Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV BT II ... · (Irrtum nicht im StGB geregelt) •...

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Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV BT II: Vermögensdelikte Franziska Cichon Email: [email protected] Büro: Paradeplatz 4, Raum 409 Konservenmaterialien: bei WueCampus2 „WS16:Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV“ (immer freitags) oder http://www.jura.uni-wuerzburg.de/lehrstuehle/schuster/mitarbeiter/ wissenschaftliche_mitarbeiter/franziska_cichon/materialien/ Lehrstuhl für Internationales Strafrecht Prof. Dr. Frank Schuster Mag. Iur. Franziska Cichon

Transcript of Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV BT II ... · (Irrtum nicht im StGB geregelt) •...

  • Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV

    BT II: Vermögensdelikte

    Franziska Cichon

    Email: [email protected]

    Büro: Paradeplatz 4, Raum 409

    Konservenmaterialien: bei WueCampus2

    „WS16:Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV“ (immer freitags)

    oder http://www.jura.uni-wuerzburg.de/lehrstuehle/schuster/mitarbeiter/

    wissenschaftliche_mitarbeiter/franziska_cichon/materialien/

    Lehrstuhl für Internationales Strafrecht

    Prof. Dr. Frank Schuster Mag. Iur.

    Franziska Cichon

    mailto:[email protected]

  • Der Versuch

    Aufbau:

    I. Vorprüfung

    II. Tatentschluss

    III. Unmittelbares Ansetzen

    IV.Rechtswidrigkeit

    V. Schuld

    VI.Rücktritt

  • Der Versuch

    I. Vorprüfung:

    1. Nichtvollendung der Tat

    2. Strafbarkeit des Versuchs, §§ 23 I Alt. 1/2, 12 I/II StGB

    II. Tatentschluss

    1. Vorsatz bzgl. aller objektiven TBM

    2. Sonstige subjektive TBM

    III. Unmittelbares Ansetzen

    Wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv Handlungen vornimmt, die nach seiner Vorstellung ohne weitere wesentliche Zwischenschritte in die TB-Verwirklichung einmünden (gemischt subj.-obj. Theorie).

    IV. Rechtswidrigkeit

    V. Schuld

    VI. Rücktritt

  • Der Rücktritt des Täters

    I. Vorprüfung

    II. Tatentschluss

    III. Unmittelbares Ansetzen

    IV. Rechtswidrigkeit

    V. Schuld

    VI. Rücktritt

    1. Kein fehlgeschlagener Versuch

    2. Abgrenzung zwischen unbeendetem und

    beendetem Versuch

  • Definitionen

    • Versuch fehlgeschlagen:

    wenn der Täter nach seiner Vorstellung den Erfolg in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht herbeiführen kann

    • Beendeter Versuch:

    Täter glaubt bereits alles getan zu haben, was nach seiner Vorstellung von der Tat zu ihrer Vollendung notwendig ist

    • Unbeendeter Versuch

    Täter glaubt noch nicht alles getan zu haben, was nach seiner Vorstellung von der Tat zu ihrer Vollendung notwendig ist

    Lehre vom Rücktrittshorizont: entscheidend ist Tätervorstellung nach der letzten Ausführungshandlung

  • Rücktritt des Alleintäters § 24 I StGB

    • Unbeendeter Versuch, § 24 I 1 1.Alt. StGB

    1. Aufgeben der weiteren Tatausführung

    2. Freiwilligkeit

    • Beendeter Versuch, § 24 I 1 2.Alt. StGB

    1. Verhinderung der Vollendung

    2. Freiwilligkeit

    • Beendeter Versuch (ohne Vollendung), § 24 I 2

    StGB

    1. Ernsthaftes Bemühen um die Nichtvollendung der

    Tat

    2. Freiwilligkeit

  • Definitionen

    • Verhinderung der Vollendung

    Der Täter muss bewusst und gewollt eine neue Kausalkette in

    Gang setzen, die für das Ausbleiben der Vollendung

    (mit)ursächlich ist

    • Ernsthaftes Bemühen

    Der Täter muss alles tun, was aus seiner Sicht zur Abwendung

    des drohenden Erfolges notwendig und geeignet ist

    • Freiwillig

    wer aus autonomen Gründen (= selbstgesetzter Wille) zum

    Rücktritt veranlasst wird; (auf ein auf hoher Stufe stehendes

    Motiv kommt es dabei jedoch nicht an)

  • Rücktritt bei mehreren Beteiligten, § 24 II StGB

    1. § 24 II 1 StGB: freiwillige Verhinderung der

    Tatvollendung

    a. Verhinderung der Tatvollendung

    b. Freiwilligkeit

    2. § 24 II 2 1.Alt. StGB: fehlende

    Verhinderungskausalität

    a. Ernsthaftes Bemühen um die Nichtvollendung

    b. Freiwilligkeit

    3. § 24 II 2 2.Alt. StGB: fehlende

    Vollendungskausalität

    a. Ernsthaftes Bemühen um die Nichtvollendung

    b. Freiwilligkeit

  • Versuchtes Unterlassensdelikt

    I. Vorprüfung

    II. Tatentschluss

    1. Erfolg

    2. Unterlassen

    3. Erforderlichkeit

    4. Physisch-reale Erfolgsabwendungsmöglichkeit

    5. Quasikausalität

    6. Objektive Zurechnung

    7. Garantenstellung

    8. Entsprechungsklausel

    I. Unmittelbares Ansetzen

    II. Rechtswidrigkeit

    III. Schuld

  • Fahrlässiges Unterlassensdelikt

    I. Tatbestand

    1. Erfolg

    2. Unterlassen

    3. Erforderlichkeit

    4. Physisch-reale Möglichkeit der Erfolgsabwendung

    5. Quasikausalität

    6. Garantenstellung

    7. Entsprechungsklausel

    8. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung und objektive

    Vorhersehbarkeit

    9. Objektive Zurechnung (Pflichtwidrigkeits- und

    Schutzzweckzusammenhang)

    II.Rechtswidrigkeit

    III.Schuld

    Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektive

    Vorhersehbarkeit

  • Beteiligung

    Beteiligung

    Täterschaft

    - Unmittelbarer Täter, § 25 I 1.Alt StGB

    - Mittelbarer Täter, §25 I 2.Alt StGB

    Mittäter; § 25 II StGB

    Teilnahme

    Anstiftung, § 26 StGB Beihilfe, § 27 StGB

  • Abgrenzung Täterschaft Teilnahme

    • Subjektive Theorie (Rspr.)

    Täter ist, wer mit Täterwillen (animus auctoris) handelt, die Tat also

    als eigene will;

    Teilnehmer ist dagegen, wer mit Teilnehmerwillen (animus socii)

    handelt und die Tat als fremde veranlassen oder fördern will.

    Entscheidend ist eine wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände

    des Einzelfalls (Interesse an der Tat, Tatherrschaft, Täterwille)

    • Tatherrschaftstheorie (Lit.)

    erforderlich ist eine funktionale Tatherrschaft, d.h. das vom Vorsatz

    umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen

    Geschehensablaufs;

    Täter ist demnach, wer das Geschehen als Zentralgestalt planvoll

    lenkt und mitgestaltet; Teilnehmer ist, wer die Tat nur als Randfigur

    veranlasst oder fördert

  • Mittelbare Täterschaft § 25 I Alt.2 StGB

    Aufbaubeispiel:

    A. Strafbarkeit des Werkzeugs

    B. Strafbarkeit des Hintermannes

    I.Tatbestand

    1. Objektiver Tatbestand

    a. Taterfolg

    b. Eigene Handlung (-) aber kausaler Tatbeitrag

    c. Zurechnung der Handlung des Werkzeugs über § 25 I Alt.

    2 StGB:

    (1) Strafbarkeitsmangel beim Werkzeug

    (2) Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens oder

    Wollens

    2. Subjektiver Tatbestand

    Vorsatz bzgl. der objektiven Tatbestandsmerkmale und bzgl. des

    mittelbar täterschaftlichen Handelns

    II.Rechtswidrigkeit

    III.Schuld

  • Mittäterschaft § 25 II StGB

    Entweder …Gemeinsame Prüfung der Mittäter:

    Bei identischen Tatbeiträgen oder arbeitsteiliger

    Deliktsbegehung

    Strafbarkeit von A und B

    Oder … Getrennte Prüfung:

    Delikt wird im Wesentlichen nur von einem begangen, anderer

    bereitet die Tat nur vor oder erleichtert sie; oder nur einer

    besitzt Täterqualität

    A. Strafbarkeit des Tatnächsten

    (noch keine Zurechnungsproblematik)

    B. Strafbarkeit des Mittäters

    (erst hier Zurechnungsproblematik)

  • Mittäterschaft § 25 II StGB

    Aufbaubeispiel: gemeinsame Prüfung

    Strafbarkeit von A und B

    I.Tatbestand

    1. Objektiver Tatbestand

    a. Vorliegen aller objektiver Tatbestandmerkmale

    b. Tatbeitrag jedes Mittäters

    c. Zurechnung der Tatbeiträge jedes Mittäters über § 25 II

    StGB

    (1) Gemeinsamer Tatplan

    (2) Gemeinsame Tatausführung

    2. Subjektiver Tatbestand

    Vorsatz bzgl. der objektiven Tatbestandsmerkmale und bzgl.

    der Mittäterschaft

    II.Rechtswidrigkeit

    III.Schuld

  • Mittäterschaft § 25 II StGB

    Aufbaubeispiel: getrennte Prüfung

    A.Strafbarkeit des Tatnächsten

    B.Strafbarkeit des Mittäters

    I.Tatbestand

    1. Objektiver Tatbestand

    a. Vorliegen aller objektiver Tatbestandsmerkmale

    b. Keine eigene Handlung/Erfolgsherbeiführung

    c. Zurechnung der Tatbeiträge jedes Mittäters über § 25 II

    StGB

    (1) Gemeinsamer Tatplan

    (2) Gemeinsame Tatausführung

    2. Subjektiver Tatbestand

    Vorsatz bzgl. der objektiven Tatbestandsmerkmale und bzgl.

    der Mittäterschaft

    II.Rechtswidrigkeit

    III.Schuld

  • Anstiftung, § 26 StGB

    Aufbaubeispiel:

    A.Strafbarkeit des Haupttäters

    B.Strafbarkeit des Anstifters

    I. Tatbestand

    1. Objektiver Tatbestand

    a. Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat

    b. Bestimmen

    = Hervorrufen des Tatentschlusses

    2. Subjektiver Tatbestand

    „Doppelter Anstiftervorsatz“

    a. Vorsatz bzgl. vorsätzlich und rechtswidriger Haupttat

    b. Vorsatz bzgl. Bestimmen

    II. Rechtswidrigkeit

    III. Schuld

  • Versuchte Anstiftung § 30 StGB

    A. Vorprüfung

    I. Nichtvollendung der Anstiftung

    II. Strafbarkeit des Versuchs der Anstiftung § 30 I 1.Var.

    StGB: bei Verbrechen

    B. Tatentschluss

    I. Vorsatz bzgl. geplanter vorsätzlicher rechtswidriger

    Haupttat (Verbrechen)

    II. Vorsatz bzgl. Bestimmen

    C. Unmittelbares Ansetzen zum Bestimmen

    D. Rechtswidrigkeit

    E. Schuld

    F. Ggfs. Rücktritt, § 31 I Nr.1 bzw. II StGB

  • Beihilfe § 27 StGB

    Aufbaubeispiel:

    A.Strafbarkeit des Haupttäters

    B.Strafbarkeit des Gehilfen

    I. Tatbestand

    1. Objektiver Tatbestand

    a. Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat

    b. Hilfeleisten

    = jedes Fördern oder Erleichtern der Haupttat

    2. Subjektiver Tatbestand

    „Doppelter Gehilfenvorsatz“

    a. Vorsatz bzgl. vorsätzlich und rechtswidriger Haupttat

    b. Vorsatz bzgl. Hilfeleisten

    II. Rechtswidrigkeit

    III. Schuld

  • Irrtümer

    • § 16 StGB

    • error in persona vel in objecto

    • Aberratio ictus

    • § 17 StGB

    • § 35 Abs.2 StGB

    • Erlaubsnistatbestandsirrtum

  • Irrtümer I

    §16 Abs.1 S.1 StGB Tatbestandsirrtum: „ Wer bei

    Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum

    gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich.“

    • Koinzidenzprinzip/ Simultanitätsprinzip

    • Irrtum auf tatsächlicher Ebene/ Sachverhaltsungewissheit

    • Prüfung: im subjektiven Tatbestand

    • Rechtsfolge: § 16 Abs.1 S.1 StGB (+) kein Vorsatz, evtl.

    Fahrlässigkeitsstrafbarkeit nach § 16 Abs.1 S.2 StGB

  • Irrtümer I

    Error in persona vel in objecto

    = Irrtum über die Identität oder sonstige Eigenschaften der

    Person; es wird die „richtige Person“ getroffen

    • Gleichwertigkeitstheorie:

    • Lediglich unbeachtlicher Motivirrtum, bei Gleichwertigkeit von

    geplantem und tatsächlich getroffenem Objekt.

    • Rechtsfolge: § 16 Abs.1 S.1 StGB (-) Strafbarkeit wegen

    Vorsatztat

    Aberratio ictus:

    = Fehlgehen der Tat; das beim Ansetzen zur Tat konkret anvisierte

    und das tatsächlich getroffene Objekt sind nicht identisch

    • Rechtsfolge: § 16 Abs.1 S.1 StGB (+) Vorsatz entfällt

    • Fahrlässigkeit hinsichtlich getroffenem Objekt möglich (§ 16

    Abs.1 S.2 StGB) und Versuch hinsichtlich anvisiertem Objekt

  • Irrtümer II

    § 17 S.1 StGB Verbotsirrtum: „ Fehlt dem Täter bei

    Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er

    ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.“

    • Irrtum über rechtliche Gegebenheiten

    • Prüfung: in der Schuld

    • Vermeidbarkeitsprüfung

    • Vermeidbar, wenn der der Täter bei gehöriger

    Gewissenanspannung und dem zumutbaren Einsatz aller

    seiner Erkenntnisquellen das Unrecht seiner Tat hätte

    einsehen könne.

    • Rechtsfolge:

    • Irrtum vermeidbar: fakultative Strafmilderung §§ 17 S.2

    i.V.m. 49 I StGB; unvermeidbar: Entfallen der Schuld

  • Irrtümer II

    Direkter Verbotsirrtum:

    • Täter glaubt irrtümlich, sein in tatsächlicher Hinsicht richtig

    erkanntes Verhalten sei generell zulässig.

    Indirekter Verbotsirrtum/ Erlaubnisirrtum:

    • Täter erkennt das Verbotensein seines Verhaltens, glaubt

    jedoch irrtümlich an einen nicht existierenden

    Rechtfertigungsgrund oder zieht die Grenzen eines

    bestehenden Rechtfertigungsgrundes zu weit.

  • Irrtümer III

    § 35 Abs.2 S.1 StGB: Irrtum über das Vorliegen eines

    entschuldigenden Notstandes: „Nimmt der Täter bei

    Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Abs.1

    entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er

    den Irrtum vermeiden konnte.“

    • Irrtum über tatsächliche Gegebenheiten

    • Prüfung: in der Schuld

    • Rechtsfolge:

    • Irrtum vermeidbar: Obligatorische Strafmilderung §§ 35 Abs.

    2 S.2 i.V.m. 49 Abs.1 StGB

    • Unvermeidbar: Entfallen der Schuld

  • Irrtümer IV

    Erlaubnistatbestandirrtum

    = Täter stellt sich irrig eine Sachlage vor, bei deren hypothetischen tatsächlichen Vorliegen er gerechtfertigt wäre; (Irrtum nicht im StGB geregelt)

    • Prüfung: in der Schuld i.R.d. Vorsatzschuld (h.M.)

    • Hypothetische Rechtfertigungsprüfung

    Vertretene Theorien:

    • Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen, § 16 Abs.1 S.1 StGB direkt

    • Strenge Schuldtheorie, § 17 StGB

    • Rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie (h.L.)

    Entfallen der Vorsatzschuld auf Schuldebene, § 16 Abs.1 S.1 StGB analog (+)

  • Ende

    Wiederholung Strafrecht

    Allgemeiner Teil