KLÄNGE SAISON 20'21 AUS MÄHREN

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KLÄNGE AUS MÄHREN KLAAS STOK DIRIGENT SAISON 20'21 11.07.21

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K L Ä N G E A U S M Ä H R E N

KL A A S STOK DIRIGENT

SAISON 20 '21 11.07.21

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KL A AS STOK DIRIGENTHANNA R ABE HARFE DIRK LUIJMES HARMONIUMPHIL IP MAYERS KL AV IER NDR CHOR

KL ÄNGE AUS MÄHREN

SO 11.07.21 11 UHRHAMBURG ELBPHILHARMONIE GROSSER SA AL

Antonín DvořákV přírodě — In der Natur op. 63 Fünf Lieder für Chor a cappella (1882–1884)Napadly písně — Es zog manch LiedVečerní les rozvázal zvonky — Hörst du des Haines AbendgeläuteŽitné pole — Gold̓ ne FlurenVyběhla bříza bělićká — Birke am grünen Berg-eshangDnes do skoku a do písničky — Heut ist̓ s so recht ein Tag der Freude

Leoš JanáčekKačena divoká — Die Wildente für Chor a cappella (1885)Vlčí stopa — Die Wolfsspur für Tenor, Frauenchor und Klavier (1916) KEUNHYUNG LEE TENOR Bohuslav Martinů (1890—1959)Čtyři písně o Marii — Vier Lieder über Maria für Chor a cappella (1934)

Leoš JanáčekOtčenáš — Vater unser für Tenor, Harmonium, Harfe und Chor (1901) ARAM MIKAELYAN TENOR

Antonín Dvořák (1841—1904) / Leoš Janáček (1854—1928)Šest moravských dvojzpěvů —Sechs Klänge aus Mähren für Chor und Klavieraus: Mährische Duette von A. Dvořák, bearbeitet von Leoš Janáček (1876 / 1884)Dyby byla kosa nabróšená — Die TrennungSlavíkovský polečko malý — Das Pfand der LiebeHolub na javoře — Die VerlasseneV dobrým sme se sešli — Scheiden ohne LeidenŠípek — Die wilde RoseZelenaj se — Die Zuversicht

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KL A ASSTOKDIRIGENT

Klaas Stok ist seit der Saison 18’19 Chefdirigent des NDR Chores. Stilistische Vielfalt und ein Repertoire von der Renaissance bis zur zeitgenössischen Musik zeichnen Stoks Arbeit aus. Der nieder-ländische Dirigent und Organist arbeitet mit zahlreichen hoch-karätigen Chören und Ensembles zusammen. Von 2015 bis 2020 trug er die musikalische Verantwortung für den Niederländischen Rund-funkchor „Groot Omroepkoor“, eine langjährige intensive Zusammen-arbeit verbindet Stok außerdem mit dem Niederländischen Kammer-chor. Mit beiden Ensembles verwirklichte er maßstabsetzende Konzertprogramme und Einspielungen.

Klaas Stoks Markenzeichen ist — neben seiner Leidenschaft für Barock musik — eine ausgewogene Balance verschiedener Stile und Epochen bei der Zusammensetzung seiner Programme. So kombinierte er beim Chor des Bayerischen Rund-funks Musik der Renaissance mit zeitgenössischen Kompositionen: Alfred Schnittkes „Zwölf Bußverse“ und Orlando di Lassos „Die sieben Bußpsalmen“. Mit dem NDR Chor realisierte Stok unter dem Titel „Chor und Bläser“ in der Saison 2019/20 Werke von Johann Sebas-tian Bach, Anton Bruckner, Igor Strawinksy und dem Zeitgenossen Gabriel Jackson. Neben seiner Tätig keit als Chorleiter bei seinen

eigenen Chören dirigierte Klaas Stok Ensembles wie etwa Collegium Vocale Gent, Musicatreize, Cappella Amsterdam und den Chamber Choir Ireland.

Klaas Stok wurde in Deventer gebo-ren. Er studierte an den Konserva-torien Arnhem, Den Haag und Rot-terdam Dirigieren, Orgel, Cembalo und Improvisation. Als Organist ge-wann er mehrere Preise für Impro-visation und Interpretation bei na-tionalen und internationalen Wettbewerben. Er ist Organist an der berühmten Stadtorgel zu Zutphen. Stok ist Träger des Kulturpreises „Gulden Adelaar“ seiner Heimat-stadt Deventer.

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NDRCHOR

Vor 75 Jahren, am 1. Mai 1946, gab der neu gegründete NDR Chor sein erstes Konzert. In dem dreiviertel Jahrhundert seines Bestehens hat der Chor sich seither immer wieder gewandelt und neu erfunden. Sang der NDR Chor in den ersten Jahrzehnten neben geistlicher Musik auch Operetten und leichte Muse, rückte der künstlerische Leiter Helmut Franz ab 1966 die zeitgenössische Musik in den Fokus. Das Leitbild, dem der NDR Chor bis heute verpflichtet ist, fasste Franz damals in den Satz: „Der Rundfunkchor ist eine Gruppe von Spezialisten, die sich den höchsten Aufgaben widmen, die ein Chor zu leisten fähig ist.“ In den letzten Jahrzehnten profilierte sich der NDR Chor dann als einer der international führenden, professionellen Kammerchöre. Reich nuancierte Klangfülle und stilistische Vielfalt sind die Markenzeichen des Chores, der seit 2018 von dem Niederländer Klaas Stok geleitet wird. Mit Beginn der Saison 2021/2022 wandelt sich das Ensemble nun erneut: Aus dem NDR Chor wird das NDR Vokalensemble. Mit Sängerinnen und Sängern, die ein eigenes solistisches Profil haben, wird das NDR Vokalensemble in Zukunft den Fokus noch stärker auf A-cappella-Kunst aller Epochen legen, immer gemäß seinem bewährten Motto: „sich den höchsten Aufgaben zu widmen, die ein Chor zu leisten fähig ist.“

ChefdirigentKlaas Stok

ChorvorstandGesine GrubeAndreas HeinemeyerAnna-Maria Torkel

SOPRANRegine AdamSonja BühlerLucy De ButtsDorothee Risse-FriesCatherina Witting

ALTGesine GrubeAlexandra HebartGabriele Betty KleinAnna-Maria TorkelTiina Zahn

TENOR Michael ConnaireGoetz Phillip KörnerKeunhyung LeeAram MikaelyanMichael Schaffrath

BASSDávid CsizmárAndreas HeinemeyerFabian KuhnenChristoph LieboldAndreas Pruys

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Keunhyung Lee machte seinen Stu-dienabschluss im Fachbereich Vo-kalmusik an der Seoul National Uni-versity. Danach wechselte er für den Master-Abschluss in Opernge-sang an die Musikhochschule Ham-burg und gewann den hiesigen Elise-Meyer- Wettbewerb. In Kirchen-musiken ist der Tenor regelmäßig an den Hamburger Hauptkirchen zu erleben. Als Evangelist in Johann Sebastian Bachs „Johannes–Passi-on” trat er 2018 auch in Seoul auf. Noch während seines Studiums bot ihm der NDR Chor eine Stelle als

festes Ensemblemitglied an. Hier übernahm Keunhyung Lee seitdem zahlreiche Solo-Partien. So sang er bei den Internationalen Händel –Festspielen Göttingen als solisti-scher Tenor in Händels Oratorium „Theodora“ und der „Ode for the birthday of Queen Anne“. Nach ei-nem Solo- Auftritt des Sängers bei der Saisoneröffnung 2016/17 mit dem NDR Elbphilharmonie Orches-ter schwärmte die Tageszeitung „Die Welt“: „So begeisterte Tenor Keunhyung Lee mit zartem Schmelz und stupendem hohen C.“

Hanna Rabe studierte unter ande-rem an der Londoner Guildhall School of Music and Drama. Als So-listin musizierte sie bereits mit den Dortmunder Philharmonikern, der Nordwestdeutschen Philharmonie und dem Folkwang Kammerorches-ter Essen. Auf Einladung des WDR Funkhausorchesters spielte sie in Mozarts Doppelkonzert für Flöte und Harfe im großen Sendesaal des Kölner Funkhauses. Neben ihren so-listischen Auftritten widmet sie sich

intensiv der Kammermusik und war Gast beim Schleswig-Holstein Musik Festival, beim Aspen Music Festival, bei den Internationalen Händel–Festspielen Göttingen und beim World Harp Congress in Hongkong. Gemeinsam mit der Flötistin Vere-na Beatrix Schulte gründete sie das international ausgezeichnete Queens Duo. Nach dem erfolgreichen Debüt -Album des Duos „The Art of Imagination“ erschien im Frühjahr 2020 ihre neue CD „Perception“.

Dirk Luijmes ist weltweit einer der wenigen professionellen Harmoni-umspieler. Mehr als fünfundzwanzig Komponisten schrieben Werke ei-gens für ihn, darunter Willem Breu-ker, Daan Manneke und Guus Jans-sen. Konzerte führten den Niederländer quer über den Globus, von New York bis Vilnius, von Santi-ago de Chile bis ins norwegische Bergen. Dabei arbeitete er unter anderem zusammen mit dem Royal Concertgebouw Orchestra, dem

Rias Kammerchor, dem Nederlands Kamerkoor und dem Orchestre des Champs–Elysées. Luijmes spielte bereits an internationalen Konzert-häusern, wie dem Concertgebouw in Amsterdam, dem Wiener Musik-verein und der New Yorker Carne-gie Hall. Eine CD, auf der er die Cappella Amsterdam in Janáčeks „Otčenáš“ begleitet, wurde mit dem begehrten Edison Award gekrönt. Die Kritiker feierten auch Luijmes jüngste CD „Harmonium Atlas“.

Aram Mikaelyan, in Armenien ge-boren, begann seine musikalische Ausbildung in der Klasse für Chor-dirigieren an der Musikfachschule seiner Heimatstadt. Von 1998 bis 2003 studierte er Gesang an der Musikhochschule in Jerewan, der Hauptstadt Armeniens, und machte dort das Examen zum Konzertsän-ger. An der Hochschule für Musik in Detmold führte Aram Mikaelyan sein Gesangsstudium fort und be-endete es 2008 mit dem Abschluss Diplomsänger. Bereits vor Ende sei-nes Studiums in Detmold engagier-

te ihn die Oper Bonn für den Opern-chor. Hier trat Aram Mikaelyan als Solist in zahlreichen Rollen auf. Auch im Konzertfach ist der Sänger immer wieder solistisch bei Kir-chenmusiken zu erleben. Seit 2013 ist Aram Mikaelyan festes Mitglied des NDR Chores Hamburg. Auch hier übernimmt er regelmäßig Solo-partien, wie die Rolle des Kaherdin und eines Solo-Tenors in Frank Mar-tins „Le vin herbé“ im Kleinen Saal der Elbphilharmonie 2018.

KEUNHYUNG LEETENOR

AR AM MIK AELYANTENOR

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HANNA R ABEHARFE

DIRK LUIJMESHARMONIUM

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Der australische Pianist Philip Ma-yers studierte in Brisbane, Berlin und New York. Als vielseitiger Künstler ist er gefragt sowohl als Liedbegleiter, Kammermusik-Part-ner, Solist, Korrepetitor als auch als Dirigent, Komponist und Arrangeur. In Berlin konzertiert er regelmäßig mit dem Rias Kammerchor sowie dem Rundfunkchor Berlin, mit dem der Pianist auch einige CDs ein-spielte. Bereits mehrfach stand Philip Mayers am Pult der Kammer-oper Schloss Rheinsberg. Die Berli-ner Kammeroper leitete er als Gast-

dirigent bei renommierten Festivals wie den Schwetzinger SWR Festspielen. Auch seine Oper „Trieste“ wurde unter seiner Lei-tung mit der Berliner Kammeroper uraufgeführt. Als Begleiter der bri-tischen Sängerin Mary Carewe gas-tierte der Pianist am Théâtre du Châtelet in Paris, am Concertge-bouw Amsterdam und beim Alican-te Festival für zeitgenössische Mu-sik. Gemeinsam brachten sie die CD „A crush on you – Songs by George Gershwin“ im Arrangement von Phi-lip Mayers heraus.

PHIL IP MAYERSKL AVIER

NINE (BIRDS) HERE

Werke für Chor und Saxofon-Quartett vonIan Wilson und Ivan Moody

Philipp AhmannDirigentRaschèr Saxophone QuartetNDR Chor

In Vielseitigkeit und Geschmeidig-keit der Ausdruckskraft sind sich Saxofon und menschliche Stimme sehr nah. Die neue CD des NDR Chores „Nine (birds) here“ vereint beide Elemente und präsentiert ne-ben reinen A-cappella-Werken Kom-positionen für Chor und Saxofon. Allesamt sind es Erstaufführungen der beiden Komponisten Ian Wilson und Ivan Moody. Beide 1964 gebo-ren, komponieren sie stilistisch sehr unterschiedlich. Während Wil-son sich vor allem durch die Musik und Kunst der Moderne inspirieren ließ, sind Moodys Werke geprägt durch seine Zugehörigkeit zur or-thodoxen Kirche und eine Vorliebe für religiöse, mystische Themen.Wilsons Komposition „Nine (birds) here“ aus dem Jahr 1990 ist sein erstes Werk für Chor. Er vertont darin Gedichte des US-amerikanischen Dichters E. E. Cummings. Dessen fantasievolle Textlayouts und punk-tuelle Unterbrechungen übersetzt der Komponist dabei in seine eigene musikalische Sprache.

nine (birds) hereIVAN MOODY · IAN WILSONWORKS FOR CHOIR AND SAXOPHONE QUARTET

RASCHÈR SAXOPHONE QUARTET · PHILIPP AHMANN

CD -TIPP

Nominiert für den OPUS KLASSIK 2021in den Kategorien:◊ „Ensemble/Orchester des Jahres“ ◊ „Dirigent/in des Jahres“◊ „Weltersteinspielung des Jahres“

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KLINGENDE L ANDSCHAF TENWERKE VON ANTONÍN DVOŘ ÁK , LEOŠ JANÁČEK UND BOHUSL AV MART INŮ

Liebliche Landschaft MährensBlick auf Leoš Janáčeks Geburtsort Hukvaldy, Lithografie

Hügelige Landschaften, verwun-schene Wälder, Tümpel, Seen und natürlich der dahinmäandernde Strom der Moldau – wenn sich Mär-chen– und Fabelwesen irgendwo zu Hause fühlen sollten, dann sicher-lich im bezaubernden Landstrich Böhmens und Mährens. An langen Winterabenden hatte die Großmut-ter den kleinen Anton, wie ihn seine Eltern deutschtümelnd nannten, mit gruseligen Feengeschichten un-terhalten. Und Gedanken an solche Zaubermärchen begleiteten Anto-nín Dvořák vermutlich auch noch, als der spätere Komponist der Mär-chenoper „Rusalka“ lange Streifzü-ge durch die weiten Landschaften des heutigen Tschechiens unter-nahm. Mal alleine, mal mit Freun-den, mal zusammen mit Schüler, Freund und Komponistenkollegen Leoš Janáček.

WIDERSTANDGEGEN DIE OBRIGKEITAls die beiden Männer im Sommer 1877 und 1883 gemeinsam ihre ausgedehnten Wanderungen unter-nahmen, war ihr Antrieb aber vor allem die reine Freude an der Natur und an der Schönheit ihrer Heimat ebenso wie ein gewisser stolzer Pa-triotismus.Im 19. Jahrhundert begann sich nämlich in ganz Europa ein stärke-res Nationalbewusstsein zu regen. Das heutige Tschechien kämpfte mit der Oberherrschaft der Habs-burger Monarchie, die von Wien aus über Gedeih und Verderb des Lan-des bestimmte. Als Vielvölkerstaat hatte Österreich Deutsch zur Amts-

sprache erhoben, um Ungarn, Ser-ben, Kroaten, Italienern, Slowenen und natürlich Tschechen einen ge-meinsamen Rahmen zu bieten. So wie heute für die höhere Bildung die englische Sprache notwendig ist, war damals Deutsch die Spra-che der Wissenschaft. Wer etwas auf sich hielt, sprach Deutsch. Alles Volkstümliche dagegen wurde von den in Tschechien ansässigen deutsch-österreichischen Bürgern mit (wohl nicht nur) leichter Herab-lassung beäugt. Dagegen regte sich Widerstand in der böhmischen Be-völkerung. Man besann sich auf die eigene Sprache ebenso wie auf die alten volkstümlichen Weisen und Erzählungen. Die schönsten Früch-te dieses neuerwachten National-stolzes sind dabei sicherlich in der künstlerischen Auseinanderset-zung mit dem Thema entstanden: neben den Arbeiten Bedřich Smeta-nas zählen dazu die Kompositionen von Antonín Dvořák, Leoš Janáček und Bohuslav Martinů.

LIEBE ZUR NATURUND KÜNSTLERFREUNDSCHAFTENDem Ältesten von den dreien, Anto-nín Dvořák, war von Geburt an ei-gentlich ein anderes Leben als das eines Künstlers bestimmt: Aus ein-fachem Haus stammend, sollte der Sohn es dem Vater gleichtun und Metzger werden. Die Ausbildung ließ Antonín zwar über sich erge-hen, doch dann schritten vermut-lich seine Musiklehrer ein und machten dem Vater klar, welches Talent verschwendet würde ans Fleischergewerbe. Der Vater, selbst

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ein guter Hobby-Musiker, hatte ein Einsehen und unterstützte fortan sein erstes von neun Kindern nach bestem Vermögen. Auch ein gutes Stück Toleranz und Weltoffenheit gaben die Eltern dem Sohn auf den Weg in einer immer zweigeteilteren Welt: Als Metzger war ihr bester Kunde ein österreichischer Fürst, und das nebenher geführte Wirts-haus lebte von den zahlenden deut-schen und österreichischen Gäs-ten. Die Eltern wussten das zu schätzen und sorgten dafür, dass ihr kleiner Anton früh Deutsch lern-te. Statt für die Wirtschaft konnte er seine Sprachkenntnisse später fürs Musikstudium in Prag gebrau-chen, denn selbstredend fand die Lehre auf Deutsch statt. Alltags-sprache ist allerdings nicht Wissen-schaftssprache, und Dvořák klagte später: „Wer was lernen wollte, musste gut Deutsch können. Ich habe schlecht Deutsch gekonnt, und auch wenn ich etwas wusste, konnt̓ ich̓ s nicht sagen.“ Seinen Weg machte er trotzdem – nicht zu-letzt aufgrund fleißiger deutsch-sprachiger Korrespondenz nach Wien. Hier saß nämlich jemand, der über Künstlerstipendien entschied: Johannes Brahms. Ihm schickte Dvořák als Bewerbung seine „Klän-ge aus Mähren“, dreizehn slawische Lieder, die er als Hausmusik für eine befreundete Prager Kauf-mannsfamilie verfasst hatte. Brahms, Liebhaber traditioneller Folklore und Verfasser von Werken wie „Ungarische Tänze“, gefiel, was er sah. Im Laufe der Jahre verhalf er dem jüngeren Kollegen gleich mehrfach zu Künstlerstipendien. Vor allem aber empfahl er Dvořák mit Verweis auf die „Klänge aus

Mähren“ an seinen eigenen Verle-ger Fritz Simrock weiter. Dvořák war ein gemachter Mann. Kurze Zeit später arrangierte sein eigener Schüler und Wandergefährte Leoš Janáček sechs Duette aus dem Zyk-lus für Chor und Klavier um. Es sind Geschichten über die verschiedenen Facetten der Liebe, im Text gleich-nishaft dargestellt durch eine länd-liche Symbolik: Die Sense steht für Verlust und Trennungsschmerz, grünende Zweige für das Weiterle-ben der Hoffnung. Aus den größten-teils schlicht homophon geführten Liedern entwickelte Dvořák aber eine große Intensität und Ausdrucks-kraft. Zum Beispiel erinnert das Lied „Die Verlassene“ in der kont-rastreichen Dynamik beinahe an Brahms „Ungarische Tänze“: ein großer, majestätisch auftrumpfen-der Intervallsprung im forte, als wäre es der Auftakt zu etwas Gran-diosem – doch gefolgt von einer so-fort ins leise piano gleitenden, tänzerisch- leichten Figur. Auch sonst bestechen die Lieder durch fröhlich hüpfende und wiegende Rhythmen sowie durch die pastorale Stimmung folkloristischer Melodien.Dvořáks pantheistische Geisteshal-tung und seine Liebe zur Heimat kommen auch im Zyklus „In der Na-tur“ zum Tragen. Der Text besingt detailverliebt blitzende Tautropfen, wiegende Kornfelder und zwitschern-den Vogelgesang, die der Kompo-nist in eine andächtig geruhsame Stimmung übersetzt voll farbiger Harmonieklänge. „In der Natur“ ist das letzte von sieben Chorwerken, die Dvořák für den Prager Gesangs-verein verfasste. Gemeinsames Sin-gen war schließlich eines der liebs-ten Hobbys in der Romantik.

LEOŠ JANÁČEKUND DER KLANG DER SPRACHEDie Begeisterung für die Natur und Folkloristik vereint zwei gegensätz-liche Künstler: den stillen, toleran-ten, musikalisch sehr tradionsbe-wussten Antonín Dvořák und den wohl etwas hitzigen, vom Widerwil-len gegen jeglichen deutschen Ein-fluss erfüllten Patrioten Leoš Janáček, der in der Musik bald ganz neue Bahnen beschreiten wird. Als der junge Mähre Janáček 1774 zum Orgelstudium nach Prag zieht, ler-nen sich die beiden bald kennen, und Antonín Dvořák wird für den dreizehn Jahre Jüngeren zu einer Art Vaterfigur.

Wissen Sie, wie es ist, wenn Ihnen jemand das Wort vom Munde nimmt, noch ehe Sie es ausgesprochen haben? So ging es mir in Dvořáks Gesellschaft. Ich kann seine Persönlichkeit mit seinem Werk vertauschen, er schöpft seine Melodien aus meinem Herzen. Einen solchen Bund kann nichts in der Welt trennen.Leoš Janáček

Wie Dvořák sammelte auch Janáček Volkslieder, beobachtete intensiv die Natur und lauschte ihren Klän-gen. Genauso aufmerksam aber horchte er auf Klang und Ausdruck der menschlichen Sprache. Für

Janáčeks Musik wird das zum ent-scheidenden Faktor. Er entdeckt die weiche tschechische Sprache als ästhetisches Element, das er zur Grundlage einer ganz eigenen Musik sprache entwickeln wird: Sprechrhythmus und –intonation bestimmen sein Werk. In Opern wie „Jenufa“ von 1904 oder „Das schlaue Füchslein“ von 1923 führte Janáček den Sprechgesang zur Meisterschaft. Doch Chorwerke wie „Die Wildente“ und „Die Wolfsspur“ wirken beinahe wie Vorarbeiten zu letztgenannter Oper, frei nach dem Thema Jäger und Gejagter. Und wie später die Oper „Das schlaue Füchslein“, ist das A-cappella-Werk „Die Wildente“ fantasievoll aus der Perspektive eines Tieres erzählt. In getragen auf- und abschwellenden Klagetönen bejammert die Ente, dass sie, vom Jäger angeschossen, sich nicht mehr um ihre Küken zu kümmern vermag. Endet der ver-tonte Märchentext mit der Auffor-derung an die Küken, der Mutter zur Donau nachzufliegen, so offenbart der Gesang, dass das nur Wunsch-denken sein kann: Immer schwä-cher werdend haucht die Ente im leisesten pianopianissimo ihr Le-ben aus. Auch „Die Wolfsspur“ ver-tont eine ungewöhnliche Jagd. Ein alter Hauptmann liegt auf der Pirsch für einen Wolf — doch am Ende des Stücks erlegt er seine junge Frau und ihren Liebhaber, die er in flagranti ertappt. Das Chor-werk ist selbst beinahe wie ein klei-nes Theaterstück konzipiert: Fast lautmalerisch skizziert der Frauen-chor in fahlen Harmonien eine

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Waldnacht. Ein solistischer Tenor gibt den Part des gehörnten Haupt-manns, und im sich überlappenden Dialog entfaltet sich die Geschich-te. Sprachbeobachtungen fließen selbstverständlich auch hier ein: Als der (vermeintliche) Wolf in der Ferne heult, fällt der Frauenchor ganz in Sprechgesang und repe-tiert immer denselben Ton in schnellen Sechzehntelnoten. Jede neue Phrase setzt dabei höher an, so wie sich auch die menschliche Stimme bei Aufregung erhöht. Die „süßen Küsse“ des Liebespaares klingen dagegen umso schmeichle-rischer. Pikanterweise schrieb Janáček das ehebrecherische Chorstück im Auf-trag eines Frauengesangsvereins zu Zeiten des Ersten Weltkrieges, als die Männer fern der Heimat ganz anderen Feinden auflauerten.Mit der Vertonung des tschechischen „Vater unser“ zeigt Janáček dagegen seine spirituelle Seite. Orgelklänge und Harfen-Arpeggios eröffnen das Werk, worauf in althergebrachter Weise die Gesangsstimmen in sich gegenseitig nachahmender Imitati-on einsetzen. Dabei vereinigen sich die einzelnen Chorstimmen immer wieder miteinander und erzeugen so Momente besonderer Intensität. Mit dem Solo- Tenor tritt der einzel-ne bittende Gläubige in den Fokus. Wortwiederholungen verstärken die Inständigkeit seiner Bitten und verleihen dem Werk eine gewisse Opernhaftigkeit. Janáčeks Sprach-forschung offenbart sich augen-zwinkernd im Chorstück „Gib uns unser Brot!“: Die Gebetsworte gel-len in fordernd frecher Wiederho-lung wie die eines hungrigen Kin-des.

BOHUSLAV MARTINŮ UND MARIENSPIELE Der Böhme Bohuslav Martinů ge-hört zur Komponistengeneration, die auf Dvořák und Janáček folgte. In einem Kirchturm geboren und aufgewachsen, wo sein Vater als Turmwächter und Schuster arbeite-te, besaß Martinůs einen ganz eige-nen Zugang zu religiösen Werken. Insbesondere die Figur der Jung-frau Maria scheint ihn fasziniert zu haben. So komponierte Martinů in den Jahren 1933 bis 1934 einen vierteiligen Opernzyklus „Hry o Ma-rii — Marienspiele“ über die Wun-dertätigkeit der Jungfrau. Etwa zeitgleich, im Herbst 1934, entstan-den auch die „Vier Lieder über Ma-ria“. Der junge Komponist schrieb beides in Paris, wohin er nach dem Studium in Prag gezogen und wo er heimisch geworden war. Hier hatte er auch Strawinsky kennengelernt und dessen neoklassizistische, von Emotionen befreite Tonsprache. In Martinůs Werk finden sich aber auch Bezüge zu folkloristischen Klängen, wenngleich er keine Melo-dien aus der Volksmusik entleiht, wie es Janáček in seinen Opern manchmal tat, wenn er den Aus-druck plastischer gestalten wollte. Martinů schätzte aber wie dieser die Ursprünglichkeit folkloristi-scher Musik und insbesondere die Rhythmen slawischer Volksweisen. Die Liebe dazu begleitete ihn ein Leben lang, vielleicht als Kompen-sation für den Verlust der Heimat. Als die Deutschen in Frankreich einmarschierten, rettete sich der von den Nazis verfemte Komponist schließlich in die USA.

Janna Berit Heider

Die VerlasseneEine Taube flog in die Felder,sich an Körnern gütlich zu tun.Als der Kropf gut gefüllt war,ließ sie sich auf einem Ahorn nieder.

Unter diesem Ahorn saß mein Liebchenund bestickte ein Halstuch in Grün;stickte auch eine Blumenranke darauf,denn ihr Freund hat sie verlassen.

Sie stickte darauf eine Rosenknospe,denn alle, ach, alle haben sie verlassen.

Scheiden ohne LeidenAls Freunde haben wir uns gefunden,als Freunde werden wir uns trennen.Sag mir, sag mir, mein Liebster,werden wir uns denn vergessen?Ich werd̓ an dich denken,sehr viel öfter als einmal im Jahr;an dich, mein Liebchen,werd̓ ich in jedem Augenblick denken.

ANTONÍN DVOŘÁK / LEOŠ JANÁČEKSECHS KLÄNGE AUS MÄHREN

TrennungWäre meine Sense gewetzt,hätten wir Heuerntezeit,den jungen Wiesenklee,ach, wie würde sie ihn mähen!

Mähe, mäh’ den jungen Klee,warum noch länger an dich denken,du meine Schönste,warum noch länger an dich denken,gabst du doch einem andern das Jawort!

Pfand der LiebeEs ist so klein, Slavikovs Feld!Nie, mein Liebster, werden wir heiraten,nein, nein, niemals, es ist unmöglich,das kleine Stück Land, niemals, Liebster,niemals wird deine Mutter es uns geben.

Was kümmert uns, was meine Mutter sagt?Meine Mutter hat nicht zu bestimmen.Sag mir nur, mein Schätzchen,dass du mich liebst,und reich mir deine Hand zur Gutenacht.

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TE X TE

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Die wilde RoseEin Mädchen ging aufs Feld,ging auf die grüne Wiese,konnte aber das Gras nicht mähen,zu frisch war noch der Tau.Sie ging über die Wieseund weinte heiße Tränen;sie fand einen Heckenrosenstrauch,sie sah daran eine Rose.Rose, liebes Blümelein,ich werde dich pflücken.

Pflücke mich nicht im Winter,meine Schönheit wird welken,pflücke mich nicht im Sommer,die Sonne wird mich verbrennen.Pflücke mich aber im Frühling,dann bleibe ich lange schön.

Die ZuversichtGrüne, grüne,grünes Gras im Wald!Ach, wie soll ich grünen,wenn die Sense schon gewetzt ist?

Grüne, grüne,grünes Gras des Wäldchens!Wie soll ich grünen,wenn man kommt, mich zu schneiden?

Grüne, grüne,junge Wiesentulpe!Ach, wie soll ich grünen,wenn meine Blätter verdorren,wenn du mich verlassen willst,mein Geliebter, mein Liebster?

Schau, meine Geliebte,sieh diesen dürren Zweig;wenn er wieder grün ist,wirst du die meine.Schau, meine Geliebte,sieh diese kahle Tanne;wenn ihre Nadeln wieder grün sind,heiraten wir.

Ja, ich habe hingeschaut,gestern den ganzen Nachmittag,aber, ach diese verwünschte Tannewill einfach nicht grünen.Ja, ich habe auch hingeschaut,gestern und noch heute,und es schimmert dort schon grünüber und über auf den Zweigen.

ANTONÍN DVOŘÁKIN DER NATUREs zog manch LiedEs zog manch Lied ins Herz mir ein,von wannen weiß ich nicht zu sagen,fragst du die taubeglänzte Flur,woher die Halme Perlen tragen?

Rings schimmert reizvoll die Natur,rings duftet neu erblühtes Leben,bald fühl’ ich Wonne, fühl’ ich Lust,bald Wehmut mir die Brust lässt erbeben.

Der Tau erstand im Mondenschein,aus dem Herzen quillt der Born der Lieder:Drin strömen Freud’ dahin und Leid,und neuer Morgen kehret wieder.

Hörst du des Haines AbendgeläuteHörst du des Haines Abendgeläute,der Vöglein Sang schon leis’ verklingend,des fernen Kuckuck neckend’ Rufen,die Nachtigall, von Liebe zart singend.

Ein sanfter Wind durchrauschet die Zweige,betaut von feuchtem Perlenkranze,rings prangt der Wald vom Mondensilberumwebt mit tausendfachem Glanze.

Bald träumen Halme, träumen Blumen,in Baumeswipfeln hangen Träume,nur Rehlein wacht noch, dass im Tauees Bad und Nachttrunk nicht versäume.

Welch’ frohe Botschaft mag das sein,tönend wie Geigen und Schalmei’n,wehend aus sanftbewegter Luftund rings umher aus Blütenduft?

Schon stehen prangend Baum und Strauch,geschmückt zum Fest nach altem Brauch,und jedes Zweiglein, jedes Reiswill singen nun des Schöpfers Preis.

Viel’ Gäste fanden auch sich ein,manch’ Lied durchhallt den weiten Hain,und eh’ zwei Tage noch vorbei,grüßt alle Welt den schönen Mai.

Heut ist’s so recht ein Tag der FreudeHeut ist’s so recht ein Tag der Freude!Heut hat uns Gott ein Fest bereitet,das Weltall atmet Liebeswonne,zum Brautgemache froh geleitet.

Im Blütenkelche tanzt das Mücklein,am Halme Wurm und Käfer scherzen,es rauschen Quellen, Wälder duften,Sehnsucht durchglühet alle Herzen.

Hochzeitlich glänzt der Abendhimmel,jungfräulich rötet sich der Westen,Nachtigall flötet holde Weisenals Priesterin bei Waldesfesten.

Heut liegt das große Buch der Liedergeöffnet auf dem Weltaltare,heut kündet alles Glück und Friedenund preist das Hohe, Schöne, Wahre.

Der Himmel glänzt, die Lüfte säuseln,rings Jubelton, rings Freudewinken;zum großen Kelch ward Erd’ und Himmel,draus, was da lebt, soll Wonne trinken.

Textdichter: Vítězslav Hálek

Dann schlummert’s wie die Vögelein.Nachtigall lässt allein nur sich hören,ihr Liebesliedchen, ihr sanftes Flötenkann Schläfer nicht, noch Träumer wecken.

Drauf schweigt auch sie. Nun ruhen alle,und Nacht bedeckt mit dunklem Schleierden Hain und drinnen jeglich’ Leben.Das ist des Waldes Abendfeier.

Gold̓ne FlurenGold’ne Fluren, gold’ne Ähren,hei, wie lustig reifen sie!Halme, sanft im Winde schaukelnd,spielen auf als Musici.

Schwanken säuselnd auf und nieder,flüstern, kosen nachbarlich,heiß berührt vom Sonnenkussebebt die Ähre wonniglich.

Bienlein dorten summt dem Falterscherzend neue Kunde zu;auch die Wachtel und die Grillegeben neckend keine Ruh.

Gold’ne Fluren, gold’ne Ähren,lieblich prangend weit und breit.Freudetrunken hat dies Liedleinmeine Seele euch geweiht.

Birke am grünen BergeshangBirke am grünen Bergeshang,gleich wie die Geiß der Herd’ entsprang,kamst du nach schwerem Winterstraummunter hervor zum Waldessaum.

Birklein, im weißen Flügelkleid,schlank wie die jugendzarte Maid,voll süßer Ahnung. Alles lauschtder Kunde, die dein Laub durchrauscht.

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LEOŠ JANÁČEKDIE WILDENTEDie wilde Ente flog so hoch,der junge Bursche, ein guter Schütze, schoss ihr in die Seite,gleich unter das rechte Füßchen.

Sie weinte, ließ sich aufs Wasser nieder;sie weinte vor Kummer und rief zu Gott:

Ach, lieber Gott, ich kann nicht mehr fliegen.Ich arme Ente, ich kann nicht mehr fliegen,ich werde meine Entchen nicht mehr groß-ziehen.

Meine kleinen Kinder, sie tun keinem etwas;sie sitzen auf der Donau,trinken trübes Wasser, essen harten Sand.

Ihr kleinen Entchen, fliegt hinter mir her!Denn wir müssen bis zur großen Donau.

Textdichter: František Sušil

DIE WOLFSSPURFinstere Nacht! Der alte Hauptmannverfolgt die Fährte eines Wolfes.Seltsam zieht die Spur sichbis zum Haus im Parke.

Die zweite Nacht schonwacht der Hauptmann bis zum Morgengrauen,neben sich die geladene Flinte.Um ihn her dichter Nebel,so weit das Auge reicht.

Der Hauptmann, in Gedanken versunken,zwirbelt seinen grauen Schnurrbart:„Scher dich zum Teufel! Donnerwetter!Es ist schade um die Nächte,jetzt geh ich nach Hause!“

Da, plötzlich, über dem Schneeleuchtet ein flüchtiger Lichtschein auf!In des Hauptmanns Kopfewilde Gedanken,furchterregend wie ein Abgrund!Dann andere, und noch anderein einem Wirbel, unaufhörlich!Hoj! So schreit der Geierschwarmauf dem Kadaver!

Ist es der Wolf, der heult in der Ferne,oder der Nordwind in den Pappeln?Da, wieder... Ist es das Fenster,das so ächzt, oder ein Windstoß?„Teufel! Hinter diesem Fensterschläft mein junges Eheweib!“

Sein junges Eheweib,schöne Rose, voll erblüht,sein junges Eheweib,Taube mit lachendem Gesicht;wer könnte diesem heißen Blut,wer könnte ihm jemals trauen?

Wer könnte ihm trauen,wer könnte seinem jungen Eheweib,schöne Rose, voll erblüht,wer könnte ihm jemals trauen,Taube mit lachendem Gesicht?

Sieh, ein neuer Lichtschein,in dem zwei Schatten spielen!Sieh, jetzt zwei weiße Hände,die das Fenster öffnen!Jetzt ein dunkler Schatten,gleitet sacht herunter!Sanft neigt sich der zweite Schattenund umfasst ihn in inniger Umarmung.Hör nur diese brennenden Lippen,hör nur den zärtlichen Kuss!

Der Hauptmann vermag kaumseinen rasenden Schmerz zu bezwingen,mit Mühe unterdrückt er einen Schrei.Tränenverschwommenen Auges nimmt er seine Flinte.

erblüh̓ n lässt: grüner Blätter Regen oder Christi Segen?

Schlaf fiel in Edens Garten über Maria.

Jungfrau Mariens FrühstückKalt ist und plätschert das Wasser im Holler-busch, darin sich die Jungfrau Maria mor-gens wusch.Und Jungfrau Maria, so sie gewaschen war,stieg sie aus den Wogen,hat den Sohn geboren.

Du mein klein Kindlein, was wird zur Kost uns werden, hungernd in den Bergen?Ihr, mein lieb Mütterlein, bleibt ruhig ohne Sorg̓ ,ins Wasser, ins kalte, werde ich fischen geh̓ n.

Du mein klein Kindlein, wie willst du denn fischen geh̓ n, kaum ist̓ s ein Stündlein her,da warst du erst geboren.

Und des Weges kam ein Tross,Junker zwei hoch zu Ross,sahen das Kindlein klein, in der Hand ein Röslein.

Du mein klein Kindlein, wie konnt̓ st das Röslein hol̓ n,kaum ist̓ s ein Stündlein her, da warst du erst geboren.

Kommt mit, ihr Junkersherr̓ n,folgt dem kleinen Kinde,bindet die Rösser an unter grüner Linde.Und sie werden dort harr̓ n,harr̓ n des Futters Wonne,wie aus den Wolken wir warten auf die Sonne.

Und legt anvoll wilder Erregung.(Von Ewigkeit ist dieses Küssen!)Ein Schuss kracht. Ja, heute fand der Hauptmannsicher des Wolfes Spuren.

Textdichter: Jaroslav Vrchlický

BOHUSLAV MARTINŮVIER LIEDER ÜBER MARIAVerkündigungRot wie ein Röslein im stillen Beetsinnend Jungfrau Maria steht.Des Herrn Engel flinken Fußes würdigte sie seines Grußes.

Zitternd wie einer Blume Stiel Jungfrau auf ihre Knie fiel.Jungfrau rein, lass Angst nicht währen,denn Herrn Jesus sollst du gebären.

Sie hat geboren den Herrn Jesusohne Schmerz und Weh̓ n.Und Herr Jesus als Kindlein klein geht durch die ganze Welt aus und ein.

Der TraumSchlaf fiel in Edens Garten über Maria.Und aus ihrem Herzen spross und trieb ein Träumlein,draus wuchs ihr ein schönes Apfelbäumlein.

Und sie wollte wissen, was die Wiesen blüh̓ n lässt: ob der Rose Rotes oder Mutter Gottes? Und sie wollte wissen, was den Acker blüh̓ n lässt: Lilienblüten früher, heut̓ Jungfrau Maria?Und sie wollte wissen, was den Wald

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Page 12: KLÄNGE SAISON 20'21 AUS MÄHREN

Jungfrau Mariens BildHeil̓ ger Lukas, Maler Gottes,saß und malte am Bild Gottes.Doch das Malen ging so recht nicht,Schlaf fiel sanft über sein Gesicht.

Mutter Gottes ohne Zögern fing an,Gottes Bild zu malen.Mit der Röte ihrer Wangen fing sie an,das Bild zu malen.

Öffne, Lukas, deine Augen, kannst das fertig̓ Bild bestaunen. Oh!Mit sechs Ochsen vor dem Wagen nach Tschenstochau woll̓ n wir fahren.Auf dem Hügel soll es prangenund der Sonne Strahlen fangen.Damit Leute wallfahr̓ n mögenund von Krankheit dort genesen.

Als im Wald sie vorgedrungen,sind drei Räuber aufgesprungen:Halt! Was führt ihr auf dem Wagen,dass er so schwer beladen?Darauf führ̓ n wir das Bild Gottes,selbst gemalt vom Maler Gottes.Das Bild woll̓ n wir euch zerbrechen,das Bild woll̓ n wir euch zerstechen!Haltet ein mit Brechen, Stechen,denn ihr werd̓ t zu Stein und Kohlen!

Stechen, brechen ohne Gnade für der Mutter Gottes Gabe. Oh!Und zu Kohlen ward der Stecher,und zu Steine ward der Brecher.Und der dritte gottesfürchtig,schadete dem Bilde gar nicht.

Weiter führten sie zum Hügel gen Tschenstochau lock̓ re Zügel.Auf dem Hügel lass mich prangenund der Sonne Strahlen fangen!Man wird zu mir wallfahr̓ n, pilgernund das Heil hier wiederfinden.

LEOŠ JANÁČEKVATER UNSERVater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.Dein Reich komme,Dein Königreich, Dein ewiges Reich.Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden.Unser täglich Brot gib uns heute!Und vergib uns unsere Schuld,wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.Und führe uns nicht inVersuchung, sondern erlöse unsvon dem Bösen.Amen. Herausgegeben vom

Norddeutschen RundfunkProgrammdirektion HörfunkBereich Orchester, Chor und KonzerteRothenbaumchaussee 13220149 Hamburg

NDR ORCHESTER, CHOR UND KONZERTELeitungAchim Dobschall

Redaktion NDR ChorDr. Ilja StephanRedaktionsteam NDR Chor Maria OehmichenHuberta CrombachTanja SiepjeRedaktion ProgrammheftJanna Berit Heider

Der Text von Janna Berit Heiderist ein Originalbeitrag für den NDR.Nachdruck, auch auszugsweise,nur mit Genehmigung des NDR gestattet.

DruckEurodruck in der Printarena FotosMagdalena Spinn | NDR (Umschlag); Hans van der Woerd (S. 4); Peter Hundert | NDR (S. 6); Es-Dur | NDR (S. 11); akg-images, De Agostini Picture Lib., A. Dagli Orti, Leos Janacek Museum Brno (S. 12)

IMPRESSUM

Page 13: KLÄNGE SAISON 20'21 AUS MÄHREN

F OTO: R A P H A EL A M AY H AU S ALTVO R N:K EUNH Y UN G L EE T ENOR

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