KONZEPT DER AGRARINFORMATIK IN DER TIERPRODUKTION E. Bruns Universität Göttingen … · 2020. 2....

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KONZEPT DER AGRARINFORMATIK IN DER TIERPRODUKTION E. Bruns Universität Göttingen 1. EINLEITUNG Die wachsende Bedeutung der EDV-Anwendungen in der Landwirt- schaft war der entscheidende Beweggrund für die Einrichtung von zunächst zwei CIP-Ausbildungseinheiten am Fachbereich Agrarwissenschaften der Universität Göttingen im Jahr 1987. Diese beiden Einheiten haben 8 bzw. 10 Bildschirmar- beitsplätze, eine dritte Ausbildungseinheit ist geplant. In diesem Vortrag möchte ich die Erfahrungen aus den ersten zwei Semestern der Ausbildung in Agrarinformatik, Fachrichtung Tierproduktion, darstellen. Diese werden Grundlage eines zu erarbeitenden Gesamtkonzepts der Agrarinformatik im Studium sein, das bis zur Einrichtung des geplanten Wahlpflichtfaches Agrarinformatik vorliegen sollte. 2. AUSBILDUNGSANSPRUCH Die Entwicklung beim Einsatz der EDV in der Landwirtschaft ist gekennzeichnet durch die vermehrte Verwendung von Perso- nalcomputern auf den landwirtschaftlichen Betrieben bzw. in Organisationen; auch gewinnt zunehmend die inner- und über- betriebliche Informationsverflechtung an Bedeutung. Beispiel ist der Informationsfluß von Prozeßrechnern über Herdenma- nagementrechner und Rechenanlagen in Zuchtverbänden bis hin zu einem regionalen Rechenzentrum. Ein entsprechendes Konzept der weitverzweigten vertikalen Informationsverflechtung befindet sich in den Niederlanden unter dem Namen VeeNET in der Pla- nungsphase (VERHEYEN, 1988). Hierzu gehört auch das vom Re- chenzentrum zur Förderung der Landwirtschaft in Niedersachsen entwickelte "elektronische Hofbuch" (CLAUS, 1988). Erste Ent- wicklungen von horizontalen Informationsverknüpfungen inner- halb von Betrieben zu sog. Expertensystemen unterstreichen die zunehmende Bedeutung der Informatik in der Landwirtschaft (FOLKERTS, 1988). Aufgrund dieser Entwicklung ist die Ausbildung zukünftiger Di- plomagraringenieure auf dem Sektor der Informatik unstrittig. Die Ansprüche an die Lehre in der Agrarinformatik können folgendermaßen definiert werden: Bruns, E. Agrarinformatik, Bd. 17 25

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KONZEPT DER AGRARINFORMATIK IN DER TIERPRODUKTION

E. BrunsUniversität Göttingen

1. EINLEITUNG

Die wachsende Bedeutung der EDV-Anwendungen in der Landwirt-schaft war der entscheidende Beweggrund für die Einrichtungvon zunächst zwei CIP-Ausbildungseinheiten am FachbereichAgrarwissenschaften der Universität Göttingen im Jahr 1987.Diese beiden Einheiten haben 8 bzw. 10 Bildschirmar-beitsplätze, eine dritte Ausbildungseinheit ist geplant.

In diesem Vortrag möchte ich die Erfahrungen aus den erstenzwei Semestern der Ausbildung in Agrarinformatik, FachrichtungTierproduktion, darstellen. Diese werden Grundlage eines zuerarbeitenden Gesamtkonzepts der Agrarinformatik im Studiumsein, das bis zur Einrichtung des geplanten WahlpflichtfachesAgrarinformatik vorliegen sollte.

2. AUSBILDUNGSANSPRUCH

Die Entwicklung beim Einsatz der EDV in der Landwirtschaft istgekennzeichnet durch die vermehrte Verwendung von Perso-nalcomputern auf den landwirtschaftlichen Betrieben bzw. inOrganisationen; auch gewinnt zunehmend die inner- und über-betriebliche Informationsverflechtung an Bedeutung. Beispielist der Informationsfluß von Prozeßrechnern über Herdenma-nagementrechner und Rechenanlagen in Zuchtverbänden bis hin zueinem regionalen Rechenzentrum. Ein entsprechendes Konzept derweitverzweigten vertikalen Informationsverflechtung befindetsich in den Niederlanden unter dem Namen VeeNET in der Pla-nungsphase (VERHEYEN, 1988). Hierzu gehört auch das vom Re-chenzentrum zur Förderung der Landwirtschaft in Niedersachsenentwickelte "elektronische Hofbuch" (CLAUS, 1988). Erste Ent-wicklungen von horizontalen Informationsverknüpfungen inner-halb von Betrieben zu sog. Expertensystemen unterstreichen diezunehmende Bedeutung der Informatik in der Landwirtschaft(FOLKERTS, 1988) .

Aufgrund dieser Entwicklung ist die Ausbildung zukünftiger Di-plomagraringenieure auf dem Sektor der Informatik unstrittig.Die Ansprüche an die Lehre in der Agrarinformatik könnenfolgendermaßen definiert werden:

Bruns, E. Agrarinformatik, Bd. 17 25

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a) Vermittlung von Kenntnissen über innerbetrieblicheInformations- und Datenverarbeitungssysteme,

b) Konzeption und Einsatzmöglichkeiten computergestützterSysteme innerhalb von Betrieben,

c) überbetriebliche Informations- und Datenverarbeitungs-systeme zur horizontalen und vertikalen Verknüpfung vonInformationen.

Von einem zukünftigen Diplomagraringenieur wird ein Basis-wissen in praktischer Informatik, d.h. Wissen über Betriebs-systeme, Softwarewerkzeuge und Grundlagen der Programmierung,verlangt sowie die Fähigkeit des Umganges mit bestehendenSystemen. Daraus sollte sich die Fähigkeit zur Mitgestaltungzukünftiger EDV-Entwicklungen ergeben. Da die wesentlichen Im-pulse zur Weiterentwicklung von landwirtschaftlichen EDV-Sy-stemen von Spezialisten im Agrarbereich kommen werden, ist dieBedeutung der Agrarinformatik in Studiengängen der Agrarwirt-schaft besonders hoch einzuschätzen.

3. AUSBILDUNGSINHALT

Diesem dargestellten Ausbildungsanspruch in Agrarinformatikwollen wir für die Fachrichtung Tierproduktion mit dem fol-genden Konzept nachkommen. Dabei sind wir davon ausgegangen,daß die gesamte Ausbildung Gegenstand des zukünftigen Wahl-pflichtfaches "Agrarinformatik" und somit fakultativ für alleStudenten ist. Unser Konzept sieht einen Ausbildungsplan überdie vier Semester (5.-8. Semester) des Hauptstudiums mit fol-gendem Inhalt vor:

a) Grundlagen der Informations- und Datenverarbeitungs-systeme

b) Grundlagen der Programmierung und Softwarewerkzeuge

c) Entwicklung von innerbetrieblichen Informations- undDatenverarbeitungssystemen (Datenbankanwendungen)

d) Entwicklung integrierter, auch überbetrieblicher, Infor-mationssysteme (Datenkommunikation).

Die ersten beiden Kurse sind als fachrichtungsneutral anzu-sehen, während die Kurse c-d vertiefte, fachrichtungsspezi-

Bruns, E. Agrarinformatik, Bd. 17 26

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blähen, erscheint die letzte Alternative am einfachsten durch-führbar. Das fachliche Aufblähen kann durch die Aufnahme ge-eigneter, ohnehin bereits an allen Universitäten mit einemagrarwissenschaftlichen Studiengang gelehrten Studienfächer,wie etwa "Einführung in die Mathematik" oder "Ökonometrie" indas Zusatzstudium und durch die Möglichkeit des Anerkennensals "sechstes Prüfungsfach" in vertretbarem Rahmen gehaltenwerden. Wird zusätzlich die Möglichkeit der studienbegleiten-den Belegung dieses Faches, und zwar vom Grundstudium an, ge-geben, so kann auch der zeitliche Mehraufwand begrenzt werden.

Im folgenden soll vorgestellt werden, welche Lösung an derAgrarwissenschaftlichen Fakultät der Justus-Liebig-Universität(JLU) Gießen, unter besonderer Berücksichtigung der Fachrich-tung Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus, ange-strebt wird. Die Basis bildet ein an der JLU Gießen seit 1983eingeführtes Zusatzstudium "Grundlagen der angewandten Infor-matik" von 20 Semesterwochenstunden (SWS) für Hörer aller Fa-kultäten. Dieses universitätsinterne Studium bietet den Hörerneine Reihe, von Semester zu Semester alternierender oder wech-selnder Veranstaltungen, von denen eine Auswahl in Übersicht lgezeigt wird. Aus diesem Angebot müssen zehn Veranstaltungengewählt und mit einem Leistungsnachweis abgeschlossen werden,um ein Zertifikat zu erhalten. Dem Studenten steht der Zeit-punkt (studienbegleitend oder nach dem Studium) des Besuchsder Veranstaltungen frei.

Bisherige Erfahrungen zeigen, daß etwa sechs von zehn Hörerndes Zusatzstudiums aus dem Bereich der Agrarwissenschaften ge-kommen sind.

Die Anbieter dieses Zusatzstudiums sind:

- Hochschulrechenzentrum der JLU Gießen- Fachbereich Mathematik und Informatik- Sach-Fachbereiche (z.B. Fachbereich Agrarwissen-schaf ten)

Das Zusatzstudium darf allerdings nicht isoliert von dem Stu-dium der Agrarwissenschaften betrachtet werden. Bisher bietenlediglich die Fachrichtungen "Umweltsicherung und Entwicklungländlicher Räume" und "Wirtschafts- und Sozialwissenschaftendes Landbaus" eigene Wahlpflichtfächer an, die Informatik alsLehrgegenstand haben. Aus diesen beiden Wahlpflichtfächernkönnen jeweils (maximal) vier Leistungsnachweise für das Zu-satzstudium anerkannt werden, so daß sich hier für den Studen-ten eine geringere zeitliche Belastung durch das Zusatzstudium

Wagner, P. Agrarinformatik, Bd. 17 31

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Übersicht l

Vorlesungsauswahl aus dem interdisziplinären Zusatzstudium"Grundlagen der angewandten Informatik" der Justus-Liebig-

Universität Gießen

*| Einführung in die EDV I und II

* Einführung in PROLOG mit Beispielen aus der KünstlichenIntelligenz

** Einführung in FORTRAN / COBOL / (Turbo)PASCAL

* Einführung in die Optimierung

* Einführung in die Simulation

Dokumentations- und Datenbanksysteme

Betriebssysteme für Großrechneranlagen

* Datenverarbeitung II (Programmpakete)

*# Biometrie I (Einführung in die Statistik)

*# Biometrie II (Höhere Methoden der angewandten Statistik)

*Jf Einführung in die Mathematik

Einführung in die numerische Mathematik

Entscheidungsunterstützende Verfahren und Expertensysteme

Grundlagen der Prozeßsteuerung und Mikroprozessoren

* Mit Übung zur Vorlesung# Kann bereits im Studium der Agrarwissenschaften abgedeckt

werden

ergibt. Es wird angestrebt, daß zukünftig jede der in denAgrarwissenschaften an der JLU Gießen vertretene Fachrichtungein eigenes "EDV'-Wahlpflichtfach von 8 - 1 0 SWS anbietet, wo-von 4 - 6 SWS für jede Fachrichtung gemeinsam, die verbleiben-den 4 - 6 SWS speziell fachrichtungsbezogen angeboten werden.Zusätzlich sollen vier SWS mit EDV-Bezug in das Grundstudiumfür alle Studenten verbindlich aufgenommen werden. Die in die-sen Veranstaltungen erworbenen Leistungsnachweise können wie-

Wagner, P. Agrarinformatik, Bd. 17 32

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derum im Zusatzstudium anerkannt werden. Abbildung l versucht,diese Zusammenhänge zu verdeutlichen.

Das Zusatzstudium selbst soll um zehn weitere Leistungsnach-weise (Scheine) erweitert werden, die zusätzlichen Veran-staltungen sollen hierbei - je nach Kapazität und Kompetenz -ebenfalls vom Hochschulrechenzentrum, dem Fachbereich Ma-thematik und in stärkerem Maße von den Sach-Fachbereichen an-geboten werden. Inhaltlicher Schwerpunkt wird insbesondere aufder Vermittlung von Methodenwissen liegen, wie etwaschließende Statistik, Lineare Gleichungssysteme (Vektor-Ma-trix-Algebra), Systemsimulation etc.

Das Angebot des Fachbereiches Agrarwissenschaften wird sichaus allen Fachrichtungen rekrutieren, das (vorläufige) Angebotder Fachrichtung Wirtschafts- und Sozialwissenschaften desLandbaus in dem neuen Fach "Quantitative Betriebswirt-schaftslehre" ist in Obersicht 2 skizziert (diese Aufstellungstellt gleichzeitig eine Untermenge des EDV-bezogenen Wahl-pflichtfaches dar) . Auch hier steht klar die Vermittlung vonMethodenwissen im Vordergrund und nicht etwa die Anwendungvorhandener Agrarsoftware. Dies steht im Konsens mit der ein-gangs gestellten Forderung der aktiven Einflußnahme auf dieAnalyse, Gestaltung und Realisierung von computergestütztenSystemen zur Informationsverarbeitung durch Diplom-Agraringe-nieure.

Hieraus kann ein wichtiges Konzept abgeleitet werden: Die An-wendung von Agrarsoftware soll nicht Gegenstand eines zu-sätzlichen Studienfaches oder eines Wahlpflichtfaches"Agrarinformatik" sein. Programme zum Informationsmanagementund der Betriebsführung eines landwirtschaftlichen Betriebessollten für alle Studenten der Wirtschafts- und So-zialwissenschaften des Landbaus teilweise in den traditio-nellen Lehrveranstaltungen integriert, teilweise in Form voneigenständigen Seminaren angeboten werden; darauf wird imnächsten Punkt näher eingegangen. Dieser hier vorgestellte An-satz verdeutlicht darüber hinaus, daß keine "Agrarinformatik"als eine spezielle Form der Informatik - wie der Name ja im-

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Abbildung l

Vernetzung des Wahlpflichtfaches "Angewandte Informatik in denAgrarwissenschaften" mit dem Zusatzstudium "Grundlagen der

angewandten Informatik"

Agrarwissenschaften "Grundlagen derangewandten Informatik"

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Übersicht 2

Vorlesungsauswahl aus dem Wahlpflichtfach "QuantitativeBetriebswirtschaftslehre"

Einführung in die Entscheidungstheorie und diestatistische Sicht der Unsicherheit von Information

Einführung in die Theorie Linearer Systeme

Methodologie und Anwendung der Systemsimulation

Konzeption und Entwicklung von Expertensystemen

Informationssysteme in der Ägrarwirtschaft

* Prozeßrechner und Prozeßsteuerung in der landwirt-schaftlichen Produktion

* Noch unsicher

plizieren könnte - eingerichtet wurde. Die Lehrveranstaltungenfür die angewandte Informatik in den Agrarwissenschaften wer-den somit folgerichtig auch nicht von der agrar-wissenschaftlichen Fakultät allein angeboten.

Neben dem Studium der Informatik in den Agrarwissenschaften ansich bietet der Computereinsatz eine Reihe von weiteren Anwen-dungsmöglichkeiten, insbesondere in der Lehre.

Während die Anwendungen landwirtschaftlicher Applikationen aufGroßrechnern (hier insbesondere LP oder Unternehmensplan-spiele, wo der Student mehr Zeit verwenden muß, die Regeln des"Spiels" zu lernen als die eigentlich zu vermittelnden Kon-zepte) zukünftig immer weniger Bedeutung haben werden, istheute und besonders zukünftig auch in der Lehre derMicrocomputer, genau wie auf dem landwirtschaftlichen Betrieb,nicht mehr wegzudenken.

Kurz- und mittelfristig bieten sich folgende, in Übersicht 3kurz zusammengefaßte Möglichkeitsfelder für die computerge-stützte Lehre in der Agrarökonomie an:

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1) Verwendung in Ökonomikvorlesungen, um Parameteränderungen,beispielsweise unterschiedliche Abkalbequoten auf denDeckungsbeitrag von Milchkühen, schnell und anschaulich zudemonstrieren. Zu diesem Punkt gehört auch die Behandlungcomputergestützter Controlling-Konzepte oder computerge-stützter Vergleichs- und Erwägungsrechnungen, also die sta-tische Simulation, zur Ermittlung der relativen Vorzüglich-keit etwa konkurrierender Produktionsverfahren.

2) Verwendung in Seminaren zur Betriebsführung, zu Planungs-zwecken und zur Vereinfachung manueller Berechnungen. Semi-nare dieser Art können sich intensiv mit der Anwendung vonAgrarsoftware und der Evaluierung dieser Programme aus-einandersetzen. Beispielsweise seien genannt: Programme zurFinanzbuchhaltung, Kontrollprogramme oder Planungsverfahrenwie Betriebsvoranschlag und Optimierung bzw. Finanz- undMengenvoranschlag.

3) Verwendung zur Simulation landwirtschaftlicher Betriebe alsUnternehmensplanspiel zum Training von Betriebsleiter-fähigkeiten, zum Beispiel das am Institut für landwirt-schaftliche Betriebslehre der JLU Gießen entwickelteSimulationsmodell SIMPLAN. In Verbindung mit Entscheidungs-modellen, wie beispielsweise die lineare Programmierung,kann der Lernende dann weiter zu der Anwendung computerge-stützter Entscheidungshilfen geführt werden.

4) Computer Aided Instruction (CAD konventioneller Methode,etwa um den in Vorlesungen vermittelten Stoff zur ökonomi-schen Theorie zu vertiefen. Als Beispiel sei hier dasAGECON TUTORIAL, welches an der North Dakota State Univer-sity entwickelt wurde, angeführt. Dieses Computerprogrammführt den Studenten unter anderem in die Grundlagen derProduktionstheorie und der Finanzierung ein.

5) CAI mittels Expertensystemen, wie das "Intelligent TutoringSystem", ein computergestützter Programmierkurs in LISP,der inzwischen kommerziell vertrieben wird und denStudenten in die Grundlagen der Programmierung in LISPeinführt. Dabei benimmt sich das Programm wie ein menschli-cher Tutor. Es registriert, wenn der Student von demrichtigen Pfad bei der Beantwortung der gestellten Fragenabweicht, und bietet Hilfestellung und zusätzliche Übungenan, um den Studenten wieder auf "Erfolgskurs" zu bringen.

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Übersicht 3

Kurz- und mittelfristige Möglichkeitsfelder desComputereinsatzes in der Lehre der Agrarökonomie

1) Verwendung in Ökonomikvorlesungen, um Parameteränderungen,

beispielsweise unterschiedliche Abkalbequoten auf den

Deckungsbeitrag von Milchkühen, schnell und anschaulich

zu demonstrieren.

2) Verwendung in Seminaren zur Betriebsführung zu Planungs--

zwecken und zur Vereinfachung manueller Berechnungen.

3) Verwendung zur Simulation landwirtschaftlicher Betriebe

als Unternehmensplanspiel zum Training von Betriebs-

leiterfähigkeiten.

4) Computer Aided Instruction (CAI) konventioneller Methode

zur Vertiefung und Übung von Vorlesungsstoff.

5) CAI mittels Expertensystemen (Intelligent Tutoring

Systems), computergestützte Kurse, die "intelligent" auf

Fehler der Studenten reagieren.

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In dieser Aufzählung, insbesondere gilt dies für Punkt zwei,wird wieder der bereits obenerwähnte Grundgedanke aufgenommen:Die Anwendung von Agrarsoftware soll nicht Gegenstand eineszusätzlichen Studienfaches oder eines Wahlpflichtfaches"Agrarinformatik" sein. Programme zum Informationsmanagementund der Betriebsführung eines landwirtschaftlichen Betriebessollten für alle Studenten der Wirtschafts- und Sozialwissen-schaften des Landbaus teilweise in den traditionellen Lehrver-anstaltungen integriert, teilweise in Form von eigenständigenPflichtseminaren angeboten werden. Solche Kenntnisse gehörenheute ebenso zum "Handwerkszeug" eines Agrarökonomen wie frü-her das Ausfüllen eines Formulares zur Berechnung desDeckungsbeitrages. Wenn diese Aussage richtig ist, darf fürdas Erlernen dieser Fähigkeiten die Frage nach der "Freiwil-ligkeit" erst gar nicht auftauchen: Diese Lehrinhalte gehörendann folgerichtig in den Bereich der Pflichtveranstaltungen.

Unabhängig von der Verwendung des Computers in der Lehre oderals spezielles Fach, wird so in einer Zeit, in der immer mehrForschungsergebnisse in Form von Computermodellen verfügbargemacht werden, die Umsetzung dieser Ergebnisse in die Lehreerheblich beschleunigt.

Wagner, P. Agrarinformatik, Bd. 17 38