Konversatorium zum Strafrecht BT II · 6 / 28 Konversatorium Strafrecht BT II Fall 1 •Sache =...

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Konversatorium zum Strafrecht BT II (Grundkurs IV) Vermögensdelikte Dozentin: Dr. iur. Tamina Preuß Zeit und Ort: freitags 8 Uhr c.t. bis 9:45 Uhr bzw. 10 Uhr s.t. bis 11:30 Uhr in S 101 (Paradeplatz) Kontakt: [email protected]

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Konversatorium zum Strafrecht BT II (Grundkurs IV)

– Vermögensdelikte –

Dozentin: Dr. iur. Tamina PreußZeit und Ort: freitags 8 Uhr c.t. bis 9:45 Uhrbzw. 10 Uhr s.t. bis 11:30 Uhr in S 101(Paradeplatz)Kontakt: [email protected]

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Konversatorium Strafrecht BT II

Fall 1: Ein Festival der Diebe

Kunstlederanhängerin O erwirbt eine Handtasche für ihre täglichenEinkäufe in der Fußgängerzone. Ihre Freude an der Neuerwerbungwährt allerdings nur kurz. Als sie bei ihren Einkäufen eine Pauseeinlegt und sich auf eine Bank am Marktplatz setzt, nähert sich vonhinten der Dieb A mit dem Fahrrad, ergreift die frei neben der O aufder Bank liegende Tasche und fährt davon. A hat an der Tascheselbst kein Interesse, sondern lediglich an allem Stehlenswertenihres Inhalts. Als A sich wenige hundert Meter später in Sicherheitgebracht hat und bei einem Blick in die Tasche bemerkt, dass diesenur Bedarfsartikel und Taschentücher enthält, für die er keinenGebrauch hat, legt er die Tasche samt Inhalt enttäuscht in denWühltisch eines Lederwarengeschäfts.

Ihren Geldbeutel hatte O zuvor in einem Bekleidungsgeschäft liegen

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Fall 1: Ein Festival der Diebe

gelassen. Die Kundin B bemerkt dies, nutzt die Gelegenheit undsteckt den Geldbeutel in die Innentasche ihrer Jacke. Dabei wird sieallerdings von dem geistesgegenwärtigen Geschäftsinhaber P beo-bachtet, der sie noch vor Verlassen des Geschäfts stellen und ihr dieBeute wieder abnehmen kann.

P ist über soviel Unehrlichkeit empört und will solchen unehrenhaf-ten Gestalten eine Falle stellen. Zu diesem Zweck legt er amnächsten Tag einen gut gefüllten, aber mit einem Peilsender verse-henen Geldbeutel in eine Umkleidekabine seines Geschäfts. Es dau-ert nur wenige Zeit, bis die Schnäppchensucherin C den Geldbeutelergreift, einsteckt und von dannen zieht. Dank des Peilsenders kannsie jedoch kurze Zeit später gefasst und der Polizei übergebenwerden.

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Fall 1: Ein Festival der Diebe

Bearbeitervermerk:

Wie haben sich A, B und C nach dem StGB strafbar gemacht?Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt.

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Fall 1

Lösung:

Tatkomplex 1: Ergreifen der Handtasche

Strafbarkeit der AI. § 242 I StGB (Handtasche)A könnte sich des Diebstahls gem. § 242 I StGB zumNachteil der O strafbar gemacht haben, indem er mit derHandtasche der O davonfuhr.

Hinweis: Es ist anzuraten, bereits im Obersatz zwischen der Handtasche undihrem Inhalt zu unterscheiden.

1. Tatbestanda. Objektiver Tatbestand• fremde bewegliche Sache:

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Fall 1

• Sache = jeder körperliche Gegenstand (vgl. § 90 BGB)

• beweglich = alle Sachen, die tatsächlich fortgeschafftwerden können

• fremd = jede Sache, die weder im Alleineigentum desTäters steht, noch herrenlos ist (Eigentumsverhältnissenach dem Zivilrecht zu bestimmen)

• hier (+) Handtasche im Eigentum der O

• Wegnahme = Bruch fremden und Begründung neuen,nicht notwendigerweise tätereigenen, Gewahrsams:

• Gewahrsam = von natürlichem Herrschaftswillen getra-gene tatsächliche Sachherrschaft eines Menschen übereine Sache – hier (+) wegen der räumlichen Nähe der Ounproblematisch gegeben

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Fall 1

• Bruch fremden Gewahrsams = wenn der Gewahrsamohne oder gegen den Willen des Gewahrsamsinhabersaufgehoben wird – hier (+)

• Begründung neuen Gewahrsams = wenn der Täter oder einDritter die Sachherrschaft derart erlangt hat, dass ihrerAusübung keine Hindernisse mehr entgegenstehen – hier (+)

b. Subjektiver Tatbestand

aa. Vorsatz, § 15 StGB

• Wissen u. Wollen hinsichtlich der obj. Tatbestands-merkmale (+)

bb. Zueignungabsicht

• = Absicht der Enteignung u. Aneignung

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Fall 1

(1) Enteignungsabsicht

• = gewollte faktische dauerhafte Verdrängung desBerechtigten (Eigentümers) aus seiner Sachherr-schaftsposition (dolus eventualis genügt)

• hier (+) Indiz: Ablegen auf dem Wühltisch, sodassnicht davon auszugehen ist, dass die O nach Vorstel-lung des A die Tasche zurückerlangen soll

(2) Aneignungsabsicht

Hinweis: Der Begriff der Zueignungsabsicht bezeichnet keinen besonderenVorsatzgrad, sondern unterteilt sich wiederum in die Enteignungs- u. dieAneignungsabsicht.

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Fall 1

• = Absicht der zumindest vorübergehenden Einver-leibung der Sache in das Vermögen des Täters (dolusdirectus 1. Grades erforderlich)

• P.: Aneignungsabsicht bei Transportgegenständen(Abgrenzung von bloßer Sachentziehung):

• wenn es dem Täter bei der Wegnahme eines Behältnissesnur auf dessen Inhalt ankommt, keine Aneignungsabsichthinsichtlich des Transportgegenstandes selbst, es sei dennzwischenzeitliche Nutzung (als notwendiges Trans-portmittel) beabsichtigt (vgl. Kindhäuser, in: NK-StGB, 4.Aufl. 2013, § 242 Rn. 89 m.w.N.)

• hier kein notwendiges Transportmittel, da A lediglich we-gen der Hektik der Tatausführung Tasche u. Inhalt nichttrennte

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Fall 1

2. Ergebnis (-)

II. §§ 242 I, 243 I StGB (Inhalt der Tasche)

1. Tatbestand

a. Objektiver Tatbestand (+)

b. Subjektiver Tatbestand

aa. Vorsatz, § 15 StGB

- P.: enttäuschte Beuteerwartungen: der Inhalt der Ta-sche enthält, entgegen der Erwartung des A, nichts„Stehlenswertes“, sondern nur Bedarfsartikel u. Ta-schentücher:

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Fall 1e.A.: Vorsatz gegeben (LG DüsseldorfNStZ 2008, 155)

a.A: kein Vorsatz (BGH NStZ 2006,686)

- nach § 16 I 1 StGB wegentatbestandlicher Gleichwertigkeitunbeachtlicher error in objecto

- ausreichende Konkretisierung durchErgreifen des Behältnisses (ähnlichbei Distanztaten, z.B. „Sprengfalle“)=> anders als in „aberratio ictus“-Fäl-len kein zufälliges Abweichen vomTatplan

- nachträglicher Entschluss, dieTasche wegzuwerfen nur unbeacht-licher nachträglicher Vorsatz (dolusantecedens)

- anders als bei den klassischen„error in objecto“-Fällen wurde derVorsatz nicht auf das Tatobjektkonkretisiert – keine unmittelbarevisuelle Wahrnehmung => eher miteiner aberratio ictus vergleichbar

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Fall 1

bb. Zueignungsabsicht

(1) Enteignungsabsicht (+)

(2) Aneignungsabsicht

• = Absicht der zumindest vorübergehenden Einver-leibung der Sache in das Vermögen des Täters (dolusdirectus 1. Grades erforderlich)

• P.: enttäuschte Beuteerwartungen: ob es sich auf dieAneignungsabsicht auswirkt, dass A eigentlich etwas„Stehlenswertes“ in sein Vermögen einverleiben woll-te:

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Fall 1

e.A.: Aneignungsabsicht (LGDüsseldorf NStZ 2008, 155; Böse, GA2010, 249)

a.A: keine Aneignungsabsicht(Streng, JuS 2007, 422)

- konsequent zum Vorsatz

- die Gegenansicht führt anderenfallszu Schutzbehauptungen u. begünstigtden Täter, der eine konkrete Vorstel-lung von dem Tatobjekt hat

- es muss gerade objektiv nicht zueiner Zueignung kommen

- bei der Aneignungsabsicht sind –anders als beim Vorsatz – Tatmotivezu berücksichtigen

- ein wertloser Inhalt kann einenun­tauglichen Versuch nicht zumvollen-deten Delikt machen

- nachträgliches Verhalten als Indizfür die schon anfangs fehlende Zu-eignungs­absicht

=> versuchter Diebstahl bzgl. des ver-muteten Inhalts zu prüfen

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Fall 1

cc. RW der beabsichtigten Zueignung u. diesbezüglicherVorsatz

• RW der Zueignung = wenn der Täter keinen fälligen u.einredefreien Anspruch auf Übereignung der Sachehat

2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld

4. Strafzumessung, § 243 StGB

Es könnte ein besonders schwerer Fall des Diebstahlsnach § 243 I 2 Nr. 2 StGB („Aufbruchdiebstahl“)vorliegen, sofern die Handtasche ein verschlossenes Be-hältnis o. eine Schutzvorrichtung, durch welche die Sa-che gegen Wegnahme bes. gesichert ist, darstellt.

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Fall 1Anmerkung: § 243 StGB enthält Regelbeispiele. Hierbei handelt es sich umbenannte Strafzumessungsregeln, die in der Fallbearbeitung eine Rollespielen können. Die Regelbeispiele haben nur indizielle Wirkung, d.h. (zumGanzen Rengier, Strafrecht BT I, 17. Aufl. 2015, § 3 Rn. 21):

- trotz Bejahung einer der Nrn. kann ein besonders schwerer Fall verneintwerden, sofern eine Gesamtwürdigung der Tatumstände und des Täters denDiebstahl in einem so milden Licht erscheinen lässt, dass die Indizwirkungdes Regelbeispiels entkräftet wird (sog. atypischer Fall)

- trotz Verneinung darf ein unbenannter besonders schwerer Fall bejahtwerden, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momenteu. der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhn-lich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung desAusnahmestrafrahmens geboten ist, Arg.: Wortlaut des § 243 I 2 StGB

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Fall 1Der besondere Unrechtsgehalt von § 243 I 2 Nr. 2 StGB liegt in demerhöhten Maß an Rücksichtlosigkeit, das der Täter ggü. fremdem Eigentumzeigt, wenn er sich über eine besondere Sicherung hinwegsetzt. Keine Rollespielt die Art u. Weise der Überwindung der Sicherung (Rengier, StrafrechtBT I, 17. Aufl. 2015, § 3 Rn. 21).

• Behältnis = zur Aufnahme von Sachen dienendes undsie umschließendes Raumgebilde, das – im Gegensatzzum umschlossenen Raum – nicht dazu bestimmt ist,von Menschen betreten zu werden (BGH NJW 1951,669)

• verschlossen = wenn der Inhalt durch ein Schloss, eineandere technische Schließvorrichtung o. in sonstigerWeise gegen den ordnungswidrigen Zugriff von außenbesonders gesichert ist – hier (+/-)

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Fall 1

• sonstige Schutzvorrichtung = jede v. Menschenhandgeschaffene Einrichtung, die ihrer Art nach geeignet u.dazu bestimmt ist, die Wegnahme einer Sache erheb-lich zu erschweren

Hinweis: Sowohl das verschlossene Behältnis als auch die sonstige Schutz-vorrichtung muss gerade der besonderen Sicherung gegen Wegnahmedienen (Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. 2014, § 243 Rn. 24).

• besondere Sicherung gegen Wegnahme:• Zweckbestimmung liegt gerade (auch) darin, die Sache ge-

gen Wegnahme besonders zu sichern• bei Zweckbündelung muss der Sicherungszweck eine nicht

untergeordnete Rolle spielen• hier (-) Tasche dient nur dem Transport u. dem Schutz vor

Beschädigungen o. Verlust

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Konversatorium Strafrecht BT II

Fall 1

5. Ergebnis (+)

III. Ergebnis

• Strafbarkeit des A gem. § 242 I StGB (Inhalt der Hand-tasche)

Tatkomplex 2: Geldbeutel der O

Strafbarkeit der B

I. § 242 I StGB

1. Tatbestand

a. Objektiver Tatbestand

• fremde bewegliche Sache (+) Geldbeutel der O

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Fall 1

• Wegnahme = Bruch fremden und Begründung neuen,nicht notwendigerweise tätereigenen, Gewahrsams

• P.: fremder Gewahrsam:• zunächst hatte O als unmittelbare Besitzerin des Geldbeutels

Gewahrsam

• P.: Gewahrsamsverlust durch das Liegenlassen des Geldbeu-tels im Laden (zum Ganzen Rengier, Strafrecht BT I, 17. Aufl.2015, § 2 Rn. 29 ff.):

• bei Verlieren von Sachen außerhalb des eigenen Herr-schaftsbereichs Gewahrsamsverlust

• bei bloßem Vergessen von Sachen außerhalb des eigenenHerrschaftsbereichs Fortbestehen des Gewahrsams,solange der vormalige Inhaber weiß, wo sich derGegenstand befindet u. ihn ohne äußere Hindernissezurückerlangen kann

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Konversatorium Strafrecht BT II

Fall 1

• hier: SV lässt offen, ob O noch weiß, wo sie ihren Geldbeu-tel hat liegenlassen – dies kann aber offenbleiben, wenn PGewahrsam hat:

Hinweis: Anders als die Umgangssprache wird hier ganzklar terminologisch zwischen „verlieren“ – man weiß nichtmehr, wo sich der Gegenstand befindet – und „vergessen“– man weiß noch, wo sich die Sache befindet – unter-schieden.

Hinweis: Es können mehrere Personen gleichberechtig-ten, übergeordneten o. untergeordneten (Mit-)gewahr-sam haben. Daher könnten beide Gewahrsam haben.

• P.: genereller Gewahrsamswille in räumlichen Herr-schaftsbereichen: obwohl P keinen konkreten Gewahr-samswillen an den einzelnen Gegenständen in seinemLaden hat, hat er als Inhaber des räumlichen Macht-bereichs generellen Gewahrsamswillen bzgl. aller dortbefindlichen Gegenstände

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Konversatorium Strafrecht BT II

Fall 1

• Bruch fremden Gewahrsams = wenn der Gewahrsamohne oder gegen den Willen des Gewahrsamsinhabersaufgehoben wird – hier (+) B steckt den Geldbeutel gegenden Willen von P ein, insb. in Beobachtung kein Ein-verständnis zu sehen

• Begründung neuen Gewahrsams = wenn der Täter oderein Dritter die Sachherrschaft derart erlangt hat, dassihrer Ausübung keine Hindernisse mehr entgegenstehen

• i.E. jedenfalls fremder Gewahrsam seitens des Pgegeben

• P.: Gewahrsamswechsel im fremden Machtbereich: ob Bim Geschäft des P überhaupt neuen Gewahrsambegründen kann:

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Konversatorium Strafrecht BT II

Fall 1• nach ganz h.M. möglich, wenn der Täter die Sache in

seine höchstpersönliche Sphäre verbringt (sog.Gewahrsamsenklave), Arg.: das Opfer müsste zurWiedererlangung in die höchstpersönliche Sphäredes Täters eingreifen (dies wäre nicht über § 127 I 1StPO gerechtfertigt)

• hier (+) durch Einstecken in die Jackeninnentasche

• P.: Gewahrsamswechsel trotz Beobachtung der Tat: dieBeobachtung steht nicht entgegen, Arg.: Diebstahl istkeine heimliche Tat; Diebstahl setzt nicht endgültigen u.gesicherten Gewahrsam voraus; Beobachtung erschwertnur faktisch den Abtransport der Beute (anders nur, wennder Täter im Einzelfall aufgrund der Observationüberhaupt keine Möglichkeit hat, mit der Beute zu ent-kommen)

b. Subjektiver Tatbestand (+)

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Fall 1

2. Rechtswidrigkeit und 3. Schuld

4. Ergebnis (+)

II. Ergebnis

• Strafbarkeit der B gem. § 242 I StGB

Tatkomplex 3: Geldbeutel des P

Strafbarkeit der C

I. § 242 I StGB

1. Tatbestand

• fremde bewegliche Sache (+) Geldbeutel des P

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Konversatorium Strafrecht BT II

Fall 1

• Wegnahme = Bruch fremden und Begründung neuen,nicht notwendigerweise tätereigenen, Gewahrsams

• fremder Gewahrsam (+) seitens des P

• Begründung neuen Gewahrsams (+)

• Bruch fremden Gewahrsams = wenn der Gewahrsam oh-ne oder gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers auf-gehoben wird

• P.: Gewahrsamsbruch bei der sog. „Diebesfalle“: in derAuslegung einer als „Lockmittel“ dienenden „Diebesfalle“ liegtein tatbestandsausschließendes Einverständnis in den Gewahr-samswechsel, Arg.: der Täter soll nach dem Willen des Berech-tigten den Gegenstand gerade in seinen Gewahrsam bringen,damit er überführt wird (OLG Düsseldorf NJW 1988, 83)

• somit aufgrund des Einverständnisses durch P kein Ge-wahrsamsbruch

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Fall 1

2. Ergebnis (-)

II. §§ 242 I, II, 22, 23 I StGB

1. Vorprüfung

a. Nichtvollendung der Tat

• mangels Gewahrsamsbruchs (+)

b. Strafbarkeit des Versuchs, §§ 23 I, 12 II, 242 II StGB

2. Tatentschluss

a. Vorsatz

b. Zueignungsabsicht

c. Vorsatz bzgl. der RW der beabsichtigten Zueignung

3. Unmittelbares Ansetzen, § 22 StGB

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Konversatorium Strafrecht BT II

Fall 1

• hier (+) durch Ergreifen des Geldbeutels wird zurWegnahme unmittelbar angesetzt

4. Rechtswidrigkeit und 5. Schuld

6. Kein Rücktritt, § 24 StGB

7. Ergebnis (+)

Hinweis: Umstritten ist, ob sich das Einverständnis bei der „Diebesfalle“ auchauf das objektive Tatbestandsmerkmal der Zueignung i.R.d. Unterschlagungnach § 246 I StGB bezieht. Die überwiegende Auffassung lehnt dies ab, dader Berechtigte keine dauerhafte Verdrängung aus seiner Position wolle.Hiernach wäre i.d.R. neben dem Diebstahlsversuch oftmals eine tatein-heitliche Unterschlagung gegeben (OLG Celle BeckRS 2009, 11867; Rengier,Strafrecht BT I, 17. Aufl. 2015, § 2 Rn. 68). Vorliegend fehlen aber Anhalts-punkte für eine Zueignung durch C.

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Konversatorium Strafrecht BT II

Fall 1

III. Ergebnis

• Strafbarkeit der C gem. §§ 242 I, II, 22, 23 I StGB

Gesamtergebnis

• Strafbarkeit des A gem. § 242 I StGB (Inhalt der Hand-tasche)

• Strafbarkeit der B gem. § 242 I StGB

• Strafbarkeit der C gem. §§ 242 I, II, 22, 23 I StGB

Herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit!