Kleine Beiträge zur Bestimmung des IEP von Protoplasten

4
KLEINE BEITRAGE ZUR BESTIMMUNG DES IEP VON PROTOPLASTEN VIII. DIE ADHESION NACKTER PROTOPLASTEN IN AZIDIMETRISCH ABGESTUFTEN AZETATPUFFERN Von HANS PFEIFFER (Brelnel 0 Mit 1 Figur Eingegangcn am 21. M~rz 1933 Es ist sicher, dab die kataphoretisch gemessenen Wanderungsgcschwindig- keiten von Teilchen in vielen Fallen nicht dem AnhaftungsvermSgen (der Ad- hiision) symbath gchen. Es kommt ebcn --wenn wir yon der durch H. R. K r u y t und P. C. van der Willigen hervorgehobcncn Dielcktrizitgtskonstante der Doppelschicht absehcn -- bei der E]ektrolytwirkung sowoh[ auf dic Veranderung dcr Ladung, als auch auf jcne der Schichtdickc (Durchmesser der Helm- holtzschen elektrischcn Doppelschicht, der Solvathiillc), an, wobei dicse beiden Variablen nach GrSgenordnung und Richtung wcchscln kSnncn (v. Buz~gh, S. 57f.). Immerhin haben schoa Kraul3 und Riigcr (S. 318) bci Bestimmung des Abgleitwinkcls yon QuarzkSrnern in sehr vcrdfinntcn ElektrolytlSsungen eine Abh~ngigkeit des Gleitwinkels yon der koagulationsfSrdernden Eigenschaft vorhandener ElektrolytlSsungen gefunden, und auch v. Buz~gh (S. 53f.) hat in Versuchen mit Salzen dreL und vierwcrtigcr Kationen gelegentlich Be- stimmungcn des Abrcigwinkels bei Vers der Neigung einer Oberfl~che ffir die Funktion yon Abrei2winkel und Salzkonzentration eine Kurve erhalten, die nach schnellem Ansteigen im isoelektrischcn Gebicte durch tin Maximum geht und erst nach absinkcndem Vcrlaufe erneut anstcigt. Freilich miissen spezifische Ioncneigentfimlichkeiten bei Beurtcilung des Einflusses der Um- ladung auf die Adh~ision berficksichtigt werden, indcm beispielsweise die ]-15he des Maximums je nach den umladenden Ionen wechselt. Gegenfibcr derartigen quantitativcn Ergebnissen kSnnen wir die vorlicgenden ver- gleichenden Erfahrungcn w)r allcm durch Wallace O. Fenn und E. Faur~-Fremiet, die andernorts schon bcsprochen worden sind (Pfeiffer, S. 181f.. 188f.), weniger gut zur Be- schreibung der funkt.ionell~n Abh~ngigkeit yon Umladung und Adhasion vcrwenden. Aueh die vorl~ufigen Versuchc Pfeiffers (S. 189) zur Erprobung der Eiguung seines abge~nderten Verfahrcns der Reibungsbcstimmung sind dafiir noch ungeeiguet. So ergibt sich als Aufgabe die Nachpriifung, ob eine Abhiingigkeit dcr Adhesion yon Protoplasten vonder Entfernung vom is(~lektrischen Punkte (IEP) der an Menge und Wirkung iiberwiegenden Ampholyte erkennbar ist. Zur Beantwortung der Frage sind zuerst an nackten Protoplastcn des Beerenperikarps von Vitis sp. Vorversuche untcr Verwendung des Durch- flu~ob]ekttr~igers yon E. Busch (Rathenow) angestellt wordcn.

Transcript of Kleine Beiträge zur Bestimmung des IEP von Protoplasten

KLEINE BEITRAGE ZUR BESTIMMUNG DES IEP VON PROTOPLASTEN

VIII. DIE ADHESION NACKTER PROTOPLASTEN IN AZIDIMETRISCH ABGESTUFTEN AZETATPUFFERN

Von HANS PFEIFFER (Brelnel 0

Mit 1 Figur

Eingegangcn am 21. M~rz 1933

Es ist sicher, dab die kataphoretisch gemessenen Wanderungsgcschwindig- keiten von Teilchen in v i e l e n F a l l e n nicht dem AnhaftungsvermSgen (der Ad- hiision) symbath gchen. Es kommt ebcn - - w e n n wir yon der durch H. R. K r u y t und P. C. v a n de r W i l l i g e n hervorgehobcncn Dielcktrizitgtskonstante der Doppelschicht absehcn - - bei der E]ektrolytwirkung sowoh[ auf dic Veranderung dcr L a d u n g , als auch auf jcne der S c h i c h t d i c k c (Durchmesser der H e l m - ho l t z schen elektrischcn Doppelschicht, der Solvathiillc), an, wobei dicse beiden Variablen nach GrSgenordnung und Richtung wcchscln kSnncn (v. B u z ~ g h , S. 57f.). Immerhin haben schoa Kraul3 und R i igc r (S. 318) bci Bestimmung des Abgleitwinkcls yon QuarzkSrnern in sehr vcrdfinntcn ElektrolytlSsungen eine Abh~ngigkeit des Gleitwinkels yon der koagulationsfSrdernden Eigenschaft vorhandener ElektrolytlSsungen gefunden, und auch v. B u z ~ g h (S. 53f.) hat in Versuchen mit Salzen dreL und vierwcrtigcr Kationen gelegentlich Be- stimmungcn des Abrcigwinkels bei Vers der Neigung einer Oberfl~che ffir die Funktion yon Abrei2winkel und Salzkonzentration eine Kurve erhalten, die nach schnellem Ansteigen im isoelektrischcn Gebicte durch t in Maximum geht und erst nach absinkcndem Vcrlaufe erneut anstcigt. Freilich miissen spezifische Ioncneigentfimlichkeiten bei Beurtcilung des E i n f l u s s e s d e r Um- l a d u n g au f d ie Adh~ision berficksichtigt werden, indcm beispielsweise die ]-15he des Maximums je nach den umladenden Ionen wechselt.

Gegenfibcr derartigen quantitativcn Ergebnissen kSnnen wir die vorlicgenden ver- gleichenden Erfahrungcn w)r allcm durch Wallace O. Fenn und E. Faur~-Fremiet , die andernorts schon bcsprochen worden sind (Pfeiffer, S. 181f.. 188f.), weniger gut zur Be- schreibung der funkt.ionell~n Abh~ngigkeit yon Umladung und Adhasion vcrwenden. Aueh die vorl~ufigen Versuchc Pfeiffers (S. 189) zur Erprobung der Eiguung seines abge~nderten Verfahrcns der Reibungsbcstimmung sind dafiir noch ungeeiguet.

So ergibt sich als A u f g a b e die Nachpriifung, ob eine Abhiingigkeit dcr Adhesion yon Protoplasten v o n d e r Entfernung vom is(~lektrischen Punkte (IEP) der an Menge und Wirkung iiberwiegenden Ampholyte erkennbar ist.

Zur Beantwortung der Frage sind zuerst an nackten Protoplastcn des Beerenperikarps von Vitis sp. V o r v e r s u c h e untcr Verwendung des Durch- flu~ob]ekttr~igers yon E. B u s c h (Rathenow) angestellt wordcn.

12 P f e i f f e r

Die Ausz/ihlung der nach 1 Min. w~threndem Durchstr6men mit verschieden kon- zentrierten A1C13-LOsungen noch adh~rierenden Pro top las ten ist leicht mittels eines Okularnetzmikrometers durchzuftihren. AIs eines der allerdings nur in geringer Zahl vor- liegenden Beispiele fiihren wir hier 'lab. I an. Indem wir darin auch ~Verte der Kataphorese- geschwindigkeit der LSsungen nach den in der Kollotdliteratur verOffentliehten Kurven verzeichnot finden, ist sogleich das mit der Umladung (beim IEP) in einer A1Cla-Konzen- tration zwischen 0,025 und 0,05 Millimol erscheinende Adh~isionsmaximum erkennbar.

Tabelle I

Konzentration des A1ClainMillimol: [ 0,0 0,0251 0,05! 0,075i 0,1 ] 0,125! 0,15 Haf t zah l (~ WertesfiirLsg. II): [ 52,4 1(~0 94,2 1 82,6 76,4 i 69,3 67,1 Kataphor.-Gesehw. hi sec. per V.: . [--2,09--0,98[+ 0,28+ 1,53+ 2,08!+ 2,46i+ 2,91

Dieses Ergebnis reizt zu g e n a u e r e r U n t e r s u c h u n g und zu Erarbei tung einer einfachen und m6glichst zuverltissigen B e s t i m m u n g s m e t h o d e . Als gering konzentriertes, bei Wechsel der CIt praktisch konstantes und physiologisch von den Objekten wohl ertragbares P u f f e r g e m i s c h ist das von L. M i e h a e l i s aus Natr iumazeta t und Essigs~ure gew/~hlt worden. :Bei Zusatz yon 3a/5, la/5, a/s, 2/5, 1/5 bezw. 1/10cm3 Essigs/~ure zu I cm 3 0,01 n Na-Azetat und Auffiillen mi t tt~O zu je l0 cm 3 ergibt sich nur ffir das Anion eine geringe Konzentrationsstreuung (zwischen 0,32 und 0,001 n). Die U n t e r s u c h u n g richtet sich unter Anwendung der 1)ereits mitgeteilten Formeln ( P f e i f f e r , S. 178f.) auf (lie Beobaehtung und Messung yon Randwinkeln der in den einzelnen Puffergemisehen 1/4 Std. vor- behandelten Objekte (vgl. die demn/iehst hier folgende genauere Anweisung).

Die vorgenommenen Messungen und Rechnungen betreffen zuerst nackte P r o t o p l a s t e n , von denen frfiher mittels anderer Methoden azidimetrische Werte fiir das Gebiet um den 1EP ermittel t worden sind. Welter sind die Unter- suchungen unter Benutzung iibereinstimmend zusammengesetzter Azetat- puffer auch schon auf Protoplasten ausgedehnt worden, welche in der mehrfach geschihlerten Weise (s. P f e i f f e r , S. 185) zuvor experimentell yon ihrer Membran be~reit werden mu/Jten. Der beschr/inkte Raum verbietet die Wiedergabe einer gr6~eren Zahl von Berechnungsergebnissen. Zur Orientierung fiber (tie fuuktio- nelle A b h / ~ n g i g k e i t d e r A d h / i s i o n s w e r t e (in d y n / c m ) y o n d e m d u r e h d ie P u f f e r v e r / ~ n d e r t e n P r o t o p l a s m a z u s t a n d e diene Tab. [I, in welcher wir eine Auswahl der Versuchsreihen mit Objekten beider Untersuchungsgruppen vereinigt sehen (vgl. die Fig.).

Tabelle I I

Objekt

So lanum n ig rum . . . . .

Vi t is r in i /era . . . . . . .

Tradescant ia ] lumiuens is

Mesembryanth . deltoides .

A n t i r r h i n u m maiu-~ . . . .

negative Logarithmen der CH der Puffergemisehe

4,16

10,81 11,43 17,22 15,7 a 17,8 7

4,46

11,32 12,1a 17,4 a 16,68 18,4 a

4,77

12,34 11,93 18,32 15,47 18,5 s

5,06

11,81 11,82 17,8e 15,25 19,26

5,37

10,97 11,64 17,39 14,8 e 18,8 e

5,68

10,7e 11,7 s 17,4 o 15,0 2 18,5 2

Kleine Beitri~ge zur Bestimmung des IEP yon Protoplasten. VIII 13

Obgleich die Bes t immung wahrer (genauer) Wer te des ] E P durch eine sts abgestufte A u s w a h l d e r P u f f e r g e m i s c h e wohl noch verfeinert werden k5nnte, ist doch mit geniigender Deutlichkeit die Lage des A d h ~ s i o n s- m a x i m u m s in d e r Z o n e d e r A n n s a n d e n I E P zu e r k e n n e n . Die Umst~indlichkeit der erforderlichen Arbeiten zur Ermi t t lung des Wertes nach einem solchen Verfahren mag dessen A n w e n d u n g im allgemeinen aus- schlieBen: abet seine weite Anwe~ldbarkeit und (bei geschickter Durchfiihrung) auch gro6e Genauigkeit kann das Verfahren doch gelegentlich auch ntitzlich crsehcinen lassen. Zu beachten bleibt bei der Ausfiihrung, da~ nicht das Auf- finden best immter, noch so hoher abso]uter Werte der A d h ~ i o n zur Erkennung eines I E P ausreicht, sondern da~ stets selbst bei v511ig einheitliehem Material erst die Durchffihrung einer zusammenh~ngenden U n t e r s u c h u n g s r e i h e das Urteil gestat tet .

I n besonderer Weise wird die B r a u e h b a r k e i t d e r M e t h o d e zum Auf- suchen des I E P belegt durch V e r g l e i c h mit den nach andern Verfahren ge- fundenen Werten. Naeh dem mir vorliegenden Material friiherer Zahlenergeb-

z0 " I I

~8 ~o - - " - / I ~ " ~ - ~ . . . . . • M M x - - - • i I ~'--x.

. . . . . ~ ..... ~ T

'

I 2 . . . . . . . o . . . . . .

= ' " ' - ~ ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . v

I0 I I

Fig. l. K u r v e n der Adh/~sionswerte in A z e t a t p u f f e r n fiir naekte Prot~plasten von A Angirrhinum maius, M Me~embryanlhemum deltoides, S Solanum nwr~m, T Tradescantia

/luminensis, V Vitis vinifera.

Tabelle l l I

Solanum nigrum Viti,s vini/era

Fii, rbungsriickgang mit geeignetem Farbstoffpaare (A. P i sch inge r ; s. Pfe i f fe r , Cytologia 2, 67, 73 f.)

Stillstand d. elektrophorct. Wanderung (vgL Pfe i f fer , Protoplasma 15, 590, 598) . . . . . . . . . . . . . .

:Fallungsoptimum in abgestuften Puffcrgcmischen (vgl. Pfe i f fc r , Protoplasma 16, 237, 240) . . . . . . . .

F~Uungsoptimum in azidimetrisch definierten Salz- 15sungen (Pfe i f fe r , a. a. O., 240 . . . . . . . . . .

Adh~sionsn, aximum (s. o., Tab. II) . . . . . . . . . . .

4,8 oder 4,9

>_ 4,8

:> 4,8

5,0 bis 4,8 N 4,77

4,2 bis 4.6

4,4 bis 4,2

4,6 bis 4,4 4,46

14 Pfei i fer , Kleine Beitr~ge zur Bestimmung des IEP yon Protoplasten. VIII

nisse kommen zum Vergleich vorl~iufig nur die spontan sich isolierenden nackten Protoplasten aus Beerenperikarpien von Solanum nigrum und Vitis vinifera in Betracht. Die sehr befriedigende l~bereinstimmung der erhaltenen pH- Einheiten bei diesen beiden Objekten verzeichnet Tabelle I I I fiber die vermutliche Lage des I E P nach den angegebenen Methoden.

Ohne zum SchluB die BefuAde eingchend zu diskutieren, mag nur noch an bemerkenswerte Beziehungen erinnert werden, welche ffir L e u k o e y t e n m e n s c h - l i c h e n B l u t e s als gut gesichert gelten diirfen. L a m p e r t (S. 20f., 24f.) hat bei Fortfiihrung Mtercr Versuche von E r n s t F r e u n d (seit 1886), yon B o r d e r und G e n g o u (1903) usw. deren Ansieht eines Einflusses der B e n e t z b a r k e i t auf die G e r i n n u n g s b e s c h l e u n i g u n g - - und damit auf beschleunigten Zerfall der dutch Oberflgchenkrs herangezogenen Thrombocyten - - bestgtigt ge- funden ( L a m p e r t , S. 31). Unter Ausgestaltung yon Experimenten vornehmlieh yon E. H. H a n k i n g (1892), A. W r i g h t (1921), C. J. B o n d (1924) und v. P h i l i p s - b o r n (1930) kommt er zu dem SchluB, in der , , K l e b r i g k e i t " der Leukocyten einen Ausdruek ffir ihre Oberfl~ehenaktivit~tt zu sehen ( L a m p e r t , S. 44f., 47). Wenn wir, wie schon frtiher mehrfaeh ausgefiihrt, in der Ann~herung an den I E P einen Rfickgang der vitalen L c i s t u n g s f ~ h i g k e i t der Zelle und eine l~sistenz- abnahme gegen F lockungsc inf l i i s se auf sie erblicken, erscheiuen urLs jene Befunde zusammen mit den Ergebnissen der Adh~sionsmessungen in neuer und sehr einleuchtender Beleuchtung.

Z u s a m m c n f a s s u n g

Nachdem V o r v e r s u c h e mit AlCl3-LSsungen verschiedener Konzentrat iou im Bereiche elektrophoretischer Umladung ein verst~trktes Haften nackter Protoplasten aus pflanzlichen Beerenperikarpien gezeigt hatten, ist nach der M e t h o d e d e r A d h / ~ s i o n s b e s t i m m u n g aus R a n d w i n k e l m e s s u n g e n sowohl fiir jene Objekte, als auch ffir experimentell entblSBte Protoplasten die Abh/ingigkeit dcr Adhs vonde r CII azidimetriseh abgestufter Natrium- azetat-EssigsS~ure-Puffer untersucht wordcn. DaB das Adh/~sionsmaximum der Ann~herung an den I E P der Protoplasten entspricht, wird ffir die sich iso- lierenden Protoplasten der Beerenperikarpien aus dem V e r g l c i c h mit friiheren Bestimmungen dieses Wertes nach anderen Methoden erschlossen. Kurz wird endlieh auf die MSgliehkeit eines weiteren Giiltigkeitsbereiehes der untersuchten Abh~ngigkeit aufmerksam gemacht.

L i t e r a t u r

Buz~gh, A. v. ~ber die Haftf~higkeit mikroskopischcr Teilchen an einer Wand gleicher Beschaffenheit III , Koll.-Ztschr. 52, 46--61, 1930.

KrauB, G. und Rtiger, R. Abgleiterscheinungen bei dcr Sedimentation auf genoigten Fl~chen, Kolloidchem. Beih. 25, 314---319, 1927.

Lamper t , I-[. Die physikalische Seite des Blutgerinnungsproblems und ihre praktiseho Bedeutung. Leipzig (G. Thieme) 1931.

Pfeiffer , H. Beitr~ige zur quantitativen Bestimmung yon Molekularkr~ften des Proto- plasmas I. Protoplasma 19, 177--193, 1933.