.005(1) 90.16(6)

27 1.53(12) 9.315(1) 5.626(1) 5.004(1) 90.21(7)

34 1.17(14) 9.318(1) 5.625(1) 5.004(1) 90.19(8)

38 0.86(15) 9.317(1) 5.625(1) 5.005(1) 90.15(7)

42 0.41(15) 9.320(1) 5.625(1) 5.005(1) 90.14(9)

Tabelle 6.2: Gefittetes Moment und Metrik der magnetischen Struktur des

FeNbO4-III (2).

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 73

T/K M(R) d M(III+R) d(R)-d(III) HW(R)

D1A / ILL (Grenoble / Frankreich)

Probe A

1.5 1.03(21) 9.72(3) 2.8(6) 0.45(3) 0.51(6)

5 1.08(20) 9.70(3) 2.8(6) 0.42(3) 0.52(6)

10 1.07(21) 9.70(3) 2.7(7) 0.42(3) 0.52(7)

15 1.04(21) 9.70(3) 2.6(7) 0.42(3) 0.53(6)

20 0.96(23) 9.70(3) 2.4(7) 0.42(3) 0.54(7)

25 0.87(22) 9.69(4) 2.2(8) 0.42(4) 0.53(8)

30 0.72(24) 9.69(5) 1.8(8) 0.41(4) 0.53(8)

35 0.55(31) 9.70(5) 1.3(1.0) 0.42(4) 0.53(9)

40 1.1860 9.4228

Probe F

1.5 0.91(9) 9.74(3) 2.07(13) 0.45(4) 0.41(7)

10 0.86(9) 9.74(3) 2.01(13) 0.45(4) 0.41(7)

30 0.71(9) 9.72(3) 1.67(15) 0.43(5) 0.41(9)

27 0.57(10) 9.72(3) 1.29(16) 0.43(6) 0.41(9)

34 0.75(14) 9.35(5) 2.09(18) - 1.34(28)

Probe G

1 0.98(13) 9.68(2) 1.73(16) 0.39(3) 1.15(19)

Probe H

1.5 1.02(21) 9.35(4) 2.04(24) 0.4(2) 2.03(34)

Tabelle 6.3: Gefittetes Moment (M(R)) (s. Text), Halbwertsbreite und d-Wert

des modellfrei gefitteten Intensitatsbeitrags zum (12, 0, 0)-Reflex sowie d-Wert-

Differenz zum (12, 0, 0)-Reflex.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 74

T/K M(R) d M(III+R) d(R)-d(III) HW(R)

E2 / HMI (Berlin)

Probe C

1.5 1.32(22) 9.07(5) 2.27(26) -0.25(6) 1.12(13)

10 1.27(22) 9.08(5) 2.19(26) -0.24(6) 1.0(13)

20 1.18(24) 9.08(5) 1.99(29) -0.24(6) 1.1(14)

27 1.02(25) 9.08(5) 1.70(31) -0.24(6) 1.17(18)

34 0.97(28) 9.13(5) 1.46(33) -0.19(6) 1.63(27)

38 0.79(29) 9.10(5) 1.17(35) -0.22(6) 1.81(33)

42 0.72(21) 9.23(5) 0.72(40) - 1.86(22)

Probe D

1.5 1.54(18) 9.21(5) 3.41(26) -0.10(6) 1.81(22)

10 1.48(18) 9.19(5) 3.30(26) -0.12(6) 1.30(18)

20 1.40(21) 9.20(5) 3.09(28) -0.12(6) 1.63(19)

27 1.37(23) 9.22(5) 2.85(29) -0.09(6) 1.87(23)

34 1.21(22) 9.19(5) 2.40(25) -0.12(6) 1.83(25)

38 1.17(25) 9.24(5) 2.12(30) -0.07(6) 2.59(1.0)

42 1.19(25) 9.24(5) 1.77(31) -0.08(6) 3.59(1.8)

46 1.18(15) 9.40(5) 1.18(21) - 5.18(2.1)

Probe E

1.5 1.16(21) 9.34(5) 3.11(23) 0.03(6) 2.76(36)

10 1.24(23) 9.40(5) 3.17(27) 0.09(6) 3.06(41)

20 1.15(23) 9.33(5) 2.88(26) 0.02(6) 2.96(42)

27 1.13(26) 9.41(5) 2.64(29) 0.09(6) 3.35(56)

34 1.05(28) 9.28(5) 2.23(31) -0.04(6) 3.45(66)

38 1.08(29) 9.29(5) 1.94(34) -0.03(6) 3.85(74)

42 1.12(32) 9.44(5) 1.53(35) 0.12(6) 4.77(1.2)

46 0.84(32) 9.39(5) 0.84(39) - 4.26(1.1)

50 0.81(35) 9.54(5) 0.81(42) - 5.2(1.6)

Tabelle 6.4: Gefittetes Moment (M(R)) (s. Text), Halbwertsbreite und d-Wert

des modellfrei gefitteten Intensitatsbeitrags zum (12, 0, 0)-Reflexe sowie d-Wert-

Differenz zum (12, 0, 0)-Reflex.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 75

Probe M(III,T=0)/µB TN/K

A 1.7(1) 38.6(5)

C 0.9(1) 40.9(5)

D 1.8(1) 43.9(5)

E 1.9(1) 42.8(5)

F 1.2(1) 33.5(5)

Tabelle 6.5: Extrapolierte Magnetisierung bei T=0 K und Neel-Temperatur der

magnetischen Struktur des FeNbO4-III.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 76

Abbildung 6.17: Temperaturabhangigkeit der Untergittermagnetisierung der ma-

gnetischen Struktur des FeNbO4-III mit Anpassung entsprechend einem Brillouin

Typ-Verhalten (a); Temperaturabhangigkeit des modellfrei angepaßten Beitrags

zum (12, 0, 0)-Reflex (b) fur die Proben A und D.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 77

6.1.4 Magnetische Wechselwirkungen

Das Verstandnis der magnetischen Eigenschaften von Festkorpern setzt ein Modellfur die Wechselwirkung zwischen den magnetischen Momenten voraus. In nicht-leitenden und halbleitenden Systemen mit lokalisierten Momenten kommen dabeiverschiedene Moglichkeiten in Frage, die sich in Reichweite und Starke unterschei-den. Der direkte Austausch setzt einen signifikanten Uberlapp der Wellenfunktio-nen benachbarter magnetischer Ionen voraus und ist somit auf direkt benachbartemagnetische Ionen beschrankt. In oxidischen Festkorpern ist demnach eine ande-re magnetische Wechselwirkung dominant, namlich die des Superaustauschs. Indiesem Fall wird die Wechselwirkung zwischen den magnetischen Ionen durch ansich diamagnetische Ionen vermittelt, wobei es sich je nach kristallographischerUmgebung um ein oder mehrere Ionen handeln kann.

Fur die Wechselwirkung des Superaustauschs in oktaedrischer Sauerstoffko-ordination wurden verschiedene Mechanismen vorgeschlagen: Anderson [44] gehtdavon aus, daß das Anion mit einem seiner Nachbarn eine partielle kovalente Bin-dung knupft. Diese Bindung fuhrt zur Spinpolarisation der bindungsknupfendenOrbitale des Anions, das diese Polarisation an den nachsten Nachbarn vermittelt.Goodenough [45] diskutiert den Superaustausch unter der Annahme, daß beideKationen partielle kovalente Bindungen mit dem Anion eingehen und der Spin aufdiesem Weg ubertragen wird. Slater [46] argumentiert uber die Spinpolarisationdes Anions als Folge der Austauschwechselwirkung mit dem Kation. Im folgen-den werden verschiedene Modelle am Beispiel des Fe3+-O2−-Fe3+-Superaustauschsveranschaulicht.

a) Der 180 FallEs wird zunachst der Fall betrachtet, in dem die Kationen und die Anionen

auf einer Geraden liegen. Anderson geht von einem Modell aus, bei dem dasden Superaustausch vermittelnde Anion zu einem seiner Nachbarn eine partiel-le kovalente Bindung aufbaut. Im gegebenen Fall ist das vermittelnde Orbitaldes Sauerstoffs eines der p-Orbitale. Einfache Symmetriebetrachtungen zeigen,daß die energetisch niedrigeren d-Orbitale des Fe3+ in oktaedrischer Umgebung,also d(xy), d(xz), d(yz) eine andere Rotationssymmetrie um die Verbindungsach-se aufweisen als das p-Orbital des Sauerstoffs. Sie sind daher orthogonal, eineBindungsknupfung ist nicht moglich. Ein Uberlapp zwischen dem p-Orbital desSauerstoffs und den energetisch hoher liegenden d-Orbitalen des Fe3+, d(x2-y2)und d(z2), ist jedoch moglich und gunstig. Da alle 3d-Orbitale des Fe3+ einfachbesetzt sind, muß ein vom Anion ubertragenes Elektron nach dem Pauli Prinzipeinen Spin aufweisen, der dem des Eisens entgegengerichtet ist. Dieser Prozeßbewirkt eine Spinpolarisierung des p-Orbitals des Sauerstoffs, die parallel zu derdes Eisens ist. Das Austauschintegral mit dem anderen benachbarten Fe3+ fuhrtzu antiferromagnetischer Kopplung, was letztendlich zu einem antiferromagneti-schen Superaustausch fuhrt. Eine analoge Aussage zur Austauschwechselwirkungerhalt man mit dem Modell von Goodenough. In diesem Fall sind die zwei partiel-len kovalenten Bindungen des p-Orbitals des Anions mit den beiden benachbartenFe3+-Ionen nur moglich, wenn die beiden Elektronen mit jeweils einem der Nach-barn eine solche Bindung knupfen, was eine antiferromagnetische Ausrichtung derSpins der beiden Eisenatome impliziert.

b) Der 90 FallBetrachtet man ein Anion, dessen benachbarte Kationen im 90 Winkel zuein-

ander stehen (Abb. 6.18), gestaltet sich die Argumentation ahnlich. In diesem Fallist die Auswahl der in den Austausch einzubeziehenden Orbitale allerdings vongroßerer Bedeutung und fuhrt zu unterschiedlichen Ergebnissen. Betrachtet man

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 78

Abbildung 6.18: p-Orbitale des Sauerstoffs und d-Orbitale des Eisens im 90-Fall

(Abb. aus [47]).

den in diesem Fall einfachsten Ansatz nach Goodenough und geht davon aus, daßzwei partielle kovalente Bindungen gebildet werden, so ergibt sich folgendes Bild:Zwei orthogonale p-Orbitale des Sauerstoffs werden in dem Sinn spinpolarisiert,daß ihr Spin parallel zu dem des Bindungspartners ausgerichtet ist. Die Bindungenwerden zwischen den Orbitalen d und p, sowie d’ und p’ geknupft (s. Abb. 6.18).Da die beiden p-Orbitale des Sauerstoffs, die an den beiden kovalenten Bindungenbeteiligt sind, orthogonal zueinander sind, resultiert ein ferromagnetischer Aus-tausch zwischen ihnen, was zu einem ferromagnetischen Superaustausch zwischenden benachbarten Kationen fuhrt. Bezieht man weitere uberlappende Orbitale indie Wechselwirkung ein, z.B. den Uberlapp von d und p’ bzw. d’ und p, resultierteine Schwachung des ferromagnetischen Austauschs [47].

Die oben aufgefuhrten Mechanismen wurden bereits von Kanamori [47] imJahr 1958 ausfuhrlich vergleichend diskutiert. Die von ihm aufgestellten Kanamori-Regeln sagen fur Fe3+-Ionen einen antiferromagnetischen Superaustausch im 180-Fall vorher, aber einen unbestimmten Superaustausch im 90-Fall (s.o.). Es wirdgefolgert, daß der Superaustausch im 180 Fall fur Fe3+ dominant gegenuber demdes 90 Falles ist, was im wesentlich auf die Schwachung der ferromagnetischenWechselwirkung aufgrund des Uberlapps anderer Orbitale als den diskutierten p-Orbitalen des Sauerstoffs und den d(z2)-Orbitalen des Eisens zuruckgefuhrt wird.

6.1.5 Austauschpfade in FeNbO4-III

Betrachtet man die kristallographische Umgebung des Eisens (und auch die desNiobs), so kann man sie in guter Naherung als (unverzerrt) oktaedrisch betrach-ten. Diese Naherung rechtfertigt die Anwendung der oben beschriebenen Wech-selwirkungsmodelle. Die moglichen Superaustauschpfade wurden zuletzt von Eh-renberg et al. [48] fur die chemisch und magnetisch isostrukturellen VerbindungenCoMoO4-II und CoWO4 publiziert. Eine Liste der Superaustauschpfade ist in Ta-belle 6.6 zu finden. In der Tabelle sind Austauschpfade uber ein und uber zweiAnionen berucksichtigt. Die Auswahl der Superaustauschpfade uber zwei Anio-

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 79

nen wurde derart eingeschrankt, daß nur Pfade berucksichtigt werden, die uberzwei Sauerstoffionen verlaufen, die zu demselben Koordinationspolyeder des Niobsgehoren.

J1 3.214 102.534 - 0,-0.18,-0.25

J2 3.214 102.534 - 0,-0.18, 0.75

J3 4.377 132.120 83.619 0, 0.82,-0.25

J4 4.377 81.894 124.533 0, 0.82, 0.75

J5 4.650 100.328 100.328 -1, 0.18, 0.25

J6 4.650 109.539 96.070 -1, 0.18, 0.25

J7 4.650 96.103 109.499 -1, 0.18, 0.25

J8 4.998 91.103 130.206 -2,-0.82, 0.25

J9 4.998 130.159 91.160 0, 0.18,-0.75

J10 5.616 143.112 124.533 0,-0.82, 0.25

J11 5.648 155.543 109.539 -1,-0.18,-0.25

J12 5.648 109.499 155.500 1,-0.18, 0.75

J13 5.658 100.328 154.687 -1,-0.18, 0.75

J14 6.382 166.424 166.424 1, 0.82, 0.75

J15 6.391 121.808 128.464 1, 0.82,-0.25

J16 6.818 136.754 136.764 1, 0.18, 1.25

J17 6.835 154.687 154.687 -1, 0.18, 1.25

J18 7.291 130.755 128.464 -1,-0.82, 0.25

Tabelle 6.6: Indirekte Austauschpfade eines Eisenions am Ort (0, y, 14) mit

(y=0.18), die uber ein oder zwei Sauerstoffionen eines Oktaeders moglich sind.

Beide Arten von Austauschpfaden (90 und 180) sind in dem gegebenen Sy-stem vorhanden. Aufgrund der oben angefuhrten Argumente ist davon auszuge-hen, daß die Austauschpfade J14 und J17, obwohl sie uber zwei Sauerstoffionenverlaufen, die dominierenden sind. Abb. 6.19 illustriert den Verlauf dieser Pfa-de. Es zeigt sich, daß diese Pfade nur Fe3+-Ionen innerhalb einer Schicht kop-peln, die in a- und c-Richtung unendlich ausgedehnt ist, in b-Richtung jedochnur die Ausdehnung einer Elementarzelle besitzt. Innerhalb dieser Schichten er-zeugen die Austauschpfade J14 und J17 drei voneinander unabhangige, gleichgroße Teilmengen von Fe3+-Ionen (vgl. Abb. 6.21 und 6.22). Jede dieser Teilmen-gen besteht aus antiferromagnetischen durch J14 gekoppelten Zick-Zack-Ketten,die entlang der [47,0,27]-Richtung verlaufen und in der von [47,0,27] und der b-Achse aufgespannten Ebene liegen (Abb. 6.20). Jede dieser Ketten ist wiederummit der dritt-nachsten durch Superaustausch uber J17 gekoppelt. Der 180 Aus-tausch reicht demnach nicht aus, um die Magnetstruktur (siehe Kapitel 6.1.3)des Systems vollstandig zu bestimmen, er fuhrt vielmehr zu 3n unabhangigen

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 80

Teilmengen, wobei n die Zahl der Elementarzellen entlang der b-Achse ist.

Abbildung 6.19: Graphische Darstellung der Austauschpfade im 180 Fall.

Nimmt man als nachststarkste Pfade diejenigen 90 Austauschpfade mit dengeringsten Abstanden an (J1 und J2), so fuhren diese eine ferromagnetische Ord-nung innerhalb der entlang der c-Achse verlaufenden Oktaederketten herbei. DieseKopplung korreliert alle durch den 180-Austausch gekoppelten Teilmengen undhebt damit die Unbestimmtheit des Systems auf (vgl. Abbildungen 6.23 und 6.24).Es entsteht ein magnetisches Gitter, in dem alle in einer bc-Ebene verlaufendenferromagnetischen Fe3+-Zick-Zack-Ketten untereinander ferromagnetisch gekop-pelt sind, entlang der a-Achse sind aufeinander folgende Ketten antiferromagne-tisch gekoppelt (Abb. 6.24). Es ergibt sich direkt die aus den Neutronendaten ab-geleitete magnetische Struktur. Betrachtet man nur den Fall des 90-Austauschs,so fuhrt dieser zu l·m unabhangigen ferromagnetischen Ketten, wobei l die Zahlder Elementarzellen entlang der a-Achse ist und m die Zahl der Elementarzellenentlang der b-Achse.

Die Annahme, daß zwei verschieden starke Austauschwechselwirkungen exi-stieren, namlich die des 180- und die des 90- Falls, impliziert, daß die beidenmagnetischen Kopplungen bei unterschiedlichen Temperaturen stark genug sind,um eine magnetische Korrelation innerhalb der von ihnen gekoppelten Teilmen-gen auszubilden. Es werden in den Moßbauerdaten der Probe A tatsachlich zweiverschiedene Ubergange beobachtet. Der Ubergang bei einer Temperatur von ca.40 K fallt mit der in den Neutronenbeugungsexperimenten gefundenen magne-tischen Ordnungstemperatur zusammen. Der Ubergang bei ca. 70 K geht nichtmit einer langreichweitigen dreidimensionalen magnetischen Ordnung einher. Eswird gefolgert, daß bei 70 K einer der beiden Austauschmechanismen stark genugist, um eine Korrelation innerhalb der durch ihn gekoppelten Teilmengen her-vorzurufen. Eine Aussage daruber, um welchen es sich handelt und welche Formder Ordnung er hervorruft (eindimensional, zweidimensional oder kurzreichweitig)kann nicht getroffen werden. Die zweite Wechselwirkung ist erst bei der magne-tischen Ordnungstemperatur stark genug, um eine Ordnung zwischen den nochunkorrelierten Teilmengen herbeizufuhren. Beide Wechselwirkungen zusammenfuhren die langreichweitige dreidimensionale magnetische Ordnung herbei. In den

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 81

Abbildung 6.20: Graphische Darstellung der Austauschpfade im 180 Fall. Es

sind nur die Fe3+-Ionen eingezeichnet, die Verbindungslinien reprasentieren die

Austauschpfade. Die Blickrichtung ist [47,0,27].

SQUID Messungen wird nur ein scharfer Ubergang bei 40(1) K beobachtet. EineAbweichung vom (annahernd) linearen Verhalten des vermeintlich paramagneti-schen Bereichs wird bei Temperaturen zwischen 100 und 120 K beobachtet (vgl.Abb. 6.1). Es handelt sich hier um denselben Ubergang, der in den Moßbauer-messungen bei 70 K zu beobachten ist. Die Ubergangstemperatur ist aufgrunddes außeren Feldes verschoben.

6.1.5.1 Magnetismus im realstrukturierten Kristallgitter des FeNbO4

Aus den strukturellen Untersuchungen geht hervor, daß keine der synthetisiertenProben defektfrei im Sinne der diskutierten Defektmerkmale ist. Selbst ProbeA weist eine leichte Verbreiterung der Spaltstrukturreflexe auf, d.h. ein Kornbesteht auch hier aus mehreren Domanen, die durch Antiphasengrenzen vonein-ander getrennt sind. Eine Interpretation der magnetischen Eigenschaften muß aufdie Realstrukturparameter zuruckgreifen.

Ausgehend von Probe A, als der defektarmsten Probe, muß festgestellt wer-

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 82

Abbildung 6.21: Graphische Darstel-

lung der drei unabhangigen magne-

tischen Teilmengen des 180 Aus-

tauschs. Es sind nur die Fe3+-Ionen

eingezeichnet, die Verbindungslinien

reprasentieren die Austauschpfade.

Abbildung 6.22: Graphische Darstel-

lung der drei unabhangigen magne-

tischen Teilmengen des 180 Aus-

tauschs. Es sind nur die Fe3+-Ionen

eingezeichnet, die Verbindungslinien

reprasentieren die Austauschpfade.

den, daß die Untergittermagnetisierung trotz eines Ordnungsgrades von 99(1)%und einer Domanengroße von mehr als einem halben Mikrometer nur 34(1)% destheoretisch erwarteten Wertes von 5µB erreicht. Da die Moßbauerspektroskopieeindeutig zeigt, daß samtliche Eisenionen als Fe3+ vorliegen, kann eine teilweiseReduktion des Eisens als Grund fur das verminderte Moment ausgeschlossen wer-den. Weiterhin geht aus der geringen Hyperfeinfeldverteilung bei 5 K, die sowohlfur die am besten geordnete Probe A als auch fur die ganzlich ungeordnete ProbeI beobachtet wurde, hervor, daß sich alle Fe3+-Ionen unabhangig vom Ordnungs-grad der Probe lokal in einer sehr ahnlichen elektronischen Umgebung befinden,die Proben in dieser Hinsicht also als homogen zu bezeichnen sind. Es wird dahergefolgert, daß die Realstrukturierung der Probe die magnetisch langreichweiti-ge Ordnung der Proben stort, so daß im Fall der am besten geordneten ProbeA mit einem Ordnungsgrad von 99(1)% nur 34(2)% der Eisenionen in Probe Amagnetisch langreichweitig ordnen, in der ungeordneten Probe I (Polymorph II)sind es 0 %. Abbildung 6.25 zeigt vergleichend die Realstrukturparameter deruntersuchten Proben und deren geordnetes magnetisches Moment pro Fe3+-Ion,normiert auf das theoretisch erwartete Moment sowie normiert auf das theoretischerwartete Moment und den Ordnungsgrad. Zunachst fallt auf, daß die Proben Cbis E, die am Diffraktometer E2 des HMI gemessen wurden, bei vergleichba-rem Ordnungsgrad ein großeres geordnetes Moment aufweisen als die Proben A,F, G und H, die am Diffraktometer D1A des ILL gemessen wurden. Ein syste-matischer Fehler, bedingt durch die unterschiedlichen Instrumente, ist a priorinicht auszuschließen. Dieser Punkt wird im folgenden wieder aufgegriffen wer-den. Vergleicht man zunachst die an identischen Geraten vermessenen Proben,so beobachtet man eine Abhangigkeit des geordneten Moments vom Ordnungs-grad der Proben, wahrend eine direkte Korrelation mit der Domanengroße nichtfestzustellen ist. Die Proben C bis E (HMI) zeigen bei Domanengroßen zwischen3.5 und 20 nm bereits langreichweitige magnetische Ordnung, wahrend die Probe

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 83

Abbildung 6.23: Graphische Darstellung der Austauschpfade des 180-Falls und

des 90-Falls. Die ferromagnetische Kopplung innerhalb der Fe3+-Zick-Zack-

Ketten (Pfeil) korreliert die drei unabhangigen Teilmengen des 180-Austauschs.

Es sind nur die Fe3+-Ionen eingezeichnet, die Verbindungslinien reprasentieren

die Austauschpfade. Die Blickrichtung ist [0,0,1].

H (ILL) trotz einer Domanengroße von ca. 30 nm keine langreichweitige ma-gnetische Ordnung aufweist. In Probe C zeigen 34(2)% der kationengeordnetenBereiche langreichweitige magnetische Ordnung, in Probe D steigt der Anteil auf48(3)%, wahrend er in Probe F, trotz steigenden Ordnungsgrads und steigen-der Domanengroße, wieder auf 46(3)% sinkt. Vergleicht man diese Tendenz mitdem dritten Realstrukturparameter, der Angabe uber den Zustand des Gitters, sostellt man fest, daß die Proben C und D beide ein frustriertes Kristallgitter aufwei-sen, wahrend das Kristallgitter der Probe E auf Basis der TEM Untersuchungenkeinem der Typen - frustriert oder relaxiert - eindeutig zugeordnet werden konn-te, in den Rontgenuntersuchungen aber ein relaxiertes Kristallgitter mit relativkleinem monoklinen Winkel aufweist. Die Korrelation mit den Ergebnissen derNeutronenbeugung legt nahe, daß es sich offensichtlich um einen Ubergangszu-stand zwischen den Gittertypen handelt. Die am ILL vermessenen Proben zeigenin Rontgen- und TEM-Untersuchungen einheitliche Ergebnisse bzgl. des Gitters,bei ihnen liegen relaxierte Kristallgitter vor. Sie zeigen alle einen deutlich kleine-ren Anteil des FeNbO4-III, der magnetisch langreichweitig ordnet. Ein ganzlichesAusbleiben der magnetischen Ordnung bis 1.5 K wurde fur einen Kationenord-nungsgrad von 38(2)% festgestellt (Probe H). Die Temperaturabhangigkeit derUntergittermagnetisierung der Proben C und D (frustriertes Kristallgitter) zeigtmagnetische Ordnungstemperaturen von 40.9(5) K und 43.9(5) K, die der Pro-be E (Ubergangszustand), weist trotz steigenden Ordnungsgrades und steigenderDomanengroße gegenuber der Probe D eine geringere Ordnungstemperatur von42.8(5) K auf. Alle Proben mit relaxiertem Kristallgitter zeigen deutlich niedri-gere Ordnungstemperaturen, die bestgeordnete Probe A 38.6(5) K, die Probe F33.5(5) K, bei Probe G verschwindet die langreichweitige magnetische Ordnungbereits unterhalb von 10 K, Probe H ordnet bis zu einer Temperatur von 1.5 Knicht langreichweitig (vgl. Tabellen 6.1, 6.2 und 6.5). Zusammenfassend laßt sichfolgendes sagen: FeNbO4-II ordnet bis 1.5 K nicht magnetisch. Alle untersuchtenProben mit Anteilen des Polymorph III zeigen eine unvollstandige magnetischeOrdnung dieser Anteile. In Proben mit frustriertem Kristallgitter des FeNbO4-III

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 84

Abbildung 6.24: Graphische Darstellung der Austauschpfade des 180-Falls und

des 90-Falls. Die drei antiferromagnetischen Teilmengen sind mit a, b und c

gekennzeichnet; die ferromagnetische Kopplung innerhalb der Fe3+-Zick-Zack-

Ketten (Pfeile) korreliert die drei unabhangigen Teilmengen des 180-Austauschs

und fuhrt zu ferromagnetischen Schichten in der bc-Ebene (Pfeile). Entlang a

ist die antiferromagnetische Abfolge der Schichten (d und e) durch verschiedene

Farben markiert. Die magnetische Elementarzelle entspricht den zwei kristallo-

graphischen Elementarzellen, die Verdopplung entlang a ist deutlich erkennbar.

Es sind nur die Fe3+-Ionen eingezeichnet, die Verbindungslinien reprasentieren

die Austauschpfade. Die Blickrichtung ist [0,1,0].

ist der magnetisch ordnende Anteil deutlich hoher als in Proben mit relaxiertemKristallgitter, gleiches gilt fur die magnetische Ordnungstemperatur. Eine quan-titative Beziehung zwischen den Realstrukturparametern und dem magnetischenOrdnungsverhalten kann anhand der vorliegenden Daten noch nicht abgeleitetwerden. Es bleibt festzustellen, daß die Verzerrung des Kristallgitters zu einerVerstarkung der Austauschwechselwirkung fuhrt, die sich sowohl durch eine Er-hohung der magnetisch ordnenden Anteile des FeNbO4-III als auch durch eineErhohung der Neel-Temperatur außert. Diese Beobachtung korreliert mit einerVeranderung der y-Koordinate der 2e-Position des Eisens (vgl. Tab. 5.5), die furdie Proben C und D 0.1745(7) und fur die Proben E bis H 0.170(1) betragt. DieVeranderung der y-Position in den Proben C und D fuhrt zu einer Verkurzung derEisen-Sauerstoff-Abstande entlang des Austauschpfades J14 (vg. Tab. 6.6) undzu einer Vergroßerung der Eisen-Sauerstoff-Abstande entlang der AustauschpfadeJ1 und J2. Diese Beobachtung legt nahe, daß die Austauschpfade des 180-Falles

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 85

Abbildung 6.25: Vergleichende graphische Darstellung der Realstrukturparameter

und des magnetischen Moments bei 1.5 K. Die Angabe des Moments wurde auf

den theoretisch erwarteten Wert normiert, bzw, auf den theoretisch erwarteten

Wert und den Ordnungsgrad.

diejenigen sind, die bei der tieferen Temperatur stark genug gegenuber der ther-mischen Unordnung sind. Ein signifikanter Einfluß des Diffraktometers auf dieMeßergebnisse kann weitgehend ausgeschlossen werden. Die Unterschiede zwi-schen den Proben, die in Berlin und Grenoble gemessen wurden, verhalten sichbezuglich aller magnetischen Charakteristiken (langreichweitig ordnender Anteil,Neel-Temperatur und kurzreichweitige Ordnung (s.u.)) deutlich anders, wahrenddie Temperaturabhangigkeit der magnetisch langreichweitig ordnenden Anteil im-mer einem Brillouin-Typ-Verhalten fur das System S = 5

2genugt. Ein Einfluß des

Diffraktometers sollte sich nicht auf all diese Charakteristika auswirken.Die Tatsache, daß maximal 39(2)% der Eisenionen magnetisch langreichwei-

tig ordnen, jedoch alle lokal dieselbe elektronische Umgebung aufweisen, wirftdie Frage auf, in welcher Form die nicht langreichweitig geordneten Eisenionenzur magnetischen Streuung in den Neutronenpulverbeugungsdaten beitragen. Ausden Daten geht hervor, daß neben den magnetischen Reflexen der geordnetenmagnetischen Phase des FeNbO4-III weitere Intensitatsmaxima auftreten. Einegenaue Betrachtung der Neutronenpulverdiffraktogramme mit Anteilen des Po-lymorph III zeigt einen signifikanten Anstieg des Untergrunds bei d-Werten zwi-schen ca. 7,5 und 12 A, der auch oberhalb der magnetischen Ordnungstemperaturbestehen bleibt. Ein genauer Temperaturverlauf dieses Beitrags wurde nicht expe-rimentell verfolgt, die magnetische Natur dieses Beitrags wurde lediglich anhandseiner Abwesenheit bei Zimmertemperatur fur die Probe A bewiesen. Dieser er-hohte Untergrund ist typisch fur Nahordnungsprozesse. Ein weiteres Indiz, daßes sich um Nahordnung handelt, liefern die Moßbauerdaten, die unterhalb von70(1) K die Dominanz einer magnetischen Wechselwirkung gegenuber der thermi-

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 86

schen Unordnung zeigen. Ob es sich hierbei um die 3n unabhangigen Teilmengendes 180- Austauschs oder die l·m unabhangigen Ketten des 90-Austauschs han-delt, kann, wie bereits erwahnt, nicht unterschieden werden. Unter der Annahme,daß die Erhohung der Neel-Temperatur in den Proben mit frustriertem Kristall-gitter tatsachlich mit der Verkurzung der Fe-O-Abstande im Austauschpfad J14der 3n antiferromagnetisch gekoppelten Teilmengen zusammenhangt, ließe denSchluß zu, daß der unterhalb von ca. 70 K gegenuber der Temperaturbewegungdominierende Austausch der entlang der Zick-Zack-Ketten (J1 und J2) ware.

Besonders auffallig ist die Tatsache, daß die Proben A und C bis G zusatz-lich zu der Erhohung des Untergrundes unterhalb der Neel-Temperatur definierteIntensitatsmaxima aufweisen. Diese Maxima zeigen lorentzformige Profilformen,ihre Lagen, Halbwertsbreiten und Intensitaten variieren bezuglich der magnetischgeordneten Phase in Abhangigkeit von der Defektstruktur der Probe (vgl. Tabel-len 6.3, 6.4). Diese Reflexe treten nur zusatzlich zu der geordneten magnetischenPhase auf, die Probe I (Polymorph II) zeigt weder langreichweitige Ordnung nocheine ausgepragte Nahordnung bis zu den tiefsten gemessenen Temperaturen. DieIntensitatsmaxima liegen bei den Proben A und F bei einem d-Wert von ca.9.70(3)Aund bei den Proben C und D bei 9.15(10) A. Ein Zusammenhang mitder Defektstruktur, insbesondere dem frustrierten oder relaxierten Kristallgitter,ist daher evident.

Die beschriebenen Befunde werden als Indizien fur folgende Arbeitshypothesenbewertet:

1. In dem Polymorph FeNbO4-III gibt es zwei dominante Austauschpfade, diedie dreidimensional periodische magnetische Struktur definieren. Im Tempe-raturbereich zwischen ca. 70 K und dem Einsetzen der magnetischen Ord-nung liegt ein eindimensionales magnetisches System vor, welches durchferromagnetischen Superaustausch entlang der Fe3+-Zick-Zack-Ketten be-stimmt ist.

2. Die zusatzlich zur magnetisch geordneten Phase auftretenden Reflexe un-terhalb der magnetischen Ordnungstemperatur werden durch eine inkom-mensurable Modulation der magnetischen Phase verursacht. Der Modula-tion liegt das Bestreben des Systems zugrunde, die Ubergange zwischenden geordneten, gegeneinander verschobenen Domanen, kontinuierlich zugestalten. Die Große des Propagationsvektors bzw. die Großenverteilungder Propagationsvektoren ist abhangig von der Realstruktur.

Beide Hypothesen sind anhand der vorliegenden Daten nicht beweisbar. EinBeweis fur die Modulation der Magnetstruktur ist anhand von Neutronenpulver-daten praktisch nicht moglich, dazu waren zusatzliche Einkristallmessungen er-forderlich. Die Frage, ob ein Ubergang von einem eindimensionalen magnetischenSystem zu einem dreidimensionalen vorliegt, konnte aus temperaturabhangigenMoßbauerdaten gewonnen werden.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 87

6.2 Elektronische Transporteigenschaften

6.2.1 Impedanzspektroskopie

Impedanzspektroskopie wurde angewandt, um den Einfluß der Realstruktur aufdie elektronischen Materialeigenschaften zu untersuchen. Im Rahmen dieser Ar-beit stand die Untersuchung der intrinsischen Materialeigenschaften im Vorder-grund, spezifische Oberflacheneffekte, wie sie in der Gassensorik von Interessesind, wurden nicht untersucht.

Es wurden frequenzabhangige Impedanzspektroskopieuntersuchungen im Fre-quenzbereich zwischen 20 Hz und 10 MHz durchgefuhrt. Bei dieser Methode wirdeine harmonische elektrische Spannung mit variierender Frequenz an die Probeangelegt. Intensitat und Phase des resultierenden Stromes werden gemessen. Dieelektrische Impedanz ist durch die Gleichung (6.1) definiert:

Z =U

I(ω), (6.1)

mit u(t) = Re(U · ejωt) und i(t) = Re(I · ejωt). U und I werden komplexe Ampli-tuden genannt. Sie beinhalten die Amplitude und die Phase :

U = U, I(ω) = I(ω) · ejφ(ω) (6.2)

Eine Darstellung der Impedanz in der komplexen Zahlenebene zeigt Bild 6.26.

Abbildung 6.26: Impedanz Z in der komplexen Zahlenebene

Ein Kristall zeigt im allgemeinen ohmsches und kapazitives Verhalten, seinelektrisches Verhalten kann als eine Parallelschaltung eines Widerstandes undeiner Kapazitat modelliert werden, d.h. als ((RC)-Element). Ein typischer Impe-danzverlauf ist in Bild 6.27 dargestellt. Das (RC)-Element besitzt eine charak-teristische Relaxationszeit τ = RC, die auf den dem Ladungstransport zugrun-deliegenden Vorgang zuruckzufuhren ist. Man definiert die Kreisfrequenz so, daßgilt: ωmax =

(2πτ

)In polykristallinen Proben sind Korn und Korngrenze anhand ihrer unter-

schiedlichen Charakteristika (Kapazitat und Widerstand) meist voneinander zuunterscheiden. Ahnliches gilt fur mogliche vorhandene Fremdphasen, die Kontakt-flachen und Risse im Material. Jedem dieser Bereiche laßt sich ein Halbkreis (vgl.Abb. 6.27) mit einer charakteristischen Relaxationszeit zuordnen. Diese Halb-kreise konnen miteinander uberlappen. Die Uberlappungsbedingung wird von denKapazitaten der verschiedenen Bereiche bestimmt. Die Großenordnungen der Ka-pazitaten sind in Tabelle 6.7 angegeben.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 88

Abbildung 6.27: Verlauf der Impedanz eines Kristalls

Kapazitat (F/m) Bereich

10−12 Korn

10−11 Fremdphase in kleiner Menge

10−12 bis 10−8 Grenzflache

10−10 bis 10−9 ferroelektrisches Korn

10−9

bis 10−7 Oberflachenschicht

10−7 bis 10−5 Proben-Elektrode-Schnittstelle

10−4 elektrochemische Reaktion

Tabelle 6.7: Kapazitat verschiedener Bereiche

Eine polykristalline Probe wird als eine Reihe von (RC)-Dipolen modelliert(Abbildung 6.28), wobei jeder (RC)-Dipol einen Bereich im Sinne eines Ersatz-schaltbildes ersetzt. Die Eigenschaften der Materialien konnen lokal variieren,aus diesem Grund kann es notwendig sein, mehrere Modellierungselemente ein-zufuhren. Eines der wichtigsten ist das Constant Phase Element (CPE). SeineImpedanz ist durch Gleichung 6.3 gegeben:

ZCPE =1

Q=

1

Q0

1

(jω)−α(6.3)

Q0 ist die Amplitude des CPE und α der Verhaltensparameter. Fur α = 0 ver-halt sich das CPE wie ein reiner Widerstand, fur α = 1 wie eine reine Kapazitat.In Parallelschaltung mit einem Widerstand R reprasentiert es eine um RQ0 zen-trierte Relaxationszeitverteilung. Der Impedanzverlauf eines (RQ)-Dipols ist inAbbildung 6.29 gezeichnet.

6.2.2 Impedanzmeßstand

Die Impedanzmeßanlage besteht aus mehreren Teilen:

Probenhalter (Abb. 6.31),

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 89

Abbildung 6.28: Elektrisches Ersatzschaltbild der Probe, Voigt-Modell [49]. k

steht fur Korn, gf fur Grenzflache und 0 fur den Kontakt.

Abbildung 6.29: Impedanzverlauf eines parallel-RQ-Dipols.

einer gasdichten Probenkammer mit Ofen,

zwei Impedanzanalysatoren:

– HP 4284A: Frequenzenspektrum: von 20 Hz bis 1 MHz

– HP 4285A: Frequenzenspektrum: von 75 kHz bis 30 MHz

einem Verteiler (HP 3488A) und

einem Rechner zur Steuerung des Gesamtsystems

Die Proben werden nach der Vierpunktmethode kontaktiert [50] (Abbildung6.32).

Diese Anordnung ermoglicht die Nutzung von vier Kabeln, deren storenderEinfluß minimiert wird, weil die gemessenen Strome und Spannungen entkoppeltsind. Das Verbindungsschema ist in Abbildung 6.32 gezeichnet. In der Zweipunkt-anordnung sind die Kabel zur Stromfuhrung und zum Spannungsanlegen diesel-ben, so daß ihr Einfluss außerhalb des Bereichs 100 Ω - 10 kΩ die Messungensignifikant verfalscht.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 90

Abbildung 6.30: Impedanzmeßstand.

6.2.3 Experimentelle Durchfuhrung und Ergebnisse

Es wurden zwei unterschiedliche Anlagen fur die Hochtemperaturmessungen unddie Tieftemperaturmessungen benutzt.

Um die Reproduzierbarkeit der Messungen zu gewahrleisten, wurde die Pro-benkammer bei Hochtemperaturmessungen mit Argon unter Normaldruck gefullt.Die Proben wurden zunachst auf 400oC erhitzt, wahrend des anschließenden Kuhl-vorgangs wurden die Messungen mit einer Schrittweite von 75C durchgefuhrt,der letzte Meßpunkt liegt bei 25C.

Fur die Tieftemperaturmessungen war es nicht moglich unter Argonatmo-sphare zu messen. Die Messungen wurden unter atmospharischen Bedingungendurchgefuhrt. Die Probe wurde bis -190 C gekuhlt und anschließend bis auf -30 C aufgeheizt. Die Messungen wurden wahrend des Aufwarmens mit einer

Abbildung 6.31: Die zwei Probenhalter: links fur Hochtemperaturmessungen,

rechts fur Tieftemperaturmessungen.

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KAPITEL 6. EIGENSCHAFTSUNTERSUCHUNGEN 91

Abbildung 6.32: Zweipunkt- und Vierpunktanordnung zur Verbindung zwischen

der Probe und dem Impedanzanalysator [50].

Schrittweite von 20 C durchgefuhrt.Die angelegte Spannung betrug jeweils 1 V, die Frequenzen lagen zwischen

20 Hz und 10 MHz.

6.2.3.1 Auswertung der Impedanzmessungen

Die Auswertung der Impedanzmessungen wurde mit der Software”Equivalent

Circuit“ [51] durchgefuhrt. Diese Software ermoglicht es, die gemessenen Spek-tren durch ein Ersatzschaltbild zu modellieren und dessen Parameter mit Hilfeder komplexen Nonlinear Least Squares-Methode (CNLS) zu verfeinern. Ein ge-eignetes Modell und ein Startparametersatz wurden mit Hilfe eines speziellenModuls des Programms gewonnen.

Typische Impedanzdiagramme sind in Bild 6.33 zu sehen. Der Fit der Datenzeigt, daß zwei Beitrage vorhanden sind, die mit I und II gekennzeichnet sind.Der Halbkreis I ist dem Korn zuzuordnen, der Halbkreis II den Korngrenzen.Aus diesen Diagrammen wurden die spezifischen Widerstande des Korns und derKorngrenze durch einen Modellfit bestimmt (Tabelle 6.8). Die Auswertung derHochtemperaturmessungen konnten aufgrund der schlechten Signalqualitat trotzaufwendiger Korrekturen nicht durchgefuhrt werden (vgl. Abb. 6.34).

Tragt man die spezifischen Widerstande der Korner als Isothermen uber demOrdnungsgrad auf, so ergibt sich der in Abbildung 6.35 gezeigte Verlauf. Derspezifische Widerstand weist bei der Probe mit dem hochsten Ordnungsgrad(96(9)%) ein Minimum auf und steigt zu niedrigeren Ordnungsgraden hin an.Aus den Strukturuntersuchungen ist bekannt, daß die Beschreibung der Real-struktur in Abhangigkeit vom Ordnungsgrad (und der Domanengroße, fur diehier keine Korrelation gefunden wurde) nicht eindeutig ist. Vielmehr wurde ge-zeigt, daß die Realstruktur der Proben, deren letzter Sinterschritt unterhalb von1000C durchgefuhrt wurde (P2 bis P7), durch ein frustriertes Kristallgitter cha-rakterisiert sind, demgegenuber stehen die Proben deren letzter Temperschrittoberhalb von 1000C durchgefuhrt wurde (P1, P9 bis P13). Bei ihnen liegt einrelaxiertes Kristallgitter vor, Probe P8 sollte ein Ubergangsverhalten zeigen (vgl.Kapitel 5.1 und 5.2). Anhand dieser unterschiedlichen Realstrukturen laßt sichdas Verhalten der spezifischen Widerstande plausibilisieren. Probe P2 wurden von1150C abgeschreckt und bei 700C angelassen. Der aus der Rontgenbeugung be-stimmte Ordnungsgrad ist 0%. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, daßder Ordnungsprozeß bereits eingesetzt hat, die geordneten Bereiche jedoch nochrontgenamorph sind. Mit zunehmendem Ordnungsgrad sinkt der spezifische Wi-derstand (Proben P3 bis P6), bis er bei 96(4)% ein Minimum erreicht und mit

1Fur Probe P9 wurde im Unterschied zu den anderen Proben Silberleitpaste als Kontakt-mittel verwendet.