Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt

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K irchenzeitung Rückblick 2014 für das Bistum Eichstätt

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Jahresrückblick 2014 der Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt

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Kirchenzeitung

Rückblick 2014

für das Bistum Eichstätt

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AUS DEM BISTUMAUS DEM BISTUM Nr. 6 · 9. Februar 201422

Der Bischof kommt! DiesenSatz gab es in den vergangenen

Wochen im Dekanat Neumarkt oftzu hören. Bischof Dr. Gregor MariaHanke OSB hatte hier seine Pastoral-besuche absolviert, um mit denGläubigen aller Altersstufen insGespräch zu kommen. Zum Ab-schluss der Visitationen in Neumarkt(die Kirchenzeitung berichtete)standen die Pfarreien Sankt Martin(Pölling, Holzheim, Rittershof),Heilig Kreuz und Sankt Willibald(Woffenbach) auf dem Programm.Bischof Hankes Wunsch dabei: Die Gläubigen sollen „die Freudeam Glauben neu entdecken“.

OFFENES BEKENNTNIS

In Sankt Martin zieht Pfarrer Albert Ott ein sehr positives Fazit:„Der Bischof war äußerst um-gänglich und aufgeschlossen“. Inseiner Gemeinde sei der Bischoftrotz des vollen Programms ganzlocker gewesen. Auf der Besuchs-liste des Bischofs standen dabei unter anderem die „Kommunion-klassen“ der Grundschulen Pöllingund Holzheim, beide Kindergärtenund die Kinderkrippe „Haus derkleinen Füße“. Auch für eine Andacht mit Kindersegnungen inHolzheim und Begegnungen mitMinistranten und Mitgliedern desArbeitskreises Jugend im Pfarr-heim Charite nahm sich der BischofZeit. Beim Pontifikalamt in der

Pöllinger Pfarrkirche Sankt Martinbetonte Bischof Gregor Maria in seiner Predigt besonders, dass niemand seinen Glauben im „Schatz-kästchen“ einschließen solle. Er

forderte vielmehr ein offenes Bekenntnis im eigenen Umfeld zuchristlichen Werten. In den Pfarreien Heilig Kreuz

und der dazugehörigen Pfarrei St. Ägidius (Pelchenhofen) war dieFreude über den Besuch des Bischofs ebenfalls groß. In vielenGesprächen mit Mitgliedern der Ge-meinden informierte sich BischofGregor Maria über das Leben in derPfarrei. Bei Besuchen im Kinder-garten oder der Grundschule Wolf-stein und im Stuhlkreis mit Jugend-lichen und Ministranten kümmertesich der Bischof um die Belangeder jungen Christen. Außerdemnutzte er seinen Aufenthalt in Heilig Kreuz für Besuche bei Kranken. „Gerade diese Begegnungund persönliche Zuwendung gabden Kranken viel Kraft“, freute sichder Redemptoristenpater KrzysztofLabak. Zum abschließenden Ponti-fikalamt in Heilig Kreuz zog es viele Gläubige, darunter auch die in der Pfarrei ansässigen Vereine.„Wir alle fühlen uns durch den Besuch des Bischofs geehrt“, sagtePater Labak.

BISCHOF MIT CHARISMA

Auch in Woffenbach war dasPontifikalamt der krönende Ab-schluss eines großen Tages für dieGemeinde. Bischof Hanke nahmsich einen ganzen Tag lang Zeit für alte und junge Gemeinde-mitglieder. Im Kindergarten bekamder Bischof ein Ständchen von denKindern gesungen und betete mitden kleinen Christen das Vater-unser. Beim Religionsunterricht mitden Drittklässlern in der Grund-schule Woffenbach beantworteteBischof Gregor Maria geduldig alle Fragen zu seinem Leben als Bischof. In vielen persönlichen Gesprächen im Seniorenheim oderbeim großen abendlichen Empfangmit den Vereinsmitgliedern hatteBischof Gregor Maria schließlichein offenes Ohr für die Interessender Woffenbacher Pfarrangehörigen.„Unser Bischof hat das Charisma,auf Leute zuzugehen“, freute sichder Woffenbacher Pfarrer EwaldScherr. Seine Gemeinde habe „Feuer gefangen in der Begegnungmit dem Bischof.“ pde/pf/fla

Ein Video vom Pastoralbesuch inWoffenbach gibt es unter „www.bistum-eichstaett.de/video“.

Bischof Gregor Maria Hanke freutsich über Musik im

Woffenbacher Kinder-garten (Abb. o.)

und segnet jungeChristen in der Pfarrei

Sankt Martin in Pölling (Abb. l.).

In Heilig Kreuzwar Bischof GregorMaria Hanke im Gespräch mit Minis-tranten (Abb. o.) undzelebrierte mit PaterKrzysztof Labak undDiakon Norbert Obstdas Pontifikalamt (Abb. l.).Fo

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Freude am Glauben neu entdeckenKinder, Jugendliche, Senioren und Vereine freuten sich über Begegnungen mit dem Bischof

Weitere Pastoralbesuche imDekanat Ingolstadt stehen an:

• 13./14. Februar: St. Pius• 20./21. März: St. Willi-

bald, Oberhaunstadt und St. Peter, Unterhaunstadt

• 27./28. März: St. Josef• 3./4. April: St. Konrad• 10./11. April: St. Martin,

Mailing/Feldkirchen

Die übrigen Ingolstädter Pfarreien folgen Anfang 2015.

pde

TERMINE

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE 33Nr. 40 · 5. Oktober 2014

Gleich im Schatten der Schutz-engelkirche geht es in dem

Haus, das heute das CollegiumOrientale beherbergt, einige Stufenhinunter in den Keller, in ein Reichvon farbigen Schmetterlingen,leuchtenden Quarzgesteinen undMillionen Jahre alten Fischen. Dienaturkundlichen Sammlungen desPriesterseminars füllen etliche Re-galmeter und Vitrinen. Dr. MartinaKölbl-Ebert ist jeden Freitag hier,um nach dem Rechten zu sehen,aber vor allen Dingen um zu forschen, um Versteinerungen unterdie Lupe zu nehmen, um Fossilienzu untersuchen. „Wir haben hierdie weltweit größte Sammlung an Solnhofener Plattenkalken“, er-zählt die Direktorin des EichstätterJuramuseums. Auf der Willibalds-burg, in der Dauerausstellung, sinddie schönsten Exemplare, darunterder Urvogel Archaeopteryx, zu sehen. Der weitaus größte Teil derinsgesamt rund 20.000 Versteine-rungen lagert fein säuberlich erfasstin modernen meterlangen Roll-regalen aus Metall oder in mehr als 100 Jahre alten Holzvitrinen.Die Fossiliensammlung ist „dieeinzige, die noch wächst“, erklärtKölbl-Ebert beim Rundgang mitder Kirchenzeitung. Bei Forschungs-grabungen, die das Priesterseminarseit Jahrzehnten finanziell fördert,werden immer wieder neue Fundegemacht, die dann zum Säubern,Inventarisieren und Einlagern nachEichstätt kommen. Regelmäßigsind Wissenschaftler aus Mexiko,Japan, Australien oder den Ver-einigten Staaten in Eichstätt zu Gast,um im Keller des Seminars an besonderen Objekten zu forschen.Ein modernes Mikroskop und eine Apparatur um Detailfotos zu machen, stehen dazu in einem der

Kellerräume bereit. In einem anderen Raum ist Platz, um Ver-steinerungen aus dicken Steinplattenfreizulegen und zu präparieren.Das Priesterseminar besitzt neben

Fossilien noch eine Vielzahl ande-rer Objekte. Den Grundstock bildeteeine 1844 von einer aufgelöstenIngolstädterLandwirtschafts-und Gewerbe-schule aufgekaufteSammlung. Bi-schof Karl AugustGraf zu Reisachwollte, dass damals am neu ge-gründeten Lyzeum neben Theolo-gie auch die Naturwissenschaftennicht zu kurz kommen. AngehendePriester mussten neben Exegeseauch Chemie, Physik und Biologielernen. Als Anschauungsmaterialienkamen so Mineralien, Fossilien und zoologische Präparate nachEichstätt. Unzählige, fast zwei

Meter hohe alte Holzschränke, bergen in vielen kleinen SchubladenKäfer und Schmetterlinge. GroßeTeile stammen aus dem Nachlassvon Philipp Hoffmann. Der Theo-loge war zwischen 1865 und 1882Professor für Chemie und Natur-

wissenschaften.Ihm verdankt dasSeminar vor allenDingen eine umfangreicheSammlung anHerbarien (ge-trockneten, ge-pressten Pflan-

zen) sowie Käfern und Insekten.Die kleinen Etiketten neben denaufgespießten Eintagsfliegen undWespen und auch die Schilder anden Holzkästen tragen noch Hoff-manns Handschrift. Zwei Türen weiter stößt der

Besucher auf einen kleinen Zoo:Präparierte Enten und Fledermäusefinden sich hier ebenso wie in

Ausgestopftes und VersteinertesDas Priesterseminar besitzt eine große naturkundliche Sammlung / Neue Serie: Teil 1

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Im Keller des Priesterseminars lagern Millionen Jahre alte Schätze. Wie Martina Kölbl-Ebert berichtet zählen dazu rund 20.000 Versteinerungen,hunderte Mineralien und Tierpräparate aller Art.

Alkohol konservierte Echsen undFrösche. Auf dem Boden steht einefast ein Meter lange Meeresschild-kröte. „Die Sammlungen warenfrüher im Seminar viel prominenteraufgebaut“, erzählt Kölbl-Ebert.Schließlich waren die Objekte bei Vorlesungen regelmäßig imEinsatz. Auch heute noch findenhin und wieder Biologielehrer denWeg in die Seminarkeller, um fürihren Unterricht Präparate aus-zuleihen. Hoffmanns Nachfolger in Eich-

stätt wurde 1882 Professor JosephSchwertschlager. Auch er setzte dieSammeltätigkeit fort, unterrichteteund forschte. Sein Spezialgebiet:Rosen. Ein weiterer Name der engmit den Naturwissenschaften imSeminar verbunden ist: ProfessorFranz Xaver Mayr. Als er 1923 nach Eichstätt kam „konnte er dieSammlung der Hochschule mit denFrüchten seiner früheren Sammel-tätigkeit bereichern“, schreibt Dr. Günter Viohl, der Gründungs-direktor des Juramuseums, in einemWerk über Mayr. Sowohl durch Ankäufe als auch durch eigeneGrabungen ließ der 1974 ver-storbene Priester und Naturwissen-schaftler, die Bestände wachsen.Mayr kaufte auch einen Urvogel, derheute zu den wichtigsten Stückenim Juramuseum zählt. Für ihn wares wichtig, dass die Theologie-studenten „durch die Vorlesungenund Sammlungen Einblick erhaltenin die ungeheure Mannigfaltigkeit,Schönheit und Zweckmäßigkeit der Natur“. Dadurch solle das Ver-ständnis für die Schöpfung „undEhrfurcht vor dem Schöpfer“ geweckt werden, schrieb er 1964.Im Kirchgang, ein langer Flur

im ersten Stock, Wand an Wand mit der Schutzengelkirche haben weitere Teile der Seminarsammlungeinen Platz. Auf Regalbrettern lagernPferdeschädel und Tierskelette, inSchränken liegen Schnecken undMuscheln und hinter Glasscheibensind Lehrmaterialien ausgestellt.Neben Gipsmodellen einer Orang-Utan Hand gibt es eine präparierteSchildkröte, bei der sich der Panzeraufklappen lässt. Und auch eineSpule mit einem Lehrfilm über die menschliche Geburt findet sichunter den Anschauungsmaterialien,die damals in den Vorlesungen ge-nutzt wurden. Andrea Franzetti

Das Priesterseminar als Hortder Kultur, als Samm-

lungsort für Fossilien, aus-gestopfte Enten und Eulen, fürGeigen, für Schellackplattenund für wertvolle Handschriften:In einer neuen Serie stellen wir in loser Folge einige derbesonderen Sammlungen desCollegium Willibaldinum vor.

red

NEUE SERIE

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NACHGEFRAGT .. .

... bei DiözesanjugendpfarrerDomvikar Christoph Witczakzum diözesanen Weltjugendtagin Thalmässing:

KiZ: Was bedeutet für Sie der Diözesane Weltjugendtag inThalmässing?

Christoph Witczak: Ich seheihn als Vorbereitung auf denWeltjugendtag in Krakau. Jugend-liche und weitere Interessiertetreffen sich hier, damit es Konti-nuität in den Jahren zwischen denInternationalen Weltjugendtagengibt, die Treffen nicht abreißenund neue Generationen hinein-wachsen können.Was macht das Treffen in Thal-

mässing aus?Es sollte für jeden etwas dabei

sein: Die Jugendlichen sollenGemeinschaft erleben, da das dieWeltjugendtage auch auszeichnet.Es soll die Möglichkeit geben,sich auszutauschen und etwas zu erleben. Und junge Christen

sollen sich mit der Frage aus-einandersetzen und darübernachdenken, was wichtig ist imLeben, wie viele Facetten von Armut es heutzutage gibt.Welche Facetten sind beispiels-

weise für Jugendliche relevant?Armut an Freunden, die sich

im Unterschied von „Freunden“auf Facebook und echten Freunden zeigt oder auch diezeitliche Armut. fla

THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE Nr. 18 · 4. Mai 201444

Spaß und Gaudi, sondern auchernsthafte und gesellschaftlichwichtige Themen vermitteln will.Passend zum Motto „Ich bin arm –du auch?“ gab es vier verschiedeneGesprächsrunden, die in zwei Etappen angeboten wurden.Unter dem Titel „Arm an Orien-

tierung“ stand die Gesprächsrundemit Bischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB. Die Suche nach Sinnund Halt in der heutigen Gesell-schaft war hier im Vordergrund.

Bischof Hanke erzählte den Jugend-lichen beispielhaft die Geschichteeines gestressten Managers, derseine „innere Orientierung verlorenhatte“, ins Kloster nach Plank-stetten kam und in der Ruhe undmit der Bibel wieder Halt fand. ImGegenzug berichteten die Jugend-lichen auch von ihren Erfahrungenim Bezug auf Glaube und Gesell-schaft.Bruder Martin Berni aus Ingol-

stadt betreute die Gesprächsrunde„Arm an Gerechtigkeit“, die sichmit der Situation von Obdachlosenauseinandersetzte. Berni erzählteden Jugendlichen hier von den Herausforderungen bei der Arbeitin seiner Straßenambulanz, bei-spielsweise über die medizinischeVersorgung und die Verpflegung. Des Titels „Arm an Gesellschaft“

hatte sich Schwester Gerda Friedel

in ihrer Gesprächsrunde ange-nommen. Die Gesamtleiterin vonRegens Wagner in Zell sprach überdie Probleme von Menschen mitBehinderung in unserer Gesellschaft,die Hindernisse in der Umwelt unddie Hürden in den Köpfen. „Wirsind auf einem guten Weg und haben schon viel bewegt, aber dieGesellschaft muss noch weiter gehen“, sagte sie.Mit großem Interesse waren die

Jugendlichen vor Ort auch bei dervierten Gesprächsrunde unter demTitel „Arm an Freiheit“ dabei.Flüchtlinge aus Äthiopien, die derzeit in Thalmässing unterge-bracht sind, erzählten gemeinsammit Elfriede Sinke vom Unterstützer-kreis für Flüchtlinge in Thalmässingvon den schwierigen Umständen in ihrem Heimatland und ihremebenfalls nicht einfachen Alltag in

Musik ertönt. Die Sonnescheint. Man hört Gelächter

und Stimmen. Jugendliche laufendurcheinander, schütteln sich dieHände, klopfen sich auf den Rücken und haken sich unter. Mitkleinen Bewegungsspielen beginntder diözesane Weltjugendtag aufdem Platz zwischen dem Bunkerund der Pfarrkirche St. Peter undPaul in Thalmässing. Die Organisatoren, das bischöf-

liche Jugendamt der Diözese Eichstätt und der Bund der Katho-lischen Jugend (BDKJ), haben dieses Jahr ein neues Konzept unterdem Namen „Wegweiser“ ge-startet, das damit die sogenannten„Leuchtfeuer“ in Plankstetten ab-löst. Die größte Neuerung ist, dassin den nächsten Jahren immer einanderes Dekanat den diözesanenWeltjugendtag ausrichten soll.

TIEFGEHENDE THEMEN

Nach dem schwungvollen Ein-stieg und einer kurzen Begrüßungdurch BDKJ-DiözesanvorstandChristoph Raithel und Diözesan-jugendpfarrer Christoph Witczakwurde schnell klar, dass der diözesane Weltjugendtag nicht nur

Vom Leuchtfeuer zum WegweiserDer diözesane Weltjugendtag wurde in diesem Jahr in Thalmässing ganz neu umgesetzt

Der Bischof mittendrin: Sowohl bei den Spielen am Anfang, als auch mit einer Gesprächsrunde zum Thema„Arm an Orientierung“ und seiner Predigt bei der Jugendvesper gestaltete Gregor Maria Hanke den Tag mit.

Fotos: pde/Bah

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Mit Abreißzetteln wie am schwarzen Brett konnten sich die Jugend-lichen die Gesprächsrunden aussuchen. Dabei gab es zwei Durchgänge.

Foto: p

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE 55Nr. 18 · 4. Mai 2014

Deutschland. In einer Abschluss-runde mit allen Referenten und Jugendlichen wurde unter den rund 160 Teilnehmern ein erstes positives Fazit gezogen. „Ich dankeeuch für euer Kommen und dass ihreuch gegenseitig Raum schenkt“,sagte Bischof Hanke. Die äthiopi-sche Gruppe sorgte zudem für die Verpflegung. Sie hatte „Injera“,pfannkuchenartige Fladen, vorbe-reitet, die mit verschiedenen Bei-lagen und Soßen serviert wurden.

TEILNEHMER ZUFRIEDEN

Bei den Jugendlichen kam dasneue Konzept sehr gut an. „Es sindviele Gleichgesinnte da, mit denenich gerne zusammen bin“, sagtebeispielsweise Alfred Schröttle ausFünfstetten. „Ich fand das Themasehr ansprechend und kann hiercoole Gespräche führen“, erklärteSimone Grill aus Röttenbach. „Mirhat sehr gut gefallen, dass nicht nurmaterielle Armut, sondern auchsoziale Armut angesprochen wurde“, fand Philipp Köhner ausSchwabach. Für ihn hatte sich derTag „auf jeden Fall“ gelohnt.

ZUM THEMA

Die Geschichte der Weltjugend-tage beginnt 1984, als der

damalige Papst Johannes Paul II.zum „Heiligen Jahr der Erlösung“Jugendliche nach Rom einge-laden hatte. Ursprünglich als ein-malige Angelegenheit geplant,veranlasste der große ZuspruchPapst Johannes Paul II., das „Jahrder Jugend“ der Vereinten Natio-nen 1985 zu nutzen, um denWeltjugendtag als regelmäßigesEreignis festzusetzen. Seitdem findet er alle zwei

oder drei Jahre statt. In den Jahrenzwischen den großen Inter-nationalen Weltjugendtagen gibtes die diözesanen Weltjugend-tage, die ebenso wie die inter-nationalen Feiern thematisch gebündelt unter einem gemein-samen Bibelspruch als Motto stehen.In den 80er Jahren fand 1985

nochmals ein Treffen in Rom und 1986 der erste offizielleWeltjugendtag statt. Die nächsteninternationalen Treffen waren1987 in Buenos Aires in Argen-tinien und 1989 in Santiago deCompostela in Spanien.In den 90er Jahren führten die

internationalen Treffen 1991 nachTschenstochau in Polen, 1993nach Denver in den USA, 1995nach Manila, Philippinen, 1997nach Paris, Frankreich und 2000erneut nach Rom in Italien.Im vergangenen Jahrzehnt

machte der internationale Welt-jugendtag 2002 Station in Toronto in Kanada, 2005 in Köln, Deutschland und 2008 in Sydney, Australien. JüngsteStationen der internationalen Welt-jugendtage waren 2011 Madrid inSpanien und 2013 Rio de Janieroin Brasilien. Der nächste Inter-nationale Weltjugendtag wirddann im Jahr 2016 nach Krakauin Polen führen.Die Geschichte der diözesanen

Weltjugendtage im Bistum Eich-stätt beginnt im Jahr 2006 unterdem Motto „Leuchtfeuer“ imKloster Plankstetten. Weitere diözesane Weltjugendtage unterdem selben Namen fanden 2007,2008, 2010 und 2012 statt. Seitdiesem Jahr gilt nun das neueKonzept unter dem Namen„Wegweiser“, das den diözesanenWeltjugendtag in unterschied-liche Dekanate bringt. fla

Erfolgreich seit 1984

Nach dem Abendessen gab es eine Jugendvesper in der Pfarr-kirche. In seiner Predigt ging Bischof Gregor Maria auf die privilegierte Stellung Deutschlands und die ungleichmäßig verteiltenGüter ein. „Unser Wohlstand gehtein Stück weit auf die Kosten derArmen“, sagte er. Er forderte dazuauf, vom reinen Almosen geben hinzum Teilen und zur Solidarität zukommen. „Der Christ wird dortreich, wo er seine Armut vor Gotthinträgt.“So, wie der diözesane Weltjugend-

tag mit Musik und Bewegung begonnen hatte, hörte er auch auf. Der äthiopische Musiker Teweldespielte und sang zunächst einigetraditionelle Stücke auf dem Zupfinstrument Krar und demStreichinstrument Masinko, ehe dieBandmitglieder von „Amlers“ mitCoversongs zum Tanzen animierten.Treffpunkt in Mittelfranken, Musikund Essen aus Äthiopien und Be-sucher aus der ganzen Diözese –diese exotische Mischung funktio-nierte in Thalmässing wirklich gut.

Florian Lange

Tänze und Musik als Abschluss: Hier gab es beim diözesanen Welt-jugendtag keine Berührungsängste, alle feierten ausgelassen.

Buntes Programm:

Die äthiopischeGruppe kochte für

alle Teilnehmer(Abb. o. l.). Außer-dem gab es eineJugendvesper(Abb. o. r.) und Gespräche in thematischen

Runden (Abb. r.).

Fotos: Lan

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE Nr. 22 · 1. Juni 201466

Erfolgreiche Premiere in Eich-stätt: Bei der ersten Nacht deroffenen Kirchen gab es bis Mitter-nacht in 14 Gotteshäusern ein um-fangreiches Programm mit rund 50Veranstaltungen. Mitarbeiter derKirchenzeitung haben sich auf einen Streifzug durch die Nacht begeben und Eindrücke gesammelt.Eine Chronik:

19 UHR, PETERSKIRCHE

Vor der voll besetzten Peters-kirche in der Dominikanergasseveranstalten der Kammerchor derMittelstufe und die Liturgiewerk-statt der Klassen sechs bis zwölfdes Gabrieli-Gymnasiums ein be-wegendes einstündiges Programmmit dem Titel „Wer bin ich? Textevon Dietrich Bonhoeffer.“ DerKammerchor unter der Leitung vonMichael Beck beeindruckt mit einerbreiten Palette berührender musi-kalischer Stücke; die Liturgie-werkstatt unter Leitung der beidenReligionslehrerinnen Maria Freyund Barbara Krewin hat aus-gewählte Texte rund um das Lebenvon Dietrich Bonhoeffer vorbe-reitet.

20 UHR, SCHUTZENGEL-KIRCHE

Ruhig, mit konzentrierten Blickenund angespannten Fingern sitzendie Mitglieder der Jugendstadt-kapelle vor dem Altarraum. Posau-nen, Querflöten und Trompeten füllen die Schutzengelkirche mitsymphonischer Blasmusik. Nachjedem Stück liest Felicitas Weindl,Mitglied der Stadtkapelle, einenText vor. „Was ist die schöne neueWelt? Vervielfacht sich unser Besitz und reduzieren sich unsereWerte?“ Ein Moment der Stille füllt die Kirche, bevor die Kapelledas nächste Stück spielt.

21 UHR, ERLÖSERKIRCHE

Das schwache Kerzenlicht fla-ckert auf das gelbe Liederheft. Vielzu schwach, um die Noten deutlichlesen zu können. Doch Kathrin Huber stört es nicht. Die Taizéliederkann sie mit ihrer Querflöte schonlange auswendig spielen. Bereitsseit dreizehn Jahren begleitet sie in der evangelischen Erlöserkirchedie Taizéandachten. Teelichter inkleinen Gläsern schenken eine wärmende und wohlfühlende

Licht und Dunkelheit, Musik undDie erste Nacht der offenen Kirchen in Eichstätt war erfolgreich / Abwechslungs-

Bei dieser Nacht war alles dabei: von der stimmungsvollen Lichterprozession in der Kreuz-kirche (Abb. o. l.) über Bläserklänge der Jugend-stadtkapelle in der Schutzengelkirche (Abb. o. r.)oder des Posaunenchors in der evangelischen

Erlöserkirche (Abb. M. r.) bis hin zu Harfenmusik inder Heilig Geist-Kirche (Abb. u. r.). Auch für Ver-

pflegung war bei der Nacht der offenen Kirchen ge-sorgt. Im Innenhof des KSJ-Beneheims gab esLeckeres vom Grill (Abb. M. l.). Weitere Veran-

staltungen waren in der Abteikirche St. Walburg, inder Mariahilf-Kapelle und im Mortuarium (ohne Bild).

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE 77Nr. 22 · 1. Juni 2014

Atmosphäre. Der Gesang mit denwiederkehrenden Versen in ver-schiedenen Sprachen ist einfachund kurz, schnell können alle Besucher die Lieder auswendigmitsingen. Kathrin Huber freutsich über die vielen Besucher:„Taizé bedeutet für mich eine Zeit der Stille und Meditation unddas steckt einfach an.“

22 UHR, KREUZKIRCHE

Der Weg zur Kreuzkirche, be-gleitet von Kerzenlicht und einerwarmen Sommerluft, führt in eineerleuchtete, vom Gesang erfüllteAtmosphäre. Vor dem HeiligenGrab von Jerusalem leuchten schonein paar Kerzen in den Händen.Nach kurzer Zeit führt die Lichter-prozession vom Grab bis zum Altar. Ein kleines Lichtermeer aufroten und weißen Stofftüchern er-füllt die Kirche und lädt zur stillenAndacht und zum Gebet ein.

23 UHR, DOM

Es herrscht in fast vollkommenerDunkelheit eine mystische Atmo-sphäre im gut besuchten Dom.Dort singt die „Schola Gregoriana“unter der Leitung von Domkapell-meister Christian Heiß eindrucks-voll verschiedene liturgische Werkein lateinischer Sprache.

PFARRER ZUFRIEDEN

Im Rückblick zeigten sich dieOrganisatoren und Teilnehmer sehrzufrieden mit der ersten Nacht deroffenen Kirchen. „Für mich war es ein wunderschöner Abend. Be-eindruckt hat mich die Freude, mitder die Mitwirkenden die Kirchen-räume mit Leben gefüllt haben“,äußerte sich der evangelische Pfarrer Sieghart Schneider. FürDompfarrer Domkapitular JosephBlomehofer war die Nacht „einVersuch, der voll und ganz ge-lungen ist.“ Blomenhofers Fazit:„In der Nacht der offenen Kirchenkonnte man Kirche als eine vielschichtige, bunte, lebendigeund interessante Gemeinschaft inökumenischer Verbundenheit er-leben.“

bal/dku/vb/fla

Weitere Informationen und eineBildergalerie gibt es im Internetunter „www.nachtderkirchen-eichstaett.de“.

Besinnlichkeit wechselten sich abreiches Programm mit vielen Angeboten / Organisatoren zeigten sich sehr zufrieden

Stimmungsvolle Sinneseindrücke für die Besucher. Während in der Johanniskirche Kerzenangezündet werden konnten (Abb. o. l.), war derEichstätter Dom teilweise speziell beleuchtet (Abb. M. l.), teilweise dunkel, um die Schola Gregoriana in Szene zu setzen (Abb. u. l.). Musikpräfekt Rudolf Pscherer gab in der Schutz-engelkirche zudem eine Orgelführung (Abb. o. r.)und das Collegium Orientale freute sich über vieleBesucher (Abb. M. r.). Weitere Veranstaltungenwaren in der Michaelskapelle, der KHG-Kapelleund in der Kolping-Kapelle (ohne Bild).Fo

tos: Hoffm

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Fürs Gruppenfoto brauchte man viel Platz auf der Seminarwiese: Rund nach Eichstätt zum ersten Kinderchortag im Rahmen der Willibaldswoche gekom

WILLIBALDSWOCHEWILLIBALDSWOCHE Nr. 28 · 13. Juli 201488

Das hat es in der jüngsten Ge-schichte noch nie gegeben: So

viele Kinder zur Eröffnung der Willibaldswoche im EichstätterDom!“ So erfreut begrüßte BischofDr. Gregor Maria Hanke OSB rund500 junge Sänger und ihre Chor-leiter zum Pontifikalamt im Eich-stätter Dom. Rund 25 Kinderchöreaus dem ganzen Bistum waren extraangereist um gemeinsam als Riesen-Chor die musikalische Gestaltungdes Gottesdienstes zu übernehmen,der die Willbaldswoche einleitete.Vor der gemeinsamen Feier im

Dom mit Bischof Hanke stand fürdie Kinder ein erlebnisreicher Tagin Eichstätt, der nicht nur im Domendete, sondern auch dort begann.Am Vormittag hatte Domkapell-meister Christian Heiß seine Musikerkollegen, Chorleiter undRegionalkantoren aus der Diözeseund deren Schützlinge willkommengeheißen. Heiß betonte: „Uns ver-bindet etwas ganz Tolles! Wir kommen alle zusammen, um zusingen!“ Und damit sich die Gäste wohlfühlen, bekamen dieKinder, die noch nie im EichstätterDom waren, eine kleine Ein-führung. Heiß zeigte ihnen dasGrab des heiligen Willibald undden Platz des Bischofs, ehe es mitersten Einsingübungen direkt andie Arbeit ging.

GESANG BEGLEITET TAG

Bis zum Mittag probten die 500jungen Sänger, die in den BänkenPlatz genommen hatten und denDom schon fast ganz ausfüllten, dieLieder für den Nachmittag. Mittagszog die ganze Schar gemeinsamzum großen Zelt auf die Seminar-wiese, wo – natürlich nach einemKanon als Tischgebet – das Mittag-essen für alle anstand. Nachmittagswar Zeit für Spiele (der ZweitligistFC Ingolstadt hatte vier Fußbällespendiert), fürs Altstadtfest odernatürlich für noch mehr Gesang: einige Chöre absolvierten amNachmittag noch Kurzauftritte,beispielsweise auf den Treppen derResidenz. Nun blieb auch etwasZeit für eine erste Bilanz. Und diefiel sehr positiv aus. „Es ist eine tolle Gelegenheit, mit Kollegen undanderen Chören zusammenzu-kommen und natürlich klingen 500 Kinderstimmen im EichstätterDom auch einfach fantastisch“,

Anna Feichtmeier (11): „Mir hates bis jetzt sehr gut gefallen und natürlich lernt man sehr viel.“

Foto: A

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Alexander Hackner (13): „Es istschön, wenn man mal sieht, wieviele Kinder in Chören singen.“

Leo Bruckschlögl (9): „Der Tagheute ist eine tolle Abwechslungbeim Singen.“ (l.)Louis Siermann (9): „Mit so vielenKindern zu singen, klingt gleichganz anders.“ (r.)

Iris Ingerling (14): „Mein Lieblings-lied heute ist Ich lobe meinen Gott.Das klingt schön feierlich.“

Den Kinderchor Mehrklangder Pfarrei Berching gibt es

in der Altersgruppe von der 1. biszur 6. Klasse seit einem Jahr. Mitihrem Gesang bereichern die 18Kinder themenbezogene Gottes-dienste und Konzerte. Sie singenKanons, Neue geistliche Lieder,zweistimmige Gesänge und Lusti-ges mit Percussion und Instrumen-talbegleitung. Zusätzlich erhalten sie kindgerechte Stimmbildung unduntermalen ihren Gesang mit Körpergesten. Im Jahr 2013 nahmen sie an einer Tagung des Arbeitskreises „Kinderchor“ auf Schloss Hirschbergals Vorführchor teil. Außerdem dürfen alljährlich Kinder abwechselnd als Engel bei den Berchinger Ölbergspielen Solo singen. vb/fle

Der Pollenfelder Kinderchorwurde im Januar 2001 ge-

gründet und besteht aus 45 Kindern zwischen Vorschulalter und siebterKlasse. Sie gestalten Taufen undGottesdienste, hauptsächlich mitNeuen geistlichen Liedern, habenaber auch ein sehr breites welt-liches Repertoire. Außerdem gebensie Konzerte, unter anderem dasWeihnachtssingen in der Pfarrkir-che zusammen mit dem Männer- und Jugendchor. Zu diesem Ereignissangen sie auch sechsstimmig, während normalerweise nur ein- bis drei-stimmige Lieder auf dem Programm stehen. In nächster Zeit beginnt danndie Probenarbeit für ein Musical. Feste Termine jedes Jahr sind ein Pro-benwochenende mit einem befreundeten Chor und das Sommerfest beiihrer Chorleiterin mit Übernachtung im Zelt. vb/fle

MUSIK VERBINDET – VI

Ein Chor, der den ganzenBeim ersten Kinderchortag im Bistum Eichstätt kamen rund 500 Kinder und

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WILLIBALDSWOCHEWILLIBALDSWOCHE 99Nr. 28 · 13. Juli 2014

Hände in die Luft: Schon beim Einsingen und ersten Lockerungsübungenhatten die Kinder viel Spaß. Fröhlich und konzentriert machten alle mit.

Domkapellmeister ChristianHeiß dirigierte die 500 Kinder undJugendlichen im Eichstätter Dom.

500 Kinder und Jugendliche waren mit ihren Chorleitern und Begleitpersonen men.

sagte Peter Bruckschlögl, der denKinderchor der Pfarrei St. Johannesin Neumarkt, „Do-Re-Mi“, leitet.Auch Ute Schmidt vom Chor„F.R.O.G.“ (Fully rely on God =Verlasse dich ganz auf Gott) ausGreding zeigte sich begeistert.„Man ist einfach überwältigt, wenndie Kinder zusammen singen. DasAmbiente und die Atmosphäresind einfach toll.“

STIMME FÜR SCHÖPFUNG

Auch beim Pontifikalamt imDom zeigte sich Bischof Hanke inseiner Ansprache und Predigt be-geistert: „Wenn viele kleine Leutezusammenkommen und etwas machen, wird etwas Großes dar-aus.“ Mit Beispielen aus der Bibelund durch Sprichwörter zeigte erden Kindern auf, dass auch für Jesus und Gott der Gesang eine immense Bedeutung hat. „Singenist der klingende Atem Gottes inder Welt“ oder „Kirchengesang istdie Kurzschrift der Liebe zu Gott“gab Bischof Hanke den Kindernmit auf den Weg. „Ihr gebt derSchöpfung eine Stimme“, sagte eraußerdem zu den Kindern.Das Fazit von Domkapellmeister

Christian Heiß fiel dann auch sehr

positiv aus. „Es war ein fantasti-scher Tag, der meine Erwartungenübertroffen hat. Gerade die kleinenChöre haben das sehr genossen,auch mal in einer großen Gemein-schaft zu singen.“ Nun steht gleich das nächste Chortreffen fürHeiß und seine Jugendkantorei an.Gemeinsam fahren sie nach Pariszum 39. internationalen Treffenvon Pueri Cantores, dem katho-lischen Verband der Kinder- undJugendchöre. Florian Lange

Die Sebalder Spatzen ausSchwabach bestehen derzeit

aus 18 Kindern zwischen vier undelf Jahren. Hauptsächlich singensie peppige, religiöse und kind-gerechte Lieder, deren Texte mangut mit Körpergesten begleitenkann oder die sich für eine Beglei-tung mit einfachen Instrumenteneignen. In ihrer Pfarrei gestaltensie vorwiegend die Gottesdienstemit, unter anderem die Messe zum Pfarrfest, die sie alljährlich gemein-sam mit dem Jugendchor und dem großen Kirchenchor begleiten. Mitdiesen beiden Chören bestritten sie bereits ein gemeinsames Konzert inihrer Pfarrkirche. Auf dem Programm stehen aber auch gemeinsameAusflüge mit Eltern und Geschwistern, wie zum Kinderchortag nachEichstätt, der in diesem Jahr ein besonderes Highlight darstellt. vb/fle

Der Nürnberger Kinderchorder Pfarrei Maria am Hauch

wurde vor knapp einem Jahr gegründet und ist seitdem stetiggewachsen. Im Moment besteht eraus 15 Kindern im Alter von fünfbis 13 Jahren. Aufgrund diesergroßen Altersspanne stehen ein-stimmige Lieder auf ihrem Pro-gramm, die die Nachwuchssängerauswendig singen. Dabei werden sie meist von Instrumentalisten begleitet. Sie singen zu besonderen Anlässen im Gottesdienst, wie beispielsweise bei der Erstkommunion, die sie zusammen mit einer Orffgruppe mit der „Pfälzer Kindermesse“ untermalten, einer Messeaus dem Bereich Neues geistliches Lied. vb/fle

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ER CHÖRE IM PORTRAIT

Eichstätter Dom ausfüllteJugendliche zum gemeinsamen Singen zusammen

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE Nr. 31 · 3. August 20141010

Schaumberg und ins Gründungs-jahr 1564 reicht, in die Zeit, als derOrden der Jesuiten das Heft inEichstätt in die Hand nahm (1614),in die Zeit des Niedergangs während der Säkularisation. Ab derMitte des 19. Jahrhunderts wuchsdann zusammen und herrlich heran,was zusammen gehörte: das Seminarals Ort einer umfassenden Aus-bildung, vom Knabenseminar biszur Priesterausbildung. Am Endestand 1980 gar die Gründung einerKatholischen Universität.

STAAT IM STAATE

Der streng gescheitelte, gescheiteFührer zeigt, wie das Seminar („Eine kleine Stadt für sich!“) auf-gebaut war und funktionierte, als Bildungseinrichtung, Wohn-und Schlafstätte, als autarker Wirtschaftsbetrieb mit Gärtnereiund Ökonomie. Er stellt uns seine Bewohner, die Lernenden und Lehrenden, aber auch die nähren-den und pflegenden Mitmenschen,Angestellte und Ordensschwestern,vor. Er stellt die Wanderungen dieses Staats im Staate durch ver-schiedene Gebäude der Stadt, dasAuf und Ab, das orts- wie men-schenprägende Ineinandergreifenvon Bau- und Bildungsgeschichtedar. Man sieht, wie prägend diePräsenz des Seminars in der Stadtwar, und erahnt, welche Bedeutungseine Existenz an sich für die Stadtzeitweise hatte.Michael beschreibt einen bei-spielhaften Ausbildungsweg, „vonRespekt gebietenden Persönlich-keiten begleitet“: von Bischöfen,Regenten und Subregenten, Spiri-tualen und Mentoren, „Direktoren“und Präfekten, Rektoren und

Grüß Gott liebe Besucher, ichdarf mich Ihnen vorstellen.

Mein Name ist Michael“ – Aha, ein Namensvetter (Ich hätte aufWillibald gewettet!) begrüßt dieBesucher der Sonderausstellung„Das Bischöfliche Seminar Eich-stätt. Ein Blick hinter die Mauerneiner altehrwürdigen Institution“,die derzeit anlässlich des 450-jährigen Seminar-Jubiläums imDomschatz- und Diözesanmuseumgezeigt wird. Ein Pastell eines unbekanntenKünstlers, das die letzten Jahre imDepot des Museums fristete, zeigteinen unbekannten jungen Mann,ein Muster eines Priesteramts-kandidaten um 1850. Er übernimmt,so wollten es die Ausstellungs-macher, auf großformatigen Tafelnmit nicht gerade wenig Text dieFührung durch die Präsentation mitüber 100 Fotos und rund 60 Expo-naten, beileibe nicht nur Flachware.

BLÜTEZEIT – KRISENZEIT

Das „altehrwürdig“ im Titel derAusstellung, so viel wird klar, meinen die Ausstellungsmacherganz und gar ernst. Sie tun das mitRecht. Bei der Auswahl ihrer Exponate war dann aber hin undwieder schon ein Augenzwinkernmit dabei. „Persönlich, nostalgisch,stellenweise sentimental“ nenntDr. Claudia Grund den Blick, den der Besucher zusammen mitdem hübschen, höflichen brevier-bewaffneten Führer in Pastell aufdie „Blütezeiten des Seminars in derzweiten Hälfte des 19. und erstenHälfte des 20. Jahrhunderts“ wirft. Ein Rückblick auf die Anfängedes „Collegium Willibaldinum“,der bis zu Bischof Martin von

Ein Blick hinter die MauernDas Domschatz- und Diözesanmuseum zeigt eine Ausstellung zum 450-Jährigen des Seminars

Mein Name ist Michael – so be-grüßt der fiktive Ausstellungsführerdie Besucher in der Sonderausstel-lung. Abb. r.: das Tor des Seminars.

Beeindruckend: das Alumnat des Bischöflichen Seminars Eichstätt imSommersemester 1936 (Abb. u.). Gruppenbilder dieser Dimension, besonders vom Priesternachwuchs, wurden in den Jahren und Jahrzehntendanach immer seltener. Beeindruckend auch der Zug der Seminaristen durch Eichstätts Innenstadt (Abb. o.). Völlig unbeeindruckt: der Hund amRand der Prozession.

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE 1111Nr. 31 · 3. August 2014

Professoren. Man erhält Einblickin den von strenger Disziplin geprägten, von Schule, Gebet und Hausaufgaben ausgefülltenTagesablauf eines Gymnasiastenim Knabenseminar, das Internatund christliche Erziehungsanstaltzugleich war. Sieht große Schlaf-,Studier- und Speisesäle, oder das1952 von den Seminarbewohnernweitgehend in Eigenleistung er-richtete Freischwimmbad, liebevoll„Zöli-Bad“ genannt. Geschichte,ja Legende sind die Aufenthalte inSchloss Hirschberg, oberhalb vonBeilngries. Die Seminaristen ver-brachten hier – und nicht bei Muttern daheim – mit Sport, Wanderungen, Musik und Theaterihre Sommerferien. Wir erfahrenvon Michael, welch großen Wert

Arbeit amPult –so sah derArbeitsplatzder Studie-renden imEichstätterSeminar lange Jahreaus.

Kurios erscheintder Inhalt

mancher Vitrine:Zeugnisse

wissenschaft-licher Forschung

(Abb. o.) odersentimentalen

Erinnerns(Abb. r.).

Regens Andreas Bauch: Er prägteentscheidend die Entwicklung desSeminars im 20. Jahrhundert.

man auf eine umfassende musische Ausbildung der Gymnasiasten wieder Priesteramtskandidaten legte.Die musikalische Erziehung nahmeinen gewichtigen Teil der Studien-zeit ein. Zuständig war der Musik-präfekt, der auch den Chor und das Seminarorchester leitete.Sogar über einen eigenen, aus Seminaristen und Alumnen ge-bildeten, Blechmusikzug verfügtedas Seminar lange Zeit. Dazu kamenanspruchsvolle Theaterinszenie-rungen. Im Regelfall gab es jährlichdrei Aufführungen – im Herbst,im Fasching und während des Sommeraufenthaltes in Hirschberg.Bis in die Zeit der Wiederbelebungdes Seminars im 19. Jahrhundertgehen die sogenannten „Akade-mien“ zurück, freiwillige kulturelleZirkel, in denen sowohl die Knabenseminaristen als auch dieStudenten ihre literarischen undkünstlerischen Fähigkeiten pflegtenund unter Beweis stellen konnten.Das vielfältige gesellige Leben imAlumnat oder auch die Teilnahmean den Zusammenkünften derStudentenverbindungen in öffent-lichen Lokalitäten Eichstätts wer-den mit Liebe zum kuriosen Detaildokumentiert.

GLAUBEN UND WISSEN

Ebenso wird das Alumnat, das eigentliche Priesterseminar,vorgestellt, in Zeiten des „Kultur-kampfes“ Zufluchtsstätte für ins-gesamt etwa 1.000 Theologie-studenten aus dem gesamten deutsch-sprachigen Raum. Das eigentliche

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philosophisch-theologische Studiumfand am Bischöflichen Lyzeumstatt, ab 1924 in „Philosophisch-theologische Hochschule“ um-benannt. Die Ausbildung orientier-te sich an den klassischen Inhalten,die bereits im 16. Jahrhundert imKonzil von Trient für die Priester-ausbildung festgelegt worden waren.Neben den theologischen Inhalten,der systematischen und praktischenPhilosophie und der Philosophie-geschichte gehörten Psychologie,Pädagogik, Philologie, Welt- undAllgemeingeschichte, Mathematik,Physik, Chemie und Naturgeschichtezum Fächerkanon. Berühmt wardie Eichstätter Professorenschaft inder zweiten Hälfte des 19. Jahr-hunderts für ihre Forschungen im Bereich der Neuscholastik. Zu Unterrichtszwecken wurden

umfangreiche Sammlungen voneinzelnen Professoren angelegt.Die physikalische Sammlung be-findet sich nach wie vor im Seminar,während die Naturaliensammlungden Grundstock für das heutige Juramuseum auf der Willibalds-burg lieferte und die für den Kunst-geschichtsunterricht bestimmtenKunstsammlungen die Basis für dasheutige Diözesanmuseum bilden.Das alles weiß Michael dem Museumsbesucher zu berichten.Man kann sich lange aufhalten in dieser Ausstellung, man siehtviel, lernt so manches, unterhältsich dabei bestens und geht bereichert. „Voll freundlicherErnsthaftigkeit“ schaut einem derMuster-Michael nach. Ich wette, er heißt mit zweitem VornamenWillibald. Michael Heberling

Weitere Infos zur Ausstellung „Das Bischöfliche Seminar Eichstätt – Ein Blick hinter die Mauern einer altehrwürdigen

Institution“, die noch bis 2. November im Domschatz- und Diözesan-museum Eichstätt, Residenzplatz 7, zu sehen ist, unter Tel. 08421/50-266via E-Mail „[email protected]“ oder im Internetunter „www.dioezesanmuseum-eichstaett.de/sonderausstellung/“.Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 10.30 bis 17 Uhr, Samstag,Sonn- und Feiertag 10 bis 17 Uhr, Montag und Dienstag geschlossen.Ein Radiobeitrag zur Sonderausstellung ist abrufbar unter „www.bistum-eichstaett.de/radiok1“. Infos zum Priesterseminar unter„www.priesterseminar-eichstaett.de“. red

SERVICE

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE Nr. 35 · 31. August 20141212

ander von Menschen mit und ohne Behinderung) geht und setztdieses auch auf Lagern wie demdiesjährigen Diözesanlager um. Sebastian Ebert ist einer der Pfad-finder auf dem Lager, der sichschon intensiv mit den Themen Inklusion und Behindertenarbeitauseinandergesetzt hat. Er studiertSoziale Arbeit und absolvierte sein Praxissemester im Würzburger Diözesanbüro der Georgspfad-finder. Hier kam er mit diesem Thema in Berührung und arbeitetebei Projekten mit. Der Arbeitskreis„Bm²“ ist dabei die Anlaufstelle.„Die Bezeichnung steht für Be-hinderte machen mit“, erklärt Ebert.Man sitzt hier bei den Pfad-

findern auf Strohballen im Zelt, einen dampfenden Kaffee im

Haferl vor sich, während SebastianEbert die Herausforderungen seinerArbeit schildert. „Das geht schondamit los, wenn es nach einem Regen nass ist und der Boden weichist. Das kann ein Problem für Rollstuhlfahrer sein“, sagt Ebert.Um Lager auch für Menschen mit Behinderung zu ermöglichen,habe man deswegen immer spezielleBetreuer und Ausstattung mit dabei.

WICHTIGER ARBEITSKREIS

Darüber hinaus organisiert derArbeitskreis „Bm²“ auch besondereTreffen wie Segelfreizeiten für dieMitglieder. Das in dieser Richtungso viel möglich ist, liegt an der dicken Personaldecke: mit FrederikMerkt gibt es in Würzburg bei den Pfadfindern einen eigenen

Referenten für Behindertenarbeit,der zudem auf viele Ehrenamtlichezurückgreifen kann. Und auchganz konkret vor Ort wird Aufklä-rungsarbeit geleistet: mit der Dun-keljurte. Hier haben die Georgs-pfadfinder das Prinzip des Dunkel-cafés auf den Zeltplatz übertragenund ein besonderes Dunkelzelt ge-baut. In eines der großen, schwar-zen, typischen Pfadfinderzeltewurde ein zweites, etwas kleineresSchwarzzelt gesetzt, das nochmalspeziell abgedichtet und mit einemLüftungsrohr versehen wurde. Indiesem zweiten Zelt ist es wirklichkomplett dunkel.„Hier können die Besucher

den Umgang mit Blindheit näherkennen lernen“, erläutert Ebert bei einem kleinen Rundgang, bei dem

Dutzende Zelte, hunderte Pfad-finder: Wenn man durch das

Lagertor auf dem Willy Brandt-Zeltlagerplatz in Reinwarzhofenbei Thalmässing tritt, steht manmittendrin im bunten Treiben. Die Pfadfinder der DeutschenPfadfinderschaft St. Georg (DPSG)aus dem Diözesanverband Würz-burg hielten hier kürzlich auf dem Gebiet des Bistums Eichstätt ihrDiözesanlager unter dem Namen„Funkenflug“ ab. Dabei reichte schon ein kurzer

Gang durch die aufwändig errich-tete Zeltstadt, um einige Besonder-heiten zu entdecken. Beispielsweisedas Konzept für die verschiedenenAltersstufen, die alle eigene Auf-gaben und Teillager bekamen. Sohaben die Wölflinge, die jüngstenPfadfinder, eigene Dörfer errichtet,während die Älteren beispielsweiseeinen Pizzaofen aus Lehm oder einen Pool gebaut haben. Auch die Internationalität (Brasilianer,Algerier, Franzosen und Spanierwaren mit vor Ort) zeichnete dasLager aus. Und gerade die auf-wändig errichtete Infrastruktur mit24-Stunden-Rezeption im Zelt und eigenem Leitercafé zeigte, dasshier echte Freizeitlager-Profis amWerk waren.

MITEINANDER AUF LAGER

Doch es ist eine weitere Besonder-heit, die nochmals gesonderte Aufmerksamkeit verdient. Der Diözesanverband Würzburg istnämlich vorne dabei, wenn es umdas Thema „Inklusion“ (Mitein-

Mehr Verständnis mit DunkeljurteDie Pfadfinder der DPSG nehmen das Thema Inklusion auf ihrem Lager ernst

Lagerleben beim Diözesanlager „Funkenflug“: Für den Glauben gibt es ein eigenes Zelt. Die rote „Global Spirit“-Jurte bietet religiöse Impulse (Abb. l.).Während des Lagers gab es für große und kleine Pfadfinder viel zu sehen und zu entdecken (Abb. r.).

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Zwei Mitglieder des Arbeitskreises vor der Dunkeljurte (Abb. l.): Simi Guichard und Jasmin Fleischmann liegt die Inklusion am Herzen. Rechts oben ist das aufwändig gestaltete Lagertor zu sehen.

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE 1313Nr. 35 · 31. August 2014

Tobias ist dreizehn Jahre alt, lebt zusammen mit seinen

Eltern in einem kleinen Ort in derNähe von Weißenburg und genießtdas Leben eines jungen Teenagers.Nicht immer jedoch war es ihmmöglich, an allen Freizeitaktivitätenvon Kindern seines Alters unein-geschränkt teilzunehmen. Tobiaswurde aufgrund eines Sauerstoff-mangels während der Geburt mitSchädigungen im Sprachzentrumgeboren und ist damit einer von rund 80.000 Menschen in der Bundesrepublik, die aufgrundeiner Gehör- oder Sprachzentrums-Schädigung „anders“ mit ihrerUmwelt kommunizieren. Alleinein Deutschland werden jeden Tagrund zwei Kinder mit Gehör- oder Sprachbehinderung geboren.

GAR NICHT STUMM

Der umgangssprachliche Begriff„taubstumm“ ist dabei längst mehr als überholt und nicht mehr aktuell, gar diskriminierend.Während Gehörlose vor noch 20bis 30 Jahren als geistig behindertbezeichnet wurden, ist die For-schung und die Auffassung der Gesellschaft nun glücklicherweiseeine andere. Sprachbehinderte, beziehungsweise gehörlose Kinderwerden teils zweisprachig – durchGebärdensprache und Lippenlesen– erzogen und gehen dabei nahezunormalen Alltagstätigkeiten nach,haben einen Beruf und eine Familie.Denn nur weil jemand nichts sagt,heißt das nicht, dass er nichts zusagen hätte.Stumm ist beispielsweise Tobias

weder in seinen Taten noch in seiner Lebensart. Das Leitungs-team in Weißenburg ist mit ihmsehr zufrieden: „Tobias ist einfachfür alles zu begeistern. Die Gruppehat ihn super akzeptiert und er ist ein festes Mitglied unserer Gemeinschaft geworden.“, meintGruppenleiter Denis Wallmüller.Für Tobias ist das Pfadfindersein

schon längst zum Alltag geworden.Pünktlich jeden Mittwoch erinnerter seine Eltern an die Gruppen-stunde, dass ihn seine Mutter jedoch bis zur Tür begleitet, ist wiefur jeden Jungpfadfinder absolutundenkbar. Sie selbst ist, ebenso wieseine Leiter, begeistert von demEngagement ihres Sohnes: „Tobiassagt mir jeden Mittwoch, wenn ersich mit seinem Lächeln vor dem

Pfadfinderhaus bei mir verab-schiedet: Ich kann das alleine!.“ Schon seit ihrer Gründung setzt

sich die Deutsche PfadfinderschaftSankt Georg (DPSG) in ihrer Ordnung für die gleiche Teilhabe,Selbstbestimmung und Gleich-stellung von Menschen mit Be-hinderung ein. In den einzelnenDiözesen gibt es dabei entwederverschiedene Arbeitskreise oderReferenten, die sich für Projektemit Menschen mit Handicap beschäftigen.

ZUGANG ZUR GRUPPE

Das Projekt „Inklusion“ in derDiözese Eichstätt wurde ursprung-lich von Claudia Pössnicker vonder Tagesstätte für Kinder und Jugendliche der Regens Wagner-Stiftung Zell und Thomas Pelz, Projektreferent der Diözese Eichstätt, ins Leben gerufen. „Wirwollten unbedingt auch Menschenmit Handicap den Zugang zu unseren Pfadfindergruppen ermög-lichen, da der Umgang miteinan-der teilweise fremd ist. Aus einemGespräch mit Claudia sind wir auf Tobias aufmerksam geworden undnach einigen Briefwechseln kam er in die erste Gruppenstunde!“

Trotz anfänglicher Bedenken inBezug auf die Umsetzbarkeit,wurden diese schnell verworfen.Schon in den der ersten Stundenstand fest, dass das Projekt einSelbstläufer wird, so Pelz.Zwar ist die Möglichkeit, als

Sprachgeschädigter oder Gehör-loser bei anderen Jugendgruppenteilzunehmen insbesondere aufdem Land noch immer sehr ein-geschränkt, jedoch zeigen sich mehrund mehr Fortschritte. „Die Zu-sammenarbeit mit den Pfadfindernist sehr gut und ich wurde mir mehrsolcher Projekte auf dem Landwunschen“, sagt Tobias’Mutter.Beim Diözesanzeltlager 2013 der

Diözese Eichstätt am Osterberg inPfünz wurden deswegen auch Tagefür Kinder mit Handicap umge-setzt, damit diese das Lagerlebenkennenlernen und so vielleicht den Einstieg ins Pfadfinderlebenfinden können. Auch auf dem Lager klappte die Inklusion super.

Philip Eichinger, DPSG-Öffentlichkeitsreferent

Weitere Informationen zum Thema gibt es unter: „http://www.dpsg.de/aktivdabei/behindertenarbeit/“.

eine kleine Taschenlampe leuchtendarf, um zumindest ansatzweise dieOrientierung in der Jurte zu ermög-lichen. Im Dunkeln zeigen Blindeden Besuchern, wie beispielsweisedas Radar-Gehen mit dem Blinden-stock funktioniert, oder wie manblind ein Glas einschenken kann,ohne das etwas überläuft. Und inGesprächen im Dunkeln kann man noch einiges mehr erfahren.Zusätzlich gibt es spezielle Brillen,um unterschiedliche Seh-Handicapszu simulieren oder Vorrichtungen,die beispielsweise beim Schreibendie Himmelsrichtungen vollkommenumkehren. Eine Schlangenliniezeichnen kann dann schon zur Herausforderung werden.

Alle Angebote von „Bm²“ habeninsgesamt jedoch das selbe Ziel.„Behinderung als Begriff soll esirgendwann nicht mehr geben“,findet Ebert. „Nicht auf die Wörterkommt es an, sondern darauf, dass die Menschen im Umgangmit Behinderung sensibilisiert werden.“ Ganz ähnlich sehen dasauch Simi Guichard und JasminFleischmann vom Arbeitskreis„Bm²“. Simi sitzt selbst im Roll-stuhl, engagiert sich als Pfad-finderin und im Arbeitskreis und ist ein aktives Lagermitglied – ganzselbstverständlich. Jasmin Fleisch-mann drückt es so aus: „Die Zielevon, „Bm²“ sind, Pfadfinder in jedem Alter für die Themen Behinderung und Inklusion zusensibilisieren und es Kindern mit Behinderung zu ermöglichen,Pfadfinder zu sein und an Lagernteilzunehmen. Der Idealfall wäredann natürlich Inklusion in Gruppenstunden.“ Florian Lange

In der Gruppenstunde voll dabeiBeispiele für Inklusion gibt es auch im Eichstätter Diözesanverband

Sebastian Ebert wünscht sich,dass die Menschen sensibler imUmgang mit Behinderung und Inklusion werden.

Mittendrin:Tobias (Abb. u.,

grüne Jacke)fühlt sich

wohl bei denWeißenburger Pfadfindern.

Bei Aktionen wieder Altkleider-

sammlung (Abb. r.) ist er

mit Eifer dabei.

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE Nr. 38 · 21. September 20141414

Prof. Dr. Barbara Staudigl stehtim leergeräumten Eingangs-bereich der Maria Ward-Realschuleam Residenzplatz in Eichstätt. EineMarienstatue steht noch neben derTreppe, ein Porträt von Maria Wardhängt an der Wand. Ansonsten: vieleleere Räume, leere Regale, leereGänge. „Die Freude darüber, dasswir alle wieder zusammenziehen,überwiegt die Wehmut“, sagt dieDirektorin der Realschule. Sieselbst sei nicht so typisch für dasKollegium, da sie bereits seit dreiJahren komplett draußen in Rebdorfgewesen sei. Doch viele Kollegenwaren bisher nur am alten Standort.„Diese Zerissenheit haben wir nichtmehr ausgehalten.“Wenn nun zum neuen Schuljahrdie Schülerinnen und Lehrer derMaria Ward-Realschule in den neuhergerichteten Räumen in Rebdorfdas Schuljahr beginnen, geht fürden Eichstätter Standort eine Ärazu Ende, die mit der Gründung desInstitutes der Englischen Fräulein1869 (und dem schulischen Vor-läufer bei der Congrégration de Notre Dame du Sacré Cœur) ihrenAnfang genommen hatte. Nebender Zerissenheit waren auch Platz-probleme und notwendige Moder-nisierungen wichtige Argumente fürden Umzug. Nun lief parallel zuden abschließenden Bauarbeiten inden Sommerferien der Umzug vonEichstätt nach Rebdorf. Staudigl istvoll des Lobes. „Das Hausmeister-team hier und dort leistet unglaub-liche Arbeit“, sagt sie und hebtnoch einen Lehrerkollegen be-sonders hervor. Hans Bock, Wirt-schaftslehrer und dienstältester desKollegiums, der an Weihnachten in Rente gehen wird, erwies sich als Bindeglied zwischen dem Umzugsteam und dem Kollegium.Er nahm die Organisation des Umzugs in die Hand, die sich überdie ganzen Sommerferien hin-zog. Wenn alles gemeistert ist, bleibentrotzdem noch Baustellen. DerFachklassentrakt wird nicht fertigsein, wovon die Fächer Biologie,Musik und vor allem Sport be-troffen sein werden. „Engpässewerden entstehen und wir müssenkreativ sein“, sagt Staudigl dazu.Die alte Turnhalle wird in den nächsten zwei Jahren noch weiter-genutzt und mit einem Bussystem

Maria Ward zieht nach RebdorfDie ganzen Sommerferien lang dauerte der Umzug neben die Knabenrealschule /

Der alte Eingang:

Durch dieses Toram EichstätterResidenzplatz

gingen jahrzehntelang

die Schülerinnenin ihre Schule.

Impressionen aus der altenSchule: Einige letzte Kritzeleien

an der Tafel bleiben noch im verlassenen Gebäude der Maria

Ward-Realschule übrig (Abb. o. l.).Die alte Form der Durchsage wird

es so nicht mehr geben (Abb. o. r.).Hans Bock war das Bindeglied

zwischen Kollegium und Umzugsteam (r.).

Page 15: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt

THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE 1515Nr. 38 · 21. September 2014

und einem Sportlehrer im „Außen-dienst“ in den Schulbetrieb integriert.Und trotz vieler guter Neuerungen werden Lehrer und Schüler einigeDinge vom alten Standort ver-missen. „Die Infrastruktur der Stadtmit Cafés oder um Schulmaterialzu kaufen waren wir gewöhnt“, erzählt die Direktorin. „Und dieNähe zur Congregatio Jesu, mit derwir einen sehr guten und engenKontakt hatten, werden wir sehrvermissen. Wir mussten uns dafürnie anstrengen, das Verhältnis wareinfach da“, sagt Staudigl be-geistert. Ganz bewusst solle die Realschule deswegen auch eineMaria Ward-Schule mit der typi-schen „progressiven, kämpferi-schen Spiritualität“ bleiben. Zu-sammenfassend blickt Staudiglaber positiv in die Zukunft. „Es ist immer schade, wenn alte Strukturen verloren gehen, aberauch sehr schön, wenn man neueStrukturen schaffen kann.“Ortswechsel. Ein paar Tage vorSchulbeginn sind die Lehrer schonin den neuen Räumen in Rebdorfaktiv und packen an. Vor dem Eingang parken die Transporter der Handwerker, an manchen Stellen geht es noch grob zur Sache.Im ersten Stock im Direktorat steckendie Mitglieder des Kollegiums dieKöpfe über Plänen zusammen, die Materialien für die neue Schul-küche oder die Schülerbüchereiwerden verteilt. Es herrscht Auf-bruchstimmung.Mittendrin steht er, der Umzugs-spezialist der Maria Ward-Real-schule. Hans Bock, der auch jetztalle Hände voll zu tun hat. Er wardie gesamten Ferien gut beschäftigtund kann nun nach mehreren Wochen Umzugserfahrung sagen:„Der Auszug aus Ägypten war wesentlich einfacher als der Ein-zug ins gelobte Land.“ Er freut sich über die neuen „schönenRäumlichkeiten“, die aber auchsehr weitläufig sind und somit den Helfern lange Strecken ab-verlangen. Insgesamt ist er aber mit dem Umzug sehr zufrieden.„Auch, wenn die Bauarbeiten nochnicht komplett fertig sind, lief es eigentlich sehr gut. RegulärerUnterricht zum Schulstart ist auf jeden Fall möglich.“ Das wird sicherlich auch die Schülerinnenfreuen. Florian Lange

– das Ende der ZerissenheitFreude und Wehmut gleichermaßen / Gesamtes Kollegium packt mit an

Die neue Schulwelt aus verschiedenen Blickwinkeln:Das Schulleitungsteam mit Alexander Sturm, Prof. Dr. BarbaraStaudigl, Claudia Reil und MonikaHelmstreit (Abb. o. l., v. l. n. r.) unter dem Porträt von Maria Ward;einzigartige Decken im Klassen-zimmer (Abb. o. r.) und ein neuer Pausenhof (Abb. l.) erwarten die Schülerinnen.

Der neue Eingang:Einige kleineBauarbeitennoch, dann istder neue Haupt-weg in die Maria Ward-Realschule fertig.

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Page 16: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt

Erste Maßnahmen nach der Ankunft: ein medizinischer Check, den die Malteser und das Rote Kreuz organisierten (Abb. r.: Lagebesprechung der ehren-amtlichen Helfer), und die erste warme Mahlzeit von der Caritas-Großküche in Ingolstadt (Abb. l.).

THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE Nr. 41 · 12. Oktober 20141616

Donnerstag, 2. Oktober, 12 Uhr,das Mittagsläuten von den

Eichstätter Kirchtürmen begrüßtden ersten Bus mit Flüchtlingen,die in den Räumen der ehemaligenMaria Ward-MädchenrealschuleErstunterkunft finden sollen. Sichtlich erschöpft steigen Männer,Frauen, Kinder aus und betretenmit der wenigen Habe, die sie mitsich tragen – manchmal nur einePlastiktüte – das Haus, das in den vorangegangenen knapp vier Tagen fieberhaft für sie vorbereitetwurde. Genau 183 Asylsuchende,56 davon Kinder, aus Syrien, Eritrea, Afghanistan oder dem Irak,aber auch aus dem Kosovo, Bosnien und der Ukraine, werdenbis zum Abend die umfunktionier-ten Schulräume beziehen.

LOB VON DER MINISTERIN

Während die ersten Ankömm-linge von ehrenamtlichen Mitar-beitern des Malteser Hilfsdienstesund des Roten Kreuzes in Empfanggenommen werden, um sich einemersten Gesundheitscheck zu unter-ziehen, sind an verschiedenen Stellen des weitläufigen Schul-gebäudes noch Handwerkertrupps im Einsatz. Die wenigen Tage, die seit

der definitiven Entscheidung zur Aufnahme in Eichstätt vergangensind, konnten nicht ausreichen, aufden Punkt mit allen Vorbereitungen fertig zu sein (siehe Bericht S. 8).Das Lob der bayerischen Sozial-ministerin Emilia Müller bei derBürgerinfoveranstaltung wenigeTage zuvor gilt dennoch: ein Projektdieser Größe konnte noch

Denn ich war fremd, und ihr ...Am 2. Oktober kamen die ersten Asylsuchenden in die Erstaufnahme-Dependance in Eichstätt

Ankunft inEichstätt:Mit Bussen kamen 183

Asylsuchendevom Erst-

aufnahmelager München

Bayernkasernein die Depen-

dance an der Altmühl.

nirgendwo sonst in dieser Kürze realisiert werden“. Und immerwar die Öffentlichkeit informiert,stand den Medien die Tür offen. Nach Identifizierung, Registrie-

rung und der Begrüßung durch Ordinariatsrat Rainer Kastl, der für die Diözese die Organisationübernommen hat, werden die Zimmer belegt, möglichst nachHerkunft, so sind Konflikte un-wahrscheinlicher. Kennen sichzwei Familien, sollen sie neben-einander wohnen, sich so wenigerfremd fühlen. Die erste warme Mahlzeit liefert

am Ankunftstag die Caritas-Großküche Ingolstadt. Die Diözesehat in den ersten Tagen die Essens-versorgung übernommen, Frühstückund Abendbrot liefert die Küchevom Jugendtagungshaus SchlossPfünz, das Mittagessen kommt aus der Caritas-Großküche. MitAnfang der neuen Woche soll einvon der Regierung beauftragter Caterer übernehmen.

ALLE AN EINEM STRANG

Verwaltungsleiter Michael Füt-terer von der Regierung von Ober-bayern hat einige Erfahrung mitErstunterkünften, angesichts desnahezu reibungslosen Procederesan einem per se so gut geeignetenund dazu noch gut präparierten Objekt wie der Maria Ward-Schule,zeigt er sich zuversichtlich, was dieEingewöhnung der neuen Haus-bewohner angeht. Die Caritas hatunterdessen entsprechend dem Versorgungsschlüssel drei Vollzeit-stellen für Sozialpädagogen ausge-schrieben, die Asylsozialberatung

Fotos: Heberling (3), pde/Taiber

Page 17: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt

THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE 1717Nr. 41 · 12. Oktober 2014

anbieten werden. Neben den Maltesern, die in den ersten vierEingewöhnungs-Tagen mit rund150 Ehrenamtlichen rund um dieUhr im Einsatz sind, wie Einsatz-leiter Thomas Kemmeter berichtet,und Mitarbeitern vom Roten Kreuz,denen ortsansässige Ärzte im Not-fall zur Seite springen, gibt es einenvierköpfigen Wach- und Sicher-heitsdienst, der Schichtbetrieb fährt.Die Männer sind in ständigem Kon-takt mit der Polizei am Ort. Grundzur Klage gab es bislang nicht.Die Caritaskreisstelle Eichstätt

öffnet in den ersten Tagen ihreKleiderkammer, denn viele habennur das, was sie am Leib tragen und die Herbsttage werden schnell kühler. Und immer wieder wirdauch von außen spontan Hilfe an-geboten, wollen Bürger Bekleidungoder Kinderspielzeug abgeben. Das alles mag den neuen

Bewohnern von Maria Ward, dienach teilweise wochenlanger, ge-fährlicher Flucht aus ihrer Heimatin Eichstätt gelandet sind, fürs erste das Gefühl nicht nur des Angekommen- sondern des Ange-nommenseins vermitteln.

Michael Heberling

Ohne ehren-

amtlicheMitarbeitvon Ange-stellten desOrdinariats,

des Bauamtsoder andererdiözesaner

Einrich-tungen

ging nichts.

ErnsteGespräche

führte Bischof Hanke

mit den Asylsuchendenin Maria Ward.

Die Kinder freuten sichüber die mit-gebrachtenSüßigkeiten.

Am Abend des Erntedankfestsbesuchte Bischof Dr. Gregor

Maria Hanke OSB zusammen mitGeneralvikar Dompropst IsidorVollnhals und dem Rektor des Collegium Orientale, OleksandrPetrynko, die Asylsuchenden. Fastzwei Stunden lang erfuhr er in Ge-sprächen mit den Flüchtlingen vomSchicksal ihrer Familien, von derSituation in ihrer Heimat, von denSchrecken der ungewissen Flucht,den Qualen der Verfolgung oder garder Folter.Angesichts der beeindruckenden

Leistung die „unsere Leute“ hiergebracht haben, sei er „tief berührtund stolz“, sagte Hanke der KiZ. Zugleich habe er „ein grundsätzlichgutes Gefühl“ und sei nach wie vorsicher, mit der Bereitstellung desHauses die richtige Entscheidunggetroffen zu haben. Nichtsdestotrotzzeigten sich verständliche Er-müdungserscheinungen, wenn nicht„die staatliche Regie in den nächstenTagen und Wochen stärker sicht-bar wird“. Das hohe Niveau der anfänglichen Amtshilfe könntendie kirchlichen Mitarbeiter und alleEhrenamtlichen „auf Dauer nichtstemmen“. hebe

„Tief berührt und stolz“Bischof Hanke kommt zu den Asylsuchenden nach Maria WardFotos: Heberling

„SO GESEHEN

Flucht-Gedanken

„Viele Flüchtlinge von heutesind unsere Nachbarn vonmorgen – und so sollten wir sie auch behandeln“ – das sagte der Ministerpräsident

von Niedersachsen, StephanWeil, beim Festakt zum Tag derDeutschen Einheit in Hannover.Es mag sich etwas sehr nachgefühliger Feiertagsrede an-hören, aber mir scheint, derRedner ist mit dieser Aussage,mal abgesehen von der unbe-streitbaren Slogantauglichkeit,auf der Höhe der Zeit, diesergrausam-gefährlichen. Und daskann man nicht allen politischAktiven nachsagen. Es mag sichetwas nach „Alle Menschenwerden Brüder“ oder so an-hören, aber was hier prognos-tiziert wird, ist ja weder einGutmenschen-Traum noch einMenschenangst-Albtraum. Esist genau das, was Realität werden kann, werden muss,und nur unter unseren helfenden Händen wird. Die Deutschen haben das

schon zwei Mal erlebt, nachdem Zweiten Weltkrieg undnach dem Fall der Mauer: Dass Fremde kamen und Mit-bürger werden wollten. Undweil wir auch wissen, was damals alles nicht glatt lief undheute dennoch viel zu gern und zu schnell nostalgisch ge-schönt dargestellt wird, solltenwir achtgeben, welche Fehlerwir keinesfalls wiederholendürfen, wenn wir Frieden imLand und Frieden zwischenden Ländern wahren wollen.Der Tag der Deutschen Einheit, der Tag der Fremden,die Nachbarn werden, in Hannover, in Eichstätt undüberall sonst.

MichaelHeberling,Redaktions-

leiter. Foto: Karl

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SEMINARJUBILÄUMSEMINARJUBILÄUM Nr. 42 · 19. Oktober 20141818

Auf Seite eins kommt die Grußbotschaft des Papstes.

Gabriele Fährmann hat im neuen,850 Seiten dicken Gästebuch desPriesterseminars extra Platz ge-lassen. Das päpstliche Wappenmuss sie noch nachzeichnen undden Text wird sie in der englischenKanzleischrift eintragen. Zum 450-jährigen Bestehen hat sichdas Collegium Willibaldinum eineigenes Geschenk gemacht und bei der Eichstätter Künstlerin eineinige Kilogramm schweres Gäste-buch bestellt. Seminarist MarkJohnson hatte am Tag der Begeg-nung die Aufgabe, mit dem Buch inder Hand, auf Stimmenfang zu ge-hen. Neben den vielen Ehrengästen aus Kirche und Politik, trugen sichauch die Professoren der Katholi-schen Universität in Eichstätt, die Seminaristen selbst und vor allen Dingen die Besucher ein.Davon gab es am zweiten Tag

der Jubiläumsfeiern einige. Von11.30 Uhr an bis 17 Uhr glich das Seminar einem Taubenschlag.Sechs Eingänge, darunter der Tor-bogen zum Atrium am Leonrod-platz, standen offen und locktenInteressierte an. Mehr als 30 Pro-grammpunkte fanden sich in demäußert farbenfroh gestalteten Flyer:vom Kurzfilm über das Seminar,über einen Workshop „Wie fliegenDinosaurier?“ bis zur Ausstellungüber die Jesuiten in Eichstätt. Auf allen Etagen, im Innenhof, inder Schutzengelkirche und auch imDiözesanmuseum gab es Wissens-wertes, Kurioses und Hintergründigeszum Seminarleben. Da standenRäume offen, in die sonst nur An-gestellte, Bewohner oder Tagungs-gäste kommen, da gab es alte Fotos zu sehen, die von längst vergangenen Zeiten erzählten undda gab es genügend Punkte, die auf die Kernaufgabe des Seminars aufmerksam machten: die Priester-ausbildung und die damit ver-bundene Spiritualität.Im dritten Stock, neben der Nar-

dini-Kapelle, stand Spiritual PiusSchmidt den ganzen Nachmittagden Gästen Rede und Antwort. Erinformierte über die vier Säulen derPriesterausbildung, zu der nebendem Theologiestudium menschlicheReifung, geistliches Wachstum und pastorale Fähigkeiten zählen.Schmidt sieht seine Aufgabe in der

„Über diese Gänge sind wir Beim Tag der Begegnung zum Jubiläum öffnet sich das Priesterseminar und

Seminaristen im Einsatz:

An mehreren Stationenwaren die angehenden

Priester am Tag der Begegnung gefragt.

Einige verkauften die neueFestschrift, Feuerzeugeund Kaffeebecher zum

450-jährigen Bestehen desCollegium Willibaldinum,

andere verteilten schwarze Luftballons

mit dem Seminar-Logo.

Für die Besucher des Hauseshat Gabriele Fährmann (Abb. r.)

ein Gästebuch gestaltet. Die erstenSeiten sind für die Botschaft

von Papst Franziskus reserviert.Auf den hinteren Seiten kann sichauch Sebastian Lesch (Abb. o., l.)eintragen. Der 32-Jährige erzähltevon seinem Weg ins Priesterseminar.

Ein Wiedersehen gab es für zahlreiche früherer Bewohner derKnabenseminare. Die Abiturienten

von 1983 (Abb. o., r.) waren –wie viele andere – extra eingeladen

worden und tauschten im Speisesaal Erinnerungen aus.

Fotos: Franzetti

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SEMINARJUBILÄUMSEMINARJUBILÄUM 1919Nr. 42 · 19. Oktober 2014

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StorkMehr

spirituellen Ausbildung, die „zu einem echten Gebetsgeist hinführt“.Dazu gibt es wöchentlich eine sogenannte geistliche Stunde mitallen Kandidaten eines Jahrgangsund regelmäßige Einzelgespräche.Die Zeit im Seminar sei auch „eine Zeit der Prüfung der Echtheitder eigenen Berufung zum Priester-tum“, hat Schmidt auf eine Info-tafel geschrieben.Zwei die diese Prüfung abgelegt

haben, stellten sich am Tag der Begegnung den Fragen der Be-sucher. Im Kaminzimmer, in derNähe der Kreuzkapelle der Semi-naristen, gaben sie vor kleinemPublikum offen und ehrlich Aus-kunft über ihren Weg zu Gott. Dergebürtige Pole Sebastian Lesch undder Oberpfälzer Ulrich Schmidtsprachen vom Informatikstudiumoder der absolvierten Kaufmanns-lehre und dem gewissen Etwas,dass in ihren Leben fehlte. Bis siedem Ruf folgten und ins Seminareintraten. Schmidt zeigte sich angetan vom Leben im Seminar:man brauche sich um wenig zukümmern, vieles sei geregelt. Zudem habe er viel Zeit, um nach-zudenken und um zu beten. VieleFreunde und Bekannte würden ihn immer wieder darum bitten:„Die wissen: Ich kann das.“ Leschund Ulrich werden im kommendenJahr zum Diakon geweiht und ihreTage im Seminar sind gezählt.An einen bedeutenden Aspekt

der Seminargeschichte erinnerteneine Ausstellung im Jesuiten-refektorium und etliche Zeitzeugen,die zu Gast waren: das Knabense-minar. Von 1838 bis 1993 durch-liefen viele Jungen diese Station,lebten sie im Internat, schlurften sie„mit Hausschuhen durch dieseGänge“, wie ein früherer Schülersich erinnerte. Viele Ehemalige trafen sich nach etlichen Jahrenzum ersten Mal wieder, plauderten gemeinsam an der Kaffeetafel, andere führten stolz ihre Frauenund Kinder durch die Räume, dieihre Kindheit geprägt hatten. RegensChristoph Wölfle zeigte sich imGespräch mit der Kirchenzeitungbegeistert von den Jubiläums-feierlichkeiten. Besonders in der Hausgemeinschaft habe sich eineDynamik entwickelt, „die die innereVerbundenheit zu unserem Hausdeutlich macht“. Andrea Franzetti

mit Hausschuhen gelaufen“bietet Raum für Erinnerungen, Informationen und Einblicke in die Ausbildung

Rückblicke und Ausblicke: Im ganzen Haus waren kleine Ausstellungenvorbereitet, die ein Bild auf frühere Zeiten warfen (Abb. o., l.). Der 29-jährigeUlrich Schmidt (Abb. o., r.) gab im Workshop Nummer 24 „Priesterausbildungaktuell“ Auskunft und stellte sich den Fragen Interessierter. Eingeladen zum Seminarjubiläum waren alle Oberhirten aus den EichstätterPartnerbistümern. Zum ersten Mal trafen Bischof Thomas Dabre aus Poona, Bischof Gregor Maria Hanke, Gitegas Erzbischof Simon Ntamwanaund Bischof Jan Baxant aus Leitmeritz zusammen.

Rede und Antwortstand Pius Schmidt (2. v. r.) den Besuchern.Der Spiritual des Eichstätter Priester-seminars stellte die geistlichen Aspekte derPriesterausbildung vor.Fo

tos: Franzetti

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P. Francis Succar OLM

Thomas Kemmeter im Gesprächmit Bischof Hanke.

Angekommen: Mathias Schmittund seine Kolleginnen vertreten die Caritas in der Eichstätter Erstaufnahmeeinrichtung.Fo

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE Nr. 46 · 16. November 20142020

dieser Woche wird die Präsenz des Verbands in Maria Ward mitzwei halbtags eingesetzten Kräftenverstärkt. Ihre Aufgabe: Hilfe fürdie Flüchtlinge bei allen Problemenmit dem neuen Alltag im neuen Land. Hierzu braucht mankompetente Kooperationspartner,„Vernetzung ist das A und O“, sagtSchmitt. Also werden Freiwilligen-und Multiplikatorentreffen anbe-raumt, Dienstgespräche geführt und auf Wunsch auch aufgeklärt, in Schulen etwa. So sind die Flüchtlingsberater immer auch Öffentlichkeitsarbeiter. Ein Blickauf Schmitts Liste zeigt, wie großdie Bereitschaft in der Öffentlich-keit ist, den neuen Eichstätter Mitbürgern auf Zeit ihre Um- undEingewöhnung möglichst zu er-leichtern. Für Fahrdienste, Kinder-betreuung, Computer-, Sport- oderFahrradgruppen haben sich schonFreiwillige gefunden. hebe

handlungen Nägel mit Köpfen ge-macht wurden. Vom bischöflichenAngebot über die endgültige Entscheidung der Raumnutzung bishin zur Informationsveranstaltung

Mathias Schmitt braucht Koffer.Nicht für sich selbst, sondern

für die Asylbewerber, die in diesenTagen von Eichstätt aus an andere Orte übersiedeln. An- undAbreisen sind das Normale bei Erstaufnahmeeinrichtungen undtrotzdem bedeuten sie organisa-torischen Aufwand und bringen Unruhe, weiß der Caritasmitarbeiter.Anfang des Monats hat er von der sogenannten dezentralen Be-treuung in die Einrichtung am Residenzplatz gewechselt, noch in

gerät, wenn er den „Feuereifer seiner Leute“ beschreibt. Der Ein-satz sei „mehr als optimal gelaufen“,was man unter anderem daran er-kenne, dass ihn die Flüchtlinge jetzt,vier Wochen danach, freundlichgrüßen würden, wenn sie ihn sähen.„Die ersten Tage sind prägend“, weißKemmeter, so sei in diesen Tageneine von anderen Einrichtungen abweichende Reihenfolge bei derEssenausgabe eingeführt worden.Den Flüchtlingen zollt er wegenihrer gegenseitigen Rücksichtnahmehohes Lob und er „würde es immerwieder machen“. kk

Als die Flüchtlinge nach Eich-stätt kamen, waren Einsatzleiter

Thomas Kemmeter und seine ehrenamtlichen Helfer, vor allemvom Malteser-Hilfsdienst, zunächstfür die medizinische Erstunter-suchung eingesetzt, das heißt, um zu entscheiden, ob Flüchtlingewegen ansteckender Krankheitenin Quarantäne müssen oder alle ins Erstaufnahmelager einziehenkönnen. Dann hatten sie für die medizinische Versorgung vor Ort zusorgen, denn viele der Flüchtlingewaren schon lange unterwegs.Manche waren schon über zweiJahre auf der Flucht. Im Durch-schnitt dauert eine Flucht vom jeweiligen Heimatland bis zur Erstaufnahmestelle zwischen einemdreiviertel und eineinhalb Jahren.Schließlich galt es den Kontakt zu den niedergelassenen Ärztenherzustellen. Eigentlich sollten dieEhrenamtlichen nur unterstützen,doch waren sie die ersten Tage ganzauf sich gestellt. „Innerhalb einesTages musste daher ein Plan erstelltund der Einsatz für diese besondereLage organisiert werden“, erinnertsich Kemmeter, der ins Schwärmen

Aus seiner Heimat, dem Libanon,kennt Francis Succar Flücht-

lingsdramen in ganz anderen Dimensionen: zu Hunderten, jaTausenden leben sie dort in Zelten.Seit gut einem Jahr lebt der maronitische Mönchspriester inDeutschland, wohnt im CollegiumOrientale und beschäftigt sich imLizentiatsstudium am Lehrstuhl für Alte Kirche an der KatholischenUni mit den syrischen Vätern. Im Ordinariat wusste man, dassder 28-Jährige nicht nur sehr gutDeutsch, sondern auch Arabisch,Französisch und Englisch spricht,und damit die Idealbesetzung zurLösung der Sprachprobleme inMaria Ward war. Mit dem Tag derAnkunft der ersten Flüchtlinge inEichstätt fing dann zunächst einmehrtägiger Dolmetscher-Dauer-dienst für „Bruder Franziskus“ an.„Die ersten Tage waren schwierig,für alle Seiten“, sagt der Priesterund meint nicht nur die Sprach-probleme. Jede Menge Organisa-torisches musste geklärt und er-klärt werden, ohne die besonderssensible emotionale Situation derAngekommenen außer Acht zu

Die Verwunderung bei den offiziellen Stellen in München

war groß, als der Eichstätter BischofDr. Gregor Maria Hanke OSB Ende September dem Bezirk Oberbayern durch den EichstätterLandrat ausrichten ließ, er wolle die eben freigewordenen Räumeder Mädchenrealschule Maria Wardmitten im Zentrum der Domstadtfür die Unterbringung von Flücht-lingen zur Verfügung stellen.Für den Gebäudekomplex sind in den nächsten Jahren Sanierungs-und Umbaumaßnahmen vorgesehen.Bis dahin ist bisher eine Teil-nutzung unter anderem auch für Büroräume des BischöflichenOrdinariats geplant. Angesichts der bedrückenden Situation derFlüchtlinge habe aber die Aufnahmeder aus ihrer Heimat durch Krieg, Not und Hunger vertriebenen Menschen besondere Priorität, be-tonte der Bischof. Und dann wunderten sich dieEichstätter, wie in unerwartetschnellen und konstruktiven Ver-

Auf allen SeitenSeit sechs Wochen beherbergt Eichstätt Flüch

Er kann sie verstehen ... Der Feuereifer der Leute

Vernetzung ist das A und O

2. Oktober 2014 – der Tag an dem die Erstaufnahme-Dependance Maria Ward

lassen. „Viele sind aus uner-träglichen, bedrohlichen Lebens-umständen geflohen, auf einem gefährlichen Weg zu einem unge-wissen Ziel“, kann Francis Succarnachempfinden. Er war froh, helfenzu können, hörte oft „Gut, dass duda bist!“. Und wenn es heute Erklärungsnotstände zu behebengilt, steht der Mann im Habit ohneAnsehen der Religion jedem zurVerfügung, begleitet, wenn einerder Flüchtlinge zum Arzt muss, ins Krankenhaus, zur Post – oderschaut am Abend einfach nur malvorbei, um zu plaudern. hebe

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE 2121Nr. 46 · 16. November 2014

Bernadette Strauß sprang als Helferin bei der Essensausteilung ein.

Picture please – Generalvikar Isidor Vollnhals mit zwei Flüchtlingen.

Bestes Einvernehmen:Schwester Claudia Köberlein und Klaus

Göhler, Chef des Sicherheitsdienstes.

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Nein, auch als leidenschaftlicherBayer glaubt Isidor Vollnhals

nicht daran, dass der Freistaat dieVorstufe zum Paradies sei, abereben doch ein Wohlfahrtsstaat. Und dem stehe es gut an, Menschenauf der Flucht in ihrer Not zu helfen.Und wenn er auch nicht genug Lob findet für den Zuspruch unddie überwältigende Hilfe aus derÖffentlichkeit, die den Flüchtlingenseit ihrer Ankunft in Maria Wardzuteil wurde, weiß er: Wo das bürgerschaftliche Hilfe-Systemüberfordert ist oder gar ausfällt,muss die Politik mit klaren Regeln und schneller Hilfe da sein. Die Situation in der Erstauf-nahme-Dependance am Eichstätter Residenzplatz ist „eine sehr gute“,sagt der Generalvikar, der vom Tagdes Hilfsangebots an die bayerischeRegierung an alle Register zog,um mit Ehrenamtlichen und kirch-lichen Mitarbeitern, die ihre Freizeitopferten, die ehemaligen Schul-räume unter Hochdruck bewohnbarzu machen. Bis zur Stunde ist dieKirche von Eichstätt materiell undfinanziell zur Stelle, wo die totaleÜberlastung der staatlichen Stellen

Andere haben doch viel mehrgetan“, wehrt Bernadette

Strauß zunächst bescheiden ab.Doch dann erzählt sie von ihremehrenamtlichen Einsatz für dieFlüchtlinge. „Ich habe bei der Essensausteilung geholfen, als amSonntag, den 12. Oktober, ein Mitarbeiter des Essenslieferantenausfiel.“ Die Sachbearbeiterin imBischöflichen Ordinariat hatte sichbereiterklärt, falls nötig auf Abrufzu helfen. „Ich wollte den Menschenhelfen, wollte konkret etwas Gutestun.“ Zu Beginn ihres Einsatzes sei sie unsicher gewesen, da sie nichtgewusst hätte, wer und was auf siewartete. Nach ihrer Einweisungschlug die Unsicherheit in ein „total gutes Gefühl“ um. Gut, „weilich von mir aus etwas getan habe“,wegen der „allgemeinen Dankbar-keit“, die ihr und allen Helfern ent-gegengebracht wurde, und wegender fröhlichen Kinder, die sich unter anderem darüber freuten,dass sie unter den angebotenenSalaten aussuchen durften. Bei derEssensausgabe wunderte sie sichzum einen über den ruhigen Ablauf,

Die Zeitungsmeldung, dass Asyl-bewerber die neuen Nachbarn

in Maria Ward werden, überraschtedie Schwestern der Congregatio Jesu ziemlich, berichtet OberinSchwester Claudia Köberlein. „Eswar die Erinnerung an das Lebender Ordensgründerin Maria Ward,die im Dreißigjährigen Krieg selbstso viel Elend erlebt hatte, und dieGewissheit, dass wir in ihrem Sinne handeln, wenn wir dieFlüchtlinge willkommen heißen“,erklärt die Ordensfrau. Und diesesWillkommen brachte sie beim Informationsabend für die Eich-stätter Bürger vor vollem Haus zum Ausdruck: „Wir bieten unsere

Funktionierende Strukturen Auf gute Nachbarschaft

„Ein total gutes Gefühl“

ersten Flüchtlinge in der Eichstätter ankamen.

„da hatte ich mehr Unruhe er-wartet“ und zum anderen da-rüber, dass bei der Essensausgabezuerst Kinder und Frauen kamen,während die Männer warteten, bisdie Reihe an ihnen war. Überhauptsei ihr, soweit man das in der Kürze der Zeit beobachten könne,der gute Umgang der Flüchtlingemit- und untereinander aufgefallen. Sie möchte „diese Erfahrung nicht missen“, hätte gerne mehrere Einsätze gehabt und würde „sofort wieder helfen“,wenn sie gebraucht wird. kk

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für die Bürger der Stadt und desUmlands, verging gerade einmaleine Woche. Und auch die Reaktion der Öffentlichkeit sorgte auf allen

Seiten für Verwunderung: statt panischer oder gar aggressiver Ab-wehr zeigte sich die Bevölkerungoffen und bereit, die Flüchtlingeaufzunehmen und die Arbeit derorganisierten Helfer ehrenamtlichzu unterstützen. Am 2. Oktober kamen die ersten Busse mit Flüchtlingen in Eichstätt an, rund200 Menschen vor allem aus demNahen Osten und Afrika bezogendas Haus, in dem noch fieberhaftgearbeitet wurde.Nach einem Monat hat man dieAnfangsschwierigkeiten im Griff,die Herausforderungen der erstenTage überstand man dank enormenEinsatzes vieler Ehrenamtlicher,mittlerweile kehrt Routine ein, Registrierungen laufen, die ärztlicheBetreuung stimmt, die Caritasdienstesind etabliert, schon werden ersteFlüchtlinge an andere Orte in Bayern und im weiteren Bundesge-biet verlegt, neue werden kommen. Die KiZ hat einige Frauen undMänner über ihre Erfahrungen inden ersten Wochen befragt.

Gemeinschaft an, unsere Lebens-und Gebetsgemeinschaft“. Jeden Abend schaut SchwesterClaudia bei den Flüchtlingen vorbei,wird dort erwartet, gebraucht, hilft, vermittelt, wird nicht müde,immer wieder zum Sprachenlernenzu motivieren. Eine ganze ReiheSprach- und Wörterbücher hat siebesorgt und weitergegeben, lerntmit Frauen und Kindern. Vor allemdie Kinder – spätestens seit derenStimmen im Haus zu hören waren,hatten sämtliche Schwestern ihrenFrieden mit den unbekannten Mit-bewohnern unterm selben Dachgemacht – das klingt so sehr nach Leben. hebe

sicht- und spürbar wird, oder auchdort, wo „unser System des Hin- undHerschiebens von Zuständigkeitenund Verantwortung“ die schnell erforderliche Hilfe nicht zu leistenim Stande ist. Wo der Bürokra-tismus bremse, da funktioniertendie gesellschaftlichen Strukturenhier vor Ort, stelle er immer wiederfest und erinnert stolz an das Hand-in-Hand von Maltesern, RotemKreuz und Caritas, von Ehrenamt-lichen aus Vereinen, Verbänden,Pfarreien und Gruppierungen, auchnicht-kirchlicher Herkunft. hebe

Verwunderungtlinge / Nachfrage bei Helferinnen und Helfern

Page 22: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt

Der Traum vom sicheren Leben Asylbewerber in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eichstätt erzählen

Geburt in Eichstätt: Yasir und Nirmin aus Syrien mit ihrer kleinen TochterScham in ihrem Zimmer in der ehemaligen Maria Ward-Realschule.

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Leben wurde auch in Libyen gefährlicher, weil das Land nachdem Sturz Gaddafis immer tieferim Bürgerkriegs-Chaos versank. So taten Yasir und Nirmin dasselbewie viele andere: Sie kratzten die1.000 Dollar pro Person zusam-men, die die Schiffs-Überfahrtnach Europa kostete. Noch auf dem offenen Meer stiegen sie in ein Boot des Roten Kreuzes um.Deutschland erreichten sie mit dem Zug am 14. September.Was ist hier ähnlich wie in Syrien? „Nichts“, antwortet Nirminund grinst zaghaft. Noch ist ihr allesfremd im Gastgeberland. KonkreteZukunftspläne zu schmieden, davonsind sie und ihr Mann noch weitentfernt. Aber sie sind erleichtert.„Das Wichtigste“, übersetzt derDolmetscher ihre Worte aus demArabischen, „ist, dass wir jetzt ineinem sicheren Land sind“.

Nirmin und Yasir sind nicht dieeinzigen Syrer, die gerade im ersten Stock der ehemaligen Eich-stätter Mädchenrealschule wohnen.Hinter einer grau gestrichenenHolztür, neben der noch das Schild „Lehrerzimmer“ hängt, isteine Großfamilie untergebracht.Der Vater, Abdel Nasser (52), ver-sucht gerade, mit dem Handy Angehörige in Syrien zu erreichen.Die Verbindung reißt immer wiederab. Er möchte seinen Bruder

sprechen, dessen Sohn kürzlich beieinem Luftangriff getötet wordenist. Abdel Nasser ist Vater von zwölfKindern zwischen 13 und 28 Jahren,von denen zehn mit nach Deutsch-land gekommen sind. Einige habenselbst schon wieder Kinder. EinSohn wohnt eine Tür weiter mit Frau und drei kleinen Töchtern.Eines dieser Mädchen, zwei Jahrealt, ist schwer behindert. AbdelNasser macht sich Sorgen um dieEnkelin. Seine drei Töchter im Teenager-alter sitzen um einen kleinen Tischim hinteren Teil des Raums, der somöbliert ist wie alle Quartiere derUnterkunft: Stockbetten mit lilageblümter Bettwäsche und hellgraulackierte Stahlspinde. Große Kofferin grellen Farben stehen für die Abreise von der Erstunterkunft indie nächste Bleibe bereit. Auf einem der Schränke lagert ein großes Schaukelpferd aus Plüsch.Die Mädchen betrachten Arbeits-blätter, die sie im Sprachkurs be-kommen haben. Diese 90 Minutentäglich sind für die Jugendlichen eine Abwechslung in ihrem Alltag.

GEWARTET UND GEHOFFT

Auf die vorsichtige Frage, wie esnun mit der großen Familie weiter-gehen soll, antwortet Abdel Nassermit einem langen Monolog. Aber,so fasst der Übersetzer zusammen,er hat nicht über die Zukunft ge-redet, sondern erzählt, wie sich dieEreignisse in seiner HeimatstadtDaraaa überschlugen. Wie sichfünf junge Burschen Anfang 2011durch den arabischen Frühling er-mutigt fühlten, an die Schulmauerden Satz „Du bist dran, Doktor“ zu sprühen. Doktor, so wird der studierte Mediziner Assad in Syriengenannt. Die Buben wurden ver-haftet, verhört, gefoltert und unterdem Druck der Straße schließlichfreigelassen. Aber die Situation be-ruhigte sich nicht mehr, es war derBeginn der Revolution. „Am Anfanghaben wir gewartet und gehofft,dass es besser wird“, erzählt AbdelNasser, der in der Nähe von Daraaein Haus hatte und einen Super-markt betrieb. Doch nach eineinhalbJahren wanderte die Familie nachLibyen aus, wo Vater und Söhne eine Ziegelei betrieben, bis sie auch dort der Krieg einholte.

Vor knapp drei Monaten sind erstmals Asylbewerber in die ehe-malige Mädchenrealschule Maria Ward in Eichstätt gezogen.

Die Diözese hatte das Gebäude dem Bezirk Oberbayern mietfrei alsErstaufnahme-Einrichtung zur Verfügung gestellt. Von Beginn an haben sich Caritas und Malteser mit Haupt- und Ehrenamtlichen imHaus engagiert. Von den anfangs über 200 Bewohnern sind mittlerweilemehr als die Hälfte abgereist in andere Unterkünfte. Wann neue Bewohner eintreffen, war wegen des gerade stattfindenden Wechselsauf einen neuen, privaten Betreiber nicht zu erfahren. gg

ZUM THEMA

Eine Stoffgiraffe, ein Teddy undandere Kuscheltiere bewachenden Schlaf des Babys, das in seinem Gitterbettchen schlummert.Das kleine Mädchen trägt den Namen Scham, was für deutscheOhren ungewöhnlich klingt. Fürdie Eltern des Kindes aber hat es symbolische Bedeutung, dennScham ist das arabische Wort fürDamaskus, die Hauptstadt Syriens.Von dort kommen die junge Mutter Nirmin und ihr Mann Yasir, die seit einigen Wochen inder Erstaufnahmeeinrichtung fürFlüchtlinge in der ehemaligen Maria Ward-Realschule leben. ImEichstätter Kreiskrankenhaus ist diekleine Scham am 18. November zurWelt gekommen. Um die Erstaus-stattung fürs Neugeborene habensich Ehrenamtliche der Caritas gekümmert, die schwangere Asyl-bewerberinnen unterstützen.

SCHLIMME NACHRICHT

Dass Nirmins erstes Kind nur2.800 Gramm auf die Waage brachte, verwundert nicht. Auf derFlucht fehlte es an Essen für dieSchwangere. Mit ihren 17 Jahren istNirmin, die schon mit 14 heiratete,kaum älter als die Mädchen, die nochvor wenigen Wochen ausgelassenüber die Gänge der Realschuleflitzten. Letzte Nacht hat sie wenig geschlafen, weil das Babysein Recht forderte. Dass ihre Augen aber nicht nur müde, sondern traurig blicken, liegt an der schlimmen Nachricht, die sietags zuvor erhalten hat: Ihr Vater, 42 Jahre alt, ist bei einem Bombeneinschlag in Al Ghouta bei Damaskus ums Leben gekommen.Gesehen hat sie ihn letztmals vordrei Jahren, als sie mit Yasir (26)Syrien verließ und nach Libyenfloh. Yasir fand Arbeit in einer Möbelfabrik, aber das tägliche

THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE Nr. 51/52 · 21./28. Dezember 20141818

Deutsch lernen: Karim (13) zeigtein Übungsblatt.

Page 23: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt

Erzählen, warum sie von zu-hause weggehen mussten – diesesBedürfnis haben auch die jungenMänner aus Eritrea, die in der Eichstätter Erstaufnahmeeinrichtungeine ganze Gruppe bilden. KidaneHaile (23) tut sich in der Fremdeleichter als seine Altersgenossen,weil er gut Englisch spricht.

WEG VON DER WILLKÜR

Er war erst 17, als er seine Heimat am Horn von Afrika verließ.Offiziell herrscht kein Krieg in Eritrea, aber ein politisches System,das keine Meinungsfreiheit kennt. Militärdienst – von willkürlicherDauer – ist Pflicht für alle jungenMänner ab 18. Kidane flüchtete

lieber zu Fuß ins NachbarlandÄthiopien, weil er studieren wollte.Aber dort warteten nur neue Gefahren. In Europa in Sicherheitleben – das war der Traum, den erschließlich, wie so viele, hegte.Etwa die Hälfte der BevölkerungEritreas hat einen christlichenHintergrund, so auch die Männer,die in Eichstätt untergebracht sindund von denen einige sonntags zum Gottesdienst ins CollegiumOrientale gehen. Amrak (27) zumBeispiel, der von Beruf Friseur ist und nun seinen Landsleuten in Maria Ward die Haare schneidet.Auf das Kreuz angesprochen, das erum den Hals trägt, sagt er: „Das istunsere Stärke!“ Gabi Gess

Sie haben bereits konkrete

Erfahrungenim Zusammenleben

mit Flüchtlingengesammelt:

Die Teilnehmer des ersten Asylgipfels

der DekanateNeumarkt und

Habsberg.

Auf stürmischer See von Jesus beschützt – dieser Gedanke gab auchjungen Christen aus Eritrea (hier bei einem Besuch im Eichstätter CollegiumOrientale) Kraft auf ihrer Odyssee, die sie nach Europa brachte.

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THEMA DER WOCHETHEMA DER WOCHE 1919Nr. 51/52 · 21./28. Dezember 2014

Flüchtlinge nicht nur als Nehmende betrachtenBeim Asylgipfel der Dekanate Neumarkt und Habsberg ging es um Willkommenskultur

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Neumarkt (fxm/gg) Zum Asyl-gipfel hatten die Dekane von Neu-markt und Habsberg, MonsignoreRichard Distler und Elmar Spöttle,eingeladen. Neben einer Reihe von Pfarrgemeinderäten, in derenGemeinden bereits Asylbewerberleben, nahmen auch BernhardSchinner von der Kreisgeschäfts-stelle der Caritas, Vertreter derchristlichen Arbeiterhilfe (CAH),von Kolping oder von der Initiativ-gruppe zur Betreuung auslän-discher Kinder und Familien andem Erfahrungsaustausch im Neu-markter Pfarrheim an der Saarland-straße teil. „Die Aufnahme vonFlüchtlingen gehört zur christ-lichen Barmherzigkeit“, betonteDekan Distler, der die Ernennungeines Seelsorgers für Migranten(siehe S. 9) für die Diözese Eichstättbegrüßte.

POSITIVE BEISPIELE

Bernhard Schinner informierte,dass derzeit 413 Asylbewerber im Landkreis Neumarkt leben, ver-teilt auf 31 dezentrale Unterkünfte.Für insgesamt rund 500 Menschen werden Quartiere bereitgehalten.Unabdingbar sei es, die Gemeindenrechtzeitig in Kenntnis zu setzen,ehe Flüchtlinge untergebracht wer-den sollen. Die Bevölkerung müssemitgenommen werden, lautete dieübereinstimmende Meinung.Positiv sei es, wenn Flüchtlingeins Alltagsleben mit eingebundenwerden, stimmten die Teilnehmerdes Asylgipfels überein. „Was sollendenn die Flüchtlinge den ganzenTag über machen, wenn ihnen derZugang zum Arbeitsmarkt in den

ersten drei Monaten versperrt ist?“,wurde gefragt. Ein positives Bei-spiel kam vom Caritas-Senioren-heim in Deining, wo Flüchtlinge ausEritrea in die Arbeit eingebundenwerden. Es handelt sich dabei um vier junge Männer Anfang 20,die jeden Mittwoch in der Küchemit anpacken oder dem Hausmeisterzur Hand gehen. Ihre Mahlzeitennehmen sie dann im Heim ein.Pfarrgemeinderat Herbert Sipplaus Dietfurt, der nur ein paarSchritte von einer Flüchtlingsunter-kunft entfernt wohnt, schilderte seine durchwegs guten Erfahrungen.Die Zusammenarbeit mit der Stadt,den Vereinen, der Pfarrei und derJura-Pension, wo die Flüchtlingeleben, funktioniere gut. In Dietfurtgebe es inzwischen ein Asyl-Café,wo sich Zugezogene und Ein-hei-mische treffen. Über gelungeneVersuche unkomplizierten Zu-sammenlebens berichtete auchPfarrgemeinderat Luitpold Lindner

aus Seligenporten, wo 43 Flücht-linge untergebracht sind. Lob warauch über die Unterkunft im kleinenBerchinger Ortsteil Neuhaus zuhören. Anton Lang, Rektor in Vel-burg, berichtete, dass ausländischeKinder in Ganztagsklassen außer-ordentlich schnell Deutsch lernen.Übereinstimmend begrüßten es dieTeilnehmer, wenn Jugendliche beider Integrationsarbeit mit ins Bootgeholt werden.

INTERESSE ZEIGEN

Allgemein wurde betont, dassnoch ein großer Nachholbedarf anInformationen bestehe. Herkunfts-länder, Religion, traumatischeErlebnisse, Lebensgewohnheiten –vieles davon sei nur teilweise be-kannt. Der Asylgipfel solle auch einZeichen gegen „verzerrte Wahr-nehmung“ und irrationale Angstvor Überfremdung sein, hatte Dekanatsreferent und Asylgipfel-Moderator Christian Schrödl be-

reits vorab im Gespräch mit derKiZ betont. Dass Menschen in ihrerHeimat keine Lebensgrundlagemehr finden, „da sind wir letztlichdurch unser Weltwirtschaftssystem,durch Rüstungsexporte, durch unser Konsumverhalten indirektbeteiligt“, meinte Schrödl selbst-kritisch.Der Habsberger Dekan Elmar

Spöttle wünschte sich zum Abschlussdes Asylgipfels: „Das weihnacht-liche Licht soll auch für die auf-scheinen, die im Dunkeln sind.“Die Flüchtlinge seien nicht nurNehmende, sondern könnten auchunser Leben bereichern.Zu Beginn des kommenden Jahres soll, so der Wunsch der Runde, der katholische Gipfel er-weitert werden. Die evangelischeDiakonie, die islamische Gemeindeund Vertreter des Landratsamtes,das für die Unterbringung vonFlüchtlingen und Asylanten zu-ständig ist, sollen dazustoßen.

Page 24: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt

Die stillende MuttergottesMaria lactans: Ein Gang durch eine Ausstellung und durch die Frömmigkeitsgeschichte

Gefäße und Hilfsmittel, wundertsich über das Stillen als Mittel gegendie Säuglingssterblichkeit oder alschristliche, wahlweise „rassischePflicht“. Aber da findet sich auch einschlägige Literatur, etwaaus dem 18. Jahrhundert, mit Gebeten, „für Heb-Ammen, alsauch Schwangere, Gebährende undWöchnerinnen“ und sozusagen imZentrum zwei Darstellungen derstillenden Muttergottes. Seit dem sechsten Jahrhundert

taucht diese ikonographische Besonderheit auf und ist natürlich kein christliches Spezifikum. So erinnert das Motiv an Figuren und Abbildungen, die die GöttinIsis zeigen, wie sie den Horus-knaben stillt. Häufig taucht dasaußergewöhnliche Muttergottes-Motiv im Mittelalter, besondersauch im byzantinischen Kulturkreisauf. Bekannte Künstler wie AlbrechtDürer, Lukas Cranach oder Jan van Eyck gestalteten das Motiv.Die Verehrung der so menschlichdaherkommenden Gottesmutterwurde hie und da populär. Das zeigt zum Beispiel ab dem 13. Jahrhundert bis in die Gegen-wart „Unsere liebe Frau von Nazaré“ (in Portugal), eine Figurder stillenden Madonna, die nicht nur im iberischen Raum, sondern auch in Brasilien verehrtwird. Die „Madonna del latte“ oder„Our lady of the milk“ zeigen,

Am diesjährigen Krippenweg in Ingolstadt beteiligt sich,

wie schon in den Jahren zuvor, das Medizinhistorische Museummit einer Sonderausstellung dieden Titel „Maria lactans“ trägt. Angeregt durch einen Bildtypus,besonders des späten Mittelalters und der Renaissance, – die Dar-stellung der Gottesmutter Maria,die das Jesuskind stillt – geht es dabei um einen besonderen Aspekt der Weihnachtsgeschichte,die „nicht zuletzt eine Geschichtevon Geburt, Wochenbett und Säuglingspflege“ sei, so die Aus-stellungsinfo.

STILLEN IM WANDEL DER ZEIT

Dass eine Mutter ihr Kind mit ihrer Milch nähren kann, ist ein biologisches Faktum, aber eines, so zeigt es die kleine aber feineAusstellung im Erdgeschoss derAlten Anatomie, das durch die Zeiten offenbar markant dem mo-ralischen wie modischen Wandelunterworfen ist. Die Präsentationzeigt, wie einer der natürlichstenVorgänge der Welt – das Stillen –im Wandel der Zeit betrachtet, eingeordnet, gelegentlich geradezuideologisiert und propagandistischvereinnahmt wurde. Erhellendeserfährt man über stillende Mütterund Ammen, über zusätzliche Nahrungsmittel, über Säuglings-pflege, sieht Fläschchen und andere

wie universell dieses Motiv und seine Wirkung ist.Im ehemaligen Benediktine-

rinnenkloster Oesede im BistumOsnabrück gibt es das Gnadenbild„Maria im Kindbett“. Die Dar-stellung der liegenden Muttergottes,die das Jesuskind stillt, soll aus derersten Hälfte des 15. Jahrhundertsstammen. Die Legende sagt, eshandle sich bei der Lindenholz-figur um ein Geschenk der heiligen Elisabeth von Thüringen.In jüngster Zeit fanden dort wiederregelmäßige Wallfahrten statt.

„MILCH DES GLAUBENS“Viele Menschen hatten über

Jahrhunderte kein Problem damit,anatomische Wirklichkeit undfrommes Denken zusammenzu-bringen. Die vornehmlich an Wallfahrtsorten zu findenden Brust-

votive, entweder mit der Bitte um Befreiung von Brustschmerzund bei Stillproblemen oder aberals Dank für gelinderte oder ge-heilte Brusterkrankungen geopfert,beweisen das. Dennoch konnte sich obskur

anmutendes religiöses Sondergutverbreiten. Die „Milch des Glaubens“ wird zum stehendenBegriff und soll nach dem Willeneiniger Theologen Eingang in diekatholische Lehre finden. JohannHeinrich Oswald etwa lehrt 1850 in seiner „Dogmatischen Mariologie“,ein Tropfen von Marias Milch könne das Fegefeuer auslöschen.Die ursprüngliche Botschaft der Maria lactans, die gelautet habendürfte „Gott tritt über die Brust der Mutter mit der Menschheit in Verbindung“, wird nun mutwillig instrumentalisiert. Über die Milch

Würdevolle Nährmutter: eine Maria lactans-Darstellung um 1490 (ober-rheinische Kopie nach Dieric Bouts, Öl auf Holz) aus dem DiözesanmuseumFreising.

Brustvotive finden sich inKirchen und an Wallfahrts-orten weltweit: ein Beispielaus einer orthodoxen Kircheauf Zypern (Abb. l.) und einaktueller Guss aus einemhistorischen Holzmodel aus Pfaffenhofen (Abb. o.).

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useum Freising

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WEIHNACHTENWEIHNACHTEN Nr. 51/52 · 21./28. Dezember 20144646

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Mariens wird der gläubige Menschunterschiedlichster Gnadengabenteilhaftig: Kraft, Wissen, Glauben,Gesundheit oder anderes – wiedereine Vorstellung, die sich ähnlichschon sehr viel früher in anderenKulturen oder Religionen zeigt. Im christlichen Mittelalter war derWeg von dort über „wundertätigeMarienmilch“ bis hin zu Milch-reliquien nicht weit. Geschichten oder Visionen, in

denen Maria erwachsene Gläubigeoder Heilige stillt sind so mancheüberliefert: der Ordensgründer Petrus von Nolascus (1182-1256)wird auf Bildern gemeinsam mitdem Jesuskind an den Brüsten Mariens trinkend dargestellt, Mystikerinen wie Mechthild oder Margarete Ebner schreiben „Still-Erlebnisse“ nieder. Kunsthistorischmehrfach aktenkundig wurde vorallem die sogenannte Lactatio desheiligen Bernhard von Clairvaux.Er erhielt, so wird überliefert undzeigen es sehr viele Darstellungen,durch einen Milchstrahl der Gottes-mutter die „Gabe der Beredsam-keit“. Nach Bernhard taucht die Vision des Stillens weiter auf, wobei auch Jesus oder männlicheHeilige, etwa Franz von Assisi,Milch spenden. Von all diesen speziellen

Erzählsträngen des so natürlichen

Themas, das unversehens exotischwird, schaut man tiefer, weiß die Ingolstädter Ausstellung nichts. Sie will mit ihrer Behandlung desThemas lediglich „den General-bass der Medizinhistorie“ an-klingen lassen, wie MuseumsleiterinProf. Dr. Marion Ruisinger bei der Eröffnung sagte: Schwangerschaft,Geburt, Wochenbett – der Ausgangs-punkt für alles Leben und die Beschäftigung mit ihm, ob nun naturwissenschaftlich-medizinischoder philosophisch-theologisch.Und es schadet sicher nicht, sich auch auf diese Weise wieder einmal in Erinnerung zu

„Maria im

Kindbett“ –im ehemaligenBenediktinerin-

nenklosterOesede bei Osnabrück

befindet sichdieses Gnaden-

bild einerstillenden

Muttergottes.

Lactatio Bernardi:Im Zisterzienserinnen-kloster Heiligkreuztalin Baden Württem-berg befindet sicheine Kopie des 1608von Melchior Bindergeschaffenen Bernhard-Maria-Altars (hier ein Ausschnitt) mit einer Darstellung der Maria lactans.

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WEIHNACHTENWEIHNACHTEN 4747Nr. 51/52 · 21./28. Dezember 2014

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EIN BILD – EIN WORT – EIN MENSCH

KIND IN DER SCHERBEHinein in meine Scherbenlegt sich göttliches Leben.

Ganz arglos vorbei an Spitzen und Kanten,den Schmerzen, den vielen unbenannten,

bist Du bei mir, du sorglose Liebe,und verwandelst meine armselige Wiegein den Geburtsort einer neuen Welt.

Wunden plötzlich Blüten tragen.Ja, da möcht’ auch ich es wagenimmer wieder neu zu hoffen.

Wo Du bist, ist noch alles offen –Du berührbar himmlischer Neubeginn.

Text: Veronika Pabst, Mitarbeiterin der Klinikseelsorge Ingolstadt,Foto: Udo Pabst.

Den Geistlichen Impuls „Ein Bild – ein Wort – ein Mensch, der dahintersteht“ finden Sie jede Woche auch im Internet unter

„www.bistum-eichstaett.de/geistlicher-impuls“.

rufen, was Weihnachten denn bedeutet: Gott wird Mensch, mit aller Bedürftigkeit, Not und Gefährdetheit – in letzter Konse-quenz.

Michael Heberling

Die Sonderausstellung „Marialactans“ im MedizinhistorischenMuseum Ingolstadt zum Ingol-städter Krippenweg ist noch biszum 6. Januar 2015 zu sehen. Infosunter „www.ingolstadt.de/dmm“.

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