Kornemann, Doppelprinzipat Und Reichsteilung Im Imperium Romanum (1930)

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    DER RECHTS- UNDSTAATSWISSENSCHAFTLICHEN FAKULTT

    D E R UNIVERSITT B R E S L A U

    ZUM DANK

    FR D I E V E R L E I H U N G D E S E H R E N D O K T O R S D E R R E C H T E

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    D O P P E L P R I N Z I P A T

    UND REICHSTEILUNGI M I M P E R I U M R O M A N T J M

    VOM

    E E N S T K O R N E M A N N

    m

    1 9 3 0

    L E I P Z I G U N D B E R L I N

    V E R L A G U N D D R U C K V O N B. G. T E U B N E R

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    V O R W O R T

    Die nachfolgende Studie mchte in der seit Jahren sehr regen

    Forschung ber den Prin zi pat einen neuen Gesichtspunkt zur

    Diskussion stellen, der i n Mommsens systematischer Dars tel lung

    von Mitregentschaft" und Samtherrschaft" im Staatsrecht nichtgengend zur Geltung gekommen is t. Der von Augustus bereitsins Leben gerufene Gehilfe des Prinzeps, der dann durch Marcus

    zum zweiten Augustus emporgestiegen is t, bedeutet fr die I n s t i

    t u t i o n des Prinzipats mehr, als seither i m allgemeinen angenommen

    wurde. Do ppe lpr inz ipa t u n d Doppelreich stehen aber i n engster

    Verbindung. Die vom Doppelpr inzipat her neu beleuchtete Ge

    schichte des geteiltenRmerreiches schafft daher den welthistorischbedeutsamen H i n t e r g r u n d fr das Hauptproblem.

    Fr das Weiterleben des Doppelprinzipates im mittelalterlichen

    Byzanz und die Geschichte seiner damaligen T i t u l a t u r hat mein

    Kollege Georg O s t r o g o r s k y einen Beit rag geliefert, wofr ich

    i h m herzlichst danke.

    Es wa r m i r vergnnt, einen kur zenberblick ber die Ergebnisse

    der hier vorgelegten Forschung gelegentlich der unvergelichschnen Deutsch-Ungarischen Gelehrten-Woche" in Budapest

    zu Anfang Oktober 1929 vor meinen xmgarischen Freunden und

    Kollegen nebst ihren Schlern zu geben und in angeregter Dis

    kussion mit den dortigenFachgenossen,un ter denen vorallenAnt on

    H e k l e r , der starke Frderer der Ungarisch-deutschen Woche in

    Breslau ( J u l i 1929), Julius H o r n y a n s z k y , Stefan H e i n l e i n ,

    Andreas A l f l d i genannt seien, manche Einzelhe iten des Themaszu errtern, A l f l d i , nimmermde, wenn es sich u m Auf hellung

    kaiserzeitlicher Probleme handelt, hat mir dann noch in Briefen

    manchen wichtigenBeitrag,besondersaus seinem reichen Wissen auf

    dem Gebiete derNumismatik, geliefert. Den Budapester Freunden

    g i l t auch an dieser Stelle mein herzlichster Dank und Gru.

    Zu danken habe ich zum Schlu noch der Notgemeinschaft der

    Deutschen Wissenschaft und dem Universittsbund Breslau fr

    die Untersttzung beim Druck der Arbeit.

    B r e s l a u , den 15.Mrz 1980.

    E r n s t K o r n e m a n n .

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    I N H A L TSeite

    E i n l e i t u n g 1I . Do pp el pr in zi pa t und Doppelnachfolge in den Zeiten

    der Mitregentschaft" 18 v. bis 161 n. Chr 71.Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v. bis 37 n. Chr 7

    2. Die Zeit von Gaius bis Nero 3768n. Chr 513. Die Zeit der flavischen Dynastie 6996n. Chr 59

    4. Die Zeit von Nerva bis Marcus' Regierungsantritt 96161 n. Chr. 68

    I I . Do pp el pr in zi pa t und Doppelnachfolge in den Zeit ender Samtherrschaft ' 4 161480 781.Die vordiokletianische Zeit161284 782. Die diokletianische und constantinische Zeit285337 . . . . 1103. Von der Thronbesteigung der Constantinshne bis zum Sturz

    des Westreiches 337480 134I I I . Das Doppelka isertum i n Os tr om 474711 155

    Das Mitkaisertum im mittelalterlichen Byzanz von GeorgOstrogorsky 166

    Zusammenfassung und Schlubetrachtung 1791.Zusammenfassung 179

    a) Statistik der Doppelprinzipats-Jahre 179b) Statistik der Todesopfer der Doppelprinzipats-Idee . . . .185

    2.Schlubetrachtung 187

    Anhang : Zur Typologie der Doppelprinzipats- und Doppelnachfolge-Mnzen 197

    Register 202

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    E I N L E I T U N G

    Das A l t e r t u m drfte vi el le icht i n der Geschichte Europas bis

    zur Stunde am lebendigsten geblieben sein i n der Nach wir ku ng

    der Tatsache, da das le tzte We lt re ic h derAntike ni ch t als E inhe i t ,

    sondern i n der Zwei te ilung, als Westreich un d als Ostreich, insMitte la l t e r bergegangen ist. H a t doch von hier aus die Geschichte

    Europas ih ren Januskopf erh alt en, bei dem das eine Gesicht r o

    manisch-germanisch westwrts zum Ozean, dem Meer der Neuzeit,

    das andere ostwrts ber die Slaven hinweg nach Asien, der ur

    altenWiege der Menschheit, gerichte t is t, und hat doch ebendaher

    dieKirchenspaltung innerhalb derChristenheit ihreVertiefung und

    damit ihre ewige Dauer erhalt en, in de m auch hier , wie so o f t i nder Weltgeschichte, i n sacris konserviert worden is t, was ehedem

    in politicis vorhanden w ar . 1 )

    Die def in it ive Grenzziehung zwischen den beiden Rmerreichen

    i s t entscheidend fr die mittelalterliche u n d moderne Geschichte

    geworden. Der U ms ta nd , da Da lm at ie n u n d Pannonien i mm er

    westrmisch orientiert waren und von Rom aus administr iert

    wurden2

    ) , hat der Stadt Sirmium ( M i t r o w i t z ) an der unteren Save

    1)Manlesehierzu. B. dieEinleitungzu JosefNadler, Literaturgeschichteder deutschen Stmme und Landschaften I 3S. l f f .

    2) Dalmatien ist die erste Eroberung der rmischen Republik ostwrts,und inDalmatienhat der letzte Kaiser von Westrom, IuliusNepos, bis 480regiert (ber ihn zuletzt E. Stein, Gesch. des sptrm. Reiches I S. 535und 584ff.). Pannonien ist die wichtigste Neuerwerbung des Augustus frdas Gesamtreich und fr Dalmatien im besonderen, mit welchem es in den

    erstenJahren unter dem Namen Illyricum mitverwaltetwurde, H . Dessau,Gesch.der rm. KaiserzeitI I , 2 S.5*30.Als danndieseBenennung als ethnographischer Begriff auch die Vlker ostwrts auf demBalkanrumpf nrdlichdes Hmus umfate, ist Dalmatien und Pannonien als Westillyricum"den stlichen Provinzen gegenber immereinheitlich geblieben und immerstrker romanisiert worden. Stilichos Versuch, die stlichen illyrischenProvinzenauch noch zum Westreich zu ziehen, ist milungen; dafr grundlegend Th. Mommsen, Stilicho und Alarich, Ges. Sehr. I V S. 51Cff.

    K o r n e t o a n n , Doppelprlnzlpat 1

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    2 Einleitung

    i n der Sptantike eine Zeitlang eine Weltgeltung sondergleichen

    alsM i t t l e r i n zwischen West und Ost verschafft 1 ), wei ter den Dr in us

    (Drina), der auf der Grenze von Bosnien und Serbien fliet und

    oberhalb von Si rm iu m i n die Savemndet, zur wich tigs tenK u l t u r

    grenze dieser Gegend erhoben, die der neuesten Staatenschpfungi n diesem Rume, Jugoslawien, schwere Sorgebere itet , j a Menschen

    b l u t gekostet hat. 2 ) Man berspringt n i cht ohne Schaden einen so

    1) Die Geschichte Sirmiums,das man sehrwohlmitTrierimsptrmischenReich vergleichenkann,bedarf noch eingehender Forschung. Die Bedeutungder Stadtwchstzusehends im Verlaufe des 3.Jahrhunderts, da die Pan-nonier imReichezur Herrschaft kamen. Es warim 3. und 4. Jahrhundert

    stndigerSitz der Kaiser, und der groe, den Orient mit dem Okzident verbindende Landweg gehtmittenhindurch," Andreas Alfldi, Der Untergangder Rmerherrschaft in Pannonien I I in Ungar. Bibliothek 1. Reihe, 12,1926, S.91f. Theodosius I . ist inSirmiumam 19. Januar 379 zum Augustuserhoben worden (E. Stein I S. 295). Seit dem Vordringen der Hunnen westwrts im 5. Jahrhundert ist die Stadt in den Besitz der Ostrmer bergegangen,die hier fr ihren Limes eine Endbastei mit einerBrckenkopfstellungund zugleich die Verbindung nach Italien schufen (A.Alfldia.a. O.S. 92). I n den vierziger Jahren des 5. Jahrhunderts ist dann Sirmium wie

    viele andere Grenzstdte in dieHnde der Hunnen gefallen. Noch einmalunterrmischeOberherrschaft gelangt, hat dannihrabermaliger Sturz (581)dieberflutung der Balkanhalbinsel durch die Slaven auf denHhepunktgebracht (E. Kornemann bei Gercke-Norden Einleitung in die Altertumswissenschaft I I I . 2 S. 246).

    2) Ein tragisches Schicksal mu es genannt werden, da in dem Staat,aus welchem der Schuabgefeuert worden ist, der den Weltkrieg entfesselthat,nun wieder die Pistolenlosgegangensind, denen der kroatische BauernfhrerRaditsch zum Opfer gefallen ist. Dadurch wurde der Gegensatz der

    rmisch-katholischen buerlichen Slowenen und Kroaten auf der einenSeite und derviehzchtendengriechisch-katholischen Serben auf der anderenSeitegrellbeleuchtet. Leopold von Chlumecky, Erzherzog Franz FerdinandsWirkenund WollenBerlin1929 S. 178 sagt bei Besprechung der kroatischenund bosnischen Frage schon von der kroatischen Rechtspartei in der Vorkriegszeit und ihrem Ziel, der Vereinigung der sterreich-ungarischen Sdslaven unter der Habsburger Fahne: Keinesfalls waren es nur konfessionelle Grnde, welche die Haltungdieser Partei bestimmten, wie man es allgemein glauben machen wollte. Ausschlaggebend waren wirtschaftliche Er

    wgungen und der Umstand, da die westeuropische K u l t u r einestrkereA t t r a k t i o n s k r a f t ausbte. Belgrad stand seit altershernherzuByzanz und war daher eher orientalisch angehaucht. Nicht so Agram,das sich kulturell und wirtschaftlich vom Abendland angezogen fhlte.Bauern und Mittelstand bildeten den Kern der okzidentalen Richtung.Der Bauer fhlte instinktiv, da sein Gedeihen weit mehr durch die Verbindung mit dem auf seine Agrarprodukte angewiesenen Westen gesichertsei als durch eine staatsrechtliche Vereinigung mit dem Sdosten. Diesemgelang es ohnedies kaum, fr seinen berschu an Viehbestand einen

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    Einleitung 3

    tiefen Graben der Geschichte in einem Dezennium. Bis dahin war

    nur Westrom expansiv gewesen, zuletzt und am strksten zur

    Zeit Ottos I I I . , des grten renovator imperii Romani1), u m die

    Jahrtausendwende, durch die KatholisierungPolens (Erzbistum

    Gnesen) und Ungarns (Erzbistum Gran), wodurch fr das m i t t e l alterliche Reich, um taciteisch zu reden, zwei sinus imperii ge

    schaffen wurden, von denen der zweite mit seinem sptzugewanderten Ostvolk der Magyaren der grteVerteidiger und Schtzer

    der Westkultur werden sollte. Der F a l l v o n Si rm iu m wa r das End e

    des Rmertums in der Grenzzone zwischen West und Ost gewesen,die Grndung derErzbistmer Gnesen und Gran sind die Anfngeeiner Expansion des k i r ch l i ch gewordenen Westrom, welche die

    Grenzen zwischen West und Ost in dem Gebiet nrdlich der Donau

    noch einmal starkostwrts verschoben ha t . Um ge ke hr t lagert sich

    Jugoslavien heute wieder ber weite Strecken westrmischen

    Kulturbodenshinweg und erlebt dadurch schwere Erschtterungen

    seines politischen Daseins. Man sieht aus diesen Proben, wie geradei m Grenzgebiet zwischen West- und Osteuropa mannigfache hi

    storische Probleme liegen, in denen die Tatsache des geteilten

    Rmerreiches noch nachzittert.

    Di e Entstehungs- u n d Werdegeschichte der Reichste ilung kan n

    noch als ungeschrieben bezeichnet werden. Wer sie schreiben w i l l ,

    dem w i r d zunchst die Tatsache vor Augen t r e t e n , da das I m -

    entscheidenden Absatz zu finden. Der Erzherzog Franz Ferdinand hatte dieBedeutung dieser wirtschaftlichen und kulturellen Frage vollkommen erfat" (alle Sperrungen von mir).

    1) Fr Ottos I I I . Ostpolitik ist jetzt grundlegend das ausgezeichneteBuch von Percy Ernst Schramm, Kaiser, Rom und Renovatio I (1029)S. 137 f. Es handelte sich um nichts weniger, als dieErschlieung des gesamten nichtbyzantinischen Ostens fr die christliche Kirche, soweit erberhaupt in den Gesichtskreis Mitteleuropas getreten war einunerhrtkhnesZiel,das an mehr als einemPunktzumZusammenstomi t der byzantinischen Kirche fhren mute, aber ein Ziel, das tatschlich zum gutenTeilvon Rom verwirklichtworden ist ."Schonbeim Zug nach Polen istauchdieBegrndungeiner ungarischen Kirche erwogen worden, die im Jahre 1001verwirklichtwerden konnte. Schramm weist S. 138,1 auf H . von Schubert,Die sogenannten Slavenapostel Constantin und Methodius, S. Ber. Heidelb.

    Ak. 1916 Nr. 1 S. 25 h in,nach welchem die Errichtung des ErzbistumsGran eine Erneuerung des ehemaligen pannonischen Erzbistums war, dasRom schon durch Methodius wiederherzustellen versucht hatte. Die Ungarische Missiongehrt alsobesonders eng zur Renovatio".

    1*

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    4 Einleitung

    pcrium, seitdem es die Vlker der Mittelmeerwelt i n ihrer Gesamt

    heit umfate, aus zwe i Hlften , einer griechischen u n d einer l a

    teinischen, bestand, die k u l t u r e l l so verschieden waren, da schon

    v o n hier aus ein Auseinanderfa llen jederzei t mglich wa r, i n eine

    We l t diesseits und eine Welt jenseits der A d r i a . Und tatschlichi s t der Kampf der rmischen Machthaber bei Pharsalus (48),

    P h i l i p p i (42) u n d A k t i u m (31) auch ein K a m p f des Westens u n d

    Ostens gewesen, der in allen dre i Schlachten zugunsten des Okzi

    dentes entschieden w orden is t. Al s da nn diese Entscheidung zum

    d r i t t e n Male in gleichem Sinn geschehen war, hat in der Reichs

    schpfung des Augustus der Romanismus stolz sein H a u p t erhoben 1)

    und gegenber dem lngst begonnenen Siegeslauf des Hellenismusnach Westen hinretardierend gewirkt, ja schlielich einen langsam

    sich vollz iehenden Ausgleich zwischen Ost u n d We st zuwege

    gebracht, der die griechische Idee von der Oikumene in die durch

    eine einheitlicheK u l t u r verbundene Menschheit des orbis Romanus

    gewandelt hat. 2 ) Nachdem man so zweihundert Jahre f r i ed l i ch zu

    sammengewohnt und voneinander gelernt hatte, der Westen aller

    dings mehr vom Osten als umgekehrt, wre von hier aus al lein

    trotz der gebliebenen Zweisprachigkeit des Reicheskeine Trennung

    mehr ntig gewesen.

    Wirksamer in der Richtung auf den Zerfall des Reiches in eine

    Zweiheit wur de allmhlich ein anderes Mo me nt , das auenpoli

    tischer A r t wa r, nmlich die im me r drohender heraufziehende Ge

    fahr des Zweifrontenkrieges3

    ), die seit der Schpfung des N e u perserstaates (226) akut wurde und das Ostheer dem Westheer

    ebenbrtig, ja schlielich berlegen gemacht hat. 4 ) Ab er auchdieses

    Moment htte nicht unbedingt spaltend zu w i r k e n brauchen,

    sondern htte auch, wie so of t der Dru ck von auen, zusammen

    schmieden knnen.

    1) Johannes Kromayer, Hermes 33 (1898) S.69f.2) Darber jetzt Joseph Vogt, Orbis Romanus in der Sammlung Philo

    sophie und Geschichte" 22, Tbingen I . C. B.Mohr 1929, S. 9ff.3)E. Kornemann, Gercke-Norden Einleitung I I I 2 S. 227f.4)Alfred von Domaszewski, Rangordnung des rm. Heeres S.175ff.

    Ritterling Art . legio R E . X I I Sp. 1211ff.; die Anfnge zur Vergrerungdes Ostheeres schon unter Nero, vgl.W. Schur, Klio-Beiheft XV, 1923S. 92ff.

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    Einleitung 5

    Da das Rmerreich, das durch A k t i u m d e f i n i t i v zur Einheitzurckgekehrt schien, i n der Teilung geendet h at , mu v o n einer

    ganz anderen Seite erklrt werden. So paradox es klingen mag:

    Der Sieger von A k t i u m , der durch diesen Sieg das Reich geeinigt

    hat, er ist in letzter L i n i e der Mann gewesen, der zur Tr en nu ngden Grundstein gelegt hat. Ohne tieferenEinblick in die Reichs

    schpfung des Au gustus is t die Entstehungsgeschichte des getei lten

    Rmerreichs nicht verstndlich

    T h . Mommsen h a t den Begriff der Dyar ehi e" i n das Staats

    recht des Prinzipates eingefhrt, in dem er eine Doppelkpfigkeit,

    hie Prinzeps dort Senat, als Ziel des Augustus herauszustellen ge

    suchth at . Gegen diese Auffassung des Meisters ha t sich die neuere

    Forschung gewendet und hat die Stellung des Senates zum T e i l de

    iurehher 1 ), de fac to aber niedr iger eingeschtzt 2) . Au s u n serer

    1) SoEduardMeyerinseinem KaiserAugustus"K l . SchriftenI S. 374ff.und O.T h.Schulz in seinen Schriften Das Wesen des rmischen Kaisertums der ersten zwei Jahrhunderte", 1916 S.28ff., Vom Prinzipat zum

    Dominat44

    1919 S.lOff. und Rechtstitel und Regierungsprogramme aufrmischen Kaisermnzen4' 1925 S. 39 und S. 88ff. Kritisch referierend berbeiderMeinungErnst Schnbauer in dem gehaltvollenAufsatz, Wesen undUrsprung des rmischen Prinzipats,Savigny-Ztschr. Roman. Abt. 47, 1927S. 273. Meyer glaubt noch an Mommsens Dyarehie. Nur habe von beidender Idee nach der Senat durchaus denVorrang;der Kaiser sei ein Organoder, wie Tiberius es ausdrckt, sein Diener, der Senat der Herr, dominus(Kl . Sehr. S. 482).44 Dazu Schnbauer (S.270): So ist bei E.Meyer dieLehre von Schulz in ihren Grundzgen vorgezeichnet,44 der den unver

    nderten Fortbestand deT republikanischen Verfassung behauptet, wobeier dem SenatalleindieVerleihungwieEntziehungdes Imperiumsundallerbrigen mter und Befugnisse des Prinzeps zuerkennt.44O. Th. Schulz (anden angefhrten Stellen) und H.Dessau (Kaiserz. I S. 38ff. vgl. S. 23, 3;45, 3 und S. 140) haben die Unmglichkeit der Dyarchie-Theorie erwiesen.

    2) Wie wenigfaktischder Senat selbstunterAugustus noch zu bedeutenhatte, ist am eingehendsten von I I . Dessau, Gesch. der rm. Kaiserzeit IS. 132ff. erwiesen worden. Schnbauer sagt S. 280 sehr richtig nach einerKritik aller bis jetzt vorgebrachten Lehrmeinungen: So kommen wiralso zu dem Ergebnis, da die neue Staatsordnung des Jahres 27 weder alsrepublikanische noch als dyarchische noch als monarchische Staatsformim Sinne der heutigen Staatslehre verstanden werdenkann. Dies mu unswohlein Fingerzeig dafr sein, da dieFragestellungnicht richtig gewhltist. 4 4 Dieser Forscher betont dann gegenber der seitherigenLiteratur dienoch strkere Erfassung des Werdens der neuen Rechtsform und ihrerE n tw ick lu n g ,wie das auch schon Job. Kromayer in seiner Dissertation,Dierechtliche Begrndung desPrinzipats 1888, getanhatte,und kommt in

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    6 Einleitung

    f o l g e n d e n D a r l e g u n g w i r d s i c h e r g e b e n , da der P r i n z i

    p a t v o n s e i n e m S c h p f e r a ls D y a r e h i e g e d a c h t w o r d e ni s t , a b e r n i c h t , w i e M o m m s e n g l a u b t e , a ls D y a r e h i ev o n P r i n z e p s u n d S e n a t , s o n d e r n a l s e i n e Z w e i h e r r

    s c h a f t v e r m i t t e l s d o p p e l t e r B e s e t z u n g d e r o b e r s t e nS t e l l e , d. h . a l s D o p p e l p r i n z i p a t . Fr diese These soll im

    folgenden der Beweis erbracht werden.

    den dann folgenden Ausfhrungenzu dem Resultat (S. 318): So konnte allmhlich auf gewohnheitsrechtlichem Wege eine monarchische Staatsformerstehen,ohneda sie durch StaatsstreichoderVerfassungsnderungherbeigefhrt wurde."

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    I . D O P P E L P R I N Z I P A T UND D O P P E L N A C H F O L G EI N D E NZ E I T E N D E R M I T R E G E N T S C H A F T "

    18 V. CHR. BIS 161 N. CHR.

    1. D I E AUGUSTEISCH-TIBERISCHE ZE IT18 V. CHR. BIS 37 N. CHR.

    Die augusteische Staatsneuordnung ist ohne Betrachtung derFamiliengeschichte des Reichsgrnders unverstndlich. Der biszum pater patriae (2 v. Chr.) emporgestiegene glckliche Staatsmannha t alspater fmilias fast nurUnglckgehabt. I n dem Gegen

    satz des glcklichsten aller Staatsmnner und des unglcklich

    sten allerFamilienvter li eg t die Tragik der Geschichte des erstenPrinzeps. I n den Worten des Sueton (A ug. 63 ): Ex Scribonia

    Iuliam, ex Livia nihil liberorum tulit, cum maxime cuperei, infans,

    qui conceptus erat, immaturus est editus, is t der ganze Jammer des

    augusteischen Hauses e ntha lten . Alexander der Groe starb in

    der ersten Mannesblte, ehe sein legi timer Sohn geboren ward ,

    Augustus wurdea l t , obwohl er i n jun gen Jahre n glaubt e, i m Lebens

    alter das Schicksal des groen Makedonen zu teilen und daher mit35 Jahren sein Mausoleum errichten lie 1 ), aber der sehnlichst

    gewnschte Sohn blieb ihm nach der Frhgeburt der L i v i a ver

    sagt. So entbehrte die neue Stellung, die Augustus im Staat nichtfr sich a l le in, sondern nach rmischemBrauch fr sein Geschlecht

    schuf2 ), der Beerbungsmglichkeit du rc h den eigenen Sohn.

    M a r c e l l u s - T i b e r i u s ( D o p p e l n a c h f o l g e ) .

    2523 v. Chr.

    Das einzige K i n d des Augustus war eine Tochter, eben die er

    whnte I u l i a , die i h m von Scribonia ku rz vo r deren Verstoung

    1) E. Kornemann, Mausoleum und Tatenbericht des Augustus 1921 S. 1.

    2) Kornemann ebda. S. lf.

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    8 Doppelprinzipat . Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    i m Jahre 39 geboren worden war. Sic wurde das Opfer der Po l i t ik

    des Vaters. 1 ) Mit ihrer Ha n d wurd e die Nachfolge i m Pri nz ipa t

    vergeben zuerst an den Gemahl, dann an die Shne. Erst 14 Jahre

    alt wurde sie im Jahre 25 m i t Augustus' Nef fen M . C l a u d i u s M a r

    c e l l u s vermhlt, der nur dre i Jahre lter als sie war 2 ) , aber vonAugustus fr die Nachfolge i n Aussicht genommen wurde, wenn er

    von ihm auch in der schweren Krankheit des Jahres 23 als damals

    Zwanzigjhriger noch nicht re i f dazu befunden wurde 3 ), dann aber

    bald i m gleichen Jahre noch starb.

    Bei dieser ersten Regelung der Nachfo lge zjeigt sich aber etwas

    i n den Manahmen des Augustus, was seitdem charakteristisch

    fr ihn au f diesem Gebiet geworden is t. Neben Marce llus, dem Sohnseiner Schwester Octavia, t r i t t in dieser Phase sein etwas jngerer

    Stiefsohn Tiberius bereits hervor. Schon in der Knabenzeit zeigt

    sich dies: Bei dem groen aktischen T r i u m p h im August 29 r i t t

    Marcellus auf dem rechten Beipferd von Octavians Triumphwagen,

    Tiberius auf dem linken. 4 ) Nach der Anlegung des Mnnerkleides

    wurden beide in den spanischen Kr ieg mitgenommen und solltendort als t r i b u n i m i l i t u m Kriegsdienste leisten. 5) A m Ende des

    Feldzuges vom Jahre 26, i n welchem die beiden Prinzen das F el d

    lager kennen gelernt hatten,lie Augustus im Jahre 25 den Mann

    schaften im Lager Spiele geben und zwar durch Marcellus und

    1)Vgl. berIuliaEdmund Groag, Studien zurrmischen Kaisergeschichte,Linz 1918, S. 39ff. ( I I IDer Sturz derIulia).DiegroeVorsicht, die bei der

    Vergebung ihrer Hand beobachtet wurde, kommt in den Worten des Augustus zum Ausdruck, welche Tiberius Seianus gegenber nach Tac. Ann.IV, 40 zitiert: immensumque attolli provideret, quem coniunclionc tali superalios extulisset.

    2) Geburtsjahr: ersteHlfte 42, auf alleFlle lter als Tiberius, der am16. November desselbenJahresgeborenwar, Gaheis RE I I I , 2 Sp. 2705. Eine

    Adoption des Marcellus durch Augustus hat nicht stattgefunden, obwohlsie von Plutarch Antonius 88, 5 und Servius zu Vergil Aen. V,4 behauptetwird.Entscheidend fr die Frage Mon. Ancyr. c. 21, wo Marcellus nur gener

    heit und CassiusDio 53, 31, darnach richtig C. Cichorius Rom und Myt i -lene S. 40, 1, Gardthausen Augustus I S. 710, I I S. 399, 2 und GaheisSp. 1760.

    3) So auch Groag S. 40.4) Suet. Tib. 6, 4. Die Spendedesselben Jahres an das Volk, wobei auch

    die Knaben unter elf Jahren bedacht wurden,geschah allerdings nur imNamen des Marcellus,CassiusDio 51, 21, 3; vgl. Suet. Aug.41, dazu GaheisSp. 1765.

    5) Gardthausen I S. 682.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v.Chr. bis 37 n.Chr. 9

    Tiberius 1.) Hier t r i t t uns zum ersten Male

    die fr Augustus seitdem charakteristische Heranziehung von

    zwei Personen aus der Familie, das, was wir sein Vieraugen

    system" nennen wollen, entgegen, und Tiberius ist der erste in

    der langen Reihe der Zweiten" , die dieses System erforderte.Da es so gedacht war, zeigt die Laufbahn der beiden Prinzen, die

    nachMarcellus 9Er he bu ng zum Schwiegersohn des Prinzeps e i n t r a t . 2 )

    Marcellus wurde im Jahre 24 als Qustorier i n te r praetorios in

    den Senat aufgenommen und ihm fr das Jahr 23 die kurulische

    dilitt verliehen m i t der Er la ubni s, sich zehn Jahre vo r der

    gesetzlichen F r i s tu m das Kon su la t zu bewerben, Tiberius bekam die

    Erlaubnis, fnf Jahre vor der gesetzlichen F r i s t wenigstens die

    mterlaufbahn zu beginnen. 3) Gleichzeitig mi t der Befrderung

    des Marcellus zum dil wurde Tiberius zum Qustor ernannt. 4 )

    Marcellus wurde auerdem noch Pontifex. 5 ) Dessau bemerkt zudiesem Tatbestand 6 ): Es war der Rangunterschied von K r o n

    prinz und Prinz, der sich so ankndigt". Ich glaube, es war mehr,

    es war der An fa ng zur Regelung der Nachfolge un te r dem Gesichts

    punkt der vier Augen, aber m i t ganz deutlicher Differenzierung

    zwischen dem Schwiegersohn u n d dem Stiefsohn etwa i n der F o r m ,

    wie sie dann auch die erste Zweiherrschaft AugustusAgrippa seit

    dem Jahre 18 zeigt. Die Ehru ngen , die dem Marcellus nach seinem

    1; Cassius Dio 53, 26,1. Falsch ist es, wenn Gaheis a. a. O. von dieserStelle sagt: Irrig ist dabei die Angabe, da sie schon damals dilen gewesen seien." Er hat nicht beachtet.

    2) DieVermhlungsfeiermitIulia im Jahre 25 wurde, da Augustus nochnicht in Rom anwesend war, nach CassiusDio 53, 27, 5 durch Agrippa veranstaltet.

    3) Mommsens Staatsrecht I 3 S. 526, 2. Tiberius' Bruder Drusus hat imJahre 19 dasselbe Recht erhalten,Cassius Dio 54, 10.

    4) CassiusDio 53, 29, 3, Mommsen Staatsr. I 8S. 459,1 und S. 462.5) Tacitus Ann. I 3. Als dil gab diesmal Marcellus die Spiele allein

    und in einer Pracht, die noch niedagewesenwar,natrlichmit den Mittelndes Augustus, Cassius Dio 53, 31, Vellerns I I 93, Gardthausen I S. 729.Da sich Marcellus seitdem auch politisch bettigt hat, beweist die Erzhlung bei Dio (54, 3, 2) zum Jahre 22, wonach ein gewisserM. Primus,der angeklagt war, als Statthalter Makedoniens die Odrysen bekriegt zuhaben, bei seiner Verteidigung teils auf Augustus' teils auf Marcellus'

    Ansicht sich berief. Auerdem war er Patronus verschiedener Stdte, sovon Pompeji, CIL X 832, von Delphi und Tanagra, Dittenberger Syll. I I 3774 A. und B., Gaheis Sp. 2767.

    6) Gesch. d. rm. Kaiserzeit I S. 456.

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    10 Doppelprinzipat u. Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    Tode (Ende 28) zute i l geworden sind , beweisen auch de ut li ch , da

    er als der Er st e" i m Pr in zi pa t i n Aussicht genommen war . E r

    wurde auf Staatskosten mit dem grten Pomp beerdigt vor

    dem Leichenwagen fuhren 600 Paradewagen m i t den imagines

    seiner Vor fahre n (Servius z. Aen. V I861) , Augustus selbst hielti h m die Leichenrede 1), und er fand seine Ruhesttte im Mausoleum des Augustus, und zwar war er der erste, der hier begraben

    wurde. Das von Caesarbereitsbegonnene und im Jahre 11 v. Chr.

    erffnete neue groe Theater wurde mit seinem Namen benannt. 2 )Die M u t t e r Octavia weihte ihm ihre Bibliothek. 3 ) Der anerkannte

    erste Dichter Roms beklagte das Ereignis wie ein nationales Un

    glck. 4) Bei den l u d i Romani, deren Ausrstung seit alters den

    kurulischendilen zustand 5 ), wurde seine Statue in das nach ihmbenannte Theater gebracht und hier ebenso wie seine sella curulism i t dem goldenen Kranze darauf zwischen den Sitzen der leitenden

    Beamten (dilen) aufgestellt. 6) Der kurulische Gedchtnissessel7)

    erscheint hier zum erstenmal und w i r d seitdem zur Ehrung ver

    storbener Kronprinzen" immer wieder angewendet.8

    ) Das Wichtigste aber ist die Niederlegung des goldenen Kranzes auf dem

    Ehrensessel, den zu Lebzeiten bis dah in nu r Pompei us 9 ) und

    Caesar 1 0) beim Schauspiel getragen hatten und der dann auchOctavian im Jahre29 verliehen worden war. u ) H i e r m i t ist noch

    nach seinem Tode Marcellus die fhrende Stellung in der Nach

    folge zum Pri nz ip at zuerkan nt worde n. E r ha t bereits den Gold

    kranz, aber noch nicht den Goldsessel, der das Abzeichen desAugustus nach dem VorbildeCaesars geworden ist. 1 2 ) D ie gewhn-

    1) Cassius Dio 53, 30, 5.2) Kiepert-Huelsen, Formae urbis Romae ant. p. 90.3) Livius per. 140, Plut. Marc. 30.4) Dessau I S.456. Es handelt sich um Vergil Aen. V I 860886; vgl .

    auch Properz El. IV 18 auf den Tod des Marcellus.5) Mommsen, Rom. Forsch. I I S. 53.6) Cassius Dio a. a. O. 30, 6.7)ber ihn Mommsen Staatsr. I 3 S. 452.8) Tac.Ann.I I83 bei Germanicus,CILV I31200(Senatsbeschluf.Drusus).9) Vellerns I I 40, Mommsen Staatsr. I 8S. 438, 5.

    10) Cassius Dio 44, 6; 44,11.11) Cassius Dio 51, 20, Mommsen Staatsr. S. 427.12) Mommsen Staatsr. I 8S. 439. Noch Septimius Severus lie im Zirkus

    ein goldenes Bild des Pertinax, in den Theatern drei Goldsessel zu seinemGedchtnis aufstellen, Cassius Dio 74, 4 Mommsen S. 452, 7.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v.Chr. bis 37 n.Chr. 11

    liehe sella curu lis m i t dem Goldkranz darau f zeigt den zu m P r i n

    zipat Ausersehenen, der aber selbst noch nicht Prinzeps war.

    Infolge der bergabe der cura ludorum:i m Jahre 22 an die Pr

    toren an Stelle der dilen 1 ) kam dann der Gedchtnissessel des

    Marcellus zwischen die Sessel der Prtoren zu stehen, was fr denMann, derzwanzigjhrig den Sitz im Senat i n te r praetorios gehabt

    hatte, sehr gut pat. Neben ihm oder besser unmitte lbar h inter

    i h m steht aber Tiberius, wie sich aus den oben angefhrten Zeug

    nissen ergibt.

    Seit dem Tode des Marcel lus war die Doppelnachfolge des ka um

    geschaffenen Prinzipates wieder beseitigt. Es ist keine Frage , da

    Augustus dann i n den Jahren vor der Adopt ion des Gaius und

    Lucius Caesar (17 v . Chr.) die Doppelsicherung i n einer Heran

    ziehung des Drusus neben seinem Bruder Tiberius gesehen hat.

    Wenigstens haben w i r aus dem tmr uh igen Jahre 19 die Nach ri ch t,

    da Augustus nach seiner Rckkehr i n die St ad t den Tiberius

    unter die Prtorier aufgenommen und dem Drusus das Pr iv il eg

    dermterbewerbung fnf Jahre vor dem gesetzlichen Termin verliehen habe. 2) Infolgedessen wu rd e dieser schon im Jahre 18

    Qustor. 3) Bezeichnend fr Augustus' ngstlichkeit in diesen

    Dingen ist die Tatsache, da auch nach dem Jahre 17 die Rck

    versicherung vermittelst der be iden Stiefshne beibehalten wurde.

    I m Jahre 16, dem Jahre der Prtur des Tiberius, lie er mit E i n

    wi l l i gung des Senatesvo r seinem Abgang nach Gallien vo n b e i d e n

    Gladiatorenspiele dem Volke geben. Dann reiste er in Begleitungdes Tiberius ab, und Drusus bekam die Vertretung des Bruders

    i n der.Prtur auf Grundeines Senatsbeschlusses.4) Durch das Her

    anwachsen der Enkelshne Gaius und Lucius wurde dann das

    Stiefshne-Paar ausgeschaltet und schlielich du rc h den Tod des

    Drusus i n Germanien (9 v . Chr.) bese itigt.

    1)Cassius Dio 54, 2 Mommsen Staatsr. I I3

    S. 237.2)Cassius Dio 54,10; Tac. Ann.I I I 29.3)Prosopogr. I S.366; Gardthausen I , 3 S. 1042.4)Cassius Dio 54, 19,6; er machtausdrcklichdarauf aufmerksam, da

    Tiberius damals Prtor wurde, obwohl er den prtorischen Rang schonvorher besessen hatte. Noch whrend des Feldzugs vom Jahre 15 undnachher waren Tiberius und Drusus dieprsumtivenNachfolger, vgl. Horazod. IV 4 u. 14 sowie IG IV21, 598 f. (Hinweis von R. Herzog).

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    12 Doppelprinzipat u. Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    A u g u s t u s A g r i p p a (Doppelprinzipat: 1812 v. Chr.) A u

    g u s t u s T i b e r i u s (Doppe lprinz ipat vom Jahre 6 v . Chr. ab).

    G a i u s Caesar u n d L u c i u s Caesar (Doppelnachfolge 17 vor bis

    2 n . Chr. ).Die Geschichte des Doppelprinzipates, zu der wir uns jetzt nach

    diesem Vorspiel bezglich der ersten Versuche einer Ordnung der

    Nachfolge im Sinne des Vieraugensystems wenden, ist nicht viel

    jnger als die Geschichte des Prinzipates selber. Hatte letztererkurz vor dem Tode des Marcellus im Jahre 23 seine definitiveGestalt gewonnen, so begi nnt der Doppel pri nzipat schonfnf Jahre

    spter im Jahre 18 durch die Annahme des Agrippa zum M i t

    regenten, um von da ab trotz vorbergehender krzerer oder

    lngerer Unterb rechung ni cht wieder aus der Geschichte zu verschwinden.

    Ehe wir auf die Einzelheiten des ersten Doppelprinzipates ein

    gehen, seien einige staatsrechtliche Bemerkungen vorausgeschickt.

    Unsere Bezeichnung Doppelprinzipat" umfat in gleicher Weisesowohl das, was Mommsen im Staatsrecht als Mitregentschaft" 1)

    wie als Samtherrschaft" 2) zur Darstellung gebracht hat, d. h. die

    beiden ze it li ch aufeinander folgenden F or me n der Zweiherrschaf t,

    die er in sehr glcklicher Weise auf die kurze Fornfel der u n

    gleichen oder abgestuften" (Mitregentschaft) und gleichen K o l

    legialitt" (Samtherrschaft) gebracht h a t 3 ) , und die durch nichts

    klarer in ihrem Unterschied verdeutlicht werden als durch dieTatsache, da nur der sptere Samtherrscher, wie der Prinzeps

    selber, den T i t e l Augustus" fhren darf, whrend der frher auf

    tretende Mi tregen t auf diesen Ehrennamen, der dem Prinzeps zu

    nchst al lein reserviert bleibt, verzichten mu. 4) Eine seltsame

    Inkonsequenz is t es dann, wie wi r sehen werden , da Augustus

    1) Staatsr. I I 23

    S.11451167,2) Ebda. S. 11671171.3) Ebda. S. 1140. Otto Th. Schulz, Vom Prinzipat zum Dominat S. 182,

    413 erhebt Widerspruch gegen diese Terminologie, meines Erachtens mitUnrecht.

    4) Ebda. S. 1146. Hier vergleicht Mommsen die Stellung des Mitregentenmit derjenigen des Prtors neben dem Konsul in der Republik;nherliegtmeines Erachtens die Vergleichung des zweiten Prinzeps mit dem magisterequitum der Republik, darber unten S. 17.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v. Chr. bis 37 n. Chr. 13

    seiner G a t t i n gegenber von diesem Grundsatz abweicht, v i e l

    mehr ihr den hchsten T i t e l des Prinzipates im Testament gleich

    zeitig mit der Adoption in die gens I u l i a verleiht, so da die Au-

    gusta in der T i t u l a t u r des Zw ei ten" lter is t als der Au gust us .

    Eine erste Steigerung der Mitregentschaft t r i t t im letzten Jahrdes Augustus ein, da derPrinzeps senil geworden war, und Tiberius

    durch besonderen konsularischen Volksbeschlu ein an die spteren

    Samtherrscher erinnerndes effektives Mitregiment erhlt.1) Gleich

    zeitig ist da mi t die def ini tiv e Festlegung der Nachfolge verb unden,

    die schon durch die Adoption vom Jahre 4 n. Chr. vorbereitet war.

    So knnen wir zwei Etappen in der augusteischen Ordnung der

    Zweiherrschaft unterscheiden. Die erste Etappe hlt Mitregent

    schaft un d Nachfolgeordnung noch getrennt. Augus tus m ac ht

    zum Mit regenten den Ag r ippa ; als Nachfolger aber fat er seine

    beiden Enkelshne Gaius Caesar un d Luci us Caesar ins Auge. E n t

    scheidend fr die Designation zum Nachfolger ist die Adoption 2 ) ,

    d. h. d ie privatre chtlich e Erbfolge w i r d auch fr die Herrscher

    folge als magebend erk lr t".3

    ) Sehr r i c h t i g sagt daher Mommsenvon dieser ersten E t a p p e 4 ): Da Augustus bei der Annahme seines

    Schwieger- undseines Stiefsohns zu Mitregenten ohne Annahme an

    Kindesstatt keineswegs beabsichtigte, denselben auf diesem Wege

    die Nachfolge zuzuwenden, i st ev ident; er betrachtete vielmehr seine

    Tochterkinder als seine rechten Nachfolger und dachte dem Vate r

    1) Mommsen Staatsr. I I 2a

    S. 1159 m it Anin. 3, Hermann DieckmannKlio XV, 1918, S. 339ff.2) Mommsen Staatsr. I I 2 3S. 1137. Einen Vorschlag inBetreff der Nach

    folge zu machen ist selbstverstndlich dem Prinzeps unverwehrt; und istderselbe auch formell ohne verbindlicheKraft, so ist er dennoch tatschlichoftvon entscheidenderBedeutung.Bei der frher dargelegtenfaktischenEntwicklung des dynastischen Prinzipslenkt in diesem Fall selbstverstndlichdie Nachfolge, falls der Kaiser einen einzigen Sohn oder einen einzigenSohnessohn hat, sich auf diesen oder, falls mehrere agnatische Deszen

    denten gleichen Grades vorhanden sind, auf einen von diesen. Darauf beruhtes, da seit dem Beginn desPrinzipatsder Vorschlag fr die Nachfolge,wenn er auf andere als leibliche agnatische Deszendenten des Prinzeps gerichtetwird, immer in der Form der Adoption auftritt und zwar anfnglichin den gewhnlichen Formen des Privatrechts, spterhin kraft der von denprivatrechtlichen Formalgesetzen sich befreienden kaiserlichen Machtvollkommenheit, unter Beiseitesetzung der fr die gewhnliche Adoptionvorgeschriebenen Rechtsformen durch einfache Willenserklrung."

    3) Schnbauer Ztschr. der Sav.-Stiftung, Roman. Abt. 47, 1927 S. 275.

    4) Staatsr. I I 23

    S. 1147, 2.

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    14 Doppelprinzipat u. Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    und nach dessen Tod dem Stiefvater eine Vormundschaftss tellung

    z u " . Die zweite Etappe setzt eigentlichschoni m Jahre 4 n . Chr. ein,als Tiberius und Agrippa Postumus adoptiert werden, Tiberius

    aber zugleich Mitregent w i r d . Adoption und Mitregentschaft auf

    dieselbe Person bezogen, b r i n g t also das Neue, d. h . die Verb in dung vo n Mitre gents chaft un d Nachfolgeregelung. Der Satz M o m m -

    sens 1), da die rechtsverbindliche Designation dem Prinzipat

    mangelte, gab der Bestellung eines Mitregenten hier eine Wichtig

    k e i t , die sie i n einer Monarchie m i t fester Sukzessionsordnung

    nicht haben kann," g i l t erst von dieser Etappe an. Denn das Wort

    des Tacitus (Ann. I I I 56): Mar cum deinde Agrippam socium eius

    potestaiiSi quo defuncto Tiberium Neronem delegit, ne successor

    in incerto foret, bezieht sich, was Tiberius b e t r i f f t , nicht auf die

    E r t e i l u n g der t r i bu n i c i a potestas an diesen i m Jahre 6 v . Chr. ,

    sondern erst au f diejenige i m Jahre 4 n. Ch r. 2 ), Seitdem bedeutet

    die Mitregentschaft, um wieder mit Mommsen zu reden, nunmehr

    durchaus die rechtliche Anba hnung der Nachfo lge". 3)

    Worauf aber r u h t die Mitregentschaft? Mommsen nennt dasproconsularische Imper i um die niedere, die t r i bu n i c i a potestas die

    hhereGewalt, aus denen die Mitregentschaft besteht, ja er bezeich

    net die proconsularische Gewalt auch als eine Vorstufe des P r i n

    z ipats . " 4 ) Demgegenber ist zu betonen, da viele Personen das

    imperium proconsulare besessen haben, die niemals Mitregenten

    gewesen sind, . B. der ltere Drusus, Gaius Caesar, der Sohn des

    Agrippa u n d der I u l i a , Seianus usw.5

    ) Zudem ist die sekundreproconsularische Gewalt i n der Regel nur fr bestimmte Gebieteund Aufgaben vergeben worden 6 ) und schon deshalb fr die v ie lumfassendere Mitregentschaft ni ch t magebend. W i r k l i c h grundlegend fr die Mitregentschaft ist erst die Verleihung der t r i

    bunicia potestas, und zwar auf Grundeines Senatsbeschlusses,weshalb der Mitregent auch als socius oder consors tribuniciae potestatis

    1) Staatsr. I I 2 8 S. 1145.2) So schon richtig Mommsen Staatsr. I I 2 8 S. 1164, 3.3) A. a. O. S. 1164.4) S.1153.5) Das Material ist zusammengestellt bei Mommsen S. 1152, 1 und 2.6) So richtig O. Th. Schulz, Wesen des rm. Kaisertums S. 60 mit

    Anm.181.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v. Chr. bis 37 n. Chr. 15

    bezeichnet w i rd . 1 ) U m taciteisch zu reden (v gl . A n n .13) ist alsonoch nicht der collega imperii, sondern erst derjenige, der consors

    tribuniciae potestatis geworden war , Mi tinhaber der hchsten

    Gewalt. 2) Das beweist deutlich die Geschichte des Aufsteigens des

    Seianus, der (Tac. A n n . V I 1 = V . 6) wo hl collega (sc. imperii)et gener genannt w i r d , also das proconsularische Imper ium besitz tund zwar nach dem ungewhnlichen Konsulat, das er, obwohl

    rmischer R i t t e r , i m Jahre 31 m i t dem Prinzeps selbst bekleidet

    h a t 3 ) , dessen Hoffnung auf die t r i b u n i c i a potestas und damit die

    Mitregentschaft abernicht erfllt w i rd . 4 ) Die Jahre der Mitregent-

    1) Fr Agrippa Tac. Ann. I I I 56 (socium eius potestatis), fr Tiberiusebda.110 paucis ante annis, cum Tiberio tribuniciam potestatem pairibusrursum postularet, dazu Ann. I 3 filius, collega imperii (sc. proconsularis)consors tribuniciae potestatis adsumitur, fr Drusus, des Tiberius Sohn (a. 22)Tac. Ann.I I I 56: mittit (sc. Tiberius) litteras ad senatum, quis potestatemtribuniciam Druso petebat.Dazu die Bemerkung des Historikers:id summi

    fastigii vocabulum Augustus repperit, ne regis aut dictatoris nomen adsumeretactarnen appellatione aliqua cetera imperia praemineret (dazu Ann. 12) undentsprechend gleich darauf von der Erhebung des Drusus zum Mitregenten:

    Tiberius Drusum summae rei admovit, vgl. auch I I I 57 wo der Augustusund sein Mitregentzusammengefat werden als qui tribuniciam potestatem

    gererent. Das Richtige steht schonbei B. Pick, Ztschr. fr Numismatik 13,1885, S. 202 klar und deutlich Die Mitregentschaft wird erst erworbendurch Erlangung der tribunizischen Gewalt.44

    2) Als Gaius Caesar als Inhaber des prokonsularischen Imperium inRhodos vor Tiberius erscheint,heit es von ihm bei Vell. I I 101:convento

    prius Ti. Nerone, cui omnemhonorem ut superiori habuit, dazu O. Th.Schulz, Wesen des rm. Kaisertums S. 61.

    3)Cassius Dio 58, 4.4) Cassius Dio 58, 9. Man kann sich die Laufbahn des Tiberius undSeianus am besten an folgender Gegenberstellung klarmachen:

    I . Tiberius I I . Seianusunter Augustus unter Tiberius(Tac. Ann.I 3) (Tac. Ann.V I1 = V 6)

    1.filius (Adoption) 1.gener (Verlobung mit lulia)2.collega imperii 2.collega sc. imperii,beideMale

    proconsularis.

    3.consors tribuniciae potestatis. 3. NurTiberius ist Mitregentgewesen, weil die consortio tribuniciae potestatisihm zuteil geworden ist, wie sich Vell. I I 99 gelegentlich der ersten Verleihung der tribunicia potestas an Tiberius im Jahre 6 v. Chr.ausdrckt:brevi interiecto spatio Ti. Nero duobus consalatibus totidemque triumphisactistribuniciae potestatis consortione aequatus Augusto. Mommsen(Staatsrecht I I 2 3S. 1164, 2) findetdieseAusdrucksweise adulatorischbertreibend,muaberdaneben CassiusDio 54,12 zitieren,wo zum Jahre 18 dieErhebung Agrippas zum Mitregenten mit den Worten geschildert wird:

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    16 Doppelprinzipat u. Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    schaft zhlen daher stets vom Jahre der bertragung der t r i -

    bunicia potestas, bei Ag ri pp a vom Jahre 18 v. Chr., bei Tiberius

    vom Jahre 6 v. Chr., und erst vom Jahre der bernahme der t r i -

    bunicia potestas t r i t t die Abwerfung des Geschlechtsnamens ein,

    die der Mitregent m i t dem Prinzeps gemein h at . 1 ) Selbstverstndl i c h erfolgte unter Augustus die Verleihung der t r i buni c ia potestas

    wie bei dem Prinzeps selber auf Zeit, bei Agrippa auf fnf Jahre

    i m Jahre 18 v. Chr., so da im Jahre 13 die Erneuerung e intrat ,

    bei Tiberius im Jahre 6 v. Chr. ebenfalls auf fnf Jahre, im Jahre

    4 n. Chr. auf zehn Jahre, so da auch hier im Jahre 13 noch einmal

    eine Erneuerung vorgenommen werden mute. 2) W i r schlieen

    diesestaatsrechtlichen Vorbemerkungen m i t dem Satz Mommsens 3):

    Es bedarf keines Beweises, da die Kollegialitt in der t r i b u -

    nicischen Gewalt zwischen dem Prinzeps und dem Mitregenten

    eine ungleiche ebenso sehr und noch mehr gewesen sein mu als

    die in der proconsularischen, wenn dies auch nirgends ausdrck

    l i ch gesagt w i r d , " dessenRicht igkeitschon dadurch erwiesen wird ,

    da die Verweigerung des Augustusnamens fr den Zweiten dessen

    geminderte Stellung oder sagen wir noch deutlicher seine G e

    h i l f e n s t e l l u n g k l a r vor Augen fhrt. 4)

    Doch nun zum ersten Doppelprinzipat, demjenigen des Augustus

    und Agrippa, der prototypisch fr alle folgenden bis zum Jahre 161

    geworden is t. M i t der auf Maecenas' R a t 5 ) erfolgten Vergebung

    6 Bh * ; vgl. auchTac. Hist. 115, wo die Position des Zweiten erst nach der Erlangung dertribunicia potestas als proximum sibi fastigium (entsprechend summa resTac. Ann. I I I 56) bezeichnet wird; vgl.oben S. 15 Anm. l .

    1)DarberMommsen Staatsr. I I 28 S. 1148 mitAniri.2 (abgesehen vonden Claudiern;doch beachteman, da Augustus im Mon. Anc. seinen Stiefsohn auch nur Ti. Nero nennt; ebenso die Schriftsteller, vgl.Vell. I I 99).

    2) Mon. Anc. c. 6 am Schlu im griech. Text: Kai gXaov. SuetonAug. 27 nicht ganz korrekt: tribuniciam potestatem perpetuam reeepit, inqua semel atque Herum per singula lustra collegam sibi cooptaviL

    3) Staatsr. I I 2 3 S. 1161.4) Andererseits ist nur der Mitregent imstande, das Gesetz zu brechen,

    wonach der Prinzeps hchste Gemeindemter, die ihm ehrenhalber bertragen werden, stets a l l e i n bekleidet, Mommsen Staatsr. I I 2 8 S. 814 mit

    Anm. 2, der auf Mnzen von Neukarthago aufmerksam macht, wonachAugustus und Agrippa dort offenbar zusammen Quinquennalen gewesen sind.

    5)Cassius Dio 54, 6, 5.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v. Chr. bis 37 n. Chr. 17

    von Marcellus' junger Witwe I u l i a an Agrippa im Jahre 21 beginnt

    die Vorgeschichte des Doppelprinzipates i m Interesse der gens

    I u l i a . Agrippa, der durch die Bevorzugung des Marcellus verrgert

    war, hatte von Augustus nach seiner Genesung im Jahre 23 ein

    auerordentliches proconsularisches Komman do fr den Or ient erhalten. 1) Wenn Mommsen die Verleihung dieser Gewalt schon als

    Anfang der Mitregentschaft ansieht, so istdiesnach unseren obigen

    Ausfhrungen falsch. Wir sahen: nur diejenigen Inhaber von pro-

    consularischen Im pe ri en , die dazu noch die t r i bu n i c i a potestas

    empfingen, sind als Mitregenten aufzufassen. Bei Agrippa ist daher

    das Jahr 18 das entscheidende, w e i l in diesem Jahr die Verleihung

    der t r ibun i c ia potestas an ihn auf fnf Jahre gleichzeitig mit der

    Verlngerung fr Augustus selbst, dessenerstes Quinquennium ab

    gelaufen war, erfolgte. 2) M . Vipsanius. Agrippa, oder wie er jetzt

    als Mi tr eg en t hie, M . Ag ri pp a, der erste in der Geschichte der

    Zweiten des Prinzipates selber u n d ihr vollendetster T ypu s, war

    seit langem Augustus' rechte Hand, vor allem auf dem milit

    rischen Gebiet. Man w i r d lebhaft an die Stellung des magisterequitum neben und unter dem magister populi oder dictator des

    republikanischen Staatsrechts er innert 3 ) , wenn man Agrippa, den

    Offizier, neben dem groen Staatsmann Augustus an zweiter

    Stelle des Staates wa lt en sieht . E r ha tt e i h m die Schlachten ge

    schlagen, die ntig gewesen w raren, um die Neuordnung der Dinge

    herbeizufhren, zuletzt A k t i u m 4 ) und war i n den entscheidenden

    1)DarberMommsen Staatsrecht I I 2 8 S. 1151, 3.2)CassiusDio 54,12. Mnzen des Augustus (Vs.) vom Jahre 13, I I I vir

    C. Sulpicius Platorinus, offenbar ausAnla der Erneuerung der tribuniciapotestas der beiden Machthabergeprgt,zeigen auf derRckseiteAugustusund Agrippa nebeneinander auf einem bisellium (Tribunenbank?) sitzend,vgl. H .Mattingly, Coins of the Roman Empire I S. 23f. no.115117Taf. 4, 8 und 9; vgl. auch S. 27 no. 131 Taf. 4, 17, wo auf derRckseitenurdas bisellium (ohne die genannten Personen) dargestellt ist, darber aber

    quer im Rume der Mnze TR. POT.; vgl . Th. Mommsen, Staats. S. 406, 3.3)ber den magister equitum neben dem magister populi vgl. meine

    Ausfhrungen inInternat.Monatsschr.14,1920,DieAnfngederrmischenRepublik, S. 496 ff.

    4) Daher wird auf denMnzendes Augustus und Agrippa aus der Zeit desDoppelprinzipats bei Agrippa oft der Offizier durch die kombinierte Mauer-und Schiffskrone, die ertrgt,hervorgehoben, vgl.Mattingly, Coins I S. 23,no. 110 u. 111 Taf. 4, 6 (ohneCorona dagegenebda.no.112114 Taf. 4, 7)

    S. 25 no. 121 Taf. 4, 12 und Max Bernhart, Handbuch derMnzkunde derKrnernann, Doppelpriuzipat , 2

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    18 Doppelprinzipat u. Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    Jahren 28 und 27, in consulatu sexto et septimo (Mon. An c. c. 34),

    schonOctavians Genosse im damals hchsten A m t des Staates gewesen. Er hat dann den im spanischen K r i e g abwesenden A u

    gustus im Jahre 25 bei der Verans tal tun g der Hochze it des M ar

    cellus und der I u l i a in Rom vertreten und ist darauf selber nachvorbergehender Entfremdung gegenber Augustus Gatte der

    I u l i a geworden, d amit Schwiegersohn des obersten Machthabers.

    Seine Stellung wurde dann dadurch stark gehoben, da schon i mJahre 20 aus der Ehe ein Knabe entspro, der erste Enkel des

    Augustus, Gaius Caesar, dessen Geburtstag durch Senatsbeschlujhrlich gefeiert werden sollte. 1) I m Jahre 17 folgte dann die Ge

    b u r t eines zweiten Sohnes (Lucius Caesar). Erst gelegentlich der

    Geburt dieses zweiten Sohnes erzhlt unsere Hauptquelle 2 ), da

    Augustus diesen Kn aben zusammen m i t seinem lteren Bruder

    sofort adoptiert 3 ), und beide, ohne ihr Mannesalter abzuwarten,zu seinen Nachfolgern erklrt habe, IV . Der

    Schriftsteller der Severerzeit geht natrlich mit dieser Behauptung

    zu weit; staatsrechtlich war das ja unmglich. Aber de facto hat

    er Recht, und hchst bemerkenswert bleibt es doch, da Augustus

    erst nach der Gebu rt des zweiten Enkels die Ad op ti on vollzogen

    hat u nd zwar g l e i c h z e i t i g der be id en K n a b e n . Man beachte,

    da im Jahre zuvor der bergang zum Doppelprinzipat erfolgt

    rm. Kaiserzeit I I S. 13, Taf. 34, 6; auch auf den Augustusmnzen, aufderen Rs. Augustus und Agrippa,beide togati und mit einer Rolle in derHandnebeneinanderstehend, dargestelltsind,MattinglyS.21no. 103 Taf. 4,1S. 22 no. 107, Taf. 4, 4. Hierhergehrt auch ebda.S. 25 no. 122 u. 123 miteiner Reiterstatue des Agrippa auf der Rs.

    1)CassiusDio 54,8; berdie BedeutungdiesesSenatsbeschlussesMommsen Staatsr. I I 2 3 S. 812. ffentliche Geburtstagsfeiern hatten bis dahinnur der Diktator Caesar und Augustus selber gehabt.

    2)Cassius Dio 54,18; vg l. Suet. Aug. 64.3) Zur Erinnerung an die Adoptiongeprgte Mnzenvom J .13 (Rs.Kpfe

    der beiden Caesares, dazwischen Kopf der Iulia) bei Cohen I 2 S. 186 Nr. 1und 2, und bei Mattingly, Coins I p. CVI I und S. 21, no. 106, Taf. 4, 3;S. 22, no.108,109, Taf. 4, 5; . A.Stckelberg, Die Bildnisse der rm.Kaiser,Zrich1916, Taf. 6hltdie Iulia in derMitte nicht fr die Mutter,sondern fr die Schwester der beiden Caesaren. Ulrich Kahrstedt Klio X ,1910, S. 293f. bezeichnet sie richtig als Geschichtsmnzen", allerdingsseiner Ansicht nach geprgt zur Feier der Proklamation der Prinzen zuprineipesiuventutis,vgl.dagegenFriedrich Sandels, Die Stellung der kaiserlichen Frauen aus dem iulisch-claudischen Hause, Gieen. Diss. von 1912,S. 52 mit Anm. 4.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v. Chr. bis 37 n. Chr. 19

    war. Damit, da nun Augustus die Adoption zweier Enkel zu

    g l e i c h voll zog, gab er zu erkennen, da er die vo n ih m j e t z t ge

    whlte Form des Prinzipates auch in der nchsten Generation er

    halten sehen wol lt e, d. h . da er den Pr in zi pa t ni ch t nu r fr die

    Gegenwart, sondern fr immer doppelkpfig machen wollte.Dafr spricht auch die ganze fernere Geschichte der Behandlungder beiden Knaben durch den Grovater-Vater. Er hat sich diebeiden von den E l t e r n frmlich abtreten lassen 1) un d hufte vom

    Tag der Adoption alle nurmglichen Ehren auf sie, zeitlich aller

    dings etwas spter auf den drei Jahre jngeren Lucius. Obwohl

    noch Knaben, begannen die beiden Prinzenschonbe i Leb zei ten des

    Agrippa hervorzutreten. Gaius durfte schon im Jahre 13 amTroiaspiel teilnehmen, und Tiberius lie ihn im selben Jahre bei

    den zu Ehren seiner Rckkehr gefeierten Spielen neben sich sitzen,

    und das Volk begrte den jungen Prinzen durch Aufstehen,

    Hndeklatschen un d He il ru fe n, was Augustus allerdings mi

    billigte. 2 ) Aber im nchsten Jahre veranstaltete er selbst schoni m Namen der beiden Knaben am Minervafest Gladiatoren

    kmpfe 8), u nd of t empfahl er sie dem Vo lke 4 ) , aber niemals ohneden Zusatz si merebuntur6), wodurch k l a r herausgestellt wurde, da

    nach Ansicht des ersten Prinzeps die Fhrung des Staates nicht

    einfach durch Geburt oder durch Adoption erworben werde, son

    dern v e r d i e n t sein wolle, eine Auffassung, die spter zur Kreie

    rung des jeweiligen Optimus gefhrt hat . 6 ) D a schlug der Tod des

    1)ber die Anwendung der altrmischen Form des Kaufes per aes eilibram bei dieser Gelegenheit vgl.Suet. Aug. 64, dazu Gardthausen I S. 1117.NachDessau ( I S. 456) geschahdie Abtretung einem mit den Eltern schonvor der Ehe getroffenen Abkommen gem.Um soaufflligerist das Wartenmit der Adoption bis zur Geburt des zweiten Enkels.

    2)Cassius Dio 54, 27; Groag a. a. O. S. 44. 3) Cassius Dio 54, 28, 3.4) Der technische Ausdruck commendavit t r i t t hier zum erstenmal auf.'5) Suet. Aug. 56.

    6) Die Nachwirkung dieser Bedingung si merebunturzieht sich durch dieganze Geschichte des Prinzipates, der durch dieseCharakteristik als Herrschaft des oderder Besten seinebesondereNote i n der Geschichteder Monarchie bekommen hat. Man lese nur Tac. Hist . 115 und 16 (dazu ErnstHohl Kl io X I S. 293 und Rhein. Mus. 68 S. 461 ff .) oder Plinius Pane-gyricus 6, 3 (olim tu quidem adoptari merebarc) 7,4; 7, 6; CassiusDio 68, 4,12; Hist . Aug. vita Hadriani4, 9, vitaMarci 28, 6: si..dignusfuer, vitaPertinacis 6, 9 beim Angebot des Augustatitels an die Gattinund derCaesarwrde an den Sohn seitens des Senates: sed Pertinax nec uxoris Augustae

    2*

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    20 Doppelprinzipat u. Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    Agrippa im gleichen Jahre 12 eine starke Bresche i n das Systemdes Doppelprinzipates. Zwar wurde die Hand der I u l i a schon i m

    Jahre 11 an Tiberius vergeben 1), aber mit seiner Erhebung in dieStellung des Agrippa zgerte Augustus bis zum Jahre 6 v. Chr.,

    i n welchem dann endlich die Verleihung der t r i b u n i c i a potestas auffnf Jahre an den hochverd ienten Stie f- und Schwiegersohn er

    folgte. Tiberius nahm an, ging aber, anstatt die ihm zugedachteMission in dem Orient durchzufhren, noch im gleichen Jahr in

    die Selbstverbannung nach Rhodos, so da wohl der Doppel

    prinzipat neu aufgerichtet war, du rc h das Ve rhal te n des neuen

    Mitregenten aber nicht effektiv wurde. 2 ) Um so eifriger betrieb

    je tzt Augustus die Pflege der Doppelnachfolge. 3) Bereits i m Jahre8 v. Chr. war Gaius an den Rhein mitgenommen und der dortigen

    Armee vorgestellt worden. Die erste Beteiligung an militrischen

    bungen hatte dem Prinzeps Gelegenheit gegeben, Geldgeschenke

    i n seinem Namen an die Soldaten zu verteilen. 4 ) Noch im Knaben

    k le id erhielten beide den E h r e n t i t e l princeps iuventutis, wodurch

    sie zu Fhrern der r i t t e r l i chen Jungmannschaft erhoben wurden 6 ) ,

    uerlich in ihrer neuen Wrde ke nn tl ic h gemacht durch silberne

    Schilde und Speere, mit denen sie von der rmischen Ritterschaft

    appellationem recepit etdefilio dixit: cummeruerit", vgl.CassiusDio 78,7,Mommsen Staatsr. I I 28 1140, 6. Da die sptere Rhetorenschule, fuendauf der stoisch-kynischen Diatribe (vgl. Michael Rostovtzeff, Social andeconomic hist. S. 519,14), dieses Motiv immer wieder abgewandelt hat,zeigen viele Stellen des letzten Redaktors der Historia Augusta, die mir

    Andreas Alfldi mit den vorher gegebenenHinweisen zusammengestellthat, wie vita Aeli 2, 2, vita Avid .Cass.2, 8, vita Pesc.Nigri 4, 3, vitaClaudi 12, 3, vita Flor. 1,1, dazu Philostr. v. Apol l. V, 36.

    1) Groag S. 43.2)ber die Motive fr diesesVerhalten des Tiberius vgl. Groag S. 46 ff.

    Die Jahre der tribuhizischen Gewalt sind trotz der Selbstverbannung gezhlt worden; wir besitzen Inschriften aus trib .pot. V = 2 n. Chr. CILI X 24, 43 = Dessau 147 (aus Saepinum) und Rev. Arch. N. S. 24 S. 36 (ausSamos), dazu Hermann Dieckmann Klio XV, 1918, S. 353.

    3)berdieunermdlicheSorgedes Augustus umseineNachfolge handeltam besten Groag S.61ff.

    4) CassiusDio 55, 6, 4; Dessau I S. 463; Gardthausen RE X Sp. 424.5) Tac. Ann. I 3; Gardthausen I S. 1120, I I S. 732,18, auch RE X Sp. 425,

    wo beide Male mit Recht gegen Mommsens Ansicht polemisiert wird, daGaius seit dem Konsulat diesen Ehrenbeinamen abgelegt habe; falsch auch .Mommsens Staatr.I I 2 3 S. 827, da diese Wrde allen Deszendenten des

    Kaiserhauses, die dasMnnergewandtragenundnicht in der Kurie sitzen",zugekommen sei. Sie ist vielmehrausschlielichVorrecht der beidenCaesares.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v.Chr.bis 37 n.Chr. 21

    beschenkt worden waren. 1 ) I n diesem T i t e l war schon eine Art von

    Kronprinzenstellung fr beide enthalten. Nachdem i h r Stiefvate r

    Tiberius da nn, wie w i r sahen, i m Jahre6z u mMitregenten erhoben

    war, standen wieder h in t er den beiden prineipesc iv ium die beiden

    prineipes iuventutis als die prsumtiven Nachfolger. Sobald wieirgend mglich, zog n u n Augustus die beiden K na b en auch i m

    ffentlichen Dienst he ra n, so schon den dreizelmjhrigen Gaius

    i m Jahre7 v. Chr. zurLe i tung der l u d ! v o t i v i zusammen mit dem

    zweiten K o n s u l des Jahres. 2) Das Volk berreichte ihm dafr eine

    Geldspende fr gemeinntzige Zwecke. 3) Das ermunterte im Jahre

    6v. Chr. den elfjhrigen Lu ci us , fr seinen Brud er das Kons u lat

    vom Volke zu erbitten, obw ohl auch dieser noch das Kn ab en kl ei dtrug. 4 ) So sehr Augustus einen schnellen Aufstieg der Knaben

    wnschte 5), so t r a t er jetzt noch demAnsinnen derMasse entgegen

    unter der Begrndung, es drfe nur einer dieses Amt bekleiden,

    der sich selbst in ' der Z uc ht habe un d den Wnschen des Volkes

    Widerstand leisten knne e ) , worin sich wieder die F i k t i o n vom

    besten Brger, zu dem Gaius erst erzogen werden soll, verbirgt.

    E rbekam also das Konsulatnicht, wohlaber das Amt des pontifex,weiter die Erlaubnis, den Senat zu besuchen und bei den Spielen

    und Gastmhlern unter den Senatoren zu sitzen. Das entscheidende

    Jahr in seinem Leben war dann das Jahr 5 v. Chr., in welchem

    Gaius v on Aug ustu s i n der Wrde des Konsu ls m i t der toga v ir i l is

    bekleidet wurde und vom Senat das Privileg erhielt, sich schon

    nach fnf Ja hr en t u n das K on su la t bewerben z u drfen, d. h . m i t

    20 Jahre n Ko ns ul zu werden. 7) I n den Jahren52, da Luc ius nochdas Knabenkleidt r u g , Gaius aber schon consul designatus war,

    mochte es einen Augenblick scheinen, als ob der ltere Sohn allein

    alsNachfo lger in Aus sic ht genommen sei. Gelegent lich einer.Staats

    ratssitzung vom Jahre 4 v. Chr. nach dem Tode des Herodes, in

    der die Erbfolge in Judaca beraten wurde, sa Gaius auch allein

    unmittelbar neben dem regierenden Prinzeps. 8) Mnzen, auf denen

    1)Mon.Anc. c. 14 am Ende. 2) Cassius Dio 55, 8.3) CIL V I 899; Gardthausen I S. 1119. 4) Cassius Dio 55, 9.5) Tac. Ann.I 3. 6) Cassius Dio a. a. O.7)Mon.Anc. c. 14. Glckwnsche aus dem ganzen Reichtrafenaus Anla

    diesesEreignisses in Rom ein; vgl. die Inschrift aus Sardes, Am.Journal,of Archaeol. X V I I I , 1914, S. 323f.

    8) Josephus Ant. lud.X V I I 95, bell. I I 2, 4.

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    22 Doppelprinzipat u. Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    Gaius al le in erscheint, gehren zumeist in diese Zeit, wenn sie

    nicht nach dem Tode des Lucius (2n . Chr.) geprgt sind. Aber die

    Inschriften auch der Jahre 52 v . Chr . beweisen, da Lu ci us

    immer zweiter princeps iuventutis gewesen i s t 1 ) , u nd schon i m

    Jahre 2 v. Chr., als auch Lucius die toga v i r i l i s i n derselben feierlichenWeiseanlegte sowiealle Eh re n un dRechte des Gaius erhielt,zeigte es sich k l a r und deutlich, da tatschlich beide zu Nachfolgern ausersehen waren. 2) Ehrende Monumente fr beide Prinzenwurden i n Rom 3 ) und im Reiche 4) errichtet, Mnzen zeigen die

    Bildnisse der beiden Prinzen neben dem regierenden Prinzeps ,

    keine so hufig wie diejenigen, welche auf der Rckseite den Gaius

    un d Lucius mit den von der Ritterschaft verliehenen silbernen

    Schilden und Speeren vor Augen fhren. 5) Fr die Einweihung des

    Mars Ultor-Tempels im Jahre 2 v. Chr. hat Augustus das Amt der

    duoviri aedi dedicandae wieder aufleben lassen, u m beide Shne i ngleicher Weise an dieser hohen Ehre teilnehmen zu lassen. 6) Es istalso vollkommen fraglos, da Augustus b e i d e als Nachfo lger sich

    gedacht hat , wie er es auch i n einem vertrautenB r i e f an Gaius anseinem 64. Geburtstag(23.Sept* 1 n . Chr. ) offen ausgesprochen hat . 7 )Der B r i e f schliet mit den Worten: deos autem oro, ut mihi quan-

    tumcumque superest temporis, id salvis nobis traducere liceat in

    statu reipublicae felicissimo,

    Stationen tneam. I ch bete zu den Gttern, da sie mich den

    Rest meines Lebens bei voller Gesundheit von uns allen und in

    blhendem Woh ls tand des Staates verleben lassen i n d er H o f f -

    1) Vgl. die gyptische Inschrift vom Jahre 4 (Comptes rendus de Tacad.des inscr. etbelleslettres 1905 S. 508), die fr Augustus,Livia, Iuliaund diebeiden Enkelshnegesetztist und den Treueid der Paphlagonier vom Jahre3 v. Chr. (Dittenberger Or. gr. I I 582 undDessauI I 2 8781, wo geschworenwird (Z. 9ff.): .

    2) Allerdings wurde LuciusnurAugur,whrendder Bruder Pontifex war.3)ber das prchtige Denkmal der beiden auf dem rmischen Forum

    E. de Ruggiero, I I foro Romano Rom 1911 c. X I I S. 476 ff .: Monumentf deifigli di Augusto.

    4) Dittenberger Syll. I I 3 778 (Hypata): fr Augustus und die beidenEnkelshne,779 (Delphi) fr Iuliaund ihreShne,dazu dieinAnm.1 zitiertegyptische Inschrift vom Jahre 4. Weiteres bei Gardthausen I S. 1148 f.

    5) Gardthausen RE X Sp. 425. Auswahl dieserMnzenbei H.Mattingly,Coins I S. 88f. no. 513ff., Taf. 13, 7ff. und Taf. 14,14, Bernhart, Handbuch I I S. 2 Taf. 4, 3 und S. 29 Taf. 79, 6.

    6) Mommsen Staatsr. I I l 8 S. 621,1 und S. 624. 7) Gellius XV, 7, 3.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v.Chr.bis 37 n. Chr. 23

    n u n g , d a I h r a l s t r e f f l i c h e M n n e r N a c h f o l g e r f r

    m e i n e n P o s t e n w e r d e n m g e t . " Zu weit geht Mommsen, wenn

    er annimmt 1 ), da Augustus seinen beiden ltesten fast gleich

    alten E nk e ln ein Samtp rinzi pat zugedacht ha t. Di e gleichzeitige

    Adoption beider u n d die Erheb ung beider zu principes iu ve nt ut islassen sich nicht anders verstehen, und das Familieninteresse hat

    das des Staates bei ihm stets gekreuzt und oft berwogen". Ganzabgesehen v on der vol lkommen en Ver kennung des Staatsmannes

    Augustus, die i n den letzten W o rte n l iegt , sind diese Stze, wie

    schon Groag gesehen h a t 2 ) , deshalb ni cht den Tatsachen entsprechend, w e i lAugustus ganz offenbar auch den kom menden D op pe l

    prinzipat der beiden Enkelshne sich als differenzierte Zweiherr

    schaft gedacht hat, so da der jngereder beidenBrderals Inha ber

    der sekundren Gewalt eine Stellung wie sein Vater Agrippa oder

    sein Stiefvater Tib erius bekom men htte. Dafr spr icht diehhere

    (pontifex) und frhere Ka rr ie re des lteren. I m Jah re 1 v . Chr.

    bekam dieser dazu den von seinem Stiefvater abgelehnten A u f t r a g

    zur Regelung der orientalischen Frage au f Gr un d eines auerordentlichen proconsularischen Imperiums und t r a t in Syrien

    am ersten Janu ar des Jahres 1 n . Chr. das Ko nsul at an. 3) I n der

    Dichtung w i r d er daher als der eigentliche zuknftige Prinzeps

    gefeiert 4), und auf den alexandrinischen Mnzen t r i t t , seitdem er

    als Vizekaiser fr den Orient ausersehen war, auch al le in sein B i l d

    auf. 5 ) Wie die Statuen des Augustus und Agrippa vor der E i n

    gangstr des Pantheons au f Wu ns ch des Augustus selber standen 6 ) als ueres Zeichen des seit 18 v.Chr. vorhandenen Doppel

    prinzipates, so sollte offenbar auch nach dem Tode des Schpfers

    1) Staatsr.I I 2 3 S. 1168, 2. 2) A. a. O. S. 42 mit Anm.5 und S. 62.3) Gardthausen RE X Sp.425f.4) Ovid ars amatoria 1194: nunc iuvenum princeps, deindefuture senum.

    Wenn Gaius im Kenotaphium Pisanum (CIL X I 1421 = Dessau 140) als

    iam designatus iustissimus ac simillumus parentis sui virtutibus princeps bezeichnet wird, so ist zu bemerken, da unterdessen schon Lucius aus demLebengeschiedenwar. Imbrigen beweist auch die Inschrift dieursprnglich geplante Doppelnachfolge, weil die Stadtgemeinde beschliet(Z. 34ff.) :utiquearcsceleberrimocohniae nostrae lococonstituaturornatus spoleis devic-tarumaut infidem receptarum ab eo gentium, super eumstatuapedestris ipsiustriumphali ornatu circaque eam duae equestres inauratae Gai et LuciCaesarum statuae ponantur.

    5) Jos. Vogt, Die alexandrinischen Mnzen I S. 18 f.

    6) Cassius Dio 53, 27; dazu O.Richter, Topographie von Rom * S. 232.

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    24 Doppelprinzipat u.Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    der neuen Staatsform die Dyarchie weiter bestehen, wobe i das

    gute Verhltnis der Brder zueinander die Voraussetzung war und

    gern betont wurde. 1 ) Als dann der Tod der beiden Caesaren i n

    den Jahren 2 und 4 n. Chr. die Plne des Augustus grausam zer

    strte, zeigen noch die Ehrungen beider, unter denen wieder dieBeisetzung i m Mausoleum des Reichsgrnders die hchste i s t 2 ) ,

    wohin Augustus gestrebt hatte. Es istalsoalsfeststehende Tatsache

    zu betrachten, da Augustus den Prinzipat auch in der nchsten

    Generation doppelkpfig ha t machen wol len . Bereits Mommsen

    hat beobachtet, da die in dem Grundbegriff des Wortes p r i n -

    ceps liegendeAusschlielichkeitschon i m republikanischen Sprach

    gebrauch aufgegeben" war, und da ganz gewhnlich von p r i n

    eipes der Gemeinde oder einer Krperschaft gesprochen w i r d " . 3 )

    Aus allemdiesemergibt sich bereits, da unsere seitherige Annahme

    einer reinen Einherrschaft beim Prinzipataufgegebenwerden mu.

    Auch die weitere Entwick lung zeigt dies aufs deutlichste. Zui h r wenden w i r uns je tz t.

    D o p p e l p r i n z i p a t v o m J a h r e 4 n . C h r. ab (bi s 13 n . C h r . ) :

    A u g u s t u s

    Mitregent 1 T i b e r i u s A g r i p p a Caesar f i l i i

    G e r m a n i c u s D r u s u s nepotes.

    Der neue Doppelprinzipat ist am 26. J u n i 4 n. Chr. geschaffen

    worden. 4) Die entscheidenden Nachrichten ber das Ereignis haben

    Vellerns ( I I103 f. u. 112, 7) und Sueton (Tib. 15, 2, vgl . Hierony

    mus 2018). CassiusDio (55,13) gibt nur die Adoption des Tiberius,

    nicht diejenige des Ag ri pp a Postumus. Die anderen erwhnten

    Quellen haben aber das Richtige. Agrippa heit auch auf I n

    schriften 5 )Agrippa lulius Augusii /. divi n. Caesar. D a m i t w i r d die

    gleichzeitige Adopt ion des Tiberius und Agr ip pa erwiesen, wo durch

    der Stiefvater und sein um 30 Jahre jngerer Stiefsohn knstlichzuBrdern gemachtwurden. Das Neue der Regelung des Jahres 4

    1) Sen. ad Polyb. de consol.15, 4: fratrem carissimutnsibi2) Vgl. dazu E . Kornemann, Mausoleum und Tatenbericht S. 3, 6.3) Staatsr. I I 2 8 S. 827; dagegen S. 1186: Solange der Prinzipat noch,

    bleibt, was er heit, die Herrschaft eines Einzelnen."4) Der Tag ergibt sich aus CIL I 2 p. 320.5) CIL X 405 = Dessau 1143.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18v.Chr. bis 37n.Chr. 25.

    liegt aberda r in , da, wieobenschonhervorgehoben wurde, Tiberi us

    nach vollzogener Adoption die t r i b u n i c i a potestas, diesmal auf

    zehn Jahre 1 ), wieder verliehen wurde und er dadurch im Gegensatz

    zu seinem Adoptivbruder gleichzeitig zum Mitregenten erhoben

    wurde: filius, collega imperii, consors tribuniciae potestatis adsu-mitur.2) Zugleich erhltTiberius wieder ein sekundres prokonsula

    risches Imperium, ve rm ut li ch ein einheitliches Oberkommando ber

    die gesamte Rheinarmee, und von jetzt ab erfolgen die imperato

    rischen Akklamationen fr Augustus und Tiberius immer gleich

    zeitig (Augustus X V I I X X I , Tiberius I I I V I I ) . 3 ) So wurde

    das erste Beispiel fr die Kombination von Mitregentschaft und

    Nachfolge geschaffen, das in der Folgezeit dauernd wirksam geblieben ist und dem Prinzipat die mangelnde Vererbung ersetzt

    hat.Die hohe Bedeutung des Ereignisses ist von der M i t w e l t soforterfat worden, wie dieBeglckwnschung des neuen Mannes durch

    die Gemeinde Aizanoi in Kleinasien erweist. 4) Das zweite Neue im

    Jahre 4 ward durch die Auflage an Tiberius gegeben, seinerseits

    neben seinem leiblichen Sohn Drusus (aus erster Ehe) den gegen

    ber Drusus etwas lteren Nef fen Germanicus, den Sohn seines

    in Germanien im Jahre 9 v. Chr. gefallenen Bruders Drusus,

    zu adoptieren. Auf diese Weise wurde der nun von neuem ein

    gerichtete Doppelprinzipat nicht nur fr die nchste, sondernsogar schon fr die bernchste Generation sichergestellt, und da

    Germanicus, der lteste der nepotes, i m Jahre 5 n . Chr. m i t Ag r ip -

    pina, der Tochter des Agrippa und der I u l i a , vermhlt wurde, kamin dieser Ehe eine weitere Generation zur Welt, die Urenkel des

    Reichsschpfers waren. 5) Niemals bis dahin hatte Augustus die

    Sicherung des Prinzipates aufsolange Sicht durchgefhrt wie dies-

    1) So richtig CassiusDio 55, 13; Suet. Tib. 15, 2 unrichtig: in quinquen-nium.

    2) Tac. Ann. I 3. An einer anderen Stelle ( I I I 50) gibt der Historikerfolgendes als Begrndung: sie cohiberi pravas aliorum spes rebatur; simulmodestiae Neronis et sitae magnitudini fidebat. Hierin kommt deutlich zumAusdruck, wie schwer dem Augustus dieser Schritt geworden ist.

    3) Mommsen Res gestae2 S. 16, Pick, Ztschr. f. Numism. X H I , 1885S. 27.

    4) Vgl. die inschriftlicherhaltene Antwort des Tiberius, die ich Klio IX,1909, S. 426ff. verffentlicht habe.

    5) Das Jahr der Vermhlung ist festgestellt von Mommsen, Die Familiedes Germanicus, Ges. Sehr. IV S. 272; imbrigenDessauI S. 86 und S. 475.

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    26 Doppelprinzipat u. Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    m a l : er hatte von nun an zwei Shne und zwei Enkel, ja, aus der

    Eh e Germanicus-Agrippina waren Urenkel zu erwarten. 1 ) I n das

    groartige System wurde eineBreschegelegt dadurch, da Agrippa

    Postumus bald als s i t t l i ch mi nder we rt ig sich herausstellte und i m

    Jahre 7 n . Chr . dem Schicksal seiner M u t t e r , der Verbannung,verfiel . 2 )

    A u g u s t u s T i b e r i u s , i n g e s t e i g e r t e r F o r m d e r M i t

    r e g e n t s c h a f t , 1314. G e r m a n i c u s D r u s u s , D o p p e l

    n a c h f o l g e w i e b i s h e r .

    Es ist ntig, das letzte Jahr der gemeinsamen Regierung desAugustus und Tiberiusbesonders zu betrachten. Denn es ist sicher,

    da Tiberius' Stellung im Jahre 13 noch eine Erhhung erfahren

    hat und nahe an die sptere Fo r m der Samtherrschaft herange

    bracht worden ist. Zwar berichten Tacitus 3 ) und Cassius D i o 4 ) zu

    diesem Jahr nur von der Erneuerung der t r i b u n i c i a potestas des

    Mitregenten, letzterer allerdings gleichzeitig von einer Neuord

    nung des Senatsausschusses, wobe i dem Tiberius eine bevorzugteStellung eingerumt w i r d , dagegen bei Vellerns 5) und Sue ton 6 )

    steht eine im ganzen gleichlautende Nachricht betreffend ein von

    Augustus selbst veranlatesKonsulargesetz, nach welchem die pro

    konsularische Gewalt des Tiberiusi mJahre13noch gesteigert worden

    is t . Die tiefeindringende Untersuchung von H erm an n Di ec km an n 7 )

    hat gezeigt, da die Schriftsteller der beiden Gruppen dasselbe E r

    eignis im Auge haben, welches i n den Frhsommer13 zu setzen ist.

    Vellerns fat den I n h a l t des Gesetzes in die Worte: cum . . .

    senatus populusque Romanus postulante patre eius, ut aequum ei ius

    1) Gardthausen I I S. 706, 3. 2) Gardthausen I S. 1250ff.3) Ann. I 10. 4) 56, 28.5) I I . 121,1, 6) Tib. 21 ,1 .7 ) K l i o X V 1918, S. 847ff. Die von Dio berichteten Ereignisse fallen

    zwischen den 1. Januar und 23. September; hierher aber gehrt auch dielex per consules latades Sueton, der chronologisch genauer ist als Vellerns.Der bei Sueton noch erwhnte dritte Zensus des Augustus, den auch dasMon,Anc. c. 8 als von Augustus und Tiberius zusammen vollzogen berichtetwird, ist im Mai des Jahres 14 mit dem Lustrum beendet worden. AuchdiesesEreignispat zu dem Ansatz derErhhung des Tiberius ins Jahr 13,wie schonMommsen (Staatsr. I I 2S S. 1161) gesehen hatte,whrend Pick(Ztschr. fr Numismatik 33, 1885, S. 218, 4) und nach ihm Schulz,WesenS. 63, eine falsche Chronologie bieten.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v. Chr. bis 37 n. Chr. 27

    in omnibus provinciis exercitibusque esset, quam erat ipsi, decreto com-

    plexus esset.

    Sueton dagegen sagt: acnon multo post lege per consules lata, ut

    provincias cum Augusto communiter administraret simulque censum

    ageret, condito lustro in Illyricum profectus est.Aus diesem Beschlu ergibt sich k la r , da die Erhhung in der

    Ausdehnung des imperium proconsulare auf das gesamte Reich,also auch auf alle kaiserlichen Provinzen, damit auf die gesamteStreitmacht (exercitibusque daher bei Vellerns) besteht ,whrendseit

    her, wie oben betont, den Mitregenten in derRegel nur bestimmteBettigungsgebiete auf Grund ihres sekundren imperium pro

    consulare berwiesen worden waren. Gleichzeitig wurde Tiberius

    i n der inneren Ve rw al tu ng (Zensus, Vor sit z i m Staatsrat) dem A u

    gustus gleichgestellt. B. Pick bemerkt hierzur i c h t i g 1 ) : Indem der

    Kaiser seinem Sohn jene Gewalt durch V o l k s b e s c h l u ber

    tragen lie, zeigte er selbst, wie sehr er die weitreichende Bedeutung

    der neuen E i n r i c h t u n g empfand; derVolksbeschlu legalisierte die

    Abweichimg v on dem frheren Prinzip und die Einfhrung der

    (vollen) Kollegialitt". Alles dies erklrt sich aus der unterdessen

    eingetretenenSenilittdes Prinzeps. K e i n Zwei fel aber, da n un der

    Zweite dem Ersten so nahe gerckt war, wie seither noch niemals,

    und da aller W e l t nu n deut li ch gemacht war, wer den Pr in zi pa t

    nach Augustus ' Ableben weiterfhren sollte.Tiberius, der schonbe ider ersten Regelung der Nachfolge (Marcellus) an der zweiten Stelle,

    1) A. a. O. S. 219; vgl. auch Mommsen Staatsr.I I2 3 S. 1159. I n Anm. 3sagt er: Da hier ein Volksbeschlu gefordert ward, rechtfertigtsich schon dadurch, da diese Festsetzung Augustus' eigenesImperiumbeschrnkte, was bei der gewhnlichenMitregentenstellung nicht der Fallwar". Dieckmann sucht dieser Auffassung entgegenzutreten und sie abzuschwchen.Es ist ihm zuzugeben, da Tiberius auchfernerhindem PrinzepsUntertan bleibt und da noch keine Samtherrschaft" eintritt ; denn Tiberius wurde noch nicht Augustus. Aber Dieckmannunterschtztdocheinwenig die Bedeutung dieses konsularischen Volksbeschlusses, whrendSchulz,WesenS. 64, hier Mommsen folgt, wenn er sagt: Vonjetzt an istTiberius im vollsten Wortsinn im gleichen Besitze der hchsten Gewaltwie Augustus. Dennoch hat er sich nicht nach demTodedes Vaters aufdiesebezogen und ohne weiteres die Nachfolge des Verstorbenen angetreten,sondern die Entscheidung beralles dem Senat berlassen, entsprechenddem offiziellen Programm von der Res publica restituta." Das Gesetzmi tder darin geschaffenen Stellung des Tiberius lt, nebenbei bemerkt, einenRckschlu auf die Stellung des Augustus selber zu, wie Joh. KromayerGtt. gel. Anzeigen 1919 S. 430 mit Recht betont.

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    28 Doppelprinzipat u. Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    wenn auch i n weiter En tf er nu ng vom E rs te n, erschienen w ar , ha tt e

    alle berdauert und war jetztschon bei Lebzeiten des Vaters zwar

    nicht auch schon Augustus geworden, aber im me rh in wa r er zu

    einer Hhe i n der Mitregentschaft emporgestiegen, die der Samt

    herrschaft des zweiten Jahrhunderts verzweifelt hnlich sah. 1)Unter den Nachfolgern w i r d Germanicus insofern besonders

    hervorgehoben, als er nach dem Ko ns ul at (12 n . Chr. ) von

    Augustus als Vorleser seiner Botschaften an den Senat benutzt

    wird . 2 )

    Wen n manabschlieendnun dasneue Staatssystem des Augustus

    unter dem Gesichtspunkt unseres Themas charakterisierenw i l l , somu man von dem bereits betonten Satze ausgehen, da er denPrinzipat von Anf an g an ni cht nu r fr sich geschaffen hat , sondern

    i m Dienste seines Geschlechts, i n welchem er die prineipes imm er

    wieder gesucht und gefunden ha t , nachdem i h m die leibli chen

    Shne versagt geblieben sind. Al s wahrer Staatsmann ha t er frh

    zeitig ber sein schwaches Erdendasein hinaus gedacht an die

    Zukunft des kompl iz ie rten Staatsneubaus, den er geschaffen hat .Groag 3 ) ha t m i t Recht auf jenesE d i k t bei Sueton Aug. 28, 2 h i n

    gewiesen, i n welchem die stolzen Wo rte vo rk am en : iia mihi salvam

    ac sospitem rem p. sistere in sua sede liceat atque eius rei fruetum

    pereipere, quem peto, ut optimi siaius auetor dicar et moriens ut feram

    mecum spem, mansura in vestigio suo fundamenta rei publi-

    cae quae iecero. Derselbe Forscher hat i mAnschluandiese hoch

    wichtige Stelle m i t Rec ht b etont , da Augustus ' grte Sorge dieu m d i e N a c h f o l g e gewesen sei", w e i l es fr das komplizierte

    schemrepublikanische System des Prinz ipats, an dessen E r h a l t u n g

    die Ruhe un d Wo hlf ahr t, mehr noch der B e s t a n d des Reiches

    hing , keine furchbarere Belastungsprobe gab als den Augenblick,

    da Augustus die Augen schlo". D a m i t der Pr in zi pa t ni ch t aus

    starb, muten daher immer neueprineipes schon zu Lebzeiten des

    ersten herangebildet werden, Gehilfen im Amt und Jugendprin-eipes daneben, bis dann nach dem Tod der geliebten Enkelshne

    1) So schonB. Pick, ebda. S. 219.2) Cassius Dio 56, 26, Mommsen Staatsr. I I 3 S. 569. Auchinder Koischen

    Inschrift bei Herzog HZ 125, 1921, S. 217, 5 (vom Ende der aug. Regierung) wird Germanicus allein neben Augustus und Tiberius genannt.

    3) A. a. O. S. 62.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 . Chr. bis 37 . Chr. 29

    Tiberius collega und successor gleichzeit ig wa rd, zuletzt i n einer

    der Stellung des Ersten" stark genherten Form. So ward der

    Prinzipat zeitweise immer wieder zur Dyarchie, wenn auch zu

    nchst, solange Augustus selber arbeitsfhig war, m i t Erh alt ung

    des vollen ungeteilten Imperium in den Hnden des regierendenPrinzeps u n d infolgedessen m i t starker Abstandswahrung des

    Zweiten vom Ersten, behielt also damit ein aristokratisches Ele

    ment in sich, whrend die gleichzeitige fortwhrende Bemhung

    um die Nachfolge die Monarchie ganz von selbst herauffhren

    mute, zumal die Bemhung u m die Nachfolge i m eigenen Ge

    schlecht, die doch nur auf den Sohn wartete, der, wie schon derschlielich allein noch brig gebliebene Enkelsohn Gaius Caesar,dann von der Masse als iam designatus iustissimus ac simlumus

    parentis sui virtutibus princeps gefeiert wur de . 1 )

    Interessant ist, da von allen Nebenfiguren, die so um den

    Prinzeps entstanden, nur die zu Nachfolgern in Aussicht genom

    menen Persnlichkeiten einen eigenen T i t e l e rhi elt en: ich meine

    die Benennung princeps iuventutis, die seit der Adopt ion des Gaiusund Lucius Caesar die den Kronprinzen" charakterisierende of*

    fizielle T i t u l a t u r gewesen ist . 2 ) Auch dieser T i t e l hatte den groen

    Vorzug, da er schon in der Republik gebraucht worden war 3 ), soda nur die Verengerung der Anwendung ausschlielich auf die

    praesumtiven Nachfolger i m Pr in zi pa t das eigentlich Neue is t. 4 )

    Entgegen den Aufstellungen Mommsens 5) is t daran festzuhalten,

    1) So im Kenotaphium CIL X I 1421 = Dessau I Nr. 140, Z. 13.2) Tac. Ann. I 3 sprichtdies deutlich aus.3) Cic. pro Sulla 12, 34 von L. Torquatus:cum princeps, cum auetor, cum

    signifer esset iuventutis, in Verr. act. I I , I 53, 139: tantus in adolescenteclarissimo (gemeint ist L. Domitius) ac principe iuventutis pudor fuit, adfam. I I I 11, 8 von Pompeius und Brutus: laetor virtute et officio alterius(Pompei) omnium saeculorum et gentium prineipis, alterius (Bruti) iam

    pridemiuventutis, celeritcr, ut spero, civitatis;man vergleiche hiermitdieobenzitierte Stelle aus Ovid ars amat. I 194 von Gaius Caesar: nunc iuvenum

    princeps, deinde future senum, um das Fortbestehen der seitherigen Denk-und Ausdrucksform ganz auf sich wirken zu lassen. Weiteres Material beiMommsen Staatsr. I I 2 3 S. 827, 5.

    4) Es ist oben schon Einspruch erhoben worden gegen die falsche Behauptung Mommsens (Staatsr. I I 2 3 S. 827, bernommenvon DessauInscr.sel.I p. 29 Anm. 6), da dieser Jugendprinzipat von Hause aus allen Deszendenten des Kaisers zugekommen sei. Ja, dieAusschlielichkeitgeht soweit,da nicht einmal alleKronprinzen"den Titeltragen; s. dazu u. S. 30.

    5) Staatsr. I I 2 3 S.827f.

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    30 Doppelprinzipat u . Doppelnachfolge in den Zeiten der Mitregentschaft

    da der T i t e l auch nach dem bergang der Inh aber i n den Senat

    und nach Erlangung des Konsulats beibehalten wurde 1 ), da bei

    Gaius Caesar vie lle ich t erst die Erwerbung des Imperatortitels i m

    Jahre 3 n. Chr. den Ju gen dpr inz ipa t verdrngt h a t . 2 ) Die Sitte,

    die fr den Prinzipat i n Aussich t genommenen jungen Mnner alsprincipes iuventutis zu bezeichnen, scheint unte r Augustus au f die

    Enkelshne Gaius u n d Lucius Caesar, fr die der T i t e l zum ersten

    mal angewendet wurde, und auf Germanicus und Drusus be

    schrnkt geblieben zu sein. 3) Bei Agrippa Postumus ist er bis

    heute noch ni ch t nachgewiesen. Dieser heit seit der Adop t ion

    immer nur Agrippa (Iulius) C a e s a r 4 ), eine Bezeichnungsweise,

    die Tiberius bei allen denjenigen, die fr die Nachfolge einmal in

    Betracht gezogen worden sind, angewendet hat. Erst Gaius hat

    dann au f das Sys tem des Augustus zurckgegriffen, wie sich aus

    Sueton Gaius 15, 2 ergibt: fratrem Tiberium die virilis togae adop-

    tavit appellavitque prineipem iuventutis.5) Ebenso sind Claudius 8 )

    und d ie Flavier 7 ) verfahren. Erst Hadr ian hat der Bezeichnung

    Caesar einen tieferen I n h a l t gegeben.8) Wenn daneben dann in

    der Folgezeit noch princeps iuventutis gebraucht w i r d , geschieht

    das meh r i n dekorat iver Weise. Fr Augustus aber g i l t das Wort

    1) CIL I X 3343 = Dessau I 134: C. Caesar consul und princeps iuventutis. Dementsprechend ist der princeps iuventutis-Titel stets auch nachBekleidungdes Konsulats gefhrt worden beiDomitianmu dies Mommsen selbst anerkennen und eine Ausnahme von seiner Theoriekonstatierenund seit der Wende des 2. und 8.Jahrhunderts fhren sogar jngere

    Augusti Pseudo-Augusti den Titel princeps iuventutis noch, zuletzt(seit Caracalla) sogar Voll-Augusti. Das Material bei Lothar G. Koch, Deprincipe iuventutis S. 3547.

    2) Bei Dessau I 107, 7 (nach dem Tode gesetzt) heit Gaius consul undimperator, aber nicht mehr princeps iuventutis; dazu pat es, wenn inder Inschrift des Pisaner Kenotaphs (Dessau 1140) vom designatusprincepsGaius (natrlich noch nicht offiziell) gesprochen wird, nicht mehr vomprinceps iuventutis.

    3) Fr Drusus knnen wir den Titel princeps iuventutis noch aus der

    Erwhnung des silbernen Schildes im SC zu Ehren des verstorbenen Prinzen(CIL V I 31200) erschlieen, Lothar G.Koch, a.a.O. S. 37, GardthausenRE X 1 S. 432. Wenn aber Drusus princeps iuventutis gewesenist, dannwar es auch Germanicus; Ovid ex Ponto I I 5, 41te iuvenum princeps undTac. Ann. I I 83: equester ordo cuneum Germanici appellamt qui iuniorumdicebatur, dazu Lothar G. Koch S. 22.

    4) CIL X 405 = Dessau I 143. 5) Vgl. auch Cass. Dio 59, 8, 1.6) Tac. Ann. X I I 41 , CIL V I 921 = Dessau I 222, 4.7) Vgl. darber das Kapitel von den Flaviern. 8) S. unten S. 72.

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    Die augusteisch-tiberische Zeit 18 v.Chr*bis 37 n. Chr. 31

    Mommsens 1) Der Prinzipat ke nnt die Des ignation des Nachfolgers

    n i c h t " ; es ist aber ebenso r i c h t i g , wenn vom princeps iuventutis

    gesagt w i r d , in welcher Ehrenbezeichnung im allgemeinen aller

    dings die Anw art sch aft auf den Th ro n la g. " 2 ) Die ebenangezogene

    inoffizielle Benennung des Gaius in der Pisaner I n s c h r i f t als princeps designatus ko mm t auch weiterhin vor, vgl. die Verse auf Cal i -

    gula Suet. Gaius 8 , 1 :

    I n castris natus,patriis nutritus in armis,Iam designati principis omen erat.

    Und ni ch ts anderes bedeutet es, we nn Vellerns I I 93, 2 den Mar

    cellus successor potentiae eins (d. i .Augu sti) nennt, oder es von Ti

    berius (Suet. T i b . 25,3) m i t B e z u g aufGerma nicus heit: simulavitet valitudinenty quo aequiore animo Germanicus celerem successionem

    vel certe societatem principatus opperiretur.

    Was den Mitregenten dagegen b e t r i f f t , so mangelt ihm im Gegen

    satz zu dem oder den i n Aussicht genommenen Nachfolgern jede

    Amtsbezeichnung. Mommsen hat a lle vorkommenden Benennungen

    schon zusammengestellt und hlt consors tribuniciae potestatis

    vielleicht noch am meis ten fr technisch.