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Psychosoziale Krisen

Definition

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Krisendefinition

In der Fachliteratur findet man häufig eine Definition nach Gerald Caplan (1961)…

Unter Krise ist eine „akute Überforderung eines gewohnten Verhaltens- respektive Copingsystems durch belastende äußere oder innere Erlebnisse zu verstehen.“

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Psychosoziale Krisen

Definition von Reiter & Strotzka (1977)

"Als psychosoziale Krisen können bezeichnet werden:

vorwiegend akute Ereignisse und/oder Erlebnisse,

die überraschend eintreten,

in der Regel einen Verlust mit sich bringen,

den Charakter des Bedrohlichen haben, da sie Ziele und Werte in Frage stellen;

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Psychosoziale Krisen

von Angst, Insuffizienzgefühlen und Hilflosigkeit

begleitet sind,

Entscheidungen und Anpassungsleistungen in relativ kurzer Zeit erzwingen,

dabei die Problembewältigungskapazität aufs äußerste beanspruchen bzw. überfordern;

deren Ausgang ungewiss ist und die

die Chance zur Neuorientierung bieten."

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Rolle der Bewertung

Als Ergänzung ist der Ansatz von Ulich (1987) wichtig, der die subjektive Bewertung betont…

Rolle der Einschätzung der Situation und der Bewältigungsmöglichkeiten und

subjektiven Bewertung/ Bedeutung für das Individuum

Rolle der Bewertung

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Bewältigung von Krisen

Sonneck (1998) beschreibt bestimmte Einflussfaktoren für die Bewältigung von Krisen…

Krisenanlass, Konflikt

Vulnerabilität und Disposition

Subjektive Bedeutung und Bewertung

vorhandene Ressourcen: sozial, materiell, etc.

Wahrnehmen von Hilfsmöglichkeiten

Reaktion der Umwelt

Ausmaß sozialer Integration

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Krise im beruflichen Kontext

Dynamik von Krisensituationen stellt hohe Anforderungen an die HelferInnen.Krisensituationen sind gekennzeichnet durch…

Charakteristika wie Unkontrollierbarkeit, Unvorhersehbarkeit der Entwicklung, Mehrdeutigkeit sowie Antizipation von negativen Konsequenzen (Mason, 1968).Hohe eigene emotionale BetroffenheitNotwendigkeit Entscheidungen zu treffenGroßer ZeitdruckInformationsmangel…

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KRISENMANAGEMENT

Blickwinkel erweiternFokus nicht nur auf Krisenintervention sondern auch in Richtung KrisenmanagementSituation – Reaktion –ProzessPrävention-Intervention-Reflexion

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Kinder und Trauma

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Trauma

Was ist ein Trauma? Ist es dasselbe für Kinder und Erwachsene?

Typische Reaktionen? Dieselben für Kinder und Erwachsene?

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Trauma (Fischer & Riedesser)

Trauma erzeugt eine Lücke zwischen

wahrgenommener Bedrohung

und der Fähigkeit diese zu bewältigen

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Trauma (Fischer & Riedesser)

Dies führt zu einer Erschütterung der

Grundannahmen über Selbst und Welt

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Grundannahmen (Janoff-Bulman)

Gutartigkeit der Welt

„Die Welt um mich herum ist ein sicherer Ort.“ „Nur wer unvorsichtig

ist, dem passiert etwas.“

Sinnhaftigkeit der Welt

„Die Welt ist gerecht.“ „Personen verdienen was sie bekommen und sie

bekommen was sie verdienen“

Selbstwert

„Ich kann notwendige Dinge selbst tun.“ „Ich kann meine Familie

beschützen“

Diese Grundannahmen hängen eng mit unserem Gefühl der

Verwundbarkeit zusammen.

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Grundannahmen, Basic assumptions (Janoff-Bulman)

Gestörtes Grundvertrauen in Welt und Bezugspersonen

(verstärktes Zuwendungsbedürfnis)

Erschütterung von Grundwerten (erhöhtes Informationsbedürfnis)

Erschütterter Selbstwert (Bedürfnis nach Wiedererlangung von Kontrolle)

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Traumasymptome sind normale Reaktionen auf abnormale Ereignisse

• Trauma führt im allgemeinen zu Stresserleben und einem Gefühl der Störung. Die unmittelbaren Reaktionen können zu längerfristigen Störungen werden

• Frühe Symptome sind vielfältig. • Sie können als Teil des Heilungsprozesses

betrachtet werden

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Akute Belastungsreaktion- in und unmittelbar nach der Krise

Definition laut ICD 10:

Emotionale Taubheit und Dissoziation

Bewusstseinseinengung und Desorganisiertheit

Überwältigung

Übererregtheit

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Symptomatik der PTBS – Besonderheiten bei Kindern (Tabelle v. Weinberg 2005)

Allgemein gültig Spezifisch für Kinder

Übererregung:

Schlafstörungen

Reizbarkeit und Wut

Konzentrationsschwierigkeiten

Hypervigilanz

Übertriebene Schreckreaktionen

Nächtliches Aufwachen

Angst vor dem Zubettgehen

Hyperaktivität

Ungehorsam und Aggressivität

Extreme und schnelle Stimmungswechsel

Provokation von körperl. Strafen und anderen Schmerzen

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Symptomatik der PTBS – Besonderheiten bei Kindern (Tabelle v. Weinberg 2005)

Allgemein gültig Spezifisch für Kinder

Wiedererleben

Beständig traumabezogene Affekte

Intrusive Erinnerungen

Träume mit wiedererkennbarem Inhalt

Posttraumatisches Spiel

Wiederinszenierung im Spiel

Alpträume mit/ohne spezifischen Inhalt

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Symptomatik der PTBS – Besonderheiten bei Kindern (Tabelle v.

Weinberg 2005)

Allgemein gültig Spezifisch für Kinder

Vermeiden

Vermeidung von Gedanken, Gefühlen, Gesprächen, Aktivitäten, Erinnerungen

Vermindertes Interesse

Entfremdungsgefühle

Eingeschränkte Affekte

Eingeschränkte Körperwahrnehmung

Hoffnungslosigkeit

Abflachung der allg. Reagibilität

Eingeschränkte Spielfähigkeit

Vermeiden von Ruhephasen

Sozialer Rückzug

Regression

Leben in heilen Phantasiewelten

Gefühl ständiger Langeweile und Leere

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Zusatzsymptome bei Kindern

RegressionAggressionTrennungsangst, KlammernRückzug

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Psychoedukation in einfachen Worten

Dipl. Psych. Stefanie RöschVortrag gehalten auf der KIT-

Tagung in Innsbruck 2004

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Warum zittere ich immer noch?

Übersetzung: Was ist akuter Stress?

Erste Antwort: „Das ist Stress. Wenn man in Gefahr ist, dann macht der Körper sich bereit für Kampf oder Flucht und das Zittern kommt von der Energie, die noch übrig ist.“

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Warum kann ich nicht schlafen?

Übersetzung: Was ist andauernder Stress?

Erste Antwort: „Das macht der Stress. Das, was Sie erlebt haben, war so bedrohlich, dass der Körper besonders viel Stresshormone ausgeschüttet hat und diese nur langsam wieder abbauen kann. Das kann ein paar Tage dauern, bis du wieder gut schlafen kannst. Das ist eine sehr häufige Reaktion.“

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Warum sehe ich die Bilder?

Übersetzung: Wie funktioniert das Gedächtnis?

Erste Antwort: „Du siehst die Bilder, weil das Gehirn sie nicht richtig abspeichern kann. Unsere Erinnerung schützt uns vor Gefahren in der Zukunft und weil diese gefährliche Situation so neu ist, speichern wir erst mal alles ab. Erst wenn wir wieder in Sicherheit sind, fangen wir an zu sortieren. Die Bilder zeigen, dass du versuchst, die Erfahrung einzusortieren.“

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Warum kann ich mich nicht erinnern?

Übersetzung: Wie funktioniert das Gedächtnis?

Erste Antwort: „Ich weiß nicht, warum du dich nicht erinnern kannst, das kann verschiedene Ursachen haben. Aber viele Leute können sich an den einen oder anderen Moment in solchen belastenden Situationen nicht erinnern, weil die Seele sich schützt. Manchmal kommen die Erinnerungen wieder, wenn man wieder in Sicherheit ist oder mit jemandem darüber redet, manchmal kommen sie auch nicht wieder.“

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Warum passiert es ständig wieder?

Übersetzung: Was ist ein Flashback?

Erste Antwort (die meist nicht in der Akutphase gegeben wird, da Flashbacks erst in der Zeit nach dem belastenden Ereignis auftreten.): „Die Erinnerung kommt immer wieder, weil sie so bedrohlich war und wir sie nicht einordnen können. Deswegen werden wir von unserer inneren Zeitmaschine immer wieder dorthin zurückgeschickt, um daraus zu lernen, wie wir uns in Zukunft schützen können.“

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Das hat ewig gedauert!

Übersetzung: Was ist Zeitlupenwahrnehmung? Wieso wird die Zeit verändert wahrgenommen?

Erste Antwort: „In belastenden Situationen kommt es manchmal dazu, dass man das Gefühl hat, als würde alles ganz langsam ablaufen, obwohl eigentlich alles ganz schnell geht. Das ist ein normaler Prozess, den jeder kennt. Wenn wir glücklich sind, verfliegt die Zeit viel zu schnell, bei einer Prüfung will sie einfach nicht vergehen.

Bei belastenden Lebenserfahrungen passiert das auch manchmal. Dann erscheint einem alles ganz langsam und wir glauben, wir hätten anders handeln können, aber wir müssen uns klar machen, dass die Zeit in der Realität schneller vergangen ist, so dass eben keine Möglichkeit war, anders zu handeln. Du hast das bestmögliche getan.“

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Werde ich jetzt verrückt?

Übersetzung: Ich habe Angst verrückt zu werden. Ist diese Angst begründet?

Erste Antwort:

„Nein, das sind alles Reaktionen, die ich schon oft bei Menschen gesehen habe, die eine belastende Lebenserfahrung machen mussten.“

„Nein, das sind alles normale Reaktionen. Die meisten Menschen, die eine belastende Lebenserfahrung machen, haben diese Reaktionen.“

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Trauer

„Der erste Trost, den wir Erwachseneneinem Kind geben können, ist:

Traurig sein zu dürfen.“(Leist 1982)

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Zum Hinschauen gibt es keine Alternative

Warum soll die Schule trauern?

Viel Zeit in der Schule

Daher wesentlich: Verarbeitung des Todesfalles (egal ob er in der Schule passiert ist oder nicht) nicht auf das zu Hause der Schüler zu verlagern. Getrauert soll dort werden, wo man seine Beziehungen lebt.

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Den Kindern und Jugendlichen etwas zumuten heißt, ihnen etwas zutrauen.

Keine Sache von ExpertenSchule spielt für die Trauerverarbeitung

eine wichtige Rolle. Lehrerinnen und Lehrer können hier mit einfachen Mitteln sehr viel erreichen.Verarbeitung von Trauer geschieht in erster Linie durch die Auseinandersetzung mit der Situation im Alltäglichen - hier also im Schulalltag.

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LehrerInnen als Ressourcen

Sie kennen die Kinder und ihre Persönlichkeiten.Sie kennen die „Kultur“ in der Klasse.Sie sind die Experten in der Informationsvermittlung an die Kinder.Sie wissen bescheid über Pädagogik.Die Kinder kennen Sie und vertrauen Ihnen.

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Trauer bei Kindern

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Trauer bei Kindern

Je nach Alter und Entwicklungsstand macht sich ein Kind völlig unterschiedliche Vorstellungen vom Tod.Diese Vorstellungen bestimmen seine Ängste und die Fragen, die es stellen wird.

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Besonderheiten kindlicher Trauerreaktionen (Webb, 2005)

Stand der kognitiven Entwicklung –Entwicklung des

Todeskonzepts - erschwert kindliches Verständnis

Können nur begrenzt emotionalen Schmerz

ertragenKönnen nur eingeschränkt Emotionen verbal beschreiben Können ihre Gefühle nur begrenzt verbal, dafür aber besser symbolisch im Spiel ausdrücken Wollen sich nicht von ihren gleichaltrigen Freunden unterscheiden

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Womit hat das Kind Schwierigkeiten?

Endgültigkeit (Körperfunktionen, nicht wiederkommen können)Allgemeingültigkeit (auch junge Menschen sterben)Unvermeidbarkeit (Manchmal kann man nichts dagegen tun, dass jemand stirbt)

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Das Vorschulkind (2-7Jahre)

Denkt magisch• Das magische Denken fördert Erklärungen wie: „Ich

war nicht brav, deshalb ist meine Mama gestorben“. Das Kind glaubt, dass seine Handlungen den Tod herbeiführen können.

Das Kind denkt der Tod ist wie ein Schlaf• Es kann Angst vor dem Einschlafen entwickeln, es

braucht die Rückversicherung und Erklärung, dass man nicht stirbt wenn man schläft.

Ein Kind in diesem Alter begreift die Endgültigkeit des Todes nicht.• Es denkt, dass der Tod rückgängig gemacht werden

kann.

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Das Vorschulkind (2-7Jahre)

Das Kind denkt dass einige Körperfunktionen weitergehen (Endgültigkeit).

• Auch wenn es das Begräbnis miterlebt, wird es nicht begreifen, dass der tote Körper im Grab nichts mehr fühlt und wird sich vielleicht Sorgen machen, wie ein Toter atmen kann mit all der Erde über sich oder wie er aufs Klo gehen wird können.

• Es denkt z.B. dass Tote in Kisten unter der Erde leben, die vielleicht untereinander über Gänge verbunden sind. Peter (6 J.) „der Himmel ist ein Ort tief unter der Erde tiefer als jeder Mensch gehen kann, sogar tiefer als ein Bagger graben kann. Dein Körper geht dorthin wenn du tot bist.“

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Das Schulkind (7-11 Jahre)

Kann schon begreifen, dass der Tod endgültig ist (Endgültigkeit)Schulkinder glauben, dass der Tod nur den Alten und Schwachen passiert und dass man, wenn man nur schnell genug laufen kann, dem Tod entkommt. • Sie stellen sich den Tod als Person vor, als Skelett oder als Geist

• Das Kind in diesem Alter ist sehr interessiert am Tod und kann spezifische Ängste entwickeln, die sich auf die Allgemeingültigkeit beziehen. Es begreift nicht, dass der Tod auch frühzeitig eintreten kann oder dass er ihm selbst auch passieren könnte (Allgemeingültigkeit).

.

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Das Kind ab 11 bis 12 Jahren

Beginnt zu begreifen, dass der Tod endgültig ist (Endgültigkeit). Ein Kind ab 11 Jahren kann die konkreten Elemente des Todes verstehen, z.B. dass die Körperfunktionen nicht mehr länger in Kraft sind. Es weiss, dass der Tod jedem Menschen zustoßen wird-und dass auch junge Menschen sterben können (Allgemeingültigkeit). Es hat Schwierigkeiten mit der Unvermeidbarkeit (dass man den Tod manchmal nicht verhindern kann)

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Konsequenzen Lebens-Abschnitt

Vorherrschendes Todeskonzept (Konsequenzen)

1 Kleinkind Kein Todeskonzept: Suchen und Verzweiflung

2 Vorschulalter Kein Verständnis der Irreversibilität des Todes: Fragen nach dem Verstorbenen, Nicht Verstehen dass er nicht mehr kommt, Schuldgefühle

3 Mittlere bis späte Kindheit

Tod ist irreversibel, beginnendes Verständnis für die Universalität

Angst vor dem Tod (ich könnte sterben, andere könnten sterben) großes Interesse an Todesursachen

4 Pubertät, Jugendalter

Verständnis für Irreversibilität, Universalität. Beginnendes Verständnis der Unvermeidbarkeit des Todes: Kontrafaktisches Denken, Schuldgefühle,…

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Überbringen schlechter Nachrichten

Wie sage ich es der Klasse?

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Wie sage ich es der Klasse?

Schwere Krankheit Wissen über ErkrankungVorbereitungsphaseDavor schon angesprochen

Plötzlicher Todesfall

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Todesnachricht in der Schule

Wer soll überbringen?Der Überbringer sollte eine Vertrauensperson der SchülerInnen seinAbgesicherte Informationen sammelnPassender OrtZeit nehmenSchülerInnen danach nicht alleine lassen

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Der Tod durch terminale Erkrankung

Frühzeitige offene KommunikationSchon während der Erkrankung gemeinsam mit Eltern und dem Kind besprechen, was man der Klasse über Absenzen, Entschuldigungen vom Turnen etc. sagt

Vorbereiten der Klasse auf Rückkehr des Kindes mit körperlichen Veränderungen (Verlust der Haare nach Chemotherapie…) oder besondere Bedürfnisse (nicht an allen Aktivitäten teilnehmen)

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Der Tod durch terminale Erkrankung

Kontakt haltenSchulroutinen aufrechterhalten für das betroffene KindDas Kind im Klassenverband behaltenKommunikation zwischen Eltern, Krankenhaus und Schule aufrechterhalten

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Der Tod durch terminale Erkrankung

Kontakt haltenDas Kind daheim besuchen dürfen, wenn es nicht (mehr) zur Schule gehen kann (nur in Einverständnis mit dem Kind und den Eltern)Besuche durch LehrerInnen (Vorbesprechen von Besuchen, Ängste des Kindes ernst nehmen)

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Tod eines Angehörigen

Eingehen auf das Kind und seine Bedürfnisse

Möglichst früher Kontakt zwischen Schule und Elternhaus (am besten noch bevor das Kind wieder in die Schule kommt)

Das Kind einbeziehen in die Frage was der Klasse gesagt werden soll und wer das tut bzw. wann (wenn das Kind dabei ist oder vorher) - dem Kind erklären warum es wichtig ist, dass man die Klasse informiert (Gerüchte, etc.)

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Tod eines Angehörigen

Eingehen auf das Kind und seine Bedürfnisse

Der Klasse sagen wie der betroffene Schüler/die Schülerin behandelt werden will (reden, nicht reden)

Konzentrationsschwierigkeiten des betroffenen Kindes berücksichtigen/evtl. spezielle Hilfestellungen geben

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Tod eines Lehrers/Schülers

Wesentliche PunkteBetroffenheiten abklären

Betroffene Klasse/n gesondert behandeln

Hilfe für alle Gruppen

Kontakt mit Eltern

Abschiedsrituale mit Beteiligung aller Betroffenen

Alltagsroutinen

Gruppenphänomene beachten

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Erste Reaktionen auf TodesnachrichtViele kleinere Kinder können sich nicht

verbal äußern, sie drücken ihre Verwirrung und Wut aktiver aus.

David war neun Jahre alt. Als ich ihm sagte, dass sein Vater tot sei, schlug er auf mich ein. Alles was ich tun konnte war ihn zu halten.

Später rannte er jedes mal weg, wenn jemand erwähnte was passiert war und versteckte sich unter seinem Bett.

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Erste Reaktionen auf Todesnachricht

Ältere Kinder kontrollieren sich mehr:Anna (11 Jahre): “Ich ging hinunter ins Schwesternzimmer. Ich war wütend. Dort stand ein Rollstuhl. Ich wollte ihn treten. Aber ich kontrollierte mich. Niemand wusste, wie ich mich fühlte.“

Kinder ab 11 Jahren bewältigen oft durch Ablenkung(z. B.: stundenlanges Starren in den Fernseher, Stereoanlage aufdrehen,. . .)

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Akute Trauerreaktionen (Dyregrov, 2002)

Schock und Unglaube

Bestürzung und Widerrede

Apathie und Überwältigung

Fortfahren gewöhnlicher Aktionen

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Subakute Trauerreaktionen I(Dyregrov, 2002)

Ängstlichkeit und Angst

Anschauliche, lebendige Erinnerungen

Schlafstörungen

Traurigkeit und Sehnsucht

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Subakute Trauerreaktionen II(Dyregrov, 2002)

Wut und ausagierendes Verhalten

Schuldgefühle, Selbstvorwürfe und Scham

Probleme in der Schule

Physische Beschwerden

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Besonderheiten der Trauer von Jugendlichen

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Merkmale jugendlicher Trauer – Verlust eines Angehörigen

Reagieren mit ganz großer Tapferkeit, fast „cool“

Zeigen keine erkennbaren Anzeichen von Trauer

rasche Wechselmöglichkeit zwischen großen Gefühlen die sie zeigen und dann plötzlich – nichts mehr zu spüren.

Fähigkeit, Trauer zu vertagen.

Angst vor Trauerzwang und verordneten Ritualen.

Respektieren und tolerieren!

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Reaktionen

Mitunter Rückzug aus Familie

Jugendliche nehmen Erwachsenen übel, wenn sie zu schnell zur Tagesordnung übergehen.

Gefühl der Einsamkeit

Führt zu Verletzungen, zu Wut und zu Schuldgefühlen – bis hin zu dem Wunsch, selbst sterben zu wollen – auch um auszuloten, wie wichtig sie selbst noch sind.

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Trauerarbeit

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Wo brauchen Kinder Hilfe?

Beim Verstehen dessen was geschehen ist und des TodesBei der ErinnerungBeim Verstehen und Regulieren der Gefühle

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Trauerarbeit mit Kindern

Grundregeln:

Helfen Sie dem Kind, den Tod zu begreifen.

Erleichtern Sie das Abschiednehmen (eine Botschaft in den Sarg legen, etc.).

Sprechen Sie ihre eigenen und die Gefühle des Kindes an und normalisieren sie diese.

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Trauerarbeit mit Kindern

Lassen Sie das Kind am Begräbnis und allen anderen Ritualen teilnehmen, wenn es dies wünscht.

Sorgen Sie für adäquate Begleitung.

Zwingen Sie das Kind zu nichts!

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Sprechen mit Kindern

Fakten erklären

Emotionen ansprechen

Sicherheit geben

Zugeben, dass man auch nicht alles weiß

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Wie spricht man mit Kindern über den Tod?

Schlecht: Papa ist auf eine lange Reise gegangen.Besser: Papa ist bei einem Unfall gestorben. Wir sind alle sehr traurig aber wir werden es zusammen schaffen dass es uns mit der Zeit wieder besser geht.Schlecht: Es ist Gottes Wille oder Gott hat ihn zu sich genommen weil er so gut ist oder er ist im Himmel bei den Engeln.Besser: Großvater ist letzte Nacht gestorben. Wir werden oft an ihn denken. Wir können uns an die guten Dinge erinnern, die wir mit ihm erlebt haben.Schlecht: Großmutter schaut vom Himmel auf dich herunter (es ist besser wenn du brav bist).Besser: Großmutter war sehr sehr alt und ist gestorben. Sie wird in unserer Erinnerung immer bei uns bleiben.Schlecht: Max ist schlafen gegangen (er ist jetzt im Himmel).Besser: Max war sehr sehr krank und die Krankheit hat ihn sterben lassen. Niemand weiß wirklich ob er jetzt im Himmel ist. Manche Leute glauben das, andere nicht.

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Wie kann ich sicher sein, dass ich Kinder nicht überfordere?

Sich von den Fragen des Kindes leiten lassen!

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Was Kindern hilft – Grundregeln im Umgang mit Kindern

Offenheit/Fragen zulassenAlltagsroutinenZuwendungHilfe beim Erinnern und Abschiednehmen Abwehr respektierenHandlungsmöglichkeiten

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Jugendliche

Jugendliche reagieren ähnlich wie Erwachsene - Bewältigen durch Sprache wird wichtig

Jugendliche brauchen die Gleichaltrigengruppe zur Bewältigung

Jugendliche brauchen klare Rahmenvorgaben

Jugendliche brauchen Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten

Jugendliche brauchen neben der Sprache auch Rituale und Phantasie zur Bewältigung

Jugendliche reagieren auf Überforderung mit Risikoverhalten oder Überangepasstheit

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Grundregeln für Jugendliche

Sprechen und Emotionsausdruck fördernZusammenhänge zwischen Ereignis und Reaktionen erklärenErinnerungshilfen gemeinsam ausarbeitenSchuldgefühle beachtenKreativen Ausdruck fördernErlaubnis geben zum „Kind sein“, nicht in erwachsene Rollen drängen aber dennoch nicht als Kind behandeln

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Suizidalität

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Vor-Urteile zum Thema Suizid

Mythos: Spricht man jemand auf den Suizid an, bringt man ihn erst auf die Idee sich umzubringen

Wirklichkeit: Die Möglichkeit, Suizidgedanken mit jemanden besprechen zu können, bringt für den Betroffenen meist eine erhebliche Entlastung

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Vor-Urteile zum Thema Suizid

Mythos: Wer vom Suizid spricht, tut es nicht („Bellende Hunde beißen nicht“).

Wirklichkeit: Ca. 80% der Menschen, die einen Suizid begehen, kündigen diesen vorher an und geben der Umwelt damit die Chance, ihnen zu helfen.

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Vor-Urteile zum Thema Suizid

Mythos: Wer sich wirklich umbringen will, ist nicht aufzuhalten.

Wirklichkeit: Die meisten Suizide werden im Rahmen von akuten Krisen durchgeführt. Die Bewältigung der Krise kann somit auch den Suizid verhindern. Die kann oft sehr kurz sein.

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Suizidale Entwicklung

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Folgende Fragen sind zu stellen

1) Gehört die betroffene Person einer Risikogruppe an?

2) Besteht eine aktuelle Belastungssituation?

3) Inwieweit ist die suizidale Entwicklung fortgeschritten?

4) Hat die gefährdete Person den Entschluss zum Suizid

bereits gefasst, werden konkrete Suizidgedanken

geäußert? (Abschätzen des bereits erreichten Stadiums der

suizidalen Entwicklung)

5) Inwieweit erscheint eine Person im Gespräch gedanklich

eingeengt? Entsteht das Gefühl, die betroffene Person

emotional nicht mehr zu erreichen? (präsuizidales Syndrom)

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1. Risikoabschätzung

Risikogruppen

Suizidversuche in der Vorgeschichte (Diese werden oft verheimlicht und damit

nicht ernst genommen, auch von den Familien ("Es war nur eine Dummheit").

Menschen mit psychischen Erkrankungen: Depressiven Störungen, Abhängigkeits- und Persönlichkeitsstörungen

Menschen in psychosozialen Krisen

Suizide in der Familie oder im näheren sozialen Umfeld

Menschen mit schmerzhaften, lebensbedrohlichen Erkrankungen vor allem bei chronischem Verlauf

Soziale Isolation: Schwierige soziale Situationen, z. B. Vereinsamung im Alter, Drogenproblematik in der Jugend, Zugehörigkeit zu Randgruppen, und andere Lebensumstände mit erhöhtem Pegel von Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit.

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1. Risikoabschätzung

Risikobefindlichkeiten

Gefühle der Niedergeschlagenheit und Resignation

Hilf- und Hoffnungslosigkeit

Fehlen von Perspektiven und Sinn im Leben

vermindertes Selbstwertgefühl

Schlaflosigkeit oder Schlafstörungen

Ruhelosigkeit

häufiges Grübeln

Verlust der Interessen und des Antriebs

Körperliche Beschwerden ohne organische Befunde

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1. Risikoabschätzung

Risikoverhalten (bei Jugendlichen)

Wesensänderungen

Verändertes Sozialverhalten (Rückzug)

Äußerliche Veränderungen (Vernachlässigung, starke Gewichtszunahme oder –abnahme)

Schulverweigerung, Schwänzen

Leistungsabfall, Unkonzentriertheit

Übermäßige Beschäftigung mit dem Thema Tod

Verstecktes Abschiednehmen

Selbstschädigendes Verhalten

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1. Risikoabschätzung

Risikosignale - direkte oder indirekte Suizidhinweise

Beispiele: "Es wäre wohl besser, ich wäre nicht da". "Mich braucht eh niemand". "Wäre ich nicht, hätte wohl niemand ein Problem". "Manchmal wäre mir lieber, ich wäre tot". u. a.

Ein Großteil der Menschen, die einen Suizid begehen, kündigt diesen vorher an und gibt der Umwelt damit eine Chance, ihnen zu helfen.

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2. Belastungssituation oder Krise

Da die meisten Suizide im Rahmen von Krisen durchgeführt werden, ist die beste Präventionsmaßnahme die Hilfe bei der Bewältigung der jeweiligen Krise.

Risikosituationen sind

Beziehungsprobleme

Verlustereignisse

Kränkungen

Überforderungen privater oder schulischer Natur.

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3. Suizidale Entwicklung (nach Pöldinger)

Es werden außer bei Kurzschlusshandlungen drei Verlaufsstadien beschrieben:

ErwägungAbwägung und AmbivalenzEntschluss

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Zeit

Erwägung

Abwägung Entschluss

Suizidale Entwicklung

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Erwägung

Suizid wird in Betracht gezogen

PsychodynamischeFaktoren:Suizide im Umfeld wirkensuggestiv, Pressemeldungen

Aggressionshemmung

Soziale Isolierung

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Abwägung und Ambivalenz

Kampf zwischen Selbsterhaltung undSelbstzerstörung

Suizidandeutungen bis hin zu direkten Ankündigungen

Appelle als „cry for help“

Kontaktsuche

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Entschluss

Gefährliche Beruhigung der Situation

„Ruhe vor dem Sturm“

Indirekte Suizidankündigungen

Vorbereitungshandlungen

Suizidhandlung

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Suizidale Einengung (nach Ringel)

Grad der Einengung

Die Bandbreite der Gefühle

Werte verlieren an Bedeutung

Zunehmender Verlust der zwischenmenschlichen Beziehungen

Gedankliche Einengung

Aggressionsumkehr

Mitunter starke Abwertung der eigenen Person

Suizidfantasien

Nicht willentlich intendiert vs. sich aufdrängend

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Präsuizidales Syndrom bei Kindern und

Jugendlichen (Löchel, 1983)

Vier Merkmale treten hervor:

Suizidgedanken in der Anamnese

Intensive gedankliche Beschäftigung

Dysphorische Verstimmungen

Psychosomatische Äquivalente

Das präsuizidale Syndrom kann bei Kindern und Jugendlichen auch

durchaus fehlen, da die suizidale Handlung häufig im akuten Konflikt als Impulshandlung und Belastungsereignis auftritt.

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Einschätzen der akuten Gefährdung

1. Wahrnehmen und Ansprechen

2. Klarheit schaffen

3. Wahrnehmung der eigenen Gefühle

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Umgang mit Angehörigen nach Suizid

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Umgang mit Angehörigen nach Suizid

Sich Hintergrundinformationen einholen

„Wie“-Fragen ehrlich beantworten

Häufige Emotionen bei Angehörigen sind Schuldgefühle und Wut

Die „Warum“-Frage steht im Zentrum:

„Warum hat er/sie sich umgebracht?“

„Warum hat er/sie uns das angetan?“

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SCHULISCHES KRISENMANAGEMENT

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Interventionen nach Maßgabe

Zeit und Handlungsdruck abbremsenKrisenteam bildenGutes Briefing und gute Koordination!Vorbereitet aber flexibel sein vor Ort!Wissen über Abläufe bes. polizeiliche Befragungen etc.Maßnahmen an Zeitpunkt und Bedürfnisse anpassen

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Gruppeninterventionen

Ao Univ Prof. Dr. B. JuenUniversität InnsbruckÖsterr. Rotes Kreuz

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Wesentliche Grundprinzipien aller Gruppen-Interventionen

Das Bedürfnis nach Konfrontation und das Bedürfnis nach Vermeidung respektieren

In der Gruppe nicht zu stark konfrontieren, aber auch nicht völlig vermeiden

Respekt vor den Reaktionen der anderen schaffen

Auswegmöglichkeiten und Platz schaffen wo es geht

Gute Struktur vorgeben

Auf Abschluss achten

Gruppengröße und Gruppenzusammensetzung beachten

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Gruppeninformationsgespräch

Bei besonders großen und inhomogenen Gruppen wird nur ein Informationsgespräch durchgeführt, erst dann geht man in kleinere Gruppen (Zeitpunkt beachten!)

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Gruppeninformationsgespräch

Dieses sollte beinhalten

FaktenInformation wie es jetzt weitergehtZusicherung von Unterstützung durch die Schule

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Gespräch in kleineren Gruppen

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3 Haupt-Gesprächsphasen (Trait/Parkinson, 1990)

Fakten (Facts)Erleben (Feelings)Zukunft (Future)

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Fokus auf Salutogenese

Kohärenzsinn ist der beste Prädiktor für HeilungTrauma birgt Chance für erhöhtes SelbstwirksamkeitserlebenDie drei Elemente des Kohärenzsinns eignen sich gut für Gruppenmaßnahmen

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Kohärenzsinn, Sense of Coherence (SOC)

Verstehbarkeit (Comprehensibility)Handhabbarkeit (Manageability) Sinnhaftigkeit (Meaningfulness)

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Stimulieren des Sense of coherence als Ziel des Gesprächs

Fakten: Fokus auf Verstehbarkeit (Was ist passiert? Bei Bedarf Informationsgabe!)

Erleben: Fokus auf Kontrolle (Was haben wir nicht tun können, was haben wir, trotz der Einschränkungen durch die Umstände, tun können?)

Zukunft: Fokus auf Sinnhaftigkeit (Herausforderung, wir machen gemeinsam weiter, wir schaffen es als Gruppe, wir werden keine gegenseitigen Schuldzuweisungen zulassen-besonders bei Suizid)

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„Schulalltag stören lassen“ - Trauer gestalten

Erinnerungen an den Schüler austauschen

Die Schüler beschreiben, wann und wo sie ihn zum letzten Mal gesehen, was sie zusammen getan haben.

Es kann hilfreich sein, sich vorzustellen, was man ihm gesagt hätte, wenn man gewusst hätte, dass dies die letzte Begegnung sein wird.

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Handlungen setzen

Die Schüler handeln lassen: Weg aus der Hilflosigkeit und gibt eine gewisse Sicherheit (z.B. malen, Brief schreiben lassen, ...).

Erinnerungen und Gefühle der Schüler könnten auch in gemalten Bildern zum Ausdruck gebracht werden.

Erinnerungen an den Toten könnten durch eine Sammlung von Fotos, Gegenständen, Texten, Bildern aus dem Kunstunterricht etc. gebündelt werden.

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Wie geht es weiter?

Bewältigungsmöglichkeiten erarbeiten

Einzelgespräche anbieten

Mit den Schülern besprechen, wie sie der betroffenen Familie ihr Beileid ausdrücken möchten.

Eine Art Kondolenzbuch auflegen.

Einen Trauerort im Klassenzimmer einrichten.

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Rituale

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Rituale und Abschied

Gemeinsam mit den Betroffenen erarbeiten!!

Achten auf:Kulturelle und GruppenakzeptanzAbsprache mit den HauptbetroffenenPassung zum VerstorbenenZeitverlauf

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Ritual

Ermöglicht Beziehungsaufnahme (direkter oder indirekter Bezug zum Verstorbenen)Setzt ein Zeichen (etwas mit auf den Weg geben, etwas Begonnenes zu Ende führen)Symbolkraft (etwas geht fort, etwas bleibt da, etwas Neues entsteht)Ermöglicht Abschied (Loslassen)

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Rituale für Gruppen

Der leere Platz in der Gruppe (Tisch an die Wand schieben)

Gemeinsames Abschiednehmen der Gruppe (zur Verabschiedung gehen, Jeder hat eine Rose)

Etwas auf den Weg geben (Blumen, Briefe)

Etwas bleibt zurück (Wir werden dich nicht vergessen, Bild an der Wand)

Der Alltag kehrt wieder ein (Tisch wieder an seinen Platz geben-Zeitpunkt gut mit der Gruppe abstimmen!)

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Elternabend, Information der Eltern

Nicht nur durch betroffenen Lehrer

Information: Was betrifft die Klasse? Was ist passiert?

Informieren, dass in der Klasse diesbezüglich etwas unternommen wurde

Gedankenaustausch und Gesprächsforum

Fragen der Beteiligung an der Beerdigung haben hier Platz

Vorbereitung der Eltern - Normalisieren der Reaktionen des Kindes, Jugendlichen.

Ansprechpartner angeben, an die sich Eltern wenden können (schulisch, außerschulisch)

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Elternabend, Information der Eltern

Bereiten Sie die Eltern darauf vor zu akzeptieren,- dass der/die Jugendliche schwieriger zu

„handhaben“ sein wird.- dass er/sie sich möglicherweise zurückziehen

wird.- dass er/sie unter Umständen Schwierigkeiten

haben wird, sich auszudrücken oder zu glauben, dass jemand ihn/sie verstehen kann.

- Bereiten Sie die Eltern auf das bei Jugendlichen oft erhöhte Risikoverhalten vor.

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Ziele, Aufgaben, Zusammenfassung

1. Die Lücke benennen, die der Tod hinterlässt.

2. Den Schmerz darstellen und aushalten.

3. Sich dabei gegenseitig unterstützen.

4. Abschied nehmen.

5. Die Erinnerung gestalten.

6. Das soziale Miteinander neu gestalten.