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24 pe integriertes Rückschlagventil unterbindet das Rückströmen von Kraſtstoff durch die Pumpe zurück zum Kraſtstoehälter und erhält so den Systemdruck abhängig vom Abkühlverlauf des Kraſtstoffsystems und von internen Leckagen auch nach Abschalten der Elektrokraſtstoffpumpe noch einige Zeit auf- recht. So wird die Bildung von Damplasen im Kraſtstoffsystem bei erhöhten Kraſtstoff- temperaturen auch nach Abstellen des Mo- tors verhindert. Es existieren unterschiedliche Arten von Kraſtstoffversorgungssystemen. Prinzipiell unterscheidet man vollfördernde und be- darfsgeregelte Systeme. Bei den vollfördern- den Systemen wird zwischen Systemen mit Rücklauf vom Motor und rücklauffreien Sys- temen unterschieden. System mit Rücklauf Der Kraſtstoff wird von der Kraſtstoffpumpe (Bild 1, Pos. 2) aus dem Kraſtstoehälter (1) angesaugt und durch den Kraſtstofffilter (3) und die Druckleitung (4) zum am Motor montierten Kraſtstoffverteiler (5) gefördert. Über den Kraſtstoffverteiler werden die Ein- spritzventile (7) mit Kraſtstoff versorgt. Ein am Rail angebrachter mechanischer Druck- regler (6) hält durch seine direkte Referenz zum Saugrohr den Differenzdruck zwischen Einspritzventilen und Saugrohr konstant – unabhängig vom absoluten Saugrohrdruck, d. h. von der Motorlast. Der vom Motor nicht benötigte Kraſtstoff strömt durch das Rail über eine am Druck- regler angeschlossene Rücklaufleitung (8) zurück in den Kraſtstoehälter. Der über- schüssige, im Motorraum erwärmte Kraſt- stoff führt zu einem Anstieg der Kraſtstoff- temperatur im Tank. Abhängig von dieser Temperatur entstehen Kraſtstoffdämpfe. Diese werden umweltschonend über ein Tankentlüſtungssystem in einem Aktivkoh- lefilter zwischengespeichert und über das Überblick Aufgabe des Kraſtstoffversorgungssystems ist es, den Kraſtstoff vom Tank in definierter Menge mit einem spezifizierten Druck zum Verbrennungsmotor im Motorraum zu för- dern. Die jeweilige Schnittstelle bildet beim Motor mit Saugrohreinspritzung (SRE) der Kraſtstoffverteiler mit den Saugrohr-Ein- spritzventilen und beim Motor mit Benzin- Direkteinspritzung (BDE) die Hochdruck- pumpe. Der grundsätzliche Auau der Kraſtstoff- versorgungssysteme ist für beide Einspritz- arten ähnlich: der Kraſtstoff wird aus dem Tank (dem Kraſtstoffspeicher) mittels einer Elektrokraſtstoffpumpe durch Kraſtstofflei- tungen aus Stahl oder Kunststoff zum Motor gefördert. Unterschiedliche Anforderungen führen aber zum Teil zu abweichenden Sys- temauslegungen und einer Vielfalt an Vari- anten. Bei der Saugrohreinspritzung fördert eine Elektrokraſtstoffpumpe den Kraſtstoff aus dem Tank über die Leitungen und den Kraſt- stoffverteiler (auch Kraſtstoff-Rail genannt) direkt zu den Einspritzventilen. Bei der Ben- zin-Direkteinspritzung wird der Kraſtstoff ebenfalls mit einer Elektrokraſtstoffpumpe aus dem Tank gefördert, anschließend wird er jedoch durch eine Hochdruckpumpe zu- nächst auf einen höheren Druck verdichtet und danach den Hochdruck-Einspritzventi- len zugeführt. Kraftstoffförderung bei Saugrohr- einspritzung Eine Elektrokraſtstoffpumpe (EKP) fördert den Kraſtstoff und erzeugt den Einspritz- druck, der bei der Saugrohreinspritzung ty- pischerweise etwa 0,3...0,4 MPa (3...4 bar) beträgt. Der aufgebaute Kraſtstoffdruck ver- hindert weitgehend die Bildung von Dampf- blasen im Kraſtstoffsystem. Ein in die Pum- Kraftstoffversorgung © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 K. Reif (Hrsg.), Ottomotor-Management im Überblick, Bosch Fachinformation Automobil, DOI 10.1007/978-3-658-09524-6_2

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pe integriertes Rückschlagventil unterbindet

das Rückströmen von Kra�sto� durch die

Pumpe zurück zum Kra�sto"ehälter und

erhält so den Systemdruck abhängig vom

Abkühlverlauf des Kra�sto�systems und von

internen Leckagen auch nach Abschalten der

Elektrokra�sto�pumpe noch einige Zeit auf-

recht. So wird die Bildung von Damp�lasen

im Kra�sto�system bei erhöhten Kra�sto�-

temperaturen auch nach Abstellen des Mo-

tors verhindert.

Es existieren unterschiedliche Arten von

Kra�sto�versorgungssystemen. Prinzipiell

unterscheidet man vollfördernde und be-

darfsgeregelte Systeme. Bei den vollfördern-

den Systemen wird zwischen Systemen mit

Rücklauf vom Motor und rücklau�reien Sys-

temen unterschieden.

System mit Rücklauf

Der Kra�sto� wird von der Kra�sto�pumpe

(Bild 1, Pos. 2) aus dem Kra�sto"ehälter

(1) angesaugt und durch den Kra�sto��lter

(3) und die Druckleitung (4) zum am Motor

montierten Kra�sto�verteiler (5) gefördert.

Über den Kra�sto�verteiler werden die Ein-

spritzventile (7) mit Kra�sto� versorgt. Ein

am Rail angebrachter mechanischer Druck-

regler (6) hält durch seine direkte Referenz

zum Saugrohr den Di�erenzdruck zwischen

Einspritzventilen und Saugrohr konstant –

unabhängig vom absoluten Saugrohrdruck,

d. h. von der Motorlast.

Der vom Motor nicht benötigte Kra�sto�

strömt durch das Rail über eine am Druck-

regler angeschlossene Rücklau�eitung (8)

zurück in den Kra�sto"ehälter. Der über-

schüssige, im Motorraum erwärmte Kra�-

sto� führt zu einem Anstieg der Kra�sto�-

temperatur im Tank. Abhängig von dieser

Temperatur entstehen Kra�sto�dämpfe.

Diese werden umweltschonend über ein

Tankentlü�ungssystem in einem Aktivkoh-

le�lter zwischengespeichert und über das

Überblick

Aufgabe des Kra�sto�versorgungssystems

ist es, den Kra�sto� vom Tank in de�nierter

Menge mit einem spezi�zierten Druck zum

Verbrennungsmotor im Motorraum zu för-

dern. Die jeweilige Schnittstelle bildet beim

Motor mit Saugrohreinspritzung (SRE) der

Kra�sto�verteiler mit den Saugrohr-Ein-

spritzventilen und beim Motor mit Benzin-

Direkteinspritzung (BDE) die Hochdruck-

pumpe.

Der grundsätzliche Au�au der Kra�sto�-

versorgungssysteme ist für beide Einspritz-

arten ähnlich: der Kra�sto� wird aus dem

Tank (dem Kra�sto�speicher) mittels einer

Elektrokra�sto�pumpe durch Kra�sto0ei-

tungen aus Stahl oder Kunststo� zum Motor

gefördert. Unterschiedliche Anforderungen

führen aber zum Teil zu abweichenden Sys-

temauslegungen und einer Vielfalt an Vari-

anten.

Bei der Saugrohreinspritzung fördert eine

Elektrokra�sto�pumpe den Kra�sto� aus

dem Tank über die Leitungen und den Kra�-

sto�verteiler (auch Kra�sto�-Rail genannt)

direkt zu den Einspritzventilen. Bei der Ben-

zin-Direkteinspritzung wird der Kra�sto�

ebenfalls mit einer Elektrokra�sto�pumpe

aus dem Tank gefördert, anschließend wird

er jedoch durch eine Hochdruckpumpe zu-

nächst auf einen höheren Druck verdichtet

und danach den Hochdruck-Einspritzventi-

len zugeführt.

Kraftstoffförderung bei Saugrohr-

einspritzung

Eine Elektrokra�sto�pumpe (EKP) fördert

den Kra�sto� und erzeugt den Einspritz-

druck, der bei der Saugrohreinspritzung ty-

pischerweise etwa 0,3...0,4 MPa (3...4 bar)

beträgt. Der aufgebaute Kra�sto�druck ver-

hindert weitgehend die Bildung von Dampf-

blasen im Kra�sto�system. Ein in die Pum-

Kraftstoffversorgung

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015

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25Kraftstoffversorgung Überblick

Rücklauffreies System

Beim rücklau�reien Kra�sto�versorgungs-

system (Bild 2) be�ndet sich der Druckreg-

ler (6) im Kra�sto"ehälter und ist Bestand-

teil des Tankeinbaumoduls. Dadurch entfällt

die Rücklau�eitung vom Motor zum Kra�-

sto"ehälter. Da der Druckregler aufgrund

seines Anbauorts keine Referenz zum Saug-

rohrdruck hat, hängt der relative Einspritz-

druck, der über dem Einspritzventil abfällt,

hier von der Motorlast ab. Dies wird bei der

Berechnung der Einspritzzeit im Motorsteu-

ergerät berücksichtigt.

Dem Kra�sto�verteiler (5) wird nur die

Kra�sto�menge zugeführt, die auch einge-

Saugrohr der angesaugten Lu� und somit

dem Motor zugeführt. Mit dem vom motor-

nahen Druckregler (6) zurückströmenden

Kra�sto� wird am Tankeinbaumodul eine

Saugstrahlpumpe (9, auch Saugstrahl-Düse

genannt) angetrieben, mit deren Treibmenge

ein Kra�sto�-Förderstrom in ein Reservoir

gefördert wird, um der Elektrokra�sto�-

pumpe (2) unter allen Bedingungen immer

ein sicheres Ansaugen zu ermöglichen.

10

11

3

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7 7 7 7

1

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8

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1 Vollförderndes Kraftsto$system mit Rücklauf

Bild 1

1 Kraftsto$behälter2 Elektrokraftsto$-

pumpe3 Kraftsto$'lter4 Kraftsto(eitung5 Kraftsto$verteiler6 Druckregler7 Einspritzventile8 Rücklau)eitung9 Saugstrahlpumpe10 Tankfüllstandsgeber11 Reservoir12 Schwimmer

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26 Kraftstoffversorgung Überblick

Bedarfsgeregeltes System

Beim bedarfsgeregelten System (Bild 3) wird

von der Kra�sto�pumpe nur die aktuell vom

Motor verbrauchte und zur Einstellung des

gewünschten Drucks notwendige Kra�sto�-

menge gefördert. Die Druckeinstellung er-

folgt über eine modellbasierte Vorsteuerung

und einen geschlossenen Regelkreis, wobei

der aktuelle Kra�sto�druck über einen Nie-

derdrucksensor erfasst wird. Der mechani-

sche Druckregler entfällt und wird durch ein

Druckbegrenzungsventil ersetzt (Pressure

Relief Valve PRV), damit sich auch bei

Schubabschaltung oder nach Abstellen des

Motors kein zu hoher Druck au�auen kann.

spritzt wird. Die von der vollfördernden

Elektrokra�sto�pumpe (2) geförderte Mehr-

menge wird direkt vom tanknahen Druck-

regler (6) in den Kra�sto"ehälter geleitet,

ohne den Umweg über den Motorraum zu

nehmen. Daher ist die Erwärmung des

Kra�sto�s im Kra�sto"ehälter und damit

auch die Kra�sto�verdunstung deutlich ge-

ringer als beim System mit Rücklauf. Auf-

grund dieser Vorteile werden heute überwie-

gend rücklau�reie Systeme eingesetzt. Die

Saugstrahlpumpe (8) wird in diesem System

direkt im Fördermodul aus dem Vorlauf der

Elektrokra�sto�pumpe betrieben.

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1

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6

7 7 7

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2 Vollförderndes rücklau$reies Kraftsto$system

Bild 2

1 Kraftsto$behälter2 Elektrokraftsto$-

pumpe3 Kraftsto$'lter4 Kraftsto(eitung5 Kraftsto$verteiler

(Rail)6 Druckregler7 Einspritzventile8 Saugstrahlpumpe9 Tankfüllstandsgeber10 Reservoir11 Schwimmer

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27Kraftstoffversorgung Überblick

Zur Einstellung der Fördermenge wird die

Betriebsspannung der Kra�sto�pumpe über

ein vom Motorsteuergerät angesteuertes

Pumpelektronikmodul eingestellt. Der

Druck variiert in diesem System zwischen

250 und 600 kPa relativ zur Umgebung,

kann aber auch auf einen konstanten Wert

eingestellt werden.

Aufgrund der Bedarfsregelung wird kein

überschüssiger Kra�sto� komprimiert und

somit die Pumpenleistung auf das gerade

erforderliche Maß minimiert. Dies führt

gegenüber Systemen mit vollfördernder

Pumpe zu einer Senkung des Kra�sto�ver-

brauchs. So kann auch die Kra�sto7empe-

ratur im Tank gegenüber dem rücklau�reien

System noch weiter reduziert werden.

Weitere Vorteile des bedarfsgeregelten

Systems ergeben sich aus dem variabel ein-

stellbaren Kra�sto�druck. Zum einen kann

der Druck beim Heißstart erhöht werden,

um die Bildung von Damp�lasen zu ver-

meiden. Zum anderen kann vor allem bei

Turbomotoren der Zumessbereich der Ein-

spritzventile erweitert werden (durch Ein-

spritzmengenspreizung), indem bei Volllast

eine Druckanhebung und bei sehr kleinen

Lasten eine Druckabsenkung realisiert wird.

Eine zunehmend genutzte Möglichkeit be-

steht auch darin, den Einspritzdruck beim

12

3

4

5

7 7 7 7

1

2

6

8

1110

9

13

3 Bedarfsgeregeltes Niederdruck-System für Benzin-Saugrohrspritzung

Bild 3

1 Kraftsto$behälter2 Elektrokraftsto$-

pumpe3 Kraftsto$'lter4 Kraftsto(eitung5 Kraftsto$verteiler 6 Druckbegrenzungs-

ventil7 Einspritzventile8 Saugstrahlpumpe9 Kraftsto$-Drucksen-

sor (für Niederdruck)10 Motorsteuergerät11 Pumpenelektronik-

modul12 Tankfüllstandsgeber13 Schwimmer

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28 Kraftstoffversorgung Überblick

vorteilha�, Systeme mit variablem Nieder-

druck einzusetzen. Bedarfsgeregelte Nieder-

drucksysteme eignen sich hier besonders

gut, da sich für jeden Betriebszustand des

Motors der jeweils optimale Vordruck für

die Hochdruckpumpe einstellen lässt. Die

entsprechenden Anforderungen sind in

Tabelle 1 dargestellt, eine Realisierung in

Bild 4.

Es kommen aber auch noch rücklau�reie

Systeme mit umschaltbarem Vordruck – ge-

steuert über ein Absperrventil – oder Syste-

me mit konstant hohem Vordruck zum Ein-

satz, die aber energetisch als nicht optimal

zu bewerten sind.

Kaltstart zu erhöhen, um damit die Zerstäu-

bung und Gemischau�ereitung der Ein-

spritzventile zu verbessern.

Des Weiteren ergeben sich mithilfe des

gemessenen Kra�sto�drucks verbesserte

Diagnosemöglichkeiten des Kra�sto�sys-

tems gegenüber bisherigen Systemen. Darü-

ber hinaus führt die Berücksichtigung des

aktuellen Kra�sto�drucks bei der Berech-

nung der Einspritzzeit zu einer präziseren

Kra�sto�zumessung.

Kraftstoffförderung bei Benzin-Direkt-

einspritzung

Bei der direkten Einspritzung von Kra�sto�

in den Brennraum steht im Vergleich zur

Einspritzung in das Saugrohr nur ein ver-

kürztes Zeitfenster zur Verfügung. Auch

kommt der Gemischau�ereitung eine er-

höhte Bedeutung zu. Daher muss der Kra�-

sto� bei der Direkteinspritzung mit deutlich

höherem Druck eingespritzt werden als bei

der Saugrohreinspritzung. Das Kra�sto�sys-

tem unterteilt sich in Niederdruckkreislauf

und Hochdruckkreislauf.

Niederdruckkreis

Für den Niederdruckkreislauf eines Systems

zur Benzin-Direkteinspritzung kommen im

Prinzip die aus der Saugrohreinspritzung be-

kannten Kra�sto�systeme und Komponen-

ten zum Einsatz. Da die im Hochdruckkreis-

lauf eingesetzten Hochdruckpumpen zur

Vermeidung von Damp�lasenbildung im

Heißstart und Heißbetrieb einen erhöhten

Vorförderdruck (Vordruck) benötigen, ist es

Einspritzart Saugrohreinspritzung Benzindirekteinspritzung

Variante Konstanter Druck Variabler Druck Variabler Druck

Druck in kPa ≈ 350 250 ... 600 200 ... 600

Vorteile gegenüber konstan-

ter Fördermenge

– Erweiterter Zumess-

bereich

– Bessere Gemischauf-

bereitung im Kaltstart

Besserer HeißstartTabelle 1

Eigenschaften bedarfs-geregelter Kraftsto$-systeme

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29Kraftstoffversorgung Komponenten der Kraftstoffförderung

● Au�au des Kra�sto�druckes ab 50...60 %

der Nennspannung; bestimmend hierfür

ist der Betrieb bei Kaltstart.

Außerdem dient die Elektrokra�sto�pumpe

zunehmend als Vorförderpumpe für mo-

derne Direkteinspritzsysteme sowohl für

Benzin- als auch für Dieselmotoren. Für die

Benzin-Direkteinspritzung sind beim Heiß-

förderbetrieb zumindest zeitweise Drücke

bis 650 kPa bereitzustellen.

Komponenten der Kraftstoff-förderung

ElektrokraftstoffpumpeAufgabe

Die Elektrokra�sto�pumpe muss dem Mo-

tor in allen Betriebszuständen ausreichend

Kra�sto� mit dem zum Einspritzen nötigen

Druck zuführen. Die wesentlichen Anforde-

rungen sind:

● Fördermenge zwischen 60 und 300 l/h bei

Nennspannung,

● Druck im Kra�sto�system zwischen 250

und 600 kPa relativ zur Umgebung,

13

3

4

5

7 7 7 7

1

2

6

8

11 10

9

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14

15

4 Bedarfsgeregeltes Niederdruck-System für Benzin-Direkteinspritzung

Bild 4

1 Kraftsto$behälter2 Elektrokraftsto$-

pumpe3 Kraftsto$'lter (in-

tern)4 Kraftsto(eitung5 Kraftsto$verteiler

(Rail)6 Druckbegrenzungs-

ventil7 Hochdruck-Ein-

spritzventile8 Saugstrahlpumpe9 Drucksensor (für

Hochdruck)10 Motorsteuergerät11 Pumpenelektronik-

modul12 Drucksensor (für

Niederdruck)13 Tankfüllstandsgeber14 Hochdruckpumpe15 Schwimmer

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30 Kraftstoffversorgung Komponenten der Kraftstoffförderung

und Kohlebürsten verwendet. Das Pumpen-

teil ist als Verdränger- oder als Strömungs-

pumpe ausgeführt. Weitere Bestandteile sind

der Anschlussdeckel mit elektrischen An-

schlüssen, das Rückschlagventil (gegen Aus-

laufen des Kra�sto�systems), bei Bedarf ein

Druckbegrenzungsventil sowie der hydrauli-

sche Ausgang. Der Anschlussdeckel enthält

üblicherweise auch die Kohlebürsten für den

Betrieb des Kommutator-Antriebsmotors

und Elemente für die Funkentstörung

(Drosselspulen und ggf. Kondensatoren).

Aufbau

Die Elektrokra�sto�pumpe wird von einem

Elektromotor angetrieben (Bild 5). Standard

bei diesem Motor sind ein Ständer mit Per-

manentmagneten und ein Läufer mit Kup-

ferkommutator. Für hohe Leistungen, Son-

deranwendungen und Dieselsysteme werden

auch zunehmend Kohlekommutatoren ein-

gesetzt. Bei neuen Fahrzeugen am Markt

werden auch zunehmend elektronische

Kommutierungssysteme ohne Kommutator

5 Aufbau der Elektrokraftsto$pumpe am Beispiel einer Strömungspumpe

5

101

2

3

6 8

9

5

4

6

87

Bild 5

a, b verschiedene Varianten1 elektrischer

Anschluss2 hydraulischer An-

schluss (Kraftsto$-auslass)

3 Rückschlagventil4 Kohlebürsten5 Kommutator6 Ständer mit Perma-

nentmagnet7 Läufer8 Laufrad der Strö-

mungspumpe9 hydraulischer An-

schluss (Kraftsto$-zu)uss)

10 Drosselspule

a

b

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31Kraftstoffversorgung Komponenten der Kraftstoffförderung

fördereigenscha�en be�ndet sich in einem

gewissen Winkelabstand von der Ansaugö�-

nung eine kleine Entgasungsbohrung, die

(unter Inkaufnahme einer minimalen Lecka-

ge) den Austritt eventueller Gasblasen er-

möglicht. Der Druck baut sich längs des Ka-

nals durch den Impulsaustausch zwischen

den Laufradschaufeln und der Flüssigkeit

auf. Die Folge davon ist eine spiralförmige

Rotation des im Laufrad und in den Kanälen

be�ndlichen Flüssigkeitsvolumens. Peri-

pheralpumpen sind geräuscharm, da der

Druckau�au kontinuierlich und nahezu

Verdrängerpumpe

In einer Verdrängerpumpe werden grund-

sätzlich Flüssigkeitsvolumina angesaugt und

in einem (abgesehen von Undichtheiten) ab-

geschlossenen Raum durch die Rotation des

Pumpelements zur Hochdruckseite trans-

portiert. Für die Elektrokra�sto�pumpe

kommen hauptsächlich die Rollenzellen-

pumpe (Bild 6a)und die Innenzahnradpumpe

(Bild 6b) zur Anwendung. Verdrängerpum-

pen sind vorteilha� für Niederdrucksysteme

mit hohen Systemdrücken (450 kPa und

mehr) und haben ein gutes Niederspan-

nungsverhalten, d. h. eine relativ „�ache“

Förderleistungskennlinie über der Betriebs-

spannung. Der Wirkungsgrad kann bis zu

25 % betragen. Je nach Detailausführung

und Einbausituation können die unvermeid-

lichen Druckpulsationen Geräusche verursa-

chen.

Während für die klassische Funktion der

Elektrokra�sto�pumpe in elektronischen

Benzineinspritzsystemen die Verdränger-

pumpe von der Peripheralpumpe weitge-

hend abgelöst wurde, ergibt sich für die Ver-

drängerpumpe ein neues Anwendungsfeld

bei der Vorförderung für Direkteinspritzsys-

teme (Benzin und Diesel) mit ihren wesent-

lich erweiterten Druckbedarf und Viskosi-

tätsbereich.

Peripheralpumpe

Für Niederdrucksysteme bis 600 kPa haben

sich Peripheralpumpen (Bild 6c) durchge-

setzt. Die Peripheralpumpe ist eine Strö-

mungspumpe. Ein mit zahlreichen Schaufeln

(6) im Bereich des Umfangs versehenes

Laufrad dreht sich in einer aus zwei festste-

henden Gehäuseteilen bestehenden Kam-

mer. Diese Gehäuseteile weisen im Bereich

der Laufradschaufeln jeweils einen Kanal (7)

auf. Die Kanäle beginnen in Höhe der Saug-

ö�nung (9) und enden dort, wo der Kra�-

sto� das Pumpenteil mit Systemdruck

verlässt (10). Zur Verbesserung der Heiß-

a 1

b

c

3 4

5 7 68 6 757

2

9

1010

9

1010

9

9

9

10

910

6 Funktionsprinzipien von Kraftsto$pumpen

Bild 6

a Rollenzellenpumpe (RZP)

b Innenzahnrad-pumpe (IZP)

c Peripheralpumpe (PP)

1 Nutscheibe (exzent-risch)

2 Rolle3 inneres Antriebsrad4 Läufer (exzentrisch)5 Laufrad6 Laufradschaufeln7 Kanal8 „Unterbrecher“9 Saugö$nung10 Auslass

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32 Kraftstoffversorgung Komponenten der Kraftstoffförderung

● geringerer Stromverbrauch,

● reduzierter Wärmeeintrag durch den

Elektromotor,

● reduziertes Pumpengeräusch,

● Einstellmöglichkeit variabler Drücke im

Kra�sto�system.

Bei zukün�igen Systemen wird die reine

Pumpenregelung um weitere Funktionen

erweitert, z. B. um die Tankleckdiagnose und

die Auswertung des Tankfüllstandsensorsig-

nals. Um den steigenden Anforderungen be-

züglich Druck und Lebensdauer sowie den

weltweit unterschiedlichen Kra�sto�quali-

täten gerecht zu werden, werden bürstenlose

Motoren mit elektronischer Kommutierung

in Zukun� eine bedeutendere Rolle spielen.

pulsationsfrei erfolgt. Die Konstruktion ist

gegenüber Verdrängerpumpen deutlich ver-

einfacht. Systemdrücke bis 650 kPa sind

auch mit einstu�gen Pumpen erreichbar.

Der Wirkungsgrad dieser Pumpen beträgt

bis zu 26 %.

Ausblick

Die Kra�sto�versorgung vieler moderner

Fahrzeuge erfolgt durch bedarfsgesteuerte

Kra�sto�fördersysteme. In diesen Systemen

treibt ein Elektronikmodul die Pumpe in

Abhängigkeit vom erforderlichen Druck an,

der durch einen Kra�sto�drucksensor ge-

messen wird. Die Vorteile solcher Systeme

sind:

92

4

1

5

8

6

3

7

7 Kraftsto$fördermodul (Tankeinbaumodul)

Bild 7

1 Kraftsto$'lter2 Elektrokraftsto$-

pumpe3 Strahlpumpe

(geregelt)4 Kraftsto$druckregler5 Tankfüllstandssensor6 Vor'lter7 Modul)ansch8 Reservoir

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33Kraftstoffversorgung Komponenten der Kraftstoffförderung

sensoren (für bedarfsgeregelte Systeme)

sowie Ventile integriert werden.

Benzinfilter

Aufgabe des Benzin�lters ist die Aufnah -

me und die dauerha�e Speicherung von

Schmutz partikeln aus dem Kra�sto�, um

das Einspritzsystem vor Verschleiß durch

Partikelerosion zu schützen.

Aufbau

Kra�sto��lter für Ottomotoren werden

druckseitig hinter der Kra�sto�pumpe ange-

ordnet. Bei neueren Fahrzeugen werden be-

vorzugt Intank-Filter eingesetzt, d. h., der

Filter ist in den Kra�sto"ehälter integriert.

Er ist in diesem Fall immer als Lifetime-Fil-

ter (Lebensdauer�lter) ausgelegt, der wäh-

rend der Lebensdauer des Fahrzeugs nicht

gewechselt werden muss. Daneben werden

weiterhin Inline-Filter (Leitungseinbau�lter)

eingesetzt, die in die Kra�sto0eitung einge-

baut werden. Diese können als Wechselteil

oder als Lebensdauerbauteil ausgelegt sein.

Das Filtergehäuse ist aus Stahl, Aluminium

Kraftstofffördermodule

Während in den Anfängen der elektroni-

schen Benzineinspritzung die Elektrokra�-

sto�pumpe ausschließlich außerhalb des

Tanks angeordnet war, überwiegt heute der

Tankeinbau der Elektrokra�sto�pumpe

(Bild 7). Dabei ist die Elektrokra�sto�pum-

pe (2) Bestandteil eines Kra�sto�fördermo-

duls, das weitere Elemente umfassen kann:

● einen Topf (8) als Kra�sto�reservoir für die

Kurvenfahrt (meist aktiv befüllt durch eine

Saugstrahlpumpe (3) oder passiv durch ein

Klappensystem, Umschaltventil o. Ä.),

● einen Tankfüllstandsensor (5),

● einen Druckregler (4) bei rücklau�reien

Systemen (RLFS),

● einen Vor�lter (6) zum Schutz der Pumpe,

● einen druckseitigen Kra�sto��lter (1), der

über die gesamte Fahrzeuglebensdauer

nicht gewechselt werden muss,

● elektrische und hydraulische Anschlüsse

im Modul�ansch (7).

Darüber hinaus können Tankdrucksensoren

(zur Tankleckagediagnose), Kra�sto�druck-

7

5

3

6

4

1

2

8 Benzin'lter mit Sterneinsatz

Bild 8

a Filtergehäuseb Filterelementc Querschnitt

1 Kraftsto$austritt2 Filterdeckel3 innenverschweißte

Kante4 Stützscheibe5 Filtermedium6 Filtergehäuse7 Kraftsto$eintritt

a cb

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34 Kraftstoffversorgung Komponenten der Kraftstoffförderung

Poren des Filters nicht passieren können.

Kleinere Partikel hingegen bleiben, wenn sie

auf Fasern des Filtermediums stoßen, an ih-

nen ha�en. Dabei unterscheidet man drei

Mechanismen: Beim Sperre�ekt werden die

Partikel mit der Kra�sto�strömung um die

Faser gespült, berühren diese jedoch am

Rand und werden durch intermolekulare

Krä�e dort gehalten. Schwerere Partikel fol-

gen aufgrund ihrer Massenträgheit nicht

dem Kra�sto�strom um die Filterfaser, son-

dern stoßen frontal auf sie (Aufpralle�ekt).

Beim Di�usionse�ekt berühren sehr kleine

Partikel aufgrund ihrer Eigenbewegung

(Brownsche Molekularbewegung) zufällig

eine Filterfaser, an der sie ha�en bleiben. Die

Abscheidegüte der einzelnen E�ekte hängt

von der Größe, dem Material und der

Durch �ussgeschwindigkeit der Teilchen ab.

Anforderungen

Die erforderliche Filterfeinheit hängt vom

Einspritzsystem ab. Für Systeme mit Saug-

rohreinspritzung hat der Filtereinsatz eine

mittlere Porenweite von ca. 10 µm. Für die

Benzin-Direkteinspritzung ist eine feinere

Filtrierung erforderlich. Die mittlere Poren-

weite liegt im Bereich von 5 µm. Partikel mit

einer Größe von mehr als 5 µm müssen zu

85 % abgeschieden werden. Darüber hinaus

muss ein Filter für Benzin-Direkteinsprit-

zung im Neuzustand folgende Restschmutz-

forderung erfüllen: Metall-, Mineral- und

Kunststo�partikel sowie Glasfasern mit

Durchmessern von mehr als 200 µm müssen

zuverlässig aus dem Kra�sto� ge�ltert wer-

den.

Die Filterwirkung hängt von der Durch-

strömungsrichtung ab. Beim Wechsel von

Inline-Filtern muss deshalb die auf dem Ge-

häuse mit einem Pfeil angegebene Durch-

�ussrichtung eingehalten werden. Das

Wechselintervall herkömmlicher Inline-Fil-

ter liegt je nach Filtervolumen und Kra�-

oder Kunststo� gefertigt. Es wird durch ei-

nen Gewinde-, einen Schlauch- oder einen

einrastenden Schnellanschluss (sog. Quick-

Connector) mit der Kra�sto�zuleitung ver-

bunden. In dem Gehäuse be�ndet sich der

Filtereinsatz, der die Schmutzpartikel aus

dem Kra�sto� heraus�ltert. Der Filtereinsatz

ist so in den Kra�stoCreislauf integriert,

dass die gesamte Ober�äche des Filtermedi-

ums möglichst mit gleicher Fließgeschwin-

digkeit von Kra�sto� durchströmt wird.

Filtermedium

Als Filtermedium werden spezielle Mikrofa-

serpapiere mit Harzimprägnierung einge-

setzt, die bei höheren Anforderungen

zusätzlich mit einer Kunstfaserschicht (Melt-

blown) verbunden sind. Dieser Verbund

muss eine hohe mechanische, thermische

und chemische Stabilität gewährleisten. Die

Papierporosität und die Porenverteilung des

Filterpapiers bestimmen den Schmutzab-

scheidegrad und den Durch�usswiderstand

des Filters.

Filter für Benzinmotoren werden in Wi-

ckel- oder Sternausführung gefertigt. Beim

Wickel�lter wird ein geprägtes Filterpapier

um ein Stützrohr gewickelt. Der verunrei-

nigte Kra�sto� durch�ießt den Filter in

Längsrichtung. Beim Stern�lter (Bild 8) wird

das Filterpapier gefaltet und sternförmig ins

Gehäuse eingelegt. Kunststo�-, Harz- oder

Metallendscheiben sowie ggf. ein innerer

Stützmantel sorgen für Stabilität. Der verun-

reinigte Kra�sto� durch�ießt den Filter von

außen nach innen, die Schmutzpartikel wer-

den dabei vom Filtermedium abgeschieden.

Filtrationseffekte

Das Abscheiden fester Schmutzpartikel er-

folgt sowohl durch den Siebe�ekt als auch

durch Aufprall-, Di�usions- und Sperre�ek-

te. Der Siebe�ekt beruht darauf, dass größere

Partikel aufgrund ihrer Abmessungen die

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35Kraftstoffversorgung Komponenten der Kraftstoffförderung

sitz. Wenn die durch den Kra�sto�druck auf

die Membran ausgeübte Kra� die Federkra�

überschreitet, ö�net das Ventil und lässt ge-

rade so viel Kra�sto� zum Kra�sto"ehälter

�ießen, dass sich an der Membran ein Kräf-

tegleichgewicht einstellt. Die Federkammer

ist pneumatisch mit dem Sammelsaugrohr

hinter der Drosselklappe verbunden. Der

Saugrohrunterdruck wirkt dadurch auch in

der Federkammer. An der Membran steht

damit das gleiche Druckverhältnis an wie an

den Einspritzventilen. Das Druckgefälle an

den Einspritzventilen hängt deshalb allein

von der Federkra� und der Membran�äche

ab und bleibt folglich konstant.

Kraftstoffdruckdämpfer

Das Takten der Einspritzventile und das pe-

riodische Ausschieben von Kra�sto� bei

Elektrokra�sto�pumpen nach dem Verdrän-

sto�verschmutzung normalerweise zwischen

30 000 km und 90 000 km. Intank-Filter er-

reichen in der Regel Wechselintervalle von

mindestens 160 000 km. Für Systeme mit

Benzin-Direkteinspritzung gibt es Filter (In-

tank und Inline) mit einer Standzeit von

über 250 000 km.

Kraftstoffdruckregler

Aufgabe

Bei der Saugrohreinspritzung ist die vom

Einspritzventil eingespritzte Kra�sto�menge

abhängig von der Einspritzzeit und von der

Druckdi�erenz zwischen Kra�sto�druck im

Kra�sto�verteiler und Gegendruck im Saug-

rohr. Bei Systemen mit Rücklauf wird der

Druckein�uss kompensiert, indem ein

Druckregler die Di�erenz zwischen Kra�-

sto�druck und Saugrohrdruck konstant hält.

Dieser Druckregler lässt gerade so viel Kra�-

sto� zum Kra�sto"ehälter zurück�ießen,

dass das Druckgefälle an den Einspritzven-

tilen konstant bleibt. Zur vollständigen

Durchspülung des Kra�sto�verteilers ist der

Kra�sto�druckregler normalerweise an

dessen Ende montiert. Bei rücklau�reien

Systemen sitzt der Druckregler in der Tank-

einbaueinheit im Kra�sto"ehälter. Der

Kra�sto�druck im Kra�sto�verteilerrohr

wird auf einen konstanten Wert gegenüber

dem Umgebungsdruck geregelt. Die Druck-

di�erenz zum Saugrohrdruck ist daher nicht

konstant und wird bei der Berechnung der

Einspritzdauer berücksichtigt.

Aufbau und Arbeitsweise

Der Kra�sto�druckregler ist als membran-

gesteuerter Überströmdruckregler ausgebil-

det (Bild 9). Eine Gummigewebemembran

(4) teilt den Kra�sto�druckregler in eine

Kra�stoCammer und in eine Federkammer.

Die Feder (2) presst über den in die Memb-

ran integrierten Ventilträger (3) eine beweg-

lich gelagerte Ventilplatte auf einen Ventil-

1

2

5

6

7

3

4

8

9

9 Kraftsto$druckregler

Bild 9

1 Saugrohranschluss2 Feder3 Ventilträger4 Membran 5 Ventil6 Kraftsto$zulauf7 Kraftsto$rücklauf8 Federkammer9 Ventilsitz

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36 Kraftstoffversorgung Rückhaltesysteme für Kraftstoffdämpfe, Tankentlüftung

abgeben. Um bei saugrohrbedingter Schwan-

kung des Kra�sto�absolutdrucks stets im

günstigsten Betriebsbereich zu arbeiten,

kann die Federkammer mit einem Saugrohr-

anschluss versehen sein. Wie der Kra�sto�-

druckregler kann auch der Kra�sto�druck-

dämpfer am Kra�sto�verteilerstück oder in

der Kra�sto0eitung sitzen. Bei der Benzin-

Direkteinspritzung ergibt sich als zusätzli-

cher Anbauort die Hochdruckpumpe.

Rückhaltesysteme für Kraft-stoffdämpfe, Tankentlüftung

Fahrzeuge mit Ottomotor sind mit einem

Kra�sto�dampf-Rückhaltesystem (Tankent-

lü�ungssystem) ausgestattet, um zu verhin-

dern, dass der im Kra�sto"ehälter aus-

dampfende Kra�sto� in die Umgebung

gelangt. Die maximal zulässigen Verduns-

tungsemissionen von Kohlenwassersto�en

sind in der Abgasgesetzgebung festgelegt.

Entstehung von Kraftstoffdämpfen

Vermehrte Ausdampfung von Kra�sto� aus

dem Kra�sto"ehälter entsteht durch Er-

wärmung des Kra�sto�s im Kra�sto"ehäl-

ter aufgrund erhöhter Umgebungstempera-

tur, durch benachbarte heiße Bauteile (z. B.

Abgasanlage) oder durch den Rücklauf von

erwärmtem Kra�sto� in den Tank, und

durch Abnahme des Umgebungsdrucks, z. B.

bei einer Fahrt bergauf.

Aufbau und Arbeitsweise

Der Kra�sto�dampf wird über eine Entlüf-

tungsleitung (Bild 10, Pos. 2) vom Kra�-

sto"ehälter (1) zum Aktivkohlebehälter (3)

geleitet. Die Aktivkohle absorbiert den im

Kra�sto�dampf enthaltenen Kra�sto� und

lässt die Lu� über die Ö�nung der Frisch-

lu�zufuhr (4) ins Freie entweichen. Damit

der Aktivkohle�lter für neu ausdampfenden

gerprinzip führt zu Schwingungen des Kra�-

sto�drucks. Diese Schwingungen können

Druckresonanzen verursachen und damit

die Zumessgenauigkeit des Kra�sto�s beein-

trächtigen. Die Schwingungen können sich

unter Umständen auch über die Befesti-

gungselemente von Elektrokra�sto�pumpe,

Kra�sto0eitungen und Kra�sto�verteiler-

rohr auf den Kra�sto"ehälter und die Ka-

rosserie des Fahrzeugs übertragen und Ge-

räusche verursachen. Diese Probleme

werden durch eine gezielte Gestaltung der

Befestigungselemente und durch den Einsatz

spezieller Kra�sto�druckdämpfer vermie-

den.

Der Kra�sto�druckdämpfer ist ähnlich

aufgebaut wie der Kra�sto�druckregler, je-

doch ohne den Überströmpfad. Wie bei die-

sem trennt eine federbelastete Membran den

Kra�sto�- und den Lu�raum. Die Federkra�

ist so dimensioniert, dass die Membran von

ihrem Sitz abhebt, sobald der Kra�sto�druck

seinen Arbeitsbereich er reicht. Der dadurch

variable Kra�sto� raum kann beim Au�reten

von Druckspitzen Kra�sto� aufnehmen und

beim Ab sinken des Drucks wieder Kra�sto�

7 3

1

6

6

8

5

4

2

10 Kraftsto$verdunstungs-Rückhaltesystem

Bild 10

1 Kraftsto$behälter2 Entlüftungsleitung

des Kraftsto$behäl-ters

3 Aktivkohlebehälter4 Frischluft5 Regenerierventil6 Leitung zum Saug-

rohr7 Drosselklappe8 Saugrohr

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37Kraftstoffversorgung Rückhaltesysteme für Kraftstoffdämpfe, Tankentlüftung

Kra�sto� aufnahmefähig bleibt, muss er re-

gelmäßig regeneriert werden. Dazu ist der

Aktivkohlebehälter über ein Regenerierven-

til (5) mit dem Saugrohr (8) verbunden. Zur

Regenerierung wird das Regenerierventil

von der Motorsteuerung angesteuert und

gibt die Leitung zwischen dem Aktivkohle-

behälter und dem Saugrohr frei. Aufgrund

des im Saugrohr herrschenden Unterdrucks

wird Frischlu� (4) durch die Aktivkohle an-

gesaugt. Die Frischlu� nimmt den absorbier-

ten Kra�sto� aus dem Aktivkohle�lter auf

und führt ihn dem Saugrohr zu. Von dort

gelangt er mit der vom Motor angesaugten

Lu� in den Brennraum. Damit dort die rich-

tige Kra�sto�menge zur Verfügung steht,

wird gleichzeitig die Einspritzmenge redu-

ziert. Die durch den Aktivkohle�lter ange-

saugte Kra�sto�menge wird über die Lu�-

zahl λ berechnet und auf einen Sollwert

geregelt.

Die zulässige Regeneriergasmenge, d. h.

der über das Regenerierventil einströmende

Lu�-Kra�sto�-Strom, wird wegen möglicher

Schwankungen der Kra�stoConzentration

begrenzt; denn je größer der Anteil des über

das Ventil zugeführten Kra�sto�s ist, desto

schneller und stärker muss das System die

Einspritzmenge korrigieren. Die Korrektur

erfolgt über die λ-Regelung, wobei Konzent-

rationsschwankungen mit einer zeitlichen

Verzögerung ausgeglichen werden. Damit

Abgaswerte und Fahrbarkeit nicht beein-

trächtigt werden, müssen Schwankungen der

Lu�zahl durch eine Begrenzung der Regene-

riergasmenge beschränkt werden.

Besonderheiten bei Turboaufladung und

Benzin-Direkteinspritzung

Die Wirkung der Regenerierung ist bei Sys-

temen mit Benzin-Direkteinspritzung im

aufgeladenen Betrieb und bei Magersyste-

men im Schichtbetrieb begrenzt, da auf-

grund der weitgehenden Entdrosselung ein

geringerer oder gar kein Saugrohrunter-

druck verfügbar ist. Das hat einen gegenüber

dem Homogenbetrieb verminderten Rege-

neriergasstrom zur Folge. Reicht dieser –

beispielsweise bei hoher Ausgasung des

Kra�sto�s – nicht aus, wird der Motor so

lange im Homogenbetrieb gefahren, bis die

zunächst hohe Kra�stoConzentration im

Regeneriergasstrom gesunken ist. Dies lässt

sich über die λ-Sonde feststellen. Für auf-

geladene Systeme gibt es zusätzlich oder

alternativ die Möglichkeit, eine zweite Ein-

leitstelle mit einer Venturi-Düse vor dem

Turbolader in das System zu integrieren.

Erweiterte Anforderungen

Die optimale Regenerierung des Rückhalte-

systems bedingt einerseits den verbren-

nungsmotorischen Betrieb an sich und an-

dererseits ein möglichst hohes (treibendes)

Druckgefälle zwischen dem Saugmodul und

der Umgebung. Durch immer stärkeres Mo-

tor-Downsizing und damit verbundene hö-

here Au�adegrade (bei Turbomotoren) wird

das verfügbare Druckgefälle über die nor-

male Au�adung hinaus weiter reduziert.

Zusätzlich schränken neue Systeme zur wei-

teren Verbrauchseinsparung (Start-Stopp-

Systeme, Hybride) die Verfügbarkeit des ver-

brennungsmotorischen Betriebs stärker ein.

Beide Trends erfordern in der Summe erwei-

terte Maßnahmen in der Tankentlü�ung wie

beispielsweise den Einsatz von Drucktanks

zur Reduzierung der Ausgasung (der Tank-

innendruck steigt dabei bis zu 30…40 kPa

über den Umgebungsdruck an) oder von ak-

tiven Spülpumpen zur Unterstützung der

Regenerierung des Aktivkohlebehälters.

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38 Kraftstoffversorgung Ottokraftstoffe

Historische Entwicklung

Die ersten RaVnerien, die im 19. Jahrhundert

entstanden, stellten aus Erdöl durch Des-

tillation Petroleum her, welches als Lampenöl

Verwendung fand. Ein Abfallprodukt war da-

bei eine Flüssigkeit, die sich schon bei relativ

niedrigen Temperaturen ver�üchtigte. Diese

Flüssigkeit war in Deutschland unter dem Na-

men Benzin bekannt. Ebenfalls zu den Benzi-

nen zählt Ligroin, welches bei der Leuchtgas-

gewinnung durch Kohlevergasung entsteht. Es

wurde früher als Waschbenzin eingesetzt.

Der erste Viertakt-Ottomotor aus dem

Jahr 1876 lief noch mit Leuchtgas und war

bei geringer Leistung relativ schwer. Die in

der Folgezeit entwickelten kleinen, schnell

Ottokraftstoffe

ÜberblickSeit der Er�ndung des Ottomotors haben

sich die Anforderungen an Ottokra�sto�e,

die umgangssprachlich auch als Benzin be-

zeichnet werden, erheblich geändert. Die

kontinuierliche Weiterentwicklung der Mo-

torentechnik und der Schutz der Umwelt er-

fordern qualitativ hochwertige Kra�sto�e,

damit ein störungsfreier Fahrbetrieb und

niedrige Abgasemissionen gewährleistet

sind. Anforderungen an die Zusammenset-

zung und die Eigenscha�en des Kra�sto�s

sind in Kra�sto�spezi�kationen festgelegt,

auf die bei der Gesetzgebung referenziert

werden kann.

Niedrige Klopffestigkeit Hohe Klopffestigkeit

Ringstruktur

Kettenstruktur Verzweigte Struktur

Propan

C3 H8

Butan

C4 H10

Pentan

C5 H12

Hexan

C6 H14

Heptan

C7 H16

Oktan

C8 H18

Cetan

C16 H34

H H H

H H H

H H

Benzol

C6 H6

Cyclohexan

C6 H12

C C C

H H H H

H H H H

H HC C C C

H H H H H

H H H H H

H HC C C C C

H H H H H H

H H H H H H

H HC C C C C C

H H H H H H H

H H H H H H H

H HC C C C C C C

H H H H H H H H

H H H H H H H H

H HC C C C C C C C

Toluol

C7 H8

H

H H

H H

H

C C

C

C

C C

H

C H H

H H

H H

H

C C

C

C

C C

H HHH

H

H

H

H

H HH H

C C

C

C

C C

H H H H H H H H H H H H H H H H

H H H H H H H H H H H H H H H H

H HC C C C C C C C C C C C C C C C

H

H

H H

H H

H H H

C C C C C

H

H

H

C H H

C H H

C H H

Iso-Oktan

C8 H18

11 Molekülstrukturen von Kraftsto$komponenten

Page 16: Kraftstoffversorgung - Ingenieur-Buch.de€¦ · kannten Krastoˆsysteme und Komponen-ten zum Einsatz. Da die im Hochdruckkreis-lauf eingesetzten Hochdruckpumpen zur Vermeidung von

39Kraftstoffversorgung Ottokraftstoffe

laufenden Viertakter für den Einsatz im Au-

tomobil wurden für �üssige Kra�sto�e ent-

wickelt und mit Leichtbenzin, z. B. dem oben

genannten Ligroin, betrieben. Erhältlich war

Ligroin in der Apotheke. Mit Einführung

des Spritzdüsenvergasers war man auch in

der Lage, die Motoren mit schwer�üchtige-

rem Benzin zu betreiben, was die Verfügbar-

keit von geeigneten Kra�sto�en bedeutend

verbesserte.

Erste RaVnerien speziell für Benzin ent-

standen ab 1913. Zur Ausbeuteverbesserung

bei der Benzinerzeugung wurden chemische

Verfahren entwickelt, welche die chemische

Zusammensetzung und Eigenscha�en des

Benzins veränderten. Bereits zu dieser Zeit

wurden auch die ersten Additive oder „Qua-

litätsverbesserer“ eingeführt. In den folgen-

den Jahrzehnten wurden weitere Nachbear-

beitungsverfahren zur Erhöhung der Ben-

zinausbeute und der Kra�sto�qualität entwi-

ckelt, um den Anforderungen der Umwelt-

gesetzgebung und der Weiterentwicklung

der Ottomotoren Rechnung zu tragen.

Kraftstoffsorten und Zusammensetzung

In Deutschland werden zwei Super-Kra�-

sto�e mit 95 Oktan angeboten, die sich im

Ethanolgehalt unterscheiden und maximal

5 Volumenprozent Ethanol (für Super) be-

ziehungsweise 10 Volumenprozent Ethanol

(für Super E10) enthalten dürfen. Außerdem

ist ein Super-Plus-Kra�sto� mit 98 Oktan

erhältlich. Einzelne Anbieter haben ihre Su-

per-Plus-Kra�sto�e durch 100-Oktan-Kra�-

sto�e (V-Power 100, Ultimate 100, Super

100) ersetzt, die in Grundqualität und durch

Zusatz von Additiven verändert sind. Additi-

ve sind Wirksubstanzen, die zur Verbesse-

rung von Fahrverhalten und Verbrennung

zugesetzt werden.

In den USA wird zwischen Regular

(92 Oktan), Premium (94 Oktan) und Pre-

mium Plus (98 Oktan) unterschieden; die

Kra�sto�e in den USA enthalten in der Re-

gel 10 Volumenprozent Ethanol. Durch den

Zusatz sauerstoXaltiger Komponenten wird

die Oktanzahl erhöht und den Anforderun-

gen moderner, immer höher verdichtender

Motoren nach besserer Klop�estigkeit Rech-

nung getragen.

Ottokra�sto�e bestehen zum Großteil aus

ParaVnen und Aromaten (Bild 11). ParaV-

ne mit einem rein kettenförmigen Au�au

(n-ParaVne) zeigen zwar eine sehr gute

Zündwilligkeit, allerdings auch eine geringe

fossil regenerativ

Primärenergieträger

Pflanzenöl Elektrolyse

VeresterungHydrierungFischer-

Tropsch-

Synthese

VergärungSynthesegas (H2, CO)Raffination

Benzin,

Diesel

Flüssig-

gasErdgas

H2

(fossil)

Metha-

nol,

MTBE

Synth.

Kraft-

stoff

Biogas,

Ethanol,

ETBE

Hydriertes

P�anzenölBiodiesel

H2

(regene-

rativ)

Um

wan

dlu

ng

sp

rozess

Kra

ftsto

ff

Erdöl Erdgas Kohle BiomasseWasser, Solar,

Wind

12 Herstellpfade fossiler und regenerativer Kraftsto$e

Bild 12

ETBE Ethyltertiär-butylether

MTBE Methyltertiär-butylether

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40 Kraftstoffversorgung Ottokraftstoffe

besonderen politischen und regionalen

Randbedingungen eingesetzt. Die Verwen-

dung von Biomasse zur Synthesegaserzeu-

gung be�ndet sich noch im Versuchssta-

dium. Aus dem Synthesegas werden an

Katalysatoren in der Fischer-Tropsch-Syn-

these paraVnische Kohlenwassersto�mole-

küle verschiedener Kettenlänge aufgebaut,

die für die Zumischung zu Kra�sto�en oder

für den direkten motorischen Einsatz che-

misch noch weiter modi�ziert werden

müssen.

Die Herstellung von Biokra�sto�en ge-

winnt zunehmend an Bedeutung, wobei im

Wesentlichen drei Verfahren genutzt wer-

den. Die direkte Vergärung von Biomasse

führt zu Biogas. Bioethanol erhält man

durch Vergärung zucker- oder stärkehaltiger

Agrarfrüchte. P�anzliche Öle oder tierische

Fette können entweder zu Biodiesel um-

geestert oder durch Hydrierung in paraVni-

sche Kra�sto�e (hydriertes P�anzenöl,

Hydro-Treated Vegetable Oil HVO) umge-

wandelt werden.

Konventionelle Kraftstoffe

Erdöl ist ein Gemisch aus einer Vielzahl von

Kohlenwassersto�en und wird in RaVnerien

verarbeitet. Benzin, Kerosin, Dieselkra�sto�

und Schweröle sind typische RaVneriepro-

dukte, deren Mengenverhältnis durch die

technische Ausstattung der RaVnerie be-

stimmt wird und nur eingeschränkt einer

sich ändernden Marktnachfrage angepasst

werden kann. Bei der Destillation des Erdöls

wird das Gemisch an Kohlenwassersto�en in

Gruppen (Fraktionen) ähnlicher Molekül-

größe aufgetrennt. Bei der Destillation unter

Atmosphärendruck werden die leicht sie-

denden Anteile wie Gase, Benzine und Mit-

teldestillat abgetrennt. Eine Vakuumdestilla-

tion des Rückstandes liefert leichtes und

schweres Vakuumgasöl, die die Grundlage

für Diesel und leichtes Heizöl bilden. Der

bei der „Vakuumdestillation“ verbleibende

Klop�estigkeit. Iso-ParaVne und Aromaten

sind Kra�stoComponenten mit hoher

Klop�estigkeit. Die meisten Ottokra�sto�e,

die heute angeboten werden, enthalten sauer-

stoXaltige Komponenten (Oxygenates). Da-

bei ist insbesondere Ethanol von Bedeutung,

da die „EU-Biofuels Directive“ Mindestge-

halte an erneuerbaren Kra�sto�en vorgibt,

die in vielen Staaten mit Bioethanol realisiert

werden. Länder wie China, die vorhaben, ih-

ren hohen Kra�sto"edarf aus Kohle zu de-

cken, werden zukün�ig verstärkt auf Metha-

nol setzen. Aber auch die aus Methanol oder

Ethanol herstellbaren Ether MTBE (Methyl-

tertiärbutylether) bzw. ETBE (Ethyltertiärbu-

tylether) werden eingesetzt, von denen in Eu-

ropa derzeit bis zu 22 Volumenprozent

zugegeben werden dürfen.

Reformulated Gasoline bezeichnet Otto-

kra�sto�, der durch eine veränderte Zusam-

mensetzung niedrigere Verdampfungs- und

Schadsto�emissionen verursacht als her-

kömmliches Benzin. Die Anforderungen an

Reformulated Gasoline sind in den USA im

Clean Air Act von 1990 festgelegt. Es sind

z. B. niedrigere Grenzwerte für Dampfdruck,

Aromaten- und Benzolgehalt sowie für das

Siedeende vorgegeben. Die Zugabe von Ad-

ditiven zur Reinhaltung des Einlasssystems

ist ebenfalls vorgeschrieben.

Herstellung

Bei der Produktion von Kra�sto�en wird

zwischen fossilen und regenerativen Verfah-

ren unterschieden (siehe Bild 12). Kra�sto�e

werden überwiegend aus fossilem Erdöl her-

gestellt. Erdgas als zweiter fossiler Energie-

träger spielt eine untergeordnete Rolle – so-

wohl in der Direktnutzung als gasförmiger

Kra�sto�, als auch als Ausgangsprodukt für

die Herstellung von synthetischen paraVni-

schen Kra�sto�en. Das für die Herstellung

synthetischer Kra�sto�e benötigte Synthese-

gas kann auch aus Kohle erzeugt werden.

Kohle als Rohsto� wird allerdings nur unter

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41Kraftstoffversorgung Ottokraftstoffe

Ottokra�sto�en zur Erhöhung der Oktan-

zahl beitragen. Bei der RaVnation im Hyd-

ro�ner wird im Wesentlichen der Schwefel

entfernt. Alkohole und viele Additive wer-

den dem Kra�sto� erst am Ende der RaVne-

rieprozesse zugesetzt.

Alkohole und Ether

Herstellung aus Zucker und Stärke

Bioethanol kann aus allen zucker- und stär-

kehaltigen Produkten gewonnen werden und

ist der weltweit am meisten produzierte Bio-

kra�sto�. Zuckerhaltige P�anzen (Zucker-

Rückstand wird zu schwerem Heizöl und Bi-

tumen verarbeitet.

Die aus der Destillation hervorgehenden

Mengen an unterschiedlichen Produkt-

fraktionen entsprechen weder den Markter-

fordernissen, noch wird die erforderliche

Produktqualität erreicht. Größere Kohlen-

wassersto�moleküle können durch Cracken

mit Wassersto� (Hydrocracken) oder in

Gegenwart von Katalysatoren weiter aufge-

spalten werden. Bei Umwandlungen im Re-

former entstehen aus linearen Kohlenwas-

sersto�en verzweigte Moleküle, die bei

Anforderungen Einheit Spezifikationswert

Klopffestigkeit Minimalwert Maximalwert

Research-Oktanzahl Super

Motor-Oktanzahl Super

95

85

Research-Oktanzahl Super Plus

(für Deutschland)

Motor-Oktanzahl Super Plus

(für Deutschland)

98

88

Dichte (bei 15 °C) kg/m³ 720 775

Ethanolgehalt für E5

Ethanolgehalt für E10

Volumenprozent

Volumenprozent

5,0

10,0

Methanolgehalt Volumenprozent – 3,0

Sauerstoffgehalt für E5

Sauerstoffgehalt für E10

Massenprozent

Massenprozent

2,7

3,7

Benzol Volumenprozent – 1,0

Schwefelgehalt mg/kg – 10,0

Blei mg/l – 5,0

Mangangehalt bis 2013

Mangangehalt ab 2014

mg/l

mg/l

6,0

2,0

Flüchtigkeit

Dampfdruck im Sommer kPa 45 60

Dampfdruck im Winter

(für Deutschland)

kPa 60 90

Verdampfte Menge

bei 70 °C im Sommer

Volumenprozent 20 (22 für E10) 48 (50 für E10)

Verdampfte Menge

bei 70 °C im Winter

Volumenprozent 22 (24 für E10) 50 (52 für E10)

Verdampfte Menge bei 100 °C Volumenprozent 46 71 (72 für E10)

Verdampfte Menge bei 150 °C Volumenprozent 75 –

Siedeende °C – 210

Tabelle 2

Ausgewählte Anforde-rungen an Ottokraftstof-fe gemäß DIN EN 228

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42 Kraftstoffversorgung Ottokraftstoffe

höheren Heizwert und eine höhere Oktan-

zahl als Ethanol haben, sind chemisch stabile

Komponenten mit guter Materialverträglich-

keit. Sie haben daher sowohl aus logistischer

als auch motorischer Sicht Vorteile gegen-

über der Verwendung von Alkoholen als

Blendkomponente. Aus Gründen der Nach-

haltigkeit wird überwiegend ETBE aus Bio-

ethanol eingesetzt.

Normung

Die europäische Norm EN 228 (Tabelle 2)

de�niert die Anforderungen für bleifreies

Benzin zur Verwendung in Ottomotoren. In

den nationalen Anhängen sind weitere, län-

derspezi�sche Kennwerte festgelegt. Verblei-

te Ottokra�sto�e sind in Europa nicht zuge-

lassen. In den USA sind Ottokra�sto�e in

der Norm ASTM D 4814 (American Society

for Testing and Materials) spezi�ziert.

Bioethanol ist aufgrund seiner Eigenschaf-

ten sehr gut zur Beimischung in Ottokra�-

sto�en geeignet, insbesondere, um die Ok-

tanzahl von reinem mineralölbasiertem

Ottokra�sto� anzuheben.

Nachdem der Ethanolgehalt in der euro-

päischen Ottokra�sto�norm EN 228 lange

auf 5 Volumenprozent (E5) begrenzt war,

enthält die Ausgabe von 2013 an erster Stelle

eine Spezi�kation für 10 Volumenprozent

Ethanol (E10). Im europäischen Markt sind

derzeit noch nicht alle Fahrzeuge mit Mate-

rialien ausgerüstet, die einen Betrieb mit E10

erlauben. Als zweite Qualität wird deshalb

eine Bestandschutzsorte mit einem maxima-

len Ethanolgehalt von 5 Volumenprozent

beibehalten.

Nahezu alle Ottokra�sto�normen er-

lauben die Zugabe von Ethanol als Blend-

komponente. In den USA enthält der

überwiegende Anteil der Ottokra�sto�e

10 Volumenprozent Ethanol (E10).

Bioethanol kann in Ottomotoren von Fle-

xible-Fuel-Fahrzeugen (FFV, Flexible Fuel

Vehicles) auch als Reinkra�sto� (z. B. in Bra-

rohr, Zuckerrüben) werden mit Hefe fer-

mentiert, der Zucker wird dabei zu Ethanol

vergoren. Bei der Bioethanolgewinnung aus

Stärke werden Getreide wie Mais, Weizen

oder Roggen mit Enzymen vorbehandelt,

um die langkettigen Stärkemoleküle teilzu-

spalten. Bei der anschließenden Verzucke-

rung erfolgt eine Spaltung in Dextrosemole-

küle mit Hilfe von Glucoamylase. Durch

Fermentation mit Hefe wird in einem weite-

ren Prozessschritt Bioethanol erzeugt.

Herstellung aus Lignocellulose

Die Verfahren, die Bioethanol aus Lignocel-

lulose herstellen, stehen großtechnisch noch

nicht zur Verfügung, haben aber den Vorteil,

dass die ganze P�anze verwendet werden

kann und nicht nur der zucker- oder stärke-

haltige Anteil. Lignocellulose, die das Struk-

turgerüst der p�anzlichen Zellwand bildet

und als Hauptbestandteile Lignin, Hemicel-

lulosen und Cellulose enthält, muss che-

misch oder enzymatisch aufgespalten wer-

den. Wegen des neuartigen Ansatzes spricht

man auch von Bioethanol der 2. Generation.

Herstellung aus Synthesegas

Methanol wird in katalytischen Verfahren

aus Synthesegas, einem Gemisch von Koh-

lenmonoxid und Wassersto�, hergestellt.

Das zur Produktion erforderliche Synthese-

gas wird im Wesentlichen nicht regenerativ,

sondern aus fossilen Energieträgern wie

Kohle und Erdgas erzeugt und leistet keinen

Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissio-

nen. Wird Synthesegas hingegen aus Bio-

masse gewonnen, kann daraus „Biometha-

nol“ hergestellt werden.

Herstellung der Ether

Methyltertiärbutylether (MTBE) und Ethyl-

tertiärbutylether (ETBE) werden durch säu-

rekatalysierte Addition von Methanol bzw.

Ethanol an Isobuten hergestellt. Die Ether,

die einen niedrigeren Dampfdruck, einen

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43Kraftstoffversorgung Ottokraftstoffe

der Entschwefelung eine Vorreiterrolle über-

nommen und bereits 2003 durch steuerliche

Maßnahmen schwefelfreie Kra�sto�e etab-

liert. In den USA liegt seit 2006 der Grenz-

wert für den Schwefelgehalt von kommerzi-

ell für den Endverbraucher erhältlichen

Ottokra�sto�en bei max. 80 mg/kg, wobei

zusätzlich ein Durchschnittswert von 30 mg/

kg für die Gesamtmenge des verkau�en und

importierten Kra�sto�s nicht überschritten

werden darf. Einzelne Bundesstaaten, z. B.

Kalifornien, haben niedrigere Grenzwerte

festgelegt.

Heizwert

Für den Energieinhalt von Kra�sto�en wird

üblicherweise der spezi�sche Heizwert Hu

(früher als unterer Heizwert bezeichnet) an-

gegeben; er entspricht der bei vollständiger

Verbrennung freigesetzten nutzbaren Wärme-

menge. Der spezi�sche Brennwert Ho (früher

als oberer Heizwertbezeichnet) hingegen gibt

die gesamte freigesetzte Reaktionswärme an

und umfasst damit neben der nutzbaren

Wärme auch die im entstehenden Wasser -

dampf gebundene Wärme (latente Wärme).

Dieser Anteil wird jedoch im Fahrzeug nicht

genutzt. Der spezi�sche Heizwert Hu von Ot-

tokra�sto� beträgt 40,1…41,8 MJ/kg. Sauer-

stoXaltige Kra�sto�e oder Kra�stoCompo-

nenten (Oxygenates) wie Alkohole und Ether

haben einen geringeren Heizwert als reine

Kohlenwassersto�e, weil der in ihnen gebun-

dene Sauersto� nicht an der Verbrennung

teilnimmt. Eine mit üblichen Kra�sto�en ver-

gleichbare Motorleistung führt daher zu ei-

nem höheren Kra�sto�verbrauch.

Gemischheizwert

Der Heizwert des brennbaren Lu�-Kra�-

sto�-Gemischs bestimmt die Leistung des

Motors. Der Gemischheizwert liegt bei stö-

chiometrischem Lu�-Kra�sto�-Verhältnis

für alle �üssigen Kra�sto�e und Flüssiggase

bei ca. 3,5…3,7 MJ/ m 3 .

silien) verwendet werden. Diese Fahrzeuge

können sowohl mit Ottokra�sto� als auch

mit jeder Mischung aus Ottokra�sto� und

Ethanol betrieben werden. Um einen Kalt-

start bei tiefen Temperaturen zu gewährleis-

ten, wird die maximale Ethanolkonzentrati-

on (von 85 % im Sommer) im Winter ent-

sprechend der Anforderungen auf 50–85 %

reduziert. Die Qualität von E85 ist für Euro-

pa in der technischen Spezi�kation CEN/TS

15293 und in den USA in der ASTM D 5798

de�niert.

In Brasilien werden Ottokra�sto�e grund-

sätzlich nur als Ethanolkra�sto�e angeboten,

überwiegend mit einem Ethanolanteil von

18…26 Volumenprozent, aber auch als rei-

nes Ethanol (E100, das etwa 7 % Wasser ent-

hält). In China kommt neben E10 auch

Methanol-Kra�sto� zum Einsatz. Für kon-

ventionelle Ottomotoren liegt die Obergren-

ze bei 15 % Methanol (M15). Aufgrund

negativer Erfahrungen mit Methanolkra�-

sto�en während der Ölkrise 1973 und auch

wegen der Toxizität ist man in Deutschland

von der Verwendung von Methanol als

Blendkomponente wieder abgekommen.

Weltweit betrachtet werden derzeit nur ver-

einzelt Methanolbeimengungen durchge-

führt, dann meist mit einem Anteil von ma-

ximal 3 % (M3).

Physikalisch-chemische Eigenschaften

Schwefelgehalt

Zur Minderung der SO2-Emissionen und

zum Schutz der Katalysatoren zur Abgas-

nachbehandlung wurde der Schwefelgehalt

von Ottokra�sto�en ab 2009 europaweit auf

10 mg/kg begrenzt. Kra�sto�e, die diesen

Grenzwert einhalten, werden als „schwefel-

freie Kra�sto�e“ bezeichnet. Damit ist die

letzte Stufe der Entschwefelung von Kra�-

sto�en erreicht. Vor 2009 war in Europa nur

noch schwefelarmer Kra�sto� (Schwefelge-

halt unter 50 mg/kg) zugelassen, der Anfang

2005 eingeführt wurde. Deutschland hat bei

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44 Kraftstoffversorgung Ottokraftstoffe

festigkeit erhöht werden. Metallhaltige Ad-

ditve zur Erhöhung der Oktanzahl, z. B.

MMT (Methylcyclopentadienyl Mangan Tri-

carbonyl) bilden Asche während der Ver-

brennung. Die Zugabe von MMT wird des-

halb in der EN 228 durch einen Grenzwert

für Mangan im Spurenbereich ausgeschlos-

sen.

Flüchtigkeit

Die Flüchtigkeit von Ottokra�sto� ist nach

oben und nach unten begrenzt. Auf der ei-

nen Seite sollen genügend leicht�üchtige

Komponenten enthalten sein, um einen si-

cheren Kaltstart zu gewährleisten. Auf der

anderen Seite darf die Flüchtigkeit nicht so

hoch sein, dass es bei höheren Temperaturen

zur Unterbrechung der Kra�sto�zufuhr

durch Gasblasenbildung (Vapour-Lock) und

in der Folge zu Problemen beim Fahren oder

beim Heißstart kommt. Darüber hinaus sol-

len die Verdampfungsverluste zum Schutz

der Umwelt gering gehalten werden.

Die Flüchtigkeit des Kra�sto�s wird durch

verschiedene Kenngrößen beschrieben. In

der Norm EN 228 sind für E5 und E10 je-

weils zehn verschiedene Flüchtigkeitsklassen

spezi�ziert, die sich in Siedeverlauf, Dampf-

druck und dem Vapour-Lock-Index (VLI)

unterscheiden. Die einzelnen Nationen kön-

nen, je nach den spezi�schen klimatischen

Gegebenheiten, einzelne dieser Klassen in

ihren nationalen Anhang übernehmen. Für

Sommer und Winter werden unterschiedli-

che Werte in der Norm festgelegt.

Siedeverlauf

Für die Beurteilung des Kra�sto�s im Fahr-

zeugbetrieb sind die einzelnen Bereiche der

Siedekurve getrennt zu betrachten. In der

Norm EN 228 sind deshalb Grenzwerte für

den verdamp�en Anteil bei 70 °C, bei 100 °C

und bei 150 °C festgelegt. Der bis 70 °C ver-

damp�e Kra�sto� muss einen Mindestanteil

erreichen, um ein leichtes Starten des kalten

Dichte

Die Dichte von Ottokra�sto�en ist in der

Norm EN 228 auf 720...775 kg/ m 3 begrenzt.

Klopffestigkeit

Die Oktanzahl kennzeichnet die Klopf-

festigkeit eines Ottokra�sto�s. Je höher die

Oktanzahl ist, desto klop�ester ist der Kra�-

sto�. Dem sehr klop�esten Iso-Oktan (Tri-

methylpentan) wird die Oktanzahl 100, dem

sehr klop�reudigen n-Heptan die Oktan-

zahl 0 zugeordnet. Die Oktanzahl eines

Kra�sto�s wird in einem genormten Prüf-

motor bestimmt: Der Zahlenwert entspricht

dem Anteil (in Volumenprozent) an Iso-Ok-

tan in einem Gemisch aus Iso-Oktan und

n-Heptan mit dem gleichen Klopfverhalten

wie der zu prüfende Kra�sto�.

Die Research-Oktanzahl (ROZ) nennt

man die nach der Research-Methode [3] be-

stimmte Oktanzahl. Sie kann als maßgeblich

für das Beschleunigungsklopfen angesehen

werden. Die Motor-Oktanzahl (MOZ) nennt

man die nach der Motor-Methode [2] be-

stimmte Oktanzahl. Sie beschreibt vorwie-

gend die Eigenscha�en hinsichtlich des

Hochgeschwindigkeitsklopfens. Die Motor-

Methode unterscheidet sich von der Re-

search-Methode durch Gemischvorwär-

mung, höhere Drehzahl und variable

Zündzeitpunkteinstellung, wodurch sich

eine höhere thermische Beanspruchung des

zu untersuchenden Kra�sto�s ergibt. Die

MOZ-Werte sind niedriger als die ROZ-

Werte.

Erhöhen der Klopffestigkeit

Normales Destillat-Benzin hat eine niedrige

Klop�estigkeit. Erst durch Vermischen mit

verschiedenen klop�esten RaVneriekompo-

nenten (katalytische Reformate, Isomerisate)

ergeben sich für moderne Motoren geeignete

Kra�sto�e mit hoher Oktanzahl. Durch Zu-

satz von sauerstoXaltigen Komponenten

wie Alkoholen und Ethern kann die Klopf-

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45Kraftstoffversorgung Ottokraftstoffe

de�niertem Gegendruck und de�nierter

Temperatur bezeichnet. Sinkt der Gegen-

druck (z. B. bei Bergfahrten) oder erhöht

sich die Temperatur, so steigt das Dampf-

Flüssigkeits-Verhältnis, wodurch Fahrstö-

rungen verursacht werden können. In der

Norm ASTM D 4814 wird z. B. für jede

Flüchtigkeitsklasse eine Temperatur de�-

niert, bei der ein Dampf-Flüssigkeits-Ver-

hältnis von 20 nicht überschritten werden

darf.

Vapor-Lock-Index

Der Vapour-Lock-Index (VLI) ist die rech-

nerisch ermittelte Summe des zehnfachen

Dampfdrucks (in kPa bei 37,8 °C) und der

siebenfachen Menge des bis 70 °C verdampf-

ten Volumenanteils des Kra�sto�s. Mit die-

sem zusätzlichen Grenzwert kann die Flüch-

tigkeit des Kra�sto�es weiter eingeschränkt

werden, mit der Folge, dass bei dessen Her-

stellung nicht beide Maximalwerte von

Dampfdruck und Siedekennwerten gleich-

zeitig realisiert werden können.

Besonderheiten bei Alkoholkraftstoffen

Der Zusatz von Alkoholen ist mit einer Er-

höhung der Flüchtigkeit insbesondere bei

höheren Temperaturen verbunden. Außer-

dem kann Alkohol Materialien im Kra�sto�-

system schädigen, z. B. zu Elastomerquellung

führen und Alkoholatkorrosion an Alumini-

umteilen auslösen. In Abhängigkeit vom Al-

koholgehalt und von der Temperatur kann

es selbst bei Zutritt von nur geringen Men-

gen an Wasser zur Entmischung kommen.

Bei der Phasentrennung geht Alkohol aus

dem Kra�sto� in eine zweite wässrige Alko-

holphase über. Das Problem der Entmi-

schung besteht bei den Ethern nicht.

Additive

Additive können zur Verbesserung der

Kra�sto�qualität zugesetzt werden, um Ver-

schlechterungen im Fahrverhalten und in

Motors zu gewährleisten (das war vor allem

früher wichtig für Vergaserfahrzeuge). Der

verdamp�e Anteil darf aber auch nicht zu

groß sein, weil es sonst im heißen Zustand

zu Damp�lasenbildung kommen kann. Der

bei 100 °C verdamp�e Kra�sto�anteil be-

stimmt neben dem Anwärmverhalten v. a.

Betriebsbereitscha� und Beschleunigungs-

verhalten des warmen Motors. Das bis

150 °C verdamp�e Volumen soll nicht zu

niedrig liegen, um eine Motorölverdünnung

zu vermeiden. Besonders bei kaltem Motor

verdampfen die schwer�üchtigen Kompo-

nenten des Ottokra�sto�s schlecht und kön-

nen aus dem Brennraum über die Zylinder-

wände ins Motoröl gelangen.

Dampfdruck

Der bei 37,8 °C (100 °F) nach EN 13016-1

gemessene Dampfdruck von Kra�sto�en ist

in erster Linie eine Kenngröße, mit der die

sicherheitstechnischen Anforderungen im

Fahrzeugtank de�niert werden. Der Dampf-

druck wird in allen Spezi�kationen nach un-

ten und oben limitiert. Er beträgt z. B. für

Deutschland im Sommer maximal 60 kPa

und im Winter maximal 90 kPa. Für die

Auslegung einer Einspritzanlage ist die

Kenntnis des Dampfdrucks auch bei höhe-

ren Temperaturen (80...100 °C) wichtig, da

sich ein Anstieg des Dampfdrucks durch Al-

koholzumischung insbesondere bei höheren

Temperaturen zeigt. Steigt der Dampfdruck

des Kra�sto�s z. B. während des Fahrzeug-

betriebs durch Ein�uss der Motortemperatur

über den Systemdruck der Einspritzanlage,

kann es zu Funktionsstörungen durch

Damp�lasenbildung kommen.

Dampf-Flüssigkeits-Verhältnis

Das Dampf-Flüssigkeits-Verhältnis (DFV)

ist ein Maß für die Neigung eines Kra�sto�s

zur Damp�ildung. Als Dampf-Flüssigkeits-

Verhältnis wird das aus einer Kra�sto�-

einheit entstandene Dampfvolumen bei

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46 Kraftstoffversorgung Ottokraftstoffe

Metalldesaktivatoren

Einzelne Additive haben auch die Eigen-

scha�, durch Bildung stabiler Komplexe die

katalytische Wirkung von Metallionen zu

deaktivieren.

Gasförmige Kraftstoffe

Erdgas

Der Hauptbestandteil von Erdgas ist Methan

(C H 4 ) mit einem Mindestanteil von 80 %.

Weitere Bestandteile sind Inertgase wie Koh-

lendioxid oder Sticksto� und kurzkettige

Kohlenwassersto�e. Auch Sauersto� und

Wassersto� sind enthalten. Erdgas ist weltweit

verfügbar und erfordert nach der Förderung

nur einen relativ geringen Aufwand zur Auf-

bereitung. Je nach Herkun� variiert jedoch

die Zusammensetzung des Erdgases, wodurch

sich Schwankungen bei Dichte, Heizwert und

Klop�estigkeit ergeben. Die Eigenscha�en

von Erdgas als Kra�sto� sind für Deutschland

in der Norm DIN 51624 festgelegt. Ein euro-

päischer Standard für Erdgas, der auch die

Qualitätsanforderungen an Biomethan be-

rücksichtigt, ist in Bearbeitung.

Biomethan lässt sich aus Biomasse, z. B.

aus Jauche, Grünschnitt oder Abfällen ge-

winnen und weist bei der Verbrennung im

Vergleich zu fossilem Erdgas deutlich redu-

zierte C O 2 -Gesamtemissionen auf. Für die

Erzeugung von Methan durch Elektrolyse

von Wasser mit Strom aus erneuerbaren

Energien und Umsetzung des erzeugten

Wassersto�s H2 mit Kohlendioxid C O 2 gibt

es erste Pilotanlagen.

Erdgas wird entweder gasförmig kompri-

miert (CNG, Compressed Natural Gas) bei

einem Druck von 200 bar gespeichert oder

es be�ndet sich als ver�üssigtes Gas (LNG,

Liquid Natural Gas) bei –162 °C in einem

kältefesten Tank. Ver�üssigtes Gas benötigt

nur ein Drittel des Speichervolumens von

komprimiertem Erdgas, die Speicherung er-

fordert jedoch einen hohen Energieaufwand

zur Ver�üssigung. Deshalb wird Erdgas an

der Abgaszusammensetzung während des

Fahrzeugbetriebs entgegenzuwirken. Einge-

setzt werden meist Pakete aus Einzelkompo-

nenten mit verschiedenen Wirkungen. Sie

müssen in ihrer Zusammensetzung und

Konzentration sorgfältig abgestimmt und

erprobt sein und dürfen keine negativen Ne-

benwirkungen haben.

In der RaVnerie erfolgt eine Basisadditi-

vierung zum Schutz der Anlagen und zur

Sicherstellung einer Mindestqualität der

Kra�sto�e. An den Abfüllstationen der Raf-

�nerie können beim Befüllen der Tankwa-

gen markenspezi�sche Multifunktionsaddi-

tive zur weiteren Qualitätsverbesserung

zugegeben werden (Endpunktdosierung).

Eine nachträgliche Zugabe von Additiven in

den Fahrzeugtank birgt bei Unverträglich-

keit das Risiko von technischen Störungen.

Detergentien

Die Reinhaltung des gesamten Einlasssys-

tems (Einspritzventile, Einlassventile) ist

eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt

der im Neuzustand optimierten Gemisch-

einstellung und -au�ereitung und somit

grundlegend für einen störungsfreien Fahr-

betrieb und die Schadsto�minimierung im

Abgas. Aus diesem Grund sollten dem Kra�-

sto� wirksame Reinigungsadditive (Deter-

gentien) zugesetzt sein.

Korrosionsinhibitoren

Der Eintrag von Wasser kann zu Korrosion

im Kra�sto�system führen. Durch den Zu-

satz von Korrosionsinhibitoren, die sich als

dünner Film auf der Metallober�äche anla-

gern, kann Korrosion wirksam unterbunden

werden.

Oxidationsstabilisatoren

Die den Kra�sto�en zugesetzten Alterungs-

schutzmittel (Antioxidantien) erhöhen die

Lagerstabilität. Sie verhindern eine rasche

Oxidation durch Lu�sauersto�.

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47Kraftstoffversorgung Literatur

sem Verfahren wird CO2 freigesetzt, sodass

sich insgesamt nicht zwangsläu�g ein CO2-

Vorteil gegenüber Benzin, Diesel oder der

direkten Verwendung von Erdgas im Ver-

brennungsmotor ergibt. Eine Verringerung

der CO2-Emissionen ergibt sich dann, wenn

der Wassersto� regenerativ aus Biomasse

oder durch Elektrolyse aus Wasser herge-

stellt wird, sofern dafür regenerativ erzeugter

Strom eingesetzt wird. Lokal treten bei der

Verbrennung von Wassersto� im Motor kei-

ne CO2-Emissionen auf.

Speicherung

Wassersto� hat zwar eine sehr hohe gewichts-

bezogene Energiedichte (ca. 120 MJ/kg, sie ist

damit fast dreimal so hoch wie die von Ben-

zin), die volumenbezogene Energiedichte ist

jedoch wegen der geringen spezi�schen Dich-

te sehr gering. Für die Speicherung bedeutet

dies, dass der Wassersto� entweder unter

Druck (bei 350…700 bar) oder durch Ver�üs-

sigung (Kryogenspeicherung bei −253 °C)

komprimiert werden muss, um ein akzeptab-

les Tankvolumen zu erzielen. Eine weitere

Möglichkeit ist die Speicherung als Hydrid.

Einsatz im Kfz

Wassersto� kann sowohl in Brennsto�zel-

lenantrieben als auch direkt in Verbren-

nungsmotoren eingesetzt werden. Langfris-

tig wird der Schwerpunkt bei der Nutzung in

Brennsto�zellen erwartet. Hier wird ein bes-

serer Wirkungsgrad als beim H2-Verbren-

nungsmotor erreicht.

Literatur

[1] DIN EN 228: Januar 2013, Unverbleite Otto-

kra�sto�e – Anforderungen und Prüfverfah-

ren

[2] EN ISO 5163:2005, Bestimmung der Klopf-

festigkeit von Otto und Flugkra�sto�en –

Motor -Verfahren

[3 ] EN ISO 5164:2005, Bestimmung der Klopf-

festigkeit von Ottokra�sto�en – Research -

Verfahren

den Erdgas-Tankstellen in Deutschland fast

ausschließlich in komprimierter Form ange-

boten. Erdgasfahrzeuge zeichnen sich durch

niedrige CO2-Emissionen aus, bedingt durch

den geringeren Kohlensto�anteil des Erdga-

ses im Vergleich zum �üssigen Ottokra�-

sto�. Das Wassersto�-Kohlensto�-Verhältnis

von Erdgas beträgt ca. 4 : 1, das von Benzin

hingegen 2,3 : 1. Bedingt durch den geringe-

ren Kohlensto�anteil des Erdgases entsteht

bei seiner Verbrennung weniger CO2 und

mehr H2O als bei Benzin. Ein auf Erdgas

eingestellter Ottomotor erzeugt schon ohne

weitere Optimierung ca. 25 % weniger CO2-

Emissionen als ein Benzinmotor (bei ver-

gleichbarer Leistung). Durch die sehr hohe

Klop�estigkeit des Erdgases von bis zu

130 ROZ (im Vergleich dazu liegt Benzin bei

91...100 ROZ) eignet sich der Erdgasmotor

ideal zur Turboau�adung und lässt eine Er-

höhung des Verdichtungsverhältnisses zu.

Flüssiggas

Flüssiggas (LPG, Liquid Petroleum Gas, auch

als Autogas bezeichnet) fällt bei der Gewin-

nung von Rohöl an und entsteht bei verschie-

denen RaVnerieprozessen. Es ist ein Ge-

misch aus den Hauptkomponenten Propan

und Butan. Es lässt sich bei Raumtemperatur

unter vergleichsweise niedrigem Druck ver-

�üssigen. Durch den geringeren Kohlensto�-

anteil gegenüber Benzin entstehen bei der

Verbrennung ca. 10 % weniger CO2. Die

Oktanzahl beträgt ca. 100…110 ROZ. Die

Anforderungen an Flüssiggas für den Einsatz

in Kra�fahrzeugen sind in der europäischen

Norm EN 589 festgelegt.

Wasserstoff

Wassersto� kann durch chemische Verfah-

ren aus Erdgas, Kohle, Erdöl oder aus Bio-

masse sowie durch Elektrolyse von Wasser

erzeugt werden. Heute wird Wassersto�

überwiegend großindustriell durch Dampf-

reformierung aus Erdgas gewonnen. Bei die-