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7. Jahrgang . 3/4 März/April 2016 ROHSTOFFE – BAUSTOFFE . CHEMIE – PAPIER – ZUCKER . HANDWERK Kirchbergs kreative Klebebande Nanomaterialien in der Gefährdungsbeurteilung Lagerung von Gasen Zuckerindustrie: Arbeit soll noch sicherer werden Zeitschriſt für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Berufsgenossenschaſt Rohstoffe und chemische Industrie

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7. Jahrgang . 3/4 März/April 2016

ROHSTOFFE – BAUSTOFFE . CHEMIE – PAPIER – ZUCKER . HANDWERK

Kirchbergs kreative Klebebande

Nanomaterialien in der GefährdungsbeurteilungLagerung von Gasen

Zuckerindustrie: Arbeit soll noch sicherer werden

Zeitschrift für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie

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EditorialLiebe Leserin, lieber Leser!

Die Arbeitswelt ist im Umbruch. Viele spre-chen von einer neuen industriellen Revoluti-on und haben auch schon einen Begriff da-für: Industrie 4.0. Er erstreckt sich nicht nur auf die Arbeitswelt, sondern auch auf den gesamten Privatbereich. Im Grünbuch „Ar-beiten 4.0“ des Bundesarbeitsministeriums und dem Kommentar der Deutschen Gesetz-lichen Unfallversicherung hierzu kommt dies klar zum Ausdruck.

Die Zahl 4.0 bezeichnet eine neue Entwick-lungsphase der Arbeit. Nach Wasser- und Dampfkraft, der elektrischen Energie und der Computer-Technologie treiben heute so-

genannte Cyber-Physical-Systems (CPS) die Entwicklung voran. Manches davon hat be-reits Einzug gehalten in unser Leben: Kleinste Sensoren und Aktoren sammeln Daten über

„Physikalisches“, also Dinge. Sie werden als „Big Data“ über das Internet kybernetisch mit-einander verbunden und durch intelligente Software systematisch verwaltet. Deshalb spricht man auch vom Internet der Dinge.

Auch Menschen und soziale Prozesse sind Teil dieser Systeme. Unsere Fitnessarmbän-der sammeln Daten, unsere Smartphones, Autos oder unsere Kochtöpfe. Und in der Ar-beitswelt besitzen Arbeitsmittel, Kleidung, Prozesse oder auch die Räume, in denen wir uns bewegen, diese Fähigkeit.

Damit erfasst diese Entwicklung nicht zuletzt auch die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. So werden wir etwa die Zuverlässigkeit von Arbeitsmitteln viel genauer erfassen kön-nen. Sie werden frühzeitig rückmelden, ob sie Schwachstellen aufweisen. Die Gefährdungs-beurteilung wird in dieser Hinsicht einfacher. Wir werden in der Lage sein, Gefahrenberei-che so abzusichern, dass Menschen ohne persönliche Schutzausrüstung diese nicht mehr betreten können. Es wird intelligente PSA geben, die auf eine Person einstellbar ist, Vitalparameter misst und Bewegungen unterstützen kann, wenn etwa die mensch-liche Kraft nachlässt. Im Bereich Gesundheit werden wir psychische Belastungen frühzeitig

ermitteln können. Es wird neue Beteiligungs- und Kontrollmöglichkeiten geben, ebenso neue Formen des Lernens, Informierens und Unterweisens.

Prävention 4.0 bietet zweifellos große Chan-cen. Sicherheit und Gesundheit müssen aber zu einem wichtigen Bestandteil auch der neu-en Arbeitsprozesse werden. Die BG RCI will das vorantreiben. Zugleich sollten wir eine kri-tische Distanz zu den Entwicklungen bewah-ren. Wir brauchen Kriterien, die uns helfen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Davon hängt ab, ob sich der Mensch von den Technologien beherrschen lässt oder sie so einsetzt, dass sie nachhaltig wirtschaftlich genutzt werden und zugleich die Zufrieden-heit und Gesundheit der Beschäftigten för-dern können. Prävention 4.0 ist eine span-nende und lohnende Herausforderung. Wir nehmen sie an.

Ihr

Ulrich MeesmannMitglied der Geschäftsführung

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BG RCI.magazin 3/4 2016EDITORIAL

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Blickpunkt

Editorial 2

Ergonomische Handwerkzeuge reduzieren Belastungen und Gefährdungen 4

Deutscher Jugend-Arbeitsschutz-Preis 2016 5

Printmedien für die PräventionNeuerscheinungen und Überarbeitungen 6

Ab durch die Luft?Bei der Lagerung von Gasen sind verschiedene Gefährdungsfaktoren zu berücksichtigen 8

Beiträge aus dem „Schlema VIII“ – Gefahrstoff-symposium 2015Nanomaterialien in der Gefährdungs - beurteilung – Wohin geht die Reise? 12

Menschen für Maschinen – Maschinen für MenschenForum protecT 2016 in Magdeburg 15

Aus der PraxisPraxishandbuch Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in der BaustoffindustrieJetzt auch online 16

Hoffmann Mineral und SonaxErfolgreiches Gütesiegel-Reaudit 17

Nationale Präventionskonferenz 17

MIBRAGGütesiegel zum 5. Mal in Folge 18

Corporate Health Award 2015RAG-Gesundheits management ausgezeichnet 19

Vor 70 JahrenGrimberg III/IV 20

K+S Kali GmbH, Werk WerraGrubenwehr: Sicherheitspartnerschaft auch mit Besucherbergwerken 21

Titelbild: „tesafilm“ ganz nah: Hugo Kirchberg schuf die unverwechselbare Marke (S. 26). Foto: tesa SE

3/4 2016 BG RCI.magazin INHALT

Paris, 1. bis 3. Juni 2016Symposium: Chemikalien mit besonderen Gefahren 22

Landesverbände Südwest und Mitte der DGUVTag der Arbeits sicherheit 24

BG RCI-Gütesiegel „Sicher mit System“BASF Business Services ausgezeichnet 24

Euticals GmbH, Höchst7.000 Tage ohne meldepflichtigen Unfall 25

BG RCI-Präventionszentrum Gera/Berlin Sicherheitsfachkräftetagung 2016/2017 25

Kirchbergs kreative Klebebandetesafilm verbindet – seit 80 Jahren 26

Hauterkrankung in einer Fahrzeugsattlerei 28

Die BG RCI auf der Heimtextil und der Domotex 2016 30

Zuckerindustrie: Arbeit soll noch sicherer werden 31

Berichte und Informationen „Das musste ja so kommen“Wann und warum die Berufsgenossenschaft Regressansprüche geltend macht 32

Aus der Rechtsprechung 34

BG RCI-Röntgenmobil im Sondereinsatz 35

„Denk an mich. Dein Rücken“170.000 Betriebe zu rückengerechter Arbeit beraten 36

Wie erholsam ist der Feierabend? 37

Gold und Silber für „Denk an mich. Dein Rücken“ 37

Sicherer Start in die Motorrad-Saison 38

Verkehrssicherheit: Unfallbilanz 2015 39

Gefährliche Ablenkung 39

Gehirnerschütterungen immer ernst nehmen 40

Impressum 40

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Ergonomische Handwerkzeuge

Sichere Technik 4/2015

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BG RCI.magazin 3/4 2016BLICKPUNKT

Ergonomische Handwerkzeuge reduzieren Belastungen und GefährdungenÜberarbeitetes BG RCI-Merkblatt bietet neue Informationen

Manuelle Arbeiten führen zu Beanspruchungen des Bewegungsapparates an Händen und Armen, woraus sich Be-schwerden oder sogar Erkrankungen entwickeln können. Körpergerecht gestaltete, ergonomisch optimierte Hand-werkzeuge können diese Beanspruchungen reduzieren und damit krankheitsbedingten Ausfällen vorbeugen.

Ergonomische Handwerkzeuge

Sichere Technik 4/2015

T 041

Die ergonomische Gestaltung von Hand-werkzeugen leistet einen wesentlichen Bei-trag zur Reduktion von Belastungen und Gefährdungen. Der Begriff Ergonomie setzt sich aus den beiden altgriechischen Wör-tern „Ergon“ (Arbeit) und „Nomos“ (Gesetz, Gesetzmäßigkeit) zusammen. Im Sinne des Arbeitsschutzes ist Ergonomie die Wissen-schaft von der Anpassung der Arbeitsbe-dingungen an den Menschen und seine Eigenschaften.

Eine noch heute oft zitierte Definition stammt von dem Polen Wojciech Jastrze-bowski aus dem Jahr 1857. Für ihn ist Ergo-nomie ein wissenschaftlicher Ansatz, „mit dem wir aus dem Leben die besten Früch-te bei der geringsten Anstrengung mit der höchsten Befriedigung für das eigene und für das allgemeine Wohl ziehen können“.

Die Verwendung von ergonomisch kons-truiertem Handwerkzeug führt zu einem effizienteren Einsatz der Muskulatur, ver-

bessert die Körperhaltung und optimiert die Kraftübertragung. Wesentliche ergo-nomische Gestaltungsmerkmale sind die

Formgebung und die Oberflächenbeschaf-fenheit von Griffen sowie deren Winkelstel-lung zur Werkzeug-Wirkungsachse. Solche Werkzeuge

• sind leichter zu handhaben• und bequemer zu halten,• mindern den Kraftaufwand,• verringern das Verletzungsrisiko• und steigern die Zufriedenheit der Be-

schäftigten und somit auch die Produk-tivität.

Häufig wiederkehrende Belastungen oder auch einzelne Überbelastungen bergen Risiken, die als arbeitsbedingte Gesund-heitsgefahren einzuordnen sind. Diese können sich äußern in Form von: ▸

Das neu überarbeitete Merkblatt T 041 „Ergono-mische Handwerkzeuge“ sowie weitere Präven-tionsmedien zur Ergonomie können Mitglieds-betriebe unter medienshop.bgrci.de kostenfrei abrufen.

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3/4 2016 BG RCI.magazin

• Schwielen, Blasen,• Prellungen, Zerrungen,• Gefühl- bzw. Kraftlosigkeit bei Überbe-

anspruchung von Sehnen oder Nerven• und mehr oder weniger starken Schmer-

zen;• bei repetitiven und/oder wiederholt

kraftvollen Tätigkeiten mit Handwerk-zeugen kann unter Umständen auch ein Karpaltunnelsyndrom entstehen.

Das Merkblat t T 041 „Ergonomische Handwerkzeuge“ geht in der jetzt vorlie-genden überarbeiteten Fassung verstärkt auf medizinische Aspekte ein. Dabei wer-den sowohl arbeitsbedingte als auch be-lastungsunabhängige Erkrankungen des Hand-Arm-Systems vorgestellt. So bietet es beispielsweise Informationen zur neuen Berufskrankheit Karpaltunnelsyndrom (BK 2113), aber auch zum Hypothenar-Hammer-Syndrom (BK 2114).

Das Merkblatt gibt außerdem wichtige Hinweise für den Einsatz und Umgang mit Handwerkzeugen und enthält einen kom-pakten Gefährdungskatalog. Interessant ist auch eine Gegenüberstellung von her-

Deutscher Jugend- Arbeitsschutz-Preis 2016Bewerbungsschluss: 31. Juni

Nach den vorläufigen Zahlen des Statisti-schen Bundesamtes sind im vergangenen Jahr 3.475 Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Das sind 98 To-desopfer mehr als im Vorjahr. 393.700 Verkehrsteilnehmer wurden verletzt, ein Anstieg um 1,1 Prozent.

Paralympics-Gewinnerin Kirsten Bruhn wird am 11. Ok-tober in Hamburg die besten Beiträge zum Jugend-Ar-beitsschutz-Preis 2016 auszeichnen. Foto: fasi

Frische und kreative Ideen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit und des betrieblichen Gesund-heitsschutzes sind gefragt beim Deutschen Ju-gend-Arbeitsschutz-Preis 2016. Teilnehmen kön-nen branchenunabhängig alle jungen Leute bis 24 Jahre. Für die drei bestplatzierten Vorschläge vergibt eine Fachjury ein Preisgeld in Höhe von insgesamt 6.000 Euro. Anmeldung unter www.jugend-arbeitsschutz-preis.de.

Der Preis wird zum 7. Mal vergeben. Er wird von der Fachvereinigung Arbeitssicherheit e.V. während der diesjährigen Messe Arbeitsschutz Aktuell in der Zeit vom 11. bis 13. Oktober in Hamburg verlie-hen. Die Patenschaft für 2016 hat die mehrfache Paralympics-Gewinnerin Kirsten Bruhn übernom-men. „Ob im Leistungssport oder am klassischen Arbeitsplatz –Sicherheit und Gesundheit spielen immer eine Rolle“, sagt die frühere Leistungs-schwimmerin, die seit einem Unfall 1991 im Roll-stuhl sitzt. Es gebe noch viele Möglichkeiten, die zur Verbesserung und damit zur Sicherheit bei der Arbeit beitragen könnten, sagt Bruhn. Sie wird am 11. Oktober in Hamburg sein und die Preisträger auszeichnen. nul

Hypothenar-Hammer-Syndrom: Reduzierte Durchblutung durch Verletzung der Gefäßinnen-wand.

kömmlichen und ergonomisch gestalteten Werkzeugen.

Hinweise für den betrieblichen ArbeitsschutzBereits bei der Anschaffung neuer Hand-werkzeuge sollte großer Wert auf deren ergonomische Gestaltung gelegt werden. So lassen sich Beschwerden vermeiden, wie sie bei der Verwendung ergonomisch ungünstiger Werkzeuge auftreten können.

Auch wenn der Preis in vielen Fällen etwas höher liegen dürfte, können damit krank-heitsbedingte Fehlzeiten reduziert und Kosten gesenkt werden. Außerdem macht die Arbeit einfach mehr Spaß. Die positi-ven Effekte ergonomischer Handwerkzeuge können jedoch nur dann eintreten, wenn die Beschäftigten sie auch nutzen. In der ersten Zeit nach der Anschaffung empfiehlt es sich daher, die Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter speziell zu informieren.

Regelmäßige Unterweisungen und Trai-nings verbessern nachhaltig die Akzeptanz für die Nutzung neuer Werkzeuge. Burkhard Rehn, BG RCI, Mainz

Karpaltunnelsyndrom: Medinausnerv und Beugesehnen unterhalb des Karpalbandes.

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BG RCI.magazin 3/4 2016BLICKPUNKT

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BLICKPUNKT

Printmedien für die PräventionNeuerscheinungen und Überarbeitungen

Seit Veröffentlichung der letzten Übersicht in der Ausgabe November/Dezember 2014 des BG RCI.magazins sind zahlreiche Print-medien für die Prävention neu erschienen, wurden überarbeitet und aktualisiert oder in den Medienshop der BG RCI neu aufge-nommen.

Um einfacher entscheiden zu können, welche der Medien für Ihren Betrieb von Interesse sind, können Sie unter medien-shop.bgrci.de zu vielen Schriften Kurzzu-

Nr. Titel StandA 001 Schriften und Medien für Sicherheit und Gesundheitsschutz

bei der Arbeit10/2015 Ü

A 007-1 Die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie – Aufgaben, Organisation und Leistungen

09/2015 Ü

A 007-3 Die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie – Versicherungsschutz, Rehabilitation und Leistungen

09/2015 Ü

A 016 Gefährdungsbeurteilung – Sieben Schritte zum Ziel (bisher BGI 570)

08/2015 Ü

A 017 Gefährdungsbeurteilung – Gefährdungskatalog(bisher BGI 571)

08/2015 Ü

A 021 Auf Nummer sicher gehen – Stolpern, Rutschen und Stürzen vermeiden(bisher BGI 643)

01/2016 Ü

A 025-2 Sicheres Verhalten – Psychologie im Arbeits- und Gesundheitsschutz 11/2015 ÜB 005 Parasiten – Einstufung biologischer Arbeitsstoffe.

Besondere Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit Parasiten(DGUV Information 213-089, bisher BGI 632)

09/2014 Ü

B 006 Prokaryonten (Bacteria und Archaea) – Einstufung biologischer Arbeitsstoffe(DGUV Information 213-090, bisher BGI 633)

07/2015 Ü

M 034-1 Liste der nichtmetallischen Materialien zu Merkblatt M 034 „Sauerstoff“ List of nonmetallic materials supporting document to code of practice M 034e „Oxygen“(DGUV Information 213-075, bisher BGI 617-1)

02/2015 Ü

M 039 Fruchtschädigende Stoffe – Informationen für Mitarbeiterinnen und betriebliche Führungskräfte (bisher BGI 537)

08/2015 Ü

M 059-1 Kleinbroschüre: Asbesthaltige Bodenbeläge – Was ist zu tun? 01/2016 NR 001 Exotherme chemische Reaktionen – Grundlagen

(DGUV Information 213-063, bisher BGI 541)07/2014 Ü

R 002 Maßnahmen der Prozesssicherheit in verfahrenstechnischen Anlagen(DGUV Information 213-064, bisher BGI 542)

12/2015 Ü

R 004 Thermische Sicherheit chemischer Prozesse (DGUV Information 213-067, bisher BGI 828)

12/2015 Ü

R 008 Polyreaktionen und polymerisationsfähige Systeme (DGUV Information 213-097)

05/2015 N

T 002 Schlauchleitungen – Sicherer Einsatz(DGUV Information 213-053, bisher BGI 572)

09/2014 Ü

T 009 Sicheres Betreiben von Spritzgießmaschinen (bisher BGI 749)

09/2015 Ü

T 041 Ergonomische Handwerkzeuge (bisher BGI 620)

04/2015 Ü

T 053 Entzündbare Flüssigkeiten – Antworten auf häufig gestellte Fragen (bisher BGI/GUV-I 8615)

04/2015 Ü

T 059 Abbrennen von Feuerwerken(DGUV Information 213-049)

11/2014 N

T 060 Messungen an Bespannungen laufender Papiermaschinen(DGUV Information 213-014, bisher BGI 783)

11/2015 N

SP 001 Ausbildungsnachweis für Sprengberechtigte 08/2015 NKlein broschüre 10 Gefahrstoffinformationssystem Chemikalien 10/2015 NKlein broschüre 11 Gefahrstoffinformationssystem Chemikalien 10/2015 NKlein broschüre 12 GHS-Gemischrechner in GisChem 04/2015 NKlein broschüre 13 Automatische Datenübernahme aus Sicherheitsdatenblättern in GisChem 09/2015 N

sammenfassungen („Abstracts“) aufrufen. Sie geben einen Überblick über die Ziel-gruppen, die Gründe für die Neuerschei-nung, die wichtigsten Änderungen und neuen Inhalte.

Mitgliedsunternehmen der BG RCI können unter medienshop.bgrci.de nahezu alle der nachstehend aufgeführten Schriften in einer der Betriebsgröße angemessenen Stückzahl kostenlos beziehen. Nichtmit-gliedsbetriebe zahlen einen Kostenbeitrag.

Agnes Höchstötter, BG RCI, Heidelberg

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3/4 2016 BG RCI.magazin BERICHTE UND INFORMATIONEN

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BLICKPUNKT

Nr. Titel StandKleinbroschüre 16 GHS – kurz erklärt 10/2015 NDGUV Regel 113-001 Explosionsschutz-Regeln (EX-RL) mit Beispielsammlung

(bisher BGR 104)03/20151 Ü

DGUV Regel 113-016 Sprengarbeiten (bisher BGR/GUV-R 241)

03/2012akt. Fsg: 11/2015

DGUV Information 206-005 The secret‘s in the mix: Young and old at work together – Tips for industry and the service and public sectors (bisher BGI/GUV-I 7009-E)

01/2010

DGUV Information 208-004 Gabelstapler (bisher BGI 545)

09/2012

DGUV Information 209-061 Gebrauch von Hebebändern und Rundschlingen aus Chemiefasern (bisher BGI 873)

05/2013

DGUV Information 213-006 Vermessung und Berechnung von Bohrlochsprengungen(bisher BGI 700)

11/2015 Ü

DGUV Information 213-500 Allgemeiner Teil: Von den Unfallversicherungsträgern anerkannte Analyseverfahren zur Fest-stellung der Konzentrationen krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungs-gefährdender Stoffe in der Luft in Arbeitsbereichen (bisher BGI 505-0)

12/2015 Ü

DGUV Information 213-503 Verfahren zur Bestimmung von Arsen und seinen Verbindungen (bisher BGI 505-3)

07/2014 Ü

DGUV Information 213-520 Verfahren zur Bestimmung von Hydrazin(bisher BGI 505-20)

12/2014 Ü

DGUV Information 213-599 Allgemeiner Teil: Übersicht über die Analysenverfahren der DGUV Information 213-5xx-Reihe

12/2015 N

DGUV Information 213-728 Empfehlungen Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU) nach der Gefahr-stoffverordnung – Verarbeitung thermoplastischer Kunststoffe in Spritzgießmaschinen

06/2015 N

DGUV Information 213-850 Sicheres Arbeiten in Laboratorien – Grundlagen und Handlungshilfen (bisher BGI/GUV-I 850-0)

10/2011Nachdr. m. red. Änd.: 03/2015

DGUV Information 213-853 Nanomaterialien im Labor – Hilfestellung für den Umgang 03/2015 NDGUV Information 213-854 Nanomaterials in the Laboratory – Tips and Handling Information 03/2015 NDGUV Information 250-010 Eignungsuntersuchungen in der betrieblichen Praxis 08/2015 ÜDGUV Information 250-101 Leitfaden für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte zur Beratung des Unternehmens bei der

Gefährdungsbeurteilung10/2015 N

DGUV Grundsatz 309-001 Prüfung von Kranen (bisher BGG/GUV-G 905)

08/2012

EM 003 Gefahrstoffe 2016 – Taschenhandbuch mit aktuellen Arbeitsplatzgrenzwerten 10/2015EM 004 Ihre gesetzliche Unfall-Versicherung – Informationen in leichter Sprache 06/2015Betriebssicherheits-verordnung

Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Be-triebssicherheitsverordnung – BetrSichV) – Textausgabe mit einer Einführung in die Neufassung sowie der amtlichen Begründung unter Berücksichtigung der Änderungen durch den Bundesrat

2015

Ordner Praxishilfe – Gerüstet für den Notfall 08/2015 NOrdner Praxishandbuch Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in der Baustoffindustrie 08/2014 ÜSKG 001 Instandhaltungsarbeiten. Feuerarbeiten – Arbeiten mit Brandgefährdung 11/2014 ÜSKG 009 Erste Hilfe 05/2015 ÜSKG 010 Instandhaltung – Elektroarbeiten bis 1000 V 01/2015 ÜSKG 013 Denk an mich – Dein Rücken! Informationen für Büroarbeitsplätze 11/2015 NSKG 014 Betriebsarten von Maschinen 06/2015 NSKG 015 Reinigen von Maschinen 02/2016 ÜSKG 016 Tätigkeiten mit Organischen Peroxiden 08/2015 NSKG 021 Leitern und Tritte 09/2015 ÜSKG 029 Sicher unterwegs – mit dem Auto. Wegeunfälle und Unfälle auf Dienstfahrten vermeiden 09/2015 NA 011 Nachweise über durchgeführte Unterweisungen zurückgezogen2

B 005e Classification of Biological Agents: Parasites. Special Protective Measures for Activities Invol-ving Parasites (bisher BGI 632e)

zurückgezogen

B 006-1 Prokaryontes (Bacteria und Archaea) – Einstufung biologischer Arbeitsstoffe – Ergänzungsliste (DGUV Information 213-091, bisher BGI 633-1)

zurückgezogen

B 006e Prokaryontes (Bacteria and Archaea) – Classification of Biological Agents (bisher BGI 633e)

zurückgezogen

T 013 Arbeitsbühne für Gabelstapler zurückgezogen3

T 016 Umgang mit Gabelstaplern zurückgezogen4

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1 Kostenloser Download des Inhalts unter www.exinfo.de.2 Eine elektronische Vorlage für ein Formular zum Unterweisungsnachweis steht unter downloadcenter.bgrci.de als Anhang des Merkblattes

A 026 zur Verfügung.3 Erhältlich ist jetzt die DGUV Information 208-031 „Einsatz von Arbeitsbühnen an Flurförderzeugen mit Hubmast“ (bisher BGI/GUV-I 5183).4 Erhältlich ist jetzt die DGUV Information 208-004 „Gabelstapler“ (bisher BGI 545).

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BG RCI.magazin 3/4 2016BLICKPUNKT

Ab durch die Luft?Bei der Lagerung von Gasen sind verschiedene Gefährdungsfaktoren zu berücksichtigen

Gase werden in zahlreichen Bereichen der Industrie eingesetzt und oft unter Druck hergestellt, gelagert, transportiert und ver-wendet. Dabei ergeben sich verschiedene Gefährdungsfaktoren. Um diese richtig zu beurteilen und für eine sichere Lagerung die passenden Maßnahmen des Arbeits- und Umweltschutzes festzulegen, ist eine um-fassende Gefährdungsbeurteilung durch-zuführen.

Mechanische GefährdungDer erhöhte Druck von Gasen im Innern von Druckgasflaschen entspricht einer Energie vergleichbar der einer gespannten Feder. Bei einem Versagen der Umschließung kann die-se Energie freiwerden. So kann beispielswei-se eine Druckgasflasche beim Abriss eines Ventils, angetrieben durch das unter hohem Druck stehende Gas, raketengleich durch die Gegend fliegen. Die hierbei auftretende Wucht kann ausreichen, um Betonwände zu durchschlagen. Die Ventile der Druckgasbe-hälter sind daher mit einer Schutzkappe, ei-nem Schutzkorb oder einem Schutzkragen abzusichern. Eine besondere Sicherung ge-gen Um- oder Herabfallen ist nur dann nicht erforderlich, wenn beispielsweise durch die Bauart der Druckgasbehälter oder die Auf-stellung in größeren Gruppen ein ausrei-chender Schutz erreicht wird.

Beim Erwärmen von Druckgasflaschen steigt der Druck im Innern weiter an. Wird der Aus-legungsdruck überschritten, können Druck-behälter bersten und zu zerstörerischen Ge-schossen werden, die einige hundert Meter weit fliegen. Um Druckgasflaschen vor ge-fährlicher Erwärmung zu schützen, ist zu hei-ßen Oberflächen (beispielsweise Heizkör-pern) mindestens ein Abstand von einem halben Meter einzuhalten. Dies gilt auch für leere oder teilentleerte Flaschen.

GesundheitsgefährdungTiefkalte oder verflüssigte Gase können bei Hautkontakt Kälteverbrennungen oder Ver-letzungen verursachen. Beim Umgang sind die seitens des Betriebs festgelegten per-sönlichen Schutzausrüstungen zu tragen.

Dass giftige Gase beim Austritt die Gesund-heit und das Leben der Beschäftigten ge-fährden, ist einzusehen. Aber auch von inerten Gasen wie Stickstoff, Argon oder Kohlendioxid können Gefahren ausgehen, weil bei Undichtigkeit ein unkontrolliertes und selbst ein vergleichsweise langsames Ausströmen des Flascheninhalts den benö-tigten Sauerstoff aus einem Raum verdrän-gen und zur Erstickung führen kann. Daher ist darauf zu achten, dass bei Lagerung und Transport das Flaschenventil fest verschlos-

sen ist, Verschlussmuttern aufgeschraubt und Schutzkappen angebracht sind. Bei Ar-beiten in einem „gefluteten“ Raum ist ein umluft unabhängiges Atemschutzgerät erfor-derlich, weil eine Maske nur gegen Gefahr-stoffe, nicht aber gegen Sauerstoffmangel schützt.

Akut toxische Gase der Kategorien 1, 2 oder 3 (sehr giftige und giftige Gase) wie beispielsweise Chlor, Phosgen, Cyanwas-serstoff (Blausäure), Phosphin, Arsin oder Methylisocyanat müssen unabhängig von der gelagerten Menge unter Verschluss oder so gelagert werden, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben. Diese müssen vom Arbeitgeber bestimmt und unterwiesen werden. Wegen der be-sonders hohen Gefährdung sind bei der Gefährdungsbeurteilung insbesondere die Maßnahmen beim Freiwerden der Gase zu betrachten. Die Beschäftigten sind über die-se Maßnahmen zu unterweisen, und sie sind mit externen Hilfskräften zu üben. Bei der Lagerung in Sicherheitsschränken müssen diese eine technische Lüftung mit einem 120-fachen Luftwechsel haben.

Akut toxische Gase der Kategorie 1 oder 2 dürfen darüber hinaus ab einer Menge von 2,5 Liter nur in Räumen gelagert werden, die

„Gas ist ein nicht-coagulierbarer Spiritus, wie er aus dem gärenden Wein entweicht.“ Der flämische Forscher Johan Baptist van Helmont verwendete 1644 erstmals die Bezeichnung „Gas“ für flüchtige Stoffe – unter Anlehnung an das altholländische Wort „ghoast“ für Geist. Bei der Lagerung von Gasen sollte es heutzutage allerdings weniger gespen-stisch zugehen.

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über eine Gaswarneinrichtung verfügen. Die-se muss bei Überschreitung der zulässigen Arbeitsplatzgrenzwerte akustisch und op-tisch alarmieren. Die Lagerräume müssen schnell zu verlassen sein. Notwendige Si-cherheitsmaßnahmen wie das Mitführen von Atemschutzgeräten sind in der Betriebsan-weisung festzulegen. Atemschutzgeräte sind außerhalb der gefährdeten Bereiche für die Beschäftigten schnell erreichbar aufzube-wahren. Zusätzlich zum Ventilschutz sind die Ventile mit einer Verschlussmutter zu versehen.

Brand- und ExplosionsgefährdungOxidierende Gase wie Sauerstoff oder Chlor

können einen Brand entfachen und verstär-ken. Entzündbare Gase wie Wasserstoff oder Methan bilden mit Luft explosionsfähige Ge-mische. Gase wie Propan oder Butan, die schwerer als Luft sind, verhalten sich ähnlich wie Flüssigkeiten und können bei Undich-tigkeiten in tiefer gelegene Bereiche fließen und sich dort ansammeln. So können in Kel-lern und Schächten explosionsfähige Gas-Luft-Gemische entstehen, die bereits durch die Betätigung eines Lichtschalters gezündet werden können. Entsprechend ist eine Zo-neneinteilung der Umgebung vorzunehmen.

Bei der Lagerung oxidierender oder ent-zündbarer Gase in Sicherheitsschränken

Abb. 1: Mengengestaffelte Anforderungen

H-Satz ab 0 kg ab 2,5 Liter ab 200 kg

H280, H281 Brandschutzmaßnahmen, ausreichende Lüftung.

H330

Lagerung nur in Räumen mit Gaswarneinrich-tung, beim Betreten müssen Atemschutzgeräte mitgeführt werden. Schutzbereiche um Druck-gasbehälter berücksichtigen.

H220, H221

Zugangsbeschränkung, Explosionsschutzmaß-nahmen. Schutzbereiche um Druckgasbehälter berücksichtigen.

Alarm- und Feuerwehr-pläne, Auffangraum bei Flüssiggasen.

H270Zugangsbeschrän-kung, Alarm- und Feuerwehrpläne.

H330, H331 Lagerung nur unter Verschluss

müssen diese eine technische Lüftung mit einem 10-fachen Luftwechsel aufweisen. Aufgrund des hohen Luftwechsels ist eine Zusammenlagerung dieser Gase in einem Schrank gestattet, da nicht unterstellt wer-den muss, dass zwei Flaschen zur gleichen Zeit undicht werden. Dies setzt eine regelmä-ßige Dichtheitsprüfung voraus, z. B. durch schaumbildende Mittel.

Bei einer Lagerung von mehr als 200 kg entzündbarer oder oxidierender Gase sind Brandschutzmaßnahmen wie Alarm- und Feuerwehrpläne erforderlich, bei Flüssig-gasen darüber hinaus ausreichend große Auffangräume.

Mengengestaffelte AnforderungenBei einer Lagerung von weniger als 2,5 Liter ist kein besonderes Lager erforderlich, es sind allerdings die Grundpflichten der siche-ren Lagerung einzuhalten (Abb. 1).

Sofern irgend möglich, sollte die Lagerung von Druckgasflaschen in einem verschlos-senen, witterungsgeschützten „Käfig“ im Freien erfolgen. Alternativ ist die Lagerung in einem Sicherheitsschrank möglich. Eine Lagerung unter Erdgleiche sollte – wenn möglich – vermieden werden (Abb. 2).

Schutzbereiche einrichtenBei giftigen und bei entzündbaren Gasen sind um die Druckgasbehälter Schutzbe-reiche einzurichten, die • bei giftigen Gasen nicht in Flucht- und Ret-

tungswege reichen dürfen und

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• bei brennbaren Gasen als feuergefährde-te Bereiche gelten und in denen Explosi-onsschutzmaßnahmen erforderlich sein können.

Die Schutzbereiche sind erforderlich, wenn ein Freiwerden von Gasen infolge von Un-dichtigkeiten an Anschlüssen und Armaturen oder beim bestimmungsgemäßen Wechseln der Anschlussleitungen nicht ausgeschlos-sen werden kann. Die Abmessungen der Schutzbereiche betragen in Lagerräumen zwei Meter in jede Richtung. Bei Gasen, die schwerer als Luft sind, kann der Schutzbe-reich nach oben auf einen Meter verkürzt werden. Im Freien können die Abmessungen der Schutzbereiche halbiert werden. Bei La-gerräumen mit einer Grundfläche unter 20 Quadratmetern ist der gesamte Raum als Schutzbereich vorzusehen.

Aufwändige Schutzmaßnahmen für die Lagerung in RäumenBei der Lagerung von mehr als 2,5 Liter Ga-sen in Räumen müssen unter anderem fol-gende bauliche Anforderungen erfüllt sein (Abb. 3):• schwerentflammbare Fußbodenbelä-

ge; bei der Lagerung von mehr als fünf Druckgasbehältern mit entzündbaren oder oxidierenden Gasen müssen die Boden-beläge aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen;

• angrenzende Räume getrennt durch feuer-hemmende Bauteile mit einer Feuerwider-standsdauer von mindestens 30 Minuten (F30); wenn dort Brand- oder Explosions-gefahr besteht: feuerbeständige Abtren-nung (F90);

• Außenwände mindestens feuerhemmend (F30), Dacheindeckung ausreichend wi-derstandsfähig gegen Flugfeuer und strah-lende Wärme;

• ausreichende Be- und Entlüftung; bei der Anordnung der Lüftungsöffnungen muss die Dichte der Gase berücksichtigt wer-den. Ist eine ausreichende natürliche Lüf-tung nicht sicherzustellen, ist eine tech-nische Lüftung vorzusehen;

• keine Gruben, Kanäle oder Abflüsse zu Ka-nälen ohne Flüssigkeitsverschluss, keine Kellerzugänge oder sonstige offene Ver-bindungen zu Kellerräumen, keine Öffnun-gen in Wänden und Decken zu anderen Räumen, keine Reinigungs- oder andere Öffnungen von Schornsteinen. Diese An-forderung gilt auch bei der Lagerung von Schwer- und Flüssiggasen im Freien.

In Arbeitsräumen dürfen Druckgasbehälter nur in geeigneten Sicherheitsschränken mit einer Feuerwiderstandsdauer von mindes-tens 30 Minuten gelagert werden. Ausge-nommen sind betriebsbereite Acetylen- und Sauerstoffflaschen, die auf Schweißerwa-gen vorgehalten werden. Räume, in denen Druckgasflaschen aufgestellt sind, müssen mit dem Warnzeichen W019 „Warnung vor Gasflaschen“ gekennzeichnet sein.

Lager im FreienDer geringste Aufwand besteht bei Lagern im Freien. Hier müssen lediglich benach-barte Anlagen und Einrichtungen, von de-nen eine Brandgefährdung ausgehen kann, einen Abstand von mindestens fünf Meter um die Druckgasbehälter einhalten. Der Abstand kann durch eine mindestens zwei Meter hohe und ausreichend breite Schutz-wand aus nichtbrennbaren Baustoffen er-setzt werden.

Die „Zusammenlagerungsampel“Sofern keine anderen Eigenschaften vorrangig zu berücksichtigen sind, fallen Gase formal in die Lagerklasse (LGK) 2 A:

BG RCI.magazin 3/4 2016BLICKPUNKT

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Sollen Gase mit anderen Gefahrstoffen zusammengelagert werden, so ist ab ei-ner Gesamtmenge von 400 kg (maximal 200 kg pro Lagerklasse) zu beachten, dass eine Zusammenlagerung von Gasen nur er-laubt ist mit• nicht brennbaren ätzenden Stoffen (LGK

8 B) sowie• nicht brennbaren Flüssigkeiten und Fest-

stoffen der LGK 12 oder 13.

Eine Zusammenlagerung von Gasen mit Aerosolen (LGK 2 B), brennbaren ätzenden Stoffen (LGK 8 A) sowie Stoffen der LGK 11 bzw. 10–13 ist in Räumen nur zulässig, wenn• maximal 50 gefüllte Druckgasbehälter ge-

lagert werden (darunter nicht mehr als 25 gefüllte Druckgasbehälter mit entzündba-ren, oxidierenden oder akut toxischen, mit H331 gekennzeichneten Gasen),

• diese durch eine mindestens zwei Meter hohe Wand aus nichtbrennbaren Baustof-fen abgetrennt sind und

• zwischen der Wand und den brennbaren Stoffen ein Abstand von mindestens fünf Meter eingehalten wird.

Für die Zusammenlagerung verschiedener Gase bestehen bei einem Lager im Freien keine Einschränkungen. In einem Lager-raum dürfen gemeinsam gelagert werden:• inerte Gase mit anderen Gasen in belie-

biger Menge,• bis zu 150 Druckgasbehälter oder 15

Druckfässer entzündbare, oxidierende und akut toxische, mit H331 gekennzeich-nete Gase,

• bis zu 150 Druckgasbehälter oder 15 Druckfässer entzündbare und oxidie-rende Gase, dazu bis zu 15 Druckgasbe-hälter oder ein Druckfass akut toxische, mit H330 gekennzeichnete Gase.

Zwischen Druckgasbehältern mit entzünd-baren und oxidierenden Gasen muss ein Abstand von mindestens zwei Meter ein-gehalten werden.

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3/4 2016 BG RCI.magazin BLICKPUNKT

Kennzeichnung von GasenBei Gasen handelt es sich um Stoffe, die bei 50 Grad Celsius einen Dampfdruck von min-destens 300 kPa (3 bar) aufweisen oder bei 20 Grad und einem Standarddruck von 101,3 kPa vollständig gasförmig sind. Wasserstoff und das von Helmont erwähnte CO2 sind so-mit Gase. Beim Tanken von Benzin dagegen entweichen die verdampfenden Komponen-ten des Ottokraftstoffes, die man beim Tank-vorgang deutlich riechen kann. Für diese gilt die Definition für Gase nicht, es handelt sich somit um Dämpfe, für die andere Regelun-gen gelten (Abb. 4).

Bei entzündbaren und bei giftigen Gasen entfällt auf Druckgasflaschen die Kennzeich-nung mit dem Piktogramm GHS04.

Dr. Joachim Sommer, BG RCI, Heidelberg

Gefahrenklasse GHS- Piktogramm H-Satz Transportzettel

Gase, unter Druck verdichtet, verflüssigt, tiefgekühlt ver flüssigt, gelöst

H280:Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung explo-dieren.Oder H281:Enthält tiefgekühltes Gas; kann Kältever-brennungen oder Verletzungen verur-sachen.

Oxidierende Gase

Zusätzlich H270:Kann Brand verursa-chen oder verstär-ken; Oxidations-mittel.

Entzündbare Gase, Kategorie 1

Zusätzlich H220:Extrem entzündbares Gas.

Akute Toxizität, Kategorie 1 und 2

Zusätzlich H330:Lebensgefahr bei Einatmen.

Akute Toxizität, Kategorie 3

Zusätzlich H331:Giftig bei Einatmen.

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Abb. 4: Piktogramme

Informations- und Unterweisungs materialWeitere Informationen zum Thema „La-gerung von Gasen“ finden sich in den BG RCI-Merkblättern M 062 „Lagerung von Gefahrstoffen“ und M 063 „Lage-rung von Gefahrstoffen – Antworten auf häufig gestellte Fragen“ sowie unter gase.bgrci.de. Als Unterwei-sungshilfen können die Sicherheits-kurzgespräche SKG 004 „Umgang mit Druckgasflaschen im Labor“ und SKG 006 „Umgang mit Druckgasflaschen in Betriebslägern“ verwendet werden.

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BG RCI.magazin 3/4 2016BLICKPUNKT

Eine praktikable Unterteilung erfolgt nach ISO in freie Nanoobjekte und in gebunde-ne Strukturen. Zu den Nanoobjekten zäh-len Filme und Plättchen, Röhrchen, Stäbe und Drähte sowie die Nanopartikel. Dabei haben die Filme und Plättchen eine Dimen-sion – eine Dicke – zwischen ca. 1 nm und ca. 100 nm (Nanometern). Die Grenzen sind aus physikalischen und chemischen Grün-den nicht scharf zu ziehen. Länge und Breite sind nur durch die Herstellungsverfahren be-grenzt. Röhrchen, Stäbe und Drähte liegen mit zwei Dimensionen in diesem kleinen Be-reich, können aber eine unbegrenzte Länge aufweisen. Partikel, also mehr oder weniger sphärische Körper, liegen dagegen mit allen drei Raumdimensionen im Nanobereich.

stream usern“ und Endverbrauchern. Nano-strukturen sind für die Funktionalität und Eigenschaften einer Vielzahl von Materialien und Produkten von Relevanz. Je nachdem, wie weit man den Begriff der Nanotechno-logien fasst, sind sie für die Erwirtschaftung von bis zu einem Drittel des Bruttoinlands-produkts bestimmend. Dies wird verständ-lich, wenn man beispielsweise den Bereich der Informationstechnologien betrachtet, deren Arbeitsstrukturen oft im Nanobereich angesiedelt sind. Bereits umgesetzte oder realisierbare Anwendungen betreffen wich-tige Bereiche aktueller Menschheitsfragen, beispielsweise in der Energiewirtschaft, der Medizin oder der Trinkwasserversorgung. Solche Anwendungen sind kaum verzicht-bar, so dass es unvermeidlich erscheint, dass sich auch der Arbeitsschutz damit auseinanderzusetzen hat.

Die Vielfalt der angesprochenen Strukturen ist enorm. Stärker als in der klassischen Mo-lekülchemie, bei der die Struktur des Mole-küls selbst im Vordergrund steht, sind hier Effekte infolge der Wechselwirkung und Or-ganisation von Molekülen oder Atomen zu bestimmten Materialien von ebenso großer Bedeutung. Deshalb ist die Zahl herstell-

barer Nanomaterialien außerordentlich hoch. Wenn davon auch nur ein Bruchteil tatsächlich hergestellt und davon wiederum ein noch geringerer Teil auf medizinische oder technische Einsatzmöglichkeiten hin untersucht wird, so ist das Feld noch immer außerordentlich weit.

Den Phänotyp „Nanomaterial“ oder „Na-nopartikel“ kann es daher nicht geben. Er-kenntnisse, die an einem Beispiel gewon-nen werden, lassen sich nicht einfach auf alle anderen übertragen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bei einem so komple-xen Zusammenhang Aussagen über mögli-che Risiken nicht leicht abzuleiten sind. Für die Gefährdungsbeurteilung bedeutet dies, dass hier Maßnahmen auf der Grundlage lückenhafter Daten getroffen werden müs-sen, und zwar so, dass keine unvertretbaren Risiken zu erwarten sind. Der Verwender ist damit oft überfordert und daher auf Hilfe-stellungen angewiesen.

Mit der Bekanntmachung zu Gefahrstoffen (BekGS) 527 des Bundesarbeitsministeri-ums kann nun das breite Feld in vernünf-tig anzunehmende Kategorien eingeteilt werden:

Beiträge aus dem „Schlema VIII“ – Gefahrstoffsymposium 2015

Nanomaterialien in der Gefährdungsbeurteilung – Wohin geht die Reise?Von Dr. Thomas H. Brock

Nanomaterialien (NM) sind die Zielmaterialien der Nanotechnologie – besser: der Nanotechnologien –, stellen sie doch einen ganzen Werkzeugkasten verschiedener Verfahren dar, die als Querschnittstechnologie(n) in viele Diszipli-nen, von der Chemie über die Medizin bis in die Ingenieurwissenschaften, hineinreichen. Selbst politische und philo-sophische Fragestellungen sind hier zu bearbeiten.

Nanoobjekte

· Nanoplättchen· Nanostäbchen· Nanopartikel

Nano-strukturierte Materialien

· Nanokomposite· zusammengesetzte

Nanomaterialien· Materialien mit nanoskaliger

Oberflächenstruktur

Nanomaterialien

Nanomaterialien finden seit etlichen Jahren kontinuierlich Einzug bei Herstellern, „down-

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Kat. I: Lösliche NM ohne spezifische toxische Eigenschaften

Kat. II: Lösliche NM mit spezifischen toxischen Eigenschaften

Kat. III: Granuläre biopersistente Stäube ohne spezifische toxische Eigen-schaften

Kat. IV: Faserförmige NM

Mit dieser Kategorisierung ist es möglich, systematisch an die Gefährdungsbeurtei-lung von Nanomaterialien heranzugehen. Dabei werden nicht nur Daten zu möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit benötigt, sondern auch solche zum Brand- und Ex-plosionsschutz, zudem Informationen zum chemischen Verhalten, beispielsweise un-erwarteten katalytischen Effekten. Eine wei-tere Größe ist für das Ergreifen von Maß-nahmen von besonderer Bedeutung: das Staubungsverhalten. Chemisch sehr ähn-liche Stoffe können, bezogen auf die Bil-dung von Staub, ein sehr unterschiedliches

und schlecht vorherzusagendes Verhalten aufweisen. Entsprechende Bestimmungen können hier Klarheit bringen, beispielswei-se im Fallrohr.

Zu den Effekten auf die Gesundheit liegt inzwischen eine große Zahl von Veröffent-lichungen vor, die jedoch kein einheitliches Bild ergeben. Das ist unter anderem durch die Komplexität der Fragestellungen begrün-det. Ein Verständnis der Wirkungsmechanis-men im Detail ist bislang nicht gegeben. Die erste Systematisierung in der BekGS 527 ist aber wohl begründet und guten Gewissens durchführbar.

Liegen ausreichend Daten vor, die im Sicher-heitsdatenblatt dokumentiert sein sollten, kann auf dieser Basis eine klassische Ge-fährdungsbeurteilung unter Festlegung der jeweils wirksamen Maßnahmen vorgenom-men werden. Dieses Vorgehen unterschei-det sich nicht grundlegend von dem für an-dere Stoffe.

Häufig werden jedoch Datenlücken beste-hen. Hier ist das Nanomaterial nach den Ka-tegorien der BekGS 527 einzuordnen. Die-sen können wirksame Schutzmaßnahmen zugeordnet werden, beispielsweise durch Vergleich mit dem Vorgehen bei ähnlichen Gefährdungen. So wird man bei Nanomate-rialien der Kategorie I meist keine besonde-ren Maßnahmen ergreifen müssen, bei sol-

chen mit toxischen Eigenschaften dagegen ein Schutzniveau wählen, das auch andere toxische Stoffe erfordern. Dies könnte zum Beispiel der Einsatz einer nicht staubenden Verwendungsform oder einer gekapselten und abgesaugten Sackaufgabemaschine sein.

Im Bereich der Forschung und Entwicklung handelt es sich oft um wenig untersuchte oder auch neue Stoffe, für die eine solche Einordnung nur teilweise oder gar nicht vor-zunehmen ist. Ist beispielsweise bekannt, dass die Herstellung eines neuen Materials vermutlich faserförmige Nanoobjekte erge-ben hat (dies wird durch die anschließende Charakterisierung bestätigt oder widerlegt), so ist sicher eine Einordnung in die Katego-rie IV der BekGS 527 bis zu einer anders lau-tenden Erkenntnis anzuraten. Ebenso kann von einer ausreichend schnellen Löslichkeit nur ausgegangen werden, wenn dies theo-retisch begründet ist oder nachgewiesen wird (Stäbchen aus einem leicht löslichen Salz beispielsweise sind aller Voraussicht nach auch leicht löslich, sofern nicht an-derweitig verändert).

Ansonsten handelt es sich um Fasern, die mit besonderer Vorsicht zu handhaben sind. Auch Kontaminationen des Arbeitsbereichs müssen vermieden werden, um nicht eine lang andauernde Gefährdung (und eine Beeinträchtigung experimenteller Arbei-

Gute Datenlage

NM-bezogene GB

Entsprechend Gruppe I bis IV

Annahmen giftig,

brennbar

Angepasste Maßnahmen

Maßnahmen nach Kategorie

Forschungs - stoffe

Daten- lücken

Neue NM

Hintergrundbild: Graphenmolekül. Abb.: bgrci

Ableitung von Maßnahmen

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BG RCI.magazin 3/4 2016BLICKPUNKT

ten und Messergebnisse) hervorzurufen. Für den Laborbetrieb liegen umfangreiche Publikationen und Hilfestellungen vor, die es seit vielen Jahren in bewährter Weise er-möglichen, sicher mit den verschiedensten – auch sehr kritischen – Stoffen zu arbeiten. Neben dem Grundwerk der „Laborrichtlini-en“ („Sicheres Arbeiten in Laboratorien“, DGUV-I 213850 und 213851, auch unter www.laborrichtlinien.de und unter www.guide-linesforlaboratories.de) liegen besondere Hilfestellungen mit der „Handhabung von Nanomaterialien in Laboratorien“, DGUV-I213-853 und 213854, vor. Beide sind in Deutsch und Englisch verfügbar. Ergänzt werden diese Publikationen durch ein inter-aktives Lernprogramm („Nanorama Labor“, ebenfalls in Deutsch und Englisch verfügbar unter nano.dguv.de/nanoramen), ein Ge-meinschaftsprojekt von DGUV, der Schwei-zer Innovationsgesellschaft und der BG RCI, Labor Leuna des Referats Gefahrstoffe, Bio-stoffe und Analytik.

Die Gefährdungsbeurteilung wird unter-stützt durch Messungen am Arbeitsplatz. Da die volle Charakterisierung der Nanofrak-tion im Staub recht aufwendig ist, ist hierzu ein gestuftes Vorgehen entwickelt und all-seits abgestimmt worden. Es beginnt mit der einfachen Ermittlung, ob überhaupt Be-darf an weitergehenden Untersuchungen besteht, und erstreckt sich je nach erkenn-barer Größe des Problems auf aufwendigere Verfahren. Während der Einstieg auch von Nicht-Spezialisten schon mit begrenztem

Aufwand zu bewältigen ist, erfordern die komplexeren Verfahren nicht nur spezielle Erfahrungen, sondern auch teuere Mess-technik und ein entsprechend ausgestat-tetes Laboratorium.

Um ein dem Problem angemessenen Mess-aufwand zu treiben, ist ein gestuftes Vorge-hen zu empfehlen. Dazu ist eine Handlungs-anleitung veröffentlicht worden. Sie erlaubt es, mit geringem Aufwand in die Ermittlung einzusteigen, und nur dann, wenn es ange-zeigt erscheint, die dann erforderliche kos-tenintensive Mess- und Analysentechnik einzusetzen. Auch genügen für den Einstieg Grundkenntnisse zur Ausführung der ersten Messungen mit einfachen Geräten. Mit stei-gendem Aufwand sind vertiefte Fachkennt-nisse erforderlich. Vergleichende Messun-gen am Institut für Gefahrstoff-Forschung der BG RCI in Bochum zeigen, dass auch zunächst nur orientierende Messungen ver-wendbare Messwerte ergeben.

Der Werkzeugkasten der etablierten Schutz-maßnahmen ist nach den vorliegenden Er-fahrungen auch für die Beherrschung von Gefährdungen durch Nanomaterialien aus-reichend bestückt. Die Reise geht indes zu „intelligenteren“ Nanomaterialien, die aktiv mit ihrer Umgebung in Wechselwirkung ste-hen. Dazu zählen beispielsweise Prozesse der Selbstorganisation. Auch die syntheti-sche Biologie bedient sich Methoden der Nanotechnologie. Ob Überlegungen, dass sich entsprechend gestaltete Nanoeinheiten

auch selbstständig reproduzieren können, tatsächlich in die Realität führen, ist zweifel-haft, aber nicht auszuschließen. Der Arbeits-schutz muss dann auch auf solche Gefähr-dungen, die wiederum eine neue Qualität aufweisen, angemessen reagieren können. Angesichts der Maßnahmen, die auch im biologischen Arbeitsschutz bewährt sind, scheint dies möglich zu sein. Die Angst vor dem „grey goo“, der die Welt unter einer Schicht aus selbst reproduzierten Nanobots erstickt, ist sicher unbegründet.

Für die Gefährdungsbeurteilung von Nano-materialien und die Wirksamkeit der Maß-nahmen gilt wie in vielen anderen Fällen auch, dass die besten Maßnahmen nichts oder zu wenig nützen, wenn sie nicht oder falsch angewandt werden. Der Erfolg steht und fällt mit einer geeigneten Kommunikati-on, die – auf den Adressaten zugeschnitten – die teilweise schwierigen Sachverhalte so vermittelt, dass sie nicht nur verstan-den, sondern auch in ihren Konsequenzen umgesetzt werden. Als Unterstützung kön-nen hier die Nanoramen Bau, Kfz-Werkstatt und Labor dienen. Sie erlauben es, in einer virtualisierten Arbeitsumgebung verschie-dene Arbeitsverfahren und die damit ver-bundenen Gefährdungen und Schutzmaß-nahmen kennenzulernen (nano.dguv.de/nanoramen).

Dr. rer. nat. Thomas H. BrockBG RCI, Referat Gefahrstoffe, Biostoffe und Analytik,Heidelberg

Schutzmaßnahmen im Labor. Foto: dguv Ringversuch im NanoTestCenter des IGF-Technikums in Dortmund: Stationäre Nanopartikelmessgeräte in der Sedimentationskammer. Foto: bgrci/IGF

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Menschen für Maschinen – Maschinen für MenschenForum protecT 2016 in Magdeburg / Ein Tagungsbericht

„Menschen für Maschinen? Maschinen für Menschen!“ – so lautete das Motto der zweiten Ausgabe des Forum protecT vom Februar in Magdeburg. Etwa 300 Unternehmensvertreter waren der Einladung der BG RCI gefolgt. Wie schon Ende 2015 in Bad Wildungen ging es auch diesmal um die Zukunft sicherer, gesunder Arbeit in einer sich immer stärker vernetzenden Industriewelt.

„Es war spannend zu sehen, was in ande-ren, teilweise auch ganz fremden Branchen los ist – und dass wir im Grunde alle vor denselben Aufgaben stehen“, lautete das Fazit eines Forumsteilnehmers aus der che-mischen Industrie. Stärker als jemals zuvor sind Anlagen und Gerätschaften aktiv in ganzheitliche Arbeitssicherheitskonzepte einbezogen, die neben der Technik auch die Räumlichkeiten, Produktionsprozesse und Kommunikationsstrukturen umfassen. Eine Maschine muss sich in solche Konzepte ein-fügen. Sie ist nur dann die Investition wert, wenn sie den Menschen dabei unterstützt, sicher und gesundheitsschonend zu arbei-ten, hieß es auf der Veranstaltung.

Vision Zero – Basis der PräventionsarbeitWolfgang Pichl, stellv. BG RCI-Präventi-onsleiter, legte in seiner Einführung den Schwerpunkt auf die neue, auf zehn Jahre angelegte Präventionsstrategie des Unfall-versicherungsträgers. Obwohl sie noch recht neu sei, hätten sich bereits viele Betriebe die Botschaften auf die Fahne geschrie-ben, denn, so unterstrich Pichl, Arbeits-schutz lohne sich auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Wer sich unter den Forumsteilneh-mern von den „Visionen“ noch nicht hat-te anstecken lassen, dem zeigte die Prä-sentation von Matthias Stenzel, ebenfalls BG RCI, wie Vision Zero im Betrieb umsetzbar ist – nämlich mit Hilfe eines praxisorientier-ten Leitfadens, der zusammen mit der Stra-tegiebroschüre auf jedem Platz im Plenum bereitlag. Dass man schon mit einfachen, praktischen Maßnahmen seine eigene Ge-sundheit auch am Arbeitsplatz fördern kann, erlebte das Publikum – nach anfänglichem Zaudern – bei einigen Ausgleichsübungen, zu denen Helmut Nold, Gesundheitsexperte der Berufsgenossenschaft, die Teilnehmen-den zwischendurch animierte.

Theorie und PraxisDie Inhalte der Betriebssicherheitsverord-nung legte Prof. Ralf Pieper von der Bergi-schen Universität Wuppertal dar, um an die Grundlagen der Arbeitssicherheit zu erinnern. Was Industrie 4.0 für den Arbeitsschutz be-deutet, umriss Dr. Michael Huelke vom Insti-tut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzli-chen Unfallversicherung, DGUV. Er und auch Wortmeldungen aus dem Plenum machten deutlich, wie sehr es bei der digitalen Ver-netzung darauf ankommen wird, Sicherheit und Gesundheit von Anfang an zu integrieren. Das werde letztlich darüber bestimmen, wie „menschlich“ die Industrie von morgen sich darstellen werde, hieß es. Denn auch künftig seien die Mitarbeiter das wertvollste Kapital eines Unternehmens.

Sicherheit heute und morgenAuf der praktischen Seite wurde auch das heikle Thema „Sicht“ bei Erdbaumaschinen angesprochen. Einhellige Meinung der Vortra-genden und des Publikums: Die werksseitige Ausrüstung neuer Maschinen mit Rundum-sicht-Systemen muss Pflicht werden. Wie Er-gonomie und Produktionssteigerungen Hand

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in Hand gehen, zeigte außerdem Peter Häm-merle am Beispiel der Girsberger GmbH, ei-nem Möbelbau-Unternehmen.

Zum Abschluss nahm Zukunftsexpertin Co-rinna Mühlhausen von der Hamburger Agen-tur Trendcoach/Fritz Classen das Plenum mit in zukünftige Arbeitswelten. Mühlhau-sen beleuchtete zunächst den Wertewandel in Gesellschaft und Arbeitswelt und analy-sierte die Ansprüche von Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmern unterschiedlichen Alters. Schließlich stellte sie Firmen vor, die in kommunikativer wie sozialer Hinsicht bereits eine neue, „menschliche“ Unternehmenskul-tur etabliert haben. Ihr Resümee: Autoritäre Strukturen sind passé, sie müssen ersetzt werden durch flache Hierarchien, aktive Mitar-beiterbeteiligung, flexiblere Arbeitszeitmodel-le und entsprechende Produktionsprozesse.

Workshops zu den Themen „Die menschli-chen Sicherheitsressourcen besser nutzen“, „Ergonomie bei Montage und Wartung“ und „Menschen verändern Maschinen“ rundeten das Forums-Angebot ab.

Markus Hofmann, Hildesheim

Fast 300 Gäste aus allen Branchen der BG RCI nahmen am Forum in Magdeburg teil.

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BG RCI.magazin 3/4 2016AUS DER PRAXIS

Praxishandbuch Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in der Baustoffindustrie

Jetzt auch online

Online-Version bietet VorteileUm es für den mobilen Einsatz noch bes-ser nutzbar zu machen, hat die BG RCI eine Online-Version des Handbuchs entwickelt. Sie bietet eine Reihe von Vorteilen:• kompakte Information,• übersichtliche Gliederung,• individuell zusammenstellbar als Unter-

weisungshilfe.

Das Praxishandbuch online unterstützt Sie mit ganz neuen Möglichkeiten bei der Prä-ventionsarbeit. Jedes Thema ist jetzt auf allen mobilen Endgeräten aufrufbar.

Alle Informationen und Illustrationen zu Gefährdungen und Schutzmaßnahmen sind zudem so aufbereitet, dass Sie durch An- und Abwählen eine individuelle Unter-weisungshilfe erstellen können – so, wie Sie es in Ihrem Betrieb gerade benötigen.

Die Unterweisungshilfe wird als PDF aus-gegeben, so dass Sie sie• entweder ausdrucken,

• für Präsentationen mit dem Beamer nut-zen oder

• zur weiteren Verwendung auf Ihrem Com-puter, Tablet oder Smartphone speichern können.

Darüber hinaus ist es auch möglich, bei der Auswahl mehrere Themen miteinander zu verknüpfen.

Mit Hilfe des PDF-Konfigurators in der rech-ten Bildschirmspalte können, wie bereits angedeutet, aus jedem Thema individuelle Unterweisungshilfen erstellt oder mehrere Themen als eine Unterweisungshilfe mitei-nander verknüpft werden. Sie können da-bei sowohl die Textinformationen als auch die Illustrationen nutzen. Dazu müssen Sie zunächst den PDF-Konfigurator aktivieren und ein Thema auswählen. Dann können Sie per Mausklick sämtliche Inhalte und Bilder auswählen. In einem Extrafenster sehen Sie, welche Elemente Sie gewählt haben. Wenn Ihre Auswahl abgeschlossen ist, können Sie ein PDF erstellen. Eine Kurz-anleitung zum Konfigurator bietet Ihnen alle wesentlichen Funktionen auf einen Blick.

Sie finden das neue Angebot auf der In-ternetseite der BG RCI unter http://praxis-handbuch-baustoffe.bgrci.de oder mit dem abgebildeten QR-Code.

Martin Böttcher, BG RCI, Langenhagen

Das „Praxishandbuch Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in der Baustoffindustrie“ beschreibt die Arbeitsver-fahren, Maschinen und Anlagen in diesem Gewerbezweig. Es weist auf die wichtigsten Gefährdungen hin und nennt praxistaugliche Maßnahmen zu deren Vermeidung. Als Nachschlagewerk für Führungskräfte, Planer und weitere Inte-ressierte aus dem Bereich der Baustoffindustrie hat es sich bereits bestens bewährt.

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Das Praxishandbuch ist in sieben Kapi-tel gegliedert. Jedes Thema ist individuell nummeriert und online über eine Suchfunk-tion zu finden. Der Aufbau der Themen ist jeweils gleich und in die Abschnitte „Ge-fährdungen“, „Schutzmaßnahmen“ und „weiterführende Hinweise“ eingeteilt.

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3/4 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS

Hoffmann Mineral und Sonax

Erfolgreiches Gütesiegel-ReauditHoffmann Mineral, Hersteller von Spezialpro-dukten aus Kieselerde, und Sonax, Produzent von Autopflegemitteln, sind nicht nur Marktführer in ih-ren Geschäftsbereichen. Sie haben auch zum drit-ten Mal in Folge das Verfahren zum BG RCI-Gütesie-gel „Sicher mit System“ erfolgreich absolviert.

Mit dem Bewertungsprozess zur Erlan-gung des Siegels erhält ein Unternehmen die Chance, seine gesamte Arbeitsschutz-organisation zu optimieren. Dabei werden Schwachstellen erkannt und beseitigt, das Risiko von Unfällen und Betriebsstörungen wird deutlich reduziert und die betriebliche Effektivität verbessert.

Beim jüngsten Reaudit erbrachten die bei-den BG RCI-Mitgliedsunternehmen aus Neu-burg an der Donau mit zusammen rund 500 Beschäftigten den Nachweis einer kontinu-

Nationale Präventionskonferenz verabschiedet Bundesrahmen empfehlungen

Mit den Bundesrahmenempfehlungen wer-den als gemeinsame Ziele „gesund aufwach-sen“, „gesund leben und arbeiten“ und „gesund im Alter“ definiert. Durch diese Orientierung am Lebenslauf sollen alle Men-schen mit lebensweltbezogener Prävention erreicht werden – von Maßnahmen in Kin-dergärten und Schulen über Gesundheits-förderung in Betrieben und Präventionsar-beit in kommunalen Einrichtungen bis hin zu entsprechenden Aktivitäten in Pflegeein-richtungen.

Zielgruppen sind neben Familien, Kindern, Jugendlichen, Azubis, Studierenden, Berufs-tätigen, Arbeitslosen und Ehrenamtlichen auch Pflegebedürftige, die zu Hause oder in stationären Einrichtungen betreut werden, sowie die pflegenden Angehörigen.

„Mit den Bundesrahmenempfehlungen liegt nun eine gute, erstmals trägerübergreifen-de Basis vor, die jetzt gemeinsam mit den Akteuren vor Ort mit Leben gefüllt werden muss, damit sie die gewünschte nachhaltige Wirkung erzielen kann“, so Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes und amtierender Vorsitzender der NPK.

„Wichtig ist jetzt, die Strategien für den Ver-sicherten im Rahmen von trägerübergreifen-den Projekten erlebbar zu machen“, ergänzt Arnd Spahn, alternierender Vorstandsvorsit-zender der Sozialversicherung für Landwirt-schaft, Forsten und Gartenbau.

Im Herbst dieses Jahres werden die Inhalte der Bundesrahmenempfehlungen im Rah-men des ersten Präventionsforums mit einer

Die mit dem Präventionsgesetz im Sommer 2015 eingeführte Nationale Präventionskonferenz (NPK) hat erstmals bun-deseinheitliche trägerübergreifende Bundesrahmenempfehlungen zur Gesundheitsförderung in Lebenswelten und Betrieben verabschiedet. Damit hat das von gesetzlicher Kranken-, Unfall-, Renten- und Pflegeversicherung getra-gene Gremium die Voraussetzungen für den Start der nationalen Präventionsstrategie geschaffen und eine gesetz-liche Kernaufgabe umgesetzt.

ierlichen Verbesserung ihres Arbeitsschutz-managementsystems seit dem ersten Güte-siegelverfahren vor nunmehr sieben Jahren.

Bei der Verleihung der Urkunden als Aner-kennung für das erfolgreiche Reaudit dankte Ulrich Kretschmer vom BG RCI-Präventions-zentrum Nürnberg den Firmenverantwortli-chen für ihr Engagement im Arbeitsschutz. Er verband dies mit der Vorstellung der neu-en BG RCI-Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“. Hoffmann Mineral und Sonax hätten mit dem Aufbau

Bereits zum dritten Mal ausgezeichnet mit dem BG RCI-Gütesiegel „Sicher mit System“: Man-fred Hoffmann, Geschäftsführer und Firmeninhaber von Hoffmann Mineral und Sonax (3.v.r.), mit Vertretern der beiden Unternehmen und der Berufsgenossenschaft. Foto: Hoffmann Mineral

ihres Arbeitsschutzmanagementsystems die besten Voraussetzungen geschaffen, auch die Ziele dieser Strategie zu erreichen, sagte Kretschmer.

Manfred Hoffmann, Geschäftsführer und Firmeninhaber, und Dr. Christian Seeger von der Geschäftsleitung unterstrichen, in welch großem Umfang die grundlegenden Arbeits- und Gesundheitsschutzziele schon seit langem in den Firmenrichtlinien doku-mentiert und mit Leben erfüllt seien. k/nul

breiten Fachöffentlichkeit diskutiert. „Die Bundesrahmenempfehlungen sind als ler-nendes System zu verstehen. Bestärkung der Menschen, ihre Gesundheitspotenziale auszuschöpfen, Auf- und Ausbau gesund-heitsfördernder Strukturen und Verminde-rung sozial bedingter Ungleichheit bei den Gesundheitschancen – um diese Ziele zu erreichen, müssen und werden die Bun-desrahmenempfehlungen kontinuierlich weiterentwickelt“, so Gundula Roßbach, Direktorin der Deutschen Rentenversiche-rung Bund.

2019 wird die Nationale Präventionskon-ferenz erstmals den im Vierjahresturnus erscheinenden trägerübergreifenden Prä-ventionsbericht vorlegen. dguv/nul

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BG RCI.magazin 3/4 2016AUS DER PRAXIS

Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH – MIBRAG

Gütesiegel zum 5. Mal in FolgeErstmals wurde auch das Betriebliche Gesundheitsmanagement zertifiziert

„Sicheres Verhalten ist für jeden wichtig!“ – unter diesem Slogan haben die MIBRAG und ihr Bereich Arbeits-, Gesundheits- und Brandschutz den Startschuss gegeben für das neue Sicherheitsprogramm 2020. Es sieht ein Bündel von Maßnahmen vor, das die Sicherheitsarbeit der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH in den kom-menden Jahren begleiten und unterstützen wird. Damit alle wichtigen Informationen, beispielsweise auch Unterweisungsthemen, die rund 3.100 Beschäftigten erreichen, wur-de der Intranet-Auftritt des Unternehmens neu gestaltet. Viele Betriebsbereiche arbei-ten bereits unfallfrei. Für deren Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter gab es als Anerkennung ein kleines Geschenk und ein Essen.

Um das Bewusstsein für die Themen der Arbeitssicherheit und des Gesundheits-schutzes zu schärfen, führte das in Zeitz, Sachsen-Anhalt, beheimatete Unterneh-men in Zusammenarbeit mit der BG RCI im vergangenen Jahr einen mehrmonatigen Sicherheitswettbewerb durch. Er gipfelte in der sich anschließenden Zertifizierung durch das BG RCI-Gütesiegel „Sicher mit System“. Es ist gültig bis Ende 2018. Bereits zum fünf-

ten Mal in Folge absolvierte das Unterneh-men die Auditierung mit Erfolg. Gleichzeitig wurde auch das Betriebliche Gesundheits-management zertifiziert. Damit ist die MI-BRAG das erste Bergbau-Unternehmen, das ein durch die Berufsgenossenschaft zertifi-ziertes Gesundheitsmanagement nachwei-sen kann.

In der neuerlichen Zuerkennung des Gütesie-gels spiegele sich die Leistung vieler, sagte der für Personalfragen zuständige MIBRAG-Geschäftsführer Heinz Junge. Insbesondere die Beschäftigten des Bereichs „Technische Dienste Maschinentechnik“ hätten eine he-

rausragende Leistung gezeigt und maßgeb-lichen Anteil am Erfolg. Junge appellierte in diesem Zusammenhang an alle Mitarbeiter, bei der Arbeit genau hinzuschauen und auch auf den Kollegen nebenan zu achten. Auch die Ausrüstung werde weiterhin überprüft, um die Arbeiten sicher ausführen zu können. Darüber hinaus werde es im Gesundheits-management und bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch künftig keine Abstri-che geben. Allerdings sei eine stärkere Teil-nahme an der jährlichen Gesundheitswoche wünschenswert. „Hier sieht die Geschäfts-führung noch Potenzial“, unterstrich der Ar-beitsdirektor. nul

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Massenverteiler im Tagebau Profen. Foto: Christian Bedeschinski

Geologe Carsten Preuß (l.) und Tech-nologe Karl-Heinz Exner im Tagebau Profen. Foto: Jens Schlüter

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Corporate Health Award 2015

RAG-Gesundheits management ausgezeichnet

Die RAG in Herne bündelt seit 1998 sämtli-che Aktivitäten des heimischen Steinkohlen-bergbaus. Das Gesundheitsmanagement-system des Unternehmens läuft unter der Bezeichnung „… in Form“. Ausdrücklich loben die Auditoren das vorbildliche En-gagement der RAG für die Gesundheit aller Beschäftigten. So sei es bemerkenswert, mit welcher Motivation und Tatkraft vor dem Hintergrund des auslaufenden Bergbaus eine Gesundheitskultur im Unternehmen gepflegt werde, hieß es.

Bereits zum vierten Mal nahm die RAG am CHA teil. Die Auszeichnung, die das Han-delsblatt, der TÜV Süd und EuPD Research jährlich ausschreiben, gilt als eins der wich-tigsten Zertifizierungen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Zur Bewertung wurde ein Qualitätsmodell entwickelt, das wissenschaftlichen Anspruch und Prakti-kabilität verbindet. Bei verschiedenen Au-dits erfolgen Bewertungen in den Kategorien Strategie, Struktur und Gesundheitsförde-rung. Anschließend nimmt das CHA-Exper-tengremium Begutachtungen und Einteilun-gen in Leistungsklassen vor.

Bei der jüngsten Vergabe des Corporate Health Awards (CHA) hat eine Fachjury das Betriebliche Gesundheitsmanage-ment der RAG Aktiengesellschaft mit einem Exzellenz-Zertifikat ausgezeichnet.

Im Vergleich zum Vorjahr konnte die RAG ihr Ergebnis sogar um 4,2 Prozentpunkte auf 96,2 Prozent erhöhen. Dazu Reiner Jung, Leiter der RAG-Abteilung Gesundheitsschutz und Arbeitsmedizin: „Das ist ein absoluter Spitzenwert, insbesondere wenn man die starke Konkurrenz wie Airbus oder Thyssen-Krupp berücksichtigt.“ Jung, die Leitende Betriebsärztin Dr. Silke Hoffmann, Babet-

te Brandenburg, Leiterin Betrieblicher Ge-sundheitsschutz, und Gesundheitsmana-ger Dennis Kohl hatten den Auditoren die Leistungsfähigkeit des RAG-Management-systems vorgestellt. Unterstützt wurden sie dabei von dem Leiter des Zentral- und Ser-vicebereichs Belegschaft, Frank Bandow, und der dortigen Betriebsratsvorsitzenden Barbara Schlüter. Steinkohle 02/nul

Erneut mit dem Corporate Health Award ausgezeichnet: Das RAG-Gesundheitsmanagementsystem „… in Form“. Fotos: bgrci/rag/Dietmar Klingenburg

Unter Tage.

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Vor 70 Jahren

Grimberg III/IV

Ein breites Echo in den Medien hat die Er-innerung an Deutschlands schwerstes Gru-benunglück auf der Schachtanlage Grimberg III/IV in Bergkamen, unweit von Dortmund, gefunden. So berichteten lokale, aber auch überregionale Blätter wie die FAZ detail-liert über den Hergang der Katastrophe, die knapp ein Jahr nach Kriegsende neues Leid über die betroffenen Familien brachte.

Am 20. Februar 1946 entzündete sich, wie beispielsweise Die Welt notiert, aus bis heute ungeklärter Ursache ein Luft-Methan-gasgemisch und führte zu einer Schlagwet-terexplosion, der eine noch stärkere Koh-lenstaubexplosion folgte. Wie es heißt, war die Druckwelle so heftig, dass sie durch den 900 Meter tiefen Schacht bis nach über Tage schlug und dort die technischen Anlagen zerstörte. Die meisten der 408 Toten, die sich zur Frühschicht unter Tage aufhielten, konnten nie geborgen werden.

Grubenwehren aus zwölf benachbarten Bergwerken waren unter großen Schwie-

rigkeiten angerückt. Die Welt zitiert den Leiter des Stadtarchivs Bergkamen, Bernd Litzinger: „So kurz nach Kriegsende fehl-ten Lastwagen, die Rettungsgeräte hät-ten heranschaffen können. Hinzu kamen die schlechten Straßenverhältnisse. Von einer benachbarten Zeche aus gelangten die Rettungskräfte schließlich unter Tage in die Nähe des Unglücksortes auf Grimberg III/IV.“ Am Abend des 23. Februar wurden noch acht Männer lebend gefunden. Dann wurde die Grube geschlossen und einein-halb Jahre später wegen der noch immer andauernden Brände geflutet. 1952 wurde Schacht III erneut abgeteuft. Bis 1994 war die Anlage in Betrieb.

Ob Sicherheitsbestimmungen verletzt wor-den waren, konnten auch monatelange Untersuchungen und Befragungen Überle-bender nicht klären. Litzinger sagte dazu dem Blatt: „Sicher ist, dass schon während des Krieges Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten worden waren. So hat es auf der Anlage bereits im September 1944 ein

schweres Unglück mit 107 Toten gegeben, darunter meist russische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene.“

Die Zeitung befragte auch den Leiter des Montanhistorischen Dokumentationszent-rums in Bochum, Michael Farrenkopf. Nach seinen Worten hatte das Grimberg-Unglück unmittelbare Folgen für das Rettungswesen: „Die bisherigen Sauerstoffgeräte der Gru-benwehr mit einem Sauerstoffvorrat für zwei Stunden hatten sich als unzureichend erwie-sen. Daher wurden neue Geräte mit einer Einsatzfähigkeit von vier bis acht Stunden entwickelt und 1952 zugelassen.“

Im Volksmund hieß die Schachtanlage Grim-berg III/IV immer nur „Kuckuck“. „Mein Va-ter ist damals auf ‚Kuckuck‘ geblieben“, sei bis heute in Bergkamen der Ausdruck für die Verzweiflung von damals, zitiert die FAZ den Stadtarchivar: „433 Töchter und Söhne hatten ihre Väter verloren.“

Norbert Ulitzka, BG RCI, Bochum

Beim schwersten Grubenunglück in Deutschland starben mehr als 400 Kumpel. In der Folge wurde das Grubenret-tungswesen ausgebaut und mit neuen Sauerstoffgeräten ausgestattet.

Mahnmal für die Opfer: Beim größten Bergbau-Unglück der deutschen Geschichte kamen vor 70 Jahren auf der Schachtanlage Grimberg III/IV 408 Menschen ums Leben. Foto: bgrci/Norbert Ulitzka

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K+S Kali GmbH, Werk Werra

Grubenwehr: Sicherheitspartnerschaft auch mit Besucherbergwerken

Ein Betrieb, dem die Grubenwehr als Sicher-heitspartner zur Seite steht, ist das Besu-cherbergwerk Grube Gustav in Meißner-Abterode. Die K+S-Grubenwehr führt dort jährlich eine Befahrung durch. Alle zwei Jah-re kommt eine Übung hinzu. Diese Maßnah-men fordert die zuständige Bergbehörde. Sie sind Voraussetzung für den Betrieb eines Bergwerks und dienen der Vorbereitung für den Notfalleinsatz und der Sicherheit der Besucher.

Jedes Jahr besuchen bis zu 6.000 Men-schen, darunter viele Schulklassen, die Grube Gustav und informieren sich über den Kupferschiefer-Bergbau, der hier vom 16. bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhun-derts betrieben wurde. In diesem Jahr fei-ert das Besucherbergwerk sein 30jähriges Bestehen. Für ihren Betrieb sorgen fast ausschließlich Ehrenamtler. „Nur mit Hilfe der Grubenwehr ist es möglich, die Anlage aufrechtzuerhalten“, dankte Bürgermeister Friedhelm Junghans bei einer Sicherheits-begehung dem Leiter Grubenrettungswesen und Brandschutz Hattorf-Wintershall, Dieter Wendrich. Gemeinsam mit den Verantwort-lichen vor Ort überprüften die Grubenwehr-mitglieder die Vorkehrungen und das Ret-tungskonzept der Grube Gustav.

In diesem Jahr wollen Wendrich und seine Kollegen im Besucherbergwerk eine Notfall-Rettungsaktion simulieren und den Einsatz proben. In einem solchen Notfall wäre zu-erst die ortsansässige Feuerwehr aktiv. Soll-te ein untertägiger Einsatz unter Atemschutz notwendig werden, käme die Grubenwehr mit ihrer speziellen Technik und Bergbauer-

fahrung zu Hilfe. Dabei spielt die möglichst umfassende Ortskenntnis des Sicherheits-partners stets eine entscheidende Rolle.

„Damit der Kommune für unsere Übungen keine Kosten entstehen, verlegen wir eine unserer Pflichtübungen zur Grube Gus-tav“, erklärt Wendrich. An 30 Samstagen im Jahr trainiert die Grubenwehr Hattorf-Wintershall ihre körperliche Fitness für die unterschiedlichsten Ernstfälle. Jedes Gru-benwehrmitglied muss nach den gesetzli-chen Vorgaben jährlich fünf Übungstage absolvieren. Nur so lassen sich unter Tage die meist schweren Einsätze unter Tage mit den erforderlichen Gerätschaften beherr-

schen. Ernstfalleinsätze unter Atemschutz müssen mit mindestens zwölf ausgebilde-ten Grubenwehrmitgliedern durchgeführt werden. Deshalb verfügt die Grubenwehr Hattorf-Wintershall über 70 aktive Mitglie-der. Die zwölf Einsatzkräfte bestehen aus zwei Trupps mit jeweils fünf Personen, ei-nem Gerätewart und einem Oberführer. Wichtigster Bestandteil der Ausrüstung sind Langzeit-Atemschutzgeräte, soge-nannte Kreislaufgeräte, die einen von der oft kontaminierten Umgebungsluft unab-hängigen Einsatz von bis zu vier Stunden ermöglichen.

Ivonne Balduf, Philippstal

Die K+S KALI GmbH mit ihren aktiven Grubenwehren leistet einen bedeutenden Beitrag zur Sicherheit auch anderer Bergwerke. So hat die Grubenwehr Hattorf-Wintershall des Verbundwerks Werra Hilfeleistungsvereinbarungen mit verschiedenen anderen Betrieben getroffen. Darunter befinden sich eine Kupferschiefergrube, eine Tongrube, zwei Gipsgruben und – in erster Linie – natürlich die weiteren Standorte der K+S. Die Grubenbetriebe befinden sich im Radius von bis zu 120 Kilometern rund um den Standort Hattorf-Wintershall.

Befahrung des Besucherbergwerks Grube Gustav in Meißner-Abterode: Bürgermeister Friedhelm Junghans und die K+S-Grubenwehrmitglieder Hattorf-Wintershall mit dem Gemeindebrandinspek-tor, Bauhof-Mitarbeitern, der Sicherheitsfachkraft und einem Besucherführer. Foto: ib

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Paris, 1. bis 3. Juni 2016

Chemikalien mit besonderen GefahrenDas INRS, Frankreich, und die Sektion Chemie der IVSS thematisieren endokrine Disruptoren und sensibilisierende Substanzen

Das Hormonsystem des Menschen wird auch als endokrines System bezeichnet. Nach der Definition der Weltgesundheits-organisation (WHO) sind endokrine Dis-ruptoren von außen zugeführte Stoffe oder Gemische, die die Funktion des Hormon-systems verändern und dadurch gesund-heitlich nachteilige Wirkungen im intakten Organismus, bei seinen Nachkommen oder bei (Sub-)Populationen verursachen (WHO 2002: Global Assessment of State-of-the-Science of Endocrine Disruptors).

Im Rahmen der Verordnung EG 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) können endokrine Disruptoren unter bestimmten Voraussetzungen zu-lassungspflichtig werden. Gegenstand der wissenschaftlichen und politischen Diskussion ist es derzeit, Kriterien für die Identifizierung von endokrinen Disrupto-

ren festzulegen und die regulatorischen Auswirkungen zu definieren.

Expositionen gegenüber endokrinen Dis-ruptoren, aber auch gegenüber sensibi-lisierenden Substanzen, können sowohl umwelt- als auch arbeitsplatzbedingt sein. Nach wie vor stellen beruflich bedingte Al-lergien der Haut oder der Atemwege einen Schwerpunkt bei den angezeigten Berufs-krankheiten dar. Vertiefte Kenntnisse zu den Auslösern, den Erkrankungen, zur Ex-positionsbeurteilung sowie zu wirksamen Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit sen-sibilisierenden Stoffen sind daher wichti-ge Bausteine eines Präventionskonzepts.

Vortragende aus Frankreich, Belgien, Ka-nada, Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz, Österreich und Spanien bieten mit ihren Symposiums-Beiträgen und einer Podiumsdiskussion den internationalen

Rahmen für einen spannenden Austausch.

INRS und die IVSS-Sektion Chemie möch-ten die für Sicherheit und Gesundheits-schutz Verantwortlichen in den Betrieben sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Be-triebsärzte und -ärztinnen, Aufsichtsper-sonen der Unfallversicherungen und der staatlichen Behörden, Vertreter aus Arbeit-geber- und Arbeitnehmerorganisationen, Toxikologen und Sachverständige anspre-chen. Konferenzsprachen sind Deutsch, Englisch und Französisch, alle Beiträge werden simultan übersetzt.

Nähere Informationen sowie die Möglich-keit zur Anmeldung finden Sie unter http://www.inrs-issa2016.com.

Antje Ermer, Dr. Joachim Sommer,

Michaela Frenzel, BG RCI, Heidelberg

Vom 1. bis 3. Juni 2016 veranstalten das Institut National de Recherche et de Sécurité (INRS) und die Sektion Che-mie der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) ein Symposium in Paris. Im Mittelpunkt stehen die Risiken im Zusammenhang mit endokrinen Disruptoren und sensibilisierenden Substanzen sowie die Prävention am Arbeitsplatz. Ein breit gefächertes Programm gibt einen Überblick über die Wirkungen solcher Chemikalien auf die Gesundheit, über betroffene Arbeitsplätze sowie über praktische Konzepte und Empfehlungen zur Prävention.

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Programm

Mittwoch, 1. Juni, Nachmittag: Endokrine DisruptorenBegrüßungStéphane Pimbert, Generaldirektor der INRSEinführungNiels Schurreit, Generalsekretär der IVSS-Sektion ChemieEndokrine Disruptoren und die Exposition am Arbeitsplatz: Stand der DiskussionClaude Emond, Universität von Montreal (UQAM)Umwelt- und berufsbedingte interne Belastung mit endokrinen DisruptorenHolger Koch, Institut für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA)Endokrine Disruptoren und reproduktionstoxische WirkungenStephane Malard, INRSEndokrine Disruptoren und krebserzeugende WirkungenUrsula Gundert-Remy, Charité BerlinEndokrine Disruptoren im Kontext von REACHSimone Mühlegger, Umweltbundesamt Österreich

Donnerstag, 2. Juni, Vormittag: Endokrine DisruptorenEinführungSéverine Brunet, Leiterin des Fachbereichs „Prävention in der Praxis“, INRSÜberblick über industriell verwendete endokrine DisruptorenNicolas Bertrand, INRSBerufliche Exposition gegenüber Phthalaten. Biomonitoring im UrinAlain Robert, INRSBisphenol A als ein endokriner Disruptor in KassenzettelnAnne-Laure Demierre, Schweizerisches Bundesamt für GesundheitBerufliche Exposition gegenüber Bisphenol A. Biomonitoring im UrinSophie Ndaw, INRSBestimmung von Grenzwerten für endokrine DisruptorenChristophe Rousselle, Französische Behörde für Ernährung, Umwelt, Gesundheitsschutz und Sicherheit (ANSES)PodiumsdiskussionEmpfehlungen und Praktiken für Arbeitssicherheit und GesundheitsschutzModeration: Antje GrobeLaurent Vogel, Europäisches Gewerkschaftsinstitut (ETUI) · Peter Smith, European Chemical Industry Council (CEFIC) · Matthieu Lassus, Aufsichtsbehörde Frankreich · Simone Mühlegger, Umweltbundesamt Österreich · Alain Simonnard, INRS · Claude Emond, Universität von Montreal (UQAM) · Elke Schneider, Europ. Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (OSHA)

Donnerstag, 2. Juni, Nachmittag: Sensibilisierende SubstanzenEinführungMichel Pourquet, Vizepräsident der IVSS Sektion ChemieBerufliche Atemwegsallergien und Asthma – Auslöser und ErkrankungMonika Raulf, Institut für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA)Berufliche Kontaktdermatitis: Expositionsquellen und klinische AspekteNadia Nikolova-Pavageau, INRSSensibilisierende Stoffe in verschiedenen BranchenNN

Freitag, 3. Juni, Vormittag: Sensibilisierende SubstanzenEinführungMartin Gschwind, Vizepräsident der IVSS Sektion ChemieÜberblick über sensibilisierende Stoffe in der Industrie – Vorstellung der Expositionsdatenbank MEGARainer van Gelder, Institut für Arbeitsschutz (IFA)Darstellung der beruflichen Exposition gegenüber sensibilisierenden Substanzen: Daten aus der COLCHIC-DatenbankFrederic Clerc, INRSSicherheitsrelevante Informationen zu sensibilisierenden Arzneistoffen: Das BESI-Projekt Sabine Werner, Institut für Arbeitsschutz (IFA)Bestimmung von Grenzwerten für sensibilisierende SubstanzenDick J. J. Heederick, Niederländisches Expertenkomitee für Arbeitssicherheit (DECOS)Prävention bei Tätigkeiten mit sensibilisierenden SubstanzenIngrid Thullner, Unfallkasse Hessen (UKH)Sensibilisierende Substanzen in Kleinbetrieben: Risiken und PräventionsmaßnahmenUdo Eickmann, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)SchlussbemerkungenDidier Baptiste, Direktor Forschung, INRS

THEMA DES SYMPOSIUMS Endokrine Disruptoren und sensibilisierende Substanzen sind zwei Klassen von Chemikalien mit besonderen Gefahren. Die Konferenz wird einen Überblick geben über die Wirkungen dieser Substanzen auf die Gesundheit von exponierten Beschäftigten, über betroffene Arbeitsplätze, damit verbundene Risiken sowie zu empfehlenswerten Präventionslösungen.

INTERNATIONALES SYMPOSIUM

CHEMIKALIEN MIT BESONDEREN GEFAHREN:RISIKEN UND PRÄVENTION AM ARBEITSPLATZ

1. BIS 3. JUNI2016

ENDOKRINE DISRUPTOREN UND SENSIBILISIERENDE SUBSTANZENMAISON DE LA RATPESPACE DU CENTENAIREF-75012 PARIS

[email protected] N Z U S A M M E N A R B E I T M I T

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BG RCI-Gütesiegel „Sicher mit System“

BASF Business Services ausgezeichnet

Die Berufsgenossenschaft unterstützt Un-ternehmen darin, den Arbeitsschutz syste-matisch in ihre Organisation zu integrieren, und bietet die Prüfung und Zertifizierung ihres Arbeitsschutzmanagement-Systems (ASM) nach geltenden gesetzlichen Richt-linien an. Mit Hilfe von Arbeitsschutzma-nagement-Systemen können Unternehmen den Sicherheits- und Gesundheitsschutz für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konkret planen und die Einhaltung und Wirksamkeit der Maßnahmen überwachen.

Die BASF Business Services hat sich solch einer Prüfung durch die BG RCI unterzo-gen – und erfolgreich bestanden. „Ein effizient organisiertes Arbeitsschutzma-nagement-System ist ein wichtiges Inst-rument, um präventiv die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeiter zu gewähr-leisten“, sagt Petra Scheithe, Geschäfts-führerin der BBS. „Das Zertifikat belegt, dass das Thema Sicherheit fest in unserer Organisation verankert ist und wir damit sehr verantwortungsbewusst umgehen.“

Um das Zertifikat zu erhalten, muss das Safety Team zahlreiche Dokumentationen vorweisen, so zum Beispiel das Arbeits-schutzmanagement-Konzept und die Infor-mations- und Weiterbildungsmaßnahmen für die Beschäftigten.

Auch eine Begehung verschiedener Ge-bäude vor Ort am Standort Ludwigshafen gehört dazu.

„Wir haben bei der Überprüfung durch die BG RCI außerordentlich gut abgeschnitten und sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis“, sagt Bernd Schmitt, Lead Safety Manager der BBS. „Die Zertifizierung mit dem Güte-siegel ‚Sicher mit System‘ durch eine ex-terne, unabhängige Stelle bestätigt, dass wir bei den Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz gut aufgestellt sind und sie aktiv angehen. Wir sind die ers-te Gruppengesellschaft der BASF, die von der Berufsgenossenschaft ausgezeichnet worden ist. Und darauf sind wir natürlich sehr stolz.“ basf/n

Wie macht man Arbeitsbereiche und Verkehrswege für Mitarbeiter sicher? Wie geht man zum Beispiel mit einem Brand um? Wie gestaltet man einen Arbeitsplatz ergonomisch und fördert die Gesundheit der Beschäftigten? Um diese und viele weitere Themen kümmert sich das für Sicherheit zuständige Team der BASF Business Services (BBS). Für die auf diesem Wege erzielten besonderen Leistungen wurde die BBS jetzt von der BG RCI ausgezeichnet.

Dr. Rolf Rupp und Frauke Strohmeier von der BG RCI überreichen Petra Scheithe, Geschäftsführerin der BASF Business Services, Bernd Schmitt, Lead Safety Ma-nager, und Frank Grünagel, Safety Expert (v.l.), in Lud-wigshafen die Gütesiegelur-kunde „Sicher mit System“. Das Gütesiegel hat eine Gül-tigkeit von drei Jahren. Da-nach gibt es auf Wunsch des Unternehmens ein Reaudit. Foto: BASF SE/Schäfer

Landesverbände Südwest und Mitte der DGUV

Tag der Arbeits-sicherheitRamstein, 1. Juni 2016

Vorgesehen sind vier Themenblöcke mit aktuellen und praxisnahen Informationen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. Themenschwerpunkte sind unter anderem:

• Werkverträge• das Präventionsgesetz• die Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf

psychische Belastungen und • Verantwortung im Arbeitsschutz

Die Fachtagung wird begleitet von einer Ausstel-lung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei. Beginn ist 9.30 Uhr (Einlass ab 8.30 Uhr), Ende gegen 17.00 Uhr.

Anmeldungen bis 25. April 2016an die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Landesverband Südwest, Kurfürstenanlage 62, 69115 HeidelbergDr. Volker WittnebenTel.: 06221/5108-24600Fax: 06221/5108-24699E-Mail: [email protected] Ka

Im Kultur- und Tagungszentrum Ramstein-Miesenbach findet am 1. Juni 2016 der Tag der Arbeitssicherheit der Landesverbände Südwest und Mitte der Deutschen Gesetz-lichen Unfallversicherung statt.

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Euticals GmbH, Höchst

7.000 Tage ohne meldepflichtigen Unfall

Die Kernkompetenzen liegen vor allem in der organisch-chemischen Synthese, ins-besondere in modernen Methoden der Or-ganometallchemie, Enzymchemie und He-terocyclenchemie, sowie in der Herstellung von Feinchemikalien unter höchsten regu-latorischen Standards.

Seit 2011 ist der Standort Teil der global ope-rierenden Euticalsgruppe mit Sitz in Mai-land. Sie stellt mit weltweit mehr als 890 Mitarbeitern über 200 verschiedene Phar-mawirkstoffe in den unterschiedlichsten Therapieklassen her. Die größte R&D-Ab-teilung der Gruppe mit 20 Chemikern und Laboranten befindet sich am Standort Frank-furt. Sie wird von 14 Mitarbeitern aus den Bereichen Sales & Marketing, Forschungs-leitung, ESHA, Qualitätssicherung, Personal

Mit rund 70 Beschäftigten am Standort Höchst ist die Euticals GmbH einer der führenden Hersteller im Bereich von Feinchemikalien. Sie konzentriert sich überwiegend auf die Kommerzialisierung hochwertiger Pharmabausteine, cGMP-Zwischenprodukte* und Pharmawirkstoffe.

und Controlling unterstützt. Trotz der Her-ausforderung, täglich mit der kompletten Bandbreite an Chemie- und Forschungsche-mikalien umzugehen, ist es dieser Gruppe mit Unterstützung der Fachkraft für Arbeits-sicherheit, Harald Hößl, gelungen, 7.000 Tage – das sind bei einem vollkontinuierli-chen Betrieb mehr als 19 Jahre – ohne mel-depflichtigen Unfall zu absolvieren.

Die Euticals GmbH ist stolz auf die Leistung und das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wünscht sich auch wei-terhin erfolgreiche Jahre ohne meldepflich-tigen Unfall. bgrci/n

*cGMP: current Good Manufacturing Practice (Methode zur Überprüfung von Qualitätsstan-dards in der Herstellung)

Stolz auf 7.000 Tage ohne meldepflichtigen Arbeitsunfall: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Euticals GmbH am Standort Frankfurt. Foto: Volker Heinrich

BG RCI-Präventionszentrum Gera/Berlin

Sicherheitsfachkräfte-tagung 2016/2017Radebeul 26.–27. Oktober 2016 Potsdam 8.–9. März 2017

Wegen des breiten, branchenübergreifenden In-formationsbedarfs und des geplanten umfangrei-chen Themenangebots findet die Tagung an zwei Terminen statt:• für Sicherheitsfachkräfte aus Sachsen, Sach-

sen-Anhalt und Thüringen am 26. und 27. Ok-tober 2016 in Radebeul bei Dresden

• für Sicherheitsfachkräfte aus Berlin und Bran-denburg am 8. und 9. März 2017 in Potsdam

Auf dem Programm stehen jeweils die folgenden Themen:• Erste Erfahrungen mit der neuen BG RCI-Prä-

ventionsstrategie Vision Zero• Vorstellung von praxiserprobten Werkzeugen

für die Gefährdungsbeurteilung• Erfahrungsaustausch zur Gefährdungsbeurtei-

lung im Hinblick auf psychische Belastungen• Gesund am Arbeitsplatz• Ausblick auf die 2017 beginnende bundesweite

Präventions-Kampagne zum Thema Präventi-onskultur

• Die Medienwelt der BG RCI• Aus der Praxis für die Praxis: Erfahrungsberichte

und gute Lösungen

Berichten Sie aus Ihrer Praxis!Zu den Tagungen lädt die BG RCI gesondert ein. Sicherheitsfachkräfte, die mit einem eigenen Vor-trag zu den Veranstaltungen beitragen möchten, werden gebeten, möglichst umgehend mit ihrer jeweils zuständigen BG RCI-Aufsichtsperson Kon-takt aufzunehmen.

Michael Schwabe, BG RCI, Berlin

Für die Sicherheitsfachkräfte aus ihren Mitgliedsunternehmen in den Bundes-ländern Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen organisiert das BG RCI-Präventionszentrum Gera/Berlin die Sicherheitsfachkräftetagung 2016/2017.

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Kirchbergs kreative Klebebandetesafilm verbindet – seit 80 Jahren

Kennen Sie sich aus in Wirtschaftsgeschich-te? Dann finden Sie sicher auch den Fehler in folgender Behauptung: „tesa ist der Name eines Klebers, den Elsa Tesmer in gezielter Forschungsarbeit entwickelt hat.“ Schwierig an dieser Aufgabe ist eigentlich nur eins, nämlich dass sich nicht nur ein Fehler ein-geschlichen hat, sondern schlichtweg alles falsch ist.

Beginnen wir bei dem Namen tesa. Der geht in der Tat auf Elsa Tesmer zurück – sie arbeitete jedoch nicht im Labor, sondern in der Schreibstube bei der Hamburger Firma Beiersdorf. Im Rahmen eines Auf-rufs der Geschäftsleitung, Namen für neu entwickelte Produkte zu finden, setzte sie 1906 das Wörtchen tesa aus den Silben ih-res Nach- und Vornamens zusammen. Das wurde zunächst die Bezeichnung für eine Zahnpasta-Tube, was aber wenig erfolgreich war. Danach verschwand „tesa“ für rund 30 Jahre in den Archiven der Rechtsabteilung.

Auch von „gezielter Forschungsarbeit“ kann nur bedingt gesprochen werden. Denn am Anfang stand die missglückte Entwicklung eines Wundpflasters. An diesem hatte der

Apotheker Paul C. Beiersdorf gearbeitet, als Dr. Oscar Troplowitz das Labor des Un-ternehmensgründers 1890 übernahm. Das Pflaster klebte hervorragend, reizte aber die Haut. Aus der Not machte Troplowitz eine Tugend und brachte das Klebeband unter dem Namen „Cito-Sportheftpflaster“ 1896 trotzdem auf den Markt – jedoch zum Fli-cken von Fahrradschläuchen. Es war das erste technische Klebeband der Welt.

Kleber ist das nächste Stichwort – denn tesa ist gerade kein Flüssigkleber, sondern ein Klebeband. Und nicht nur ein Klebeband: Gut 1.000 verschiedene Harze sowie etwa 100 thermoplastische Elastomere enthält die tesa-Rohstoffdatenbank zur Herstellung unterschiedlicher Klebemassen. Aus dieser Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten haben die Forscher bei tesa schon mehr als 7.000 Produkt- und Systemlösungen entwickelt.

Mit der Geschichte von tesa untrennbar verbunden ist der Industriekaufmann Hugo Kirchberg. Mit gerade einmal 25 Jahren war er von den „unbegrenzten Möglichkeiten der Selbstklebetechnologie“ so überzeugt,

dass er mit seiner Bewerbung 1934 auch den Vorstand der Beiersdorf AG für seine Ideen zum Vertrieb der technischen Klebe-bänder gewann. Auf der Suche nach einem prägnanten Namen stieß er in der Rechtsab-teilung wieder auf „tesa“. Aus Sicht Kirch-bergs brachte der Name die wichtigsten Voraussetzungen für den Aufbau und die Etablierung einer unverwechselbaren Mar-ke mit: kurz, einprägsam und international verwendbar. Und dieses Mal wurde es ein Erfolg. Mit effizientem Vertrieb, zielgrup-penorientierter Werbung und zusätzlichen Erfindungen wie beispielsweise dem heute noch gebräuchlichen Tischabroller schaffte es Kirchberg, aus den anfangs „holprigen Wegen“ eine leistungsfähige „Autobahn“ zu machen.

Apropos Autobahn – mehr als 50 verschie-dene tesa-Produkte gehen in die Automo-bilindustrie. So beispielsweise schon seit 1941 der Klassiker tesakrepp zum Abdecken für das Spritzlackierverfahren. Heute zählen dazu auch Präzisionsstanzteile, die ein kurz-zeitiges oder dauerhaftes Verschließen von produktionsbedingten Karosserieöffnungen ermöglichen, Vliesprodukte zum Bündeln

Mit einem Bekanntheitsgrad von 98 Prozent – ermittelt vom Marktforschungsinstitut GfK – gehört tesa in Deutsch-land zu den stärksten Produktmarken. Sogar im Duden ist der Markenname zu finden. In diesem Jahr wird der be-rühmte Klebefilm 80 Jahre alt. Eigentlich 80 Jahre jung – denn aus einer Idee wurden inzwischen über 7.000 Produkt- und Systemlösungen, von denen die meisten aus den letzten Jahren stammen. Rund 70 Patente pro Jahr zeugen von großer Innovationskraft, das integrierte und zertifizierte Managementsystem von sicheren Arbeitsbedingungen.

Zum Kleben, Flicken, Basteln: tesafilm-Werbung von 1954. Die tesa Labtec GmbH fokussiert sich auf die Entwick-lung und Produktion von Wirkstoff-Pflastern und schnell löslichen oralen Filmen.

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und Fixieren der zahlreichen Kabelsätze, la-serbeschreibbare Etiketten zur Kennzeich-nung der Fahrgestellnummer, dauerhafte Emblem-Verklebungen und schließlich rück-standslos ablösbare Folien zum Schutz der Lackoberflächen beim Transport.

Von der „motorisierten“ Autobahn auf die Datenautobahn – auch in Smartphones stecken inzwischen mehr als 40 Klebean-wendungen, die viel mehr als nur Kompo-nenten verbinden können. Spezialtapes mit Graphit-Beschichtung, gerade einmal fünf Mikrometer dünn und damit zehnmal feiner als ein Haar, sorgen beispielsweise für die Wärmeableitung elektronischer Bauteile. Optisch reine Klebefolien mit mehr als 99 Prozent Lichtdurchlässigkeit kommen im Schichtaufbau berührungsempfindlicher Bildschirme zum Einsatz. Weil in der Elektro-nikindustrie jedes kleine Staubkorn bereits störend wirkt, erfolgt die Produktion dieser Bänder in einer Reinraumeinheit.

Das schmalste Stanzteil zur Befestigung eines Handy-Glaskörpers misst übrigens lediglich einen halben Millimeter. Wenn Sie glauben, dass Sie diese Produkte bis-her nur aufgrund ihrer Dimensionen im Bü-rohandel übersehen haben, liegt es nicht an Ihren Augen: „Nur etwa ein Viertel des Umsatzes geht in den sogenannten Endver-brauchermarkt, der Rest sind Industriepro-dukte, meist zusammen mit den Kunden als

Speziallösungen für die jeweiligen Branchen entwickelt“, klärt Reinhart Martin, Presse-sprecher bei tesa in Hamburg, den erstaun-ten Besucher auf.

Aber das ist nicht alles. Zum Unterneh-men gehört auch die Tochtergesellschaft tesa scribos: 1998 hatten zwei findige Wis-senschaftler an der Universität Mannheim entdeckt, dass sich der tesafilm als Daten-speicher eignet. Daraus entwickelte sich ein breites Spektrum an Sicherheitsprodukten, wie beispielsweise fälschungssichere Etiket-

ten mit Hologrammen. Ein anderes Anwen-dungsbeispiel findet sich in der Druck- und Papierindustrie: Dank einer sicheren Ansatz-verklebung mit einem hochkomplex aufge-bauten doppelseitigen Spezialklebeband lassen sich die tonnenschweren Papierrollen endlos und abrisssicher miteinander verbin-den – ohne Drosselung der Produktionsge-schwindigkeit.

Zu den aktuellen Produkt-Trends gehören Klebetechnologien für die Solarindustrie und die Bauwirtschaft, wo lösemittelfreie doppelseitige Klebebänder auf Acrylatba-sis den traditionellen Fügetechniken wie Schweißen, Löten oder Schrauben Konkur-renz machen. Und auch Anwendungen für die pharmazeutische Industrie zeichnen sich am Horizont ab. Sogenannte transdermale therapeutische Systeme gewährleisten eine Medikation, bei der die in einem Pflaster eingeschlossenen Wirkstoffe direkt durch die Haut aufgenommen werden.

Ein Pflaster für die Haut – schließt sich da ein Kreis? „Es ist eher wie ein Rad, das im-mer weiterrollt“, ist sich Martin sicher. Wie das Abrollgerät, dessen Vorläufer einst Kirch-berg entwickelte, als er den tesafilm vor 80 Jahren kundenorientiert auf den Weg brach-te. Die kreativen Ideen sind seinem Unter-nehmen seither nicht ausgegangen.

Dr. Joachim Sommer, BG RCI, Heidelberg

Großen Wert legt das Unternehmen auf Ar-beitsschutz und Sicherheit. Weltweit gel-ten bei tesa die Standards nach OHSAS 18001. Die systematische Ermittlung von Gefahren, ihre Bewertung und die Umset-zung geeigneter Gegenmaßnahmen, konti-nuierliche Mitarbeiterschulungen und Trai-nings haben an allen tesa-Standorten zu außergewöhnlich niedrigen Unfallzahlen geführt.

Auf dem Weg in den Reinraum. tesa unterm Mikroskop. Fotos: tesa SE

Hugo Kirchberg schuf mit „tesa“ eine unver-wechselbare Marke.

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BG RCI.magazin 3/4 2016AUS DER PRAXIS

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Hauterkrankung in einer FahrzeugsattlereiAuch Kleinstbetriebe profitieren von der Betriebsärztlichen Beratung der Berufsgenossenschaft

Mitgliedsbetriebe, die zur Umsetzung des Arbeitssicherheitsgesetzes an der alter-nativen Betreuung der BG RCI teilnehmen, können bei bestimmten Anlässen die Be-ratung durch einen Betriebsarzt der Be-rufsgenossenschaft in Anspruch nehmen. So hat sich eine Fahrzeugsattlerei in Nie-dersachsen durch den Betriebsarzt des BG RCI-Präventionszentrums Langenha-gen beraten lassen. In einem Gespräch mit seiner zuständigen Aufsichtsper-son hatte der Unternehmer von erhebli-chen Hautproblemen eines Mitarbeiters berichtet. Der daraufhin eingeschaltete Betriebsarzt der Berufsgenossenschaft

verschaffte sich zunächst einen Überblick über die betrieblichen Tätigkeiten. In ei-nem ausführlichen Erstgespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter, Herrn T., ging es anschließend darum, die Entwicklung der Hauterkrankung kennenzulernen. Auch bei der betriebsärztlichen Tätigkeit ist eine gründliche Anamnese die Grundla-ge für das weitere Vorgehen.

Wie sich zeigte, litt der Mitarbeiter schon seit zwei Jahrzehnten an allergischen Reaktionen auf verschiedene Stoffe. So führte der Kontakt mit einem bestimmten Gewürz regelmäßig zu ernsten Atemwegs-

problemen. Seit zehn Jahren ist Herr T. nun in der Fahrzeugsattlerei als Sattler beschäftigt. Von Anfang an hatte er da-bei Kontakt mit Kokosmatten. Zunächst traten nur geringe Haut- und Atemwegs-probleme auf. Als er zum Schutz Latex-Handschuhe benutzte, nahmen die Haut- und Atemwegsprobleme kontinuierlich zu. Zuletzt waren die Hautveränderungen so gravierend, dass Herr T. einen Hautarzt aufsuchte. Dieser leitete das sogenann-te Hautarztverfahren ein (siehe Infobox).

Das Ergebnis des Verfahrens wurde beim Besuch des Betriebsarztes ausführlich be-sprochen. In seinem anschließenden Be-richt für die BG RCI ging der Betriebsarzt von dem dringenden Verdacht auf zwei Be-rufserkrankungen („Haut“ und „Lunge“) aus. Herr T. wird nun in Kürze in einer be-rufsdermatologischen Klinik im Hinblick auf diesen Verdacht untersucht. Sobald das Ergebnis vorliegt, wird der Betriebs-arzt in Abstimmung mit dem behandeln - den Hautarzt das weitere Vorgehen fest-legen. Die möglichen beruflichen und pri-vaten Folgen werden dann Gegenstand ei-nes weiteren Gesprächs mit Herrn T. sein.

Die Haut …… ist das größte Organ des menschlichen Körpers und stellt mit ihrer Hornschicht eine Barriere gegen mechanische, phy-sikalische und chemische Einwirkungen von außen dar. Durch Kontakt und Wech-selwirkung mit Arbeitsstoffen droht eine Überforderung der Barrierefunktion, was eine Erkrankung oder gar bleibende Schädigung zur Folge haben und auch al-lergischen Reaktionen Vorschub leisten kann.

Im Rahmen der alternativen Betreuung unterstützt die BG RCI Inhaber oder Geschäftsführer kleiner und mittlerer Un-ternehmen (KMU) mit bis zu 50 Beschäftigten dabei, ihre Verantwortung im Arbeits- und Gesundheitsschutz zu erfül-len. Die Betriebsärzte und Sicherheitsingenieure der KMU-Beratung stehen Betrieben und deren Beschäftigten als Ansprechpartner bei Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes im Bedarfsfall jederzeit zur Seite.

Hauterkrankungen zählen mit Abstand zu den häufigsten berufsbedingten Erkrankungen. Sie sind kos-tenintensiv und führen oft zum Arbeitsplatzverlust. Vielfach wird jedoch der berufliche Zusammenhang nicht erkannt oder keine ausreichende Abhilfemaßnahme eingeleitet. Zur Frühintervention bei arbeits-bedingten Hauterkrankungen führt die Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversi-cherung das sogenannte Hautarztverfahren durch. Hautkrebserkrankungen und infektiöse Hauterkran-kungen werden im Rahmen dieses Verfahrens nicht erfasst.

Ärzte für Dermatologie, Arbeitsmedizin und Betriebsmedizin haben eine große Verantwortung im Hinblick auf die Behandlung und Vorbeugung von arbeitsbedingten Hauterkrankungen. Das Hautarztverfahren bietet eine gemeinsame Grundlage für Ärzte und Unfallversicherungsträger, schnell und effektiv geeig-nete Maßnahmen zu ergreifen, einer Berufskrankheit vorzubeugen und den Betroffenen die Fortführung ihrer beruflichen Tätigkeit zu ermöglichen.

Wenn Beschäftigte wegen krankhafter Hauterscheinungen eine Arztpraxis aufsuchen und die Krankheits-ursache in der beruflichen Tätigkeit vermutet wird, sollte ein solcher Verdacht dermatologisch überprüft werden. Bestätigt sich der Verdacht, informieren Hautarzt oder Hautärztin die zuständige Berufsge-nossenschaft. Neben den Hautärzten können auch Betriebsärzte arbeitsbedingte Hauterkrankungen melden. Ziel ist es immer, die Krankheitsfolgen zu bessern und das Entstehen einer folgenschweren Berufskrankheit mit krankheitsbedingter Tätigkeitsaufgabe zu verhindern.

Der Hautarzt ist berechtigt, im Rahmen der Erstattung des Hautarztberichts dia gnostische Maßnahmen durchzuführen, die zur Klärung des Ursachenzusammenhangs zwischen der Hauterkrankung und der beruflichen Tätigkeit erforderlich sind. Dazu bedarf es mit Ausnahme der Testung mit Arbeitsstoffen keiner gesonderten Genehmigung des Unfallversicherungsträgers. Der Testumfang bezieht sich somit – sofern nicht mit dem Unfallversicherungsträger im Einzelfall anders vereinbart – auf das abzuklären-de berufliche Tätigkeitsfeld.

Das Hautarztverfahren

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… ist eine gleichwertige Umsetzung zu der im Arbeitssicherheitsgesetz geforderten Betreuung durch eine Sicherheitsfachkraft und einen Betriebsarzt. Voraussetzung für die Teilnahme an der alternativen Betreuung sind ein- oder mehrtägige Informations- und Motivationsseminare, die Sie als Unterneh-mer oder Unternehmerin persönlich besu-chen müssen. Die Anzahl und Dauer der Se-minare, die Sie besuchen, ist abhängig von den im Betrieb vorliegenden Gefährdungen der Sicherheit und Gesundheit der Beschäf-tigten. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter www.bgrci.de > Prävention, Stich-wort „alternative Betreuung“.

3/4 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS

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Arbeitgeber: 

                                                       Vorlage:

__________________________________________________________

Hand- und Hautschutzplan

Arbeitsbereich /Arbeitsplatz:

Hautgefährdende Tätigkeit*:

*Weitere Informationen zu den in diesem Arbeitsbereich/Arbeitsplatz vorkommenden Gefährdungen bzw. Gefahrstoffen siehe Betriebsanweisung und Unterweisung

Schutzmaßnahmen

Was? Wann? Womit?

VOR Arbeitsbeginn Hautschutzpräparat: (nach Pausen und ggf. nach dem Händewaschen)

Hautschutz (Kennzeichnung von Gebinde/Spender/Tube nennen!)

WÄHREND der Arbeit Hautreinigungsmittel: (vor Pausen und vor Arbeitsschluss)

Hautreinigung (Kennzeichnung von Gebinde/Spender/Tube nennen!)

NACH der Arbeit Hautpflegepräparat: (nach dem letzten Händewaschen)

Hautpflege (Kennzeichnung von Gebinde/Spender/Tube nennen!)

Verantwortlich für den Hand- und Hautschutzplan:

Unterschrift:

Stand:

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Musterhautschutzplan. Praktizierter Hautschutz im Betrieb. Foto: bgrci

Ob mit Handschuh oder Schutzcreme, Hautschutz ist in jeder Branche wichtig. Denn berufsbedingte Hauterkran-kungen zählen zu den häufigsten Berufskrankheiten, die den Berufsgenossenschaften gemeldet werden. Foto: dguv

Seit 1996 sind Unternehmen auf der Ba-sis des Arbeitsschutzgesetzes verpflichtet, eine Belastungs- und Gefährdungsbeur-teilung durchzuführen. Zu den wichtigsten Maßnahmen im Anschluss gehört meist die Reduzierung hautgefährdender Kontakte während der Tätigkeit am Arbeitsplatz, beispielsweise durch die Veränderung von Arbeitsabläufen, Stoffsubstitutio-nen, technische Lösungen und die kon-sequente Anwendung eines adäquaten Hand- und Hautschutzes. Von großer Be-deutung ist darüber hinaus die Aufklärung und Information über mögliche Hautschä-digungen, kombiniert mit Anreizen zu ei-ner Verhaltensänderung beim Umgang mit hautrelevanten Arbeitsstoffen. Auf dieser Grundlage können spezifische Präventions-maßnahmen, wie zum Beispiel ein Haut-schutzplan oder eine Betriebsanweisung, erstellt werden.

Wichtig ist, dass sich Beschäftigte auch bei unscheinbaren, aber länger anhaltenden

Hautveränderungen an ihren Betriebsarzt wenden. Dies eröffnet im Sinne des Ge-sundheitsschutzes die Möglichkeit, einer Verschlimmerung vorzubeugen. Im Betrieb sollen daher an geeigneter Stelle die Kon-taktdaten des Betriebsarztes der Berufs-genossenschaft zu finden sein.

Alternative Betreuung: Unterstützung durch die KMU-BeratungBetriebe, die an der alternativen Betreuung teilnehmen, erfahren die Kontaktdaten der Betriebsärzte und Sicherheitsingenieure der KMU-Beratung bei dem regional zustän-digen Präventionszentrum der BG RCI. Die Sicherheitsingenieure und Betriebsärzte arbeiten unabhängig vom Technischen Auf-sichtsdienst und sind zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet. Ohne die Zustimmung des Unternehmens erhal-ten weder Aufsichtsbehörde noch andere Personen Kenntnis von den Beratungsinhal-ten. Für Betriebsärzte gilt zudem die ärztli-che Schweigepflicht. Die Beratung erfolgt

nach Bedarf des Unternehmens, sie kann je nach Fragestellung telefonisch oder vor Ort im Betrieb durchgeführt werden. Es gibt grundsätzlich keine festgelegten Intervalle oder zeitliche Grenzen.

Burkhard Rehn, Dr. Bernhard Kirchner, BG RCI, Mainz und Langenhagen

Die alternative Betreuung …

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BG RCI.magazin 3/4 2016AUS DER PRAXIS

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Die BG RCI auf der Heimtextil und der Domotex 2016Neue Präventionsmedien für Raumausstatter vorgestellt

Passend dazu wurde erstmals die neue BG RCI-Kurzinformation „Vermeidung von Hand- und Schnittverletzungen“ vorge-stellt. Darin werden auf Wunsch des Zen-tralverbands Raum und Ausstattung (ZVR) die wesentlichen Aspekte knapp, aber in der Sache umfassend beschrieben.

Ziel ist es, die Zahl der noch immer häufi-gen Hand- und Schnittverletzungen in ab-sehbarer Zeit deutlich zu reduzieren. Die Kurzinformation enthält deshalb auch eine Checkliste. Sie ermöglicht es dem Betrieb, zu diesem Thema schnell einen Überblick über die eigene Gefährdungssituation zu gewinnen.

Eine weitere Kurzinformation befasst sich mit dem sicheren Einsatz von Leitern. Eine Auswertung der für Raumausstatter typi-schen Unfälle hat ergeben, dass Leiterun-fälle für die betroffene Person oft mit dau-erhaften Folgen verbunden sind. Gerade angesichts des zunehmenden Fachkräfte-mangels kann dies für die Betriebe zu ei-nem existenziellen Problem werden. Neben vielen Tipps für den Alltag findet sich auch bei dieser Kurzinformation eine Checkliste,

anhand derer Leitern und Tritte überprüft werden können.

Beide Kurzinformationen sind auf der Ba-sis der zwischen der BG RCI und dem ZVR geschlossenen Vereinbarung zur Umset-zung der neuen Präventionsstrategie „Vi-sion Zero“ entstanden und stehen unter downloadcenter.bgrci.de zur Verfügung. Die Schriften wurden von Fachleuten sorg-fältig erarbeitet. In jedem Fall ist die ver-antwortliche Person im Betrieb jedoch in der Pflicht, die Vorlagen zu prüfen und an

die betrieblichen Gegebenheiten anzu - passen.

Die Domotex in Hannover bot mit ihrem speziellen Messeprofil direkt im Anschluss Gelegenheit, über die neue Kennzeichnung von Gefahrstoffen zu informieren. Neu vor-gestellt wurde zudem die Broschüre „As-besthaltige Bodenbeläge – Was ist zu tun?“ (A 059-1). Sie gibt Antworten auf Fragen wie diese:• Welche Krankheiten können durch As-

bestfasern verursacht werden?• Wie können asbesthaltige Bodenbeläge

aussehen?• Wie wird bei Verdacht auf asbesthaltige

Bodenbeläge vorgegangen?• Wie wird vorgegangen, wenn Asbest

nachgewiesen wird?

Die Kleinbroschüre ist unter medienshop.bgrci.de erhältlich. Der Medienshop ist die zentrale Informations- und Bestellplatt-form für sämtliche Präventionsmedien der BG RCI. Mitgliedsbetriebe erhalten diese Medien in einer der Betriebsgröße ange-messenen Anzahl in aller Regel kostenlos.

Burkhard Rehn, BG RCI, Mainz

Das Beratungsangebot der BG RCI für die zahlreichen Messebesucher der Heimtextil in Frankfurt am Main konzen-trierte sich zum Start ins neue Jahr auf das Thema persönliche Schutzausrüstungen, insbesondere auf den Hand- und Hautschutz. So wurden verschiedene Schutzhandschuhe, die Hand- und Schnittverletzungen vermeiden helfen, vor-gestellt. Wie sich zeigte, ist in vielen Betrieben nicht bekannt, welch breites Spektrum an Schutzhandschuhen der Markt mittlerweile bietet, um auch ganz spezielle betriebliche Probleme in diesem Bereich zu bewältigen.

Auf der Domotex in Hannover: Beratung in Sachen „Sicherer Umgang mit Asbest bei Sanierungsarbeiten“. Foto: bgrci/br

Asbesthaltige BodenbelägeWas ist zu tun?

1/2016

M 059-1

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Zuckerindustrie: Arbeit soll noch sicherer werdenVerein der Zuckerindustrie und BG RCI unterzeichnen Kooperationsvereinbarung

„Der Verein der Zuckerindustrie ist stolz darauf, zu den ersten Branchen zu gehö-ren, die eine solche Vereinbarung mit der BG RCI abgeschlossen haben“, sagte der VdZ-Vorsitzende Axel Aumüller anlässlich der Vertragsunterzeichnung. Bereits beim XX. Weltkongress für Sicherheit und Ge-sundheit bei der Arbeit 2014 in Frankfurt hatte der VdZ die Vision Zero-Aktivitäten der Zuckerindustrie vorgestellt. „Die Ver-einbarung ist jetzt der nächste logische Schritt. Sie trägt zudem der traditionell guten Zusammenarbeit zwischen Zucker-

Der Verein der Zuckerindustrie (VdZ) und die BG RCI haben jetzt in Berlin eine gemeinsame Initiative für noch mehr Ar-beitssicherheit gestartet. Die Kooperationsvereinbarung ist Teil der neuen BG RCI-Präventionsstrategie „Vision Zero. Null Unfälle – gesund arbeiten!“ Ziel der Strategie ist es, die Arbeitswelt so zu gestalten, dass niemand zu Schaden kommt.

industrie und BG RCI Rechnung“, fügte Au-müller hinzu.

Ulrich Meesmann, Mitglied der BG RCI-Geschäftsführung, zeigte sich überzeugt, dass letztlich alle Unfälle und Berufskrank-heiten verhindert werden können: „Dazu müssen Sicherheit und Gesundheit als ele-mentare Werte aller Menschen anerkannt und Führungskräfte sowie Beschäftigte in den Betrieben ihrer Verantwortung gerecht werden. Gemeinsam werden wir es schaf-fen, die Vision eines unfallfreien Arbeits-

lebens Stück für Stück Wirklichkeit werden zu lassen“, sagte Meesmann.

Die neue Präventionsstrategie gibt konkre-te Ziele vor, die bis zum Jahr 2024 erreicht werden sollen. So soll das Arbeitsunfallri-siko um 30 Prozent verringert werden, die Zahl tödlicher Arbeitsunfälle um 50 Prozent sinken und die Anzahl der unfallfreien Be-triebe gesteigert werden. Erreicht werden soll dies durch verbesserte Analysen von Unfallschwerpunkten, die besondere För-derung kleiner und mittlerer Unternehmen und durch intensivierte persönliche Bera-tung in den Betrieben.

Zuckerindustrie bereits sehr erfolgreich im ArbeitsschutzDie deutsche Zuckerindustrie ist bereits auf einem guten Weg. Hier waren 2014 insgesamt 5.648 Vollarbeiter beschäftigt. Davon erlitten 65 einen meldepflichtigen Arbeitsunfall. Das entspricht einer Quote von 11,5 Unfällen je 1.000 Mann. Zum Vergleich: Die 1.000-Mann-Quote aller von der BG RCI betreuten Bran-chen lag im gleichen Jahr bei 18,3, die aller gewerblichen Berufsgenossenschaften bei 22,27. Damit ist die Zuckerindustrie einer der am sichersten arbeitenden Industriezweige in Deutschland. bgrci/nul

Axel Aumüller (l.), Vorsitzender des Vereins der Zuckerindustrie (VdZ), und Ulrich Meesmann, Mitglied der Geschäftsführung der BG RCI, unterzeichneten in Berlin einen Kooperationsvertrag über den weiteren Ausbau der Arbeitsschutzmaßnahmen in der Zuckerindustrie. Foto: bgrci/vdz Michael Ricke-Herbig

Wertvoller Rohstoff für das weiße Gold.

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BG RCI.magazin 3/4 2016BERICHTE UND INFORMATIONEN

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„Das musste ja so kommen“Wann und warum die Berufsgenossenschaft Regressansprüche geltend machtVon Kirsta Müller-Lajs

Diese Regressnahme seitens der Berufs-genossenschaft mag für manchen überra-schend sein, denn grundsätzlich sind der Unternehmer oder die Unternehmerin und sonstige verantwortliche Unternehmens-repräsentanten wie auch die versicherten Mitarbeitenden bei einem fahrlässig ver-ursachten Unfall eines Beschäftigten nicht schadensersatzpflichtig. Ihre Haftung wird durch die gesetzlich normierte Eintritts-pflicht der Berufsgenossenschaft für einen Unfall abgelöst.

Diese Haftungsfreistellung ist darin begrün-det, dass die Unternehmen die gesetzliche Unfallversicherung durch ihre Beiträge fi-nanzieren und zum Ausgleich dafür die Berufsgenossenschaft bei Arbeitsunfällen gleichsam wie eine Haftpflichtversicherung eintritt. Im Gegenzug dafür erhält der Ge-schädigte, der keine Forderungsrechte, also auch keinen Anspruch auf Schmerzensgeld gegen den Unternehmer oder sonstige Be-triebsangehörige hat, mit dem Unfallver-sicherungsträger einen leistungsfähigen Schuldner, der für seine medizinische so-wie berufliche Rehabilitation und Entschä-digung einsteht.

Ein weiterer Grund für diese Haftungsfrei-stellung liegt schließlich darin, dass da-durch Spannungen und Gerichtsprozesse, die den Betriebsfrieden belasten, vermie-den werden.

Ausgenommen von dieser Haftungsablö-sung sind jedoch Arbeitsunfälle, die vor-sätzlich oder grob fahrlässig von der Un-ternehmensführung oder von sonstigen Verantwortlichen oder einem Mitarbeiter

verursacht werden. § 110 SGB VII (Sozial-gesetzbuch VII) bestimmt, dass in diesen Fällen der Berufsgenossenschaft alle Auf-wendungen zu ersetzen sind, die sie wegen des Unfalls für den Verletzten oder dessen Hinterbliebene erbringen muss. Dieser An-spruch ist lediglich der Höhe nach begrenzt durch den zivilrechtlichen Schadensersatz-anspruch, welcher den geschädigten Per-sonen (ohne die gesetzliche Eintrittspflicht der Berufsgenossenschaft) gegenüber dem Unfallverursacher zugestanden hätte.

Von besonderer Bedeutung bei diesem gesetzlich normierten Rückgriffsrecht sind dabei die beiden Schuldformen Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Vorsätzlich ver-ursachte Unfälle treten in der Praxis selten auf und beschränken sich meist auf tätli-che Auseinandersetzungen, also Prügelei-en, die im Rahmen der betrieblichen Tätig-keit gelegentlich entstehen. Zu denken ist beispielsweise an den Fall, dass der Vorge-setzte und ein Arbeitnehmer wegen der Art und Weise der Arbeitsausführung in Streit geraten und handgreiflich werden. Die da-bei entstehenden Verletzungen gelten stets dann als vorsätzlich herbeigeführt, wenn nicht nur die verursachende Tat, sondern auch die Schadensfolge gewollt war.

Im Gegensatz zu dieser nur selten vorkom-menden vorsätzlichen Schadensverursa-chung hat sich die Regressabteilung der Berufsgenossenschaft aber häufig mit grob fahrlässig herbeigeführten Unfällen zu be-fassen. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit wird im Gesetz nicht definiert. Zu seiner Aus-legung existieren aber viele Gerichtsurteile. Darin hat die Rechtsprechung diese Schuld-

form immer dann bejaht, wenn die jeweils erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen des Falls in ungewöhnlich ho-hem Maße verletzt worden ist und der Un-fallverursacher schon einfachste, nahelie-gende Überlegungen nicht angestellt und nicht einmal das beachtet hat, was im ge-gebenen Fall jedem hätte einleuchten müs-sen. Als Faustregel gilt hier: „Das musste ja so kommen.“

Unter Berücksichtigung der strengen Vor-aussetzungen, welche die Rechtsprechung an das Vorliegen grober Fahrlässigkeit stellt, liegt diese Schuldform beispielsweise dann vor, wenn sich der Unfall an einer unzurei-chend gesicherten Maschine ereignet und die Aufsichtsperson bereits vor dem Unfall die Verantwortlichen zur Umrüstung der Ma-schine aufgefordert hatte, diese aber den-noch nicht für Abhilfe sorgten.

Eine weitere Fallgruppe, bei welcher von der Rechtsprechung grobe Fahrlässigkeit bejaht wurde, sind Verstöße gegen Sicher-heitsvorschriften, die vor tödlichen Gefah-ren schützen sollen. Fehlen beispielswei-se Absturzsicherungen und ereignet sich deswegen ein Unfall, wird von der Recht-sprechung bei einer Absturzhöhe von fünf Metern grundsätzlich ein grob fahrlässiges Verhalten bejaht, weil bei diesem Sachver-halt eine Gefährdung für die Beschäftigten offensichtlich ist.

Grobe Fahrlässigkeit liegt auch bei Manipu-lationen an Schutzeinrichtungen vor, wenn die Verantwortlichen von dem sicherheits-widrigen Zustand Kenntnis hatten und die-sen gleichwohl duldeten.

Zu den Aufgaben der Berufsgenossenschaften zählen vornehmlich Prävention und Rehabilitation. Beide Aufgaben-bereiche lassen sich aber nur dann bewältigen, wenn dafür auch die erforderlichen finanziellen Mittel vorhanden sind. Diese Gelder werden weitaus überwiegend von den Mitgliedsunternehmen durch Beiträge aufgebracht. Zur Ent-lastung der beitragszahlenden Solidargemeinschaft hat die Berufsgenossenschaft den gesetzlichen Auftrag, nach einem Wege- oder Arbeitsunfall zu prüfen, ob es einen Unfallverursacher gibt und dieser in Regress genommen wer-den kann. Diese Erstattungsansprüche der Berufsgenossenschaft können sich sowohl gegen betriebsfremde Dritte richten, aber auch gegen die Verantwortlichen eines Mitgliedsunternehmens. In beiden Fällen wird meistens eine Haftpflichtversicherung für den Ersatzanspruch der Berufsgenossenschaft aufkommen.

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3/4 2016 BG RCI.magazin BERICHTE UND INFORMATIONEN

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Deshalb hat die Berufsgenossenschaft zum Beispiel auch bei einem Unfall an einer Drehmaschine, bei welcher die hersteller-seits vorgesehene Sicherheitseinrichtung manipuliert worden war, von ihrem Rück-griffsrecht Gebrauch gemacht. Die Sicher-heitseinrichtung war unwirksam, weil der Sicherheitsschalter demontiert worden war. Daher konnte eine Beschäftigte in den Ge-fahrenbereich gelangen und erlitt dabei schwere Handverletzungen.

Werden vom Hersteller vorgesehene Sicher-heitseinrichtungen nicht genutzt, so kann dies ebenfalls Anlass für ein Rückgriffsver-fahren gem. § 110 SGB VII sein. So wurden in der Vergangenheit beispielsweise Regress-ansprüche geltend gemacht, weil ein Be-trieb die bei einer Kolbenschließmaschine vorgesehene und herstellerseits nachgerüs-tete Zweihandschaltung nicht benutzte, um das Arbeitstempo nicht zu verlangsamen. Die vorhersehbare und vermeidbare Folge dieser Vorgehensweise war, dass der Mit-arbeiter bei der Verschließung einer Kartu-sche mittels Fußsteuerung in den Gefahren-bereich der Kolbenschließmaschine geriet und verletzt wurde (s. Abb.).

Die Regulierung erfolgt in derartigen Fällen grundsätzlich durch die Betriebshaftpflicht-versicherung des Mitgliedsunternehmens. Diese ist – anders als beispielsweise im Kas-kobereich – auch bei einem grob fahrlässig herbeigeführten Unfall eintrittspflichtig.

Nur dann, wenn ausnahmsweise kein Haft-pflichtversicherungsschutz besteht, kann der Sozialversicherungsträger gem. § 110 Abs. 2 SGB VII nach billigem Ermessen, insbeson-dere unter Berücksichtigung der wirtschaft-lichen Verhältnisse des Unfallverursachers, auf den Ersatzanspruch (ganz oder teilweise) verzichten.

Insgesamt gesehen ist die Anzahl der An-sprüche gem. § 110 SGB VII – gemessen am Gesamtvolumen der Regressfälle – gering. Überwiegend werden von der Berufsgenos-senschaft gem. § 116 SGB X Schadenser-satzansprüche gegenüber betriebsfremden Dritten, welche den Unfall verursacht haben, erhoben. Bei dieser Anspruchsgrundlage reicht fahrlässiges Handeln der Person, die den Unfall herbeigeführt hat, für eine Haf-tung aus. In besonderen Fällen ergibt sich eine Eintrittspflicht sogar bereits aus einer Gefährdungshaftung. In Betracht kommen hier beispielsweise die Tierhalterhaftung oder die Halterhaftung für ein Kfz.

Die Ersatzansprüche gegen betriebsfremde Dritte sind vielfältig. Sie werden beispiels-weise gegen Fremdfirmen und deren Arbeit-nehmer erhoben. In Regress können aber auch Personen genommen werden, die Ver-kehrsunfälle verursacht haben. Zu denken ist hier insbesondere an die zahlreichen Unfälle Beschäftigter auf dem Weg von und zur Ar-beit, die sogenannten Wegeunfälle. Ansprü-che gegen Dritte können sich auch gegen Ärzte, denen bei der Behandlung berufs-genossenschaftlich Versicherter ein Kunst-fehler unterlaufen ist, oder Hersteller und Importeure von Geräten und Maschinen, an denen Beschäftigte von Mitgliedsunterneh-men zu Schaden gekommen sind, richten.

In diesen Fällen haben die Mitarbeitenden in einem Mitgliedsunternehmen auch An-spruch auf Schmerzensgeld gegen den Un-fallverursacher. Der Betrieb kann zudem Er-satz der von ihm erbrachten Geldleistungen im Rahmen des Entgeltfortzahlungsgesetzes verlangen. Er kann aber auch – wenn der Unfall zu einer höheren Beitragsbelastung durch die Berufsgenossenschaft führt – den Unfallverursacher ggf. wegen dieser finanzi-

Unfallsituation an einer Kolbenschließmaschine, bei der die vom Hersteller vorgesehene Zweihandschaltung nicht benutzt wurde. Illu: bgrci

Um Schadensersatzansprüche durch-zusetzen, empfiehlt sich das perfekte Zusammenspiel aller Beteiligten.

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ellen Mehrbelastung in Anspruch nehmen (vgl. BGH NJW 1989, 2115-2117).

Je nach Branche bestimmt die Satzung der BG RCI sogar, dass bei einem Alleinverschul-den eines Dritten der Unfall im Beitragsaus-gleichsverfahren nicht zu berücksichtigen ist. Im Zuge der künftigen Gefahrtarifre visionen ist beabsichtigt, diese Regelungen zum Beitragsausgleichsverfahren zu vereinheit-lichen.

Insgesamt gesehen empfiehlt es sich, dass in Fällen, in denen Schadensersatzansprü-che gegen Dritte in Betracht kommen, die betroffenen Beschäftigten, das Mitgliedsun-ternehmen, die Regressabteilung der Berufs-genossenschaft und die jeweils zuständige Aufsichtsperson eng zusammenarbeiten, um berechtigte Schadensersatzansprüche erfolgreich durchzusetzen. Denn perfektes Zusammenspiel zahlt sich aus.

Die Geltendmachung von Regressansprü-chen sowohl gem. § 110 SGB VII als auch gem. § 116 SGB X ist sicher unangenehm für denje-nigen, der damit konfrontiert wird. Die Arbeit der Regressabteilung der Berufsgenossen-schaft hat aber auch positive Effekte, denn zum einen entlasten die Regresseinnahmen die Solidargemeinschaft und bewirken eine Senkung der Mitgliedsbeiträge, zum anderen wird durch die Einleitung des Regressverfah-rens der Unfallverursacher direkt mit seinem sicherheitswidrigen Handeln konfrontiert, während er andernfalls möglicherweise völlig unbehelligt bliebe, weil ja die Berufsgenos-senschaft gegenüber den Verletzten für die Unfallfolgen aufkommt.

Im letzten Jahr konnte die Abteilung Regress der BG RCI Einnahmen aus Ersatzansprüchen in Höhe von 18,1 Millionen Euro erzielen. Dies ist ein Ergebnis, das allen beitragszahlenden Unternehmen zugutekommt.

Kirsta Müller-LajsBG RCI, Langenhagen

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Essen in Kantine – unversichert bis zur Außentür Eine versicherte Lehrerin war mangels Schulkantine zum Mittagessen in die Kan-tine einer benachbarten Sparkasse gegan-gen. Auf dem Rückweg zu ihrem Arbeitsplatz stürzte sie noch im Treppenhaus des Spar-kassengebäudes und verletzte sich am Knie.

Der Unfallversicherungsträger und das So-zialgericht Karlsruhe haben einen versi-cherten Wegeunfall verneint. Das Landes-sozialgericht Baden-Württemberg hat dies bestätigt. Der Rückweg zum Arbeitsplatz innerhalb der Räume der Sparkasse habe noch nicht zu den von der gesetzlichen Un-fallversicherung versicherten Wegen gehört. Bei Wegen zur Nahrungsaufnahme ende der Versicherungsschutz mit dem Durchschrei-ten der Außentür des Gebäudes, in dem sich die Kantine befinde, und beginne erst wie-der, wenn das Gebäude zwecks Rückkehr zum Arbeitsplatz durch die Außentür ver-lassen werde.

(Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Ba-den-Württemberg vom 13.12.2013 – L 8 U 1506/13 –)

Impfschaden nach Grippeschutzimpfung unversichert Die Mitarbeiterin eines Museums mit Pub-likumsverkehr ließ sich aufgrund eines An-gebots ihres Arbeitgebers vom Betriebsarzt gegen Grippe impfen. Als Folge der Impfung erlitt sie einen Impfschaden (Erkrankung der Nervenbahnen mit Lähmungen und Ge-fühlsstörungen).

Das Sozialgericht Dortmund lehnte einen Arbeitsunfall ab. Maßnahmen zur Erhaltung oder der Wiederherstellung der Gesundheit, worunter auch eine allgemeine Grippe-schutzimpfung falle, gehörten zum unversi-cherten persönlichen Lebensbereich. Selbst wenn die Impfung (auch) der Erhaltung der Arbeitskraft und damit dem Interesse des Unternehmens diene und dafür betriebliche Einrichtungen in Anspruch genommen wür-den, könne dies den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht begründen. Eine Anerkennung als Arbeits-unfall komme nur dann in Betracht, wenn die mit der Tätigkeit verbundene Gefähr-dung eine Grippeschutzimpfung über die allgemeine Gesundheitsfürsorge hinaus er-forderlich mache. Eine solche Gefährdung habe hier nicht vorgelegen.

(Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 05.08.2014 – S 36 U 818/12 –)

BG RCI.magazin 3/4 2016BERICHTE UND INFORMATIOEN

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Rauchen – ungesund und unversichert! Eine Pflegehelferin machte während der Arbeitszeit eine Raucherpause, die sie wegen des Rauchverbots in den Betriebsräumen außerhalb des Gebäudes verbringen musste. Auf dem Rückweg zu ihrem Arbeitsplatz stürzte sie in der Eingangshalle des Betriebsgebäudes und verletzte sich.

Das Sozialgericht Berlin hat einen Arbeitsunfall verneint. Rauchen sei eine per-sönliche, eigenwirtschaftliche Tätigkeit, die nicht unter dem Schutz der gesetz-lichen Unfallversicherung stehe. Dies gelte auch dann, wenn Beschäftigte we-gen eines Rauchverbots am Arbeitsplatz gezwungen seien, das Gebäude zum Rauchen zu verlassen. Daher seien auch die Wege zwischen Arbeitsplatz und Raucherzone unversichert. An dieser Beurteilung könne selbst die Annahme einer immensen Nikotinabhängigkeit nichts ändern.

(Urteil des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 23.01.2013 – S 68 U 577/12 –)

Sturz bei Durchschreiten der Haustür Ein Arbeitnehmer verletzte sich auf dem Weg zur Arbeit beim Verlassen seines Wohnhau-ses. Er hatte sich den Fuß zwischen der sich schließenden Außenhaustür und der Tür-schwelle eingeklemmt und war gestolpert. Er stürzte jenseits der Außentür und verletz-te sich das linke Knie.

Im Gegensatz zum Unfallversicherungsträ-ger und dem Sozialgericht Frankfurt/Oder hat das Landessozialgericht Berlin-Branden-burg einen versicherten Wegeunfall bejaht. Der Versicherungsschutz auf Wegen zur Ar-beit beginne mit dem Durchschreiten der Außentür des Hauses. Entscheidend sei da-bei, wo die Verletzung passiert sei, nicht, wo die Ursache gelegen habe. Da der Arbeit-nehmer sich erst nach dem Passieren der äußeren Zugangstür verletzt habe, sei der Versicherungsschutz zu bejahen.

(Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 20.09.2012 – L 2 U 3/12 –)

Aus der Rechtsprechung

Irene Peters, BG RCI, Heidelberg

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BG RCI-Röntgenmobil im humanitären SondereinsatzRöntgenuntersuchungen von Flüchtlingen

Die Zahl der Flüchtlinge hat auch Ministe-rien, Ämter und Behörden in Bedrängnis gebracht. So erreichte im Spätsommer des vergangenen Jahres eine Anfrage des Hessi-schen Innenministeriums die BG RCI. Für die völlig überlaufenen hessischen Erstaufnah-meeinrichtungen in Burbach und in Gießen wurde ein Röntgenmobil gesucht, um die Neuankömmlinge auf ernsthafte infektiöse Erkrankungen, zum Beispiel Lungenentzün-dung oder Tuberkulose, zu untersuchen. Die BG RCI sprang ein. Unbürokratisch entschie-den Vorstand und Beirat, das eigentlich für vorsorgende Röntgenuntersuchungen von Belegschaften der Mitgliedsbetriebe einge-setzte Röntgenmobil zur Verfügung zu stel-len. Und natürlich nicht nur das Gefährt, sondern auch das ganze Team um Matthias Bradatsch, Leiter der arbeitsmedizinischen Vorsorge der BG RCI in Langenhagen.

„Ich habe mein Team gefragt, ob es sich solch einen Einsatz zutraut. Das kann man nicht einfach verordnen, das sind schon hohe Belastungen, denen die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter da ausgesetzt sind“, erklärt Bradatsch. „Fieber, kaputte Füße, man sieht den Ankömmlingen an, dass sie

einen weiten Weg hatten. Wir haben auch schon Schrotkugeln in der Lunge entdeckt.“

Zum Team gehören zwei Röntgenassistentin-nen, ein Röntgenassistent und zwei Fahrer. Dienst wird im 14-Tage-Rhythmus gefahren, dann wird gewechselt. Dramatisch war die Lage in Hessen im vergangenen September. In Gießen wurden täglich rund 70 bis 100 Flüchtlinge untersucht. „Ein Knochenjob“, berichtet Bradatsch.

Seit Dezember 2015 steht das Röntgen-mobil in Heidelberg in der ehemaligen US-

Siedlung Patrick Henry Village. Dort ist die Lage inzwischen entspannt. Zum einen kom-men nicht mehr so viele Flüchtlinge, zum anderen ist das „Zentrale Registrierungs-zentrum“ des Landes perfekt organisiert. „Zwischen Ankunft und fertigem Asylantrag liegen gerade mal zehn bis vierzehn Tage, woanders dauert das wesentlich länger“, er-klärt Brandoberinspektor Holger Marschal-lek, Mitglied der Projektgruppe am frühe-ren US-Standort. In dieser Zeit werden die Flüchtlinge registriert, ärztlich untersucht und können den Asylantrag stellen. Fach-leute der Thoraxklinik werten die Röntgen-bilder aus. Bei positivem Befund werden die Flüchtlinge in die Klinik überstellt.

Im März sind im Patrick Henry Village zwei neue stationäre Röntgenstationen in Betrieb gegangen. Für Bradatsch und sein Team kehrte damit wieder Alltag ein. „Ich bin den Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar für den Einsatz, sie haben sehr viel Engagement gezeigt, das war einfach Spitze“, lobt Bra-datsch. „Die Geschichten der Flüchtlinge nimmt man mit nach Hause.“

Petra Singer, BG RCI, Heidelberg

Die Flüchtlingsfrage ist das nach wie vor beherrschende Thema in den Medien, in Gesellschaft und Politik. Hundert-tausende Menschen sind vor Krieg und Zerstörung nach Europa geflohen, mussten Heimat, Freunde und Familien, ihre Habseligkeiten, ihr Lebensumfeld zurücklassen. Viele von ihnen sind bei uns in Deutschland angekommen und hoffen auf Unterstützung. Unzählige freiwillige Helfer sind bis zur Erschöpfung im Einsatz, um die Not zu lindern.

Ein gutes Team: Fahrer Frank Weidlich, Röntgenassistentin Grit Lange, Arbeitsmediziner Matthias Bradatsch und Brandoberinspektor Holger Marschallek im Sondereinsatz.

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Das Röntgenmobil der BG RCI• Leistung der Zugmaschine: 480 PS• Gesamtgewicht des Zuges: 28 Tonnen• Gesamtlänge des Zuges: 16,83 Meter• Gesamthöhe: 3,80 Meter• Reisezeit: Von März bis November• ca. 3.000 Untersuchungen pro Jahr

Zielgruppe: Betriebe von 3 bis 50 Mitar-beitern, insbesondere aus den Bereichen Steinbruch oder Steinmetze; Vorsorgeun-tersuchungen bei Belastungen mit Quarz-staub oder Asbest (Silikose, Asbestose).

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Die Kampagne lief von 2013 bis einschließ-lich 2015. Insgesamt wurden in dieser Zeit rund 170.000 Unternehmen und Einrichtun-gen zur rückengerechten Gestaltung der Ar-beit beraten. Zu den Angeboten der Kampa-gne zählten zudem:

• Die Unterstützung von Betrieben bei über 3.500 Aktions- und Gesundheitstagen zur Rückengesundheit

• Mehr als 12.000 Seminare und Seminar-module zur rückengerechten Arbeitsge-staltung

• Broschüren, Filme zu Beispielen guter Pra-xis, Messebeteiligungen und Pressemit-teilungen rund um das Rückenthema

„Unser Engagement für die Rückengesund-heit hört mit dem Ende der Kampagne na-türlich nicht auf“, sagt Dr. Walter Eichendorf vom Spitzenverband der Berufsgenossen-schaften und Unfallkassen, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Zum einen seien zahlreiche, jedoch nicht alle Veranstaltungsmodule der Kampagne noch bis Ende des Jahres verfügbar. Zum an-deren engagierten sich die Unfallversiche-

rungsträger im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie weiter für die Prävention von Muskel-Skeletterkran-kungen (www.gdabewegt.de).

Nicht zuletzt fließen die Erfahrungen in die nächste Präventionskampagne ein. Sie hat zum Ziel, die Kultur der Prävention in den Unternehmen zu fördern. Die neue Kampagne soll 2017 starten. Sie wird ver-schiedene Aspekte der sicheren und gesun-den Gestaltung der Arbeit thematisieren, zum Beispiel Führungs- und Fehlerkultur, Kommunikation und Prävention als inte - grale Bestandteile aller Unternehmens - aktivitäten. nul

Die Präventionskampagne „Denk an mich. Dein Rücken“ ist zu Ende gegan-gen. Drei Jahre warben Berufsgenossenschaften, Unfallkassen, die Sozial-versicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau und die Knappschaft dafür, Rückenbelastungen bei der Arbeit, in der Schule und in der Freizeit zu verringern.

„Denk an mich. Dein Rücken“

170.000 Betriebe zu rückengerechter Arbeit beratenPräventionskampagne beendet / Zahlreiche – aber nicht alle – Veranstaltungs-module sind noch bis Ende des Jahres ausleihbar

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Umfrage

Wie erholsam ist der Feierabend?

Gold und Silber für „Denk an mich. Dein Rücken“Präventionskampagne mit zwei German Stevie Awards ausgezeichnet

Endlich Feierabend! Zeit, um auszuruhen, mit Freunden und Familie zusammen zu sein und den Hobbys nachzugehen. Aber gelingt es Berufstätigen, sich im Feierabend ausrei-chend von ihrem Arbeitstag zu erholen? Die gute Nachricht: Fast zwei Drittel aller Befrag-ten (62 %) antworten darauf in einer reprä-sentativen Umfrage der Präventionskampa-gne „Denk an mich. Dein Rücken“ mit „Ja“ oder „eher Ja“. 37 Prozent beklagen hinge-gen, eher keine ausreichende Erholung zu erlangen. 45 Prozent der Befragten geben an, nach der Arbeit stark oder sehr stark erholungsbedürftig zu sein. 54 Prozent ge-hen weniger oder gar nicht gestresst in den Feierabend.

Allerdings ist auch die Freizeit häufig ver-plant und nicht „frei verfügbar“. Mehr als

Passend zu ihrem Abschluss erhält die Prä-ventionskampagne „Denk an mich. Dein Rü-cken“ zwei German Stevie Awards in Gold und Silber. Die German Stevie Awards sind Wirtschaftspreise für deutsche Unterneh-men, mit denen herausragende Leistungen ausgezeichnet werden: vom Manager des Jahres über die Marketingkampagne des Jah-res bis hin zum Produkt des Jahres. Eine Jury aus Wirtschafts- und Branchenexperten ur-teilt über die eingereichten Bewerbungen.

Mit der Präventionskampagne „Denk an mich. Dein Rücken“ warben Berufsgenos-senschaften, Unfallkassen, die Sozialver-sicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) und die Knappschaft drei Jahre lang dafür, Rückenbelastungen bei der Arbeit, in der Schule und in der Freizeit zu verringern. Die Aktivitäten reichten von Ak-

die Hälfte der Personen, die das Gefühl ha-ben, sich während ihres Feierabends nicht ausreichend erholen zu können, fühlt sich auch hier unter Zeitdruck. Der Feierabend erscheint ihnen einfach zu kurz. Dazu tra-gen Überstunden und Pendelzeiten bei, aber auch familiäre Verpflichtungen (36 %). Stän-dig für Kollegen und Chefs erreichbar zu sein, spielt nur bei einer Minderheit derer, die sich nicht ausreichend erholt fühlen, eine Rolle. 14 Prozent geben an, auch am Feierabend noch für dienstliche Aufgaben zur Verfügung stehen zu müssen.

Was kann man tun, um nach der Arbeit richtig abzuschalten? „Darauf gibt es kei-ne allgemeingültige Antwort“, sagt Prof. Dirk Windemuth vom Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV, Dresden. „Jemand,

tions- und Gesundheitstagen, Seminaren und Betriebsberatungen bis hin zu einer umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit. Für dieses Engagement erhält die Kampagne zwei German Stevie Awards in den folgen-den Kategorien:

• Gold für „Deutschland bewegt Herbert“, die Social-Media Kampagne im Rahmen der Präventionskampagne „Denk an mich. Dein Rücken“ in der Kategorie Kommuni-kations- oder PR-Kampagne im Bereich Social-Media basierte PR

• Silber für „Denk an mich. Dein Rücken“ in der Kategorie Marketing-Kampagne des Jahres im Bereich Gesundheit, Gesund-heitliche Bildung und Aufklärung

„Wir freuen uns sehr über die Stevie Awards. Sie sind eine schöne Bestätigung für unsere Kampagne. Sie ermutigen uns, auch in unse-rer nächsten Kampagne zur Präventionskultur neue Kommunikationswege zu gehen“, sag-te Dr. Walter Eichendorf von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) an-lässlich der Auszeichnung. dguv

der körperlich stark beansprucht ist in sei-nem Beruf, braucht sicher einen anderen Ausgleich als Beschäftigte, die im Büro sit-zen. Generell fördert es aber die Erholung, nicht mehrere Dinge gleichzeitig erledigen zu wollen, sondern sich bewusst für eine Aktivität zu entscheiden. Zum Beispiel ei-nen Film schauen, ohne nebenher die Mails zu checken, oder beim Spieleabend mit der Familie nicht gleichzeitig noch die Urlaubs-planung zu besprechen.“ Der Gesundheit tue man mit einer bewussten Beschränkung Gutes, denn Stress durch dauerndes soge-nanntes Multitasking im Beruf und in der Freizeit könne zu Problemen führen, zum Beispiel Rückenschmerzen. dguv/n

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Sicherer Start in die Motorrad-Saison

Motorradkleidung muss nicht nur vor Witte-rungseinflüssen schützen und im Falle eines Unfalls Verletzungen verhindern. Sie sollte auch komfortabel sein, damit die Fitness des Fahrers nicht eingeschränkt wird. Vie-le Biker bevorzugen Textilanzüge, die mehr Bewegungsfreiheit, einen besseren Kälte-schutz und eine höhere Atmungsaktivität bieten als klassische Lederkombis. Zudem sind sie zumeist regentauglich. Ein Lederan-zug hingegen sitzt enger, flattert weniger und ist bei einem Sturz zumeist abriebfester als ein Dress aus Textilmaterial.

Für welches Material man sich auch ent-scheidet: Auf jeden Fall sollte der Anzug mit aufpralldämpfenden Protektoren mit CE-Zeichen ausgestattet sein. Der Deut-sche Verkehrssicherheitsrat (DVR) weist darauf hin, dass nicht nur das Material der Protektoren, sondern auch deren guter Sitz

Nicht nur die Maschine verdient zum Saisonbeginn einen prüfenden Blick, sondern auch die Schutzkleidung des Fah-rers und Beifahrers. Eventuell muss die vorhandene Ausrüstung für die neue Saison erneuert oder vervollständigt werden.

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Nicht nur die Maschine, auch die Schutzkleidung verdient regelmäßig eine gründliche Prüfung, ebenso der Helm.

an den gefährdeten Körperregionen den Unfallschutz beeinflusst. Falls der Anzug selbst nicht mit einem eingearbeiteten Rü-ckenprotektor ausgestattet ist, kann dieser auch separat gekauft werden. Beim Neukauf von Kleidung sollte man sich gegen das tra-ditionelle Schwarz entscheiden und statt-dessen gut sichtbare Signalfarben wählen, empfiehlt der DVR. So wird man von ande-ren Verkehrsteilnehmern besser wahrge-nommen.

Bereits seit einiger Zeit werden Westen und Jacken angeboten, die mit Airbags ausge-stattet sind. Ein Problem stellte bisher die zuverlässige und schnelle Auslösung der Luftpolster dar. Ein Bekleidungshersteller bietet nun eine Lösung an: Das Motorrad wird mit Sensoren und Steuerungselemen-ten ausgerüstet, die bei einem Aufprall drahtlos die Airbags in der Weste oder Ja-

cke auslösen. Umfangreiche Tests haben die Zuverlässigkeit des Systems belegt.

Die häufigsten Verletzungen entstehen bei Motorradunfällen übrigens im Fuß- und Beinbereich. Daher gehören nach Mei-nung der Unfallforscher möglichst waden-hohe Stiefel zum korrekten Motorrad-Outfit. Schließlich sollte auch der Helm einer kriti-schen Sichtung unterzogen werden: Ist er noch tauglich für die neue Saison? Weist vielleicht das Visier starke Kratzer auf und muss erneuert werden?

Auch die beste Schutzkleidung kann nicht alle denkbaren Folgen einer Kollision oder eines Sturzes ausgleichen. Jeder Motor-radfahrer sollte daher stets besonnen und defensiv unterwegs sein, damit der Spaß am motorisierten Zweirad ungetrübt bleibt. dvr/nul

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Verkehrssicherheit

Unfallbilanz 2015: Anstieg bei den Getöteten um 2,9 Prozent

„Die Zahlen der im Straßenverkehr Getö-teten und Verletzten haben nach 2014 lei-der auch 2015 zugenommen. Sie sind ein Alarmzeichen. Wir dürfen nicht nachlassen, uns weiterhin anzustrengen, diese Entwick-lung wieder umzukehren. Nach wie vor wer-den täglich neun Menschen auf unseren Straßen getötet, rund 1.000 verletzt. Dies zeigt, dass stetig sinkende Unfallzahlen kein Selbstläufer sind, sondern kontinu-ierlich große Anstrengungen erfordern“, kommentiert Dr. Walter Eichendorf, Präsi-dent des Deutschen Verkehrssicherheits-rates (DVR), die Unfallzahlen.

Man müsse sich jetzt auf Maßnahmen kon-zentrieren, die den größten Nutzen versprä-chen, sagt Eichendorf. Der DVR empfiehlt, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf sehr schmalen Landstraßen mit einer Fahr-bahnbreite von weniger als sechs Metern

auf 80 km/h zu begrenzen. Wo die Sicht-weite nicht ausreiche, um gefahrlos zu überholen, solle zudem die Anordnung von Überholverboten geprüft werden.

Weiterhin nötig sei die Überwachung und Ahndung erheblicher Geschwindigkeits-übertretungen, um das Verhalten der Auto- und Motorradfahrer zu einer sicheren und angepassten Fahrweise zu beeinflussen. Nach wie vor spielt die nicht angepasste Geschwindigkeit eine wichtige Rolle im Unfallgeschehen. Eichendorf: „Hohe Ge-schwindigkeiten gepaart mit mangelndem Sicherheitsabstand führen immer wieder zu schweren Unfällen.“

Darüber hinaus tritt der DVR für ein ab-solutes Alkoholverbot am Steuer ein. Da-bei geht es um die klare Regel: Wer fährt, trinkt nicht und wer trinkt, fährt nicht. Mit

der Umsetzung eines Alkoholverbots be-steht die Chance, die Zahl der Getöteten und Schwerverletzten deutlich zu senken. Zudem belegen die Ergebnisse mehrerer repräsentativer Umfragen eine hohe ge-sellschaftliche Akzeptanz einer solchen Maßnahme.

Erfolgversprechend erscheinen auch Feed-backsysteme für junge Fahrer. „Die jungen Leute brauchen längere Lernzeiträume, um die notwendige Professionalität am Steuer zu erlangen“, ist sich der DVR-Präsident sicher. Dazu müssten immer wieder Kor-rekturschleifen in die Fahrausbildung und die erste Zeit des selbstständigen Fahrens eingebaut werden: „Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, jetzt müssen sie endlich in eine modellhafte Erprobung überführt werden.“ dvr/nul

Nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind im vergangenen Jahr 3.475 Menschen im Straßen-verkehr ums Leben gekommen. Das sind 98 Todesopfer mehr als im Vorjahr. 393.700 Verkehrsteilnehmer wurden ver-letzt, ein Anstieg um 1,1 Prozent.

Gefährliche AblenkungDrei Viertel der Autofahrerinnen und Auto-fahrer sind der Meinung, dass Telefonieren (78 %) und das Lesen oder Schreiben von SMS (73 %) die gefährlichsten Ablenkungs-faktoren beim Fahren eines Kraftfahrzeugs sind. Dies ergab eine repräsentative Befra-gung im Auftrag des Deutschen Verkehrs-sicherheitsrates (DVR) bei 2.000 Personen über 14 Jahren. An dritter Stelle bei der Ein-schätzung der Gefährlichkeit rangierten die Nutzung des Internets und sozialer Dienste (55 %), gefolgt von der Bedienung des Navi-gationsgerätes (35 %).

Der DVR weist darauf hin, dass nach Schät-zung von Experten jeder zehnte Verkehrsun-fall durch Ablenkung verursacht wird. Wenn der Blick auf das Display des Smartphones nur zwei Sekunden dauere, lege man bei ei-nem Tempo von 100 km/h bereits 56 Meter im Blindflug zurück. Deshalb seien Ablen-kungen beim Fahren zu vermeiden. dvr

Drei Viertel der Autofahrer halten das Telefonieren und das Lesen oder Schreiben von SMS für die gefährlichsten Ablenkungsfaktoren beim Fahren eines Kraftfahrzeugs.

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ZKZ-Nr.: 57433 ISSN 2193-102X

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Impressum BG RCI.HerausgeberBerufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie Kurfürsten-Anlage 62D-69115 Heidelberg

VerantwortlichThomas Köhler, Ulrich Meesmann, Hans-Jörg Piasecki

ChefredaktionUlrike Jansen

RedaktionsleitungNorbert Ulitzka, Bochum

RedaktionsassistenzMarina Prelovsek, Bochum

Bezugs- und Adressänderungen nur per E-Mail: [email protected]

Kontakt Redaktion BG RCI.magazin Postfach 10 04 29, D-44704 Bochum Hunscheidtstraße 18, D-44789 Bochum Telefon: 06221/5108-57008 Telefax: 06221/5108-57098 E-Mail: [email protected]: www.bgrci.de

RedaktionDr. Michael Glück, Dr. Matthias Kluckert, Wolfgang Pichl, Burkhard Rehn, Christian van den Berg

GrafikDaniela Stork, Bochum

Druck und Versandte Neues Druckereigesellschaft mbH & Co. KG, Kempen

Auflage 92.000

Erscheinungsweise 6 Ausgaben jährlich

Für unverlangte Einsendungen keine Gewähr. Mit Autorennamen oder Namenszeichen versehene Beiträge geben ausschließlich die Meinungen der jeweiligen Verfasser wieder. Personenbezeichnungen beziehen sich gleicher- maßen auf Frauen und Männer, auch wenn dies in der Schreibweise nicht immer zum Ausdruck kommt. Zitierweise: BG RCI.magazin, Heft, Jahrgang, Seite

© BG RCI, HeidelbergAlle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers. !

„Erschütternde Wahrheit“

Gehirnerschütterungen immer ernst nehmen

Mehr als 44.000 leichte Schädel-Hirn-Ver-letzungen allein durch Sportunfälle wer-den jährlich in Deutschland diagnostiziert. Vielfach bleiben sie jedoch unerkannt und werden daher überhaupt nicht behandelt. Welche gravierenden Folgen wiederholte Ge-hirnerschütterungen haben können, wenn sie nicht therapiert werden, thematisiert das US-amerikanische Sportlerdrama „Er-schütternde Wahrheit“, das derzeit in den Kinos läuft. Neurologen der Berufsgenos-senschaftlichen Kliniken fordern daher dazu auf, auch Kopfverletzungen im Sport immer qualifiziert abklären zu lassen.

Neues Klinik-NetzwerkIm Verbund mit den Berufsgenossenschafts-Kliniken in Hamburg, Berlin, Halle und Mur-nau hat das Berufsgenossenschaftliche Uni-versitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum, das „Schädel-Hirn-Trauma-Netzwerk Sport“ begründet. Es will betroffenen Sportlerin-

nen und Sportlern eine kompetente An-laufstelle für die Diagnostik und Therapie von Schädel-Hirn-Verletzungen bieten. Das Netzwerk kooperiert dabei mit der ZNS-Han-nelore Kohl Stiftung im Rahmen der Initiati-ve „Schütz Deinen Kopf!“. Sie hat zum Ziel, die Öffentlichkeit und speziell Amateur- und Profisportler, Vereine, Trainer und Betreu-er verstärkt für das Problem unerkannter Gehirnerschütterungen zu sensibilisieren. Entsprechende Informationen sowie eine App mit Tipps für den Spielfeldrand sind auf der Seite www.schuetz-deinen-kopf.de abrufbar.

Die Berufsgenossenschafts-Kliniken ver-fügen aufgrund ihres besonderen Versor-gungsauftrags über umfangreiche Expertise im Bereich der Schädel-Hirn-Verletzun-gen. Sie haben daher maßgeblich an der Erstellung der Qualitätsstandards „Schä-del-Hirn-Verletzungen“ der Deutschen Ge-

setzlichen Unfallversicherung (DGUV) mit-gewirkt. Sie sind darüber hinaus auch in der Forschung in diesem Bereich engagiert. nul

Eine Elektroenzephalografie (EEG) ist bei der Abklärung eines Schädel-Hirn-Traumas unverzichtbar. Foto: bgh/Volker Daum