Keine Grenzen für die Datenfreiheit? Rechtliche Aspekte für Informationsmanagement in der Cloud...

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Keine Grenzen für die Datenfreiheit? Rechtliche Aspekte für Informationsmanagement in der Cloud Infoguard Security Lounge 15. Juni 2010

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Keine Grenzen für die Datenfreiheit?Rechtliche Aspekte für

Informationsmanagement in der Cloud

Infoguard Security Lounge15. Juni 2010

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Agenda Cloud Computing - eine Qualifikation aus rechtlicher Sicht Wichtige Vertragspunkte Outsourcing der Datenbearbeitung Datenschutz und Cloud Computing – ein Widerspruch?

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Eine Qualifikation aus rechtlicher Sicht Es handelt sich (aus rechtlicher Sicht) um einen

Outsourcingvertrag, welcher die folgenden besonderen Merkmale aufweist:– Die Leistungen des Outsourcinggebers werden meist in Form von

„Software as a Service (SaaS)“, „Infrastructure as a Service (IaaS)“, Platform as a Service (PaaS), etc. erbracht.

– Die Daten werden an verschiedenen geographischen Orten bearbeitet.

– Daten werden in der Regel (auch) im Ausland bearbeitet.– Die Menge der geforderten Leistung kann variieren (Scalierbarkeit).– Es besteht eine grosse Abhängigkeit vom Netz.

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Vertragsgegenstand – alles klar? Die genaue Definition der durch den Vertragspartner

geschuldeten Leistung ist eine wesentliche Massnahme zur Reduktion der eigenen Risiken.

Aus der Vereinbarung muss klar hervorgehen, welche Leistungen in welcher Menge und Qualität bezogen werden!

Zudem muss klar geregelt werden, wer wofür verantwortlich ist (Mitwirkungspflichten des Unternehmens, Systemgrenzen).

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Allgemeine Geschäftsbedingungen Es sind insbesondere die folgenden, in der Praxis häufig

auftretenden Punkte zu beachten:– Die verwendeten AGB verweisen häufig wiederum auf AGB, die im

Internet abrufbar sind und jederzeit geändert werden können. – Die Services sind allgemein beschrieben und stimmen nicht zu

100% mit dem überein, was das Unternehmen tatsächlich bezieht. – Es werden in den AGB sämtliche angebotenen Services

beschrieben und nicht nur die, welche das Unternehmen bezieht. Es sollte schriftlich festgelegt werden, welche AGB in welcher

Version Vertragsbestandteile bilden!

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Nutzungsrechte, Dienstleistungen, etc. Im Rahmen von SaaS, IaaS, etc. werden Nutzungsrechte an

Software, Dienstleistungen wie Wartung und Support aber auch die Nutzung von Infrastruktur vereinbart.

Es sollte klar geregelt werden, welche Nutzungsrechte an welcher Software das Unternehmen genau erwirbt.

Die Qualität der Dienstleistungen sollte in Service Level Agreements nachvollziehbar und überprüfbar vereinbart werden.

Es sollten Konventionalstrafen vereinbart werden, wenn die Dienstleistungen nicht die vereinbarte Qualität aufweisen (Malus-Regelung).

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Compliance – ist es erlaubt? Vor Vertragsabschluss ist zu überprüfen, ob die angebotenen

Services in den Bereichen, in denen man sie nutzen möchte, alle gesetzlichen Vorgaben erfüllen.

Dabei sollten beispielsweise die folgenden Fragen gestellt werden:– Bestehen Geheimhaltungspflichten, welche ein Outsourcing der

Daten (ins Ausland) verbieten?– Erlauben die steuerrechtlichen Vorgaben (z.B. bei der Auslagerung

aller Geschäftsdokumente in die Cloud) das Vorgehen? – Bei Archivierung in der Cloud – werden die Dokumente lange genug

und integritätssicher archiviert?

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Geheimhaltungsvorschriften Die Verletzung von Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnissen

ist strafbar (Art. 162 StGB).– Bestraft wird, wer ein Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnis, das

er aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Pflicht bewahren soll, verrät oder für sich oder andere ausnutzt.

Verträge mit Lieferanten oder Kunden verbieten häufig die Weitergabe von Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnissen an Dritte – dies muss durch ausreichende Sicherheitsmassnahmen gewährleistet werden.

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Wirtschaftlicher Nachrichtendienst (Art. 273 Abs. 2 StGB)

Bestraft wird, wer ein Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnis einer fremden

amtlichen Stelle oder einer ausländischen Organisation oder privaten Unternehmung oder ihren Agenten zugänglich macht.

Die Strafe beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Zugänglich machen bedeutet, dass dem ausländischen Unternehmen

oder der ausländischen Behörde die Möglichkeit gegeben wird, in das Geheimnis Einblick zu nehmen.

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Voraussetzungen für die Strafbarkeit Verboten ist somit jedes Verhalten, welches es einem

ausländischen Adressaten ermöglicht, in schweizerische Geschäftsgeheimnisse Einblick zu nehmen.

Dass es tatsächlich zu einer Schädigung kommt, ist für die Erfüllung des Tatbestandes irrelevant (abstraktes Gefährdungsdelikt).

Jedes in der Schweiz ansässige in- und ausländische Unternehmen zählt als „schweizerisches Unternehmen“ – jede Preisgabe eines Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisses wird als Gefährdung der Schweizerischen Volkswirtschaft gesehen.

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Zu beachten Um bei einem Outsourcing der Datenbearbeitung ins Ausland

nicht mit Art. 273 StGB in Konflikt zu kommen, sind die folgenden Punkte zu beachten.– Für gewisse Branchen wie z.B. für Banken besteht ein erhöhtes

Risiko (Bankgeheimnis.)– Die Zustimmung des Geheimnisträgers schützt in der Regel vor

Strafbarkeit – Zustimmung wenn möglich in AGB einholen!– Es ist grosser Wert auf die Ausarbeitung der Outsourcingverträge

zu legen – Zugriffsberechtigungen, Kontrollrechte und deren Durchführung sind essentielle Faktoren!

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Archivierung im Ausland (Steuerrecht) Die Archivierung von elektronischen Rechnungsbelegen im

Ausland ist zulässig, wenn der Zugriff, die Lesbarmachung und die Auswertung jederzeit möglich sind (Art. 10 Abs. 4 ElDI-V).

Diese Bestimmung kann analog auf Rechnungsbelege angewandt werden, welche eingescannt und nach den Vorschriften der GeBüV elektronisch archiviert werden.

Papierbelege müssen nach der Wegleitung zur Mehrwertsteuer 2008 im Inland archiviert werden.

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Rechtskonforme Archivierung Geschäftsdokumente müssen nach den handelsrechtlichen Vorschriften

10 Jahre archiviert werden (Art. 957 ff OR). Die Archivierungsfrist beginnt erst mit dem Ende des Geschäftsjahres!

Die elektronische Archivierung ist zulässig, sofern die Vorgaben der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) eingehalten werden. Es muss sichergestellt werden, dass die Dokumente nicht nachträglich

unbemerkt verändert werden können (Integrität). Die Dokumente müssen innerhalb einer angemessenen Frist verfügbar sein

(Verfügbarkeit). Sie müssen mit Metadaten versehen werden, damit sie während der

gesamten Frist verstanden werden können (Dokumentation). Etc.

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Vertragsauflösung und Folgen Um eine möglichst grosse Unabhängigkeit vom Anbieter zu

bewahren, sollte vertraglich sichergestellt werden, dass ein Wechsel zu einem anderen Anbieter jederzeit möglich ist.

Die Kündigungsfristen müssen den eigenen unternehmerischen Bedürfnissen entsprechen.

Der Anbieter muss verpflichtet werden, bei Vertragsauflösung die erforderliche Unterstützung für die Migration der Daten und Dokumente auf die Systeme des neuen Vertragspartners zu leisten – die Kosten dieser Unterstützung sollten vertraglich vereinbart werden.

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Haftung Hände weg von Anbietern, die die Haftung für eigenes

Verschulden ausschliessen oder massiv einschränken! Der Anbieter haftet immer unbegrenzt für Absicht und grobe

Fahrlässigkeit sowie für Personenschäden. Es sollten Anbieter bevorzugt werden, welche die Haftung für

leicht fahrlässig zugefügte Schäden nicht ausschliessen – üblich ist hier eine summenmässige Begrenzung in der Höhe der Projektkosten, der Jahresgebühren, etc.

Die Haftungsbegrenzung sollte mit dem potenziellen Risiko des Unternehmens übereinstimmen!

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Outsourcing Im Rahmen von Cloud Computing wird ein Teil der eigenen

Geschäftstätigkeit auf ein externes Unternehmen ausgelagert. Zahlreiche gesetzliche Vorschriften halten fest, dass das

Outsourcing zwar erlaubt ist, der Auftraggeber aber für das Funktionieren und die Gesetzeskonformität der ausgelagerten Tätigkeit verantwortlich bleibt (z.B. Art. 10a DSG).

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Informationspflichten und Kontrollrechte Der Vertragspartner sollte vertraglich verpflichtet werden, das

Unternehmen von sich aus über Umstände zu informieren, welche die Vertragserfüllung beeinflussen könnten, beispielsweise – Sicherheits- und Datenschutzvorfälle– Wechsel in der Unternehmensleitung– Überschuldung

Kontrollrechte können auch durch die Pflicht zur Ablieferung von Kopien von Auditberichten (z.B. im Rahmen von ISO 27002-Zertifizierungen, Datenschutzaudits, etc.) ausgeübt werden.

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Cloud Computing und Datenschutz- ein Widerspruch? Durch die Speicherung der Daten in der „Cloud“ ist die Kontrolle

der Datenbearbeitung schwieriger als bei einem „normalen“ Outsourcingvertrag und die Risiken für die betroffenen Personen sind grösser!

Der Anbieter muss ausdrücklich verpflichtet werden, die Daten nur für den vereinbarten Zweck zu bearbeiten, die Verwendung für eigene Zwecke und / oder die Weitergabe an Dritte sollte ausdrücklich untersagt werden!

Es sollte zudem vertraglich geregelt werden, in welchen Ländern die Datenbearbeitung erfolgt.

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Grenzüberschreitende Bekanntgabe (Art. 6 DSG)

Die Bekanntgabe ins Ausland ist verboten, wenn dadurch die Persönlichkeit der betroffenen Person schwerwiegend gefährdet wird – dies ist dann der Fall, wenn eine Gesetzgebung mit angemessenem Schutz fehlt.

EDÖB führt eine Liste der Staaten, in welchen ein angemessener Schutz besteht.

Fehlt eine Gesetzgebung mit angemessenem Schutz, dann ist die Bekanntgabe ins Ausland nur erlaubt, wenn zusätzliche Garantien, insbesondere durch Vertrag oder die Einwilligung der betroffenen Person im Einzelfall vorliegen.

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U.S.-Swiss Safe Harbor Agreement Betreibt der Anbieter auch Rechenzentren in den USA, dann

werden Daten in einen Staat übermittelt, in welchem kein angemessenes Schutzniveau herrscht.

Es muss daher entweder eine der Garantien gemäss Art. 6 Abs. 2 DSG vorliegen (z.B. Vertrag oder Einwilligung) oder es muss sichergestellt werden, dass der Empfänger der Daten sich zur Einhaltung der im U.S.-Swiss Safe Harbor Framework verpflichtet und zertifiziert hat.

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Sicherheit Bereits vor Vertragsabschluss sollte ein Sicherheitskonzept

nachgewiesen werden und die Einhaltung sollte kontrollierbar sein!

Sicherheitsvorfälle müssen rapportiert werden. Die Verletzung der Vereinbarung von Sicherheitsvorschriften

sollte an Konventionalstrafen gebunden werden!

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Zusammenfassung Cloud Computing stellt aus rechtlicher Sicht nicht vollkommen

neue Anforderungen. Die Kombination verschiedener Elemente erzeugt besondere

Risiken, welche durch gut durchdachte und sorgfältig verhandelte Verträge soweit als möglich reduziert werden sollten.

Die sorgfältige Auswahl des Anbieters und die Vereinbarung von Kontrollrechten und Informationspflichten sowie die Regelung der Folgen der Vertragsauflösung sind dabei zentrale Elemente der Risikoreduktion!

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

mag. iur. Maria WinklerIT & Law Consulting GmbH

Grafenaustrasse 56300 Zug

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www.itandlaw.ch